Integration im Englischunterricht

Chancen gemeinsamen Lernens für Kinder mit und ohne Behinderung

Autor:in - Sabrina Degen
Themenbereiche: Schule
Textsorte: Buch
Releaseinfo: erschienen in: Gemeinsames Leben und Lernen: Integration von Menschen mit Behinderungen - Praxis und Theorie, Neuwied; Kriftel; Berlin: Luchterhand, 1999. ISBN 3-472-03639-7
Copyright: © Sabrina Degen 1999

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

mit der vorliegenden Veröffentlichung wird die Buchreihe fortgesetzt, die den Anspruch hat, Theorie und Praxis zu verknüpfen sowie die gemeinsame, keinen Menschen aussondernde, Erziehung zu unterstützen. Sie trägt den Titel:

Gemeinsames Leben und Lernen: Integration von Menschen mit Behinderungen - Praxis und Theorie

Das hier vorliegende Buch vertritt den Anspruch: Englisch für alle! - Alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen leben heute in einer Welt, in der es zur Teilhabe am gesellschaftlichen Alltag gehört, in andere Länder zu reisen, über elektronische Medien mit Menschen anderer Länder und Kontinente in Kontakt zu treten und Gegenstände zu nutzen, deren Gebrauchsanweisungen mit englischsprachigen Fachbegriffen durchsetzt sind.

Den Bewegungs- und Erfahrungsraum auch in fremden Ländern erweitern zu können, ist eine wesentliche Bereicherung von Menschen in einer Zeit der sich öffnenden Grenzen. Dies ist eine wesentliche Erfahrung persönlicher Autonomie - für alle Menschen!

Autonomie ist von den einzelnen Menschen nicht alleine zu erreichen. Ein selbstbestimmtes Leben bedarf anderer Menschen, die die Emanzipation von Fremdbestimmung als ein Grundrecht akzeptieren. Menschen mit Behinderungen auf ihrem Weg in der realen Welt zu begleiten, kann das Erreichen des Zieles, selbstbestimmt zu leben, erleichtern.

Der Erwerb von Autonomie und die schrittweise Emanzipation aus der Abhängigkeit von anderen Menschen wird als ein flexibler Prozeß verstanden, der am ehesten mit einer offenen Spirale verglichen werden kann. Mit zunehmender Autonomie erkennt jeder Mensch nicht nur seine eigenen Fähigkeiten, sondern vor allem die Mittel und Hilfen, die in einem kooperativen Prozeß von Mitmenschen geboten werden können. Erst das Wissen um die eigenen Fähigkeiten und die Sicherheit der Nähe zu anderen Menschen erlauben eine autonome Lebensführung und die Gestaltung der eigenen Vorstellungen von einem erfüllten und sinnvollen Leben. Dieses Prinzip gilt für alle Menschen - auch für Menschen mit einer schweren Behinderung.

Im Fremdsprachenunterricht kann ein solches Verständnis äußerst sinnvoll angewandt werden, wenn akzeptiert wird, daß es in der jeweiligen Lerngruppe die Lernenden gibt, die ihre weit vorangeschrittenen Fähigkeiten für (simultane) Übersetzungen anwenden können und andere Lernende, für die es wichtig ist, mit wenigen Begriffen und in der richtigen Form zu fragen - und notfalls immer wieder selbstbewußt nachzufragen. Eine Form der Unterstützung auf diesem Weg kann darin bestehen, theoretische Texte in einer gut lesbaren Form zur Verfügung zu stellen, die den Menschen dazu verhelfen, die notwendige innere Sicherheit zu gewinnen, um Phasen von Angst und Pessimismus zu überwinden. Zugleich sollen praktische Beispiele Mut machen. Es sollen Anregungen gegeben werden, wie Lernprozesse gestaltet werden können, damit alle Kinder und Jugendlichen in der Verschiedenheit ihrer Aneignungsformen respektiert werden.

Mit dem vorliegenden Buch wird ein Beispiel vorgelegt, wie dieser allgemeine Anspruch im Fachunterricht, speziell im Englischunterricht praktisch umgesetzt werden kann.

Ich bedanke mich beim Luchterhand-Verlag, der diese neue Buchreihe unterstützt. Ich bitte alle Leserinnen und Leser, über den Verlag Texte an mich einzureichen, die für diese Buchreihe als geeignet eingeschätzt werden. Dabei denke ich vor allem an Arbeiten, die sich einer nichtaussondernden pädagogischen Theorie verpflichtet fühlen und einer pädagogischen Praxis, die die Autonomie von Menschen versteht als die Fähigkeit, etwas alleine zu machen, mit dem eigenen Kopf zu denken, die die Freiheit zum Handeln nutzen mit Respekt vor der Freiheit der anderen Menschen.

Mit dieser Buchreihe möchte ich auch Mut machen, damit die Menschen, die gegenwärtig noch die Sonderinstitutionen als notwendige (Zwischen)-Station für Menschen mit Behinderungen ansehen, diese gesellschaftlichen Nischen verlassen. Lange genug ist bewiesen worden, daß die Sondereinrichtungen Menschen mit Behinderungen nicht auf ein Leben in dieser Gesellschaft vorbereiten können. Die Gesellschaft kann sich nicht entwickeln, um Menschen zu akzeptieren, welche anders, langsamer oder in ungewohnten Formen leben und lernen, wenn Kinder nicht von klein auf die Gelegenheit haben, diese Lebensform gemeinsam zu lernen.

In den kommenden Jahren wird es zunehmend mehr zur Alltagserfahrung von Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern gehören, in Gruppen mit sehr unterschiedlichen Lernvoraussetzungen zu lernen: Gemeinsam lernen Kinder mit englischsprachigen Müttern und/oder Vätern, Kinder, die vom 1. oder 3. Schuljahr an - evtl. sogar schon aus dem Kindergarten - die Fremdsprache als Kommunikationsmittel kennen und Kinder, für die im 5. oder 7. Schuljahr der Unterricht in dieser Fremdsprache beginnt.

In dem von Sabrina DEGEN hier vorgelegten Buch werden zahlreiche Anregungen angeboten für Lehrerinnen und Lehrer, die die Vielfältigkeit der Voraussetzungen für binnendifferenzierende Maßnahmen als Bereicherung für ihren Unterricht erleben wollen und die zugleich im Zwei-Pädagogen-System einer Integrationsklasse gelegentliche Gruppenbildungen mit der Aufgabe verbinden, ein seh- oder hörgeschädigtes Kind oder ein Kind mit erheblichen Lernproblemen im Fremdsprachenunterricht zu fördern.

Als erste Veröffentlichung in der Reihe: Gemeinsames Leben und Lernen: Integration von Menschen mit Behinderungen - Praxis und Theorie ist im Sommer 1998 das Buch mit Texten von und über Ludwig-Otto ROSER erschienen: »Normalität für Kinder mit Behinderungen: Integration«.

In jenem Buch sind grundsätzliche Überlegungen darüber nachzulesen, daß Menschen mit Behinderungen den Anspruch haben, gemeinsam mit allen anderen zu leben und zu lernen. Mit dem vorliegenden Buch von Sabrina DEGEN »Integration im Englischunterricht - Chancen gemeinsamen Lernens für Kinder mit und ohne Behinderung« werden wichtige Informationen und Anregungen gegeben, wie der allgemeine Anspruch auf gemeinsames Lernen für alle Kinder und Jugendlichen im Englischunterricht praktiziert werden kann.

Als nächster Band in dieser Reihe wird eine Veröffentlichung zum Thema »Kinder und Jugendliche mit Anfallsleiden im gemeinsamen Unterricht« erscheinen. Veröffentlichungen zu integrativer Erwachsenenbildung, zur Gemeinsamkeit im Kindergarten sowie Veröffentlichungen zum Mathematik- und Musikunterricht, zu den Einstellungen von Lehrerinnen und Lehrern sowie zur Fortbildung für integrativen Unterricht werden vorbereitet.

Berlin, im Februar 1999

Jutta Schöler

DANKSAGUNG

Ich danke Frau Professor Dr. Jutta SCHÖLER für die einzigartige Betreuung, einfühlsame Beratung und die vielen hilfreichen Hinweise, die mir beim Verfassen meiner Wissenschaftlichen Hausarbeit, aus der das vorliegende Buch entstanden ist, immer wieder neue Impluse gegeben haben. Dank auch für ihr Engagement, das die Veröffentlichung dieses Buches möglich gemacht hat.

Mein besonderer Dank gilt auch den Lehrerinnen der Berliner Comenius-Schule und der Gesamtschule Bergedorf in Hamburg. Sie haben mir anregende, wichtige und vor allem grundlegende Einblicke in die integrative Praxis ihres Unterrichts ermöglicht.

Dank natürlich auch meinen Eltern und Thorsten für ihre Geduld, ihr Interesse und ihr kritisches Mitdenken, vor allem aber meiner Mum für ihre akribische Unterstützung beim Korrekturlesen.

1. Einleitung

Integrative Pädagogik ist dort Realität, wo alle Schüler miteinander arbeitsteilig und in Kooperation miteinander an einem »Gemeinsamen Gegenstand« arbeiten, ohne daß dazu jeder alles zu machen und zu können braucht.

Georg FEUSER[1]

Zahlreiche Integrationsversuche haben in den letzten Jahren bewiesen, daß eine binnendifferenzierende Pädagogik im Sinne FEUSERS erfolgreich in die Praxis umgesetzt werden kann. Bezüglich der Umsetzung eines solchen Unterrichts in Integrationsklassen betont beispielsweise eine Englisch-Fachlehrerin, von ihren Erfahrungen mit dieser Arbeitsform ausgehend, daß »man keine gute Klasse braucht, um binnendifferenzierenden Unterricht zu machen, sondern daß differenzierender Unterricht die einzige Möglichkeit ist, allen Kindern einer Klasse zur Entfaltung ihrer Möglichkeiten zu verhelfen und zugleich Motivations- und Verhaltensprobleme einzelner Kinder aufzulösen«[2]. Besonders im Bereich der Grundschule, die sich bekanntlich als eine Schule für alle Kinder versteht, muß der Heterogenität der Lerngruppen, die besonders im integrativen Rahmen sehr groß ist, mit entsprechenden Lehr- und Lernmethoden sowie mit besonderen Organisationsformen des Unterrichts begegnet werden. Für den gemeinsamen Unterricht aller Schüler ist natürlich besonders die in Berlin und Brandenburg übliche sechsjährige Grundschule ideal, da dort während der ersten sechs Schuljahre (also zwei Jahre länger als in den meisten anderen Bundesländern) basierend auf dem Prinzips des sogenannten »learning across the ability range«[3] fast automatisch binnendifferenziert wird.

Wie stellt sich die Situation jedoch im Bereich der Sekundarstufe dar, die, wie es sich bereits in der Dreigliedrigkeit des deutschen Schulsystems zeigt, stark auf leistungsorientierte Selektion ausgerichtet ist? Ein maßgeblicher Unterschied zum Unterricht der Grundschule liegt im Bereich der Sekundarstufe in der sich spezialisierenden, fachspezifisch orientierten Vermittlung der Lerninhalte. Der Fachunterricht der Sekundarstufe unterscheidet sich vom vorfachlichen Unterricht der Grundschule u.a. durch abstrakter werdende Lerninhalte, deren Vermittlung überwiegend in Form von Frontalunterricht, und die leistungsorientierte Aufteilung der Schüler auf verschiedene Lerngruppen. Eine ganz wesentliche Herausforderung stellt die - insbesondere im Bereich der Sekundarstufe - immer größer werdende Differenz der Leistungspotentiale und -profile der Schüler dar. Diese Differenz wird u.a. bedingt durch Faktoren wie die bereits angesprochene Spezialisierung der Lerninhalte, durch neue, ungewohnte Unterrichtsformen, aber auch durch das Eintreten der Schüler in die kritische Entwicklungsphase der Pubertät, in der die Interessen der Jugendlichen häufig auseinanderlaufen und in der jeder vor allem mit sich selbst beschäftigt ist. Die von FEUSER geforderte kooperative Arbeit aller an einem gemeinsamen Gegenstand wird mit zunehmendem Alter der Schüler erschwert. Prozesse sozialer Integration müssen daher in besonderer Weise gefördert werden.

In diesem Zusammenhang drängt sich die Frage auf, ob und in welcher Form bestimmte, im Rahmen der Grundschule erfolgreich erprobte Formen und Verfahren binnendifferenzierten Unterrichts möglicherweise auf den Unterricht der Sekundarstufe übertragen werden können. Selbstverständlich kann es keine allgemein gültige, umfassende lehrmethodische Antwort auf die Herausforderung binnendifferenzierten Unterrichts für Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf nach der vierten Grundschulklasse im Fach- und insbesondere im Englischunterricht geben. Durch die Schaffung bestimmter Bedingungen und die gezielte Anwendung ausgewählter Unterrichtsmethoden bieten sich jedoch zahlreiche Möglichkeiten, binnendifferenzierenden Unterricht auch in der Sekundarstufe in sinnvoller Weise fortzuführen. Diese Möglichkeiten aufzuzeigen wird im folgenden im Zentrum des Interesses stehen.

Vorab ist es allerdings sinnvoll sich darüber Gedanken zu machen, welche Voraussetzungen die betreffenden Schüler möglicherweise mitbringen und welche Konsequenzen sich daraus für die Gestaltung des Unterrichts ergeben. Soll beispielsweise ein körperbehinderter Schüler in den Sportunterricht integriert werden, ist es offensichtlich, daß bestimmte unterrichtliche und organisatorische Maßnahmen ergriffen werden müssen, durch die diesem Schüler eine effektive Teilnahme am Unterricht ermöglicht wird. D.h. es muß prinzipiell immer erst einmal festgestellt werden, welche Leistungsminderungen sich in bestimmten Fächern als besonders problematisch erweisen. Leistungsminderungen, die speziell im Englisch- bzw. allgemein im Fremdsprachenunterricht dazu führen, daß ihnen mit besonderen Maßnahmen und unterrichtlichen Vorgehensweisen begegnet werden muß, werden daher im folgenden im Vordergrund stehen. Nur auf diese Weise kann es den betreffenden Schülern ermöglicht werden, bestimmte Lernziele zu erreichen. Ob diese Lernziele für alle Schüler die gleichen sein sollten bzw. sein können, wird an entsprechender Stelle erläutert werden.

Aufgrund der großen Zahl verschiedener Arten und Ausprägungen möglicher Leistungsminderungen wird zunächst der Übersichtlichkeit wegen an der allgemein üblichen Aufteilung festgehalten, die sich an den in Deutschland etablierten Sonderschulen orientiert. Das Eingehen auf Leistungsminderungen, die speziell im Fremdsprachenunterricht problematisch sind, wird zeigen, daß die Nachteile, die aus der Leistungsminderungen resultieren können, zum Teil mit technischen und organisatorischen Hilfen ausgeglichen werden können. Erwähnung werden dabei vor allem allgemeine Organisationsformen und unterrichtliche Vorgehensweisen finden, die das individuelle Eingehen auf Leistungsminderungen möglich machen. Damit stehen allen Schülern die Hilfen zur Verfügung, durch die sie in sinnvoller Weise aktiv am Unterricht teilhaben können. Verallgemeinernde Aussagen sind in diesem Zusammenhang nicht zu vermeiden.

Eines der grundlegenden Ziele binnendifferenzierender Förderung ist es, allen Schülern den Zugang zu möglichst vielen Bereichen des Lebens zu öffnen und ihnen ein größtmögliches Spektrum an individuellen Entwicklungsmöglichkeiten anzubieten. Eine umfassende Teilhabe am Weltgeschehen bedeutet heute für alle Menschen: Reisen und Teilnahme an weltweiter Kommunikation - vor allem auch über die elektronischen Medien. Zu der dazu notwendig werdenden umfassenden Förderung gehört unbestreitbar auch die Ermöglichung des Zugangs zu einer Fremdsprache, insbesondere zum Englischen. Für ein breiteres Angebot von Englischunterricht werden im allgemeinen folgende Gründe angeführt:

Schülerinnen und Schüler leben in einer multikulturellen Gesellschaft, die in internationale Verflechtungen und weltweiten Wirtschaftsverkehr eingebunden ist; in diesem Umfeld sind fremde Sprachen etwas Alltägliches. Die Bedeutung der Massenkommunikationsmittel nimmt ständig zu und führt zu einer Durchdringung so gut wie aller Lebensbereiche durch die englische Sprache. Die Schule hat die Aufgabe, alle Schülerinnen und Schüler auf diese Wirklichkeit vorzubereiten. Das Fach Englisch wird heute daher auch immer stärker für Schüler, die in ihrem schulischen Lernen beeinträchtigt sind gefordert und gefördert[4]. Ein Verzicht auf die bewußte Begegnung mit einer fremden Sprache (insbesondere der englischen, der die Schüler heute tagtäglich begegnen) wirkt sich negativ auf die Persönlichkeitsbildung und die Stärkung des Selbstwertgefühls aus, insbesondere in bezug auf die ohnehin soziokulturell oder physisch benachteiligten Schüler. Ohne Englischkenntnisse wird daher auch die soziale Integration erschwert[5]. Dieses Argument stellt in seiner Aussage gleichzeitig einen der Kerngedanken integrativer Bemühungen dar. Aber auch das Anliegen, differenzierende Unterrichtsformen im Bereich des Fremdsprachenunterrichts konsequent fortzusetzen, wird damit gerechtfertigt.

Hauptanliegen dieses Buches ist es darzustellen, unter welchen Bedingungen und unter Anwendung welcher Prinzipien Englischunterricht für Schüler mit unterschiedlichsten Voraussetzungen auf befriedigende und sinnvolle Weise realisiert und auch im Bereich der Sekundarstufe solange wie möglich fortgeführt werden kann. Daß die Prinzipien und Organisationsformen, die im Rahmen eines schülerzentrierten und um Binnendifferenzierung bemühten Unterrichts zum Tragen kommen, von schulortübergreifender d.h. allgemeinschulischer Relevanz sind, wird dem Leser schnell deutlich werden. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, welche Auswirkungen die aufgezeigte Entwicklung auf die Praxis sonderpädagogischer Tätigkeit im Bereich der Sekundarstufe hat. Bis auf wenige Ausnahmen - wie z.B. Berlin, wo Englisch schon seit dem Schuljahr 1990/91 Pflichtfach an Sonderschulen für Lernbehinderte ist oder Hamburg, wo im Schuljahr 1997/98 alle Primarstufen der Förderschulen Englisch in die reguläre Stundentafel aufgenommen haben - wird Englischunterricht an Sonderschulen in der Regel ausschließlich in den Klassen 7 bis 9 für Schüler, die die sogenannten Vorlaufklassen als Vorbereitung für den Übergang an Hauptschulen besuchen, angeboten[6].

In der Grundschule ist das Fremdsprachenlernen bereits weitgehend integrativer Bestandteil des Unterrichts. Erfahrungen zeigen, daß Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf auch im Rahmen dieses Unterrichts bei entsprechender Organisation erfolgreich lernen können. Daß es sich vor diesem Hintergrund kaum verantworten läßt, nur den leistungsstärksten Förderschülern die weitere Teilnahme am Englischunterricht zu ermöglichen, leuchtet ein. Im Bereich des Förder- und Sonderschulwesens spielt bei der Forderung nach einem Englischunterricht für alle noch zusätzlich der schulrechtliche Grund, prinzipiell allen Schülern mit Behinderungen das Recht auf einen qualifizierenden Abschluß zu gewährleisten, eine Rolle, da ohne Englischunterricht ein solcher Abschluß nicht möglich ist. Eine Voraussetzung hierfür wäre die Harmonisierung der Lehrpläne von Grund-, Haupt- und Sonderschule.

Englischlernen für alle Schüler erfordert sowohl in integrativ arbeitenden Regelschulklassen als auch in den Sonderschulen eine Neubesinnung; zum einen in Hinblick auf die allgemeinen Ziele und Aufgaben des Unterrichts, zum anderen aber auch in Hinblick auf die Didaktik und Methodik des Faches Englisch[7].

Das vorliegende Buch teilt sich daher in zwei große Abschnitte. Im ersten Abschnitt wird zunächst der Versuch unternommen, den Begriff der Behinderung einzugrenzen und im Anschluß allgemeine Kennzeichen bestimmter Behinderungen und ihre Relevanz für die Unterrichtsgestaltung, insbesondere des Fremdsprachenunterrichts, darzustellen. Folgende Aspekte werden hinterfragt:

  • Welche Gültigkeit hat der Begriff der Behinderung im Rahmen binnendifferenzierten, schülerzentrierten Unterrichts? Ist die Zuschreibung sonderpädagogischen Förderbedarfs hilfreich und sinnvoll?

  • Welche Leistungsminderungen sind vor allem im sprach- und sprechbetonten Unterricht auffällig, so daß ihnen in besonderer Weise Rechnung getragen werden muß?

In Kapitel 3 wird unter folgenden Fragestellungen auf die Rahmenbedingungen eines stark binnendifferenzierenden Fremdsprachenunterrichts im engeren Sinne eingegangen:

  • Welche Konsequenzen bringt der Übergang von vorfachlichem Unterricht zum Fachunterricht mit sich?

  • Welche Organisationsformen erfordert der Fachunterricht bzw. welche Organisationsformen werden ihm durch das Schulsystem vorgegeben?

  • An welche Vorgaben ist speziell der Englischunterricht gebunden und wie sind diese mit den Bemühungen um einen Englischunterricht für alle Schüler vereinbar?

Der zweite Abschnitt in Kapitel 4 spricht zunächst allgemeine Ziele und Prinzipien binnendifferenzierten Fremdsprachenunterrichts an. Im anschließenden Kapitel 5 werden die für die Umsetzung dieser Ziele und Prinzipien nötigen personellen, unterrichtsorganisatorischen und didaktisch-methodischen Maßnahmen und Gestaltungsprinzipien vorgestellt, durch die fremdsprachlicher Unterricht - sowohl im Förder- und Sonderschulbereich als auch im integrativen Unterricht insbesondere der Sekundarstufe - möglich wird.

Die Frage, wie stark binnendifferenzierender Fach- und insbesondere Englischunterricht in der Theorie aussehen sollte und wie er sich im schulischen Alltag von Sonderschulen und Integrationsklassen an Regelschulen gestaltet, ist bisher kaum systematisch untersucht, dokumentiert und umfassend erörtert worden. Als Praxisbeispiele zum Englischunterricht standen der Autorin nur wenige, meist nicht sehr detaillierte Erfahrungsberichte zur Verfügung, die sich in der überwiegenden Zahl lediglich auf knappe Ausschnitte aus dem Englisch-Anfangsunterricht bezogen. Daher machte die Autorin von der Gelegenheit Gebrauch, in einer 6. sowohl integrativ als auch z.T. rein sonderpädagogisch orientiert arbeitenden Klasse der Comenius-Schule in Berlin Wilmersdorf und jeweils in einer 7., 9. und 10. Integrationsklasse an einer Hamburger Gesamtschule für einzelne Stunden im Englischunterricht zu hospitieren, um weitere persönliche Eindrücke zu sammeln. Anregungen und Gedanken aus diesen Hospitationen konnten für die Formulierung des hier vorliegenden Buches genutzt werden.

Hinweis

Der Einfachheit und besseren Lesbarkeit halber wird außer in wörtlichen Zitaten stets die männliche Form verwendet. Diese Form der Genusbezeichnung bezieht sich in gleicher Weise auf männliche und weibliche Personen. Nur an Stellen, wo eine Geschlechterbenennung inhaltlich wichtig ist, werden geschlechtsdifferenzierende Formulierungen verwendet.



[1] FEUSER 1998 (4), 224

[2] ECK 1998, 16

[3] PIEPHO 1998, 190

[4] vgl. u.a. WINDOLPH 1998, PODLESCH 1998, QUENSTEDT 1994

[5] vgl. u.a. PODLESCH 1998/ WINDOLPH 1998 und SAUER 1984

[6] In einigen Bundesländern wie zum Beispiel Sachsen-Anhalt, Niedersachsen Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg, Thüringen und Hessen sind Förder- und Sonderschulen für die Integration des Faches Englisch jedoch zunehmend aufgeschlossen (vgl. WINDOLPH 1998, PIEPHO 1998, QUENSTEDT 1994).

[7] Bezüglich der Rahmenbedingungen eines rein sonderpädagogisch orientierten Fremdsprachenunterrichts sei auf GRUNDERT-HORDYCH 1984, PODLESCH 1998, QUENSTEDT 1994, WÖSKE 1993 verwiesen.

2. Schüler mit Behinderungen und sonderpädagogischem Förderbedarf

2.1 Zum Begriff der Behinderung

Der Begriff der Behinderung hat, je nachdem von welchem Standpunkt aus er definiert wird, verschiedene Facetten. Es kann davon ausgegangen werden, daß kein einheitlicher, allgemein anerkannter Behinderungsbegriff existiert. Welche Eigenschaft oder Zuständigkeit als behindert angesehen wird, ist weitgehend abhängig von allgemeinen Wertsetzungen, Erwartungen und Gewohnheiten. Aufgrund verschiedener Umfeldbedingungen existieren verschiedene Behinderungsbegriffe; diese haben unterschiedliche Konsequenzen für die betroffenen Personen hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Integration. Mit dem folgenden Abriß der Entwicklung des Behinderungsbegriffs soll zunächst nachvollzogen werden, welche Wandlungen und Ergänzungen dieser Begriff im Laufe der Zeit erfahren hat.

In den 20er Jahren dieses Jahrhunderts tauchte die Bezeichnung »Behinderung« erstmals in der deutschen Heilpädagogik und der Fürsorgeverwaltung auf. Im Paragraph 6 des Reichsschulpflichtgesetzes von 1938, der die Überschrift »Schulpflicht geistig- und körperbehinderter Kinder« trägt und in dem das Adjektiv »behindert« noch durch den Zusatz »geistig und körperlich« eindeutig bestimmt werden mußte, wird der Besuch der verschiedenen Sonderschultypen geregelt[8].

Im Bundessozialhilfegesetz (BSHG), das in erster Fassung 1961 verkündet wurde, wird zwar keine direkte Definition des Behinderungsbegriffes vorgenommen, es werden aber zwei nicht näher differenzierte Personenkreise genannt, denen Eingliederungshilfe für Behinderte zu gewähren ist. Dies sind Personen, die nach § 39 I des BSHG nicht nur vorübergehend körperlich, geistig oder wesentlich seelisch behindert sind und solche, die nach § 39 II von einer Behinderung bedroht sind (vgl. BSHG 1983, § 39 I, II). Unter § 40 des BSHG wird Personen mit den unter § 39 näher bestimmten Beeinträchtigungen die Möglichkeit einer Förderung durch materielle Eingliederungshilfe eingeräumt. Auf eine Förderung durch besondere pädagogische Hilfen wird nicht eingegangen. Eine relativ frühe, doch noch immer häufig zitierte Definition des Begriffs der Behinderung aus dem Jahr 1969 stammt von Heinz BACH: »Behinderungen sind individuale Beeinträchtigungen, die

  • umfänglich (d.h. mehrere Lernbereiche betreffend),

  • schwer (d.h. graduell mehr als ein Fünftel unter dem Regelbereich liegend) oder

  • langfristig (d.h. in zwei Jahren voraussichtlich nicht dem Regelbereich anzugleichen) sind«.[9]

Aus dieser Definition ergibt sich ein Behinderungsbegriff, der sich primär auf den betroffenen Menschen konzentriert und die Dimension individueller Beeinträchtigungen in Umfang, Schwere und Langfristigkeit im Vergleich zu einem angenommenen Regelbereich mißt. Zu kritisieren ist an dieser Definition die unzureichende Berücksichtigung des Zusammenhanges zwischen Behinderung und gesellschaftlichem Umfeld. BACH selbst weist jedoch in einem jüngeren Aufsatz auf diesen Zusammenhang hin, indem er schreibt: »Behinderung ist ihrem Wesen nach keine Eigenschaft, sondern eine Relation zwischen individualen und außerindividualen Gegebenheiten«[10]. Auf die Praxis des Fremdsprachenunterrichts übertragen bedeutet dies z.B.: Ob sich ein Kind mit einer Sprachstörung (z.B. auf Grund einer spastischen Lähmung oder Stottern) im Fremdsprachenunterricht in der Klasse verständlich machen kann, ist vor allem auch abhängig von der Geduld und dem Einfühlungsvermögen des Lehrers und der Haltung der Klasse.

In der Empfehlung des Deutschen Bildungsrates »Zur pädagogischen Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher« liest man zum Begriff der Behinderung: »Als behindert im erziehungswissenschaftlichen Sinne gelten alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die in ihrem Lernen, im sozialen Verhalten, in der sprachlichen Kommunikation oder ihren psychomotorischen Fähigkeiten so weit beeinträchtigt sind, daß ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft wesentlich erschwert ist. Deshalb bedürfen sie besonderer pädagogischer Förderung« (Deutscher Bildungsrat 1979[11]). Die Behinderungen können ihren Ausgang nehmen von Beeinträchtigungen des Sehens, des Hörens, der Sprache, der Stütz- und Bewegungsfunktionen, der Intelligenz, der Emotionalität, des äußeren Erscheinungsbildes sowie von bestimmten chronischen Krankheiten. Das besondere an diesem Definitionsansatz ist, daß mit besonderer pädagogischer Förderung weniger die Förderung in Sonderschulen und anderen Sondereinrichtungen als vielmehr spezielle pädagogische Förderung in Regelschulen und vorschulischen Regeleinrichtungen gemeint ist. Die Empfehlung des Deutschen Bildungsrates stellt ausdrücklich der bisher vorherrschenden schulischen Isolation Behinderter ihre schulische Integration entgegen[12].

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betont in ihrer Definition von Behinderung von 1980 besonders die außerindividualen Bedingungen, die zu Behinderungen führen, und das in einer Deutlichkeit, wie es in keiner der vorangegangenen Definitionen der Fall war. Bei der WHO heißt es: »Behinderung: Eine auf eine Schädigung oder Leistungsminderung zurückgehende Benachteiligung, die einen bestimmten Menschen teilweise oder ganz daran hindert, eine Rolle auszufüllen, die für ihn nach Alter, Geschlecht und sozio-kulturellen Faktoren normal wäre«[13]. Die WHO unterscheidet drei zentrale Begriffe, nämlich:

  • eine Schädigung (impairment) auf physiologisch, anatomischer Ebene,

  • eine Leistungsminderung (disability) auf psychologischer, individueller Ebene,

  • eine Behinderung/Benachteiligung (handicap) auf sozialer, sozio-kultureller Ebene.

Nach dem Behinderungsbegriff der WHO kann eine Mensch trotz Schädigung und Leistungsminderung frei von Behinderung sein. DOUD-HARMS schreibt in diesem Sinne, daß »Behinderung nicht durch [einen] körperlichen Schaden bedingt ist, obwohl sie damit verbunden wird. Behinderung ist kein Merkmal des Organismus und keine Eigenschaft der Psyche oder der Persönlichkeit [ ]«[14]. Ob eine körperliche Leistungsminderung zur Behinderung wird, ist im wesentlichen von außerindividuellen Bedingungen wie z.B. dem gesellschaftlichen Wertesystem abhängig. Nicht die besonderen Eigenschaften eines Menschen an sich, sondern die speziellen Eigenschaften, die zu Einschränkungen in seinen gesellschaftlichen Möglichkeiten führen, machen ihn zum Behinderten. Nach SANDER ist demgemäß dann von Behinderung zu sprechen, »wenn ein Mensch aufgrund einer Schädigung oder Leistungsminderung ungenügend in sein vielschichtiges Mensch-Umfeld-System integriert ist«[15].

In diesem Sinne muß von einer Primär- und einer Sekundärbehinderung gesprochen werden, wobei die Primärbehinderung u.a. in der Schädigung eines Wahrnehmungsorganes (z.B. des Auges) bestehen kann. Sekundärbehinderungen, zu denen emotionale und kognitive Störungen zählen, stehen meist nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Primärbehinderung. Sie sind häufig vielmehr durch das Fehlverhalten der Umwelt sozial verursacht. Ernst KLEE faßt diese Erkenntnis mit den folgenden Worten zusammen: »Menschen werden wohl mit einer Behinderung geboren, doch zum »Behinderten« werden sie erst erst später gemacht«. Dabei scheint die Stärke der Ausprägung bestimmter Eigenschaften von entscheidender Bedeutung zu sein. Bestimmte Eigenschaften (wie Introvertiertheit, Wahrnehmungsstörungen, Ängstlichkeit. Aggresivität etc.) lassen sich in begrenztem Maße bei allen Menschen feststellen. Erst dann, wenn sie verstärkt ausgeprägt sind, werde sie als typische Behinderteneigenschaften definiert. Aus diesem Verständnis von Behinderung ergibt sich die Forderung nach einer uneingeschränkten Förderung der Betroffenen.

Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß fast allen erwähnten Definitionen von Behinderung die mehr oder weniger starke Betonung der Bedeutung des Umfeldes gemeinsam ist. Behinderung muß also immer - abgelöst von der individuellen Ebene - in bezug auf die soziale Umwelt gesehen werden. Ein bedeutender Teil dieser vielschichtigen sozialen Umwelt bildet für Kinder die Schule mit ihren sozialen Interaktionsmöglichkeiten, Bildungsangeboten und Erfahrungsräumen. Jeder Ausschluß aus Teilbereichen dieser Umwelt schränkt die Entwicklung und Handlungsfähigkeit der Kinder ein. Die Folgerung, die sich daraus für die schulische Praxis ergibt, soll quasi als Motto dem folgenden Abschnitt vorangestellt werden.

Wesentliches Ziel schulischer Erziehung ist das Schaffen einer Lernumwelt, die die Enfaltung der vollen Kapazität des Lernenden gewährleistet.[16]

2.2 Zur Bedeutung spezifischen sonderpädagogischen Bedarfs in bezug auf den Fachunterricht

Im folgenden wird es um Schüler gehen, die aufgrund ihrer Leistungsminderung in Hinblick auf die schulische Förderung als »Träger einer Behinderung« eingestuft werden. Diese Zuschreibung erfolgt dann, wenn basierend auf medizinischen und pädagogisch-psychologischen Gutachten eine Verwaltungsentscheidung gefällt wird, die besagt, daß die Bedingungen an den Regelschulen nicht geeignet sind, um auf Leistungsminderungen der Kinder angemessen eingehen zu können. In vielen Bundesländern wird den betroffenen Kindern die Integrationsfähigkeit zunächst einmal abgesprochen. Die Folge ist dann eine Zuweisung an spezielle Sonderschulen, was jedoch durch gezieltes Engagement der Eltern[17] für eine integrative Betreuung in Regelklassen oder in Klassen, die an Integrationsprojekten beteiligt sind, in den meisten Bundesländern abgewendet werden kann[18].

Soll ein als behindert eingestuftes Kind an einer Regelschule aufgenommen und dort integrativ unterrichtet und betreut werden, sind seit Beginn der 90er Jahre in zahlreichen Bundesländern Förderausschußverfahren vorgeschrieben, in denen die Fähigkeiten, die Defizite und besonderen Bedürfnisse des betreffenden Kindes festgestellt werden sollen. Die Zuschreibung »sonderpädagogischen Förderbedarfs« erfolgt dann, wenn der betreffende Schüler zusätzlich zu den in Regelklassen vorhandenen schulischen Bedingungen besondere Unterstützung benötigt. Dabei kann es sich beispielsweise um eine Person handeln, die einen im Rollstuhl sitzenden Schüler bei der Fortbewegung in einem nicht rollstuhlgerechten Schulgebäude unterstützt oder einen Schüler, der regelmäßig gewickelt werden muß, pflegerisch betreut. Die besondere Unterstützung kann sich aber auch konkret auf den Unterricht beziehen, in dem ein Schüler aufgrund bestimmter kognitiver oder sinnlicher Beeinträchtigungen gezielte pädagogische Hilfen und eine unmittelbare Begleitung seiner Lernprozesse benötigt (vgl. dazu das in Kapitel 5.4.3 angeführte Beispiel).

Schulpolitisch wird die Begrifflichkeit des »sonderpädagogischen Förderbedarfs« mit der Sicherung zusätzlicher Lehrerstundendeputate gerechtfertigt[19]. Jutta SCHÖLER weist in bezug auf diese generalisierende Art der Formulierung auf die Gefahr einer »Sonderpädagogisierung« der Regelschulen hin. Ihrer Meinung nach würden für die Förderung eines Großteils der betroffenen Schüler bereits die organisatorische Abstimmung des Unterrichts auf ihre Bedürfnisse wie z.B. eine verringerte Klassenfrequenz, der Einsatz technischer Hilfen, eine binnendifferenzierende Unterrichtsgestaltung oder die Zuweisung von Stützlehrerstunden ausreichen. Sonderpädagogische Lerninhalte, die speziell für eine bestimmte Behinderung relevant sind, und sich daraus ergebende Fördermaßnahmen sind häufig nicht nötig, was hier kurz anhand von Beispielen konkretisiert werden soll:

Ein von einer Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit betroffener Schüler mit der medizinischen Diagnose »Träger einer Behinderung«, der zur Fortbewegung einen Rollstuhl benötigt, ist nicht zwangsläufig sonderförderbedürftig. Er benötigt zwar ein rollstuhlfreundliches Schulgebäude bzw. Unterstützung beim Überwinden von Treppen und Schwellen, sonderpädagogische Maßnahmen aber wie z.B. die Betreuung durch einen speziell ausgebildeten Sonderpädagogen, Unterricht in behinderungsspezifischen Lerninhalten, besondere pädagogische Maßnahmen in Form gezielter Förderung von Teilleistungen oder die Formulierung indivitueller Lernziele sind für ihn - außer im Sportunterricht - in der Regel nicht nötig.

Für Schüler, die auf pflegerische Betreuung angewiesen sind, vor allem aber für solche mit eingeschränkter Motorik und Bewegungsfähigkeit, die ihre Ursache ausschließlich in einer Beeinträchtigung des Bewegungsapparates haben, kann davon ausgegangen werden, daß ihnen im Unterricht - wenn überhaupt - lediglich mehr Zeit zum Schreiben gelassen oder eventuell technische Unterstützung durch spezielle Schreibinstrumente (Schreibmaschine, Computer, ein spezielles Schreibpult u.ä.) ermöglicht werden muß. Spiele, in denen Mobilität und körperliche Gewandtheit wesentliche Bestandteile sind, müssen abgewandelt und nur selten vermieden werden. Die Planung des Unterrichts an sich stellt in solchen Fällen an die betroffenen Lehrer (außer im Sportunterricht) keine besonderen Anforderungen.

Aufgrund der Schwerpunktlegung dieses Buches auf den Englischunterricht wird auf Schüler, deren Behinderung ausschließlich in Form einer Bewegungseinschränkung oder pflegerischer Bedürfnisse besteht, im folgenden nicht weiter eingegangen werden. Vielmehr werden solche Schüler im Mittelpunkt des Interesses stehen, deren körperliche, geistige oder seelische Beeinträchtigung Auswirkungen auf ihre kognitive Entwicklung haben und zu Leistungsminderungen vor allem auch im sprachlichen Bereich führen. Dies kann z.B. bei einem stark hörgeschädigten Schüler der Fall sein, dessen kognitive und sprachliche Entwicklung durch die auditive Wahrnehmungsstörung verzögert ist.

Kinder sind in der Regel durch Wahrnehmungsstörungen in ihrer gesamten Entwicklung tiefgreifend beeinträchtigt, da Wahrnehmung der Ursprung und Ausgangspunkt aller kognitiven Prozesse ist. Dabei müssen nicht immer organische Ursachen für die Wahrnehmungsstörungen, die zu verschiedenen Auffälligkeiten führen können, verantwortlich sein (näheres dazu siehe in Kapitel 2.2.1 und 2.2.4). Unter den folgenden Gliederungspunkten dieses Kapitels werden überblicksartig neben Hör- und Sehschädigungen vor allem solche Behinderungen in ihren vorspringenden Charakteristika vorgestellt, die in der Regel mit mehr oder weniger umfassenden Leistungsminderungen im kognitiven Bereich und damit auch mit Schwierigkeiten in bezug auf die Aneignung eines abstrakte Zeichensystems wie der Sprache einhergehen. Die Vermittlung einer Fremdsprache erfordert vor allem dann besondere Maßnahmen, wenn bei de Schülern Beeinträchtigungen vorliegen, die bereits für das Erlernen der Muttersprache spezielle, systematische Unterstützung nötig machen.

Auffälligkeiten im sprachlichen Bereich stellen in fast allen Fächern ein Problem dar, da Sprache eine entscheidende Rolle als Medium in der Auseinandersetzung mit den Unterrichtsinhalten spielt. In den fremdsprachlichen Fächern ist die Zielsprache gleichzeitig Kommunikationsmedium und vorrangiger Unterrichtsgegenstand. Mit Hilfe der Sprache findet die Auseinandersetzung über die Inhalte des Unterrichts statt. Diese Auseinandersetzung erfolgt (zumindest in einem konventionell gestalteten Fremdsprachenunterricht), anders als beispielsweise in den naturwissenschaftlichen Fächern wie auch in Werken, Sport und Musik, nicht über eine weitgehend handelnde Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsgegenstand, sondern vor allem auf rein sprachlicher Ebene. Folgende Auffälligkeiten auf Seiten der Kinder mit einer Schädigung oder Leistungsminderung stellen daher besonders im Fremdsprachenunterricht ein Problem dar:

  • die Vermeidung von Kommunikation, geringe Sprachbereitschaft,

  • die Ablehnung der Übernahme fremder Rollen/der Identifikation mit fremden Rollen,

  • Schwierigkeiten bei ganzheitlich-komplexen Sprech- und Schreibleistungen reproduktiver und besonders produktiver Art,

  • starke Rechtschreibauffälligkeiten,

  • Schwierigkeiten mit komplexer Syntax und komplexen grammatischen Formen sowie mit abstrakter Lexik,

  • Schwierigkeiten bei der Kopplung und Zuordnung von Klanggestalt und Schriftbild [In diesem Zusammenhang ist auf die besondere Schwierigkeit des Englischen hinzuweisen, die ihre Ursache darin hat, daß es 44 Phoneme (Lautverbindungen) besitzt, die in insgesamt 250 Buchstabenkombinationen ausgedrückt werden, was auch bei englischen Schülern im Primarbereich die häufigste Fehlerquelle darstellt.].

  • Schwierigkeiten beim Erkennen von Parallelen und Kontrasten zwischen Mutter- und Fremdsprache.[20]

Je nach der Art und dem Grad der Ausprägung der Auffälligkeiten muß mit besonderen pädagogischen bzw. mit sonderpädagogischen Maßnahmen auf die speziellen Leistungsbeeinträchtigungen eingegangen werden, um den betroffenen Schülern den Zugang zu fremdsprachlichen Kenntnissen zu ermöglichen. Ein herkömmlich ausgebildeter Fremdsprachenlehrer ist hinsichtlich der sonderpädagogischen Fördermaßnahmen im allgemeinen auf die Beratung und gezielte fachliche Unterstützung durch einen speziell ausgebildeten Pädagogen oder Therapeuten angewiesen (vgl. Kapitel 5).

Bei der Berücksichtigung spezieller Bedürfnisse bestimmter Kinder darf jedoch nie vergessen werden, daß die Tatsache der Behinderung nicht die gesamte Persönlichkeit prägt: eine Behinderung ist lediglich eines von vielen Persönlichkeitsmerkmalen[21]. SCHLEY warnt in diesem Sinne vor einer Konzentration auf eine dominierende Leistungsminderung oder Störung. Durch eine derartige »Komplexitätsreduktion« werde der »Blick auf die Individualität des einzelnen Kindes verstellt«[22]. Folglich und aufgrund der großen Zahl unterschiedlichster Erscheinungsformen von Beeinträchtigungen kann es keine einheitliche »Behinderten-Pädagogik« geben. REISER betont darüber hinaus: »Beeinträchtigungen im Leistungsbereich sowie im Bereich des Sozialverhaltens und des körperlich-seelischen Wohlbefindens sind grundsätzlich nur als Phänomene unterscheidbar, nicht als abgrenzbare Personengruppen«[23].

Sowohl praktisch organisatorische Maßnahmen wie z.B. die Verwendung von Punktschrift für blinde Schüler, Bewegungsermöglichung bei von Lähmung betroffenen Schülern, Sprachanbahnung bei gehörlosen, lebenspraktische Bildung bei geistigbehinderten Schülern als auch pädagogische, differenzierende und unter Umständen lernzieldifferenzierende und sonderpädagogische Maßnahmen müssen der individuellen Klassensituation entsprechend und mit Blick auf die einzelnen Schüler umgesetzt werden[24]. In diesem Zusammenhang muß betont werden, wie wichtig die Prinzipien der Lernbehinderten- und Verhaltensauffälligenpädagogik, nämlich kleine Kassenfrequenzen, Handlungsorientiertheit und Binnendifferenzierung des Unterrichts, auch für die Förderung fachbezogener und sozialer Lernprozesse nichtbehinderter Schüler sind.

Berücksichtigt werden müssen:

  • Langsames Lerntempo,

  • kurze Konzentrationsspannen,

  • wenig organisierte, sprunghafte Arbeitsabläufe,

  • schwaches Langzeitgedächtnis (insbesondere bei abstrakten Sachverhalten),

  • wenig ausgeprägtes Abstraktionsvermögen,

  • wenig entwickelter Leistungsanspruch,

  • schnelle Verunsicherung, Resignation, geringe Frustrationstoleranz.

Dies sind allgemeine, für jedes Fach problematische Auffälligkeiten, die besonders im Zusammenhang mit den meisten der unter den folgende Punkten beschriebenen Behinderungen einhergehen. Sie sind aber auch bei einer großen Zahl der nichtbehinderten Schüler an Regelschulen beobachten und erfordern keine sonderpädagogischen Maßnahmen. Die Komission »Anwalt Des Kindes« gibt zu bedenken, daß häufig nicht so sehr die Leistungsanforderungen an sich, sondern die Art, wie sie Kindern begegnen und die Generalisierung von Ansprüchen ohne ausreichende Berücksichtigung der unterschiedlichen Voraussetzungen die Ursache für eine Vielzahl von Lernproblemen sind[25]. Für den Fremdsprachenunterricht muß in diesem Zusammenhang z.B. die hierarchische Ordnung der sogenannten »vier Fertigkeiten« Sprechen, Hörverstehen, Schreibfähigkeit und Lesen neu überdacht und weiter ausdifferenziert werden, um den individuell sehr unterschiedlichen Lernfortschritten der einzelnen Schüler besser gerecht werden zu können (vgl. Kapitel 3.3). Bestimmte Ausfallerscheinungen können unter Umständen dazu führen, daß eine oder mehrere der »vier Fertigkeiten« nicht bzw. nur bedingt ausgebildet werden können. Bei der Planung binnendifferenzierenden und integrativen Fremdsprachenunterrichts muß daher zunächst einmal festgestellt werden, auf welche besonderen Bedürfnisse der Kinder im sensomotorischen, kommunikativen, physischen und intellektuellen Bereich innerhalb einer bestimmten Lerngruppe eingegangen werden muß und ob dazu besondere bzw. sonderpädagogische Fördermaßnahmen nötig werden. Außerdem darf nicht vergessen werden, daß die Besonderheiten der Einschränkungen, ob physischer oder mentaler Natur, bei jedem Kind anders ausgeprägt sind und sich auch im Englischlernprozeß auf eine jeweils eigene Weise äußern.

