Musik und Tanz für ALLE

Integrative und inklusive Konzepte der Musik- und Tanzpädagogik mit erwachsenen Menschen mit Behinderung

Autor:in - Sabine Brunnett
Themenbereiche: Kultur
Textsorte: Masterarbeit
Releaseinfo: Masterarbeit zur Erlangung des Grades Magistra der Künste, Universität Mozarteum Salzburg 2010, Studium: Elementare Musik und Bewegungspädagogik, Begutachterin: Univ.-Ass. Mag. Dr. Anna Maria Kalcher
Copyright: © Sabine Brunnett 2010

Inhaltsverzeichnis

Anmerkung der bidok-Redaktion

In Absprache mit der Autorin wird hier nur der zweite Teil der Masterarbeit (ab Kapitel 5) veröffentlicht.

1 Einleitung

Wie lässt sich der Musik- und Tanzunterricht in einer Weise gestalten, die Menschen mit und ohne Behinderung gleichermaßen einbindet? Welche Konzepte gibt es bereits dazu, aus denen sich lernen lässt? Diese Fragen begegneten mir in meiner künstlerischpädagogischen Arbeit immer wieder und bilden den Ausgangspunkt für die vorliegende Arbeit, die integrative und inklusive Konzepte der Musik- und Tanzpädagogik vorstellt, die mit erwachsenen Menschen mit und ohne Behinderung arbeiten.

Das erste Mal stellten sich mir diese Fragen, als in einer Gruppe für Musikalische Früherziehung, die ich leitete, eines Tages ein junges Mädchen erschien, das an einer Hand nur zwei Finger besaß und anscheinend Unterschenkelprothesen trug. Selbstverständlich bemühte ich mich intensiv, den Unterricht so zu gestalten, dass das Mädchen stets auf irgendeine Art und Weise daran beteiligt sein konnte. Doch die Frage, wie dieses Kind innerhalb der Gruppe speziell gefördert werden könnte, beschäftigte mich noch lange, nachdem es - so plötzlich wie es erschienen war - auch wieder verschwand.

So begann meine persönliche Suche nach Antworten auf meine Fragen zum Thema Integration und Inklusion. Stück für Stück näherte ich mich an, zunächst, indem ich ein Jahr lang zwei integrative Früherziehungsgruppen als Praktikantin begleitete und eine Diplomarbeit über integrative Musikalische Früherziehung verfasste, später im Didaktischen Praktikum in der Lebenshilfe-Gruppe des Orff-Instituts Salzburg, in der ich viele wertvolle Erfahrungen sammeln konnte - im Unterrichten, Beobachten und Begleiten einzelner Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Den Schlüsselbegriffen der vorliegenden Arbeit, Integration / Inklusion, Behinderung und Erwachsener / Erwachsene, werden sich die Kapitel 2, 3 und 4 unter Berücksichtigung von Definitionen und Hintergründen widmen. Diese viel gebrauchten Begriffe, über deren Entwicklung und Aussagekraft man sich im Allgemeinen trotz der häufigen Verwendung viel zu selten Gedanken macht, ausführlich darzustellen, ist ein großes Anliegen der Arbeit.

In Kapitel 5 werden Grundlagen integrativer und inklusiver Musik- und Tanzpädagogik besprochen werden. Dabei stellen sich Fragen nach der Bedeutung von Musik und Tanz für Menschen mit und ohne Behinderung, über ihre Erwartungen an den Unterricht und über Grundsätze integrativen / inklusiven Unterrichts. Daneben wird ein kurzer Überblick gegeben, der Musik und Tanz historisch unter den Aspekten der Therapie, der Pädagogik und ihrem Stellenwert für die Gesellschaft der Zeit beleuchtet.

Kapitel 6 stellt verschiedenste Konzepte aus dem Bereich integrativer und inklusiver Musik- und Tanzpädagogik vor. Die Auseinandersetzung mit Bestehendem, Erprobtem ist wichtig, um aus den Erfahrungen anderer auf diesem Gebiet lernen zu können.

In Kapitel 7 schließlich wird der Versuche unternommen, auf Grundlage der in den vorangegangenen Kapiteln geschilderten theoretischen Erwägungen und praktischen Beispielen einen Extrakt der Überlegungen zu inklusivem Unterricht zu bilden. Dieser Teil wird zentrale Gedanken der Arbeit wieder aufgreifen und in praktische Hinweise umwandeln, die Pädagogen, die in inklusiven Gruppen mit Erwachsenen arbeiten möchten, eine Handreichung geben sollen in Bezug auf Rahmenbedingungen, didaktische Aspekte im Allgemeinen und die konkrete Ausgestaltung des Unterrichts. Auch eigene Gedanken der Verfasserin über inklusiven Musik- und Tanzunterricht werden in diesen Teil einfließen.

Letztendlich muss jeder Pädagoge / jede Pädagogin[1] seinen / ihren Unterricht auf eine Weise gestalten, mit der er / sie sich selbst wohl fühlt und der seinen / ihren innersten Überzeugungen entspricht. Ich hoffe jedoch, dass die vorliegende Arbeit und insbesondere der erarbeitete Katalog mit Gelingenskriterien für eine inklusive Musik- und Tanzpädagogik Gedankenanstöße und Anregungen dafür geben können.



[1] Der bewusste Umgang mit Sprache spielt im inklusiven Unterricht eine sehr wichtige Rolle. Dementsprechend verwendet die vorliegende Arbeit, auch wenn es bisweilen umständlich erscheint, im Sinne einer gendergerechten Sprache in ihren Formulierungen nach Möglichkeit die männliche und weibliche Form.

5 Grundlagen der Musik- und Tanzpädagogik mit Menschen mit Behinderung

5.1 Musik und Tanz in Pädagogik und Therapie - ein Überblick

5.1.1 Musik und Tanz in den antiken Kulturen

Die folgenden Kapitel geben einen Überblick über die historische Rolle von Musik und Tanz unter Berücksichtigung therapeutischer und pädagogischer Aspekte. Dieses umfangreiche Thema, das eine eigene Publikation lohnen würde, kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit nur in aller Kürze dargestellt werden.

Sowohl bei antiken Kulturen als auch bei Naturvölkern sind Musik und Tanz eng mit religiösen Vorstellungen verbunden. "Magisches und mythisches Weltbild sind ohne Klang und Rhythmus nicht denkbar" (Ehrenfort 1997, Sp. 1474). Dabei spielen Musik und Tanz einerseits eine therapeutische Rolle - sie werden verwendet, um Gottheiten und Dämonen zu besänftigen, die für Krankheiten verantwortlich gemacht werden - und andererseits werden sie bereits mit einer pädagogischen Aufgabe verbunden.

"Die Fähigkeit, Geräusche, Klänge und Rhythmen als Medien magischer Bezauberung und Bewältigung einzusetzen oder in kultischer ,Liturgie' die Epiphanie der Götter bzw. Göttinnen realpräsent zu gestalten, setzte fachliche Instruktion und Erziehung voraus" (ebd.).

Unter den frühesten Quellen für eine therapeutische Behandlung mit Musik finden sich Berichte über das Harfenspiel des biblischen David, das die Depressionen König Sauls geheilt haben soll, und ägyptische Papyrusrollen (ca. 1500 v. Chr.), die die Wirkung von Musik auf den menschlichen Körper beschreiben.

In verschiedenen Mythen wird die Heilkunst der Musik hervorgehoben und begründet. In Neu-Guinea beispielsweise gingen Stämme davon aus, dass jeder Geist einen spezifischen Klang besitze, mittels dessen er bei Krankheit ausgemacht und Kontakt zu ihm aufgenommen werden könne.

Für die geschichtliche Entwicklung der Therapie durch Musik spielen zwei verschiedene Theorien eine wichtige Rolle, die sich im antiken Griechenland entwickelt haben. Die mechanistische Theorie geht davon aus, dass Musik direkt im Körper und in der Psyche wirkt und dadurch heilt (Pythagoras). Dagegen bezieht sich die affektuose Musikauffassung auf die Idee, dass Musik indirekt zur Heilung beiträgt durch Beruhigung oder, im Gegenteil, durch Steigerung des krankmachenden Affekts durch ekstatische Musik bis hin zu dessen Entladung (Aristoteles)[2] (vgl. Mahns 1997).