2.2.1 Sprachgestörte Schüler

Erscheinungsformen und Problematik von Sprachstörungen

Im Rahmenplan der Sonderschule für Sprachbehinderte (1988)[26] wird in der Charakterisierung der Schüler darauf hingewiesen, daß oft nicht allein durch »einen isolierten Ausfall oder eine erhebliche Auffälligkeit im sprachlichen Bereich« eine Beeinträchtigung besteht, sondern sich durch die Beeinträchtigung der Kommunikation verursachte seelische, geistige und soziale Entwicklungsstörungen manifestieren können, die sich schließlich in auffälligen Verhaltensweisen wie extremer Zurückgezogenheit oder auch aggressivem Verhalten äußern. Beeinträchtigungen der Sprache treten häufig auch bei Kindern mit einer Körperbehinderung, einer Hörbehinderung oder einer geistigen Behinderung auf.

Sprachauffälligkeiten können unterschiedlichste Ursachen haben. Eine Pathologie der Sprechorgane, Sprachstörungen infolge von Gehörleiden, Sprachentwicklungsverzögerungen aufgrund sozio-kultureller Entwicklungshemmnisse sind nur einige, die im schulischen Bereich am häufigsten in Erscheinung treten[27]. Angeborene Sprachstörungen gehen besonders auch bei körperbehinderten Schülern mit Cerebralparesen einher. Schüler, bei denen eine Anarthrie vorliegt, fehlt die Lautierfähigkeit völlig, das Sprachverständnis hingegen kann voll entwickelt sein[28]. Infolge der fehlenden Lautsprachausbildung werden die betroffenen Kinder oft als geistigbehindert eingestuft und daher lange Zeit nicht angemessen gefördert.

Die meisten schwerwiegenden sprachlichen Probleme können jedoch durch sonderpädagogische Maßnahmen entweder im außerunterrichtlichen Rahmen von einem freipraktizierenden Sprachtherapeuten behandelt oder im Rahmen zeitlich begrenzten Kleingruppen- oder gezielten Einzelunterrichts unter Leitung eines kompetenten Sonderpädagogen oder Therapeuten in die einzelnen Unterrichtsfächer integriert werden. Bei einigen Sprachstörungen reichen schon individuell ausgewählte Fördermaßnahmen aus, die problemlos in spielerischer Form in den Unterricht einbezogen werden können.

Aspekte binnendifferenzierten Unterrichts mit sprachgestörten Schülern

Die Hauptaufgabe der schulischen Erziehung sprachgestörter Schüler besteht neben dem Abbau der Sprachstörung im »Aufbau eines tragfähigen Lern- und Sozialverhaltens« (vgl. Rahmenplan, Sonderschule für Sprachbehinderte 1988, 11). Neben sprachtherapeutischen Maßnahmen sollte vor allem die Aktivierung aller Bereiche der Wahrnehmung und Motorik im Mittelpunkt stehen. Vor allem aber muß verhindert werden, daß sprachgestörte Kinder aus Angst vor dem Stottern, Stammeln oder Lispeln nicht stumm werden. Sie müssen lernen, sich und ihre Interessen trotz der Sprachhemmung in einer größeren Gemeinschaft zu behaupten. Auf den Englischunterricht geht der Rahmenplan der Sonderschule für Sprachbehinderte erstaunlicherweise nicht gesondert ein. Es wird lediglich ganz allgemein darauf hingewiesen, daß in allen Unterrichtsfächern die folgenden Schwerpunkte zu setzen sind:

Im sprachlichen Bereich:

  • Entwicklung, Festigung, Erweiterung und Anwendung des Wortschatzes, der Wortstellung und Wortbeugung im Satz, der Laut- und Stimmbildung,

  • Erlernen und Anwendung von melodischen, temporalen und dynamischen Merkmalen der Rede,

  • Wecken und Erhalten der Sprachfreude und der Mitteilungsbereitschaft.

Im sensomotorischen Bereich:

  • Förderung der Wahrnehmung, besonders im auditiven, visuellen und taktilen Bereich,

  • Förderung richtiger Bewegungskoordination im Bereich der Grob-, Fein- und Sprechmotorik.

Im psychosozialen Bereich:

  • Förderung der sprachlichen und gestisch-mimischen Kommunikation und Ausdrucksfähigkeit,

  • Abbau von psychischen Hemmungen und Aufbau eines Selbstwertgefühls,

  • Fördern sozialer Verhaltensweisen.

(vgl. Rahmenplan der Sonderschule für Sprachbehinderte 1988, 4)

Daß im allgemeinen Konzept des Fremdsprachenunterrichts in bezug auf die genannten Förderschwerpukte zahlreiche Maßnahmen bereits enthalten sind, wird besonders in Kapitel 5.4 noch deutlich werden. Es sei daher an dieser Stelle nur noch darauf hingewiesen, daß im Rahmen des Fremdsprachenanfangsunterrichts fast alle Schüler ähnliche Schwierigkeiten wie die sprachgestörten Kinder haben. Die Mehrzahl der Schüler hat in der Anfangsphase Ausspracheschwierigkeiten, Mühe bei der Bildung vollständiger Sätze und zumindest in der ersten Zeit einen äußerst begrenzten Wortschatz. Die Sonderrolle der sprachauffälligen Schüler wird auf diese Weise relativiert, woraus ein erheblicher Motivationsanreiz für sie entstehen kann. Der Umgang mit den sprachgestörten Schülern öffnet den Lehrern die Augen für die Komplexität der Lernleistungen aller Schüler im fremdsprachlichen Bereich; und auch die nichtbehinderten Schüler werden im integrativen Rahmen für die Probleme der sprachbehinderten Schüler sensibilisiert.

Für Schüler mit der Teilleistungsstörung Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) stellt sich die Situation gänzlich anders dar. Diese Schüler werden nur dann als sprach- bzw. lernbehindert eingestuft, wenn die Störung des Spracherwerbs ihr Lernen in mehr als einem Fach und in größerem Umfang als in Teilbereichen beeinträchtigt. Ist dies nicht der Fall, erfolgt auch keine Zuschreibung sonderpädagogischen Förderbedarfs. An Regelschulen müssen die betroffenen Lehrer demzufolge meist ohne die Unterstützung eines speziell geschulten Pädagogen eigene Strategien zur Förderung der betreffenden Schüler entwickeln, womit sie häufig überfordert sind.

Schüler mit LRS werden im allgemeinen im beginnenden Englischunterricht durch die neuen Laute und das ungewohnte Schriftbild auf eine Spracherwerbsstufe zurückgeworfen, die sie im Deutschen bereits überwunden hatten. Die LRS bricht im Fremdsprachenanfangsunterricht jedoch häufig erneut auf. Für die betroffenen Schüler bedeutet es dann schon eine große Hilfe, wenn ihre Fehlleistungen beim Lesen und Schreiben und ihr schnelles Vergessen nicht als Schusseligkeit, ungenaues Hinsehen und Hinhören oder Faulheit interpretiert werden. Es muß immer in Betracht gezogen werden, daß es akustische bzw. visuelle Differenzierungs- und Wahrnehmungsschwächen sein können, die zu Vertauschungen, Auslassungen und Buchstabenverdrehungen und damit vor allem in Diktaten und beim lauten Lesen zu erheblichen Fehlerzahlen führen.

Nach neuesten medizinischen Erkenntnissen werden die erwähnten Wahrnehmungsschwächen häufig durch eine »Minimale Zerebrale Dysfunktion« (MCD) verursacht, die meist im Laufe der Entwicklung eines Kindes wieder verschwinden. Voraussetzung dafür ist jedoch eine Förderung der betroffenen Kinder innerhalb möglichst kleiner Klassen, in denen ablenkende Faktoren weitgehend reduziert sind und in denen die Lehrer sich den einzelnen Schülern intensiv zuwenden können. Den betroffenen Schülern muß vor allem beim Lesen und Schreiben viel Zeit gelassen und Geduld entgegengebracht werden. Für Schüler mit LRS sind besondere, speziell auf ihre Schwächen abgestimmte Fördermaßnahmen (wie beispielsweise die Arbeit mit einer deutsch-englischen Vokabelkartei) notwendig. Tafelbilder und Arbeitsanweisungen müssen klar strukturiert und übersichtlich, der Einstieg in ein neues Thema und die Einführung grammatischer Regeln besonders klar und auf das Wesentliche beschränkt gestaltet werden.[29]

2.2.2 Hörgeschädigte Schüler

Erscheinungsformen und Problematik von Hörschädigungen

Eine starke Beeinträchtigung oder gar der Ausfall des auditiven Kanals verursacht die Unfähigkeit, gesprochene Sprache auf gewöhnliche Weise wahrzunehmen. Durch den Hörschaden werden nicht nur akustische Sinneseindrücke bis zum völligen Wegfall reduziert; es wird vielmehr das gesamte Wahrnehmungsverhalten in Mitleidenschaft gezogen, was eine starke Beeinträchtigung des auf »lautsprachlich kommunikativen und kognitiven Akten beruhenden menschlichen Zusammenlebens« bedeutet[30]. Neben Maßnahmen zum Sprachaufbau, Sehtraining und der Schulung taktiler und akusto-vibratorischer Wahrnehmungen müssen hörgeschädigte Schüler deshalb vor allem auch im emotional-sozialen Bereich bei der Entwicklung eines angemessenen Kontaktverhaltens und eines ausgeglichenen Selbstbewußtseins unterstützt werden. Außerdem ist meist auch eine Förderung im psychomotorischen Bereich nötig, da es durch organisch bedingte Gleichgewichtsstörungen zu Bewegungsauffälligkeiten und durch die körperliche und psychische Daueranspannung beim Sprechen, beim stark beeinträchtigten Hören und beim Ablesen vom Mund zu Verkrampfungen kommen kann (vgl. Rahmenplan der Schule für Gehörlose 1988, 2).

Die Integration gehörloser Kinder, die Sprache auch durch die Verwendung technischer Hörhilfen auf auditivem Wege nicht erlernen können, stößt von Seiten des Bundes Deutscher Taubstummenlehrer (BDT) auf besondere Widerstände. Die Regelbeschulung gehörloser und schwerhöriger Kinder wird vom BDT für »einen unverantwortlichen Schritt in die Isolation« gehalten, da, so der BDT, an den Regelschulen die Lautsprache das wesentliche Unterrichtsmedium ist und der beschränkten Perzeptionsfähigkeit und dem niedrigen Entwicklungsstand der Lautsprache der hörgeschädigten Schüler, dem mit speziellen Sprachaufbaumaßnahmen und dem Einsatz technischer Hilfsmittel begegnet werden muß, in Regelklassen nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen werden könne[31]. In den einzelnen Bundesländern gibt es weder einheitliche .Kriterien für die Erfassung und Bestimmung von Hörschäden unter pädagogischem Aspekt noch einheitliche Maßstäbe für eine Sonderbeschulung. Ob ein hörgeschädigtes Kind eine Sonderschule besucht oder nicht, hängt letztlich davon ab, in welchem Bundesland es aufwächst.

Daß die Integration hörgeschädigter Schüler bei Beachtung bestimmter organisatorischer und didaktisch-methodischer Unterrichtsprinzipien, auf die im folgenden kurz eingegangen wird, durchaus möglich ist, wird in einem Artikel von Christian HOENECKE[32] zum Englischunterricht mit nicht-behinderten und zwei hörbehinderten Schülern, die gemeinsam in Integrationsklassen zunächst in der Fläming-Grundschule und später in der .Sophie-Scholl-Schule bis zur zwölften Klasse[33] erfolgreich Englisch gelernt haben, belegt. Es ist zu fragen, welche unterrichtlichen Maßnahmen notwendig sind, um hörgeschädigte Kinder im Fremdsprachenunterricht angemessen fördern zu können.

Aspekte binnendifferenzierten Unterrichts mit hörgeschädigten Schülern

Im allgemeinen wird eine äußerst skeptische Meinung bezüglich eines Fremdsprachenunterrichts für Gehörlose vertreten. Dieser Standpunkt ist nicht nachvollziehbar, wenn man, wie die Autorin, durch persönliche Kontakte mit Hörgeschädigten erfahren hat, wie gut gehörlose Menschen in der Lage sein können, Fremdsprachen soweit zu erlernen, daß sie sie verstehen und sich gemäß ihren lautsprachlichen Fähigkeiten in ihr bis zu einem gewissen Grade mündlich, auf jeden Fall jedoch schriftlich artikulieren können. Es ist daher erstaunlich, daß im Rahmenplan der Schule für Gehörlose auf den Englischunterricht nicht im speziellen eingegangen wird. Im Rahmenplan der Schule für Schwerhörige findet das Fach Englisch zwar Erwähnung, über Möglichkeiten der praktischen Umsetzung und die speziellen, für schwerhörige Schüler geltenden Lernziele im Englischunterricht wird aber nur angemerkt, daß die Schüler befähigt werden sollen, sich umgangssprachlich verständigen zu können. Außerdem wird darauf hingewiesen, daß sich aufgrund der eingeschränkten sprachlichen Leistungsfähigkeit inhaltliche, organisatorische und methodische Abweichungen im Unterricht ergeben.

Auf die besondere Bedeutung, die das Ablesen vom Mund für stark Hörgeschädigte hat, wird aufmerksam gemacht. Im Englischunterricht müssen die hörgeschädigten Schüler zunächst mit dem Lautsystem der englischen Sprache vertraut gemacht werden. Um von bestimmten Mundstellungen Laute ablesen und von diesen dann die entsprechenden englischen Wörter ableiten zu können, ist eine besonders intensive Einführung des fremden Lautsystems, verbunden mit der Lautschrift, erforderlich. HOENECKE erwähnt in seinem Artikel die Schwierigkeit, die insbesondere das Ablesen von den Lippen der Mitschüler darstellt, da diese zumindest im Anfangsunterricht selbst noch mit den ungewohnten Lauten hadern und aus Unsicherheit häufig undeutlich artikulieren. Die von der Fachdidaktik geforderte Einsprachigkeit ist in ihrer Konsequenz deshalb soweit zu relativieren, daß die ohnehin für die hörgeschädigten Schüler erschwerte Kommunikation nicht noch zusätzlich belastet wird.

Eine allein auf die Förderung lautsprachlicher Fähigkeiten bedachte Integrationspädagogik ignoriert die für Gehörlose wichtige »identitätsbegründende Bedeutung« der Gebärdensprache. Fest steht jedoch auch, daß die Chancen Gehörloser, in einer Gesellschaft von Normalhörenden zu bestehen, in der sie lediglich einen Anteil von 0,1% einnehmen, mit der Fähigkeit zur lautsprachlichen, also oralen und vor allem schriftlichen Kommunikation, erheblich steigen. LIMBACH diskutiert sehr ausführlich die Frage des Einbeziehens der Gebärdensprache in den integrativen Unterricht mit Hörgeschädigten an Regelschulen. Sie hält eine ausschließlich lautsprachliche Förderung stark hörgeschädigter und gehörloser Schü1er für unzulänglich, da das lautsprachliche Kommunikationsmedium allein den besonderen Wahrnehmungsmöglichkeiten und Entwicklungsbedingungen der betroffenen Schüler nicht gerecht wird. Die Gebärdensprache, die für die meisten Gehörlosen von essentieller Bedeutung ist und oft die einzige Möglichkeit für eine relativ entspannte Kommunikation darstellt, müsse unbedingt in integrative Bemühungen einbezogen werden. Dabei sollten lautsprachunterstützende Gebärden nicht nur durch die an der Integration beteiligten Pädagogen eingesetzt werden. Auch für die normalhörenden Schüler der Integrationsklasse sollte schon in den ersten Grundschuljahren fakultativer Unterricht in Gebärdensprache angeboten und möglicherweise mit einsetzendem Englischunterricht durch die englische bzw. amerikanische Gebärdensprache erweitert werden. Solche Maßnahmen würde die Durchsetzung der 1988 an die Mitgliedsstaaten der EG gerichtete Forderung des Europäischen Parlaments, die Gebärdensprache als Minderheitensprache anzuerkennen, entscheidend unterstützen.[34]

Soll für einen hörgeschädigten Schüler der gemeinsame Unterricht mit normal Hörenden so effektiv wie möglich gemacht werden, so ist dies möglicherweise mit erheblichen Konsequenzen für die Gesamtgruppe verbunden, da mit einer beträchtlichen Verlangsamung des Kommunikationsflusses zu rechnen ist. VOIT verweist auf die Schwierigkeiten: Durch häufige Wiederholungen von Äußerungen, Unterbrechungen zur Absicherung, Erklärung von Zusammenhängen, die den übrigen Schülern längst Selbstverständlichkeit sind, sei insgesamt ein erheblicher Verlust an Lern- und Lehrmotivation, an Qualität und Effekt der Lernprozesse , für die nicht hörgeschädigten Schüler zu erwarten. Eine Verlangsamung der Lernprozesse, Begünstigung von Frontalunterricht und schlechte Ausgangsbedingungen für die gemeinsame Vorbereitung und Durchführung von Vorhaben seien die möglichen Folgen[35]

Im alltäglichen Miteinander muß immer wieder daran gedacht werden, daß an den Gehörlosen ungleich höhere Anforderungen im konkreten Sprachereignis gestellt werden, als an normal Hörende. Die meisten der bei der Integration hörgeschädigter Kinder notwendig werdenden Verhaltensregeln sind für die normalhörenden Kinder zunächst nicht nachvollziehbar und schon gar nicht selbstverständlich. Die Notwendigkeit dieser Regeln kann ihnen aber durch die Vermittlung des sinnlichen Eindrucks, was und wie das hörgeschädigte Kind hört, einsichtig gemacht werden.[36] Die normalhörenden Mitglieder einer Integrationsklasse müssen sich zwangsläufig darauf einstellen, beim Sprechen mit Hörgeschädigten deren Wahrnehmungsbedingungen zu berücksichtigen.

Es müssen darüber hinaus aber auch organisatorische Notwendigkeiten berücksichtigt werden. Dazu gehört vor allem die optimale Gestaltung des Klassenraums. Hier sind die Entfernungs- und Beleuchtungsverhältnisse von besonderer Bedeutung. Der Boden sollte mit Teppichboden ausgelegt werden, um den Raum möglichst schallarm zu gestalten. Durch die bewußte Gestaltung der Sitzordnung muß gewährleistet werden, daß jeder Schüler Blickkontakt mit jedem seiner Mitschüler hat. Möglicherweise muß dem hörgeschädigten Kind ein Drehstuhl zur Verfügung gestellt werden, damit es schnell und leicht den Blickkontakt zu der gerade sprechenden Person herstellen kann[37]. Außerdem muß auf deutliches aber dabei nicht verzerrtes Artikulieren geachtet werden und es müssen kurze, dem Erfahrungshintergrund des hörgeschädigten Kindes angemessene Sätze formuliert werden. Darüber hinaus ist technische Hilfe durch den Einsatz einer drahtlosen Sendeanlage, die die Stimme des Sprechenden ohne Nebengeräusche direkt auf das Hörgerät des hörgeschädigten Schülers überträgt, möglich. Der Einsatz einer solchen Anlage ist hauptsächlich bei längeren Phasen von Schüler- bzw. Lehrervorträgen sinnvoll. Im lebhaften Unterrichtsgespräch mit ständig wechselnden Sprechern besteht die Gefahr, daß die Beiträge derjenigen, die beim Sprechen gerade keine Sendeanlage tragen, für die hörgeschädigten Schüler untergehen.

Hörgeschädigte Kinder sind vor allem auch auf ein unterrichtsbegleitendes Tafelbild oder besser auf die Benutzung eines Tageslichtsprojektors angewiesen. Ein solches Gerät bietet gegenüber der Tafel einen erheblichen Vorteil: Der Lehrer muß der Klasse während des Schreibens nicht den Rücken zukehren und kann Blickkontakt zu den Schülern halten. SCHÖLER hält für den Unterricht mit Hörgeschädigten prinzipiell keine besondere Methodik und Didaktik für erforderlich[38]. Der Unterricht muß ihrer Meinung nach einerseits soweit binnendifferenziert sein, daß jedes Kind für sich angemessene neue Lernziele erreichen kann, andererseits muß er soviel Gemeinsamkeiten enthalten, daß die Schüler sich gegenseitig anregen und untereinander helfen können. Außerdem muß der Unterricht weg von einer frontal orientierten Unterrichtssituation, die hohe Anforderungen an die Aufnahme gesprochener Sprache stellt, hin zu einer Öffnung des Unterrichts zu flexiblen Förder- und Freiarbeitsphasen und zu Wochenplanunterricht geführt werden. Auf diese Weise entsteht genügend Raum für Sonderfördermaßnahmen, die in entsprechenden Phasen in den Unterricht eingeplant werden können, ohne daß die betroffenen Schüler aus der Klasse herausgenommen werden müssen.

2.2.3 Sehgeschädigte Schüler

Erscheinungsformen und Problematik von Sehschädigungen

Als »Sehgeschädigte« werden im allgemeinen jene Personen bezeichnet, »die die visuelle Wahrnehmung nicht auf normale Weise, nicht in der normalen Schärfe und nicht im normalen Umfang vollziehen können«[39]. Ähnlich wie auditive Wahrnehmungsstörungen beeinflussen auch visuelle Wahrnehmungsbeeinträchtigungen den Sprachaufbau und somit den größten Teil schulischer Leistungen. Eine Sehbehinderung schränkt außerdem auch die nichtsprachliche Kommunikation ein und beeinträchtigt die Bewegungs- und Orientierungsfähigkeit sowie die Raumvorstellung.

Sehende schätzen stark sehgeschädigte und blinde Menschen im allgemeinen unrealistisch ein. Sie setzen häufig ungerechtfertigterweise besondere Hilfebedürftigkeit voraus und neigen zu Unter-, andererseits aber auch zu Überforderungen. Das aus diesen Fehleinschätzungen resultierende Fehlverhalten kann bei betroffenen Kindern die Entwicklung des Selbstwertgefühls und die Selbsteinschätzung negativ beeinflussen. Die kognitive Entwicklung Sehgeschädigter hängt in besonderem Maße von Art und Grad der Sehschädigung sowie dem Alter ab, in dem die Schädigung eingesetzt hat. Durch die Schaffung günstiger Lernbedingungen, durch die gezielte Förderung des Restsehsinns, insbesondere aber auch durch die verstärkte Aktivierung der intakten Sinne können wirkungsublle Ausgleiche geschaffen werden. Eine Sehbeeinträchtigung muß also nicht zwangsläufig mit einer eingeschränkten kognitiven Entwicklung einhergehen. Jutta SCHÖLER hat in diesem Zusammenhang sogar beobachtet, daß die meisten sehgeschädigten Kinder z.B. bei Spielen, bei denen es auf ein aufmerksames Zuhören, gutes Gedächtnis, genaues Nachfragen, auf Fühlen oder Riechen ankommt, gelegentlich so im Vorteil sind, daß man sie bremsen muß, um auch den anderen Kindern die Freude am gemeinsamen Spiel zu erhalten«[40].

Aspekte binnendifferenzierten Unterrichts mit sehgeschädigten Schülern

Eine Sehschädigung wirkt sich in all den Unterrichtsfächern beeinträchtigend aus, die besonders schreib-lese-intensiv sind und in denen bildliche Darstellungen eine wichtige Rolle spielen. Auch in allen anderen Fächern muß die nonverbale mimische und gestische Kommunikation, die vom Lehrer normalerweise zum Auffordern, Verstärken, Hinweisen usw. eingesetzt wird, bestimmten Modifikationen unterzogen werden. Ein Unterricht, der die Lernenden vor allem über das Auge anspricht, ist für sehgeschädigte Schüler mit erhöhter Anstrengung verbunden. Rein visuelle Stimuli kommen für den Unterricht mit stark sehgeschädigten und blinden Schülern daher nicht in Frage.

Durch diese Grundbedingungen verlieren viele der besonders für den Fremdsprachenunterricht gängigen Veranschaulichungsmöglichkeiten eines Unterrichtsgegenstandes bzw. -themas im Unterricht mit sehgeschädigten Schülern an didaktischem Wert. Dazu gehört z.B. der Einsatz von Bildern und Zeichnungen bei der Wortschatzarbeit, der Einsatz von Haftelementen, Tafelzeichnungen und das Projizieren von Folien. Viele der herkömmlichen Unterrichtsmedien können gar nicht bzw. nur bedingt eingesetzt werden. Wandkarten, Lehrbücher und Übungshefte der allgemeinen Schule sind mit zahlreichen bildbezogenen Texten, häufig rein bildlich gestalteten Einführungsseiten zu neuen landeskundlichen Einheiten, Bildgeschichten und auf Bildstimuli aufbauenden Übungen ausnahmslos auf das uneingeschränkte Sehvermögen ausgerichtet. Das bedeutet, daß die für Normalsehende gebräuchlichen Anschauungsmaterialien nur sehr bedingt bei Sehbehinderten eingesetzt werden und nur verhältnismäßig wenig Medien des allgemeinen Lehrmittelmarktes durch entsprechende Adaptionen brauchbar gemacht werden können. Die meisten Medien müssen modifiziert oder speziell hergestellt werden.

Hilfen sind hierbei:

  • die Verwendung unterschiedlicher Druckgrößen, vergrößerte Abbildungen, speziell ausgewähltes Anschauungsmaterial (mit möglichst wenig Details, starken hell-dunkel bzw. farblichen Kontrasten und Konturen),

  • räumlich-sachliche Adaptionen im Klassenzimmer, wie elektronische und optische Hilfsmittel (z.B. Lupen und Fernsehlesegeräte), eine für die Akustik vorteilhafte Anordnung der Sitzplätze und eine speziell abgestimmte Beleuchtungsart und Beleuchtungsstärke.[41]

Im Unterricht mit sehgeschädigten Schülern ist es vor allem wichtig, deren Erfahrungsdefizite im visuellen Bereich und in den anderen Bereichen der Wahrnehmung so weit wie möglich auszugleichen. Bei sehgeschädigten Schülern muß auch besonderer Wert auf eine intensive Wahrnehmungsschulung gelegt werden, deren Ziel eine optimale Ausnutzung des verbliebenen Sehvermögens in Verbindung mit einer verstärkten Aktivierung der intakten Sinne ist. Die Förderung der Wahrnehmung durch nichtvisuelle Sinne, u.a. durch das Einbeziehen natürlicher Objekte in den Unterricht, die vor allem den Tastsinn aktivieren, müssen als wichtige Hilfsmittel zum Begreifen des Unterrichtsgegenstandes in den Mittelpunkt gestellt werden. Dabei ist besonderer Wert auf den »handelnden« Umgang mit den Lernobjekten zu legen, weil auf diese Weise Dingvorstellungen leichter aufgebaut werden können und der Erwerb von Begriffen erleichtert wird[42]. Durch die Verbindung von Handeln und Sprache werden den Schülern Sinnerschließung und die Schaffung von Sinnstützen erleichtert. Maßnahmen dieser Art dienen nicht nur der gezielten Förderung sehgeschädigter Schüler, sondern bereichern auch die Lernprozesse aller anderen Schüler maßgeblich.

Die Vermittlung typisch blindenspezifischer Lerninhalte ist dagegen zu den sonderpädagogischen Maßnahmen zu zählen. Dazu gehört als unumgänglicher Bestandteil der schulischen Bildung blinder und von Blindheit bedrohter Schüler die Vermittlung und Verwendung der Punktschrift bzw. für stark sehgeschädigte Schüler auch die englische Kurzschrift[43]. Um eine Übertragung aller im Unterricht verwendeter Texte in Punktschrift zu umgehen, kann auf Tonträger ausgewichen werden. Darauf werden die Texte vor dem Einsatz im Unterricht aufgenommen und können dann von den betroffenen Schülern angehört statt gelesen zu werden. Die Lösung von Aufgaben, bei denen es nicht vorrangig um die Rechtschreibung geht, können von den Schülern auf ein Diktiergerät gesprochen werden, womit das oft zeitaufwendige Schreiben umgangen wird. Geschriebene Texte wiederum (u.a. Arbeitsbögen) können z.B. mit modernen, technischen Kommunikationsmittel in Punktschrift lesbar gemacht werden, wenn sie zunächst eingescannt und dann über einen Spezialdrucker ausgedruckt werden.

Die auf sehgeschädigte Schüler abgestimmten Individualisierungen müssen neben einer besonderen Mediengestaltung und der Berücksichtigung blindenspezifischer Lerninhalte jedoch vor allem auch ein verlangsamtes, Arbeitstempo berücksichtigen. Hierbei können technische Hilfsmittel eine erhebliche Beschleunigung der Arbeitsprozesse bewirken. Sollen z. B. Schreibprozesse erleichtert werden, ist der Einsatz eins Computers inzwischen nahezu unumgänglich. Durch ihn kann sowohl eine höhere Schreibgeschwindigkeit als auch eine bessere Lesbarkeit des Geschriebenen erreicht werden. Auch die Verwendung des Olt-Projektors anstelle der Tafel sowie die Verbalisierung des Tafel- bzw. OH-Anschriebs stellt in vielen Fällen für sehgeschädigte Schüler eine Erleichterung der aktiven, unmittelbaren Teilnahme am Unterricht dar. Sozialintegrative Arbeitsformen wie Partner- und Gruppenarbeit und vor allem auch Rollenspiele sollten verstärkt eingesetzt werden.

Speziell für den Englischunterricht sollten im Bereich der kognitiven Lernziele folgende Prioritäten gesetzt werden: »Bis zum Beginn des Erlernens der englischen Sprache sind die Unterscheidungsfähigkeit und der gezielte Einsatz des Gehörs so weit zu entwickeln, daß der Schüler zu bewußtem Hinhören und zu genauer Lautunterscheidung geführt werden kann. Die Fähigkeit zur Aufnahme englischer Wörter und Satzmuster durch das Gehör ist vor allem im Anfangsunterricht immer wieder bewußt zu trainieren.«[44]

Da Mundstellungen und -bewegungen des Lehrers nicht oder nur ungenau wahrgenommen werden, ist die Ausspracheschulung bei sehgeschädigten Schülern erschwert. Auch Lesen und Schreiben sind häufig mit größeren Schwierigkeiten verbunden. Deshalb muß die Priorität insbesondere im Anfangsunterricht im Mündlichen liegen. Im weiterführenden Englischunterricht fördert vor allem das Nacherzählen akustisch präsentierter Texte die Fähigkeit, sprachliche Äußerungen vorwiegend durch Hören aufzunehmen, um im Anschluß damit arbeiten zu können.

2.2.4 Lernbehinderte Schüler

Erscheinungsformen und Problematik von Lernbehinderungen [45]

Unter dem Begriff der Lernbehinderung werden meist jene Schüler subsumiert, deren Entwicklung verzögert ist, die sich in ihrem Lernverhalten von der Mehrzahl ihrer Altersgenossen unterscheiden und die aufgrund schwieriger sozialer Verhältnisse Probleme bei der Aneignung schulischer Lerninhalte haben. PODLESCH weist darauf hin, daß lernbehinderte Schüler in ihrer emotionalen, sozialen und intellektuellen Entwicklung beeinträchtigt sind, durch verschiedene Sprachstörungen die Kommunikation häufig bereits in der Muttersprache beeinträchtigt ist, sie langsamer lernen, sich meist nur über kurze Spannen konzentrieren können und eine geringe Frustrationstoleranz haben. Kinder, die als lernbehindert eingestuft werden, stellen zahlenmäßig die größte Gruppe der Schüler dar, die überwiegend an Sonderschulen nach einem eigenen Curriculum unterrichtet wird.

Der Begriff der »Lernbehinderung« bzw. die Klassifikation »lernbehindert« sind pädagogisch umstritten, da sie nicht eindeutig interpretierbar sind. BLEIDICK schreibt: »Lernbehinderung ist keine definitorisch umschreibbare Behinderung, für die präzise medizinische, psychologische und soziologische Bestimmungsmerkmale gelten«. Bei der Betrachtung verschiedener Definitionsansätze für den Begriff der Lernbehinderung fällt auf, daß sie größtenteils lediglich in der Auffassung übereinstimmen, Lernbehinderungen seien multifaktoriell bedingt und als »kumulative Defizitphänome«[46] zu betrachten. Es kann daher nie von einer homogenen Gruppe der Lernbehinderten gesprochen werden. Im allgemeinen sind es keine organischen Schäden, durch die die Lernleistung der betroffenen Kinder schwerwiegend und umfänglich beeinträchtigt wird. KANTER grenzt »Lernbehinderungen im engeren Sinne« von anderen Behinderungen, wie z.B. Sinnesschäden, Körperbehinderungen, Sprachschädigungen, chronischen Krankheiten und Verhaltensauffälligkeiten, ab. BLEIDICK (1998, 96) betont, daß im Vergleich mit allen anderen Behinderungsarten bei den Lernbehinderungen ein auffälliger Zusammenhang mit bestimmten sozialen Faktoren, die zu den Beeinträchtigungen führen, besteht. Seinen Angaben zufolge stammen ca. 80 - 90% der Lernbehinderten aus unteren sozialen Schichten.

Der Begriff der Lernbehinderung, der auch als Synonym für Grundschulversagen bezeichnet werden kann, wird im allgemeinen denjenigen Kindern zugeordnet, die nicht der gewünschten Leistungsnorm genügen. Unser gegenwärtiges Schulsystem verfolgt die Zielrichtung der Verteilung grundlegender Sozialchancen durch Auslese und nicht - wie die meisten westlichen Industrienationen - eine bis zu zehnjährige gemeinsame Förderung in einem einheitlichen Schulsystem, wie sie z.B. in den skandinavischen Ländern üblich ist. Die Betroffenen werden oft von der ersten Klasse an als wenig geeignet für unsere »Leistungsgesellschaft« eingeschätzt und damit von vornherein diskriminiert. Im Berliner Rahmenplan für Lernbehinderte (1985, 1) heißt es z.B.: »Spontanes Interesse, Neugierverhalten, Wissensbedürfnis und Leistungsbereitschaft sind oft nicht hinreichend entwickelt.« Auch Kinder mit sogenannten »Teilleistungsstörungen«, d.h. Kinder mit Schwächen in ganz bestimmten Bereichen der Kulturtechniken, werden häufig zu dieser Gruppe gerechnet. In diesem Zusammenhang wird z.B. von der bereits unter Kapitel 2.2.1 angesprochenen Lese-Rechtschreibschwäche oder von der Dyskalkulie (Rechenschwäche) gesprochen. Bei der Diagnose Lernbehinderung sind jedoch überwiegend die Minderleistungen in den sprachlichen Fächern ausschlaggebend. Merkmale des Lernverhaltens lernbehinderter Schüler lassen sich verallgemeinernd zusammenfassen:

- verminderte Behaltensleistung,

- eine starke Verlangsamung der Lernprozesse,

- stark eingeschränkte Fähigkeit abstrakten Begriffslernens,

- Einschränkungen des Transfers des Gelernten auf neue, nicht eingefahrene kognitive Inhalte.

Es treten in verstärktem Maße »reduzierte Sprachleistungen, wenig gegliederte Wahrnehmungs- und Vorstellungsfähigkeit, Konzentrationsablenkungen, Instabilität und geringere Differenzierung des Gefühls- und Willenlebens sowie Extremäußerungen des Verhaltens« auf.[47] Lernbehinderungen sind jedoch keine unveränderbaren oder unbeeinflußbaren Defekte, die ein Leben lang bestehen bleiben müssen. Anders als bei »Sinnesschäden« (wie Blindheit, Gehörlosigkeit, durch organische Schäden bedingtes Nicht-Sprechen-Können) besteht bei Lernbehinderungen durchaus die Möglichkeit, durch gezieltes, »pädagogisches Einwirken« bestimmte Fähigkeiten und Interessen zu wecken und damit Lernhaltungen und Lernprozesse positiv zu beeinflussen[48].

Aspekte binnendifferenzierten Unterrichts mit lernbehinderten Schülern

In der Stundentafel der Schule für Lernbehinderte ist Englisch als Fach in Berlin offiziell seit 1990 aufgenommen. Hauptgrund für die Aufnahme des Faches war die Notwendigkeit, eine Erleichterung für diejenigen Schüler zu schaffen, die aufgrund ihrer positiven Leistungsentwicklung nach der fünften oder einer der folgenden Klassen an eine Regelschule überzuwechseln in der Lage waren. Solange die Schüler an der Schule für Lernbehinderte keinen Englischunterricht hatten, fehlten ihnen im Falle eines Übergangs an eine Regelschule die nicht mehr aufholbaren Kenntnisse eines oder mehrerer Lernjahre eines ganzen Faches.

1990 wurden die von einer aus Sonderpädagogen bestehenden Arbeitsgruppe verfaßten allgemeinen »Didaktischen Handreichungen für den Englischunterricht in Klassen für Lernbehinderte in Berliner Schulen« von der Senatsverwaltung herausgegeben. Handreichungen speziell für die Klassen 5 und 6 wurden 1997 bzw. 1995 für die Klassen 7 und 8 von der Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport herausgegeben. Ein dritter Teil für die Klassen 9 und 10 ist in Arbeit. In den Handreichungen sind geeignete Themenbereiche und Unterrichtseinheiten ausgearbeitet, zu denen Lieder, Reime, Spiele, Rezepte und landeskundliche Beiträge zusammengestellt sind. Es werden Hinweise und Anregungen gegeben, mit welchen Sprachstrukturen, welchen grammatischen Formen, welchem Wortschatz und mit Hilfe welcher Medien, Lieder und Spiele bestimmte sprachliche Situationen und Handlungen erarbeitet werden können. Dies geschieht vor dem Hintergrund bestimmter Themenbereiche des schulischen und privaten Alltags der Schüler. Während der Unterricht für die Klassenstufen 5 und 6 vorwiegend gegenständlich orientiert ist, steht für die 7. und 8. Klasse der Handlungs- und Prozeßcharakter im Vordergrund. Das hat u.a. zur Konsequenz, daß der Wortschatz durch Verben und Adjektive erweitert wird, die Sprachstrukturen (patterns) werden umfassender und grammatikalische Gesichtspunkte erlangen mehr Bedeutung. An Hand von exemplarischen Themen werden grammatikalische Mindestanforderungen in Sprachstrukturen eingebettet, womit versucht wird, den grammatikalischen Aufbau sinnvoll an ausgewählte Themen zu koppeln - eine Maßnahme, die auch in Regelklassen prinzipiell bestrebt werden sollte.

Was die Themenbereiche anbelangt, so sind die Handreichungen für die Klassen 7 und 8 z.B. nach den folgenden Schwerpunkten gegliedert: activities, food and drinks, celebrating a party, my spare time, my day, clothes. Außerdem wird auf landestypische Feste und Feiertage eingegangen. Die Themenbereiche überschneiden sich weitgehend mit den legenden Themenbereichen, die der Rahmenplan der Regelschule enthält. In den Handreichungen wird jedoch eine starke didaktische Reduktion der Lerninhalte vorgenommen. Sie bieten Lehrern, die mit lernschwachen Schülern und einem für sie individualisierten Curriculum arbeiten, wichtige Orientierungshilfen und Anregungen zur Unterrichtsgestaltung in Form einer ausführlichen, themenbezogenen Sammlung von Spielen und Liedern.

Der Unterricht mit lernbehinderten Schülern erfordert prinzipiell keine speziellen Methoden. Im Vorwort der Handreichungen für die Klassen 7 und 8 heißt es lediglich, die Themenkomplexe sollten je nach Leistungsvermögen und Interessenlage der Lerngruppe in zeitlichem und quantitativem Umfang variiert werden. Vorrangiges Ziel ist das Hören und Verstehen einfacher Sprachmuster. Lesen und Schreiben sollten erst dann einbezogen werden, wenn sich die sprachlichen Strukturen im mündlichen Gebrauch gefestigt haben. Der Rechtschreibung kommt nicht die Bedeutung eines Lernziels sondern lediglich methodische Bedeutung (z.B. in Beruhigungsphasen) zu. Im Rahmenplan der Schule für Lernbehinderte heißt es zu den allgemeinen, grundlegenden Zielen der Erziehung lernbehinderter Schüler: »Selbstvertrauen und Leistungswille der Schüler sind zu entfalten. Es wird angestrebt, die Schüler zu Selbständigkeit und Verantwortung zu führen und damit zu befähigen, von fremder Hilfe unabhängig sowohl persönliche Belange wahrzunehmen als auch am Leben in der Gesellschaft teilzunehmen. Neben der Vermittlung des notwendigen Wissens und Könnens ist die Schule für Lernbehinderte bestrebt, umsichtiges Verhalten sowie die Kreativität zu entfalten. [ ] Gehemmtes und unsicheres Auftreten sowie gestörtes Vertrauen in die eigene Leistung erfordern Ermutigung und Anerkennung auch kleiner Leistungen, Ansporn und Bestätigung.«

Um diese Ziele auch in integrativem Rahmen verwirklichen zu können, ist eine Lerngruppengröße nötig, die es dem Lehrer erlaubt, die einzelnen Schüler differenziert wahrzunehmen und zu fördern. Dem eingeschränkten Auffassungsvermögen und dem verlangsamten Lerntempo der Schüler muß durch das Vorangehen in kleinen, klar strukturierten Progressionsschritten, durch die Isolierung von Schwierigkeiten und die häufige Wiederholung der Lerninhalte entgegengekommen werden. Der Unterricht muß den Schülern die Möglichkeit geben, das Gelernte in der praktischen Anwendung zu festigen, um den Lernerfolg positiv zu beeinflussen. Das stark emotional-spielerisch orientierte Unterrichtsgeschehen muß ein Lernen mit allen Sinnen ermöglichen.

Als Mittel, die Lernbereitschaft der Schüler zu wecken, empfiehlt der Rahmenplan der Schule für Lernbehinderte [49] außerdem

  • an die Fähigkeiten und Interessen der Schüler anzuknüpfen,

  • die Anforderungen an die individuelle Leistungsbereitschaft anzupassen,

  • die Schüler sich selbst Ziele setzen zu lassen und sie dabei zu unterstützen,

  • der unmittelbaren Rückmeldung über Lernerfolge große Bedeutung beizumessen,

  • audio-visueller Medien einzusetzen,

  • Tätigkeiten und Arbeitsformen im Unterricht häufig zu wechseln.

Nur durch weitgehende Individualisierung und Differenzierung des Lernens im Unterricht können Selbsttätigkeit, Kreativität und Leistungsmöglichkeiten des lernbehinderten Schülers freigesetzt werden können. Bei derartiger Unterrichtsgestaltung hat der Lehrer am ehesten die Möglichkeit, durch individuelle Zuwendung die besonderen Defizite einzelner Schüler auszugleichen und ihnen die intensive persönliche Zuwendung zu widmen, die ihnen im außerschulischen, familiären Bereich oftmals fehlt[50]. Durch differenzierte, individualisierte Unterrichtsorganisation kann auch in Regelschulklassen auf die speziellen Lernschwierigkeiten des einzelnen, aufgrund unterschiedlichster Ursachen schwerfälligen und besonders förderbedürftigen Schülers eingegangen werden.[51]

2.2.5 Geistigbehinderte Schüler

Erscheinungsformen und Problematik von geistiger Behinderung [52]

Nach der Gruppe der Kinder, die als »lernbehindert« bezeichnet werden, ist die Gruppe derjenigen, die als geistigbehindert eingestuft werden, zahlenmäßig die größte Gruppe, für die es spezielle Sonderschuleinrichtungen gibt. Wie in der Lernbehindertenpädagogik gibt es auch für geistig-behinderte Schüler ein eigenständiges Curriculum, in dem das lebensrelevante Lernen, also die Befähigung zu Selbständigkeit und eigenverantwortlichem Handeln in Situationen des Alltags in den Mittelpunkt gestellt wird. Aufgrund der Vielfalt der Ursachen und Erscheinungsbilder geistiger Behinderung und der Vielfalt von Entwicklungs- und Fördermöglichkeiten ist es fast unmöglich, im Rahmen einer Definition geistiger Behinderung der Komplexität des Phänomens gerecht zu werden. Selbst innerhalb der Gruppe der Kinder mit Down-Syndrom, die in der Gruppe der Kinder, welche eine Schule für Geistigbehinderte besuchen ,oder mit der Diagnose »Geistigbehindert« in Integrationsklassen aufgenommen werden, einen großen Anteil ausmachen, sind intraindividuelle Lern- und Leistungskapazitäten extrem unterschiedlich ausgeprägt. SPECK nimmt eine grobe Unterteilung der Erscheinungsformen geistiger Behinderrung nach Lernfähigkeit und Art der Fördermöglichkeiten vor. Er kommt zu einer Einteilung in die folgenden drei Gruppen:

  • Übergangsformen (zur Lernbehinderung): »Grenzfälle«, besonders ausgeprägte Teilbegabungen, z.B. musikalisch oder motorisch, Befähigung zum instrumentellen Gebrauch einfachen Lesens und Schreibens, in sozialer Hinsicht situationsweise relativ selbständig.

  • Durchschnittsformen geistiger Behinderung: deutlich erkennbare Lernfähigkeit noch lernfähig in Lerngruppen, in sozialer Hinsicht relativ unselbständig.

  • Intensivformen, auch schwerste geistige Behinderung genannt: äußerste Einengung des Lernfeldes, gewöhnungsgebunden, Intensiv-(= Einzel-)förderung notwendig, in sozialer Sicht total abhängig, zum Teil ständig bettlägerig, erheblich pflegebedürftig.[53]

Lange Zeit galten Menschen mit Einschränkungen im geistigen Bereich, vor allem solche, die nach SPECKS Einteilung der letzten Gruppe zuzuordnen sind, als bildungsunfähig. Heute geht es nicht mehr um die Frage, ob Geistigbehinderte gefördert werden können und überhaupt gefördert werden sollten, sondern darum, welche Lerninhalte mit welchen Methoden selbst Schwerstbehinderten vermittelt werden können, um sie angemessen zu fördern. Allen geistigbehinderten Kindern ist, wenn auch in unterschiedlich starkem Maße, die verzögerte Entwicklung gegenüber der Entwicklung Gleichaltriger gemein. Es wird jedoch prinzipiell davon ausgegangen, daß die kognitive Entwicklung geistig behinderter Menschen die gleichen Phasen durchläuft wie die Nichtbehinderter. Die Retardierungen können die körperliche Entwicklung, motorische Fähigkeiten, die Kontakt- und Kooperationsfähigkeit, die Emotionalität und auch die Entwicklung von Wahrnehmung und Sprechen betreffen. In den meisten Fällen treten mehrere der genannten Beeinträchtigungen gleichzeitig auf[54].

Lernbehinderten Kindern, für die annähernd die gleichen Charakteristika zutreffen (allerdings in schwächerer Form), können von den Geistig-behinderten in zweierlei Hinsicht unterschieden werden. Zum einen liegen bei lernbehinderten Schülern, abgesehen von wenigen Fällen, bei denen eine Minimale Zerebrale Dysfunktion (MCD) festgestellt wurde, keine organischen Schädigungen vor. Zum anderen wird, wenn auch heftig umstritten, eine Abgrenzung zur Lernbehinderung über den Intelligenzquotienten vorgenommen, wobei ein IQ-Wert von 70 in internationalen Fachkreisen als obere Grenze für geistige Behinderung angegeben wird. Die Definition von geistiger Behinderung, die im Rahmen der Empfehlung des Deutschen Bildungsrates von 1973 vorgenommen wurde, faßt das bisher Gesagte zusammen. Dort heißt es: »Als geistig behindert gilt, wer infolge einer organischen, genetischen oder anderweitigen Schädigung in seiner psychischen Gesamtentwicklung und seiner Lernfähigkeit so sehr beeinträchtigt ist, daß er voraussichtlich lebenslanger sozialer und pädagogischer Hilfe bedarf. Mit den kognitiven Beeinträchtigungen gehen solche der sprachlichen, sozialen, emotionalen und motorischen Entwicklung einher«[55].