Das antike Griechenland war es auch, das der Musik eine wichtige Rolle in der Bildung des Menschen zuwies. Ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. bildet sich dort ein feststehender Kanon für den Unterricht heraus, der aus Grammatik, Dialektik, Rhetorik, Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik besteht. Innerhalb diesen von den Römern übernommenen Katalogs nimmt die Musik die Rolle einer mathematischen Wissenschaft ein. Da sie die Strukturen des Kosmos widerspiegelt, wird sie als angemessen betrachtet, harmonische Strukturen in Körper und Seele des Schülers hervorzurufen (vgl. Ehrenforth 1997).

Der Tanz erscheint in Darstellungen des alten Ägypten als streng geregelter kultischer Inhalt, der die staatliche Ordnung durch strenge Regeln in Bezug auf äußeres Erscheinungsbild und Bewegung widerspiegelt. Freier und ausgelassener wird der Tanz im Totenkult und im Hathor-Kult[3] dargestellt. Letzterer wird mit Sprungtänzen und akrobatischen Elementen verbunden. Wie für die Musik gilt auch für den Tanz die große Bedeutung seiner Weitergabe und Ausformung durch die Pädagogik aufgrund seiner wichtigen Rolle innerhalb des Kultes.

Das antike Griechenland fasst bis ins 5. Jahrhundert hinein unter dem Begriff musiké Vokal- und Instrumentalmusik, Sprache, Rhythmus und Tanz zu einem großen, unzertrennlichen Gesamt zusammen, das katharsische[4] Funktion hat. Daneben werden Tänze, oft in Reigenform, zur eigenen Erhebung, zum Erlernen des Umgangs mit Waffen[5] und im sportlichen Wettkampf ausgeübt. Auch im Kult spielt der Tanz eine wichtige Rolle (vgl. Schroedter 1998).

5.1.2 Musik und Tanz vom Mittelalter bis zur Industrialisierung

Aus vorchristlichen Traditionen übernimmt die Kirche den Tanz als liturgisches Mittel und als Ausdrucksmittel des Brauchtums in Form von Jahreskreis- und Festtagstänzen. Beispiele aus dem Alten Testament werden zur Legitimation herangezogen, die den "Tanz als vornehmste Beschäftigung der Engel" (Dahms 1997, Sp. 266) beschreiben.

Obwohl sich der Klerus allmählich gegen den Tanz wendet, der als zu sinnlich und in Folge dessen diabolisch aufgefasst wird, können sich einzelne Tanzelemente innerhalb des Liturgischen Dramas und des Mysterienspiels[6] halten. Daneben gibt es die Labyrinth- Tänze, die entlang Fußbodenmarkierungen in Kirchen ausgeführt werden. Sie symbolisieren den Weg zu Gott. Meditative Versunkenheit, die durch Bewegung erreicht wird, soll eine Verbindung mit Gott ermöglichen.

Die Pestepidemien des Mittelalters festigen die religiöse Motivation zum Tanzen, die sich in Pesttänzen äußert, die solange getanzt werden, bis die Epidemie verschwunden ist (vgl. Bröcker 1998). Indirekt wird Tanz als Gebet auch in diesem Fall zum Heilmittel gegen Krankheit stilisiert.

Tanz wird in dieser Zeit auch zu einem Mittel, die gesellschaftliche Situation abzubilden und zu festigen. Höhere Gesellschaftsschichten setzen sich ganz gezielt mit geordneten (in Reihen oder Paaren praktizierten) Tanzbewegungen von den lebhaften Bewegungen der Volkstänze ab.

"Tanz galt in der Renaissance nicht nur als körperliches, sondern auch als geistiges Exerzitium und hatte somit seinen festen Platz im Erziehungskonzept der Zeit" (Brainard 1998, Sp. 272). Eine exakte und kunstvolle Ausführung der Tänze gilt für die hohen Gesellschaftsschichten als Notwendigkeit. Da die Tänze zudem immer komplexer werden, werden an vielen Höfen Tanzmeister angestellt, die Tanzunterricht erteilen. Auch das Bürgertum engagiert zu diesem Zweck Tanzmeister oder besucht Tanzschulen.