Diese Definition fordert allerdings in zwei Punkten zu Kritik heraus. In vielen Fällen sind die Instrumentarien zur Diagnose der Ursachen geistiger Behinderung noch keinesfalls verläßlich einsetzbar. Zu kritisieren ist außerdem die in der Definition prognostizierte lebenslange Betreuungsabhängigkeit geistig behinderter Menschen, die meiner Meinung nach ungerechtfertigterweise allen Förderbemühungen von vornherein enge Grenzen setzt. Menschen, die als geistig behindert bezeichnet werden, können als Erwachsene eventuell selbstbestimmt leben - zwar nicht autonom von jeglicher Unterstützung, aber dennoch so, wie es ihren Vorstellungen entspricht - und nicht in Abhängigkeit von Erziehern oder den Organisationsbedingungen eines Heimbetriebes.

Umgekehrt muß auch von Seiten der Nichtbehinderten die Sicherheit im Umgang mit Menschen, die anders sind, gelernt werden.

Untersuchungen über Einstellungen gegenüber Behinderten belegen im allgemeinen die extrem starke Ablehnung insbesondere von Kontakten mit Geistigbehinderten. In diesem Zusammenhang muß unbedingt darauf hingewiesen werden, daß eine Vielzahl psychischer Beeinträchtigungen geistigbehinderter Menschen nachweislich erst durch das Fehlverhalten der Umwelt ihnen gegenüber ausgelöst werden. Deshalb muß es Hauptziel integrativer Bemühungen sein, Vorurteilen und einem großen Informationsdefizit in bezug auf Geistigbehinderte aufklärerisch entgegenzuwirken.

Aspekte binnendifferenzierten Unterrichts mit geistigbehinderten Sehülern

Der Rahmenplan der Schule für Geistigbehinderte nennt als erste Grundprinzipien des Unterrichts die lebenspraktische Förderung und weitestgehende Erziehung der betroffenen Kinder zur Selbständigkeit, um die Abhängigkeit von Bezugs- und Betreuungspersonen auf Dauer zu vermeiden. Die Lerninhalte lassen sich in drei große Gruppen einteilen. Die erste betrifft den persönlichen Bereich, in dem es um den Körper und um Wohnen geht. Die zweite betrifft den Umweltbereich, der das Einkaufen, Ausflüge und Spaziergänge, das Verhalten als Verkehrsteilnehmer das Thema Garten und Post einschließt. Die dritte Gruppe besteht aus den Trainingsbereichen Spracherziehung, Umgang mit Farben und Formen, Umgang mit Menschen, Zahlen und Geld, zeitliche Orientierung, Lesen und Schreiben, rythmisch-musikalische Erziehung und die Ausbildung motorischer Fertigkeiten.

Betrachtet man die Themenbereiche, die vom Rahmenplan für den Englisch-Anfangsunterricht an Regelschulen vorgeschlagen werden (vgl. Kapitel 3.3), fällt auf, daß sie sich fast alle mit den Themenbereichen des Rahmenplan der Schule für Geistigbehinderte überschneiden. Wenn auch viele geistigbehinderte Schüler, die integrativ in Englisch unterrichtet werden, lediglich der Erwerb einer minimalen kommunikativen Kompetenz in der englischen Sprache bzw. lediglich minimale Verstehensleistungen angestrebt werden können, lassen sich aufgrund der Überschneidungen der Themenbereiche zumindest im Anfangsunterricht leicht gemeinsame Unterrichtsgegenstände finden.

Diese können dann mit unterschiedlichen Lernzielen auf einfachstem Niveau hinsichtlich lebenspraktischer Übungen auch mit dem Englischen verknüpft werden. Ein Unterrichtsbeispiel, das eine solche Verknüpfung illustriert, ist das von WOLFF zum Thema An English Breakfast[56], auf das in Kapitel 5.2 noch kommentierend eingegangen wird.

Problematisch ist es, in höheren Klassen den Unterricht so zu gestalten, daß daran auch noch die geistig behinderten Schüler mit Gewinn teilnehmen können. Überlegungen dazu, welche gemeinsamen Unterrichtsgegenstände auch in den höheren Klassen angeboten werden können, sind im Kapitel 5.2 zu finden. Trotz der Schwerpunktsetzung auf den lebenspraktischen Bereich in der Förderung geistigbehinderter Schüler und den sich daraus ergebenden - von den Zielen der Regelschule abweichenden - Lehr- und Lernzielen hat sich die integrative Betreuung als äußerst positiv für die Entwicklung dieser Schüler erwiesen. Gerade in bezug auf Kinder mit Down-Syndrom wird immer häufiger die Auffassung vertreten, daß meist nicht in erster Linie der genetische Defekt die alleinige Ursache für ihren retardierten Entwicklungstand ist. Schwerwiegender behindern diese Kinder geringe Erwartungen, Unterforderung und Versäumnisse in der Erziehung. Bei integrativer schulischer Betreuung entwickeln geistig behinderte Kinder in der Regel eine soziale Spontaneität im Umgang mit nichtbehinderten Schülern, die bei reiner Sonderbeschulung nicht zustandekommt. Außerdem werden durch die Interaktion mit Nichtbehinderten verstärkt Fähigkeiten in den Bereichen Bewegung, Selbsthilfe und Fertigkeiten in Haushalt und Öffentlichkeit geweckt. Auch im kognitiven Bereich können integrativ unterrichtete Schüler mit geistigen Beeinträchtigungen durchaus fachliche Kenntnisse (z.B. im Englischen) erwerben, zu denen sie im Rahmen einer Betreuung in der Sonderschule nie angeregt worden wären.

Die Entscheidung, geistigbehinderte Kinder gemeinsam mit Nichtbehinderten zu unterrichten, erfordert besondere didaktisch-methodische und in der Regel sonderpädagogische Maßnahmen: »Ablösung frontaler Unterrichtsformen durch Formen der inneren Differenzierung, Betonung sinnlich-konkreter Tätigkeiten, Individualisierung der Lernanforderungen durch vielschichtige, niveauabgestufte Lernangebote, Projektorientierung, Integration spezieller und therapeutischer Hilfen in den Unterricht, Zeit für Freie Arbeit, in der die geistig Behinderten eigenen Interessen nachgehen können, andererseits die Chance gegeben ist, sie mit Lerninhalten vertraut zu machen, die auf neue Aufgaben vorbereiten oder in der auch bereits behandelte Inhalte aufgegriffen, vertieft und unter lebenspraktischen Aspekten weiterbearbeitet werden können«[57]. Lernzielen und Lerninhalten, die im Rahmenplan der Regelschule nicht enthalten sind und nicht in ausreichendem Maße in den gemeinsamen Unterricht einbezogen werden können, die für die geistigbehinderten Schüler jedoch von großer Wichtigkeit sind, müssen in Form sonderpädagogischer Maßnahmen, eventuell auch im Rahmen äußerer Differenzierung (z.B. in besonderen Förderstunden, in Arbeitsgemeinschaften oder Therapiegruppen) Rechnung getragen werden.

2.3 Fazit

Zusammenfassend bleibt festzuhalten:

Für einen Teil der Schüler, die spezielle Beeinträchtigungen aufweisen und denen sonderpädagogischer Förderbedarf zugeschrieben wird, ist zielgleiches Lernen in Regelschulen möglich, sofern bestimmte behinderungsspezifische Maßnahmen, u.a. auch technischer Art, ergriffen werden. Die Verteilung und Gewichtung der Fertigkeitskomplexe muß sich dabei jedoch immer nach den Fähigkeiten und Neigungen der einzelnen Schüler richten.

Schüler mit Beeinträchtigungen des Sehens bzw. des Hörens können ebenfalls lernzielgleich unterrichtet werden, wenn zum einen bei der Gestaltung des Unterrichts auf die Beeinträchtigungen ihrer visuellen bzw. akustischen Wahrnehmung Rücksicht genommen wird und zum anderen eine besondere pädagogische Förderung in bestimmten Bereichen der Wahrnehmung oder des Lernens (z.B. durch ein gezieltes Training des Hörverstehens bei sehgeschädigten Schülern) erfolgt. Es können aber auch sonderpädagogische Lerninhalte (z.B. die deutsche und englische Kurzschrift für sehgeschädigte und die Brailleschrift für blinde Schüler oder Sprechunterricht für gehörlose Schüler) nötig sein, die den Betroffenen uterrichtsergänzend bzw. unterrichtsbegleitend zu vermitteln sind. Auch lernbehinderte Schüler können annähernd zielgleich mit ihren nichtbehinderten Mitschülern unterrichtet werden, benötigen aber eine gezielte Aufbereitung der Lerninhalte sowie besondere, auf individuelle Probleme (z.B. Teilleistungsstörungen) abgestimmte Förderung.

Eine weitere Gruppe von Schülern, vor allem geistigbehinderte oder schwertstmehrfachbehinderte, brauchen einen bedingt bis gänzlich ziel- und methodendifferenten Unterricht, der ohne permanente sonderpädagogische Unterstützung nicht sinnvoll durchgeführt werden kann. Solange sich jedoch die individuellen Lernziele dieser Schüler in Verbindung mit den Lernzielen der nichtbehinderten Schüler setzen und in einen gemeinsamen unterrichtlichen Rahmen bringen lassen, ist auch hier

gemeinsame Unterricht unter bestimmten Voraussetzungen noch in der Sekundarstufe möglich. Zu diesen Voraussetzungen ist vor allem die Gewährleistung der Betreuung und gezielten Unterstützung der förderbedürftigen Schüler und ihrer Fachlehrer durch einen sonderpädagogisch geschulten Pädagogen zu rechnen. Insbesondere in Hinblick auf die Schüler, die ziel- und methodendifferent unterrichtet werden, ist für den Erfolg ihrer Integration die Beachtung der Erkenntnisse der entsprechenden Sonderpädagogiken bei der Gestaltung des Unterrichts von entscheidender Bedeutung.

Sonderpädagogische Maßnahmen dürfen jedoch nie mit dem Ziel eingesetzt werden, sie im Laufe der Zeit durch allmähliche Anpassung an die Regelpädagogik zu ersetzen, um alle Schüler letztendlich auf einheitliche Lernziele hin unterrichten zu können. Ziel einer Pädagogik in heterogenen Lerngruppen muß es sein, alle Schüler trotz ihrer unterschiedlichen Lernfähigkeiten ihren individuellen Möglichkeiten entsprechend optimal dabei zu unterstützen, miteinander umzugehen und gemeinsam mit- und voneinander zu lernen. Entscheidend ist bei diesem Prozeß Leistungen nicht klassennormbezogen, sondern vor dem Hintergrund der individuellen Möglichkeiten der einzelnen Schüler, unabhängig davon, ob sie »Träger einer Behinderung« sind oder nicht, zu sehen. Die individuell variierende Verlangsamung der Wahrnehmung und eine unterschiedlich stark ausgeprägte Beeinträchtigung der Gedächtniskapazität, des Transfers und damit der intellektuellen Leistung allgemein sind Phänomene, die den beschriebenen Behinderungen gemein sind. Diese Phänomene müssen bei der Planung von Unterricht neben den spezifischen Bedürfnissen technischer und sonderpädagogischer Art immer mitberücksichtigt werden.

Im Fremdsprachenunterricht wird die Integration von Schülern unterschiedlichster Behinderungen dann möglich, wenn folgende Bedingungen erfüllt werden:

  • eine Ablösung frontaler Unterrichtsformen durch eine Differenzierung der Lernziele, eine Relativierung fremdsprachendidaktischer Forderungen wie der Einsprachigkeit, die individuelle Gewichtung der vier Fertigkeiten: Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben;

  • eine handlungsorientierte, möglichst alle Sinne ansprechende Unterrichtsgestaltung, die Integration therapeutischer Maßnahmen in den Gesamtzusammenhang des Unterrichts.

Das Zusammentreffen unterschiedlicher Behinderungen innerhalb einer Lerngruppe (z.B. Blindheit eines Schülers und Gehörlosigkeit eines anderen) was die Gestaltung des Unterrichts extrem aufwendig machen würde, muß vermieden werden. Die Medienwahl, die Gestaltung der Arbeitsmittel und die Organisation des Unterrichts erfordern derart unterschiedliche Maßnahmen, daß sie nur schlecht oder gar nicht miteinander vereinbart werden können.

Da jedoch diese Schädigungen, welche derartig besondere Maßnahmen notwendig machen, sehr selten vorkommen, kann davon ausgegangen werden, daß das einzelne Lehrerteam in einer Integrationsklasse sich darauf einstellen kann, entweder auf die Bedürfnisse eines stark hörgeschädigten oder eines stark sehgeschädigten Schülers einzugehen. Von den Ergebnissen dieser Planung profitieren dann in besonderem Maße auch die Schüler, welche als Lern- oder Geistigbehindert bezeichnet werden; zumeist entwickeln sich daraus Lernanreize für alle Kinder. Auf die Frage, welche Organisationsformen des Unterrichts in dieser Hinsicht besonders geeignet sind, wird unter Kapitel 5. ausführlich eingegangen.



[8] SANDER 1998 (4), 100

[9] BACH zit. bei: SANDER 1998 (4), 101

[10] BACH 1985, 6

[11] zit. bei: SANDER 1998 (4), 102

[12] Deutscher Bildungsrat 1979 zit. bei: SANDER 1998 (4), 102

[13] WHO zit. bei: SANDER 1998 (4), 103f

[14] DOOUD-HARMs 1998 (4), 429

[15] SANDER 1998 (4), 105

[16] LÖFFLER zit. in: BACH/TIMM 1989, 48

[17] Zu nennen ist z.B. die Elterninitiative Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeinsam Leben - Gemeinsam lernen, Eltern gegen Aussonderung. Kontaktadresse: Fax: 49-7164909847/e-mail: bag-gl@fto.de

[18] vgl. dazu auch ROSENBERGER 1998

[19] SCHÖLER 1998 (4), 111

[20] HELLWIG 1984, 26

[21] vgl. hierzu SCHÖLER 1998 (4), 108

[22] SCHLEY 1989, 21

[23] REISER 1998 (4), 332

[24] BEGEMANN 1998 (4), 178

[25] zit. bei: FRITZ 1991, 46

[26] Es handelt sich dabei um den RAHMENPLAN von Berlin. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß auch die übrigen Länder in ihren Rahmenplänen ähnliches formuliert haben.

[27] DOHSE 1995, Bd. 3, 68 f

[28] KUBANEK-GERMAN 1991, 487

[29] Zum Thema »Englischunterricht für Sprachbehinderte« vgl. auch das von MAATEN beschriebene Unterrichtsbeispiel: »Englischunterricht mit Andy Warhol in einer 10. Klasse der Schule für Sprachbehinderte«, in: Informationen des Landesverbandes Sonderpädagogik in Berlin, 3 (1997), 32 ff

[30] GÜNTHER 1991, 181

[31] vgl. GÜNTHER 1991, 180 und RAIDT 1991, 195

[32] vgl. HOENECKE 1992, 13 - 15

[33] Mit Beginn der Oberstufe haben sich die beiden Schüler zwar dafür entschieden, Englisch abzuschließen und Latein bis zum Abitur fortzusetzen - vermutlich weil beim Latein Schwierigkeiten im Bereich der Aussprache und der Schreibung weitestgehend entfallen, da Latein eine geschriebene Sprache ist und der Wortschatz im allgemeinen nur passiv beherrscht werden muß. Die Bedeutung und der Wert ihrer Englischkenntisse war den Schülern jedoch u.a. aufgrund der Erfahrungen privater Ferienaufenthalte in England bewußt.

[34] vgl. GÜNTHER 1991, 180 - 186

[35] VOIT 1991, 187

[36] Ein in diesem Zusammenhang nützliches Medium stellt die Videocassette Wer schlecht hört muß mehr sehen (zur Integration Hörbehinderter in der Regelschule), eine Produktion des Instituts für Schulpädagogik und Grundschuldidaktik - Unterrichtsmitschau - der Universität München, dar, auf der für Normalhörende eindrücklich demonstriert wird, wie ein hörgeschädigter Schüler den Unterricht unter verschiedenen Bedingungen akustisch wahrnimmt. Dieses und weitere schulpädagogische Videos können über folgende Adressen bezogen werden: Stiftung zur Förderung körperbehinderter Hochbegabter, Im Quäderle 11, Postfach 677 FL (Lichtenstein), 9490 Vaduz

[37] SCHÖLER 1993, 176

[38] SCHOLER 1993, 170

[39] FRITZ 1991, 111

[40] SCHÖLER 1993, 163

[41] Fritz 1991, 127 und 154 f

[42] Rahmenplan der Schule für Sehbehinderte 1988, 5 f

[43] Rahmenplan der Schule für Sehbehinderte 1988, 17

[44] Rahmenplan der Schule für Sehbehinderte 1988, 19

[45] vgl. dazu u.a. GRUNERT-HORDYCH 1984; SCHÖLER 1993; BLEIDICK 1998, Bd. 2, Fritz 1991

[46] BAIER 1990, 242

[47] BLEIDICK 1998, 100

[48] BAIER 1990, 243

[49] Rahmenplan der Schule für Lernbehinderte 1985, 2

[50] BLEIDICK 1998, 94 ff

[51] Zum Thema »Erste Erfahrungen mit einem Englischunterricht Lernbehinderter« vgl. auch die von QUENSTEDT beschriebenen Unterrichtsbeispiele in: Behindertenpädagogik, Heft 33/1994, 418 - 432.

[52] vgl. dazu u.a. SCHÖLER 1993, BLEIDICK 1998, EBERWEIN 1998

[53] HAGEMEISTER 1998, 57

[54] Rahmenplan der Schule für Geistigbehinderte 1983, 3

[55] zit. in: BLEIDICK 1998, 56

[56] WOLF 1994, 42 - 47

[57] MAIKOWSKI/PODLESCH 1998 (4), 342

3. Rahmenbedingungen eines Englischunterrichts für alle Schüler

In diesem Kapitel wird es zum einen um die Bedingungen gehen, die dem Englischunterricht durch die Rahmenpläne und die Grundintention des Faches Englisch vorgegeben sind. Zum anderen wird die Frage im Vordergrund stehen, wodurch sich Fachunterricht im allgemeinen auszeichnet und welche unterschiedlichen Bedingungen und Konsequenzen sich ergeben, wenn der Fachunterricht wie in Berlin und Brandenburg in der 5. Klasse, also noch an der Grundschule, in den anderen Bundesländern jedoch bereits an den weiterführenden Schulen beginnt. Im Mittelpunkt des Interesses steht jeweils insbesondere die Frage, inwiefern die jeweiligen Rahmenbedingungen mit integrativen Bemühungen vereinbart werden können bzw. modifiziert werden müssen.

Vorab sei jedoch noch eine Bewegung der Fremdsprachendidaktik der Jahre erwähnt, die einen ersten wichtigen Schritt zu einer Beschäftigung mit den Fragen eines Fremdsprachenunterrichts, der nicht mehr wie damals allgemein üblich) den besonders leistungsstarken Schülern vorbehalten sein sollte, bedeutete. Durch die im Rahmen dieser Bewegung angestellten Überlegungen wurde indirekt eine Basis für das Nachdenken über Formen integrativen Fremdsprachenunterrichts geschaffen. Die erwähnte Bewegung stand unter dem Motto der in den 60er Jahren erhobenen Forderung nach einem »Fremdsprachenunterricht für alle Schüler«. Diese Forderung wurde vor allem damit begründet, daß die politisch-gesellschaftliche Situation nach dem zweiten Weltkrieg und die rasante industrielle Entwicklung die Bedürfnisse nach internationaler Kommunikation - insbesondere in den Gebieten, welche nach dem 2. Weltkrieg durch die Aufteilung in die Besatzungszonen unmittelbar durch englische und amerikanische, aber auch französische wirtschaftliche und (alltags-) kulturelle Einflüsse stark geprägt wurden - in gewaltigem Ausmaß anwachsen ließen. Die englische Sprache erreichte im Rahmen dieser Entwicklung - fast konkurrenzlos - den höchsten Verkehrswert als internationales Kommunikationsmedium. Amerikanische Lebensformen und englisch-amerikanische Sprachelemente fanden eine weite Verbreitung und beeinflußten die Lebenswelt aller Menschen. So rückten Fremdsprachen- und vor allem Englischkenntnisse in den Rang der elementaren Kulturtechniken. SAUER weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß der Anspruch auf Bildung in einem demokratischen Staatswesen grundsätzlich nicht teilbar sei, Fremdsprachen aber traditionell eine Bildungsbarriere waren, die auch zur Aufrechterhaltung sozialer Schranken

beitrug.

In erster Linie wurde zum damaligen Zeitpunkt die Einführung des Fremdsprachenunterrichts für Hauptschüler diskutiert. Mit der Umwandlung der Volksschuloberstufe in die Hauptschule 1964 durch die Ministerpräsidenten der Bundesländer wurde Englisch als Regelfremdsprache in den Fächerkanon aufgenommen und damit zu einer »Bildungsnorm für jedermann«. Behinderte Schüler wurden allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht in die Überlegungen einbezogen. Sonderschülern wurde das Recht auf gleiche Grundbildung erst 1979 zugebilligt - und zwar nur »soweit es ihre Möglichkeiten erlaubten«. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde Englisch auch im Fächerkanon der Sonderschulen aufgenommen. Ausgenommen blieben allerdings vorerst die Schulen für Lern- und Geistigbehinderte.

Die Diskussion um die Einführung des Englischen in den Fächerkanon führte 1981 dazu, daß auf dem Fremdsprachendidaktiker-Kongreß in Hannover eine Arbeitsgemeinschaft unter dem Motto »Lerngruppenspezifischer Englischunterricht - Didaktik des Englischunterrichts in Lerngruppen mit schwierigen Voraussetzungen« organisiert wurde. Diese Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit der Frage, durch welche besonderen organisatorischen und didaktisch-methodischen Maßnahmen der Lernerfolg im Fremdsprachenunterricht für Schüler mit schwierigen persönlichen und soziokulturellen Voraussetzungen gesichert werden kann. Schüler mit Behinderungen wurden dabei von der Arbeitsgruppe nur in äußerst beschränktem Maße in die Überlegungen einbezogen. Die von der Arbeitsgruppe erarbeiteten Richtlinien, die sich vor allem auf den Unterricht mit leistungsschwachen Schülern an Hauptschulen beziehen, lassen sich jedoch weitestgehend auf den integrativen Fremdsprachenunterricht mit als behindert eingestuften Schülern übertragen. Die grundlegenden Richtlinien beinhalten innere Differenzierung sowie curriculare und methodische Veränderungen im Sinne eines »wahrhaft schülerorientierten Vorgehens« bei der Gestaltung des Unterrichts.

SAUER sah - wie die meisten Mitglieder der Arbeitsgruppe - in der »Fachleistungsdifferenzierung [d.h. in der Aufteilung der Schüler auf verschiedene Leistungsgruppen mit dem Ziel, annähernd leistungshomogene Lerngruppen zu bilden] ein entscheidendes Mittel zur erfolgreichen Realisierung des Englischunterrichts für alle«[58]. Er setzte sich dafür ein, die Anforderungen in den einzelnen Fächern mit Hilfe innerer und äußerer Differenzierung (diese Begriffe werden in Kapitel 5.2.2 noch näher erläutert) am Leistungsstand der jeweiligen Schüler einer Lerngruppe zu orientieren und durch die gezielte Förderung der Leistungsschwächeren ein allmähliches Angleichen der Leistungen zu erreichen.

RAUTHENHAUS plädiert auf der Suche nach Möglichkeiten der optimalen Förderung aller Schüler im Gegensatz zu SAUER für einen Unterricht in leistungsheterogenen Lerngruppen, allerdings nur unter der Voraussetzung daß den Bedürfnissen der gesamten Lerngruppe durch eine entsprechende Gestaltung des Unterrichts Rechnung getragen werden kann. Sie formuliert ihren Anspruch an Unterricht in heterogenen Lerngruppen sehr bildlich, indem sie schreibt: »Man kann vom schwächsten Läufer nicht erwarten, daß er denn schnellsten einholt, ohne daß letzterer unfair behindert wird. Wir müssen wieder den Mut finden, einen schülergerechten Unterricht zu fordern und konstruieren - sowohl für den leistungsstarken als auch für den leistungsschwachen Schüler«[59]. Es müssen jedoch unbedingt auch immer Situationen geschaffen werden, in denen sich die Schüler auf einer gemeinsamen Ebene bewegen und begegnen können[60]. Die Möglichkeit der Aufteilung der Schüler in leistungshomogene Lerngruppen hält RAUTHENHAUS für Augenwischerei Eine Lerngruppe sei nie so homogen, daß keine binnendifferenzierenden Maßnahmen nötig wären. In bezug auf die leistungsschwachen Schüler sei deshalb vielmehr eine Lernzielreduzierung anzustreben, durch die z.B. im Englischen der Erwerb eines »survival-English« sichergestellt werden könne, mit dessen Hilfe die Schüler in »everyday real-life situations« in der Lage wären, sich verständlich zu machen.

Das Bemerkenswerte an dieser Stellungnahme ist, daß neben der Gefahr der Überforderung der leistungsschwächeren vor allem auch die Gefahr der Unterforderung der leistungsstärkeren Schüler betont wird. Dieser Gedanke ist sehr wichtig, da Über- und Unterforderung gleichermaßen zu Motivationsverlust und Leistungsabfall führen. Mit Hilfe welcher Mittel dieser Gefahr entgegenzuwirken ist, wird in Kapitel 5. ausführlich erläutert werden. Auch auf die angesprochene Frage der Vor- und Nachteile leistungsheterogener bzw. -homogener Lerngruppen (sofern es letztere üperhaupt gibt) wird im folgenden noch eingegangen.

3.1 Zur Spezifik des Fachunterrichts

Im vorfachlichen Unterricht werden die Schüler auf eine allgemeine Art und Weise an eine Erschließung der Welt herangeführt und parallel dazu erwerben sie die Kulturtechniken; mit Einsetzen des Fachunterrichts erfolgt die Wissensvermittlung verstärkt unter fachspezifischen Gesichtspunkten. Im vorfachlichen Unterricht findet weitgehend entdeckendes, spielerisches Lernen statt. Mit der fachlich betonten Ausrichtung des Unterrichts ab der 5. Klasse ist die Heranführung an abstrakte Begriffe und eine differenziertere, eher systematische Beschäftigung mit den Lerngegenständen sowie in der Regel eine stärkere Lehrerzentriertheit des Unterrichts verbunden. Auch wird ein flexibler Umgang mit den 45-Minuten aus organisatorischen Gründen mit Einsetzer des Fachunterrichts aufgrund fester Stundenzuordnungen verschiedener Fachlehrer nur selten beibehalten; andere Organisationsformen sind nur schwer zu realisieren.

SCHÖLER weist darauf hin, daß sich neben der relativ frühen äußeren Differenzierung, die durch das mehrgliedrige deutsche Schulsystem bedingt ist, vor allem das Fachlehrerprinzip der weiterführenden Schulen im Gegensatz zum Klassenlehrerprinzip der Grundschule ungünstig auf eine konsequente Fortführung der Integration auswirken. Die in der Sekundarstufe relativ hohen Klassenfrequenzen und die daraus resultierende Tatsache, daß der einzelne Fachlehrer in zahlreichen Klassen relativ viele Schüler unterrichten muß, sind ein weiteres Problem. Im Gegensatz zum Klassenlehrerprinzip, das dem hauptsächlich unterrichtenden Lehrer die Möglichkeit bietet, jedes einzelne Kind mit seinen besonderen Eigenarten kennenzulernen, kann ein Fachlehrer aufgrund der verhältnismäßig geringen Wochenstundenzahl, die er im allgemeinen in einer Lerngruppe unterrichtet, kein pädagogisch intensives Lehrer-Schülerverhältnis entwickeln. Dadurch wird ein gezieltes Eingehen insbesondere auf die Bedürfnisse der Schüler mit besonderen Lernschwierigkeiten erheblich beeinträchtigt, wenn nicht gar unmöglich.

Andere Aspekte des Fachunterrichts sind die spezieller werdenden fachspezifischen Anforderungen. Sie machen es erforderlich, den Unterricht zumindest zeitweise in Fachräumen stattfinden zu lassen, wodurch Raumwechsel nötig werden. Im integrativen Rahmen kann dies für Schüler mit bestimmten Beeinträchtigungen wie z.B. Sehschädigungen und erschwerten Fortbewegungsmöglichkeiten, durchaus ein Handikap darstellen. Der Fachunterricht bringt es außerdem mit sich, daß, sobald die Möglichkeit zwischen verschiedenen Fächern zu wählen besteht - was vor allem im Bereich der fremdsprachlichen Fächer an einigen Schulen schon früh vorgesehen ist - die Schüler je nach gewähltem Fach stundenweise in anderen Lerngruppen als der Klasse unterrichtet werden.

Es sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, daß im Rahmen der 1970 vom Deutschen Bildungsrat geforderten Erprobung der Einführung einer ersten Fremdsprache vor der 5. Klasse zahlreiche Konzepte zum Fremdsprachenfrühbeginn im Elementar- und Primarbereich entwickelt und erprobt wurden. Sie haben einen Fremdsprachenunterricht ermöglicht, der sich von dem oben beschriebenen Fachunterricht deutlich in positiver Weise abhebt. Da die Einführung des Fremdsprachenfrühbeginns bis heute in kaum einem Bundesland flächendeckend durchgeführt wurde, stellt sich in zunehmendem Maße das Problem, daß in den höheren Klassen Kinder zusammenkommen, die eine Fremdsprache (möglicherweise sogar verschiedene) zuvor mit unterschiedlicher Dauer gelernt haben. Die betroffenen Lehrer sind in diesen Fällen auf ihre Kreativität und ihr Einfühlungsvermögen angewiesen, da es bisher keinerlei didaktisch-methodische Hilfestellungen, geschweige denn diese Situation berücksichtigende Lehrbücher gibt.

In bezug auf den Fremdsprachenfrühbeginn finden sich der Literatur, die sich speziell mit diesem Thema beschäftigt, bisher keine Hinweise auf eine Erprobung von Integration in diesem Rahmen. Sollte eine solche Erprobung bisher tatsächlich nicht stattgefunden haben, ist dies äußerst bedauerlich, denn die für den Fremdsprachenfrühbeginn geltend gemachten Unterrichtsprinzipien wie das Ansprechen aller Sinne durch Lieder, Spieler, Reime, praktische Aktivitäten wie Kochen, Basteln etc. sowie die Betonung mündlicher Aktivitäten (Hörverstehen und Sprechen) und das Arbeiten mit Lehr- und Lernformen (z.B. der Förderung kooperativen Lernens durch Partner- und Gruppenarbeit), die das ganzheitliche Lernen (vgl. Kapitel 4.1) fördern, entsprechen durchweg den allgemeinen Grundprizipien integrativen Unterrichts. Vor allem aber steht im Fremdsprachenfrühbeginn nicht der Leistungsaspekt im Vordergrund, sondern das Bestreben, bei allen Kindern - ausgehend von ihren individuellen Lernvoraussetzungen - die Freude am Umgang mit der Fremdsprache zu wecken. Von einem herkömmlich, linear und lehrgangsmäßig organisierten Unterricht muß vor diesem Hintergrund Abstand genommen werden. Nicht die grammatische Progression, sondern vor allem das Sprachwachstum beim Formulieren von Erfahrungsinhalten, beim Erfragen von Sachverhalten und Bedeutungen, kurz die kommunikative Kompetenz stehen im Vordergrund. Wie noch deutlich werden wird, sind dies alles auch Kriterien, die sowohl für einen integrativen konzipierten Fremdsprachenunterricht im Sekundarschulbereich, als auch für den Fachunterricht an Sonderschulen relevant sind.

3.2 Beginnender Fachunterricht in der 5./6. Klasse und seine Fortsetzung in den weiterführenden Klassen

Abgesehen von den Bundesländern Berlin und Brandenburg findet in fast allen anderen Ländern eine Aufteilung der Grundschullerngruppen auf unterschiedliche Schularten bereits nach der vierten Klasse statt. Wenn man von der Annahme ausgehen würde, daß Schüler in homogenen Lerngruppen erfolgreicher lernen als in heterogenen Gruppen, wäre, das Bestreben, leistungshomogene Lerngruppen zu bilden, zunächst nachvollziehbar. Besonders in dem nach der vierten Klasse einsetzenden Fachunterricht, der im Gegensatz zum vorfachlichen Unterricht den spezifischen Wissenserwerb stärker betont als den Erwerb grundlegender Kulturtechniken, Arbeitshaltungen und Sozialformen, scheint eine Aufteilung der Schüler in leistungsstarke und leistungsschwächere Gruppen auf den ersten Blick arbeits- und leistungsökonomisch sinnvoll zu sein.

In diesem Zusammenhang ist jedoch zu bedenken, daß die Empfehlungen zu den weiterführenden Schulen (Gymnasium, Realschule, Hauptschule) in der Regel nach dem arithmetischen Mittel der Zensuren vorgenommen werden. Dies hat für den Englischunterricht zur Folge, daß unter Umständen in einem Englischkurs Schüler mit völlig unterschiedlichen Lernvoraussetzungen zusammentreffen. So kann z.B. ein Schüler, dessen Muttersprache Englisch ist, mit einem Schüler türkischer Herkunft, für den Deutsch Zweitsprache und Englisch Drittsprache ist, konfrontiert sein. Derartigen Unterschieden kann in sinnvollerweise nur durch einen stark binnendifferenziert gestalteten Unterricht (vgl. Kapitel 5.2.1 f) oder durch das an Gesamtschulen praktizierte Prinzip der Fachleistungsdifferenzierung durch die Aufteilung der Schüler in Fachleistungskursen begegnet werden.

Empirische Untersuchungen, die sich mit den Fragen des fachlichen und überfachlichen Lernens in heterogenen Lerngruppen befaßt haben, konnten die Annahme, daß je größer die Heterogenität einer Lerngruppe, desto größer auch der »allgemeine Leistungsverfall« der Schüler ist, widerlegen. Nach Meinung von WOCKEN wohnen weder homogenen noch heterogenen Lerngruppen natürliche Kräfte inne. Es kann also weder von der einen noch von der anderen Art der Gruppenzusammensetzung automatisch auf die Qualität des Lernens geschlossen werden. Homogene Lerngruppen erfordern zwar einen geringeren pädagogischen Aufwand und sind weniger anfällig für pädagogische Kunstfehler, von wesentlich größerer Bedeutung für den konkreten Lernerfolg des Einzelnen und der gesamten Gruppe ist jedoch die individuelle Lernsituation der betreffenden Gruppe, die durch die Qualität der Klassengemeinschaft, das Verhältnis der Schüler zu ihren Lehrern (und vice versa) sowie die Art der Behinderungen der zu integrierenden Schüler bedingt ist[61].

Ein grundlegendes Problem für die Fortführung von Integrationsklassen in der Sekundarstufe stellt in vielerlei Hinsicht das übliche Auseinanderreißen und Aufteilen gewachsener Lerngruppen auf die weiterführenden Schulen dar. Schüler, die während der Grundschulzeit unterstützt durch die Konstanz der Lerngruppe ein enges Verhältnis zueinander aufgebaut haben, die gelernt haben, selbstverständlich miteinander umzugehen und den behinderten Schülern einen akzeptierten Platz in der Klassengemeinschaft einzuräumen, werden plötzlich auseinandergerissen. Die personelle Kontinuität und die persönlichen Beziehungen sind jedoch insbesondere für die Sozial- und Persönlichkeitsentwicklung von Kindern mit Behinderung äußerst wichtig, wie MAIKOWSKI betont[62]. Sogar Gesamtschulen, deren Konzept einer bewußt heterogenen Schülerschaft den geschlossenen Übergang von Lerngruppen der Grundschule an die weiterführende Schule ermöglicht und die von ihrer Grundidee her weitestgehende Überschneidungen mit der Integrationsidee aufweisen, wenden in der Regel spätestens ab der 7. Klasse in einigen Fächern, u.a. auch in Englisch, das Prinzip einer äußeren Leistungsdifferenzierung (d.h. die Aufteilung der Schüler in annähernd leistungsgleiche Lerngruppen) an. Auch wenn ein Wechsel der Schüler in eine andere Leistungsgruppe bei entsprechender Leistungsentwicklung jederzeit möglich ist und die äußere Differenzierung, die nur partiell (in einigen Fächern) vorgenommen wird, jederzeit revidiert werden kann, stellt sie eine Form der Aussonderung dar, die dem Integrationsgedanken zuwiderläuft.

Nach HINZ hat die vielfach geäußerte Befürchtung, äußere Leistungsdifferenzierung bedrohe den sozialen Zusammenhalt der integrativen Gruppe, in der Praxis bisher keine Bestätigung gefunden. Die meisten der von ihm befragten Schüler und Pädagogen an Hamburger Gesamtschulen empfanden das Aufteilen und Mischen von Klassen eines Jahrgangs nach Leistungsstand in bestimmten Fächern ganz im Gegenteil eher als anregend und produktiv[63]. Eine endgültige Bewertung dieses Problems wird sicher erst nach langjährigen Praxiserfahrungen möglich sein. Bisher gemachte Erfahrungen lassen allerdings die Vermutung zu, daß - wie oben bereits angesprochen - der individuelle Gruppeneffekt einer Lerngruppe (die nicht die Stammgruppe sein muß) gewichtiger zu sein scheint als der Systemeffekt (der z.B. durch den bewußten Verzicht auf Fachleistungsdifferenzierung erzielt werden soll). GÜHRS/ KERSTIN beschreiben eine äußerst erfolgversprechende Form der Unterrichtsorganisation, die auf äußere Fachleistungsdifferenzierung im integrativen Rahmen gänzlich verzichtet, dafür aber Raum schafft für eine besondere, integrierte Förderung bestimmter Schüler[64]. Auf die von ihnen im Rahmen integrativen Englischunterrichts in einer 8. Gesamtschulklasse erprobten Unterrichtsformen wird unter Kapitel 5.2.2 näher eingegangen.

Ohne Zweifel stellt die Tatsache, daß nach der 6. Klasse der Stundenanteil des Faches Englisch von fünf Wochenstunden zugunsten anderer Fächer stetig abnimmt, für den integrativen Englischunterricht der Sekundarstufe einen Nachteil dar. Insbesondere für Schüler mit hoher Vergessensrate ist eine Lernzeit von 135 Minuten oder weniger fremdsprachlichen Unterrichts pro Woche, lernpsychologisch fragwürdig. Periodische Wiederholungen der Unterrichtsgegenstände sind für den Lernerfolg eines Großteils der Schüler unbedingt nötig. Für sie bleibt bei gleichzeitigem Progressionsanspruch nicht genügend Zeit für Verarbeitung und Festigung. Eine äußere Differenzierung in Form von Förderstunden wird aus diesem Grunde praktisch unvermeidbar.

Ein weiteres Problem für die Fortsetzung eines schülerzentrierten Unterrichts liegt neben den bereits unter Kapitel 3.1 angesprochenen wenigen Unterrichtsstunden, die einem Fachlehrer pro Woche und Lerngruppe zur Verfügung stehen, um sich auf die einzelnen Schüler einzustellen, im Selbstverständnis der Fachlehrer begründet. Diese verstehen sich mit dem Eintritt der Schüler in die Sekundarstufe zunehmend als Stoffvermittler und nicht mehr wie in der Grundschule in erster Linie als Pädagogen. Für die in Berlin und Brandenburg unterrichtenden Lehrer trifft dies sicher nicht in so starkem Maße wie in den übrigen Bundesländern zu, weil sie in der 5. und 6. Klasse noch im Rahmen der Grundschule ihr Fach unterrichten. Der Unterricht der Grundschule hat sich laut Schulrecht noch stark an den unterschiedlichen Sozialisationsbedingungen der Kinder zu orientieren und muß aus diesem Grund mit Blick auf die individuellen Verhaltensweisen und Lernschwierigkeiten, aber auch in Hinsicht auf besonders befähigte Schüler mit vielfältigen Differenzierungs- und Individualisierungsmaßnahmen reagieren. Aufgrund dieser intentionalen Vorgaben und Unterrichtserfahrungen in den unteren Jahrgängen sind Lehrer, die ihr Fach an der Grundschule unterrichten, im allgemeinen eher primär von den Charakteristika des Grundschulunterrichts geprägt als von ihrem Fach, wodurch ihre Unterrichtsgestaltung maßgeblich beeinflußt wird. ASHEUER hält die in Deutschland nur in Berlin und Brandenburg praktizierte sechsjährige Grundschule für eine besondere Chance: Dadurch, daß ab der 5. Klasse Standpunkte der Grundschulpädagogik mit Sichtweisen der Fachdidaktik verknüpft werden müssen, komme es zwangsläufig zu einer Weiterentwicklung schüler- und handlungsorientierter Lernkonzepte, auch in bezug auf den Fachunterricht[65].

3.3 Die Rahmenplanrichtlinien für das Fach Englisch

Einen wichtigen Bestandteil der Rahmenbedingungen für Englischunterricht stellen die Rahmenplanrichtlinien für das Fach Englisch dar. Sie gelten an allen Schulen außer an denen für Lernbehinderte und an Schulen für Geistigbehinderte. In den Rahmenplänen werden Lernziele festlegt und methodische Hinweise für die Unterrichtsgestaltung gegeben. Die Rahmenplanrichtlinien für den Bereich der Regelschule werden im folgenden zusamenfassend dargestellt und hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit auf integrativen Englischunterricht kritisch kommentiert. Anmerkungen zum Rahmenplan sind durch Einrückung der entsprechenden Abschnitte kenntlich gemacht.

Zu den Intentionen des Englischunterrichts in der Grundschule heißt es im Berliner Rahmenplan: »Der Englischunterricht soll den Schülern die Möglichkeit bieten, auf dem Wege des Erlernens der englischen Sprache neue Formen der sprachlichen Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit zu erfahren«. Besonderes Gewicht erfährt dieses Anliegen dadurch, daß laut Rahmenplan »im Zeitalter internationaler Verflechtungen, des weltweiten Wirtschaftsverkehrs und der zunehmenden Bedeutung der Massenkommunikationsmittel« allen Schülern die Möglichkeit gegeben werden muß, den »Zugang zu einer Fremdsprache zu erlangen«. Der Rahmenplan betont außerdem, daß »auch, wo sich der Ertrag der Bemühungen nicht sichtbar als Gewinn für die sprachliche Bildung abzeichnet, schon wertvolle Vorbereitungsarbeit für das Leben in der heutigen Welt geleistet wird«.

Dies ist unbestreitbar, doch der Blick ist keinesfalls nur auf das nachschulische, respektive das Berufsleben zu richten. Bereits während der Schulzeit ist eine Durchdringung aller Lebensbereiche der Schüler vor allem über die Medien und die Jugendkultur durch Fremdsprachen, insbesondere durch die englische Sprache, unübersehbar.

Im Rahmenplan heißt es weiter, Inhalte des Unterrichts sollten den Geschehnissen und Sachverhalten des täglichen Lebens entnommen werden. Zu behandelnde Themenbereiche sind in den ersten beiden Lernjahren u.a. Familie und Freunde, Essen und Trinken, Kleidung, Einkaufen, Farben, Zahlen, die Uhrzeit, Hobbys und Feste. Die Schüler sollen mit eines auf rund 1000 Wörter begrenzten Wortschatzes (der für besonders lernschwache Schüler sicher noch weiter zu reduzieren ist) und, die Grammatik betrifft, mit Hilfe elementarer Satzbaumuster lernen, kurze Aussagen und einfache Fragen und Anworten zu verstehen und selbst zu formulieren. Hauptanliegen des Anfangsunterrichts ist es, die Schüler mit dem Klangbild der fremden Sprache vertraut zu machen. Es von Anfang an Wert auf lautrichtiges Sprechen und in zunehmendem Maße auch auf die Einhaltung der Betonungs- und Intonationsmuster gelegt werden.

In bezug auf Schüler, für die das sprachliche Artikulieren aufgrund einer organisch bedingten Beeinträchtigung erschwert ist, müssen allerdings Abstriche bezüglich der Fähigkeit, sich artikulatorische Besonderheiten anzueignen, gemacht werden.

Durch die Anwendung des Prinzips der Einsprachigkeit sollen Verwirrungen mit dem Deutschen vermieden werden.

Im integrativen Rahmen läßt es sich jedoch besonders in Hinblick auf kognitiv schwerbehinderte und hörgeschädigte Schüler nicht vermeiden, das Prinzip der Einsprachigkeit zu relativieren, um es den betroffenen Schülern zu erleichtern, dem Unterrichtsgeschehen vor allem in frontal organisierten Phasen folgen zu können. Soll die Einsprachigkeit jedoch nicht gänzlich aus dem Unterricht ausgeklammert werden, kann hier ausnahmsweise der im Fremdsprachenunterricht wegen ihrer Künstlichkeit allgemein verpönten Methode des Übersetzens vor allem in frontalen Unterrichtsphasen, aber auch im Rahmen von Projekten (vgl. Kapitel 5.3.3) zu unmittelbarer Sinnhaftigkeit verholfen werden. Um »Kommunikation durch Sprache« auch bei komplizierter werdenden Sachverhalten »für alle verfügbar zu halten«, wurden gute Erfahrungen mit Dolmetschen bzw. Simultandolmetschen (bei erweitertem Wortschatz) durch die leistungsstärkeren Schüler für die Schüler mit großen Lernschwierigkeiten gemacht[66]. Der Sinn des Übersetzens ist in diesem Zusammenhang für alle Beteiligten unmittelbar einsehbar. Übersetzen hat hier nämlich nicht vorrangig die Funktion der Vokabel- und Verständnisüberprüfung, sondern stellt in erster Linie eine Verständnis- und Verständigungshilfe dar. Auf jeden Fall ist die Forderung des Rahmenplans für Regelschulen nach Einsprachigkeit in integrativen Lernsituationen zugunsten der Unterstützung kognitiver Prozesse vor allem mit Blick auf die lernschwächeren Schüler in angemessener Form zu relativieren[67].

Die vier Fertigkeiten des Fremdsprachenunterrichts betreffend geht die im Rahmenplan vorgenommene Gewichtung vom Hören zum Sprechen, darauf aufbauend zum Lesen und schließlich zum Schreiben.

Eine weitere Aufschlüsselung der vier Fertigkeiten etwa in

Gehörtes

reproduzieren/global bzw. detailliert verstehen/interpretieren/wiedererkennen

Sprache

reproduzieren/produzieren/intuitiv, situativ Worte der Fremdsprache einer Situation zuordnen können

Lesen

stilles Lesen/lautes Lesen von Wörtern bzw. Sätzen bzw. Texten, die global oder auch detailliert verstanden werden

Schreiben

Abschreiben/einzelner Wörter bzw. Sätze bzw. Texte/nach Diktat schreiben/freies Schreiben würde eine differenziertere Beschreibung der Lernfortschritte der Schüler (nicht nur im integrativen Rahmen) erleichtern, wird jedoch durch Rahmenplan nicht vorgenommen.