Trotz gesellschaftlicher Umstrukturierungen und wechselnder Tanzformen bleibt die erzieherische Rolle des Tanzes lange Zeit unumstritten. Bis ins 18. Jahrhundert hinein wird tänzerische Erziehung als wichtiges Mittel für eine spätere gesellschaftliche Repräsentation betrachtet. Bälle gelten als gute Gelegenheit, soziale Kontakte zu knüpfen.

Innerhalb der Kirche gibt es große Diskussionen über die Rolle der Musik. In Theater, Zirkus, Bad und sogar Bordell wird Musik als Unterhaltungsmedium verwendet. Um sich deutlich davon abzusetzen, wird die Instrumentalmusik aus der Kirche verbannt. Gleichzeitig wird der liturgische Gesang hochgeschätzt, da er das gesprochene Gebet erhöht.

In Klöstern und kirchlichen Schulen spielt die Musikpädagogik bei der Vermittlung der liturgischen Gesänge für den Gottesdienst eine wichtige Rolle. Daneben werden an Höfen, in Städten und Zünften Musiker ausgebildet und der private Musikunterricht gewinnt an Bedeutung innerhalb des Bürgertums. Im 14. Jahrhundert kehren die Instrumente als Unterstützung und Begleitung der liturgischen Gesänge in die Kirche zurück.

Die Aufklärung betont die Wichtigkeit von Kunst, Literatur und Religion für "die Seele des Zöglings" (Ehrenforth 1997, Sp. 1487). Erstmals entstehen Unterrichtskonzepte, die auf Theorien zur kindlichen Entwicklung beruhen. Musik und Tanz verlieren in dieser Zeit mit der zunehmenden Verwissenschaftlichung der Medizin an therapeutischer Bedeutung. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts werden diese Tendenzen wieder aufgegriffen (vgl. Mahns 1997).

Die Art der bevorzugten Tanzform spiegelt ein Bild der Gesellschaft wider. Elke Willke schreibt über den klassischen Tanz des 19. Jahrhunderts:

"Er übernahm in seine Form den Leistungs- und Technikgedanken der sich entwickelnden Industriegesellschaft. Normierte Bewegungs- und Schrittfolgen, bis zur technischen Virtuosität gesteigert, gewannen die Oberhand" (Willke 1990, S. 274).

Diese übersteigerte Bedeutung, die der Technik zugemessen wird, lässt sich ebenso in der Musik des 19. Jahrhunderts mit seiner Virtuosenverehrung wiederfinden.

5.1.3. Musik und Tanz im 20. und 21. Jahrhundert

Ende des 19. Jahrhunderts beginnt der Mensch, sich gegen seine zunehmende Vereinnahmung durch die Industrialisierung zu wehren. "Die Zwänge der technisch-kapitalistischen Zivilisation bedrohten das freie Individuum immer mehr" (Günther 1990, S. 15). In Folge dessen wird in der Kunst nach Möglichkeiten gesucht, dem Menschen Freiräume zu eröffnen.

Es entwickeln sich parallel neue Strömungen in der Gesellschaft, der Musik und dem Tanz. Die deutsche Jugendbewegung schließt sich zum Musizieren zusammen, der Jazz bricht klassische Kompositionsregeln, der moderne Tanz und die Rhythmusbewegung stellen die Lebendigkeit und Lebhaftigkeit des Körpers heraus.

Francois Delsarte "hatte, wie er verkündete, die exakt feststellbaren Beziehungen zwischen seelischer und körperlicher Bewegung wieder entdeckt" (ebd.). Mit seinen Ideen prägt er die deutsche Rhythmusbewegung. Der Körper wird zunehmend als "Offenbarer der Seele" betrachtet (ebd.). Entsprechend gilt Tanz als Möglichkeit, in den Einklang mit dem Kosmos zu kommen.

Emile Jaques-Dalcroze verbindet Bewegungen mit Musik, um das Musiklernen zu erleichtern. Wolfgang Mahns betrachtet dessen rhythmische Gymnastik und die heilpädagogische Arbeit, die in der Anthroposophie Rudolf Steiners begründet ist, als die Ursprünge der Musiktherapie:

"Die rhythmische Gymnastik nutzte die formbildenden Kräfte der Musik, um soziale Prozesse zu unterstützen. Die eher esoterische Bewegungsgestaltung der Anthroposophie spricht dem Musikalischen eine immanente seelisch-geistige Qualität zu, die auch über-individuell wirksam ist" (1997, Sp. 1737).