Sprachstrukturen, wie sie in elementaren Situationen des Alltagslebens häufig wiederkehren, sollten stets in einen situativen Kontext eingebettet und in einem Sinn- bzw. Handlungszusammenhang dargeboten und geübt werden. Auf diese Weise wird das Behalten erleichtert und die Herbeiführung von Sprachgewohnheiten begünstigt. Die Vermittlung von Satzbaumustern und anderen grammatischen Erscheinungen sollte in der Hauptsache mit Hilfe von Gewöhnungsübungen erfolgen. Um den Situationsbezug des behandelten Sprachmaterials herzustellen, sollten visuelle Mittel eingesetzt werden. Außerdem bieten visuelle Stimuli zahlreiche Arbeitsanlässe, die die Selbsttätigkeit der Schüler anregen. Auch der Umgang mit realen Gegenständen aktiviert das sprachliche Handeln der Schüler und sollte deshalb möglichst häufig in den Unterricht einbezogen werden.

Nach Einführung der present tense und des present progressive kommen in der sechsten Klasse das present perfect und das simple past hinzu. Neben einer weiteren landeskundlichen Einführung in den englischen Alltag soll der Wortschatz erweitert und durch die Einführung neuer (jedoch noch immer elementarer) grammatischer Strukturen die Ausdrucksmöglichkeiten der Schüler vergrößert werden. Trotz des »Primats des Mündlichen« wird durch ein verstärktes Einbeziehen des Schriftbildes nach und nach eine Verknüpfung von Laut- und Schriftbild angestrebt.

In bezug auf solche Schüler, für die auch im Deutschen der Gebrauch der Schriftform der Sprache (insbesondere des Schreibens) kein bzw. ein zweitrangiges Lernziel ist (zu denken ist in diesem Zusammenhang an schwerstmehrfachbehinderte und stark geistig-behinderte Schüler), kann die letzte Forderung, wenn überhaupt, nur in stark eingeschränktem Maße gelten. Auf alle Fälle muß bei der Schriftsprache - besonders bei lernschwächeren Schülern - die Verständlichkeit des Geschriebenen höher bewertet werden als die orthographische Korrektheit[68].

Nach BEBERMEIER ist im Bereich des Schreibens zu unterscheiden zwischen den folgenden, jeweils an Komplexität zunehmenden Formen des Schreibens, die eine Fülle von Differenzierungsanregungen für den Unterricht enthalten:

  • Schreiben als fremdsprachliche Übung, d.h. Wörter, Sätze, Satzteile, kurze Lückentexte abschreiben, Dialogteile vervollständigen, abwandeln bis hin zur Überarbeitung eigener Texte;

  • Schreiben als sprachliches Handeln in Alltagssituationen, d.h. Einkaufslisten aufstellen, Notizzettel abfassen, Briefe schreiben, Einladungen für Feste formulieren, etc.;

  • Schreiben als musisch-kreative Tätigkeit, d.h. u.a. Reime, Rätsel, Lieder illustrierend sprachlich ausgestalten, Geschichten weitererzählen in Bild und Schrift, etc. (BEBERMEIER 1989, 127).

Am Ende der 6. Klasse sollen die Schüler laut Rahmenplan in der Lage sein, »Äußerungen mit Bezug auf Situationen des täglichen Lebens zu formulieren, in denen die während der zwei Jahre vermittelten Satzbaumuster in Verbindung mit einem der Lehrgangsdauer angemessenen aktiven Wortschatz verwendet werden«. Hinreichende Sicherheit sollte in Tempusgebrauch, Fragebildung und Wortstellung erreicht sein.

In bezug auf Schüler mit starken Beeinträchtigungen im kognitiven Bereich muß für das Erreichen dieser Lernziele ein längerer Zeitraum eingeplant bzw. der Anspruch der Sicherheit im Rahmen einer individuellen Lernzielfindung relativiert werden.

Der Rahmenplan der Klassen 7 - 10 nennt, aufbauend auf den im Rahmenplan der Grundschule festgelegten Zielen, eine Erweiterung der Kommunikationsfähigkeit, die Anbahnung einer differenzierteren Ausdrucksfähigkeit sowie im landeskundlichen Bereich vertiefende Einblicke in die Lebensbereiche des englischsprachigen Raumes (Großbritanniens und vor allem der USA).

Die zu behandelnden Themenbereiche werden im Vergleich zu den ersten beiden Lernjahren komplexer und abstrakter. Discrimination of women at work, government, elections sind nur einige der relevanten Themen. Zu den grundlegenden grammatischen Strukturen der ersten beiden Lernjahre, die erneut aufzugreifen und zu wiederholen sind, kommen neue grammatische Komplexe, mit Hilfe derer die Schüler zunehmend zu einem differenzierteren Ausdruck gelangen sollen. In wenigen Fächern haben in den letzten Jahren derart intensive Entwicklung stattgefunden wie in den Fremdsprachen. Die gesellschaftlichen Anforderungen an den Fremdsprachenunterricht haben sich grundlegend gewandelt. Nicht mehr formale Sprachbetrachtung und das Übersetzen stehen im Mittelpunkt des Fremdsprachenlernens. An ihre Stelle ist vielmehr der Aufbau einer altersgemäßen Kommunikationsfähigkeit getreten. Bereits seit Mitte der 60er Jahre gilt das Schlagwort der Kommunikationsfähigkeit auf allen Schulstufen als Leitbegriff und als Richtziel für den modernen Fremdsprachenunterricht. SAUER bezeichnet den Begriff der »Kommunikationsfähigkeit« als »Klammerbegriff«, der alle Teilziele des Fremdsprachenunterrichts verbinden kann und den »Brückenschlag vom bescheidenen, elementaren Sprachkönnen zu anspruchsvollem Umgang mit Sprache« erlaubt[69].

Die Antwort auf die Frage, welche Fertigkeiten in welchem Umfang ausgeprägt sein müssen, damit von einer »kommunikativen Kompetenz« gesprochen werden kann, ist im wesentlichen abhängig davon, was im individuellen Fall unter Kommunikation verstanden wird. Die Diskussion darüber ist längst noch nicht abgeschlossen. Daraus ergibt sich für den stark binnendifferenzierenden Fremdsprachenunterricht die Berechtigung, bereits das elementarste Verständnis der Fremdsprache als kommunikative Kompetenz zu bezeichnen, sobald über das Medium der Fremdsprache der Austausch von Informationen zwischen einem Sender und einem Empfänger ermöglicht wird. Die sogenannten rezeptiven Fertigkeiten im Fremdsprachenunterricht, also das Verstehen gehörter und gelesener Sprache sollten aufgewertet werden, da in erster Linie diese Fertigkeiten für die Bewältigung alltäglicher und beruflicher Situationen von großer lebenspraktischer Bedeutung und daher grundlegender als die produktiven Fertigkeiten sind.

Stark binnendifferenzierender und insbesondere integrativer Fachunterunterricht verlangt von den in den jeweiligen Jahrgangsstufen tätigen Fachlehrern im Rahmen ihrer Unterrichtsplanung zu prüfen, wie weit vor allem die speziell fachlichen Lernziele, die vom Rahmenplan angegeben werden, von den Schülern einer bestimmten Lerngruppe erreicht werden können und welche Hilfsmaßnahmen für einzelne Schüler dazu nötig werden bzw. wie bestimmte Lernziele durch Schwerpunktsetzung modifiziert werden müssen, damit sie speziell für die zu integrierenden Schüler keine Überforderung darstellen. Hierbei kann für den integrativ unterrichtenden Englischlehrer eine Orientierung an den Hinweisen des Rahmenplanes für den Unterricht an den verschiedenen Sonderschulen hilfreich sein. In ihnen wird jeweils auf allgemeine und auch bezüglich des Englischunterrichts auf spezielle methodische Vorgehensweisen, Förderschwerpunkte und sonderpädagogische Maßnahmen hingewiesen. In den Rahmenplänen für Lern- und Geistigbehinderte ist zwar kein Englischunterricht vorgesehen, die dort angeführten allgemeinen unterrichtlichen und methodischen Hinweise und Förderschwerpunkte können aber durchaus eine Orientierungshilfe für integrativ unterrichtende Lehrer auch im Hinblick auf den Englischunterricht bieten.

Jede Überlegung zur Gestaltung binnendiffernzierenden Fremdsprachenunterrichts sollte ihren Ausgang von den jeweiligen Schülern einer Lerngruppe nehmen und erst im Anschluß die Rahmenplanrichtlinien berücksichtigen. Über die Relevanz und Gewichtung der im Rahmenplan vorgegebenen Lernziele sollte entsprechend dem individuellen Entwicklungsstand der Schüler entschieden werden. Vor allem müssen Ziele und Verfahren entwickelt werden, die sich direkt auf die Schülerinnen und Schüler beziehen, durch die sie kommunizieren, sich orientieren und das Lernen lernen können[70]. Der Rahmenplan steht dem nicht entgegen, solange er nicht als umfänglich von allen Schülern in gleicher Weise zu erfüllendes Pensum begriffen wird.

3.4 Besonderheiten zieldifferenzierter Förderung im Bereich der Sekundarstufe

Im Gegensatz zur Grundschule, die sich, nach PESTALOZZI an »Kopf, Herz und Hand« ihrer Schüler wenden soll, werden die Schüler in der Sekundarstufe vor allem über rationale Vermittlungswege angesprochen. Folglich wird es in der Sekundarstufe in zunehmendem Maße schwieriger, integrative Lern- und Kommunikationssituationen, die sich über »Hand und Herz« leichter anbahnen lassen, zu schaffen. Das unterrichtliche Geschehen wird fachbezogener, komplexer und in zunehmendem Maße auch abstrakter (vgl. Kapitel 3.1 und 3.3), Überschneidungen der fachlichen Inhalte mit denen des lebenspraktischen Bereichs nehmen immer mehr ab. Insbesonde der Integration von Kindern mit Leistungsminderungen werden im Zusammenhang mit dem Bereich des fachlichen Lernens, der nach der 4. Klasse zunehmend dominanter wird, Bedenken entgegengebracht. Das dreigliedrige deutsche Schulsystem legt mit seiner Selektionsfunktion besonders in der Sekundarstufe in verstärktem Maße Wert auf Differenzierung in Leistungsgruppen. Innerhalb dieser Leistungsgruppen soll der jeweilige Leistungsstand möglichst ausgeglichen sein. Selbst in der Gesamtschule, die sich als Alternative zum dreigliedrigen Schulsystem begreift und von ihrer Grundkonzeption her bewußt auf eine heterogene Schülerschaft zugeschnitten ist, wird laut Rahmenplan und Deutschem Bildungsrat eine Homogenisierung in den Lerngruppen durch Auffächerungen in Fachleistungskurse und Fördergruppen angestrebt.

Das Erreichen dieses Ziels kann, unabhängig von der Aufgabe des gemeinsamen Unterrichts von behinderten und nichtbehinderten Schülern, nur Utopie bleiben. Es hat sich zwar gezeigt, daß die Gesamtschule bei praktizierter »äußerer Fachleistungsdifferenzierung« in untere Kurse mit grundlegenden Anforderungen und obere Kurse, in denen erweiterte Anforderungen an die Schüler gestellt werden, »effektiver« arbeiten kann und weniger sozialselektiv ist als der Unterricht in getrennten Schularten. PABST merkt dazu allerdings kritisch an, daß die Vorteile heterogener Lerngruppen durch diese Maßnahmen konterkariert werden. Seiner Meinung nach steht die äußere Leistungsdifferenzierung in bestimmten Fächern dem integrativen Gedanken entgegen. HEIMER führt dazu aus: »Solange Integration so verstanden wird, daß alle Schüler einer Gruppe zur gleichen Zeit im wesentlichen das Gleiche sollen und Differenzierung somit lediglich eine Differenzierung der Methoden meinen kann, mit denen der einzelne zur Erreichung des gemeinsamen, einheitlichen Ziels geführt wird, ist eine Integration von Schülern, die wesentliche gemeinsame Lernziele nicht erreichen können, undenkbar. Dies ändert sich mit der Einführung des Prinzips des zieldifferenten Lernens, wobei Zieldifferenz in dem radikalen Sinn zu verstehen ist, daß nicht mehr der Anspruch erhoben wird, alle Schüler sollten die wesentlichen Ziele zwar in unterschiedlicher Zeit und in unterschiedlichem Maße, aber prinzipiell einmal erreichen«[71].

Nur in diesem Sinne ist die Zulässigkeit und die Grundlage der Integration behinderter Schüler in den Fachunterricht gegeben. Die dafür notwendig werdende weitestgehende Differenzierung in allen Bereichen des Unterrichts kann allerdings von einem Lehrer allein nicht geleistet werden. Das Zwei-Pädagogen-System (vgl. Kapitel 5.1.2 f) ist eine der notwendigen Voraussetzungen für die Realisierung von Integration im Fachunterricht. Für die Pädagogen stellt sich die Frage, wie die »Kooperation in einem multiprofessionellen Team« (bestehend aus Gesamtschul- bzw. Fachlehrer, Sozialpädagogen, Sonderpädagogen etc.) am sinnvollsten und effektivsten gestaltet werden kann. In bezug auf die Schüler ergibt sich die Frage, wie bei einer stärkeren Ausdifferenzierung der individuellen Interessen mit zunehmendem Alter und einer immer deutlicher werdenden Heterogenität weiterhin Prozesse sozialer Integration bei gleichzeitig ausgeglichener fachlicher Förderung aller realisiert werden können. In den folgenden Kapiteln wird erläutert werden, welche Konsequenzen aus dem Prinzip des zieldifferenten Lernens für die unterrichtliche Praxis ergeben und welche Bedingungen geschaffen werden müssen, um die Chancen für eine erfolgreiche Integration - trotz der oben dargelegten Grundprobleme - auch in der Sekundarstufe zu erhöhen.

3.5 Grundbedingungen eines binnendifferenzierten Fachunterrichts für alle Schüler in der Sekundarstufe

Als Konsequenz aus den voranstehenden Überlegungen hält MAIKOWSKI folgende Minimalanforderungen für unbedingt notwendig wenn zieldifferentes Lernen in der Sekundarstufe für alle Beteiligten in befriedigender Weise verwirklicht werden soll:

  • Orientierung an unterschiedlichen Rahmenplänen:

Es muß gewährleistet sein, daß nicht von allen Schülerinnen das Erreichen der gleichen Lernziele gefordert wird, sondern insbesondere für Kinder mit Behinderungen individuelle Ziele zugelassen werden.

  • Reduzierung der Klassenfrequenz:

Für alle SchülerInnen muß die Klassenfrequenz überschaubar sein; für die Pädagoglnnen muß ermöglicht werden, sich ohne eigene Überforderung und Vernachlässigung anderer einzelnen Kindern zuwenden zu können.

  • Abbau äußerer Leistungsdifferenzierung:

Sie teilt Kinder nach ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit ein und droht so den sozial-emotionalen Zusammenhalt integrativer, d.h. heterogener Lerngruppen zu beeinträchtigen oder gar zu zerstören.

  • Individualisierende verbale Beurteilungen:

Es wäre ein Anachronismus, in einer Lerngruppe, in der der individuelle Maßstab von Leistungen betont wird, an einem allgemeinen Maßstab orientierte, pseudoobjektive Ziffernzeugnisse zu erteilen. Individualisierung der Ziele und Wege erfordert auch eine Individualisierung der Beurteilung.

  • Reduzierung des Anteils der Fachlehrer:

Personelle Kontinuität und persönliche Beziehung tun allen Kindern gut, besonders wichtig sind sie für manche Kinder mit Behinderungen. Auch wird hierdurch eine Öffnung des Unterrichts über Grenzen von Stunden und Fächern hinaus erleichtert.

  • Personelle Unterstützung der SekundarlehrerInnen durch zusätzliche SonderpädagogInnen und Erzieherinnen auf allen Klassenstufen:

Bewußt heterogene Lerngruppen können nicht von einem/r LehrerIn allein angemessen versorgt werden. Differenzierende Hilfen und zusätzliche Kompetenzen anderer Berufsgruppen müssen eingebracht werden können.

- Einführung pädagogischer Konferenzen und etwa des Team-Kleingruppen-Modells:

Der gemeinsame Unterricht heterogener Lerngruppen durch mehrere Pädagoglnnen erfordert eine enge fachliche Koordination, aber auch gemeinsame Reflexionsarbeit, vor allem im Hinblick auf Gruppenprozesse bei Kindern und Pädagoglnnen.[72]

Die Verwirklichung zieldifferenten Lernens in der Sekundarstufe erfordert also ein ähnlich individualisierendes, binnendifferenzierendes Unterrichtskonzept wie es in der Grundschule mittlerweile an vielen Orten zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist. Die Sekundarstufenlehrer werden sich entsprechend auf strukturelle und organisatorische Veränderungen des Unterrichts einzustellen und ihre engen formalen Leistungsvorstellungen in bezug auf die veränderte Schülerschaft neu zu überdenken und zu differenzieren haben. Prinzipiell sollte allen Schülern auch in der Sekundarstufe das gesamte unterrichtliche Angebot zugänglich gemacht werden. FUCHSLUGER kommt nach einem Vergleich der Lehrpläne von Hauptschule und allgemeiner Sonderschule zu dem Schluß, daß auf Grund der vielen Gemeinsamkeiten der Lehrpläne, durch die Kooperationsbereitschaft, Teamarbeit und Flexibilität der Lehrkräfte der verschiedenen Schulen ein schülerzentriertes, differenzierendes Arbeiten möglich wird, das sich positiv auf die Motivation und Kreativität der Schüler ,auswirkt und ihr sozial-kommunikatives Lernen fördert.



[58] HELLWIG 1984, 20

[59] RAUTHENHAUS 1984, 142

[60] Insbesondere zu Schulfesten bieten sich beispielsweise zahlreiche Möglichkeiten, jeden Schüler innerhalb des Gesamtrahmens zu seinem Recht kommen zu lassen: Der Schüler mit Down Syndrom bedient z.B. die Musikanlage oder spielt in der Band mit und kündigt eventuell die Musiktitel an, der »potentielle Gymnasiast« moderiert die Veranstaltung zweisprachig usw. Jeder hat seine Rolle in der Gemeinsamkeit.

[61] WOCKEN 1998 (4), 319

[62] MAIKOWSKI zit. bei HINZ 1989, 79

[63] HINZ 1989, 81

[64] DUMKE 1993, 224 f

[65] ASHEUER 1991, 94

[66] vgl. SCHLEY 1989, 184

[67] vgl. HOENECKE 1992, WOLFF 1994, HOFFMANN/NIERMEYER 1989

[68] BEBERMEIER 1989, 127

[69] SAUER 1984, 16 f

[70] ASHEUER 1991, 96

[71] HEIMER 1989, 124 f

[72] MAIKOWSKI zit. In SCHLEY 1989, 79 f

4. Ziele und Prinzipien binnendifferenzierten Fremdsprachenunterrichts

Ein Unterricht, in dem allen Schülern eine angemessene Förderung zuteil werden soll, kann nicht für alle Schüler lernzielgleich, sondern muß vielmehr lernzieldifferent konzipiert werden. Gefordert ist eine kindzentrierte basale Pädagogik. Das jeweils Erreichbare ist nur aus der jeweiligen Klasse selbst zu ermitteln. Folgende Vorüberlegungen müssen - besonders für die Gestaltung integrativen bzw. rein sonderpädagogisch orientierten Fremdsprachenunterrichts - zugrundegelegt werden[73]

- Was kann das Kind, und was kann es noch nicht?

- Was sind die speziellen Ziele, die das Kind in der nächsten Zeit erreichen kann?

- Was sollte man von dem Kind (noch) nicht verlangen, weil es wegen seiner Behinderung sonst überfordert wäre?[74]

Lernerfolge sind dementsprechend nicht nach der Erfüllung allgemeiner Pensen wie z.B. denen, die der Rahmenplan vorschlägt, zu beurteilen. Sie sollten lediglich als Orientierungshilfen herangezogen werden. Die Bestimmung und Formulierung der Lernziele der einzelnen Jahrgänge und die Festlegung, wie, mit welchen Mitteln und in welchen Zeiträumen sie erreicht werden sollen, hängt einerseits zwar von den Rahmenplanrichtlinien der einzelnen Länder ab, muß aber andererseits auch von den gemeinsamen Absprachen der Fachlehrer in den Fachkonferenzen der Schulen bestimmt sein. Eine Differenzierung und Individualisierung der Pensen ist unabdingbar.

Die Vermutung liegt nahe, daß die Leistungen der Kinder und die Leistungserwartungen in den Lehrplänen nur darum so eng und formal formuliert werden, damit sie im Rahmen von Leistungskontrollen besser überprüft werden können. Im Rahmen integrativen Unterrichts ist es bei der Leistungsbewertung und Leistungsmessung jedoch inzwischen zu einem selbstverständlichen Prinzip geworden, auf das Abfragen von Leistungen in Form von Prüfungen und auf eine Leistungsbewertung durch Zensuren solange zu verzichten wie es das Schulrecht zuläßt.[75] Eine Beurteilung der Lernerfolge durch Zensuren bedeutet immer eine vergleichende Bewertung der Lernerfolge, die, ohne den individuellen Lernhintergrund der einzelnen Schüler zu berücksichtigen, von einer allgemein festgelegten Leistungsnorm ausgeht. Eine solche Kategorisierung und Messung der individuellen Lernerfolge nach einem allgemein festgelegten Maßstab und die damit verbundene Schaffung einer Art Wettbewerbssituation im Unterricht widerspricht grundlegend der Idee eines Unterrichts, in dem nur ein »intraindividueller« Leistungsvergleich sinnvoll sein kann. Zieldifferenter Fremdsprachenunterricht muß daher auch vielmehr im Einklang mit einer pragmatischen Zielsetzung definiert werden, die vor allem auf die Entwicklung kommunikativer Fähigkeiten ausgerichtet und in ihrem Kern pädagogisch ist. Das bedeutet, der Erfolg des Dazulernens durch Fremdsprachenunterricht muß immer auch im Prozeß der Persönlichkeitsentwicklung des Schülers gesehen werden[76].

4.1 Handlungsorientierter Unterricht und die Ganzheitlichkeit des Lernens

Neben der Förderung sozialer Interaktion muß auch die optimale Förderung der kognitiven Entwicklung der Schüler im Mittelpunkt des Interesses stehen. Wesentliche Faktoren, die den Entwicklungsprozeß und die Motivation der Schüler im Fremdsprachenunterricht positiv beeinflussen, sind das Wecken von Freude am Umgang mit der fremden Sprache und die Herstellung eines emotionalen Bezugs zu den Themen des Unterrichts. Der emotionalen Dimension kann natürlich nur dann entsprochen werden, wenn der Fachunterricht von seiner » Kopflastigkeit« befreit wird. Dazu bedarf es einer Verlagerung von einer überwiegend kognitiven Zielausrichtung des Unterrichts (wie es in der Regel vorwiegend in der Sekundarstufe anzutreffen ist) hin zur Ermöglichung emotionalen Erlebens, inhaltlichen Betroffenseins und praktischen Tuns. Die Begegnung mit der englischen Sprache sollte in einer lustbetonten, zwanglosen Atmosphäre unter Verwendung einfachen kommunikativen Sprachverhaltens stattfinden. Eine altersgemäße Kommunikationsfähigkeit wird angestrebt, um situationsgerechtes Handeln und Verstehen von Gehörtem und Gelesenem möglich zu machen, was unzweifelhaft in einer kommunikationsfördernden, motivierenden Atmosphäre leichter zu erreichen ist. Vorraussetzung dafür ist das Prinzip der Handlungsorientiertheit, dem auch von der modernen Fremdsprachendidaktik allgemein großer Wert beigemessen wird. Nach diesem Unterrichtsprinzip sind die Schüler nicht mehr »Objekte von Belehrung«, sondern »aktive Subjekte im Lernprozeß«, die sich im Unterricht »mit Sachen, Menschen und Problemen eigentätig - soweit wie möglich - selbständig unter Einbeziehung möglichest vieler Sinne lernend auseinandersetzen«".[77]

Das Prinzip der Handlungsorientiertheit wird vor allem durch die Erkenntnisse der Kommunikationsforschung gestützt. Diese besagen, daß »Lernen durch Hören etwa eine Effizienz von rund 20%, Lernen durch Lesen von rund 30%, Lernen durch die Verbindung von Hören und Lesen eine Effizienz von rund 50%, Lernen durch darüber Sprechen 70% , Lernen durch aktives Handeln dagegen eine Effizienz von 90% hat[78]. Schon PIAGET definierte Lernen als eine Verinnerlichung von äußeren Handlungen. Die heutige Tendenz, daß Kinder zunehmend zu Konsumenten von Erfahrungen aus zweiter Hand werden, wirkt der von Jean PIAGET formulierten lernpsychologischen Erkenntnis, Lernen sei eine Verinnerlichung von äußeren Handlungen, strickt entgegen. Das Prinzip der Handlungsorientiertheit ist deshalb gerade in der heutigen Zeit, in der Kinder immer weniger Zugang zu Primärerfahrungen haben, von äußerster Wichtigkeit.

Handlungsorientierter Unterricht hat seine Vorläufer u.a. in den Reformpädagogiken MONTESSORIS und FREINETS. In der Pädagogik Maria MONTESSORIS hat der handelnde Umgang mit den Lerngegenständen, z.B. in den Übungen des praktischen Lebens und der Konzeption des didaktischen Materials sowie den Sinnesmaterialien, grundlegende Bedeutung. Auch wenn sich die Pädagogik MONTESSORIS nicht explizit mit dem Fremdsprachenunterricht auseinandergesetzt hat, bietet sie in Hinblick auf die angesprochenen Bereiche eine Vielzahl von Anregungen für die Gestaltung binnendifferenzierten Fremdsprachenunterrichts. Für FRITZ sind im Rahmen eines handlungsorientierten Unterrichts vor allem folgende Aspekte wichtig:

  • das Einbeziehen der Alltagserfahrungen der Kinder in den Unterricht,

  • eine stärkere Berücksichtigung des soziokulturellen Hintergrundes der Kinder,

  • das Erkennen und Akzeptierenlernen der Kinder, daß der Beitrag eines jeden wichtig ist,

  • die subjektive Erfahrung aller Kinder, kompetent und für die Gemeinschaft objektiv wichtig zu sein.[79]

Im integrativen Unterricht müssen insbesondere die Handlungsmöglichkeiten der Schüler berücksichtigt werden, die durch eine Behinderung in ihren Möglichkeiten, sich in den Unterricht einzubringen, eingeschränkt sind. Eines der wichtigsten Prinzipien handlungsorientierten Fremdsprachenunterrichts ist es, eine »kommunikativ vertretbare Fehlertoleranz« zu üben[80]. Formalsprachliche Aspekte sind zwar nicht zu vernachlässigen, sie bedürfen aber bestimmter Hilfen und dürfen nie Selbstzweck sein. Wichtig ist, daß auch die Schüler mit unzureichenden sprachlichen Mitteln unbefangen am Unterrichtsgeschehen teilnehmen können. Ansonsten besteht die Gefahr, bei ihnen durch ein Zuviel an Korrekturen und einen zu hohen Korrektheitsanspruch lediglich ein grammatikalisch einwandfreies Schweigen zu erreichen. Der Wert und Nutzen einer Korrektur sollte daher immer vor dem Hintergrund der individuellen Lernziele und dem Lernstand des einzelnen Schülers abgewogen werden. Es sollte nicht vorrangig auf das sprachlich-formale Erfolgserlebnis der Schüler ankommen, sondern vielmehr auf das kommunikative.

BLEYHL bezeichnet handlungsorientierten Unterricht als »bescheiden« und »unbescheiden« zugleich. »Bescheiden«, weil er vom Schüler nicht das sofortige einwandfreie Anwenden des Neugelernten verlangt, sondern ihm Zeit läßt, in der »handelnden Interaktion« mit den Mitschülern und dem Lehrer Neugelerntes zu erproben und auf diese Weise nach und nach das eigene Sprachsystem auszudifferenzieren. »Unbescheiden« ist handlungsorientierter Fremdsprachenunterricht nach BLEYHL in seinem Anliegen, die Fremdsprache, die Welt und die Schüler mit ihren individuellen Interessen im Unterricht miteinander verknüpfen zu wollen[81]. In diesem Zusammenhang gewinnt der Begriff des »ganzheitlichen Lernens« besondere Bedeutung. Ganzheitliches Lernen ist nach Auffassung LÖFFLERS nicht in erster Linie mit Blick auf das Lernobjekt, also auf die Zielsprache zu sehen, sondern vielmehr mit Blick auf den Lernprozeß, in den die Schüler mit all ihren körperlichen und geistigen Kräften einbezogen werden sollen. Ganzheitliches Lernen soll als eine Chance zur Erweiterung der Wahrnehmungs- und Erfahrungsmöglichkeiten gesehen werden, als Fernziel ein bewußteres und damit intensiveres Leben ermöglichen und letztendlich zu größerer Lebensqualität führen. LÖFFLER illustriert ihre Ausführungen mit einem Unterrichtsbeispiel aus einer sehr Unruhigen, insgesamt äußerst konzentrationsschwachen sechsten Realschulklasse im zweiten Lernjahr Englisch:

Der Unterricht beginnt mit einer Erfahrungsphase, in der jeder Schüler aus einem Korb, der verschiedene Steine enthält, einen Stein auswählt. Nachdem alle Schüler sich einige Minuten ohne eine besondere Aufgabe ungelenkt mit ihrem Stein beschäftigt haben, werden sie aufgefordert, durch Ansehen, Tasten und Fühlen herauszufinden, wie ihr Stein beschaffen ist. In der Phase des »Stein-Erfahrens« werden ganz individuelle, sensomotorische Erfahrungen ermöglicht. In der anschließenden Phase findet die Anbindung der Erfahrungen an die Zielsprache durch den Gebrauch bestimmter Adjektive aus der Zielsprache statt. Dazu werden zu-nächst Entscheidungshilfen wie warm/ cold, smooth/ rough, heavy/ light, ... z.B. durch Anschrieb an die Tafel angeboten. Auf diese Weise verschmelzen Erfahrungen und Zielsprache im Lernprozeß miteinander. Die individuellen Erfahrungen können dann, veranlaßt durch bestimmte Aufgabenstellungen, zu inhaltsorientierten Interaktionen mit den Klassenkameraden ausgeweitet werden (z.B. durch Fragen wie »My stone is ... (Adj.), how about your stone?« oder »I'd like to have a ... (Adj.) stone. Who could give me one?«).[82]

Ziel dieser oder ähnlicher Unterrichtssequenzen ist nicht in erster Linie die Einführung bestimmter zielsprachlicher Phänomene wie z.B. der Adjektive. Vorrangiges Ziel ist es vielmehr, Erfahrungsräume zu schaffen, in denen alle Schüler emotional angesprochen werden und sich auf Grund individueller Erfahrungen über einen gemeinsamen Gegenstand austauschen können. Je mehr Sinne in einer solchen Situation angesprochen werden, um so mehr Beteiligungsmöglichkeiten bieten sich auch für Schüler mit unterschiedlichen Wahrnehmungsbeeinträchtigungen. Schülern, die nur sehr begrenzt oder gar nicht mit der Zielsprache umzugehen wissen, muß die Möglichkeit gegeben werden, ihre Muttersprache zu benutzen, um ihre Erfahrungen und sich selbst mit den anderen austauschen zu können. Grundlegendes gemeinsames Ziel für alle Schüler ist es, Erfahrungen zu sammeln, darüber in einem personalen, sozialen Kontext mit den anderen in Kontakt zu kommen und sich inhaltsorientiert mit den anderen darüber auszutauschen.

Eine weitere Möglichkeit, den ganzen Menschen und insbesondere sein Empfinden anzusprechen sowie gemeinsames Erleben und Handeln mit anderen anzuregen, bieten vor allem auch musische Arbeitsformen. Ihnen kommt - nach HELLWIG - speziell für »psychisch labile Menschen mit unausgeglichener Motorik« eine »therapeutische« und »helfende Funktion« zu[83]. Zur Frage, welche musischen Arbeitsformen sich im Rahmen des Englischunterrichts anbieten, vgl. unter Kapitel 5.4.

4.2 Schüler- und Lebensweltorientierung

Die Verzahnung von Lebens- und Fachfragen

Fremdsprachenunterricht soll von Rollen, Verständnisanlässen, Themen, Sachverhalten, Situationen und Sprechanlässen, die den Schülern etwas bedeuten, ausgehen. Englischunterricht muß einen Sinn ergeben und an den Erfahrungsstrukturen der Schüler innerhalb ihres eigenen schulischen und außerschulischen Bereiches anknüpfen. Das Erlernen einer Fremdsprache soll ihnen helfen, ihre eigene Umwelt und »die fremde Umwelt« besser zu verstehen. Die Schüler müssen für sich selbst etwas dazu lernen, was jenseits von Grammatik und Vokabeln liegt.[84] Peter PETERSENS Begriff der »pädagogischen Situation« ist in diesem Zusammenhang so zu verstehen, daß der Lernende sich in der Situation des Unterrichts als Betroffener erleben soll, dazu aber als ganze Person existentiell gefordert und herausgefordert werden muß. ECK/STÖCKER gehen in diesem Sinne bei der Erarbeitung des Themas family z.B. anstatt von den fiktiven Lehrbuchfamilien von den eigenen Familien der Schüler aus[85].

In einem Beitrag über den Englischunterricht an Sonderschulen für Verhaltensgestörte werden die folgenden Kriterien als Leistungen eines »menschlichen Fremdsprachenunterrichts« benannt:

  • Fremdsprachenlernen und -gebrauchen kann grundsätzlich dem Bedürfnis des Lernenden entgegenkommen, mehr über sich zu erfahren;

  • es kann dazu dienen, (über die Auseinandersetzung mit »dem anderen«) ein besseres Selbstbild zu entwickeln;

  • es kann dazu dienen, mit anderen zu interagieren;

  • es spricht die kognitiven Fähigkeiten der Lernenden an;

  • es spricht die affektiven Seiten der Lernenden an;

  • es vergrößert die Wahrnehmungsbereitschaft und -flexibilität [ ].[86]

Bei der Unterrichtsplanung sollten demgemäß möglichst viele der folgenden Gesichtspunkte berücksichtigt werden:

  • Auswahl interessentreffender und wirklichkeitstreffender Inhalte

  • Auswahl realistischer und realitätsnaher Ernstsituationen

  • Auswahl emotional ansprechender Inhalte

  • Auswahl fächerübergreifender Inhalte.[87]

Dementsprechend wird gefordert, Sach- und Sprachinhalte - besonders im lehrwerksunabhängigen Unterricht - gemäß den Interessen der Schüler und in Hinblick auf realitätsnahe Rollen und mögliche »Ernstsituationen« in Gegenwart und Zukunft sinnvoll auszuwählen und zu vermitteln. Um möglichst viele der oben genannten Forderungen erfüllen zu können, würde sich beispielsweise in einer Klasse, deren Schüler vorwiegend aus randständigen sozialen Schichten stammen und sich auffallend aggressiv verhalten, die Behandlung eines sprachlich dem Niveau der Schüler angemessenen Textes über das Wirken FLANAGANS anbieten. FLANAGAN, der Begründer der »boys-town«, hat sich für Jugendliche eingesetzt, die in vergleichbaren sozialen Milieus leben wie die Schüler der betreffenden Klasse[88]. Im Rahmen des Unterrichtens bzw. der Integration blinder Schüler wäre möglicherweise die Berücksichtigung von Sachverhalten aus dem Gebiet des englischen Blindenwesens angemessen. Andere Inhalte zum Thema Behinderungen/Behindertsein wären die Paralympics oder die Lebensgeschichte eines spastisch gelähmten Iren, der ein Buch über sein Leben geschrieben hat[89], das unter dem Titel My left foot verfilmt wurde[90]. Die Behandlung der letzten beiden Themen wird in einem Englischlehrwerk bei Diesterweg[91] unter dem Thema »Behinderte Menschen in unserer Gesellschaft« angeregt. Beide Themen eignen sich besonders zur Behandlung im integrativen Englischunterricht. Aufgrund ihrer ansprechenden Präsentation und der geschickten Einbettung in eine Unterrichtseinheit rund um Gesundheit, Krankheit, Körper, Fitness, Sport u.ä. sind sie aber durchaus auch geeignet, Schüler in Regelklassen, die keinen direkten Kontakt zu behinderten Menschen haben, zur Auseinandersetzung mit dem Thema »Behinderungen/Behindert sein« anzuregen.

Die angebotenen Lerninhalte müssen vor allem von den Schülern als wichtig, d.h. sie selbst in ihrer realen Lebenssituation betreffend empfunden werden. Dazu schreibt HELLWIG: »Der Realitätsbezug ist am stärksten bei kommunikativen, informativen, problemorientierten oder gestalterischen Projekten mit Ernstcharakter«. Als Beispiele nennt er die praktische Umsetzung eines Korrespondenzvorhabens, die Vorbereitung einer landeskundlichen Ausstellung, eines englischen Abends oder einer Aufführung in englischer Sprache für Mitschüler und Eltern. Solche Projekte nötigen die Schüler zum selbstverständlichen Gebrauch der Fremdsprache, sichern Gelerntes und fordern zu natürlichem Weiterlernen (aus eigenem Antrieb) heraus. In einem stark binnendifferenzierenden Unterricht bietet sich die Durchführung derartiger Projekte insbesondere darum an, weil sich in ihrem Rahmen eine Vielzahl unterschiedlichster Aufgaben und Betätigungsmöglichkeiten ergeben (vgl. dazu Kapitel 5.3.3). Die im folgenden aufgeführten didaktisch-methodischen Prinzipien wurden für die Gestaltung eines erstmals in den 60er Jahren vor allem in Hinblick auf die Hauptschulen geforderten »Englischunterrichts für alle« formuliert. Sie können jedoch durchgängig auch heute noch für einen Stark binnendifferenzierenden, handlungsorientierten und auf ganzheitliches Lernen ausgerichteten Fremdsprachenunterricht geltend gemacht werden und stellen gewissermaßen eine Zusammenfassung der voranstehenden Erläuterungen dar.

Die Prinzipien lauten:

  • Freude am Lernen und am Erfolg

  • Lebensnähe von Zielen und Inhalten

  • Mündlichkeit, d.h. die Fertigkeiten des Verstehens und Sprechens haben Vorrang vor Lesen und Schreiben

  • aktiv handelndes Sprechen in alltagsanalogen Sprechsituationen

  • Einsprachigkeit als Regel mit Ausnahmen[92]

  • Anschauung als wichtige formale und inhaltliche Hilfe im Lernprozeß Verweilen; d.h. Übung, Wiederholung, Anwendung sind wichtiger als schnelles Fortschreiten.[93]

PODLESCH greift alle diese Prinzipien bei der Beschreibung grundlegender Arbeitsweisen im Englischunterricht mit lernbehinderten Schülern auf und ergänzt sie noch durch das Prinzip der schnellen methodischen Wechsel. Wenn man alle Punkte zusammenfaßt, ergibt sich das Grundprinzip der Schülerorientierung als übergeordnetes Ziel des gesamten Unterrichts. Das heißt, der Unterricht hat weitestgehend von den Interessen und Erfahrungen der Schüler auszugehen und muß darauf abzielen, durch Kooperation und gemeinsames Handeln demokratische Verkehrsformen anzubahnen. Nicht mehr die Vermittlung eines bestimmten Wissens ist vordringlich, sondern in viel stärkerem Maße der mit der Wissensvermittlung verbundene Sozialisationsprozeß, der über der Stofforientierung stehen muß. Auf die unterrichtlichen Vorgehensweisen und Mittel, mit denen die in diesem Kapitel angesprochenen globalen Prinzipien und Zielsetzungen binnendifferenzierten Fremdsprachenunterrichts in der Praxis umgesetzt werden können, geht das folgende Kapitel ein.



[73] Diese Fragen werden unter Kapitel 5.2 Lernzielfindung und Unterrichtsplanung wieder aufgenommen und die Konsequenzen, die sich speziell für den Fremdsprachenunterricht aus ihnen ergeben, ausführlich erläutert.

[74] SCHÖLER 1993, 160

[75] vgl. dazu SCHÖLER 1998, 81 - 100

[76] BUCHFELD/ NEUNER 1984, 125

[77] HECKT u.a. 1993, 97

[78] HELLBRÜGGE 1998 (4), 240 f

[79] FRITZ 1991, 68

[80] HELLWIG 1984, 37

[81] BLEYHL 1989, 39

[82] BACH/TIMM 1989

[83] HELLWIG 1984, 184

[84] BUCHFELDER/NEUNER 1984, 127

[85] Gerade die Behandlung des Themas Familie erfordert allerdings ein besonders bedachtes Vorgehen; wenn Schüler z.B. gerade einen Elternteil verloren haben, oder die Scheidung ihrer Eltern erleben, muß berücksichtigt werden, daß die Art und Weise, wie diese Themen im Unterricht besprochen werden, eine besondere Sensibilität erfordern. Es kann allerdings durchaus auch entlastend sein, wenn ein Schüler im Englischunterricht die Gelegenheit hat, allgemein über Trennungs- bzw. Konfliktsituationen zu sprechen.

[86] HWERTFEGER Zit. bei SAUER 1984, 18

[87] HELLWIG 1984, 177

[88] ... näheres zu diesem Beispiel vgl. MANSKE 1998 (4), 251 f

[89] Neuere Auflage z.B. BROWN, CHRISTY: My left foot. Collins Educational, London 1998

[90] Mein linker Fuß (Spielfilm USA 1988)

[91] NOTTING HILL GATE 3A (bzw. 3B)

[92] Insbesondere im integrativen Fremdsprachenunterricht und im Bereich der Sonderschule muß das »geheiligte« Prinzip der Einsprachigkeit in Frage gestellt und gegebenenfalls auf ein Minimum, bestehend aus »classroom-phrases«, reduziert werden. Unter classroom-phrases werden jene immer wiederkehrenden Wendungen und Formulierungen zusammengefaßt, mit Hilfe derer die Basiskommunikation im Unterricht weitestgehend auf englisch stattfinden kann Begrüßung, Verabschiedung, Fragen zur Befindlichkeit der Schüler, Arbeitsaufforderungen, Lob und Tadel etc.).

[93] HELLWIG 1984, 11

5. Arbeits- und Organisationsformen integrativen (Englisch-) Unterrichts

5.1 Die Fachlehrer

Abgesehen von vereinzelten Erprobungen von Frühenglisch im Elementarbereich bzw. ab der dritten Klasse oder dem Englischfrühbeginn an englisch-deutschen Europaschulen setzt in Deutschland der Englisch-sowie der Fachunterricht im allgemeinen in der fünften Klasse ein. In der Regel wird von diesem Zeitpunkt an jedes Fach von einem anderen Lehrer unterrichtet. Gerade im integrativen und sonderpädagogischen Rahmen sollte der Fachunterricht jedoch unter möglichst wenigen Lehrern aufgeteilt werden, da erfahrungsgemäß bei zu häufigem Lehrerwechsel in besonderem Maße die behinderten Schüler durch die fehlende Orientierung an einer Bezugsperson irritiert werden. Die immense Bedeutung, der emotionalen Sicherheit durch stabile Schüler-Lehrer- und Schüler-Schüler-Beziehungen wird gerade für die Entwicklung leistungsschwächerer Schüler immer wieder betont. Wenn nun beispielsweise im integrativen Rahmen der Sekundarstufe mehrere Pädagogen miteinander kooperieren müssen, kann die Funktion einer stabilen Bezugsperson auch von einem Sonder- oder Sozialpädagogen bzw. einem Erzieher oder Therapeuten, der während der meisten Zeit des Unterrichts anwesend ist und diesen mitgestaltet, eingenommen werden. Grundsätzliche Unterschiede zum herkömmlichen Fachunterricht, die sich aus der Kooperation mehrerer Pädagogen in einem Fach ergeben, werden unter Kapitel 5.1.1 erläutert.

Von grundlegender Bedeutung für einen funktionierenden binnendifferenzierten Fachunterricht ist neben der Kooperation mehrerer Pädagogen u.a. ein verändertes Leistungsverständnis von seiten der Fachlehrer, womit nicht nur die Bewertung von Schülerleistungen, sondern vor allem auch die Notwendigkeit einer individualisierten Lernzielfindung gemeint ist (vgl. Kapitel 5.2). Der traditionelle Frontalunterricht muß unbedingt durch einen individuell auf die Stärken und Schwächen aller Kinder abgestimmten Unterricht ersetzt werden. Inhaltsauswahl im lehrwerkbegleitenden und lehrwerkunabhängigen Unterricht, Medienwahl und - einsatz sowie Methodenorganisation müssen mit Blick auf die Individualität der einzelnen Schüler unter differenzierenden Gesichtspunkten vorgenommen werden.

Ein derart differenzierter Unterricht kann nur durch die Zusammenarbeit mehrerer Pädagogen in befriedigender Weise bewältigt werden. Die Verantwortung für die Unterrichtsgestaltung kann in solchen Fällen dann nicht wie normalerweise üblich allein beim Fachlehrer liegen Auch der zweite Pädagoge muß Mitverantwortung für den Unterricht übernehmen.Eine solche Kooperation ist ein hochkomplexer Bestandteil integrativen Unterrichts, der von maßgeblicher Bedeutung für das Gelingen der Integration ist - für die Betroffenen jedoch oft Probleme mit sich bringt. Im folgenden werden zunächst allgemeine Aspekte und mögliche Formen der Kooperation mehrerer Pädagogen näher betrachtet und im Anschluß die sich daraus ergebenden Prinzipien, Probleme und Chancen erläutert.

5.1.1 Kooperation

Der Begriff der Kooperation umfaßt sowohl Lehrer, Vertreter der Schulbehörden, Eltern, Therapeuten, Arzte und natürlich auch Schüler[94]. Die folgenden Erläuterungen werden jedoch vor allem auf Aspekte der Kooperation der in einer Klasse tätigen Pädagogen beschränkt bleiben. Die gesamte Komplexität von Teamarbeit sei an dieser Stelle lediglich durch die folgende Aufstellung angedeutet. Sie zeigt, mit welchen Aspekten Schulischen Miteinanders Teamarbeit im allgemeinen verknüpft ist:

  • Planung und Durchführung des Unterrichts,

  • Entwicklung von Materialien und Gestaltung von Lernsituationen,

  • Erarbeitung gemeinsamer Arbeitsverständnisse und pädagogischer Konzepte,

  • Austausch über Schüler und ihre Probleme,

  • Reflexion von Haltungen und persönlichen Strategien,

  • gegenseitiges Kennenlernen und Vertrauen gewinnen,

  • Bearbeitung von Konflikten und gemeinsame Lösung von Problemen,

  • Gestaltung und Veränderung von Rahmenbedingungen und Strukturen der Arbeit,

  • Vertretung und Darstellung der gemeinsamen Arbeit nach außen gegenüber dem Kollegium, der Behörde, den Eltern, der Offentlichkeit.[95] Sie Auseinandersetzung um fachspezifische Aspekte des Unterrichts betrifft vor allem die drei erstgenannten Punkte.

Insbesondere die Arbeit in Integrationsklassen stellt an Fachlehrer auf allen Ebenen des Unterrichts in vielerlei Hinsicht besondere Anforderungen. Eine dieser besonderen, ungewohnten Anforderungen ist die bereits angedeutete Kooperation mit einem zweiten Pädagogen. Sie stellt ein Fundament integrativen Unterrichts dar und kann maßgeblich zu einer Verbesserung der pädagogischen Hilfen beitragen. Statt den zweiten Pädagogen jedoch als Bereicherung für die eigene Lehrtätigkeit und eine abwechslungsreichere Gestaltung des Unterrichts zu sehen, werden meist die als behindert geltenden Kinder mit dem zweiten Erwachsenen aus der Klasse geschickt und getrennt unterrichtet, während der Fachlehrer allein den Unterricht mit der übrigen Klasse durchführt. Integrative Kooperation bezeichnet jedoch in Anlehnung an KREIE[96] vor allem den bewußten Prozeß der Zusammenarbeit von Lehrern/ Pädagogen, der getragen ist von dem Bemühen beider, in dem pädagogischen Handlungsfeld der Schule nach dem Modus der Annäherung befriedigende Einigungssituationen herzustellen zwischen innerpsychisch, interpersonell und institutionell widersprüchlichen Bedürfnissen, Grundsätzen, Sichtweisen von Schule und Erziehung. Ziel muß die Erweiterung pädagogischer Handlungsspielräume in einem gemeinsamen Lösungsprozeß sowie die Bereitstellung sozialisatorischer Entwicklungshilfen sein.

Team-Teaching, d.h. die Kooperation zweier Lehrer in einer Klasse zur gleichen Zeit, ist durch die folgenden Aspekte charakterisiert:

  • Eine gemeinsame Unterrichtsplanung und -durchführung der in der Klasse Tätigen, das heißt eine gemeinsame Auswahl der Unterrichtsinhalte und Unterrichtsmethoden.

  • Eine gemeinsame Verantwortung der Lehrerinnen, das bedeutet eine flexible Aufteilung der Aufgaben bzw. der Zuständigkeit für einzelne Kinder.

Für die praktische Umsetzung bedeutet dies,

  • daß die Lehrerinnen abwechselnd unterrichtsunterstützend und unterrichtsinitiierend tätig sind,

  • daß es ein breit gefächertes Angebot von Lernanlässen gibt, welches durch flexible Differenzierung und Individualisierung bewirkt wird.[97]

In der einschlägigen Literatur wird immer wieder betont, wie stark Pädagogen, die integrativ und sonderpädagogisch arbeiten, gefordert sind, sowohl ihre eigenen Gedanken, Interessen und Gefühle als auch die der Menschen, mit denen sie zusammenarbeiten, unvoreingenommen und präzise wahrzunehmen und zu reflektieren. Weitere Voraussetzungen zur Qualifikation für eine produktive Teamarbeit sind:

  • die Bereitschaft, Verantwortung zu teilen,

  • die Fähigkeit Erwartungen und Interessen deutlich zu artikulieren, andererseits aber auch, sich zurücknehmen zu können.

Die Akzeptanz anderer Personen mit unterschiedlichen Kompetenzen im Team sowie die Fähigkeit, mit anderen zusammen Unterricht zu planen und durchzuführen, ist unabdingbar. Macht- und Dominanzstellungen müssen zugunsten einer Gleichberechtigung aufgegeben werden. Die unter Kapitel 3. erwähnten positiven Auswirkungen einer Begrenzung der in einer Klasse unterrichtenden Fachlehrer kommen nicht nur einem stabileren Lehrer-Schüler-Verhältnis zugute, sie sind auch dem Verhältnis der Kollegen untereinander sehr zuträglich. Die Beziehungen innerhalb eines Teams werden allerdings mit zunehmender Anzahl der Personen komplexer und schwieriger. Bleibt die Zahl der Pädagogen jedoch auf einige wenige begrenzt, führt dies in der Regel zu einer Erleichterung der Kommunikation und Zusammenarbeit, was sich wiederum positiv auf die Gesamtsituation auswirkt. Kooperation hilft erstarrte Gewohnheiten im pädagogischen Alltag zu überwinden, verbessert die Wahrnehmung der eigenen Person und der anderen, hilft die Isolation des Einzelnen zu über-winden. Es stellt außerdem ein nachahmenswertes Beispiel partnerschaftlichen Handelns und einer demokratischen Arbeitsform für Schüler dar. Teamteaching darf nicht als halbe, geteilte Arbeit eingestuft werden. Es ist vielmehr Voraussetzung dafür, daß man mehr Beobachtungsmöglichten hat, daß jemand da ist, der Zweifel auffangen kann, der einen auch halten kann, wenn man einmal nicht so gut drauf ist oder mit den Kindern Schwierigkeiten hat[98].

5.1.2 Formen der Kooperation

der kooperativen Arbeit sind verschiedene Formen der Zusammenarbeit möglich[99]. Sie unterscheiden sich vor allem in der Zusammensetzung der kooperierenden Pädagogen und deren zeitlicher Präsenz im Unterricht. Ein Unterrichtsteam kann entweder - wie oben bereits angesprochen - aus zwei Fachlehrern bestehen oder aus einem Fachlehrer und einem Sonderpädagogen bzw. einem Sozialpädagogen, einem Erzieher oder einem Therapeuten. Es kann auch sinnvoll sein, daß in bestimmten Fächern (z.B. bei Anwesenheit eines schwer-mehrfachbehinderten Kindes und zweier Kinder mit Lernbehinderungen) drei Pädagogen zusammenarbeiten.

Der Einsatz des zweiten Pädagogen kann sowohl nur stundenweise als auch während des gesamten Schultages erfolgen. Der zeitliche Umfang seines Einsatzes ist weitgehend abhängig von der Art des praktizierten Unterrichtsmodells und der speziellen Förderbedüftigkeit der Schüler. In bezug auf die Zusammenarbeit mit einem Sonderpädagogen nennt FRITZ zwei Möglichkeiten: »Zum einen kann der Sonderschullehrer in Absprache mit dem Fachlehrer einen Teil des Unterrichts übernehmen, zum anderen widmet sich der Sonderpädagoge einzelnen schwachen Schülern, während der Fachlehrer den Unterricht erteilt. Dabei achtet der Sonderpädagoge auf Auffälligkeiten im Leistungs-, Konzentrations- und Auffassungsbereich der Schüler.«[100] Um den Eindruck einer Sonderbehandlung der behinderten Schüler zu vermeiden, ist eine ausgewogene Aufteilung der unterrichtsunterstützenden und unterrichtsinitiierenden Anteile erforderlich.

Die Übernahme von Teilen des Unterrichts durch den Sonderpädagogen und eine gezielte fachliche Unterstützung der Schüler während des gesamten Unterrichts ist in den einzelnen Fächern im Bereich der Sekundarstufe natürlich nur dann möglich, wenn auch der Sonderpädagoge über ein ausreichendes Fachwissen verfügt. Hat ein Sonderpädagoge z.B. keine bzw. nur bruchstückhafte Englischkenntnisse, wird es ihm trotz intensiven Bemühens schwerfallen bzw. unmöglich sein, die behinderten Kinder so anzuleiten und bei der Bearbeitung von Aufgaben so zu unterstützen, daß sie einen optimalen Nutzen aus dem Unterricht ziehen und ihre Ergebnisse in die Klasse einbringen können.

Ein organisatorisches Problem ergibt sich, wenn der zweite im Unterricht tätige Pädagoge an mehreren Schulen arbeitet und so gezwungen ist, zwischen ihnen zu pendeln. In diesen Fällen bleibt häufig nicht genug Zeit, um die notwendige, gemeinsame Planung und Nachbereitung des Unterrichts mit den betreffenden Fachlehrern intensiv genug durchzuführen. In einem solchen Fall sollte die Unterrichtsorganisation umgestellt werden, so daß an wenigen Tagen mehr Unterricht stattfindet und begleitet wird und Planungsgespräche ebenfalls auf diese Tage gelegt werden (anstatt an etlichen Tagen jeweils eine Stunde Unterricht begleitet wird und sich viel belastende Fahrzeit ergibt).

5.1.3 Prinzipien, Probleme und Chancen der Kooperation und des Kompetenztransfers

In Deutschland wird die Kooperation zwischen Lehrern im Unterricht bisher nur in sehr begrenztem Umfang praktiziert. In der Regel sind Lehrer Einzelkämpfer, die sich in einer von Isolation geprägten Situation einen Unterrichtsstil aneignen, den sie lediglich vor sich selbst und den Schülern rechtfertigen müssen. Der Verlust der Selbstkritik ist in vielen Fällen die fast unvermeidbare Folge. Je länger ein Lehrer entfernt und abgeschottet von jeder professionellen Beobachtung und Beurteilung anderer arbeitet, desto schwerer fällt es ihm, sich auf eine zweite pädagogisch kompetente Person im Unterricht einzulassen, die in der Lage ist, ihn in seinem unterrichtlichen Verhalten und Vorgehen kritisch zu beurteilen.

Kooperation erfordert eine Offenlegung der eigenen Rolle und Persönlichkeit. Für die kooperierenden Lehrer ergibt sich ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis, das zu einer weitestgehenden Aufgabe der normalerweise für den Lehrerberuf typischen vereinzelten Arbeitsweise führen muß. Kooperation kann daher helfen:

  • erstarrte Gewohnheiten im pädagogischen Alltag zu überwinden und zu veränderten Verhaltensweisen angeregt zu werden,

  • die Wahrnehmung der eigenen Person und der anderen zu verbessern, -

  • die Beziehungen zwischen den Lehrern zu verbessern,

  • den Schülern ein nachahmenswertes Modell partnerschaftlichen Handelns vorzuleben,

  • die Isolation des Einzelnen zu überwinden.[101]

Für viele Lehrer erwachsen aus der Kooperation häufig jedoch auch fachliche, planerische und vor allem psychologische Probleme und Ängste. Diese Probleme und Ängste können drei verschiedenen Ebenen zugeordnet werden:

  • der sachlich-fachlichen Ebene

  • der pädagogisch-psychologischen Ebene

  • der Beziehungsebene

Auf der »sachlich fachlichen Ebene« empfinden viele Lehrer, die es über Jahre gewohnt waren, ihren Unterricht allein durchzuführen, eine zweite oder gar dritte pädagogisch geschulte Person in ihrem Unterricht häufig als »Supervisor«, der hohe persönliche Erwartungen an sie hat, sie in ihren fachlichen und pädagogischen Kompetenzen unter Umständen in Frage stellt und ihre Einsatzbereitschaft im Unterricht kontrolliert. Häufig ist die Angst vor dem zweiten Erwachsenen im Klassenzimmer größer als die Unsicherheit gegenüber dem Kind mit einer Schädigung oder Lernbeeinträchtigung[102].

Auf der »pädagogisch psychologischen Ebene« fürchten viele Lehrer den zweiten Pädagogen als Arbeitserschwernis, da sie sich inhaltlich mit ihm einigen und sich mit ihm über ihren persönlichen Unterrichts- und Erziehungsstil auseinandersetzen müssen.

Auf der »Beziehungsebene« wird ein zusätzlicher Pädagoge oft als Konkurrent empfunden, der das persönliche Verhältnis zu den Schülern beeinflußt oder gar bedroht, weil mit ihm eventuell die Zuneigung der Schüler geteilt werden muß oder er gar von den Schülern bevorzugt wird, mindert er doch möglicherweise die eigene Bedeutung für die Schüler, die Eltern und die Stellung im Kollegium.[103]

Bevor zwei Pädagogen den Unterricht in einer Klasse übernehmen, ist es sinnvoll, wenn sie sich zunächst persönlich kennenlernen. Dabei sollte unbedingt eine Auseinandersetzung mit den folgenden Fragen hinsichtlich der gemeinsamen Arbeit stattfinden:

  • Welche Wünsche und Erwartungen habe ich an mich selbst und an die Team-Kollegen in meiner Klasse/ Gruppe?

  • Was erschwert die Kooperation, was erleichtert sie?

  • Wird die Binnendifferenzierung durch die Kooperation mit Teamkollegen gefördert oder eher behindert?

  • Welche Befürchtungen und Ängste verbinde ich mit mir selbst, mit den anderen, mit dem Integrationsprojekt?

  • Wo fühle ich mich kompetent und wo inkompetent?

  • Wo sind meine Grenzen und wo die Grenzen der anderen?[104]

Konstruktive Kooperation kann nur dann stattfinden, wenn die Möglichkeit des gegenseitigen Austauschs und der gegenseitigen Anregung bewußt und ohne Vorbehalte von den beteiligten Pädagogen genutzt wird. SCHÖLER gibt möglichen Kooperationspartnern in ihrem »Leitfaden zur Kooperation«[105] mehrere anregende Fragebogen zur Abstimmung und Kooperation an die Hand. Untersuchungen haben gezeigt, daß bei Lehrern, Erziehern und Sozialpädagogen im allgemeinen ein großes Bedürfnis nach Erfahrungsaustausch und Kontakt besteht, ihr Arbeitsplatz jedoch in der Regel für Erfahrungsaustausch und intensive Kontakte viel zu wenig Raum läßt. Viele Absprachen und Konferenzen werden von den genannten Personengruppen als uneffektiv und damit zeitraubend empfunden. Gemeinsame Planung des Unterrichts und Koordination findet nicht in befriedigendem Maße statt. Im Rahmen zahlreicher Hospitationen in Integrationsklassen verschiedener Schultypen in Berlin und an einer Gesamtschule in Hamburg-Bergedorf wurde der Autorin dieses Problem von den betroffenen Pädagogen ausnahmslos bestätigt.

Konflikte in der Kooperation haben ihre Ursache häufig in fehlender Kommunikationsbereitschaft und in Kommunikationsproblemen zwischen den unterschiedlich ausgebildeten Pädagogen, in ihrem unterschiedlichen Rollenverständnis, ihren unterschiedlichen Erwartungshaltungen, die in einem divergierenden Verständnis von Entwicklung, Behinderung und Integration begründet sind, und in ihren unterschiedlichen Handlungskompetenzen. Sozial- und Sonderpädagogen klagen im Rahmen integrativen Unterrichts bezüglich ihres Tätigkeitsfeldes insbesondere über ihr »diffuses Rollenbild«. Sozialpädagogen haben häufig das Gefühl, »nicht so viel wert« zu sein wie der Fachlehrer[106]. Die Ursache ist in einer unausgeglichenen Rollenzuweisung zu suchen. FRITZ meint, daß »die administrative Separierung des Sonderschulwesens zu einer Verfremdung der beiden Lehrergruppen - Sonderschullehrer versus Grundschullehrer und ganz besonders auch versus Fachlehrer - im Sekundarschulbereich zu einem Informations- und Vorstellungsdefizit hinsichtlich der jeweils anderen beruflichen Arbeitsweise und Position geführt hat«[107]. Je nach Persönlichkeit und Beziehung zum Fachlehrer müssen sich die Sonderpädagogen eine mitverantwortliche Rolle im Fachunterricht meist erst mehr oder weniger hart erkämpfen.

Die Sonderpädagogen orientieren sich im allgemeinen eher am einzelnen Kind und an dessen Problemen, wohingegen sich die Grundschul- und Fachlehrer eher der Gesamtgruppe und dem Curriculum verpflichtet fühlen. Der Grund hierfür liegt unzweifelhaft in ihren unterschiedlichen Berufsmotivationen und Ausbildungsgängen begründet, in denen sie speziell auf bestimmte Handlungsschwerpunkte hin geschult wurden. Fachlehrer, die nur eine äußerst begrenzte oder gar keine sonderpädagogische Ausbildung haben, tendieren in besonderem Maße dazu, sich auf den Sonderpädagogen als »Fachmann mit Sonderkompetenzen« zu verlassen und ihm die Verantwortung für alle »pädagogischen Notfälle« zu übertragen. Damit sind in der Regel entsprechende Entlastungserwartungen verbunden und der Sonderpädagoge wird auf diese Weise gewissermaßen dazu gezwungen, sich ausschließlich mit den behinderten Schülern, und zwar meist parallel zum Hauptunterrichtsgeschehen, zu beschäftigen, oft jedoch sogar räumlich vom Rest der Klasse isoliert. Eine Zusammenarbeit zwischen den Pädagogen, aber auch zwischen den behinderten und den nichtbehinderten Schülern wird auf diese Weise erheblich erschwert, oft sogar verhindert.

Im Rahmen einer Hospitation im Englischunterricht einer 6. Integrationsklasse wurde der Autorin durch folgendes Erlebnis besonders deutlich, wie wichtig die von FEUSER geforderte Arbeit aller an einem gemeinsamen Gegenstand und eine ausgewogene Aufgabenteilung zwischen den im Unterricht tätigen Pädagogen sind:

Während die Fachlehrerin mit dem größten Teil der Klasse einen neuen Text las, erhielten die beiden als lernbehindert eingestuften Schüler der Lerngruppe einen Arbeitsbogen, auf dem sie Wort-Bild-Zuordnungen mit Vokabeln der vorangegangenen Lektion vornehmen sollten. Diese Aufgabe wurde von einem der beiden Schüler mit der Bemerkung kommentiert: »Wir bekommen immer `ne Sonderaufgabe, weil wir doof sind«.

Der andere lernbehinderte Schüler beschwerte sich, wie die Fachlehrerin erzählte, regelmäßig darüber, immer nur die »blöden, langweiligen Integrationsschüleraufgaben« zugeordnet zu bekommen. Generell fiel in dieser Lerngruppe auf, daß die insgesamt fünf Integrationsschüler zumindest im Englischunterricht nicht nur durch die ständige Zuordnung von Sonderaufgaben, die meist in keiner Beziehung zu den Aufgaben ihrer Mitschüler standen, isoliert wurden, sondern auch durch die ausschließlich auf sie gerichtete Betreuung durch eine Sozialpädagogin. Diese wiederum wurde vom Rest der Klasse im Rahmen einer Vertretungsstunde in ihrer Funktion als Englischlehrerin trotz umfassender Englischkenntnisse in keiner Weise akzeptiert - meiner Meinung nach ein deutlicher Beweis für die nachteiligen Folgen einer starren Rollenzuweisung in der Teamarbeit.

Der Einsatz zweier Pädagogen im Unterricht ermöglicht ein intensiveres Eingehen auf einzelne Kinder; er darf aber auf keinen Fall nur den Kindern mit Behinderungen zugute kommen. Der zweite Pädagoge muß generell für alle Kinder Ansprechpartner sein, sofern sie zusätzliche Hilfe und Unterstützung benötigen. Eine ausschließliche Beschäftigung mit den behinderten Schülern würde auch ohne räumliche Separierung zu deren Isolierung innerhalb der Klassengemeinschaft führen, was einer echten Integration entgegenwirken und kooperative Bemühungen überflüssig machen würde. DAXBACHER/BERGER wollen Rollenklischees wie »die stützende Hand des Sonderschullehrers und die fordernde Hand des Regelschullehrers« aufgeweicht wissen[108]. Um eine starre Rollenaufteilung zu vermeiden, müssen die Pädagogen eines Teams zwar mit unterschiedlichen Schwerpunkten, prinzipiell jedoch als gleichberechtigte Partner zusammenarbeiten. Aus diesem Grund ist es sinnvoll und notwendig, wenn sich beide Pädagogen mit Teilaspekten des speziellen pädagogischen Wissens und Handelns des anderen auseinandersetzen und sich im Rahmen von Fortbildungen für die veränderten unterrichtlichen Bedingungen qualifizieren, indem sie bestimmte Fachkenntnisse respektive gewisse sonderpädagogische Kenntnisse erwerben.

Grundschul- und Fachlehrer müssen ansatzweise in sonderpädagogische Inhalte eingeführt werden, in diagnostische Verfahren sowie in didaktische Arbeitsmethoden der Sonderpädagogik, damit sie sich auch im Umgang mit den Schülern, die besondere Schwierigkeiten im Lernen, Verhalten, in der Sprache und im psychomotorischen Bereich haben, kompetent fühlen, sicherer mit ihnen umgehen und ihren besonderen Bedürfnissen in angemessener Art und Weise im Rahmen der Unterrichtsplanung und -durchführung Beachtung schenken können. Die Sonderpädagogen ihrerseits müssen mit der Didaktik, Methodik und dem Lehrplan der Regelschule vertraut sein, um den integrativen Unterricht auch in Hinblick auf das jeweilige Fach aktiv und verantwortlich mitgestalten zu können. Sonderpädagogen studieren immer auch ein Unterrichtsfach, wobei das Potential dieser Fachkompetenz häufig jedoch in der schulischen Praxis nicht gefordert wird.

Die Vorteile einer erfolgreich in die Praxis umgesetzten Kooperation lassen sich in folgenden Hypothesen zusammenfassen:

  • Die Durchbrechung physisch-psychischer und sozialer Isolation der Pädagogen wird ermöglicht.

  • Es findet eine Erweiterung der individuellen Handlungsfähigkeit statt.

  • Die bewußte Orientierung an einem gemeinsamen Ziel wird ermöglicht.

  • Die Entwicklung eines vorurteilsfreien ganzheitlichen Menschenbildes wird gefördert.[109]

Die Möglichkeit der Kooperation sollte von beiden Pädagogen als Chance genutzt werden, die Arbeits- und Entwicklungsprozesse der einzelnen Schüler besser beobachten und begleiten zu können. Erst wenn ein Lehrer sich nicht permanent um alle Schüler gleichzeitig kümmern muß, wird für ihn eine unmittelbare Teilnahme am Arbeits- und Lernprozeß einzelner Schülers möglich. Dann können auch die Ursachen von Lern- und Verständnisschwierigkeiten leichter erkannt werden. Durch das folgende Zitat soll ein Übergang von dieser Erkenntnis zum zentralen Thema des folgenden Abschnitts geschaffen werden:

»Nicht so sehr die Leistungsanforderungen an sieh, sondern die Art, wie sie Kindern begegnen und die Generalisierung von Ansprüchen ohne ausreichende Berücksichtigung der unterschiedlichen Voraussetzungen sind Ursache für eine Vielzahl von Lernproblemen.«[110]

5.2 Lernzielfindung und Unterrichtsplanung

Ausgangsbasis und Grundorientierung für die Unterrichtsplanung bilden zum einen wie bereits angesprochen die Rahmenpläne für die jeweilige Klassenstufe, zum anderen individuell für einzelne Schüler erstellte Federpläne, in denen die für sie relevanten Lernziele formuliert werden. In bezug auf Schüler mit besonderem Förderbedarf, für die solche Fördenpläne nicht existieren, bieten die Ergänzungen in den Rahmenplänen zu den verschiedenen Sonderschulen eine Orientierungshilfe für die unterrichtenden Lehrer (vgl. Kapitel 3.3). Auf den Englischunterricht an Senderschulen wird allerdings im Berliner Rahmenplan lediglich in den Ergänzungen zum Unterricht an Schulen für Blinde, Sehgeschädigte sowie Schwerhörige und auch da jeweils nur mit wenigen Sätzen eingegangen. Eine der wichtigsten Fragen im Prozeß der Lernzielfindung ist die nach den Zielen, die die Schüler und insbesondere die behinderten Schüler in der nächsten Zeit erreichen sollen bzw. können. Diese Ziele müssen je nach Behinderungsart und Grad der Behinderung nur bedingt bzw. überhaupt nicht fachlicher Natur sein (vgl. Kapitel 2.2.1 f). Es gilt daher im Rahmen der Lernzielfindung im Fach Englisch zunächst zu klären, welche Schüler Englisch voraussichtlich einmal als Verständigungsmittel nutzen werden und für welche Schüler die Teilnahme am Englischunterricht nicht in erster Linie die Funktion der Befähigung zur Kommunikation in einer Fremdsprache, sondern hauptsächlich eine sozialintegrative, sozialtherapeutische Bedeutung hat. Nachdem die allgemeinen Lernziele und Anforderungsprofile für die Schüler einer Klasse abgesteckt worden sind, müssen in einem nächsten Schritt die aus den unterschiedlichen Lernzielen resultierenden Konsequenzen für die Unterrichtsgestaltung abgesteckt werden.

So ist es beispielsweise unsinnig, Schüler, die Englisch wahrscheinlich nie als umfängliches Verständigungsmittel nutzen werden, mit Themen der englischen Grammatik zu belasten. QUENSTEDT weist darauf hin, daß sich im Rahmen eines Englischunterrichts für Lernbehinderte insbesondere die Grammatikvermittlung im allgemeinen als schwierig erweist[111]. HOFFMANNINIERMEYER halten es für sinnvoll, derartig komplexe Themen mit diesen Schülern entweder im muttersprachlichen Bereich zu bearbeiten oder durch andere Aktivitäten in Form bestimmter Fördermaßnahmen zu ersetzen[112]. Das Schlagwort in diesem Zusammenhang muß »Differenzierung« heißen. Solange es normal ist, wenn von Zeit zu Zeit eine Gruppe von Schülern etwas anderes macht als die Großgruppe, besteht auch nicht die Gefahr, den Eindruck der Absonderung der Schwächeren zu erwecken. Die Arbeitsergebnisse aller sollten jedoch möglichst immer zu einem bestimmten Zeitpunkt in die Klasse zurückgetragen werden.

Der grundsätzliche Anspruch FEUSERS, jeder Schüler solle einen für die anderen unverzichtbaren Beitrag im Unterricht leisten, ist als Richtziel für die Grundorientierung integrativer Bemühungen sehr zu begrüßen und setzt ein deutliches Zeichen gegen eine Pädagogik, die Integration bereits dann als verwirklicht ansieht, wenn lediglich eine räumliche Zusammenführung behinderter und nichtbehinderter Schüler im Rahmen von Klassenverbänden stattgefunden hat. Die Umsetzung von FEUSERS Forderung in die unterrichtliche Praxis des Fremdsprachenunterrichts würden jedoch zumindest spätestens ab der 6. Klasse erhebliche Veränderungen der gegenwärtig üblichen Form des Unterrichts notwendig machen, um einerseits den größer werdenden Stoffumfang und die zunehmend komplexer und vor allem abstrakter werdenden Themen nicht zu reduzieren und andererseits die Kommunikationsmöglichkeiten der Schüler nicht mit erheblichen Artikulations- und Verständnisschwierigkeiten zu überlasten (vgl. Kapitel 3.3).

PODLESCH legt Wert darauf, daß Englischunterricht für Lernbehinderte kein reduzierter Grundschulplan sein darf[113]. Er nennt als vorrangige Prinzipien:

  • den wichtigsten elementaren Wortschatz aus Gebieten des alltäglichen Lebens so zu vermitteln, daß er verstanden wird,

  • einfaches fremdsprachliches und handelndes Reagieren anzubahnen,

  • grammatische Formen ausschließlich in einem inhaltlichen Zusammenhang darzubieten,

  • Ziele im Bereich der Rechtschreibung auf richtiges Abschreiben zu beschränken,

  • den Schülern in exemplarischer Form Einblicke in die Lebensweise und Traditionen verschiedener englischsprachiger Länder zu ermöglichen, das Verständnis für die Andersartigkeit zu fördern und Fremdenhaß entgegenzuwirken.

Als grundlegende Arbeitsweisen und Prinzipien führt er Ganzheitlichkeit, das Ansprechen aller Sinne, den Vorrang des Mündlichen, schnelle methodische Wechsel, die Notwendigkeit der Anschaulichkeit der Medien das Vorgehen in kleinen Schritten, anzustrebende Einsprachigkeit sowie die Betonung der Emotionalität als Lernmotivation an.

Bei Beachtung der genannten Punkte im Englisch-Anfangsunterricht hat sich auch an Regelschulen das Einbeziehen behinderter Kinder als relativ unproblematisch erwiesen. Wenn es um das gegenseitige sich Vorstellen bzw. das Vorstellen einer dritten Person geht, um die Beschreibung von Familie und Freunden, um Hobbys, Speisen und Getränke, Kleidung, Einkaufen, Wegbeschreibungen, wenn viel mit realen Gegenständen, Bildern und Collagen gearbeitet und häufig gesungen wird, haben auch die behinderten Kinder »vielfältige Mitwirkungsmöglichkeiten bzw. ähnliche Schwierigkeiten wie andere Kinder, die z.B. schüchtern sind oder neue Wörter nicht aussprechen mögen«[114]. Grundlegende gestalterische Maßnahmen, die prinzipiell in jeder Lernstufe ergriffen werden müssen, sind die folgenden:

Allgemein gehaltene Arbeitsaufträge müssen der jeweiligen spezifischen Behinderung der Kinder einer Klasse entsprechend umgestaltet werden.

Wenn z.B. die Antworten im Rahmen einer Aufgabe aufgrund bestimmter Einschränkungen nicht aufgeschrieben werden können, muß ein Tonband angefertigt werden, auf das die Antworten gesprochen werden. Tonbandprogramme, in denen eine unmittelbare Reaktion der Schüler gefordert wird, sind von den Lehrern so zu modifizieren, daß auch sprachgehemmte, langsam sprechende Schüler in den Sprech- und Wiederholungspausen genügend Zeit haben zu reagieren.

Beim Einstieg in eine neue Unterrichtseinheit sollten Hilfen zur Globalorientierung durch die Schaffung eines inhaltlichen Rahmens gegeben oder gemeinsam mit den Schülern zusammengestellt werden. Vorstellbar wäre hierbei das Zusammentragen von themenbezogenen Gegenständen, Bildern und Katalogen oder das Erstellen von Collagen. Als eine prinzipiell für alle Schüler hilfreiche Maßnahme wird in zahlreichen Praxisberichten die Schaffung von Gedächtnishilfen in Form von thematischen, möglicherweise bebilderten Vokabellisten, Konjugationslisten bestimmter unregelmäßiger Verben sowie einer Sammlung von Redemitteln beschrieben, die in Posterformat, evtl. von den Schülern selbst gestaltet, gut lesbar in der Klasse aufgehängt werden (vgl. Kapitel 5.4.1). Eine positive Wirkung zeigt auch das Einbeziehen verläßlich wiederkehrender Rituale in den Unterrichtsverlauf, die besonders im Sonderschulbereich schon lange ihren festen Platz haben. Solche Rituale können im Englischunterricht zu Beginn einer jeden Stunde das Austauschen bestimmter einfacher Begrüßungsfloskeln, Fragen nach Befinden und Stimmung, das Singen eines Liedes o.ä. sein. Rituale bilden Orientierungspunkte im Unterrichtsverlauf. Sie geben insbesondere den Schülern Sicherheit, die aufgrund kurzer Aufmerksamkeitsspannen und Konzentrationsschwächen Schwierigkeiten haben, über längere Zeit aktiv am Unterricht teilzunehmen. Bestimmte Fixpunkte im Unterrichtsverlauf bieten ihnen eine Chance, immer wieder in das Unterrichtsgeschehen einzusteigen. In Kapitel 5.4.1 wird noch ausführlicher auf Handlungsmuster eingegangen werden, die sich besonders zur Förderung binnendifferenzierter Prozesse eignen und eine differenzierende Unterrichtsgestaltung erleichtern.

Ein Unterrichtsbeispiel aus der von WOLFF beschriebenen Unterrichtseinheit »May I have the cornflakes, please?« - an English Breakfast in class [115], das die Integration zweier geistig behinderter und einer lernbehinderten Schülerin im Englischunterricht dokumentiert, soll daher an dieser Stelle in knapper Form darstellt werden, da es ein Integrationsbeispiel veranschaulicht, bei dem der Forderung, daß »alle Schüler miteinander arbeitsteilig und in Kooperation miteinander an der Realisierung eines gemeinsamen Produktes arbeiten, an dessen Erstellung jeder einen für den anderen bedeutenden und für die Sache unverzichtbaren Anteil hat, ohne daß dazu jeder alles zu machen und zu können braucht«[116] weitestgehend entsprochen wird.

Im Rahmen der Behandlung des Themas »Breakfast« soll ein gemeinsames englisches Frühstück aller Schüler in der Klasse stattfinden. Das Thema wird zunächst mit den drei behinderten Schülerinnen gesondert vorbereitet. Arbeitsschwerpunkte bilden dabei in den ersten Stunden das Tischdecken und das Benennen der nötigen Gegenstände und Nahrungsmittel auf deutsch. Dabei werden außerfremdsprachliche Lernziele, die Bestandteile der Förderpläne sind, wie etwa einfache Zuordnungen, die Auge-Hand-Koordination und das Zählen im Zehnerbereich geübt und der Bildwortschatz in der Muttersprache erweitert. Die Schülerinnen werden angehalten, sich gegenseitig zu helfen und wenn nötig zu korrigieren. Als nächster Schritt sollen den auf dem Tisch angeordneten Dingen Bild-Wortkärtchen zugeordnet werden, auf deren Vorderseite der Gegenstand abgebildet ist und auf deren Rückseite die englische Vokabel und eine lautgetreue Umschreibung stehen. Eine Schülerin hat die Aufgabe, die Abbildungen auf deutsch zu benennen, die anderen beiden ordnen die Wortkärtchen den Dingen zu und erlesen die englischen Vokabeln. Im Anschluß werden einfache deutsch-englische Satzmuster geübt. Die Wortkärtchen dienen dabei zunächst als Orientierungshilfen, werden jedoch nach und nach auf die Bildseiten umgedreht.

Nach Erreichen einer gewissen Sicherheit im Umgang mit den neuen Begriffen holen die Schülerinnen gezielt bestimmte Dinge, sortieren sie um, räumen sie weg und erteilen sich gegenseitig Aufträge, wobei die Aufträge sowohl auf englisch als auch auf deutsch formuliert werden können. Quasi nebenbei wird der Umgang mit Nahrungsmitteln (z.B. daß Verderbliches zur Aufbewahrung in den Kühlschrank geräumt werden muß) - ein wichtiger Bestandteil der Lernziele der Schule für Geistigbehinderte - geübt. Im Anschluß werden einige weitere Schüler der Klasse zu einem Probefrühstück eingeladen und in diesem Rahmen mit den neuen Vokabeln und Strukturen vertraut gemacht, bevor sie den Rest der Klasse gewissermaßen in Form eines Rollenspiels unter Verwendung der vorab geübten Dialogteile in das neue Thema einführen. Ein genaues Eingehen auf die Vorgehensweise bei der parallel erfolgenden Vokabeleinführung für alle Schüler ist im Rahmen dieses Buches nicht möglich. WOLFF weist ausdrücklich darauf hin, daß die geschilderte Form des Vorauslernens, also die Vorbereitung bestimmter Themen und Inhalte in Kleingruppen nicht prinzipiell auf die behinderten Schülern beschränkt ist: auch andere Schüler werden von Zeit zu Zeit zu »Spezialisten« erklärt die den Einstieg in ein neues Thema gestalten. Der »Vorabstart« der behinderten Schüler bietet allerdings für sie den Vorteil, daß ihr langsameres Lerntempo teilweise ausgeglichen, die Chancen einer gleichberechtigten Teilnahme am Unterricht erhöht und ein permanentes »Hinterherhecheln« vermieden werden können.

Übernommen aus WOLFF 1994, S. 45

In den folgenden Stunden zum Thema »Breakfast« wird mit Wochenplänen (vgl. Kapitel 5.3.2) gearbeitet. Die in diesem Rahmen zu bearbeitenden Aufgaben variieren für die einzelnen Schüler in Qualität und Quantität (vgl. Kapitel 5.2.2). Dabei wird darauf geachtet, daß alle Schüler Vorlagen aus der Einheit (z.B. gleiches Bildmaterial) erhalten und annähernd ähnliche Aufgabenformen gefunden werden, um auf diese Weise das Gruppengefühl zu unterstützen (zu möglichen differenzierenden Gestaltungsmöglichkeiten der Aufgaben vgl. in Kapitel 5.2.1 f). WOLFF weist allerdings auch auf die Schwierigkeit hin, daß besonders gegen Ende der Einheit das Auseinanderdriften der einzelnen Gruppen innerhalb der Klasse kaum zu vermeiden ist. Der Stoffumfang und die schweren Grammatikübungen sind für den sehr vereinfachten Unterricht noch nicht einmal ansatzweise zu realisieren. Dieses Problem verstärkt sich in den höheren Klassenstufen besonders drastisch. Trotzdem muß es auch dort unbedingt vermieden werden, den regulären Unterricht zu unterbrechen, um der Gruppe der leistungsschwächeren Schüler Gehör zu schenken und anschließend mit dem »richtigen« Unterricht fortzufahren (ebd.).

Ein anderer, von VATER beschriebener Versuch, sich in den ersten beiden Lernjahren von dem durch die Lehrbücher eng vorgegebenen Weg weitgehend zu lösen, um den Unterricht für die Phantasie und die Kreativität aller Schüler zu öffnen und ihn möglichst differenziert handlungsorientiert zu gestalten, ließe sich nach gewissen Modifikationen gut im integrativen Rahmen umsetzen. Dieses Unterrichtsbeispiel soll hier kurz skizziert und Gestaltungsmöglichkeiten in Hinblick auf die Umsetzung einer besonders heterogenen Lerngruppe andeutet werden.

Auf der Suche nach Möglichkeiten, Themen wie Familie, Wohnen, Geburtstage und andere Feste im Fremdsprachenunterricht der 5./6. Klasse altersadäquat und interessant aufzuarbeiten, wird die Entscheidung getroffen, sich weitgehend vom Lehrbuch zu lösen und die bereits erwähnten Themen auf eher unkonventionelle Weise zu erarbeiten. Die Themen werden, entsprechend der Vorliebe der Schüler für Grusel- und Gespenstergeschichten um eine skurrile Gespensterfamilie herum erarbeitet. Das Leben dieser Familie (wo und wie sie wohnt, welche Haustiere sie hat, welche Feste sie feiert, was sie ißt) wird den Schülern nicht fertig vorgegeben, sondern gemeinsam erdacht, gestaltet und auf unterschiedlichem Niveau versprachlicht.

Dabei kommt es zu individuellen Wortschatzerweiterungen (teilweise auch im muttersprachlichen Bereich), verschiedensten Interaktionsformen und zu bildnerischem Gestalten. Unterrichtsmaterialien wie z.B. Abbildungen der Gespensterfamilie und ihrer Behausung »Castle Drac« können von den Schülern selbst gestaltet oder vorgegebene zeichnerische Anregungen ausgeschnitten oder auch ergänzt werden. In Gruppenarbeit können arbeitsteilig einzelne Themenbereiche (z.B. aus welchen Teilen das Haus besteht, woraus die Wohnzimmereinrichtung besteht, was zu einer Geburtstagsfeier gegessen wird, welche Geräusche in und um »Castle Drac« zu hören sind) sprachlich erarbeitet werden. In integrativem Rahmen könnte dies so organisiert sein, daß ein stark lernentwicklungsverzögerter Schüler Dinge, die ihm zu einem Themenbereich einfallen, auf deutsch nennt, andere Schüler die englischen Entsprechungen aus einem deutsch-englischen Wörterbuch heraussuchen und wieder andere daraus Vokabellisten erstellen, die dann der gesamten Klasse zur Verfügung gestellt werden. Im Anschluß können alle Schüler angeregt werden, Abbildungen und selbst erstellte Zeichnungen oder Collagen zu beschriften, zu kommentieren, kleine Geschichten oder einfache Gedichte über »Castle Drac« zu schreiben oder sich kleine Spielszenen auszudenken und vorzuführen.

Wie sich eine Schülerin Castle Drac vorstellt ...; Übernommen aus VATER/VATER 1994, S. 25

Schon die wenigen geschilderten Beispiele zeigen, welche Variationsbreite des Gestaltungsspielraums, der möglichen Aktivitäten und Interaktionsformen und des sprachlichen Anspruchs im Rahmen dieses Themas möglich sind. Da sich - wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise - alle mit dem gleichen Grundthema beschäftigen, sind die verschiedenen Arbeitsergebnisse für alle interessant und können am Ende gut zusammengetragen und präsentiert werden (beispielsweise auf einer Bildwand, in einer Sammelmappe o.ä.). Die Erarbeitung eines Themas in der angedeuteten Form läßt sich am besten als projektartig gestalteter Unterricht umsetzen (vgl. Kapitel 5.3 und vor allem 5.3.3), in dem die Hauptaktivität bei den Schülern liegt und die Hauptaufgabe der Lehrer darin besteht, jeden Schüler bei der Verwirklichung seiner Ideen zu unterstützen und die verschiedenen Arbeitsergebnisse so zusammenzuführen, daß möglichst jeder von den Ergebnissen der anderen profitieren kann.

Die im folgenden Kapitel beschriebenen Organisationsformen von Unterricht und die Handlungsmuster und Gestaltungsmöglichkeiten, die in Kapitel 5.4 Erwähnung finden werden, sind im Unterricht der Grundschule im allgemeinen schon seit einiger Zeit selbstverständlicher Bestandteil und haben sich vor allem auch im integrativen Rahmen als effektiv erwiesen. Anders stellt sich die Situation mit einsetzendem Fachunterricht und generell im Bereich der Sekundarstufe dar. In der Sekundarstufe wird der Unterricht kaum mehr schülerzentriert und differenzierend gestaltet. Dies hat mehrere Gründe: Es wird davon ausgegangen, daß die leistungsorientierte Aufteilung der Schüler nach der Grundschule zu relativ leistungshomogenen Lerngruppen geführt hat, für die eine differenzierte Unterrichtsgestaltung überflüssig wird. Wie unter Kapitel 3.2 bereits kritisch angesprochen wurde, ist dies allerdings eine Fehleinschätzung. Die Realität stellt sich - nicht nur in Integrationsklassen (!) - anders dar. Ein weiterer Grund liegt sicher in den bei den meisten Sekundarstufenlehrern internalisierten, pensumorientierten Leistungszwängen, in den eng formalen Vorgaben für Klassenarbeiten und Zensurengebung, in ihrer mangelnden Erfahrung im Umgang mit offenen Unterrichtsformen und in bereits erwähnten organisatorischen Schwierigkeiten begründet (vgl. Kapitel 5.1). Wie sich noch zeigen wird, erfordern die beschriebenen Unterrichtsformen im Vergleich zu den traditionellen im Vorfeld des Unterrichts zwar einen erheblich höheren Planungsaufwand. Lehrer, die sich auf diese Form des Unterrichts eingestellt haben, betonen aber auch, daß das Unterrichten selbst nervlich weniger belastend und persönlich befriedigender sei. Die Schüler müssen - wenn sie nicht bereits in der Grundschule den Umgang mit diesen Arbeitsformen gelernt haben - über einen längeren Zeitraum mit ihnen vertraut gemacht werden und sich allmählich einarbeiten. Diese Vorgehensweise stellt jedoch im Grunde die einzige Möglichkeit dar, den Unterricht so differenziert zu gestalten, daß auch extrem heterogene Lerngruppen, in denen sowohl Kinder mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf als auch mit besonderem Förderbedarf gemeinsam unterrichtet werden, in sinnvoller Weise gefördert werden können. Gerade in der Sekundarstufe muß in Zukunft mit größerer Heterogenität gerechnet werden. In einer 7. Klasse können z.B. zusammentreffen:

  • Kinder mit der Muttersprache Englisch,

  • Kinder, die von der 1. Klasse an Englisch gelernt habe,

  • Kinder, die in der 3. oder 5. Klasse mit Englisch begonnen haben,

  • eventuell Kinder, die mit Englisch erst beginnen, da sie in den ersten Klassen eine andere Fremdsprache gelernt haben.

5.2.1 Differenzierung

Um den zum Teil extrem unterschiedlichen Lerndispositionen und Interessen, die insbesondere in Integrationsklassen zusammentreffen, gerecht werden zu können, müssen in jeder Klassenstufe gestalterische Maßnahmen ergriffen werden, die es ermöglichen, die Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten aller Kinder, die Heterogenität der Fähigkeiten optimal auszuschöpfen. Das Schlagwort in diesem Zusammenhang lautet »Zieldifferenz« bei gleichzeitiger Beschäftigung mit einem gemeinsamen Unterrichtsgegenstand.

Zum Erreichen der Ziele müssen unterschiedlichste Lernwege zugelassen und gefördert werden. Das verlangt von den Pädagogen eine bestimmte Grundhaltung. Sie müssen sich immer wieder bewußt machen und vor allem auch akzeptieren, daß nicht alle Kinder das gleiche Lerntempo haben, Lernprozesse qualitativ und quantitativ individuell unterschiedlich verlaufen und nicht alle Schüler die gleichen Ziele erreichen können und sollen. Innere Differenzierung ist unumgänglich. FRITZ definiert Differenzierung wie folgt: »Unter Differenzierung versteht man alle organisatorischen Maßnahmen zur Bildung von Schülergruppen für die Durchführung von Lernprozessen, die jedem einzelnen Schüler, seinem individuellen Lernvermögen gerecht zu werden versuchen«[117]. Die Bildung von Schülergruppen ist für FRITZ jedoch auf keinen Fall gleichbedeutend mit einer Abgrenzung innerhalb des Unterrichts, dauerhafter räumlicher Trennung - oder gar einer Form der äußeren Differenzierung (vgl. Kapitel 5.2.2). Für ihn stellt die Bildung von Schülergruppen in erster Linie eine Planungshilfe für den Lehrer dar, die im Verlauf der Unterrichtsplanung einer weiteren Differenzierung bedarf.

Zur Verdeutlichung:

GÜHRS/KERSTINI nehmen in dem von ihnen beschriebenen Beispiel integrativen Englischunterrichts in einem E-Kurs (Erweiterungskurs) des B. Jahrgangs einer Gesamtschule[118] folgende erste Einteilung der 26 Schüler (von denen ein Mädchen geistig behindert, ein Junge lernbehindert, ein Junge gehörlos und ein Junge verhaltensauffällig ist) vor:

«12 Schülerinnen und Schüler, zu denen auch der gehörlose Junge zu zählen ist, haben befriedigende bis sehr gute Leistungen. Sie verstehen neue Strukturen relativ schnell und brauchen wenig Wiederholungen des bereits durchgenommenen Stoffes. Sie sind in der Lage, selbständig zu arbeiten und können Lücken auch ohne Lehrerhilfe mit entsprechenden Materialien aufarbeiten. 11 Schülerinnen und Schüler nehmen neue Strukturen nur langsam auf, benötigen viel Übung und kleinschrittige Erklärungen. Sie vergessen durchgenommenen Stoff schnell und tun sich schwer, ihn selbständig zu wiederholen. Drei von ihnen haben so erhebliche Defizite, daß ihr Verbleib im E-Kurs eher fraglich erscheint. Ein Schüler ist gerade aus dem Grundkurs übergewechselt.« Der verhaltensauffällige Junge, der über lange Zeit im Englischunterricht allein gefördert wurde, da er aufgrund massiver Arbeitsverweigerung erst auf dem Lernstand des fünften Schuljahres ist, soll an die Mitarbeit in kleinen Gruppen herangeführt werden. Das geistigbehinderte Mädchen und der lernbehinderte Junge können durch intensives, ständig wiederholendes Üben einfache Alltagsstrukturen behalten, verstehen und anwenden. Bei dem Jungen kommt allerdings erschwerend eine auffällige Beeinträchtigung des Sprechens hinzu.[119]

GÜHRS/KERSTIN unternahmen den Versuch, die oben genannten Schüler, deren Leistungen z.T. so extrem voneinander abwichen, daß sie nach der üblichen Praxis auf verschiedene Fachleistungskurse verteilt worden wären, in einer besonderen Form der Unterrichtsorganisation und mit Hilfe umfangreicher Differenzierungsmaßnahmen gemeinsam in einer Gruppe lernzieldifferent zu unterrichten.