Nach dem zweiten Weltkrieg kommt es zu einem Wiederaufschwung der heilpädagogischen Behandlung mit Musik. Die Musiktherapie gründet sich dabei noch nicht auf einheitliche Konzepte, sondern wird eher in Form von Schulen mit unterschiedlichen Schwerpunkten ihrer geistigen Väter unterrichtet unter Bezugnahme auf Theorien und Forschungen aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Musikwissenschaften, Musikpsychologie sowie Heil- und Sonderpädagogik. Mit der Gründung von Gesellschaften für Musikthera die in den verschiedenen Ländern ab 1950 eingesetzt wurden[7], entwickeln sich eigene Forschungs- und Theoriezweige für den Bereich der Musiktherapie (vgl. ebd.).

Für die Entwicklung der Tanztherapie spielt zunächst der Ausdruckstanz eine wichtige Rolle, da Tänzerinnen aus diesem Bereich sich zuerst, aufgrund von Erfahrungen und Berichten von Teilnehmern, in ein therapeutisches Umfeld wagten. Methoden der Tanztherapie als Aus- oder Weiterbildung werden seit den 1960er Jahren an Instituten gelehrt (vgl. Willke 1990).

In der Musikpädagogik werden im 20. Jahrhundert Forderungen laut, allen Menschen einen Zugang zu Musik und Musikunterricht zu ermöglichen. Erwachsene wenden sich dazu an Musikschulen, treten in Chöre ein oder besuchen Konzerte. Für Kinder und Jugendliche werden Musikschulen gegründet, und der Musikunterricht wird fest im Lehrplan der Schulen verankert.

Die Nationalsozialistische Partei reißt ab 1933 zunehmend die Leitung des gesamten Staats und seiner sämtlichen Systeme an sich und vereinnahmt dabei auch den Musikunterricht als Mittel, politische Propaganda und Ideologien zu verbreiten. Daneben wird Musik aber, selbst in dieser Zeit, als wichtiges Element kultureller Bildung - unter Berücksichtigung der Weltanschauung der Partei - betrachtet (vgl. Gruhn 1993).

Nach dem zweiten Weltkrieg werden neue Unterrichtskonzepte entwickelt, die mehr und mehr das ganzheitliche Arbeiten in den Blickpunkt stellen. Exemplarisch ist die Arbeit Carl Orffs zu nennen (vgl. Kap. 6.1.1). Musikschulen erschließen sich eine neue Klientel: Kleinkinder werden über die Musikalische Früherziehung spielerisch an die Musik herangeführt.

Im Tanz gibt es ähnliche Entwicklungen. In den Schulen führt er zwar weiterhin ein Schattendasein, da er weder im Sport- noch im Musikunterricht eine seiner künstlerischen Kraft zustehende Rolle einnehmen kann, doch werden Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen an einer Vielzahl von Tanzschulen verschiedenste Tanzstile angeboten. Auch im tänzerischen Bereich werden bereits Angebote für Kleinkinder eingerichtet unter der Bezeichnung tänzerische Früherziehung oder kreativer Kindertanz.

5.2 Elementare Musik und elementarer Tanz im integrativen und inklusiven Unterrichts mit erwachsenen Menschen mit und ohne Behinderung

5.2.1 Prinzipien und Ziele der Elementaren Musik- und Tanzpädagogik

Das vorliegende Kapitel beschäftigt sich mit der Elementaren Musik- und Tanzpädagogik im Unterricht mit Erwachsenen mit und ohne Behinderung. Für den Erwachsenenunterricht gelten dabei mit leichten Abwandlungen dieselben Prinzipien wie für den Kinderunterricht.

Ganzheitlichkeit spielt für den Elementaren Musik- und Tanzunterricht eine wichtige Rolle. "Sinne und Körper, Emotion und Intellekt" (Nykrin, Grüner, Widmer 2007, S. 39) sollen angesprochen werden. Die Forderung nach ganzheitlicher Gestaltung entspringt der Beobachtung, auf welche Weise Kinder lernen: im eigenen Tun und Experimentieren und unter Einbezug sämtlicher Sinneskanäle.