Der Lehrer hatte zunächst die Aufgabe, die Arbeit am gemeinsamen Gegenstand auf dem jeweiligen Entwicklungsniveau der Kinder dadurch zu ermöglichen, daß er anstelle des allgemein gültigen Curriculums ein individualisiertes Curriculum erstellte, abgestimmt auf die unterschiedlichen Entwicklungsniveaus der Schüler der Lerngruppe. Zunächst wurden aus einer Unterrichtseinheit des Lehrbuches bestimmte Lernziele ausgewählt. Auf Grund des Umfangs und der Komplexität dieser Lernziele mußte dann eine weitere Einteilung der Schüler in fünf Untergruppen, je nach Leistungsstand und Lernvermögen vorgenommen werden:

Gruppe 1: fünf lernschwache Schülerinnen und Schüler, darunter der verhaltensauffällige Junge

Gruppe 2: sieben Schülerinnen und Schüler mit hohem Wiederholungsbedarf

Gruppe 3: sechs Schülerinnen und Schüler mit geringem Wiederholungsbedarf

Gruppe 4: sechs Schülerinnen und Schüler ohne Wiederholungsbedarf, darunter der gehörlose Junge

Gruppe 5: der lernbehinderte Junge, das geistig behinderte Mädchen.[120]

Für diese Untergruppen wurde jeweils eine weitere Auswahl der Ziele getroffen, wobei sich die beiden Lehrkräfte (ein Studienrat mit dem Fach Englisch und eine Sonderpädagogin) von dem Gedanken leiten ließen, daß es »sinnvoller und ermutigender ist, weniger Inhalte gründlich zu erfassen als alle durch das Lehrwerk angebotenen Inhalte nur oberflächlich zu beherrschen«. In Phasen, in denen kein gemeinsamer Unterricht in der Großgruppe stattfand, wurden die Schüler - ungeachtet der lernzielorientierten Einteilung in fünf Gruppen - wieder in zwei großen Gruppen, bestehend aus Gruppe 1 und 2 und den Gruppen 3, 4 und 5, unterrichtet.

Die leistungsstärksten Schüler erklärten sich fast ausnahmslos dazu bereit, neben der Durcharbeitung der eigenen Pensen die beiden kognitiv behinderten Mitschüler beim Lösen ihrer Aufgaben zu betreuen, bestimmte Dinge mit ihnen zu üben und verschiedene Materialien (z.B. Lösungsblätter) für sie zu erstellen, woraus sich auch für sie selbst Übungseffekte ergaben. Der lernbehinderte Junge und das geistigbehinderte Mädchen konnten zwar jeweils nur sehr kleine Ausschnitte aus einer Unterrichtseinheit einüben, sie waren aber immer an ihre Mitschüler angebunden und hatten intensive Kontakte mit ihnen.

In der Erprobungszeit fand der Unterricht in der Regel, abgesehen von gemeinsamen tafelzentrierten Phasen, während eines halben Jahres gemäß den Gruppenzusammensetzungen räumlich getrennt voneinander statt. Die geringeren Gruppengrößen erwiesen sich für die Schüler beider Gruppen als äußerst positiv. Es konnte eine bessere Konzentrationsfähigkeit, weniger Angst vor Versagen und eine lebhaftere mündliche Beteiligung aller Schüler beobachtet werden. Nach einer gewissen Zeit konnten bei einigen Schülern deutlich Übertragungen ihrer positiveren Lernhaltungen aus der Kleingruppe auf den gemeinsamen Unterricht der Großgruppe beobachtet werden.

Da Stigmatisierung der einen Gruppe als die der »Schlechteren« unbedingt vermieden werden sollte, wechselten die Zusammensetzungen der Gruppen bei der auch weiterhin überwiegenden Arbeit in zwei Teilungsgruppen mehrmals. Kriterium für die jeweilige Zuordnung der Pädagogen war - unabhängig von den Behinderungen der Schüler einer Gruppe - deren fachliche Sicherheit. Aus diesem Grund wurde die im Durchschnitt leistungsstärkere Gruppen wegen des in ihren Lernzielen enthaltenen höheren Anteils freier Konversation vom Fachlehrer unterrichtet. Die Erfahrungen der Sonderpädagogin aus ihrer Arbeit mit Lernbehinderten sollten dagegen besonders den leistungsschwächeren nichtbehinderten Schülern zugute kommen. Generell wurden jedoch feste Lehrer-Schüler Zuordnungen vermieden und die Zuständigkeiten beider Lehrkräfte für alle Schüler flexibel gehalten.

Individuelle Förderung bedeutet, dem einzelnen Schüler für seinen aktuellen Entwicklungs- und Lernstand angemessene Aufgaben und Betreuung zukommen zu lassen. In der von GÜHRS/KERSTIN geschilderten Lerngruppe wurden aus diesem Grund (und als weitestgehende Konsequenz der Lernzieldifferenzierung) für das geistigbehinderte Mädchen und den lernbehinderten Jungen ein eigenes Curriculum erstellt, in dem der Schwerpunkt auf den mündlichen Gebrauch der Fremdsprache in einfachen Alltagssituationen gelegt wurde. WILKEN betont, daß »Differenzierung im integrativen Unterricht projektgebunden, langfristig, lernzielbezogen und schülerorientiert zu planen ist«[121]. Eine derartig umfassende Differenzierung kann nur verwirklicht werden, wenn neben gemeinsamen Arbeitsphasen aller genug Zeit und Raum für differenzierende Unterrichtsanteile eingeplant wird (vgl. dazu Kapitel 6.3). Doch auch in Unterrichtsphasen, in denen alle Schüler gemeinsam an einem Gegenstand arbeiten, lassen sich bestimmte Formen der Differenzierung umsetzen, wie das von HOFFMANN/NIERMEYER angeführte Beispiel aus dem Englischanfangsunterricht illustriert:

Nach ihren Erfahrungen können in einer Klasse, in der u.a. geistig behinderte Kinder integriert werden, die weder schreiben noch englische Sätze eigenständig formulieren können, folgende differenzierte Aufgabenstellungen zum Thema »Uhrzeit« erfolgreich bearbeitet werden:

  • schwierige Uhrzeiten auf englisch nennen

  • nur volle Stunden auf englisch nennen

  • schwierige Zeiten auf deutsch nennen

  • nur volle Stunden auf deutsch nennen

  • Zahlen auf eine Uhr schreiben

  • Zahlen erkennen

  • Ausschneiden oder Anmalen einer Klassenuhr[122]

Zu den Themen Zahlen und Farben bieten sich vergleichbare Aufgabenstellungen an. Zur Illustration soll an dieser Stelle außerdem das von GÜHRS/KERSTIN praktizierte Beispiel zur Differenzierung des Unterrichtsgegenstandes »Konditional-Sätze« (if-Sätze) dienen:

Wesentliches Ziel der Differenzierung ist es, allen Schülern einer Lerngruppe die aktive Teilnahme am Unterricht zu ermöglichen, da nur durch eine solche aktive Teilnahme die Erfahrung der Zugehörigkeit und Geborgenheit in einer Lebens- und Arbeitsgemeinschaft, die Erfahrung als mitverantwortlicher Partner gebraucht und anerkannt zu werden, möglich wird. Eine derartige Erfahrung ist von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung einer positiven Lernhaltung und somit für ein gesundes Selbstvertrauen und Selbstbewußtsein aller Schüler.

Verlauf einer Stunde mit dem Schwerpunkt Uhrzeit

Beispiel entnommen aus GÜHRS/KERSTIN 19932, 229

Differenzierungsmaßnahmen sind allerdings nicht nur in Integrationsklassen mit ihrer besonderen Heterogenität von Bedeutung. Keine Klasse setzt sich aus einer derart homogenen Schülerschaft zusammen, daß sich das Problem der Unter- bzw. Überforderung einzelner Schüler nicht stellt. Unter- bzw. überforderte Schüler fühlen sich in der Regel vom Unterricht nicht angesprochen und sind dementsprechend auch nicht motiviert bzw. in der Lage, sich aktiv an ihm zu beteiligen. Differenzierende Maßnahmen bieten hier generell die Möglichkeit, die Motivation und Lernentwicklung aller Schüler positiv zu beeinflussen. Welche Formen der Differenzierung möglich sind, wird in den folgende Abschnitten dargestellt und anhand von Beispielen aus dem Englischunterricht illustriert werden.

Beispiel zur Differenzierung des Unterrichtsgegenstandes »Konditional-Sätze« (if-Sätze)

Beispiel entnommen aus GÜHRS/KERSTIN 19932, 22

Gruppe 1:

erarbeiten bzw. wiederholt und übt Voraussetzungen für if-Sätze, Typ 1 (Folge für die Zukunft), sowie dessen Bildung und Anwendung:

  • "wenn-dann"- Denkstruktur

  • Wortstellung im englisch Satz (S-P-O)

  • einfache Gegenwart

  • Futur ("will"- futur)

  • Zeitenfolge im if-Satz

  • Differenzierung "when-if"

Gruppe 2:

wiederholt Voraussetzung für if-Satz, Typ I und II (gedachte Folge für die Gegenwart od. Zukunft), unter Verwendung komplexerer Satzmuster sowie dessen Bildung und Anwendung wie Gruppe 1 darüber hinaus:

  • einfache Vergangenheit (simple past)

  • Zeitenfolge im if-Satz, Typ II

  • Unterscheidung der zwei Satztypen nach Funktion und Form

Gruppe 3:

wiederholt Voraussetzung für if-Satz, Typ I, II, III (gedachte Folge für die Vergangenheit) darüber hinaus:

  • vollendete Vergangenheit

  • "conditional perfect"

  • Zeitenfolge im if-Satz Typ III

  • Unterscheidung der drei Satztypen nach Funktion und Form

Gruppe 4:

erarbeitet und übt den if-Satz, Typ I, II, III:

  • "conditional perfect"

  • Zeitenfolge im if-Satz Typ I, II, III

  • Unterscheidung der drei Satztypen nach Funktion und Form

erstellt Übungsmaterial für die Gruppen 1,2 und 5

übt wechselnd mit Gruppe 5

Gruppe 5

erarbeitet und übt Zahlen

erarbeitet und übt Verstehen, Erfragen und Angeben einfacher Uhrzeiten (auch in deutsch)

verfolgt keine eigenen Lernziele im Bereich der Konditionssätze

5.2.2 Differenzierungsformen

Im allgemeinen wird zwischen den zwei grundlegenden Formen der Inneren und der Äußeren Differenzierung unterschieden.

Zur Inneren Differenzierung

MUTH faßt unter dem Begriff der Inneren Differenzierung, die häufig auch als Binnendifferenzierung bezeichnet wird, jene Organisationsformen des Unterrichts zusammen, »die innerhalb einer Klasse oder einer gemeinsam unterrichteten Gruppe praktiziert werden. Es bedarf keiner Aufteilung der Klasse auf andere Gruppierungsformen und nicht einmal der zeitweisen Separierung einzelner Kinder. Aller Unterricht in den Formen der Inneren Differenzierung kann im Klassenraum stattfinden« und ist auf keine bestimmte Schulform beschränkt[123]. MUTH unterscheidet sieben wesentliche Bereiche, in denen sich die Innere Differenzierung verwirklichen läßt. Dazu gehören die Hilfen des Lehrers, die Anforderungen an das Lernniveau der Schüler, die Quantität und der Umfang der Aufgaben, der Medieneinsatz, die Bildung von Lerngruppen, die Einzelarbeit der Schüler und die Kooperation der Lehrkräfte.

Zur Differenzierung der Lehrerhilfen

Im stark binnendifferenzierenden und insbesondere im integrativen Unterricht steht das Entwickeln von Selbständigkeit beim Lernen und Handeln im Vordergrund. Diese kann nur erreicht werden, wenn der Lehrer sich so weit wie möglich mit Erklärungen und dem Aufzeigen von Lösungswegen zurückhält. Um abschätzen zu können, wann und in welcher Form gezielte Hilfen angebracht sind, ist eine genaue Kenntnis des individuellen Lernvermögens und des bereits erreichten Ausmaßes an Selbständigkeit der einzelnen Schüler nötig. In einem frontal gesteuerten Unterricht hat ein Lehrer kaum die Möglichkeit, die einzelnen Schüler differenziert wahrzunehmen. Individuelle Hilfen sind deshalb weder von seiner Seite noch durch die Interaktion der Schüler möglich. Um Raum für differenzierte Lernhilfen zu schaffen, wird eine Abkehr vom Frontalunterricht als der dominierenden Unterrichtsform zwingend notwendig. Variable Gruppen werden erforderlich. Durch die Aufteilung in Gruppen wird die Voraussetzung für eine individuell leicht zu variierende Vermittlung der Unterrichtsinhalte, für Hinweise auf Hilfsmittel, Ermutigungen und Anregungen geschaffen. Unterrichtsbeobachtungen haben bestätigt, daß in binnendifferenziertem Unterricht die Kontakthäufigkeit und -intensität zwischen Lehrern und einzelnen Schülern, vor allem der Schüler untereinander viel höher ist als im Frontalunterricht.

Zur Differenzierung im Niveau der Anforderungen

Eine Differenzierung im Niveau der Anforderungen manifestiert sich sowohl in der Gesamtkonzeption des Unterrichts (indem unterschiedliche Lernziele für die Schüler einer Lerngruppe formuliert werden) als auch in Details des Unterrichts (wenn Aufgaben einfachere und anspruchsvollere Formen der Bearbeitung und Lösung zulassen). In der Praxis des Englischunterrichts wären z.B. in bezug auf die Aufgabe, einen Dialog zu einem bestimmten Thema zu erarbeiten, folgende im Niveau der Anforderungen stark divergierende Aufgabenformen denkbar:

  • Es wird nichts weiter als das Thema des Dialogs vorgegeben.

  • Es werden die Dialogteilnehmer und Stichpunkte zum Verlauf des Dialogs vorgegeben.

  • Es wird ein Dialogtext vorgegeben, der viele Lücken enthält, in die eigene Formulierungen einzufügen sind.

  • Es werden einzelne Dialogteile vorgegeben, aus denen ein zusammenhängender Dialogtext erstellt werden soll.

  • Es werden ein Lückentextdialog und passende Lückentexte vorgegeben, die zugeordnet werden sollen.

  • Ein vorgegebener Dialog soll mit verteilten Rollen von mehreren Schülern erlesen werden.

Welche Aufgaben welche Schüler bearbeiten, kann entweder durch den Lehrer auf Grund bestimmter didaktischer Erwägungen festgelegt oder der Wahl der einzelnen Schüler überlassen werden. Außerdem sollten nach Ansicht MUTHS den Schülern für die Bearbeitung von Aufgaben die Lösungswege und die Verwendung von Arbeits- und Lösungshilfen so weit wie möglich freigestellt sein. Allerdings besteht kein Zweifel, daß einige Schüler sowohl in bezug auf die Auswahl der Aufgaben als auch in bezug auf die Wahl von Lösungsstrategien unbedingt Hilfestellungen brauchen, um bestimmte Mindestziele erreichen zu können bzw. um ermutigt und unterstützt zu werden, wenn sie besonders anspruchsvolle Aufgaben gewählt haben.

Eine Übungsform, mit der es den Schülern leicht freigestellt werden kann, welchen Anforderungen sie sich stellen wollen, sind z.B. die sogenannten Tin-Dictations (Dosendiktate). Bei dieser Übungsform suchen sich die Schüler aus einem Text einen Satz aus, den sie auf einem Zettel abschreiben. Sie prägen sich diesen Satz ein, werfen den Zettel in die Dose, schreiben den Satz aus dem Gedächtnis auf, vergleichen ihn mit dem Satz auf dem Zettel und korrigieren ihn gegebenenfalls. Diese Art des Diktatübens bietet mehrere Vorteile: Die Schüler bestimmen ihr eigenes Anforderungsniveau und Arbeitstempo. Sie verbessern ihre Merkfähigkeit und sie können unabhängig von der Kontrolle durch den Lehrer üben.

Zur Differenzierung in Quantität und Umfang der Aufgaben

Diese Art der Differenzierung ist notwendig, da alle Schüler eine unterschiedliche Auffassungsgabe haben und unterschiedlich viel Zeit zur Bearbeitung bestimmter Aufgaben brauchen. Unabhängig von den Schülern, die auf Grund bestimmter Beeinträchtigungen gewöhnlich mehr Zeit benötigen oder sich zeitaufwendiger Techniken bedienen müssen, darf prinzipiell nicht davon ausgegangen werden, daß alle anderen Schüler einer Lerngruppe eine Aufgabe in der gleichen Zeit und Weise bewältigen können. Durch die Bereitstellung zusätzlicher Aufgaben oder die freie Aufgabenwahl kann den schneller lernenden und arbeitenden Schülern entsprochen werden. Genauso wichtig ist es aber, daß die langsameren Schüler sich nicht permanent gedrängt fühlen, Aufgaben immer im Gleichschritt mit den schnelleren Mitschülern lösen zu müssen. Die Funktion zusätzlicher Aufgaben darf es nicht sein, die schneller lernenden Schüler zu beschäftigen und ruhig zu halten, bis auch die anderen mit der Bearbeitung ihrer Aufgaben fertig sind. Durch die zusätzlich angebotenen Aufgaben sollen sich die betreffenden Schüler vielmehr immer neu herausgefordert fühlen; die zusätzlichen Aufgaben müssen neue Lernanreize bieten.

Für die langsameren bzw. lernschwächeren Schüler hat es sich als günstig erwiesen, ihnen nur so viele Aufgaben anzubieten wie sie voraussichtlich in einer festgesetzten Zeit bewältigen können. Die Anzahl der zu bearbeitenden Aufgaben sollte behutsam, jedoch kontinuierlich mit dem Ziel einer allmählichen Steigerung des Arbeitstempos erweitert werden.

Zur Differenzierung durch den Einsatz von Medien

Mit der Differenzierung der Lehrerhilfen und des Anforderungsniveaus muß auch ein differenzierter Medieneinsatz einhergehen. Unter Medien sind sowohl technische Geräte wie Kassetten, Computer, Videos etc. als auch Lernmaterialien wie Lernkarteien, Spiele, Wandtafeln, Abbildungen etc. zu verstehen. Bei der Vokabelarbeit gewinnt z.B. der vermehrte Einsatz von Bildern oder realen Gegenständen wegen der größeren Veranschaulichung mehr Bedeutung als im herkömmlichen Englischunterricht. Die Schüler können je nach Leistungsstand Gegenstände bzw. Tätigkeiten, die sie auf einer Abbildung erkennen, auf deutsch benennen, auf deutsch aufschreiben, auf englisch benennen oder auch auf englisch aufschreiben.

Unter Kapitel 2.2 wurde die Notwendigkeit eines differenzierten Medieneinsatzes und bestimmter Modifikationen bereits angesprochen. Unter Kapitel 5.4 wird noch ausführlich auf die Produktion und Gestaltung von Lernmaterialien eingegangen. An dieser Stelle soll daher lediglich noch darauf hingewiesen werden, welche grundlegende Bereicherung der Einsatz von Medien für den Unterricht darstellt: Zum einen kann durch den Einsatz von Medien das didaktische Prinzip der Mehrdarbietung realisiert werden. Dieses Prinzip ermöglicht unterschiedliche Zugänge zu einem Sachverhalt und erleichtert seine Veranschaulichung. Zum anderen werden durch den gezielten Einsatz bestimmter Medien individuelle Aufgabenlösungen und freie Wahl verschiedener Lösungswege ermöglicht. Der Einsatz von Medien erleichtert die Individualisierung von Lernprozessen. Welche grundlegende Bedeutung der Einsatz von Medien vor allem in Formen des offenen Unterrichts hat, wird in Kapitel 5.3 verdeutlicht.

Zur Differenzierung in der Bildung von Lerngruppen

Im integrativen Unterricht spielen vor allem auch die Arbeits- und Sozialformen eine wichtige Rolle. Dabei stellen Frontal-, Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit die wesentlichen Grundformen dar, die in unterschiedlichem Umfang im Unterricht eingesetzt werden sollten. Soziales Lernen fördernde Arbeitsformen wie Partner- und Gruppenarbeit sollten immer den gewichtigsten Anteil im gesamten Unterricht einnehmen. Doch auch Frontalunterricht hat im integrativen Unterricht in Phasen, in denen Neues eingeführt wird oder Ergebnisse zusammengetragen werden, durchaus seine Berechtigung.

Als eine der wichtigsten Grundformen innerer Differenzierung wird von MUTH die Arbeit in Gruppen bezeichnet. Um Cliquenbildungen zu vermeiden und die soziale Kompetenz der Schüler zu fördern, muß die Zusammensetzung der Gruppen häufig variieren. MUTH warnt vor allem davor, bei zeitlich begrenztem Zusammenfassen von Schülern zu Partner- bzw. Lerngruppen Diskriminierungen oder Favorisierungen einzelner Schüler zuzulassen.

Der Sprachunterricht bietet eine besondere Vielzahl von Möglichkeiten zur Partnerarbeit. Zu denken ist hierbei an Partnerdiktate, gegenseitiges Vokabelabfragen, die Bearbeitung von Tandembögen[124], die Unterstützung eines schwächeren Schülers bei der Lösung einer Aufgabe durch einen stärkeren etc. MUTH hebt hervor, wie wichtig es ist, daß jedes Kind den Sinn seiner Mitarbeit in einer Gruppe im gemeinsamen Tun erfährt. Er führt ein Beispiel an, in dem ein sehender Schüler einem blinden Mitschüler die Abbildungen einer zu bearbeitenden Bildgeschichte ausführlich und anschaulich beschreibt, wie er dadurch eine Arbeitsgrundlage für den blinden Schüler schafft und gleichzeitig seine eigene Sprach- und Beobachtungsfähigkeit schult.

Eine weitere Art der Differenzierung ergibt sich ganz zwangsläufig, wenn die Kinder zur Einzelarbeit auf sich selbst gestellt werden. Dies geschieht vor allem in Phasen der Freiarbeit, in denen die Schüler die Möglichkeit haben, selbst zu wählen, womit und in welcher Form sie sich beschäftigen möchten. Die Freiarbeit animiert in besonderer Weise zu selbständigem, eigenverantwortlichem Handeln. Da in Kapitel 5.3 noch ausführlich auf den Bereich der Freiarbeit eingegangen wird, sei an dieser Stelle lediglich auf die besondere Rolle des Lehrers hingewiesen, der seinen Schülern im Rahmen dieser Arbeitsform genügend Freiräume ermöglichen muß. MUTTI fordert vom Lehrer, seine »pädagogische und didaktische Aggressivität, die sich darin äußert, daß er ständig fragt, belehrt, fordert, diktiert, korrigiert, an die Tafel schreibt, bittet, befiehlt, vorträgt usw.« aufzugeben und »Zurückhaltung« zu einer »kardinalen didaktischen Tugend« zu machen[125].

Zur Differenzierung durch den Einsatz eines zweiten Pädagogen

Die Möglichkeiten der Differenzierung durch den Einsatz eines zweiten Pädagogen - der zwar nicht Voraussetzung für die Verwirklichung Innerer Differenzierung ist, durch den die Umsetzung von Differenzierungsmaßnahmen jedoch wesentlich erleichtert werden kann - wurde in Kapitel 5.1, bereits ausführlich erläutert.

Zur Äußeren Differenzierung

Unter dem Begriff der Äußeren Differenzierung faßt MUTTI jene Organisationsformen des Unterrichts zusammen, in denen Schüler unabhängig von ihrer Klassenzugehörigkeit nach Leistung, nach Schwerpunkten der Lernfähigkeit, nach besonderen Interessen und nach Lerndefiziten oder anderen Merkmalen gruppiert werden. Im Rahmen der Gesamtschule werden die Schüler der besonders heterogen zusammengesetzten Klassen eines Jahrgangs in bestimmten Fächern, u.a. auch in Englisch, klassenübergreifend in Fachleistungskursen entsprechend ihren Leistungsniveaus zusammengefaßt. Der Unterricht findet in der Regel für diese Gruppen räumlich getrennt statt. Der Übergang in jeweils andere Leistungsgruppen ist bei entsprechender Leistungsentwicklung einzelner Schüler zwar möglich, er vollzieht sich jedoch häufig aus einem leistungsstärkeren Kurs in einen leistungsschwächeren und führt den Schülern so ihren Leistungsabfall sehr deutlich vor Augen. Nur wenige Schüler empfinden den Wechsel in einen unteren Kurs als Lernerleichterung. Eher wird als eine Abstufung bewertet, was in der Regel Demotivation mit sich bringt.

Eine flexible Lerngruppengestaltung innerhalb des Klassenverbandes wie sie von GÜHRS/KERSTIN (1993) praktiziert wird (vgl. Kapitel 5.2.1), ähnelt zwar einer Einteilung der Schüler in bestimmte Leistungsgruppe, die im Rahmen äußerer Differenzierung stattfindet; sie bietet aber den nicht zu unterschätzenden Vorteil, daß ein Wechsel zwischen den einzelnen Leistungsgruppen wesentlich unspektakulärer und weniger aufwendig verläuft. Die einzelnen Leistungsgruppen können je nach Bedarf zu unterschiedlichen Teilungsgruppen zusammengesetzt werden. Dadurch wird eine Stigmatisierung auf Grund von Gruppenzugehörigkeiten weitgehend vermieden.

FRITZ zählt zusätzlich zu den bereits erwähnten Formen Äußerer Differenzierung:

  • zusätzliche Förderstunden, besonders in den Bereichen Mathematik und Sprachen,

  • zusätzliche Förderkurse bei partiellen und temporären Lernstörungen und Lernrückständen, bei definierbaren Ausfällen wie Legasthenie und bei Lernstörungen, die durch längere Abwesenheit vorn Unterricht aufgetreten sind.

Förderunterricht war bereits 1973 in den Empfehlungen des Deutschen Bildungsrates - damals allerdings vornehmlich für die Grundschule - als Differenzierungsmaßnahme vorgesehen. Als Förderunterricht werden im allgemeinen schulorganisatorische und didaktische Maßnahmen zur Behebung oder Verringerung von schulischen Lerndefiziten bezeichnet, auf die im Regelunterricht durch Maßnahmen der Inneren Differenzierung nicht ausreichend eingegangen werden kann. Sie stellen eine Ergänzung zum Regelunterricht dar.

Dabei ist zwischen voraus- und nacharbeitendem Förderunterricht zu unterscheiden. Bei erstgenanntem sollen zu erwartende Schwierigkeiten antizipiert und Vorkenntnisse geschaffen werden, die den Schülern den Zugang zu den Unterrichtsgegenständen erleichtern. Nacharbeitender Förderunterricht arbeitet vorhandene Lernschwierigkeiten systematisch auf. Der Förderunterricht kann jedoch auch dazu genutzt werden, das Zurechtfinden in Schule und Lebenswelt zu verbessern und auf Probleme einzelner Schüler einzugehen. Ein solcher Förderunterricht setzt sich inhaltlich bewußt vom Regelunterricht ab. SANDFUCHS weist auf die Gefahr hin, lernschwache Schüler könnten durch Äußere Differenzierung, insbesondere durch langfristige Zuweisungen zu Fördermaßnahmen, segregiert und stigmatisiert werden. Er räumt aber ein, daß tiefgreifende Leistungsschwierigkeiten allein auf dem Weg Innerer Differenzierung meist nicht zu beheben sind und gibt zu bedenken: »Wenn nicht nur am Symptom kuriert werden soll, sind langfristige, zeitaufwendige, kontinuierliche und wohldurchdachte Hilfen nötig«.[126] Um Stigmatisierungen entgegenzuwirken, sollte Förderunterricht prinzipiell nicht nur für die leistungsschwachen und im integrativen Rahmen nicht nur für die als behindert eingestuften Schüler vorgesehen werden.

Die Möglichkeit der intensiven Zuwendung, die sich aus den im Rahmen des Förderunterrichts bewußt klein gehaltenen Gruppen ergibt, muß sowohl Schülern, die nur temporär Schwierigkeiten haben als auch besonders leistungsstarken Schülern (z.B. im Rahmen der Bearbeitung besonders anspruchsvoller Aufgaben) zugute kommen.

Leistungsheterogen zusammengesetzte Förderkurse bieten vor allem auch die Möglichkeit, leistungsstärkere Schüler quasi nebenbei dazu anzuregen, Mitschülern, die Unterstützung brauchen, dolmetschend zur Seite zu stehen. Diese Funktion übernehmen sie dann auch im Unterricht in der Gesamtgruppe meist ganz selbstverständlich. Grundsätzlich sollten alle Schüler einer Lerngruppe in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen in die zusätzlichen Förderstunden eingebunden sein. In Hinblick auf das Einbeziehen von Schülern, für die kein besonderer Förderbedarf besteht, wäre es, sofern im integrativen Rahmen dazu konkreter Anlaß gegeben ist, auch vorstellbar, daß nichtbehinderte Schüler auf freiwilliger Basis mit Kommunikationstechniken ihrer behinderten Mitschüler systematisch vertraut gemacht werden.

MUTH will Förderunterricht keinesfalls als Ausgleichsunterricht verstanden wissen. Der Sinn von Förderunterricht darf nicht darin liegen, das in jeder Lerngruppe vorhandene Bildungsgefälle auszugleichen. Es geht vielmehr darum, gezielt in einer kleinen überschaubaren Gruppe auf die Lerndispositionen und Lernhaltung bestimmter Schüler eingehen zu können. Lernerfolge, die in den Förderstunden erzielt werden, stärken das Selbstbewußtsein der Schüler und wirken sich meist positiv auf den Klassenunterricht aus. Diese Erfahrung hat die Autorin selbst während eines Unterrichtspraktikums in einer 5. Grundschulklasse im Bereich des Englischunterrichts in bezug auf ein extrem zurückhaltendes, unsicheres Mädchen mit erheblicher Lese-Rechtschreibschwäche gemacht. Da es sich in den kleinen Gruppen des Förderunterrichts eher zutraute, ihre Aufgabenergebnisse vorzulesen oder etwas an die Tafel zu schreiben und sie ständig die Möglichkeit hatte, sich bei der Klassenlehrerin oder einer anderen Bezugsperson zu vergewissern, was richtig oder falsch war, erhielt sie wesentlich häufiger ein positives Feedback als im Klassenunterricht. Bereits in einer relativ kurzen Zeitspanne wuchs ihr Selbstvertrauen stetig, sie brachte sich allmählich auch in der Großgruppe immer häufiger aktiv und offensichtlich mit Spaß in den Unterricht ein und ließ sich immer seltener durch Fehler verunsichern.

5.3 Die Öffnung des Unterrichts

Soll auch außerhalb und unabhängig von förderunterrichtlichen Maßnahmen eine so weitgehende Realisierung von Differenzierungen umgesetzt werden, ist es nötig, im regulären Unterricht Freiräume zu schaffen, in denen alle Schüler die Möglichkeit haben, nach ihrem Tempo, ihren Fähigkeiten und Interessen weitgehend selbständig zu lernen und zu arbeiten. Einen entsprechend schülerorientierten, lern- und bildungstheoretischen Rahmen bietet die Idee des Offenen Unterrichts, die in den frühen 70er Jahren entstand. Ihr reformorientiertes, programmatisches Anliegen war die Schaffung einer Alternative zu lehrer- und lernzielorientiertem Unterricht.

Der Begriff des Offenen Unterrichts bezeichnet eher eine Bewegung als ein klar definiertes didaktisches Konzept. Eine Öffnung des Unterrichts kann auf verschiedenen Organisationsebenen, u.a. in Form von Freiarbeit, Wochenplan- und Projektarbeit, umgesetzt werden, wobei sich jeweils in vielen Bereichen Überschneidungen ergeben.

Eine Öffnung des Unterricht kann sowohl in einzelnen als auch in mehreren Fächern stattfinden. Die Entscheidung darüber ist einzig und allein von den jeweils unterrichtenden Lehrern abhängig. Die Diskussion über die Umsetzung offener Unterrichtsformen im Fremdsprachenunterricht ist, wie KROHN betont, nicht neu. Für den integrativen Fremdsprachenunterricht beispielsweise kann daher auf bereits gemachte Erfahrungen zurückgegriffen werden. Diese machen deutlich, daß auch den besonderen Erfordernissen, die sich durch das Einbeziehen von Schülern mit sonder-pädagogischem und besonderem Förderbedarf ergeben, durch unterschiedliche Formen eines sich den Schülern öffnenden Unterrichts leicht nachgekommen werden kann.

Wesentliche Merkmale der Idee von Offenem Unterricht sind die weitgehende Übertragung der Verantwortlichkeit für den eigenen Lernprozeß auf die Schüler, ihr aktives Mitgestalten des Lernprozesses und eine von ihnen ausgeübte, weitgehende Selbstkontrolle. Schüler werden als Menschen wahrgenommen, die nur dann optimal lernen können, wenn sie »die Bedeutsamkeit des Lernens für ihre eigene Person erkennen, Inhalte bearbeiten können, die sie interessieren, ihre Lernprozesse aktiv gestalten können, d.h. auch lernen herauszufinden, welche Lerntechniken und Strategien ihnen angemessen sind und sie in entspannter Atmosphäre, ohne Angst und mit »Kopf, Herz und Hand« lernen und intensiv und angestrengt arbeitend Erfolg erfahren«[127]. Der Lehrer muß dabei die traditionelle Rolle als »Be-Lehrender« ablegen. Er darf sich nicht als allwissend und allmächtig über die Schüler stellen, sondern sollte sich eher als »Coach« seiner Schüler verstehen. Anstatt den Schülern in der Unterrichtsvorbereitung antizipierte Lernstufen und vorgefertigte Lernwege zu oktroyieren, muß er ihnen vielmehr Hilfestellungen anbieten, mit denen sie selbst ihre individuellen Lernwege finden können. Der Lehrer muß sensibler und offener werden für die unterschiedlichen Zugänge der Kinder zum Unterrichtsstoff. Die Aufgabe des Lehrers besteht in der Bereitstellung ausreichend anregender Lernumwelten, um eine individuelle Erfahrungserweiterung der Schüler sicherzustellen.

Die Schüler müssen von vornherein an der Planung und Gestaltung des Unterrichts beteiligt werden, die Lernangebote an den Bedürfnissen der Schüler orientiert sein. UNRUH fordert von den Lehrern Vertrauen in ihre Schüler, Vertrauen in deren grundsätzliche Lernbereitschaft und in deren Lernfähigkeit. Dies ist eine Forderung, die vor allem im Rahmen eines Unterrichts mit schwer geistig und lernbehinderten Schülern besonderes Gewicht erhält. Durch die Zurücknahme der lehrerzentrierten Steuerung des Unterrichts, die Unterstützung durch den Lehrer keinesfalls ausschließt, wird jedem Schüler die Möglichkeit gegeben, Verantwortung für seine eigenen Lern- und Handlungsprozesse zu übernehmen, wodurch sowohl kognitive als auch soziale Lernprozesse initiiert werden. Es ist allerdings klar, daß viele Schüler, vor allem solche mit Beeinträchtigungen im kognitiven Bereich, überfordert sind, wenn sie ihren Lernprozeß weitgehend allein organisieren sollen. Diesen Schülern muß aber wenigstens die Möglichkeit gegeben werden, sich zwischen verschiedenen Aufgaben und Tätigkeiten entscheiden zu können. Dazu sind Hilfestellungen durch den Lehrer nötig. Als förderlich erweist sich in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß es im Offenen Unterricht während der meisten Zeit kein zentral gesteuertes Unterrichtsgeschehen gibt. Dadurch haben Lehrer (aber auch Schüler) die Möglichkeit, diejenigen Mitschüler gezielt anzuleiten und zu unterstützen, die gerade Hilfe brauchen, ohne jene, die bereits in der Lage sind selbständig zu arbeiten, mit Erklärungen, die sie gar nicht mehr nötig haben, vom Lernen abzuhalten. Anregungen und Hilfen der Schüler untereinander sollten prinzipiell vor denen der Lehrer Vorrang haben.

Nach POPPE sollte ein Unterricht, der das Ziel hat, möglichst optimale Lernbedingungen für alle Schüler zu schaffen, im wesentlichen von drei Säulen getragen werden: Neben dem lehrgangsmäßigen Unterricht, der der Einführung neuer Themen und der Wissensvermittlung dient und in dem die Lernziele für alle mehr oder weniger die gleichen sind, nennt sie die Wochenplanarbeit und das Lernen in Projekten. Sowohl Wochenplan- als auch Projektarbeit sind am Prinzip der freien Arbeit orientiert und lassen eine starke Differenzierung der Anforderungen zu. Im integrativen Unterricht in der Sekundarstufe I sollten sie daher die wesentlichen Organisationsformen des Lernens sein[128].

5.3.1 Freie Arbeit

Grundlegendes Element des offenen Unterrichts sind Phasen der freien Arbeit. Im folgenden wird daher der Versuch unternommen, den Begriff der freien Arbeit, der wissenschaftlich noch nicht abschließend definiert ist, näher zu bestimmen und seine Relevanz für den binnendifferenzierten Fremdsprachenunterricht zu erläutern.

Die Idee der freien Arbeit geht vor allem auf Anregungen der Konzepte der Reformpädagogik von Maria MONTESSOIU, Celestin FREINET und Peter PETERSEN zurück. Im Mittelpunkt dieser Unterrichtsform steht das Kind mit seinen Interessen und individuellen Lernmöglichkeiten. Die Schüler arbeiten - angeregt und unterstützt durch diverse Lern- und Übungsmaterialien - an unterschiedlichen selbstgewählten Aufgaben, Problemstellungen und Ideen. Die Meinungen darüber, wieviel Freiheit im Rahmen der freien Arbeit sinnvoll ist, gehen weit auseinander. Nach der weitestgehenden Auffassung von Freiarbeit ist den Schülern nichts weiter vorgegeben als das Fach, in dessen inhaltlichem Rahmen sie aktiv werden sollen. Diese radikale Form von Freiarbeit ist jedoch nur äußerst selten praktikabel, da sie ein derart hohes Maß an Selbständigkeit, Disziplin und Kreativität erfordert wie es nur sehr wenige Schüler erfüllen können. Überdies ist die Qualität des Unterrichts nicht nach dem Motto »Je freier und offener, desto besser« zu bewerten. Vielmehr müssen die individuellen Voraussetzungen der Schüler und die Situation der Gesamtgruppe bei der Konzeption des Unterrichts in den Vordergrund gestellt werden. Selbständiges Lernen und Arbeiten gelingt nicht allen Schülern gleich gut und vor allem nicht auf Anhieb. Besonders in den Phasen der Einführung in die freie Arbeit müssen behutsame Anregungen für das Entdecken persönlicher Interessen und Lernwege gegeben werden. Besonders intensive Zuwendung brauchen die stark kognitiv- und lernbehinderten Schüler.

Nach HÖVEL ist unter freier Arbeit die Schaffung eines gemeinsam von Schülern und Lehrern organisierten Zugangs zu kreativem selbstbestimmtem Lernen, das handlungsorientiert und ganzheitlich (vgl. Kapitel 4.2) sein sollte, zu verstehen. Von wesentlicher Bedeutung sind dabei die

Entscheidungsspielräume für die Schüler im Rahmen derer sie ihre eigenen Lern- und Lösungswege finden und erproben können. Die Unterrichtsinhalte werden nicht mehr überwiegend lehrergesteuert vermittelt. Für das Modell des offenen Curriculums liegt kein Kanon in sich geschlossener und abgeleiteter Ziele und zugeordneter Handlungen vor. Das fordert von den Pädagogen flexibles und situationsbezogenes Handeln und vor allem auch Improvisationsvermögen.

Die Schüler können sich mit einer Sache selbstbestimmt und entdeckend in einem großzügig bemessenen zeitlichen Rahmen beschäftigen. Ziel ist es, Selbstvertrauen und Eigeninitiative zu wecken. Art und Inhalt von Aufgaben, der zur Bearbeitung nötige Zeitaufwand und die Sozialformen, in denen gearbeitet wird, werden von den Lernenden weitestgehend selbst bestimmt. Dadurch, daß sich die Schüler ihre Ziele überwiegend selbst setzten, sind sie motiviert und haben größere Chancen, Lernschritte erfolgreich zu bewältigen, und da Erfolg bekanntlich das Selbstbewußtsein stärkt, werden sie auf diese Weise auch zum Weiterlernen ermutigt. JÜRGENS schreibt: »Freie Arbeit setzt Eigenverantwortung (nicht schummeln, sorgfältige Selbstkontrolle) ebenso voraus wie Fremdverantwortung (Rücksicht nehmen, anderen helfen, zurückstecken können)«[129]. Beides schafft sowohl Raum für kognitive als auch für soziale Lernprozesse.

Eine grundlegende Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung Offenen Unterrichts ist die Gestaltung der Lernumgebung. Sie muß genügend Mittel und Anreize für die Schüler bieten, selbst tätig zu werden. Auch in dieser Hinsicht bietet sich eine Orientierung an Prinzipien der Montessoripädagogik an: Die Lehrer bereiten eine Lernumgebung für die Schüler vor, die ein Angebot enthält, aus dem die Schüler frei das für ihren Entwicklungsstand angemessene Material wählen können. Diese Lernumgebung zeichnet sich durch Bewegungs- und Handlungsspielräume aus. Die Materialien müssen den Schülern geordnet und stets offen zugänglich zur Verfügung stehen. Sie müssen »ein klar strukturiertes Lernangebot und Aufgaben mit Aufforderungs- und Erwartungsgehalt, Einstiegshilfen, Aufbaufolgen, Kontrollmöglichkeiten u.ä.« enthalten[130]. Das Lernangebot muß vielfältig genug sein, jedem Schüler eine seinen Bedürfnissen entsprechende Auswahl bieten zu können. Die Einführung in den Umgang mit den Materialien bedarf individueller Gestaltung.

Vor allem spielt der Umgang mit individualisierten Lern- und Übungsmaterialien eine wichtige Rolle. Die von Maria MONTESSORI entwickelten Lernmaterialien und auch die von FREINET verwendeten Lernkarteien, die sich allerdings beide ursprünglich nicht auf den Fremdsprachenunterricht, sondern vielmehr auf die Schulung der grundlegenden Kulturtechniken bzw. bestimmter Themengebiete bezogen, können hierbei Vorbild sein. Sie müssen den Schülern immer zur Verfügung stehen, denn nur so regen sie dazu an, selbständig mit ihnen zu arbeiten. Das Lernangebot muß nach Schwierigkeitsgraden gestufte mündliche, schriftliche und praktische Aufgaben enthalten. Aufgabenstellungen, Hinweise und Hilfen müssen für die Schüler möglichst ohne Erläuterung durch den Lehrer verständlich sein. Arbeitsblätter sollten, wenn immer möglich, in Selbstkontrolle oder Partnerarbeit überprüfbar sein. ECK/STÖCKER kommen nach dem Versuch, sich im Englisch-Anfangsunterricht vom vorgefertigten Lehrgang weitgehend zu lösen und alternative Arbeitsmittel wie z.B. Karten- und Lernspiele, Klatsch- und Sprechspiele, Vokabelkarteien, Kassetten und Eigenfibeln in den Unterricht einzubeziehen (näheres hierzu vgl. Kapitel 5.4), zu dem Schluß, daß durch offene Lernwege und den Einsatz vielfältiger Arbeitsmittel jedes Kind nach seinen Möglichkeiten lernen kann.

Besonders nützliche Anregungen für eine motivierende Gestaltung der Lernumgebung bietet die Freinetpädagogik; zu denken ist hier vor allem an die Einrichtung einer Leseecke und das zur Verfügung stellen einer Freinet-Druckerei. Die Leseecke müßte in bezug auf den Englischunterricht natürlich mit angemessenen englischsprachigen Büchern, Comics, Jugendmagazinen und Zeitschriften ausgestattet werden und unbedingt auch den besonderen Bedürfnissen der Schüler mit Beeinträchtigungen Rechnung tragen (z.B. Texte in Punktschrift für blinde Schüler enthalten). Der Einsatz einer Freinet-Druckerei im Fremdsprachenunterricht regt die Schüler auf besondere Weise zum handelnden Umgang mit der Fremdsprache an und er bietet nebenher auch die Möglichkeit, den schriftsprachlichen Produkten der Schüler eine besondere, ansprechende Form zu geben. BÖRNER beschreibt, wie eine Freinet-Druckerei u.a. dazu genutzt werden kann, im Englischunterricht Weihnachts- und Neujahrsgrüße zu drucken, die dann verschickt oder als Klassenschmuck verwendet werden [131]. Die mit der Druckerei verbundenen Aktivitäten vereinen zahlreiche Elemente offener Unterrichtsarbeit: sie weisen einen hohen Grad an Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit von seiten der Schüler auf, wecken Kreativität, fordern zu praktischem Tun heraus und regen dazu an, gemeinsam mit den anderen tätig zu werden. Außerdem läßt sich durch das Drucken und anschließende Verschicken der Grüße auf ganz natürliche Weise eine Aufhebung der Trennung von Schule und Leben bewirken. Bei Aktivitäten dieser Art können auch Schüler mit Behinderungen wichtige Funktionen übernehmen und teilweise ebenso repräsentative Ergebnisse erzielen wie ihre Mitschüler. Phasen der freien Arbeit bieten auch für eine Klassenkorrespondenz einen idealen Rahmen (näheres dazu vgl. Kapitel 5.3.2).

Die Freie Arbeit sollte in regelmäßiger Folge nach und nach in den Unterricht eingeplant werden, zunächst in einzelnen Stunden, in denen Techniken und Materialien ausprobiert werden, später, nachdem den Schülern Unterrichtsmittel und Vorgehensweisen vertraut sind, auch im Rahmen ganzer Unterrichtseinheiten. Um Mißverständnissen vorzubeugen, muß in diesem Zusammenhang betont werden, daß mit dem Einbeziehen der freien Arbeit in den Unterricht keineswegs die radikale Abschaffung des allgemein üblichen lehrgangsorientierten Englischunterrichts mit lehrerzentrierten, frontalen Unterrichtssequenzen angestrebt wird. Der binnen- und lernzieldifferenzierende Unterricht lebt vom Wechsel individueller und gemeinsamer Lernsituationen. Auch in einem sich den Schülern öffnenden Unterricht müssen lehrgangsorientierte Phasen gemeinsamen Lernens fester Bestandteil bleiben. Die Einführung der freien Arbeit soll den Schülern dagegen vor allem die Möglichkeit bieten, sich zeitweise einen Ausgleich zu dem häufig als einengend empfundenen und unflexibel zu handhabenden lehrgangsorientierten Unterricht zu schaffen.

In der unterrichtlichen Praxis gibt es - wie oben bereits angedeutet - verschiedene Strategien der Umsetzung freier Arbeit. In der Regel bestehen die Phasen der Freiarbeit aus einem Anteil von Pflichtaufgaben und einem Teil fakultativer Aufgaben. Im Rahmen der für die Freiarbeit festgelegten Zeit bleibt es den Schülern weitgehend selbst überlassen, wie sie an die Aufgaben herangehen. HOFFMANN/NIERMEYER planen für die freie Arbeit im Fach Englisch im Anfangsunterricht zunächst eine Stunde pro Woche. Sie beschreiben diese Arbeitsform wie folgt: »Im Pflichtteil erhalten die Schülerinnen in der Regel Übungsmaterialien auf unter-schiedlichen Niveaus zum laufenden Stoff, hauptsächlich unter Zuhilfenahme von Bildmaterial, so daß im integrativen Unterricht die Kinder mit Behinderungen am gleichen Material individuelle Aufgaben bearbeiten können; im Wahlteil lernen die Schülerinnen z.B. Vokabeln, schreiben freie Texte, üben Rollenspiele ein, erhalten die Möglichkeit zum Diktatschreiben« [132]

Voraussetzung für die Verwirklichung der Öffnung des Unterrichts ist von Seiten der Pädagogen die Bereitschaft, sich auf Veränderungen, die sich aus dem neuen Unterrichtskonzept ergeben, einzulassen. So ist es im Offenen Unterricht z.B. normal, wenn jeder Schüler auf seine eigene Art und Weise beschäftigt ist oder sich auch einmal nur in die Leseecke zurückzieht, um zu entspannen. Diese Möglichkeit ist insbesondere für behinderte Schüler wichtig, da sie vom Unterricht meist um ein Vielfaches mehr in Anspruch genommen werden als die meisten ihrer Mitschüler. Die Normalität unterschiedlicher Beschäftigungen muß jedoch ganz allmählich entwickelt werden und läßt sich nur nach und nach verstärkt praktizieren. Die Freiarbeit bedeutet für die Pädagogen eine Verlagerung des Hauptarbeitsaufwandes in die Vorbereitung des Unterrichts: Materialien müssen für längere Perioden des Unterrichts vorausplanend zusammengestellt, derzeit häufig auch erst entwickelt werden, speziell dann, wenn besondere Förderbedürfnisse zu berücksichtigen sind und Verbindungen zwischen regulären und sonderpädagogischen Lerninhalten geschaffen werden müssen. In diesem Zusammenhang hat es sich in der Praxis als sinnvoll erwiesen, daß sich die Lehrer von Parallelklassen zusammentun, um selbstentwickelte Materialien auszutauschen, sich bei der Bestellung neuer Lehrbücher abzusprechen und für jede Klasse einen anderen Satz Bücher zu bestellen, um diese dann später ebenfalls untereinander auszutauschen usw.

Freiarbeit bietet neben einem erhöhten Vorbereitungsaufwand jedoch auch Vorteile für den Lehrer. Er wird im Unterricht dadurch, daß er nicht mehr permanent »alle Fäden in der Hand halten« muß, frei für die gezielte Beobachtung und die individuelle Beratung einzelner Schüler. In weiten Phasen des Unterrichts ist er vom Lenken des gesamten Unterrichtsgeschehens befreit und kann so auf die unterschiedlichen Lern- und Verhaltensweisen einzelner Schüler besser eingehen als im traditionellen »Aufpaß- und Beibringunterricht«[133]. Der individuelle Lernstand jedes einzelnen Schülers kann leichter erfaßt und seine Lernentwicklungen genauer verfolgt werden. Für den Lehrer besteht die Möglichkeit, sich während die Schüler selbsttätig arbeiten, Notizen für die Leistungsbewertung zu machen oder Korrekturen von Schülerarbeiten in den Unterricht einzubeziehen. Überdies bietet Freiarbeit optimale Bedingungen, um flexibel und unmittelbar auf aktuelle Förderbedürfnisse einzelner Schüler eingehen zu können, ohne sie, wie dies normalerweise im Förderunterricht der Fall ist, separieren zu müssen.

5.3.2 Wochenplanarbeit

Ein sinnvolles Hilfsmittel im offenen Unterricht sind die sogenannten Wochenpläne. UNRUH bezeichnet Wochenpläne als ein »Gerüst«, das vor allem auch Schülern mit Einschränkungen im kognitiven Bereich hilft, sich in der oben beschriebenen, meist ungewohnten Freiheit im Umgang mit den Lerngegenständen und Materialien zu orientieren. Wochenpläne leisten Hilfestellungen bei der Selbstorganisation des Lernprozesses. Das, »was als freie Arbeit bezeichnet wird, ist häufig oder zum großen Teil Wochenplanarbeit, die der Lehrkraft eine enge Verbindung zwischen gelenktem Unterricht und freier Arbeit ermöglicht« schreibt JÜRGENS. Der Wochenplan stellt ein flexibles unterrichtsorganisatorisches Konzept dar, das sich auf schriftlich fixierte Arbeitspläne stützt. In den Arbeitsplänen werden zum Teil vom Lehrer individuell abgestimmte, zum Teil von den Schülern selbst ausgewählte Aufgaben festgelegt, die in einer bestimmten Zeit bearbeitet werden sollen. UNRUH führt weiter aus, daß sich die Arbeitspläne jeweils auf einen bestimmten Zeitraum beziehen, zu Beginn der offenen Arbeit vielleicht nur auf eine Stunde oder sogar vielleicht nur auf einen Teil der Stunde. Später ist es möglich, mit Plänen zu arbeiten, die sich über mehrere Wochen erstrecken.

Nach Meinung von PETERS kann insbesondere in Integrationsklassen mit ihrer extremen Heterogenität dem großen Spektrum an Fähigkeiten im Grunde nur durch die Arbeit mit stark differenzierenden Wochenplänen, die lehrwerksbegleitend oder auch lehrwerksunabhängig orientiert sein können, relativ problemlos begegnet werden [134]. Die Pläne werden innerhalb der Klasse durch die Festlegung einer unterschiedlichen Anzahl, eines unterschiedlichen Umfangs und eines unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades der Aufgaben individuell gestaltet. Zu Beginn der Woche bzw. der abgesprochenen Arbeitsperiode trägt jeder Schüler in seinen Plan ein, welche vorgegebenen und aus einem Aufgabenpool freigewählten Aufgaben und Themen er während der vereinbarten Zeit erarbeiten will. In bezug auf den Teil der Aufgaben, den die Schüler selbst für sich bestimmen, sollte der Lehrer zwar eine beratende Funktion ausüben, die Schüler jedoch in ihrer Entscheidungsfreiheit so wenig wie möglich einschränken. Nur so kann der Schüler lernen, sich selbst einzuschätzen. Am Ende dieser Zeit wird über die einzelnen Arbeitsergebnisse Bilanz gezogen. Dabei werden dem Lehrer nicht alle Aufgaben zur Kontrolle vorgelegt. Wenn es die Form der Aufgaben zuläßt, wird die Überprüfung der Arbeitsergebnisse entweder zum größten Teil anhand vorbereiteter Lösungsbögen von den Schülern selbst übernommen, oder die Schüler unterstützen sich gegenseitig bei der Kontrolle. Durch eine derartige Gestaltung und Kombination von Übungs-, Arbeits- und Freiarbeitsphasen kann den individuellen Lernvoraussetzungen und Arbeitsweisen der einzelnen Schüler optimal entgegengekommen werden.

5.3.3 Projektarbeit

VAN DICK bezeichnet Projektunterricht als ein zentrales Element im Prozeß der Öffnung des traditionellen Unterrichts. Wesentliche Merkmale der Projektarbeit sind: Selbstorganisation und Selbstverantwortung, zielgerichtete Planung, Produktorientierung, Einbeziehung aller Sinne, soziales Lernen, Interdisziplinarität. Ist bei der Wochenplanarbeit vor allem die Einzel- und Partnerarbeit bestimmend, so bildet im Rahmen der Arbeit an Projekten die Gruppenarbeit die dominierende Arbeits- und Aktionsform. Projektarbeit eignet sich insofern besonders gut für den integrativen Unterricht, als in ihrem Rahmen differenziertes Lernen und die Bearbeitung unterschiedlicher Teilthemen mit Bezug auf einen für alle gleichen Unterrichtsgegenstand ermöglicht werden (vgl. dazu Kapitel 5.2 und 5.2.2 in bezug auf die Forderung FEUSERS).

Von der freien Arbeit und der Wochenplanarbeit unterscheidet sich die Projektarbeit u.a. durch den gemeinsamen Planungsprozeß der Bearbeitung eines Themas durch eine bzw. mehrere Lerngruppen. Anders als in der Wochenplanarbeit steht bei der Projektarbeit nicht überwiegend das Üben und Erarbeiten bestimmter sprachlicher Phänomene im Vordergrund, sondern eine in erster Linie inhaltlich orientierte Auseinandersetzung mit einem bestimmten Thema.

BASTIAN/GUDJONS nennen für die Realisierung von Projektarbeit die folgenden vier aufeinander aufbauenden Schritte:

1. Eine für den Erwerb von Erfahrungen geeignete, problemhaltige Sachlage auswählen.

2. Gemeinsam einen Plan zur Problemlösung entwickeln.

3. Sich mit dem Problem handlungsorientiert auseinandersetzen.

4. Die erarbeitete Problemlösung an der Wirklichkeit überprüfen. [135]

5. Hinzuzufügen ist unbedingt noch die abschließende Dokumentation

und Zusammenfassung der in den verschiedenen Gruppen gewonnenen Teilergebnisse zu einem Ganzen.

Eine Form der Projektarbeit, die sich seit den 70er Jahren in der unterrichtlichen Praxis weitgehend etabliert hat, ist die Organisation einzelner Projekttage oder Projektwochen, die ein- bis zweimal pro Jahr stattfinden und in denen Themen, auf die sich die Schüler geeinigt haben, fächerübergreifend bearbeitet werden. Projektorientiertes Lernen wird in zunehmendem Maße auch im Fachunterricht, integriert in den »normalen« Stundenplan erprobt. Es sollte auf keinen Fall nur am Schuljahresende als »Programmfüller« seinen Platz haben. Projektthemen können an die Thematik einer Unterrichtseinheit, wie z.B. an das unter Kapitel 4.3 angeführte Thema »Behinderte Menschen in unserer Gesellschaft« [136] anknüpfen oder sich rein aus den Interessen der Schüler ergeben. Über Briefkontakte, Exkursionen, das Organisieren von Materialien (z.B. Bücher, Broschüren, Texte, Abbildungen, Tondokumente, Gegenstände) oder möglicherweise auch durch Expertenbefragungen können die Schüler zunächst die nötigen Informationen zu einem Thema sammeln. Diese werden dann im Unterricht aufgearbeitet und in einer Vorstellungsphase zusammengetragen, ausgewertet und durch Zusammenfassungen, Spielszenen oder auf Kassette gesprochene Texte dokumentiert.

HÖVEL fordert als Ziel eines sich öffnenden Unterrichts neben der systematischen Vermittlung grundlegender struktureller Kenntnisse der Fremdsprache und der stetigen Ausweitung der selbstbestimmten und kreativen Arbeit der Schüler so viele authentische Kontakte und direkte Auseinandersetzungen mit der Fremdsprache wie möglich zu schaffen. Im Sinne eines themen- und interessengebundenen Englischunterrichts bietet sich daher in besonderer Weise im Rahmen von Projektarbeit die Anbahnung einer Korrespondenz mit einer partnersprachlichen Klasse an, da die Intensität des sprach- und sozialerzieherischen Gewinns durch ein Korrespondenzvorhaben darin liegt, daß es personenbezogene, informative, problemorientierte und gestalterische Projektarbeit verbinden kann.

Der Kontakt mit einer englischsprachigen Schule oder Klasse ist in der Regel für alle Schüler sehr motivationsfördernd. Korrespondenz bietet auch für behinderte Schüler eine Fülle von Möglichkeiten, sich verschiedenster Ausdrucksformen zu bedienen, die sie befähigen, gestalterisch tätig zu werden und ihre Persönlichkeit einzubringen: ein Brief kann von mehreren Schülern gemeinsam oder von einem allein verfaßt werden. Er kann auf englisch oder auf deutsch geschrieben werden. Es können persönliche Fotos beigefügt und mit kurzen Kommentaren versehen werden, Zeichnungen können den Brief illustrieren. Auch WINDOLPH weist darauf hin, daß es für einen Briefwechsel nicht notwendig ist, über einen vielfältigen Wortschatz der jeweils anderen Sprache zu verfügen, da Botschaften auch aus Zeichnungen, Gruß- und Postkarten, kurzen Kommentare zu Fotos usw. bestehen können, womit eine Briefpartnerschaft sich auch in Integrationsklassen mit Schülern, die in ihren Leistungen stark eingeschränkt sind oder in Sonderschulklassen in die Praxis umsetzen läßt. Einfache Fragen, Beschreibungen des eigenen Alltags, der Schule, der Familie usw. oder auch die Formulierung kleiner Geschichten sind möglich. Eine Alternative zum Schreiben sind besprochene Kassetten, selbst aufgenommene Videos, die verschickt werden können oder auch die Gestaltung von »homepages« für das Internet (Projekt: Schulen am Netz).

In der Unterrichtspraxis zeigt sich immer wieder, daß die Arbeit an Projekten neben der Vermittlung fachspezifischer Inhalte des Englischen vor allem dazu beiträgt, die Schüler zu selbständiger und eigenverantwortlicher Arbeit zu animieren. Durch die freiere Arbeitseinteilung bleibt den Schülern viel Raum zu Interaktion und gegenseitiger Hilfe. Die intensiven Kontakte der Schüler untereinander tragen zu einer positiven Beeinflussung des Sozialverhaltens bei. Durch die Verschiedenartigkeit und Vielfalt von Arbeitsaufträgen, die im Rahmen von Projekten möglich sind, ergeben sich zahlreiche Differenzierungsmöglichkeiten sowohl im Niveau und dem Umfang der Anforderungen als auch in den Sozialformen. Die Aufteilung der Arbeitsaufträge unter den einzelnen Mitgliedern einer Gruppe erfordert von Seiten der Schüler viel Kompromißbereitschaft und das Wissen um die Fähigkeiten bzw. Beeinträchtigungen ihrer Mitschüler. Kein Schüler sollte eine Aufgabe übernehmen müssen, die ihn nicht interessiert oder die ihn über- bzw. unterfordert. In der Projektarbeit geht es vor allem darum, jedem Schüler Gelegenheit zu geben, seine Stärken in ein gemeinsames Projekt einzubringen.

In der Praxis zeigt sich immer wieder, daß integrativer Unterricht quasi aus sich selbst heraus entsteht, wenn ein Vorhaben mit allen Schülern einer Klasse gemeinsam geplant und im Anschluß mit verschiedenen Aufgaben und entsprechend den verschiedenen Möglichkeiten und Interessen der Beteiligten erarbeitet wird. In keiner anderen Unterrichtsform sind die Schüler so umfassend gefordert, kooperativ zu handeln, Absprachen zu treffen, Rücksicht auf die Interessen anderer zu nehmen und sich an gemeinsam abgesprochene Regeln zu halten wie im Rahmen von Projektarbeitsphasen.

5.4 Unterrichtliche Gestaltungshilfen

5.4.1 Geeignete Handlungsmuster

Die folgende überblicksartig auswählende Beschreibung von Handlungsmustern wird sich auf solche beschränken, die im Rahmen eines stark binnendifferenzierenden Fremdsprachenunterrichts mit Schülern unter-schiedlichster Lernvoraussetzungen gut realisiert werden können und ebenso der Förderung integrativer Prozesse dienen. Sie werden in Fachartikeln zum Thema Öffnung bzw. Handlungsorientierung des Unterrichts immer wieder als Anregungen zu einer Erweiterung des methodischen Repertoires genannt. Zu diesen Handlungsmustern zählen vor allem das Singen, das Einbeziehen von Spielen in den Unterricht, das szenische Spiel, der Einsatz von Vokabel- und Lernkarteien, der Einsatz differenziert gestalteter Arbeitsbögen, der Einsatz von Kassetten und Kassettenrecordern, das Erstellen von Collagen und Informationswänden. Vor dem Hintergrund der in den vorangegangenen Kapiteln beschriebenen Möglichkeiten der Umsetzung integrativen Fachunterrichts wird sich zeigen, blaß vor allem die vier letztgenannten Handlungsmuster sinnvolle Gestaltungselemente im Rahmen von Freiarbeitsphasen darstellen. Welche Möglichkeiten sich durch das Einbeziehen der genannten Handlungsmuster bieten, wird im folgenden kurz angedeutet.

Singen

Um auch den Schülern, die Sprachschwierigkeiten haben, den ungewohnten Klang der englischen Sprache in spielerischer Weise näherzubringen, empfiehlt es sich, die Tradition des Liedersingens aus der Grundschule in der Sekundarstufe fortzusetzen. Der Einsatz von Musik löst Spannungen und baut Hemmungen ab (mit neuen unbekannten Wörtern wird erfahrungsgemäß beim Singen und Gestalten von Liedern spontaner umgegangen als in anderen Unterrichtssituationen), weckt Lebensfreude und regt dazu an, körperlich aktiv zu werden (mitzutanzen, mitzuklatschen, den Rhythmus zu schlagen). Dies wurde für die Autorin bei einer Hospitation im Englischunterricht einer 6. Klasse, in der ein autistisches Mädchen integriert wurde, das noch nie ein Wort gesprochen hatte und sich normalerweise völlig vom Unterrichtsgeschehen zurückzog, besonders deutlich. Alle Schüler sangen - in einem Kreis aufgestellt - das Lied »If you`re happy«.

An den durch den Text vorgegebenen Zeitpunkten führten alle Schüler die vorgegebenen Handlungen aus: Klatschen, Fingerschnipsen, Schulterzucken, Stampfen. Dabei machte auch das betreffende Mädchen mit, zwar ohne zu singen, aber mit viel Körpereinsatz. Als die Liedgestaltung schwieriger wurde, die Lehrerin, ähnlich wie beim Squaredance, den Schülern bei stetiger Erhöhung des Tempos das, was sie als nächstes ausführen sollten, zurief und diejenigen, die eine falsche Handlung ausführten, sich auf den Boden setzen mußten, war das besagte Mädchen unter den letzten drei Schülern, die bis zum Schluß ohne Fehler mithielten.

Musik im allgemeinen und dem Singen von Liedern im besonderen wird eine entspannende Wirkung zugeschrieben; sie ist daher vor allem auch für den integrativen Unterricht von besonderer Bedeutung. Es muß jedoch bedacht werden, daß es vor allem die nichtbehinderten Schüler spätestens in der 10. Klasse als albern empfinden, im Unterricht zu singen. Dies ist unbedingt zu respektieren. Für ältere Jahrgänge bieten sich deshalb eher Songs aus dem Rock- und Pop-Bereich an (vgl. dazu z.B. die vielseitige Liedsammlung in: WÖSKE, HEIDE, u.a.: Didaktische Handreichungen für das Fach Englisch an Berliner Schulen/ Klassen für Lernbehinderte, Klassenstufe 7/8). In der Praxis erweisen sich vor allem solche Stücke als geeignet, zu denen sich die Schüler emotional gesteuert oder auch durch den Text angeregt bewegen können.

Als besonders geeignet sind in diesem Zusammenhang auch die sogenannten Jazz Chants [137]anzusehen, mit denen auf spielerische Weise und unter Verwendung einprägsamer, kurzer, einfacher Frage-, Antwort- und Aussagesätze, Sprachrhythmus, Betonung, Intonation und bestimmte grundlegende Frage- und Antwortmuster des Englischen geübt werden können. Themen und Situationen, die in den Chants verbalisiert werden, decken Bereiche ab, die für alle Schüler im Alltag relevant sind (Geburtstag feiern, Essen, Kleidung, das Wetter, Unternehmungen mit Freunden, Auseinandersetzungen mit den Eltern). Ergänzt werden die Chants durch Bildaufgaben unterschiedlicher Komplexität (z.B. Suchbilder, Zuordnungsaufgaben, Rätsel), die in thematischem Zusammenhang mit ihnen stehen. Sie sind mündlich, schriftlich oder auch durch Zeichnen, allein oder in Partnerarbeit, zu lösen. Beim Einsatz von Jazz Chants im Unterricht bieten sich vielfältige Differenzierungsmöglichkeiten. Die Chants sind in der Regel für alle Schüler leicht eingängig und werden schnell behalten. Sie können im Chor gesprochen, mit Gesten unterstützt, durch das Schlagen des Rhythmus begleitet und von den Schülern umgeschrieben, ergänzt oder möglicherweise sogar selbst geschrieben werden.

Das Lied "If you`re happy"

Spiele

Im Bereich des Spiels bietet sich eine Fülle unterschiedlicher Formen, die sich für den Einsatz im Unterricht eignen. So gibt es beispielsweise Spiele, in denen das Handeln im Vordergrund steht, andere, die das Schreiben oder das Sprechen betonen. Nicht nur in der Grundschule, auch in der Sekundarstufe sollte dem Spiel breiter Raum zugestanden werden. Auf Grund der Vielfalt der Arten von Spielen können hier nur exemplarisch einige vorgestellt werden, die sich wegen ihrer Variationsmöglichkeit besonders zum Einsatz im integrativen Rahmen eignen.

Vorab seien jedoch einige allgemeine Merkmale erwähnt, die jedes Spiel (abgesehen vom freien) auszeichnen und deutlich machen, daß der Einsatz von Spielen im Fremdsprachenunterricht nicht nur dem Erwerb sprachlicher Kompetenzen förderlich ist:

  • Spiele erfordern eine handelnde Auseinandersetzung mit den Mitspielern oder dem Spielobjekt, was grundlegendes Ziel der Handlungsorientierung im integrativen Unterrichts ist.

  • Spielen wird nur möglich, wenn bestimmte Regeln eingehalten werden und gleiche Rechte, Gewinn- und Beteiligungschancen bestehen, die gegebenenfalls aber auch individuell auf die Mitspieler abgestimmt werden können. Zur Einhaltung der abgesprochenen Regeln sind alle Beteiligten ohne Ausnahme verpflichtet. Dies fördert vor allem die Ausbildung eines angemessenen Sozialverhaltens.

  • Darüber hinaus erfordern Spiele ein hohes Maß an Disziplin, Selbständigkeit und Eigenverantwortung von Seiten der Beteiligten. [138]

Eine Auswahl möglicher Formen von Spielen sind Brett-, Karten- und Anlegespiele. Das allgemein bekannte Brettspiel »Scrabble« bietet eine Vielzahl von Variationsmöglichkeiten und dient beim Fremdsprachenerwerb vor allem dem Wortschatztraining. Es kann sowohl zu zweit als auch in einer kleinen Gruppe gespielt werden. Dabei können die Spielregeln jeweils variiert werden; es kann z.B. Aufgabe sein, nur Substantive oder Verben zu legen, es kann aber auch abgesprochen werden, alle Wortarten und diese auch in deutsch zuzulassen, damit auch Schüler, für die der Erwerb der Schriftform der englischen Sprache nicht bzw. nur beschränkt zu den Lernzielen zählt, mitspielen können. Schülern mit einem sehr begrenzten Wortschatz kann erlaubt werden, ihre Wörter aus dem gesamten Buchstabenrepertoire zu finden. Bei Unsicherheiten sind die Schüler gefordert, sich gegenseitig betreffs der Rechtschreibung weiterzuhelfen.

Auch Quartettspiele, deren Spielkarten in der Regel auf verschiedene Themenbereiche bezogen sind und die ein Zuordnen von Abbildungen und Begriffen erfordern, lassen das Zusammenspiel von Schülern unterschiedlichster Leistungsniveaus zu, da die Fragen nach den fehlenden Karten sowohl auf englisch als auch auf deutsch formuliert werden können.

Für Lerngruppen, in denen Schüler mit erheblichen Beeinträchtigungen des Sehens integriert sind, dürfen keine Spiele eingesetzt werden, bei denen Bilder eine wichtige Rolle spielen und es hauptsächlich auf Lesen und Schreiben ankommt. Geeignet sind hier Spiele der Art »Packing a suitcase«, die vor allem Merkfähigkeit und Vokabelschatz trainieren. Eine Spielform, bei der die Schüler durch ihre eingeschränkte Sehfähigkeit keine Benachteiligung, eher sogar das Gegenteil erfahren, ist die folgende: In einem großen Sack werden verschiedene Gegenstände versteckt. Diese müssen die Schüler zunächst erfühlen und dann möglichst auf englisch beschreiben und benennen. Erfahrungsgemäß eignen sich hierfür sehr gut Puppenstubenmöbel und -utensilien, weil sich die Miniformen gut »erfassen« lassen und einen besonderen Reiz auf die Schüler ausüben. Möchte man bei Kartenspielen die Oberflächen der Spielkarten »erfaßbar« machen, bieten sich vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten durch das Bekleben der Spielgegenstände mit Sandpapier oder Filz.

Situative Spiele

Das Spielen bestimmter Situationen wie Einkaufen, Telefonieren, Arztbesuch u.ä. in Form kleiner Dialoge hat im Fremdsprachenunterricht bereits seit längerer Zeit einen festen Platz. Für geistig behinderte Schüler kann das Spiel auch die Funktion lebenspraktischer Übungen einnehmen (vgl. Kapitel 3.2.5). In diesem Fall muß dann allerdings in weiten Teilen deutsch gesprochen werden und die Anwendung der Fremdsprache in den Hintergrund treten.

Jenen Schülern, die gar nicht sprechen oder denen es schwerfällt, sich in der Fremdsprache zu äußern, bietet das situative Spiel die Gelegenheit, sich pantomimisch auszudrücken. Die anderen Schüler können dadurch angeregt werden, Übersetzerfunktionen zu übernehmen, was auch ihre Aufmerksamkeit erhöht. Folgende Situation ist beispielsweise denkbar: Es wird der Umstand simuliert, daß ein Schüler X, der kein Englisch kann im Urlaub zum Arzt muß. Mit einem Schüler Y klärt er, worum es geht und was er will. Schüler Y hat dann die Aufgabe, in einer Spielszene einem Arzt (gespielt durch den Lehrer oder einen dritten Schüler) zu dolmetschen, worum es geht.

Wenn es darum geht, »Berufe« und das Wortfeld »jobs« zu erarbeiten, können die Schüler mit sprachlichen Einschränkungen die Aufgabe übernehmen, die jeweiligen Berufe durch pantomimische Darstellung (das Secieren einer Mahlzeit, das Fahren eines Autos, das Kneten von Teig, das Löschen eines Feuers usw.) erraten zu lassen. Ihre Mitschüler müssen dann die pantomimisch dargestellten Handlungen bestimmten Berufen zuordnen und sie je nach Leistungs- und Kenntnisstand auf deutsch bzw. englisch benennen oder umschreiben.

Kabel- und Lernkarteien

Das Arbeiten mit Vokabelkarteien stellt eine lernerleichternde, motivierende Alternative zum Vokabellernen nach Vokabelheft oder nach Lehrhoch dar. Eine solche Kartei sollte immer in zweierlei Form vorhanden sein, zum einen als Klassenkartei, in der alle eingeführten Vokabeln gesammelt werden, zum anderen als persönliche Kartei mit dem für die einzelnen Schüler relevanten Vokabelschatz. Die Arbeit mit den persönlichen Karteien bietet den Lernenden zahlreiche Vorteile:

  • Jeder Lernfortschritt ist direkt kontrollier- und sichtbar, da die Karten mit den beherrschten Vokabeln aussortiert werden können.

  • Die Vokabeln können in beliebiger Reihenfolge gelernt werden; die im Lehrbuch vorgegebene Reihenfolge muß nicht eingehalten werden.

  • Durch die Kartei wird systematisches Vokabellernen und das gezielte Lernen der Problemwörter gefördert.

  • Spielerisches Lernen im Umgang mit den Vokabelkarten erhöht den Lernanreiz.

  • Auch nach Abgabe des Lehrbuches bleibt die Kartei quasi als individuelles Wörterbuch erhalten.

Während eines Englisch-Unterrichtspraktikums in einer Klasse, die mit differenzierten Vokabelkarteien arbeitete, konnte die Autorin feststellen, daß selbst die generell eher wenig motivierten und schwerfälligen Schüler äußerst effektiv und selbständig mit dieser Art des Vokabellernens umgingen. Die Klassenkartei wurde insbesondere als Nachschlagemöglichkeit vor allem von den Schülern genutzt, die ihren zunächst eingeschränkten Vokabelschatz selbständig aufstocken wollten. Lernkarteien können verschiedene Formen haben. In der Praxis hat es sich als sinnvoll erwiesen, verschiedene Übungsmaterialien sortiert nach Bereichen wie Rätsel, Grammatik, Wortschatz, Lese- und Hörverstehensübungen der Klasse in mehreren Exemplaren zur Verfügung zu stellen. Diese Materialien sollten mit Selbstkontrollmöglichkeiten ausgestattet und vom Anforderungsniveau her unterschiedlich gestuft sein.

Die Übungsmaterialien werden am günstigsten in Form einer Sammlung von Arbeitsblättern sowie Text- bzw. Aufnahmekassetten (siehe unten) und Anregungen zu bestimmten Übungsformen (wie z.B. Tin-Dictations, vgl. Kapitel 5.2.2) zur Verfügung gestellt. Zur Lösung schriftlicher oder bildnerischer Aufgaben können Lernkarteien als »didaktisch-strukturierte Arbeitsaufträge« eingesetzt werden. Sie sind entweder allein oder mit einem Partner zu bearbeiten. Arbeitsbögen können zur Vertiefung und Übung eines bereits eingeführten Gegenstandes, aber auch in Erarbeitungsphasen zur Verdeutlichung eines bestimmten Aspektes zum Einsatz kommen. Zur Einführung neuer Vokabeln bietet es sich an, Abbildungen der neu einzuführenden Begriffe auf Arbeitsblättern zusammenzustellen, die von den Schülern je nach Leistungsstand zunächst mit den deutschen Wörtern, später mit den englischen Vokabeln beschriftet werden. Arbeitsblätter müssen immer in zwei- bzw. mehrfacher Ausführung angeboten werden, und zwar entweder mit leicht verändertem Schwierigkeitsgrad oder mit unterschiedlichen Übungsschwerpunkten.

Die Entscheidung darüber, wer welche Übungsvariante bearbeitet, sollte den Schülern in der Regel selbst überlassen werden. Unter Umständen ist es jedoch auch erforderlich, für bestimmte Schüler gezielt ein bestimmtes Arbeitsblatt auszuwählen, um Über- bzw. Unterforderungen zu vermeiden. Bei einer geschickten Variation der Arbeitsblätter ist zum einen das differenzierte Üben der jeweiligen Leistungsschwächen, gleichzeitig aber auch eine gemeinsame Ergebniskontrolle möglich [139].

Einsatz von Kassetten und Kassettenrecordern [140]

Die Einsatzmöglichkeiten von Kassetten lassen sich mit Hilfe der folgenden drei Funktionsbereiche beschreiben:

Vokabelkassetten - Vom Lehrer werden in der Unterrichtsvorbereitung im jeweiligen Unterrichtszusammenhang relevante Vokabeln nach dem Muster deutsches Wort - Pause - englisches Wort - Pause auf eine Kassette gesprochen. Der Umfang und die Auswahl der Vokabeln kann individuell auf bestimmte Schüler abgestimmt werden. Für einige ist beispielsweise ein kleiner, dafür aber sicher beherrschter Vokabelschatz wichtiger als die laut Rahmenplan am Ende der jeweiligen Klasse aktiv zu beherrschenden lexikalischen Einheiten. Wenn es, wie es in der Regel bei lernschwächeren Schülern der Fall ist, in erster Linie darum gehen soll, den rezeptiven Wortschatz zu erweitern und zu trainieren, werden zuerst die englischen Vokabeln und dann die deutschen Entsprechungen auf Kassette gesprochen.

Soll bei der Vokabelarbeit auch die Orthographie geübt werden, müssen den Schülern zu den Kassetten Listen mit den entsprechenden Vokabeln zur Verfügung gestellt werden, um auch die Überprüfungsmöglichkeiten der Schreibung weitgehend zu gewährleisten. Die Schüler können dann im Unterricht allein oder in kleinen Gruppen nach einem vorher eingeübten Schema individuell mit den Kassetten arbeiten: In einem ersten Durchgang hören sie z.B. die Vokabeln, lesen mit und sprechen die englischen Bedeutungen nach. In einem zweiten Durchgang hören sie das deutsche Wort, nennen die englische Entsprechung und hören die englische Entsprechung zur Kontrolle. In einem dritten Durchgang hören sie das deutsche Wort, schreiben die englische Vokabel auf, hören zur Kontrolle die englische Vokabel und kontrollieren die Schreibung selbst mit Hilfe der Liste oder lassen sie durch einen Klassenkameraden prüfen. Diese Art des Vokabellernens hat sich in der Praxis als äußerst motivierend und effektiv erwiesen und vor allem als geeignet, neue Vokabeln auf individuelle Weise einzuführen.

Textkassetten - Solche Kassetten werden heute von den meisten Lehrbuchverlagen herausgegeben und sind auf die Lehrbücher abgestimmt. Die Texte und bestimmte Übungen, beispielsweise die zur Aussprache, werden von Englischmuttersprachlern gesprochen. Die Erarbeitung eines neuen Textes kann vor allem durch leistungsstärkere Schüler, aber auch in leistungsgemischten, in jedem Fall jedoch in möglichst kleinen Gruppen, selbständig erfolgen. Der neue Text wird zunächst mehrmals gemeinsam in der Gruppe angehört und still mitgelesen. Für Schüler, die Texte auf Grund von Sehschwierigkeiten nur sehr mühsam bzw. gar nicht lesend erfassen können, ist die Präsentation durch eine Kassette besonders hilfreich. Anschließend beraten sich die Schüler bei Verständnisschwierigkeiten. Zum Abschluß wird der Text mit verteilten Rollen laut gelesen. In der Zeit, in der ein Teil der Schüler den neuen Text selbständig erarbeitet, hat der Lehrer die Möglichkeit, ihn auf die beschriebene Weise nur in viel kleineren Schritten (die die leistungsstärkeren Schüler unterfordern und schnell langweilen würden) mit den leistungsschwächeren Schülern zu erarbeiten.

Aufnahmekassetten - Kassetten können auch dazu genutzt werden, Arbeitsergebnisse oder auch mündlich zu erledigende Hausaufgaben festzuhalten. Die Aufnahmen können vom Lehrer zu Hause abgehört und gegebenenfalls korrigiert und bewertet werden. Diese Art des Einsatzes von Kassetten eignet sich, hervorragend für solche Schüler, für die das Schreiben - wenn nicht gar unmöglich, zumindest ein Handikap ist und einen hohen Zeitaufwand bedeutet.

Collagen

Collagen können angefertigt werden, um Arbeitsergebnisse zu dokumentieren. Das Sammeln und Erstellen von Bildmaterial und Texten läßt Raum für Assoziationen und fördert die Kreativität. Collagen können begleitend oder auch am Ende einer Unterrichtseinheit quasi als Ergebnissicherung erstellt werden.

Während einer Hospitation in einer 10. integrativ arbeitenden Gesamtschulklasse erlebte die Autorin, wie die Schüler in Zweier-, Dreier- oder Vierergruppen am Ende einer Unterrichtseinheit zum Thema »Australien« einzelne Themenschwerpunkte, die sie besonders interessiert hatten, aufarbeiteten. Von den Schülern angefertigte Zeichnungen, selbstverfaßte Texte, kopierte Tabellen und Abbildungen wurden von jeder Gruppe auf großformatigem Papier arrangiert und nach Fertigstellung in der Klasse ausgestellt. Dabei zeigte sich, wie unterschiedlich die Aufgabe angegangen werden konnte:

Ein schwerstmehrfachbehinderter Schüler, der sich selbst auf deutsch nur in äußerst begrenztem Maße verbal verständlich machen konnte und in seiner Motorik schwer gestört war, kopierte eine Anzahl von Abbildungen, schnitt sie aus, setzte sie zu einem großen Bild zusammen und schrieb kreuz und quer über das Poster verschiedene Vokabeln aus der Unterrichtseinheit, Namen australischer Städte, Gegenden und Plätze. Eine andere Schülerin verfaßte auf englisch einen langen Text über die australischen Känguruhs, übertrug ihn, nachdem er von der Lehrerin korrigiert worden war, auf ihr Poster. Sie hatte außerdem verschiedene Fotos von Känguruhs aufgeklebt und dazu eigene Bildunterschriften formuliert. Ein stark lernbehinderter Schüler schrieb den Text eines Liedes über Australien ab und illustrierte ihn. Er war bei seinen Mitschülern wegen seines zeichnerischen Talents sehr gefragt und wurde häufig um zeichnerische Hilfe gebeten, was ihn für seine eigene Arbeit stark motivierte.

Beim Erstellen von Collagen werden die unterschiedlichsten Fähigkeiten und Fertigkeiten angesprochen, wie z.B. das Finden geeigneten Bildmaterials, das Ausschneiden, Aufkleben, Zusammenstellen der Bilder, das Malen und Zeichnen, Beschriften der Abbildungen, das Finden geeigneter Texte, das Verfassen eigener Texte u.ä., so daß wirklich jeder Schüler sich mit seinen persönlichen Möglichkeiten einbringen kann.

Einrichtung einer Informationswand

Eine Informationswand kann dafür genutzt werden, Poster anzubringen, auf denen grundlegende und aktuelle Redemittel, sogenannte classroom phrases, aufgeschrieben werden, mit Hilfe derer die Schüler die Möglichkeit haben, im Unterricht Fragen, Bitten, Zustimmung oder Ablehnung weitgehend auf englisch zu formulieren. Die Zusammenstellung dieser classroom phrases ist während des gesamten Unterrichts präsent und wirkt damit motivierend, die Redewendungen im Unterricht auch anzuwenden. Auf diese Weise werden vor allem jene Schüler unterstützt, die sich die entsprechenden Sätze nur schwer einprägen und behalten können. Bei sehgeschädigten Schülern muß unbedingt darauf geachtet werden, daß sie einen Sitzplatz haben, von dem aus sie das Poster gut lesen können. Ist dies nicht möglich, muß ihnen eine auf ihr Sehvermögen abgestimmte Kopie (für blinde Schüler z.B. in Punktschrift) zur Verfügung gestellt werden.

PIEPH0 betont, daß die Nutzung von Wand- und Schrankflächen für thematisch einschlägige Aushänge von Schülerarbeiten, Collagen, authentischen Materialien, Postern mit immer wiederkehrenden Redewendungen und Vokablen im allgemeinen eine unmittelbar positive Wirkung auf die Bereitschaft der Schüler hat, sich am Lerngeschehen zu beteiligen. An solchen Informationswänden kann auch eine Ecke eingerichtet werden, auf der ein bis drei Schüler pro Englischstunde ihren Mitschülern nach dem Motte »Bring a word each lesson« ein neues Wort präsentieren, das für sie von Bedeutung ist, das sie »blöd« finden, weil sie es sich nie merken können, das sie immer schon mal lernen wollten oder das ihnen einfach gefällt. In einer von mir eine Zeit lang regelmäßig besuchten Integrationsklasse eigneten sich auf diese Weise vor allem auch jene Schüler, die ansonsten Probleme mit dem Vokabellernen hatten, erstaunlich viele und auch komplizierte Vokabeln geradezu »spielend« an. Ein autistischer Schüler und eine erheblich lernbehinderte Schülerin fielen mir in diesem Zusammenhang besonders auf. Sie waren sehr stolz, wenn die anderen ihr Wort lernen mußten und dieses im Unterricht im Rahmen von Übungen immer wieder auftauchte.

In der Literatur wird immer wieder darauf hingewiesen, daß die beschriebenen Handlungsmuster keine Garantie für einen besseren Unterricht darstellen, es durch ihren Einsatz jedoch in der Regel auch in höheren Klassen gelingt, den Unterricht vielseitiger zu gestalten, die Schüler differenziert anzusprechen und eine entspannte Unterrichtsatmosphäre zu schaffen, die bei allen Schülern eine Steigerung von Interesse, Konzentration, Ausdauer, Aktivität und Lernzuwachs schaffen. Für den integrativen Rahmen haben die genannten Handlungsmuster wegen ihrer vielfältigen Interaktionsräume zwischen Schülern unterschiedlichster Leistungs- und Lernstände ganz besondere Bedeutung und gerade der Fremdsprachenunterricht wird durch sie für alle zu einem aktiven Aneignungsprozeß anstelle eines Abgefüllt-Werdens wie unter dem berühmten Nürnberger Trichter.

5.4.2 Unterrichtsmaterialien und ihre Gestaltung

Zweifellos sind vor allem solche Materialien in hohem Maße zielgruppen- und lernzielgerecht, die für eine bestimmte Unterrichtssituation und Lerngruppe mit besonderem Blick auf bestimmte Schüler eingesetzt werden. Es muß aber auch gesehen werden, daß das Zusammenstellen und das häufig notwendig werdende Entwickeln der Materialien vor allem auch hinsichtlich der Einbindung sonderpädagogischer Lerninhalte eine enorm zeitaufwendige und komplexe Angelegenheit ist. Das Verlagsangebot ist für die freie Arbeit zwar in den letzten Jahren immer größer geworden, es kann jedoch längst nicht alles, was angeboten wird, auch sinnvoll Verwendung finden und oft sind die Angebote ihren Preis nicht wert. Um individuelle, lerngruppenspezifische Materialien selbst zu erstellen, bieten sich Halbfertigangebote an, die unter Berücksichtigung besonderer bzw., wenn nötig, auch sonderpädagogischer Aspekte ausgearbeitet werden können.

JÜRGENS nennt die folgenden übergreifenden Kriterien, die die Materialien, egal ob selbstentwickelt oder übernommen, in jedem Fall erfüllen sollten:

  • Die Materialien müssen selbständig zu bearbeiten sein (Aufgaben verständlich formuliert und lösbar, Spielregeln nachvollziehbar und eindeutig).

  • Die Materialien müssen Selbstkontrolle ermöglichen (Lösungen z.B. auf der Rückseite der Karteikarten, erkennbar durch das Entstehen eines Musters).

  • Eine Einheit des Materials muß zeitlich überschaubar sein (z.B. ein Arbeitsblatt, eine Karteikarte auch von einem langsamen Schüler in ca. 20 Minuten zu bearbeiten - und zu kontrollieren sein).

  • Die Materialien sollten verschiedene kognitive Stufen und möglichst viele Schwierigkeitsstufen abdecken (Materialien aus dem vergangenen und auch aus dem nächsthöheren Schuljahr in das Angebot integrieren). [141]

Arbeitsmittel, bei deren Entwicklung keine besonderen pädagogischen und didaktischen Kriterien berücksichtigt werden müssen, können von den Schülern in Eigenarbeit anfertigen werden. Als Beispiele sind u.a. Karten- und Lernspiele wie Memory, Bingo und Quartett, Rätsel, Reime, Wort-, Klatsch- und Sprechspiele, Wörterhopsen, Kassetten und Eigen-Fibeln zu nennen. Die Herstellung eines Wort-Bild-Dominos (etwa zum Thema »Tiere«) oder verschiedener Quartettspiele zu bestimmten Wortfeldern (Kleidungstücke und Farben lassen sich beispielsweise ideal verbinden) kann unter entsprechender Anregung und Anleitung von den meisten Schülern mühelos bewältigt werden. Dabei setzen sich die Schüler schon beim Herstellen der Arbeitsmaterialien aktiv mit der zu erlernenden Sprache auseinander.

Quartettkarten zum Thema Tiere

Das Herstellen der Materialien soll im Idealfall immer in Kooperation mehrerer Schüler und wenn möglich fächerübergreifend stattfinden. Wenn das Herstellen von Arbeitsmaterialien bildnerisches Gestalten erfordert, bietet sich die Kooperation mit dem Werk- oder Kunstunterricht an. Die Schüler haben dann die Möglichkeit, ihre Materialien zügig herzustellen und können sie so umgehend im Englischunterricht nutzen. Auch Freiarbeitsphasen eignen sich gut für das Herstellen von Arbeitsmitteln.

Die selbsthergestellten Arbeitsmaterialien, Hefter mit Liedsammlungen, Rätseln und Spielen sollen in der Klasse gesammelt und so organisiert werden, daß sie allen Schülern jederzeit frei zugänglich sind und ihnen besonders auch in Freiarbeitsphasen immer zur Verfügung stehen.

5.4.3 Computereinsatz

Bevor abschließend auf die konventionellste unterrichtliche Gestaltungshilfe - das Lehrbuch und dessen Einsetzbarkeit im integrativen Englischunterricht eingegangen wird, soll in diesem Abschnitt noch aufgezeigt werden, welche Möglichkeiten der Computer bietet, um den Fremdsprachenunterricht von Schülern mit besonderem und sonderpädagogischem Förderbedarf effektiver zu gestalten. Dabei kann es hier nicht darum gehen, die generelle Diskussion um den Nutzen oder Schaden des Computers im Unterricht darzustellen. Es werden aus dieser Diskussion lediglich die Aspekte herausgegriffen werden, die auch im Zusammenhang des Hauptanliegens dieses Buches relevant sind. Es geht vor allem darum, den Wert des Einsatzes eines Computers für Schüler mit besonderem und sonderpädagogischem Förderbedarf im Fremdsprachenunterricht abzuschätzen und abzuwägen, und es gilt zu fragen, inwieweit durch den Computer unmittelbaren Lernerschwernissen in präventiver, rehabilitativer oder kompensatorischer Weise entgegengewirkt werden kann - mit anderen Worten - welche Möglichkeiten der Einsatz eines Computers welchen Schülern in welcher Form bietet.

Der Einsatz eines Computers im binnendifferenzierenden Fremdsprachenunterricht kann unter verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen. In der Regel geht es bei seinem Einsatz nicht nur um eine Verbesserung der pädagogischen Hilfen. Im Rahmen bestimmter Aufgaben kann dem Lehrer durch den Computer auch zu einem großen Teil zeitaufwendige Fehlerkorrektur abgenommen werden. Prinzipiell muß beim Einsatz des Computers im Unterricht unbedingt immer beachtet werden, welchen hemmenden bzw. fördernden Einfluß er auf die verschiedenen Persönlichkeiten der Schüler, auf ihre motorische, kognitive, emotionale und intellektuelle Entwicklung haben kann. SCHÄFFER hält den Computer im Unterricht mit geistig behinderten und schwerstmehrfachbehinderten Schülern unter den üblicherweise verwendeten Medien für das geeignetste. Ihrer Meinung nach bietet der »Computer als ein Medium im Unterricht auf Grund seiner spezifischen Fähigkeiten zur Anpassung an den Förderbedarf des jeweiligen Schülers wirksame Fördermöglichkeiten, sowohl in pädagogischer als auch in technischer Hinsicht«. Durch computergestütztes Training wird es ihrer Auffassung nach möglich, lernbehindernde Verhaltensmuster gezielt zu therapieren und defizitär ausgebildete kognitive Fertigkeiten zu fördern. SCHÄFFER stellt fest: »Lernstrategien mit den Kriterien einer logischen Aufgabenanalyse, der kleinsten Schrittabfolge bei entsprechenden Aufgaben und wiederholte Übungsdurchgänge mit intermittierender Verstärkung bewirken bei geistig- und schwerstmehrfachbehinderten Schülern eine deutliche Lernzeitverkürzung, die Zunahme von Neugierverhalten, verbesserte Aufmerksamkeit, besseres Sozialverhalten und gesteigerte Ausdauer« [142].