In einer Verbindung von Musik und Tanz zu arbeiten, leitet sich logisch aus dem vorangegangenen Gedanken ab. Für das spielende Kind stellen Musik und Tanz eine untrennbare Einheit dar. Wenn Dorothee Günther den Körper "als wahrhafte[n] Träger und Vermittler des rhythmischen Erlebens" (zit. nach Kugler 2000, S. 290) schildert, so erklärt sich daraus, dass musikalischer Rhythmus zwingend mit dessen körperlichen Erleben verbunden sein muss.

Musik und Tanz für Kinder betont den Wert der Anschaulichkeit der Unterrichtsinhalte und der Aufgabenstellung. Themenstellungen und Situationen sollen den Teilnehmern / Teilnehmerinnen leicht zugänglich und für sie gut erfassbar sein.

"Abstrakte Aufgaben übersteigen die Auffassungsmöglichkeiten von Kindern im Vorschulalter ebenso wie Lernsituationen, in denen Kinder zu viele Aspekte in einer Aufgabenstellung gleichzeitig verfolgen sollen" (Nykrin, Grüner, Widmer 2007, S. 39).

Was hier für den Kinderunterricht angeführt wird, kann auf den Unterricht mit Erwachsenen übertragen werden. Auch erwachsene Menschen, vor allem, wenn sie eine Behinderung haben, können überfordert werden, wenn eine Aufgabenstellung oder Lernsituation zu komplex aufgebaut ist.

Was den Elementaren Musik- und Tanzunterricht wesentlich von seinem klassischen Pendant unterscheidet, ist seine soziale Gebundenheit. Einzel-, Partner- und Kleingruppenarbeit ergänzen und vertiefen Aktivitäten und Themen der Großgruppe. Dadurch wird der Unterricht aus seiner klassischen Zentrierung auf den Lehrer / die Lehrerin gelöst. Die Teilnehmer / Teilnehmerinnen entwickeln in der Einzel- und Gruppenarbeit selbstständig (mit Unterstützung bei Bedarf) Motive und Ideen, die auf die Arbeit mit der gesamten Gruppe rückwirken.

"Spielraum für die eigenen Gefühle, die Einfälle und Fantasie" (ebd.) aller Teilnehmer / Teilnehmerinnen wird geschaffen, wenn nicht die Erarbeitung etwas Gegebenen, sondern die Gestaltung von etwas Neuem im Vordergrund der gemeinsamen Arbeit steht. Besonders wichtig dafür ist die Improvisation.

"Prozeßhafte Ausgangssituationen" (Kugler 2002, S. 290) bezeichnet Kugler diese Art der Vorgehensweise und führt als Bekräftigung eine Aussage von Dorothee Günther an: "Nicht mit Gegebenem, mit Werdendem beginnen wir" (zit. nach ebd.).

Die vom Elementaren ausgehende Arbeit stellt für den Elementaren Musik- und Bewegungsunterricht stets den Ausgangspunkt dar. Sie geht mit dem um, was in den Teilnehmern / Teilnehmerinnen bereits vorhanden ist, arbeitet damit und verbindet es zu etwas Neuem. Da die verwendeten Bewegungen und musikalischen Motive den Teilnehmern / Teilnehmerinnen entsprungen sind, bereitet es keine Probleme, von Anfang an künstlerisch zu arbeiten. "Nicht zergliedern sondern aufbauen!" fordert Günther (zit. nach ebd., S. 291).

Musik und Tanz geben den Teilnehmenden die Möglichkeit, sich selbst unter verschiedenen Aspekten wahrzunehmen. Nach Juliane Ribke ist der Unterricht in Elementarer Musikpädagogik ein Ort, wo Geborgenheit und ein Gefühl von Sicherheit erfahren werden können. Dies bildet die Basis für verschiedene Lernziele, die mit psychologischen Aspekten zusammenhängen: Förderung der Selbstwahrnehmung, Entwicklung eigener Ideen, Selbstpräsentation, mit eigener Unsicherheit umgehen und sie überwinden lernen, Aushalten von Spannung, Treffen von Entscheidungen, Aufbau von Beziehungen und Selbstkontrolle (vgl. Ribke 1995).