Der Computer kann im Fremdsprachenunterricht vor allem auch als Hilfe zum Ausgleich von Ausfällen im weitesten Sinne genutzt werden. Er kann eine wichtige Funktion in Form eines Ausgleichs motorischer, sensorischer und verbaler Defizite übernehmen. Stark sehgeschädigte Schüler können an einem Computer mit Hilfe der Vergrößerung der Schrifttypen schreiben, was handschriftlich nicht bzw. nur sehr langsam und mit schwer lesbaren Resultaten möglich wäre. Sogar blinden Schülern wird durch den Einsatz einer speziellen Punktschrifttastatur und eines entsprechenden Druckers das Schreiben ermöglicht. Mit speziellen Programmen kann sowohl in Schwarzschrift als auch in Punktschrift ausgedruckt werden. Die technischen Fortschritte auf diesem Gebiet sind bemerkenswert.

Für Schüler, die gar nicht bzw. nur sehr schwer verständlich sprechen können, ist der Computer eine ideale Kommunikationshilfe. Der Computer kann aber auch als Rechtschreibhilfe besonders im Fall von Lese-Rechtschreibschwächen arbeitserleichternd eingesetzt werden [143]. Es besteht also nicht nur die Möglichkeit der Entlastung des Schreibens von motorischen, sondern auch von orthographischen Schwierigkeiten. Durch den Einsatz spezieller Computerprogramme und eines bzw. mehrerer Computer kann der Umgang mit der von fast allen Schülern als lästig empfundenen und von Schülern mit Lese-Rechtschreibschwäche geradezu gefürchteten Orthographie durchaus zu einer lustvollen Beschäftigung werden. Es existiert bereits eine beachtliche Anzahl von Übungsprogrammen mit verschiedenen Schwerpunkten, die zum Teil so phantasievolle Namen tragen wie » Vowel Power«, »Mighty Verbs«, »Homonym Heroes« [144]. Im Rahmen dieser Programme geht es in immer leicht variierter Form darum, lexikalische Einheiten in den Computer einzugeben und diese dann durch ein speziell abgestimmtes Programm auf ihre Richtigkeit hin überprüfen und korrigieren zu lassen. Auf diese Weise werden die Schüler bis zu einem gewissen Grad frei von Lehrerhilfen. Es muß jedoch unbedingt darauf geachtet werden, daß sie dabei nicht in eine nur schwer revidierbare Abhängigkeit von der »Computer-Krücke« geraten. HOPE/TAYLORIPUSACK sehen einen der klarsten Vorzüge des Computers darin, daß er dem Einzelnen unmittelbar Rückmeldung zu seinen Fehlern und Fortschritten gibt. In der Regel wird der Schüler zunächst darauf aufmerksam gemacht, daß das Geschriebene nicht korrekt ist. Er wird dann aufgefordert, es nochmals zu überprüfen, kann dann gleich die korrekte Form abrufen und durch Vergleich der Versionen den Fehler herausfinden. HOPE/TAYLOR/PUSACK führen dazu näher aus: »Der Computer erlaubt eine Eins-zu-eins-Interaktion. Die Kontrolle über das Geschehen ist ziemlich gleichmäßig auf Schüler und Maschine verteilt: Der Computer stellt Fragen und besitzt die Antworten; der Schüler bestimmt, wann er den Computer ein- bzw. ausschaltet, welchen Stoff er durchnehmen und wie schnell er vorgehen will. Schüler haben selten eine derartige Macht über ihren Lehrer. Lehrer sind selten so geduldig« [145] Diese Form der Textbearbeitung wird mit großer Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft eine Grundfertigkeit werden.

Der Computer ermöglicht also die für den binnendifferenzierenden Unterricht so außerordentlich wichtige individuelle, flexible Anpassung von

Tempo und inhaltlichen Schwierigkeiten. Er bietet den Lernenden folgende Möglichkeiten:

  • gesteigerte Eigenaktivität,

  • in individuellem Tempo zu arbeiten,

  • bei noch nicht bewältigten Übungsstufen länger zu verweilen,

  • gefühlsneutrale Rückmeldungen über Erfolg und Mißerfolg, d.h. ohne negative Bewertung durch den Lehrer und ohne »beunruhigenden« Vergleich mit den anderen Kindern [146].

Die Arbeit mit dem Computer bietet außerdem den Vorteil des direkten sieht- und ablesbaren Lernzuwachses bei Wiederholung der Übungen. Lernergebnisse müssen der Klasse nicht unmittelbar mitgeteilt werden, was vor allem Schüler mit großen Lernschwierigkeiten und Versagensängsten ruhiger arbeiten läßt. Gegenüber der Arbeit im Sprachlabor, in dem die Schüler lediglich die Möglichkeit haben, auf die eingespielte Kassette zu reagieren und ab und zu mit dem Lehrer zu interagieren, bietet die Arbeit am Computer in Kleingruppen entschieden mehr Möglichkeiten interaktiver und kommunikativer Lernprozesse. Dabei hat sich die Arbeit in Zweier-Gruppen für den Lernzuwachs in der Praxis als optimal erwiesen, besonders dann, wenn ein schwächerer Schüler mit einem leistungsstärkeren zusammenarbeitet. Wenn mit Wochenplänen oder anderen Formen offenen Lernens gearbeitet wird, läßt sich die Arbeit am Computer gut als eine Station dieser Arbeitsphasen einplanen.

Voraussetzung für die Bedienung eines Computers ist die minimale Bewegungsfähigkeit irgendeines Körperteils. Durch verschiedenste Adaptionen ist es inzwischen möglich, auch Schülern mit extremen Bewegungseinschränkungen und sehr geringem Koordinationsvermögen Tastaturen zur Verfügung zu stellen, die ihnen die Nutzung eines Computers ermöglichen [147]. Der Autorin ist beispielsweise der Fall eines als schwerbehindert eingestuften Mädchens namens Agnes bekannt. Sie besitzt keine Sprachfähigkeit und kann auf Grund schwerer Koordinations-Störungen auch mit Hilfe einer Schreibmaschine nicht schreiben, ist in ihrer kognitiven Entwicklung aber kaum eingeschränkt. Diesem Mädchen wurde es dank eines Computers und speziell für sie entwickelter Programme möglich, am Unterricht einer Regelschule teilzunehmen - und zwar erfolgreich.

Die Bedienung des speziell für sie zur Verfügung gestellten Computers erfolgt hauptsächlich über eine Tastatur, die aus fünf großflächigen Schalfern besteht, mit denen der Cursor bewegt und Markierungen auf dem Bildschirm vorgenommen werden können. Viele der im Lehrbuch und Workbook vorgegebenen Übungen wurden von Agnes' Mutter so in den Computer eingegeben, daß sie für das Mädchen als Multiple-Choice-Aufgaben zur Verfügung stehen. Werden diese Aufgaben in der Klasse besprochen, kann Agnes sich über die Vermittlung einer Einzelfallhelferin, die sich für sie meldet und vorliest, was sie »geschrieben« hat, mittelbar in das Unterrichtsgeschehen einklinken. Über speziell erstellte Programme hat das Mädchen auch außerhalb von Übungssituationen vielfältige Möglichkeiten zu kommunizieren und am Unterrichtsgeschehen aktiv teilzunehmen - allerdings immer mit Hilfe der Vermittlung einer Einzelfallhelferin oder eines Mitschülers.

All diese Gesichtspunkte zeigen, wie unentbehrlich die Arbeit am Computer als Element eines individualisierenden und binnendifferenzierenden Unterrichts ist. Der Einsatz verschiedener Lernprogramme trägt ganz allgemein zur Vielgestaltigkeit des Fremdsprachenunterrichts bei und erleichtert den Fremdsprachenerwerb für alle Schüler. Wenn der Lehrer oder eine ihn unterstützende Person (das könnte unter Umständen sogar ein Schüler sein) über ausreichende Programmierkenntnisse verfügt bzw. wenn ausbaufähige Grundprogramme existieren, können für jeden Schüler Programme erstellt werden, die auf individuelle Fehlerschwerpunkte abgestimmt sind. In der Regel sind die Schüler sehr stolz darauf, mit einem eigens für sie erstellten Programm zu üben. Ihre Motivation damit zu arbeiten ist meist besonders groß. Auch lernschwächere Schüler haben durch gute Lernprogramme, in deren Rahmen nicht nur auf Fehler hingewiesen wird, sondern auch Erklärungen, Regeln usw. abgerufen werden können, die Möglichkeit, unabhängig vom den Einhilfen des Lehrers völlig selbständig zu lernen. Unter den verschiedenen Typen von Lernprogrammen sind es vor allem die Drills [148] von grammatischen Strukturen, die am Computer von den meisten Schülern problemlos bewältigt werden können. Der Lehrer wird auf diese Weise vom leidigen »Pauken« mechanischer, aber nichtsdestotrotz von Zeit zu Zeit notwendiger Aufgaben weitgehend entlastet.

BEGEMANN befürwortet den Einsatz des Computers vor allem deshalb, weil er Schüler unterschiedlichster Lerndispositionen zum Lernen zu aktivieren und ihre Interessen zu wecken vermag. Er führt aus:

  • Die Schüler erhalten sofortige Rückmeldung.

  • Aufgaben können durch das Einbeziehen bewegter Bilder, durch die z.B. Situationen animiert werden können, in die die Schüler möglicherweise einmal im Zusammenhang mit der Fremdsprache kommen können, sehr anschaulich gestaltet werden.

  • Der Computer bietet sehr unterschiedliche, leicht zu variierende Übungsmöglichkeiten.

  • Es besteht (vor allem für leistungsstärkere Schüler) die Möglichkeit, selbst Aufgaben oder Varianten von Übungen zu erfinden. [149]

In der Diskussion um das Für und Wider des Computers im Fremdsprachenunterricht wird häufig der unangemessen hohe Einarbeitungsaufwand für Lehrer, die im allgemeinen noch keinerlei Erfahrungen mit dem Einsatz von Computern im Fremdsprachenunterricht haben, kritisiert. Diese Kritik aber hat nur bedingt ihre Berechtigung. Die intensive Einarbeitung in das Medium und das Softwareangebot ist notwendig und erfordert unbestreitbar sehr arbeitsintensiven Einsatz. Nach Einarbeitung trägt der Computer bei gezieltem Einsatz jedoch zu einer Entlastung des Lehrers bei und macht ihn für das verstärkte individuelle Eingehen auf Schüler, für die ein besonderer Bedarf besteht, verfügbar. Eine andere häufig geäußerte Kritik lautet, die Software betone in zu starkem Maße vor allem den schriftlichen Aspekt des Lernens. Auch diese Kritik hat ihre Berechtigung. Andererseits bietet der Computer durch die oben angesprochenen Möglichkeiten des Einsatzes besonderer Lernprogramme Schülern, für die der Erwerb der Schriftsprache nur sehr bedingt möglich ist und deshalb auch nur in eingeschränktem Maße ein Lernziel darstellt, eine echte Chance, wenigstens bis zu einem gewissen Grad an die Schriftform der Fremdsprache herangeführt werden zu können.

Der Einsatz des Computers im binnendifferenzierenden Fremdsprachenunterricht rechtfertigt sich also aus mehreren Gründen. Darüber hinaus bedeutet der Umgang und die Arbeit mit dem Computer die Nutzung eines der wichtigsten Medien des kulturell-technischen Entwicklungsstandes unserer modernen Gesellschaft für den Fremdsprachenunterricht. Die Heranführung an den Computer und seine Nutzung ist in der heutigen Zeit unverzichtbar, vor allem in Hinblick darauf, daß die Mündigkeit aller Schüler im Umgang mit diesem Medium gefördert werden muß.

5.4.4 Das Lehrbuch

Neben den vielen Möglichkeiten des Einsatzes alternativer Unterrichts-mittel und Medien spielt natürlich auch das bisher kaum erwähnte althergebrachte Lehrbuch noch eine Rolle. Die Beschäftigung mit der Frage, wieweit die bisher gängigen Englischlehrwerke im integrativen Fremdsprachenunterricht einsetzbar sind, ist in mehrerlei Hinsicht interessant. Generell wird von einem hohen Grad an Sequentialität des Sprachenlernens ausgegangen. Das bedeutet, jeder Lernschritt baut immer auf bestimmte vorausgegangene, für das erfolgreiche Lernen zwingend notwendige Lernschritte auf. Nach dieser Annahme sind die bis dato gebräuchlichen Lehrwerke konzipiert. Die moderne Fremdsprachenerwerbsforschung wirft zwar Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahme auf, die Orientierung an den innerhalb eines Jahres zu präsentierenden wichtigsten Elementen der Sprache, wie die Lehrwerke sie in bezug auf grammatische Themen, einen bestimmten Vokabelschatz und Übungsangebote für die auszubildenden sprachlichen Kompetenzen zusammenstellen, bieten jedoch zweifellos eine nicht zu unterschätzende Planungserleichterung für die Lehrer. Eine am Lehrwerk orientierte Strukturierung des Gesamtverlaufs des Unterrichts ist daher als Basis für die Unterrichtsplanung durchaus sinnvoll. Der Lehrgang eines Lehrbuches darf allerdings nicht als unverrückbarer Maßstab für das, was im Laufe eines Lernjahres erreicht werden soll, eingesetzt werden - vor allem im integrativen Rahmen nicht. »Das Lehrbuch ist nicht das Curriculum«, schreibt ASHEUER. »Lehrgänge sind umso besser, je weniger sie die Lehrenden und Lernenden gängeln, je weniger sie deren Blickfeld und Handlungsspielraum einengen und je mehr sie als anregender, vielfältiger Ideen- und Materialpool genutzt werden können«. [150] BÖRNER drückt dies sehr bildlich aus, indem er sagt: »Das Lehrwerk darf nicht einengendes Korsett sein, sondern muß Geländer und Steinbruch zugleich werden.«

Es stellt sich die Frage, inwieweit sich die Arbeit mit einem Lehrbuch und eine differenzierende Unterrichtsgestaltung vereinbaren lassen. Die meisten Verlage erheben für ihre derzeit zugelassenen Lehrbücher den Anspruch, besonders auch für den Unterricht in heterogenen Lerngruppen geeignet zu sein. UNRUH bestätigt dies, wenn er sagt, daß sich insbesondere der Fremdsprachenunterricht für eine Öffnung durch Wochenplanarbeit besonders eignet, weil die meisten Lehrwerke eine Fülle von brauchbaren Materialien enthalten. Tatsächlich ist auch in den meisten Lehrwerken immer ein Teil der Texte und Übungen als fakultatives Angebot angelegt, das vor allem in binnendifferenzierten Unterrichtsphasen eingesetzt werden kann. Leider handelt es sich jedoch in der Regel lediglich um eine Aufstockung des Lernpensums durch zusätzliche Übungen und Texte, die das Fundamentum keinesfalls bereichernd ergänzen. Auch HUG vertritt - basierend auf Unterrichtserfahrungen in integrativen Hauptschulklassen - die Auffassung, daß, wer sich im integrativen Englischunterricht allein auf das Lehrbuch stützt, Schiffbruch erleiden muß.



[94] DAXBACHER/BERGER 1993, 243

[95] SCHLEY 1989, 330

[96] Vgl. KREIE 1998 (4), 287

[97] DAXBACHER/BERGER 1993, 243

[98] SCHÖLER 1997, 16

[99] dazu auch SCHÖLER 1997.

[100] FRITZ 1991, 71

[101] SCHÖLER 1997, 12

[102] SCHÖLER 1997, 7

[103] FRITZ 1991, 66 f

[104] SCHÖLER 1997, 40

[105] SCHÖLER 1997, 20 ff

[106] SCHLEY 1989, 289

[107] FRITZ 1991, 66

[108] DAXBACHER/BERGER 1993, 252

[109] DAXBACHER/BERGER 1993, 244

[110] KOMMISSION "ANWALT DES KINDES" Zit. in: FRITZ 1991, 46

[111] QUENSTEDT 1994, 431

[112] HOFFMANN/NIERMEYER 1989, 186

[113] PODLESCH 1998, 27

[114] HOFFMANN/NIEDERMEYER 1989, 183

[115] FRIEDMANN/NÖLKE 1994, 42 - 47

[116] FEUSER 1998 (4), 224

[117] FRITZ 1991, 70

[118] Die Schüler werden an dieser Schule in einigen Fächern ab der 7. Klasse in Grund- und Erweiterungskursen unterrichtet. In der Regel werden die Grundkurse, die zahlenmäßig meist kleiner sind als die Erweiterungskurse, nur von den leistungsschwächeren Schülern besucht.

[119] GÜHRS/KERSTIN 1993, 226

[120] GÜHRS/KERSTIN 1993, 227

[121] WILKEN 1991, 239

[122] SCHLEY 1989, 184

[123] MUTH 1986, 60f

[124] Tandembögen stellen eine Form der Gestaltung von Übungsaufgaben dar, die mit einem Partner zu bearbeiten sind. Dabei erhält der eine Schüler ein Blatt mit Aufgaben, die er bearbeitet. Der andere Schüler erhält ein Blatt mit den Lösungen und führt gewissermaßen eine Kontrollfunktion aus. Diese Rollen werden selbstverständlich im Rahmen der Übung gewechselt. Bei einer anderen Bearbeitungsmöglichkeit lösen zwei Schüler eine Aufgabe gemeinsam, z.B. im Rahmen der Erstellung eines Dialoges. Beide Schüler haben jeweils die durcheinandergemischten Äußerungen je einer am Dialog beteiligten Person und müssen gemeinsam herausfinden, in welcher Reihenfolge die einzelnen Teile einen Dialog ergeben.

[125] MUTH 1986, 76

[126] SANDFUCHS 1994, 8

[127] KROHN 1994, 7

[128] POPPE 1989, 165

[129] JÜRGENS 1993, 50

[130] KAHL/UNRUH 1993, 13 f

[131] BÖRNER 1990, 17

[132] HOFFMANN/ NIERMEYER 1989, 187

[133] UNRUH 1994; 8

[134] PETERS 1989, 194

[135] BASTIAN/GUDJONS 1990, 27 f

[136] Notting Hill Gate 3A/3B, Diesterweg 1995

[137] GRAHAM 1979

[138] POPPE 1989, 169 f

[139] K1RK 1994, 30

[140] In den Ausführungen zu diesem Teilaspekt des Kapitels wurden vor allem die Anregungen, die UNRUH (1994, 10) zum Thema Einsatz von Kassetten im Fremdsprachenunterricht gibt, übernommen.

[141] JÜRGENS 1993, 49

[142] SCHÄFFER 1993, 323

[143] HAMEYER 1987, 20

[144] JUNG 1984, 86

[145] HOPE TAYLOR/ PUSACK 1985, 8 f

[146] HACKETHAL 1987, 111

[147] vgl. dazu: HAMEYER 1987, 225 f

[148] »Drills setzen voraus, daß der Schüler den einzuübenden Stoff bereits kennt, so daß er daran gehen kann, Regeln anzuwenden, mit konkreten Fällen zu arbeiten und seine eigene Stoffbeherrschung zu überprüfen. Mit Drills können bestimmte Punkte im Wissen der Schüler getestet werden. >Schlechter< Grammatikdrill zielt auf ein stures Auswendiglernen von Formen; >guter< Grammatikdrill erzielt seinen Lerneffekt durch die Förderung von Regelverständnis und durch hilfreiche Fehlerkorrekturen« (vgl. HOPE/TAYLOR/PUACK 1985, 18).

[149] BEGEMANN zit. in: HAMEYER 1987, 17

[150] ASHEUER 1991, 96

6. Stichwort Lehrbücher: Behinderte kommen (fast) nicht vor

Aus dem Thema dieses Buches und vor dem Hintergrund einer steigenden Zahl integrativ betreuter Schüler ergibt sich unter anderem auch folgende Frage: Wird in den Lehrbüchern auf Themen wie »Behinderte/ Behindertsein« eingegangen und wenn ja, in welcher Form? Von Interesse ist vor allem, inwieweit Lehrer auf entsprechende Themen in Lehrbüchern zurückgreifen können, wenn sie das Prinzip der Lebensweltorientierung (vgl. Kapitel 4.2) in Hinsicht auf die besonderen Belange behinderter Schüler umsetzen wollen. Immerhin wird durch den Rahmenplan für den Englischunterricht ein großer Themenkomplex, der mit »Minoritäten« überschrieben ist, vorgegeben. Es wäre daher vorstellbar, daß unter verschiedenen Themenbereichen wie »Sports«, »Going an a holidaytrip« usw. behinderungsspezifische Aspekte berücksichtigt werden oder sich unter den im Lehrbuch agierenden Personen auch Menschen mit Behinderung befinden.

GLAAP untersucht den im Rahmenplan vorgegebenen Themenkomplex »Minoritäten« und stellt fest, daß, nachdem anfänglich lediglich die Problematik der schwarzen Bevölkerung und die der Indianer in den USA im Lehrangebot berücksichtigt wurde, nach und nach auch Immigranten in Großbritannien, die Aborigines in Australien und die Eskimos in Kanada eine Rolle spielen. Diese für die englischsprachigen Länder spezifischen Bevölkerungsgruppen stellen unbestreitbar einen wichtigen Teil im Prozeß des Kennenlernens der Zielkultur dar. Alte, Behinderte, Obdachlose und Drogenabhängige und die mit ihnen verbundenen Problematiken, die es in so gut wie allen Kulturen gibt, sind jedoch ebenfalls unübersehbare Minderheiten, die bisher unverständlicherweise von den Curriculumskommissionen größtenteils ausgeklammert wurden.

Mit Blick auf das Ziel der Lebensweltorientierung der Schüler ist dies ein nicht zu tolerierendes Versäumnis, wird doch durch die Behandlung dieser Themen nicht nur ein Problembewußtsein für die andere Kultur, sondern auch für die eigene Gesellschaft geweckt! Das Argument, die Schüler seien für die angesprochenen Themen nicht zu motivieren, kann nicht gelten. Schließlich ist es eine der Hauptaufgaben des Fremdsprachenunterrichts, Verantwortungsbewußtsein und Orientierungshilfen im inter- aber auch im innerkulturellen Miteinander zu schaffen. Probleme der oben genannten Menschen, die heutzutage Teil fast einer jeden Gesellschaft sind, dürfen auf keinen Fall aus dem Unterricht ausgeklammert werden. Sie müssen unbedingt auch dann, wenn in einer Lerngruppe kein »konkreter Anlaß« zum Einbeziehen der entsprechenden Thematiken gegeben ist, ins Blickfeld gerückt werden.

Die Durchsicht einer Auswahl [151] der in Berlin zur Zeit zugelassenen Englischlehrwerke fair die 5., 6., 7. und 8. Klassen hat in Hinblick auf Texte und Arbeitsmaterialien, die einer Beschäftigung mit dem Thema der Behinderung im Englischunterricht dienlich sind, folgendes ergeben:

In dem von Cornelsen herausgegebenen Lehrbuch ENGLISH H 2 für das 6. Schuljahr gibt es unter dem Titel »Sport for everybody« lediglich eine Seite mit knappen bebilderten Berichten (vgl. ENGLISH H 2, 1983, 54) junger, körperbehinderter Menschen, die erzählen, welche Auszeichnungen sie als Sportler trotz ihrer Körperbehinderung errungen haben. Ein weiterer Anstoß, das Thema »Behinderung« im Fremdsprachenunterricht aufzugreifen, findet sich in dem bei Schroedel erschienenen Lehrwerk SPEAK ENGLISH - FREEWAY 3, vorgesehen für das 7. Schuljahr an Haupt- und Gesamtschulen. In diesem Lehrwerk findet sich ein zweiseitiger Dialogtext, der in einem Abschnitt zum Inhalt hat, wie Schüler, die durch den Verkauf ausrangierter Dinge etwas Geld zusammenbekommen haben, dieses Geld verwenden. Ergebnis: das Geld soll unter anderem für wohltätige Zwecke zur Verfügung gestellt werden, und zwar zum einen einer Organisation, die Blindenhunde ausbildet und zum anderen dem Bau eines körperbehindertengerechten Sportzentrums (vgl. SPEAK ENGLISH - FREEWAY 3, 1985, 85). Eine ausdrückliche Thematisierung der Situation von Behinderten findet nicht statt.

Auf eine briefliche Anfrage bei den in der Fußnote genannten Verlagen, ob und in welcher Weise in ihren Englisch-Lehrwerken der zunehmend praktizierten Integration behinderter Schüler Rechnung getragen wird, erhielt die Autorin von Cornelsen, Schroedel, Diesterweg und Klett Antwort.

Der Cornelsen-Verlag bedauerte, bisher das Thema »Behinderung/ Behindertsein« - abgesehen von dem oben erwähnten Text - nicht berücksichtigt zu haben, nahm die Anfrage jedoch als lohnende, »berücksichtigenswerte Anregung« auf und gaben an, sie »an geeigneter Stelle« aufgreifen zu wollen.

Auch der Schroedel Verlag empfand die Anfrage als wichtige Anregung, die »in der inhaltlichen Gestaltung neuer Lehrwerke unbedingt Berücksichtigung finden« sollte und bat sogar um Anregungen und Mitwirkung bei der Umsetzung dieser Aufgabe.

Vom Diesterweg-Verlag wurde der Autorin der Vorabdruck eines neuen Englischlehrwerkes zugesandt, in dem auf das Thema »Behinderte Menschen in unserer Gesellschaft« unter verschiedenen Aspekten (Sport, Lebensgeschichte eines spastisch gelähmten Mannes, Möglichkeiten und Schwierigkeiten behinderter Menschen in unserer Gesellschaft) eingegangen wird.

Der Klett-Verlag machte auf die folgenden Texte und Unterrichtseinheiten, aus verschiedenen Lehrwerken aufmerksam [152]:

In den Lehrwerken LEARNING ENGLISH, GREEN LINE 1 (New), vorgesehen für den Einsatz am Gymnasium und LEARNING ENGLISH, RED LINE 1 (New), das für den Einsatz an Realschulen vorgesehen ist, wird den Schülern ein Dialogtext vorgegeben, in dem es um einen Volkslauf geht. Dieser wird von einer Klasse mit dem Ziel veranstaltet, Sponsoren für eine Skireise nach Österreich zu gewinnen. Sally, einer auf einen Rollstuhl angewiesenen Schülerin, wird auf diese Weise geholfen, die Reise zu finanzieren (vgl. LEARNING ENGLISH, GREEN LINE 1 (New), 1995, 117 - 119 / LEARNING ENGLISH, RED LINE 1 (New), 1995, 118 - 119 (fakultativ)).

Der Text, der nach Vorstellung der Lehrbuchautoren nach seiner Erarbeitung als Theaterstück aufgeführt werden sollte, ist insgesamt wenig motivierend gestaltet und wirkt lebensfern. Er bietet außerdem kaum Anknüpfungspunkte für näheres Eingehen auf behindertenspezifische Belange.

In LEARNING ENGLISH, GREEN LINE 6, vorgesehen für den Einsatz an Gymnasien, gibt es einen kurzen Text, in dem ein junger Mann vorgestellt wird, der sich im Rahmen seiner Tätigkeit als Kinderbetreuer um einen mehrfachbehinderten Jungen kümmert, ihn von der Schule abholt, ihm bei den Hausarbeiten und der Arbeit mit einem Computer hilft und mit ihm Übungen zur Verbesserung seiner Motorik durchführt (vgl. LEARNING ENGLISH, GREEN LINE 6, 1990, 57). Der Text ist durchaus als Anregung zum Nachdenken über Maßnahmen, durch die behinderte Menschen im Alltag unterstützt werden können, einsetzbar. In den angefügten Arbeitsaufträgen wird das Gewicht allerdings leider ausschließlich auf die Frage nach typisch männlichen bzw. typisch weiblichen Tätigkeiten gelegt.

Im LEARNING ENGLISH, COMPACT COURSE 2 (New) (vgl. 1992, 83 ff) gibt es eine ganze Unterrichtseinheit, in der Behinderte eine dominierende Rolle spielen. Sie ist sprachlich allerdings ausgesprochen anspruchsvoll. Es geht darin unter anderem um ein Projekt, in dessen Rahmen eine Gruppe von Schülern sich über Hilfsmittel für Behinderte informiert und im Anschluß selbst welche entwirft, um Menschen mit unterschiedlichsten Bewegungs- und Sinneseinschränkungen das Ausführen bestimmter Tätigkeiten zu erleichtern. In einem anderen Abschnitt dieser Einheit geht es um eine junge Frau, die trotz ihrer Behinderung eine erfolgreiche Sportlerin ist und sich für die Anerkennung und Förderung verschiedener Behinderten-Sportarten einsetzt. In den anschließenden Übungen wird u.a. die Frage thematisiert, warum diese junge Frau »nicht wirklich als behindert« bezeichnet werden kann. Diese Frage bildet vor dem Hintergrund des Textes eine gute Diskussionsgrundlage zum Thema »Behinderung/Behindertsein«.

Die Botschaft der meisten Texte lautet: Behinderte benötigen, wenn überhaupt, konkrete Hilfen, in keinem Fall jedoch Mitleid. Auffälligerweise geht es in den untersuchten Lehrwerken, in denen das Thema »Behinderung/Behindertsein« überhaupt Erwähnung findet, fast ausnahmslos um körperbehinderte, auf einen Rollstuhl angewiesene Menschen, und zwar vor allem um deren sportliche Aktivitäten. Die Belange blinder oder gehörloser Menschen werden kaum, solche von Menschen mit geistigen Behinderungen überhaupt nicht thematisiert. Fazit: Integrativ unterrichtende Lehrer werden in ihrem Bestreben, das Prinzip der Lebensweltorientierung in bezug auf die behinderten Schüler mit Hilfe der Lehrbücher umzusetzen, wenn überhaupt, dann meist nur in äußerst beschränktem Maße durch Texte und Abbildungen unterstützt und angeregt.

Integrativ unterrichtende Fachlehrer beklagen im allgemeinen dieses Fehlen von Lehrwerken, die sich zum Einsatz in Integrationsklassen eignen. KUBANEK-GERMAN erklärt die Tatsache, daß Lehrbücher, in denen Behinderte vorkommen oder behinderungsspezifische Aspekte berücksichtigt werden, kaum existieren, mit der zu geringen Anzahl der Betroffenen. Dies ist jedoch keine zu akzeptierende Rechtfertigung für den Mangel. Wenn durch das Fehlen behinderungsspezifischer Aspekte in den Themenkatalogen der Lehrbücher den behinderten Schülern indirekt immer wieder vor Augen geführt wird, daß sie Teil einer Randgruppe sind, deren Bedürfnisse kaum Beachtung geschenkt wird, handelt es sich vielmehr um einen unhaltbaren Zustand. Im übrigen ist es auch äußerst wichtig, den nichtbehinderten Schülern Gelegenheit zu geben, das Leben und die besonderen Belange ihrer behinderten Mitschüler kennen und verstehen zu lernen.

Um insbesondere in Integrationsklassen die fehlende Berücksichtigung entsprechender Themen in den Lehrbüchern auszugleichen, müssen bestimmte Sach- und Sprachinhalte von den Lehrern, besonders im lehrwerksunabhängigen Unterricht gemäß den Interessen der behinderten Schüler ausgewählt und vermittelt werden. Die Auswahl sollte vor allem in Hinblick auf realitätsnahe Rollen und mögliche »Ernstsituationen« in Gegenwart und Zukunft getroffen werden. In Integrations- und Sonderschulklassen unterrichtende Lehrer müssen besonders kreativ sein. Sie sind ständig gefordert, geeignetes Bildmaterial, Interview- und Lese-Texte, englischsprachige Filme und anderes Unterrichtsmaterial zum Thema »Behinderte/Behindertsein« aufzuspüren und für den Englischunterricht angemessen didaktisch aufzubereiten. Dazu ist akribische Sucharbeit nötig. Es muß viel Zeit, Fantasie und Kreativität investiert werden. Im Rahmen der normalen Unterrichtsvorbereitungen und schulischen Verpflichtungen kann dies jedoch nur bedingt geleistet werden. Hilfreiche Hinweise in Fachzeitschriften wie z.B. der Artikel von GLAAP, in dem Lektüretips für den Englischunterricht der gymnasiale Oberstufe zum Thema »Behinderte« gegeben werden, sind z.Zt. leider (noch) seltene Ausnahmen.



[151] Comelsen Verlag/English H Bd.2 (1983), Bd.3 (1984), Bd.4 (1986)

Diesterweg/Notting Hill Gate 5.Schuljahr (1994)

Klett/Leaming English, Orange Line Bd.1 (1984), Bd.2 (1985), Bd.3 (1990), Bd.4 (1990), Bd.5 (1991)

Langenscheidt-Longman/English Live Ausgabe B, Bd. 2B, 6.Schuljahr

Schroedel Schulbuchverlag/Speak English - Freeway Bd. 2, 6.Schuljahr, Bd. 3, 7.Schuljahr

[152] Klett gibt bedauerlicherweise nur an, für welchen Schultyp die einzelnen Lehrbücher vorgesehen sind, nicht für welche Klassenstufe sie konzipiert sind.

7. Schlußwort

Betrachtet man bereits erprobte Formen eines für Schüler unterschiedlichster Fähigkeiten konzipierten Englischunterrichts wird deutlich, wieviele verschiedene Möglichkeiten es für dessen Umsetzung gibt. Klar wird jedoch auch, daß es aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Klassensituationen für einen solchen Fremdsprachenunterricht keine Ideallösung und keine abgesicherten didaktisch-methodischen Leitlinien geben kann. Es gibt aber bestimmte grundlegende Gestaltungskriterien, die unbedingt zu beachten sind, wenn nach dem vorfachlichen Unterricht auch im Fachunterricht eine individualisierte und binnendifferenzierte Förderung von Schülern mit unterschiedlichsten Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen umgesetzt werden soll. Es ist deutlich geworden, daß, je nachdem welche Beeinträchtigungen innerhalb einer Klasse zu berücksichtigen sind, ganz spezielle Maßnahmen technischer, organisatorischer und pädagogischer Art nötig werden.

Ein erster Schritt hin zu einer sinnvollen Gestaltung eines solchen Fachunterrichts muß vor allem weg von »methodischer Einspurigkeit« und weg von »einseitigen Lernmodellen« führen. Die künstliche, den natürlichen Lernprozessen widersprechende Trennung des Lernens in einen sozialen und einen kognitiven Bereich muß genauso vermieden werden wie die rein kognitive Wissensvermittlung, die heutzutage vor allem im Bereich der Sekundarstufe noch stattfindet. Nach ASHEUER sind die bisher üblichen kognitiv-abstrahierenden Verfahren der Sekundarstufe unbedingt den grundschulspezifischen Vermittlungsformen im Sinne handlungsorientierten und ganzheitlichen Lernens anzupassen. Die Berechtigung dieses Anspruchs wird durch die wenigen bisher dokumentierten Praxiserfahrungen, insbesondere aus dem integrativen Fremdsprachenunterricht, bestätigt: In der Praxis hat sich erwiesen, wie durch eine konsequente Anwendung grundschuldidaktischer Konzepte und Arbeitsverfahren im Fremdsprachenunterricht auch die fremdsprachlichen Ziele besser, leichter und in größerem Umfang erreicht werden können [153].

Die Realisierung eines Englischunterrichts für alle Schüler birgt für den Lehrer die Herausforderung, ungewohnte Unterrichtswege gehen und diese immer wieder neu bewerten und modifizieren zu müssen, um allen Schülern gleichermaßen gerecht zu werden. Prinzipiell lassen sich alle bisher im integrativen und sonderpädagogischen Bereich erprobten Fördermaßnahmen wirksam auf den regulären Englischunterricht übertragen. Sie sollten deshalb auch dort einen festen Platz erhalten und keine Sondermaßnahmen darstellen. Besonders das Unterrichten von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Fach Englisch zwingt jedoch dazu, die Themen des Unterrichts auf ihre Relevanz und die Anschaulichkeit ihrer Darbietung kritisch zu überprüfen. Der gesamte Unterricht muß nach dem Prinzip der Handlungsorientierung und der Binnendifferenzierung durchdacht und gestaltet werden. Davon profitieren nicht nur die Schüler mit besonderem und sonderpädagogischem Förderbedarf; auch normal- und speziell hochbefähigte Schüler motiviert abwechslungsreicher Unterricht, in dem mit verschiedenen Materialien gearbeitet und Raum für Eigeninitiative geboten wird, mehr als Unterricht, in dem alles nach einem streng vorgegebenen Schema abläuft.

Für eine konsequente Fortführung des Englischunterrichts in allen Schulformen im Bereich der Sekundarstufe spricht vor allem die Verpflichtung allen Schülern eine möglichst umfassende Teilhabe am Weltgeschehen zu ermöglichen. Gerade der Erwerb von Englischkenntnissen ist heutzutage ohne Frage mit der Möglichkeit verbesserter Lebenschancen und größerer Lebensqualität gekoppelt. Für das Bemühen um Integration im Englischunterricht an Regelschulen und die generelle Einführung von Englischunterricht in Sonderschulen spricht auch der Stellenwert, den die Schüler selbst dem Fach zuweisen und der sich als deutlich spürbare Lernfreude auch bei lernschwachen Schülern äußert. Kernziel des Erziehungs- und Bildungsprozesses lernschwacher Schüler ist die Steigerung ihres Selbstwertgefühls. Gerade unter diesem Gesichtspunkt spielt die Ermöglichung der Teilnahme aller Schüler am Englischunterricht eine wesentliche Rolle.

Besonders im Anfangsunterricht ist bei der Mehrzahl der Schüler eine ausgesprochen hohe Motivation für das Fach Englisch zu beobachten. In den 5. und 6. Klassen gehört Englisch zu den beliebtesten Fächern. Dagegen ist nach einer Studie des Münchner Instituts für Fremdsprachen Englisch in der Sekundarstufe I auch das Fach mit dem höchsten Motivationsverlust [154]. Dies hängt ganz sicher damit zusammen, daß die Schüler, die Englisch als neues Unterrichtsfach bekommen, zunächst eine neue Art von Unterricht erwarten, in dem zunächst keiner einen Vorsprung vor den anderen hat. Schnell differenziert sich jedoch auch in diesem Fach das Leistungsvermögen der einzelnen Schüler und eine anfänglich positive Erwartungshaltung wird möglicherweise bald enttäuscht. Eine Umwandlung des bisher überwiegend praktizierten leistungsorientierten Fachunterrichts hin zu einer ganzheitlich-handlungsorientierten Unterrichtsgestaltung könnte diese Situation sicher positiv beeinflussen. Kriterium für die Konzeption binnendifferenzierten Fremdsprachenunterrichts muß daher auch in höheren Klassen das Bestreben sein, bei allen Kindern, ausgehend von ihren individuellen Lernvoraussetzungen, die Freude am Umgang mit der Fremdsprache zu erhalten, indem differenziert und individuell auf die Schüler eingegangen wird und der Leistungsaspekt gegenüber der Lernfreude in den Hintergrund tritt.

SCHLEY formuliert das Hauptziel binnendifferenzierten Sekundarstufenunterrichts wie folgt: »Die Schüler lernen buchstäblich in verschiedenen Gedankenwelten zu leben, müssen übersetzen lernen, und das teilweise im wahrsten Sinne des Wortes (nicht nur in fremdsprachlicher Hinsicht), und lernen so über vielfach notwendige Transformationsprozesse ihre innere Welt zu vermitteln. Die kommunikative Kompetenz wächst, ihre emotionale Potenz im Erleben von Schwierigkeiten, Spannungen, Widersprüchen und Krisen nimmt zu« [155]. Sicher läßt sich über die Erfolgskriterien eines derart konzipierten Unterrichts kein Konsens herstellen. Es ist jedoch einleuchtend, daß Interaktion und Kooperation nur dort stattfinden können, wo es gemeinsame Erfahrungs- und vor allem Handlungsspielräume gibt. Im Fachunterricht müssen diese vor dem Hintergrund der Unterrichtsgegenstände geschaffen werden. Soweit möglich sollten alle Schüler nach denselben Rahmenplänen unterrichtet werden. Modifikationen der Lernziele, Ergänzungen und die Einbeziehung spezieller sonderpädagogischer Lernziele lassen sich allerdings gerade im integrativen und sonderpädagogischen Rahmen nicht vermeiden. So kann der Erwerb umfassender fremdsprachlicher Kompetenzen für einige Schüler beispielsweise lediglich von marginaler Bedeutung bleiben.

Es läßt sich nicht bestreiten, daß der integrativen Arbeit im Sinne FEUSERS vor allem mit Blick auf die kognitiv stark beeinträchtigten Schüler mit fortschreitendem Fachunterricht unausweichlich deutliche Grenzen gesetzt sind. Trotzdem darf das Bemühen um die Verwirklichung der Arbeit aller an einem gemeinsamen Gegenstand insbesondere auch im fortschreitenden Fachunterricht nicht nachlassen. Fremdsprachenlehrer, die in den weiterführenden Klassen der Sekundarstufe I und II unterrichten, müssen sich mit viel Engagement, Eigeninitiative, Experimentierfreude und Phantasie hinsichtlich der Unterrichtsgestaltung, der Entwicklung und des Einsatzes geeigneter Materialien selbst weiterhelfen, da sich die wenigen bisher veröffentlichten Erfahrungsberichte zu stark binnen-differenzierendem Fremdsprachenunterricht hauptsächlich auf den Anfangsunterricht in 5. und 6. Klassen beziehen. HOFFMANN/ NIERMEYER bezeichnen diesen Umstand allerdings als Chance, von unterschiedlichen Überlegungen und Gedankenspielen ausgehend mit einem großen Maß an Offenheit und Gelassenheit die Praxis eines Englischunterrichts für alle Schüler zu erproben und immer wieder neue Wege zu suchen. Dabei stellen jedoch die von den meisten Lehrern internalisierten »pensumorientierten Leistungszwänge«, die sie für eine unumgängliche innere und äußere Abkehr von den formalen Bildungsidealen blockieren, ein Problem dar. Ganz andere, aber nicht zu unterschätzende Probleme für die Verwirklichung binnendifferenzierten Unterrichts in der Sekundarstufe sind finanzielle und schulorganisatorische Hemmnisse, die nur am Rande Erwähnung finden konnten.

Wie wichtig und lohnend das Bemühen um eine Förderung aller Schüler trotz der zahlreichen Schwierigkeiten auch im Bereich der Sekundarstufe ist, zeigen Beispiele integrativ betreuter Schüler sehr deutlich. Zur I1lustration seien hier nur zwei bemerkenswerte Beispiele angeführt:

HELLBRÜGGE berichtet von einem Kind mit Down-Syndrom, das in der gemeinsamen Erziehung mit nichtbehinderten Kindern an einer Montessori-Schule so gut Englisch gelernt hat, daß es sich bei einem Besuch der britischen Kronprinzessin Diana auf Englisch mit ihr unterhalten konnte. SCHÖLER führt, um die Berechtigung der Forderung nach konsequenter integrativer Förderung auch in der Sekundarstufe zu unterstreichen, das Beispiel einer jungen Frau an, deren Bildungsweg keinesfalls ein Einzelfall ist. Diese Frau wurde als Kind zunächst aufgrund der Diagnose »stark hörbehindert, blind, körperbehindert, Sprachentwicklung gering - geistige Behinderung kann nicht ausgeschlossen werden« lange Zeit sonderpädagogisch betreut, nach Auffassung der Mutter jedoch nicht in ausreichendem Maße gefordert und gefördert. Nachdem sie als Schülerin in einer Sonderschule für Blinde bis zur sechsten Klasse sonderpädagogisch betreut und unterrichtet wurde, wechselte sie in ein Regelgymnasium, in dem sie integrativ unterrichtet wurde. Dort legte sie erfolgreich das Abitur ab. Mit der erworbenen Hochschulreife studierte sie anschließend Germanistik und Anglistik. Ihren Studienabschluß als »Bachelor of Arts« erwarb sie während eines zweijährigen Studienaufenthaltes in den USA. Einzig und allein die Möglichkeit des Übergangs auf ein Regelgymnasium, an dem sie umfassend integrative Zuwendung fand, gab dieser Frau die Chance, ihre heutige Qualifikation zu erreichen.[156]

Zum Abschluß soll noch erwähnt werden, inwieweit angehende Sekundarstufenlehrer auf Formen integrativen Unterrichts im Rahmen ihres Studiums vorbereitet werden. Lehrveranstaltungen zur Integrationspädagogik sind bisher in Deutschland nicht als fester Bestandteil des Lehramtsstudiums vorgesehen. Eine gezielte Vorbereitung auf die praktische Umsetzung der beschriebenen Lehr- und Organisationsformen von Unterricht findet sowohl in den Erziehungswissenschaften als auch in den Fachdidaktiken nach Erfahrung der Autorin nur unzureichend oder gar nicht statt. Lehramtsstudenten sind deshalb darauf angewiesen, selbst gezielt bestimmte Veranstaltungen, die aufgrund ihrer Anforderungsprofile häufig jedoch nicht in den von der Studienordnung vorgeschriebenen Pflichtstundenanteil eingebracht werden können, auszuwählen.

PODLESCH beklagt, daß es auch für den Englischunterricht an Sonderschulen bisher weder einen Studiengang an den Universitäten, noch in der 2. Phase der Lehrerbildung gibt. Die didaktischen und methodischen Instrumentarien können nur in der Lehrerfort- und -weiterbildung erworben werden. Auch ANGERHOEFER betont, daß »insbesondere die Ausbildung von Lehrern und Sonderpädagogen im Hinblick auf die erforderliche Professionalisierung, z.B. die sachkompetente Verwirklichung von Team-Teaching in allen kooperativen und integrativen Modellen, neuer Rahmenprogramme bedarf Die allgemeine Lehrerbildung kommt zukünftig nicht mehr aus ohne eine Studienphase, in der die Beschäftigung mit sonderpädagogischen Problemen vorgesehen ist. Die Ausbildung für das Lehramt eines Sonderpädagogen wird zukünftig eine allgemein- und sonderpädagogische Kompetenz anzustreben haben, die einen wesentlich disponibleren Einsatz in der Sonder- und in der Normalschule, im und außerhalb des Unterrichts ermöglicht« [157]

Für die Umsetzung eines Englischunterrichts für alle Schüler liegt ein großes Potential zur Reformierung der Sekundarstufe vor allem in der nachrückenden Lehrergeneration. Sie müßte allerdings für die sie erwartenden Aufgaben bereits während des Studiums angemessen ausgebildet werden, um dann - aufbauend auf den bisher in der Praxis gewonnenen Erfahrungen - hinreichend vorbereitet neue Wege gehen und ausbauen zu können.



[153] vgl. ASHEUER 1991, 94

[154] KRÜSMANN 1995, 6

[155] SCHLEY 1989, 353

[156] SCHÖLER 1993, 55 f

[157] ANGERHOEFER 1991, 162

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Herausgeberin: Jutta Schöler (Hrsg.)

Alle Rechte vorbehalten.

© 1999 by Hermann Luchterhand Verlag GmbH Neuwied, Kriftel, Berlin. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Titelbild: Simone Schöler

Satz und Umschlaggestaltung: Andreas Wiesjahn Satz- und Druckservice, Berlin

Druck; Bindung: H. Heenemann GmbH & Co, Berlin

Printed in Germany, März 1999

Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem und chlorfreiem Papier

Quelle:

Jutta Schöler, Sabrina Degen: Integration im Englischunterricht, Chancen gemeinsamen Lernens für Kinder mit und ohne Behinderung

erschienen in: Gemeinsames Leben und Lernen: Integration von Menschen mit Behinderungen - Praxis und Theorie, Neuwied; Kriftel; Berlin: Luchterhand, 1999. ISBN 3-472-03639-7

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 11.12.2007

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