Neben die Förderung der Einzelperson treten soziale Aspekte, die im gemeinsamen Musizieren und Tanzen entwickelt werden können: Wahrnehmen der anderen, Einhalten von Regeln, Abwarten können, Akzeptieren der Ideen anderer, Kontaktaufnahme, Reagieren aufeinander, Rücksichtnahme, sich mitverantwortlich fühlen, sich als Gruppe Regeln geben und Entwicklung eines Gruppengefühls. Alle genannten psycho-sozialen Ziele streben auf das zunehmende Ausbilden einer Ich-Identität hin.

Im Bereich der Motorik wird erstrebt, dass "die Teilnehmer...

  1. sich ihre Bewegungsfreude erhalten oder ihre Bewegungsfreude wiederentdecken.

  2. die kinästhetischen und cutanen Sinnessysteme differenzieren.

  3. das Körperschema festigen und über ein gutes Körperbewußtsein verfügen"

(ebd. S. 138).

Diese übergeordneten Ziele beinhalten viele weitere Aspekte: Gestische und mimische Äußerung, differenzierte Wahrnehmung von Körperteilen und Bewegungen, Ausdifferenzierung von motorischen Grundfunktionen (Fortbewegungsarten, Balance, Geschicklichkeit, Grob- und Feinmotorik), bewusster Aufbau von Körperspannung, Erleben verschiedener Bewegungsqualitäten, Koordination, Umsetzen akustischer und optischer Impulse in Bewegung, Ausführen metrischer Bewegungen und fließende Verbindung von Bewegungen.

Im musikalischen Bereich ermöglicht die Elementare Musik- und Bewegungspädagogik den Teilnehmern / Teilnehmerinnen, dass sie

  1. "die Musik als Medium erleben, das Ausdruck ihrer physischen und psychischen Energien ist.

  2. den auditiven Sinn differenzieren, aktiv lauschen, konzentriert hören/horchen.

  3. über differenzierte Handlungsmöglichkeiten im Bereich von Stimme, Instrument und Körper verfügen" (ebd., S. 139).

Dazu gehören: Freude an der Ausübung von musikalischen Aktionen, Experimentieren und differenzierter Umgang mit Stimme und Instrument, Entwickeln von auditiver Sensibilität, Erleben vielfältiger Klangerfahrungen, Entwickeln von Klangvorstellungen, Interpretation von Musik, Erleben verschiedener musikalischer Parameter und Schulung eines musikalischen Gedächtnisses[8].

Diese Aufstellung zeigt, dass in der Elementaren Musik- und Bewegungspädagogik eine große Zahl von psychologischen, sozialen, motorischen und musikalischen Aspekten gelernt werden kann. Dennoch sollte die Erziehung zu Musik und Tanz, also zum kreativen Umgang mit Musik, Sprache und Bewegung, über der Erziehung mit Musik und Tanz stehen.

Zur Begründung von Musik- und Tanzunterricht für Menschen mit Behinderung und zur gezielten Unterrichtsplanung, die mit Hilfe künstlerischen Gestaltens Förderziele für die Teilnehmer einbindet, sollte der Pädagoge / die Pädagogin jedoch die weiteren Lernmöglichkeiten mit Musik und Tanz bedenken. Gerade für Menschen mit Behinderung stellt das gemeinsame Musizieren und Tanzen oft eine gute Möglichkeit dar, sich selbst und das eigene Verhalten in Bezug auf andere neu zu erleben und neu zu gestalten[9].

Dabei spielt das eigenständige Tun und kreative Gestalten im Sinne einer ästhetischen Bildung eine wichtige Rolle. Juliane Ribke führt den Begriff bilden etymologisch zurück auf die Bedeutung einer Sache Gestalt geben.

"Das Individuum bearbeitet bildend, modellierend, formend eine Materie, dringt zu deren Wesen und zum eigenen Wesen vor - es gibt einer Sache und sich selbst gleichermaßen Gestalt" (Ribke 2002, S. 19).

Davon leitet sie die Forderung nach einer individuumzentrierten Pädagogik ab, die das Erleben und Weiterentwickeln der eigenen Persönlichkeit in den Mittelpunkt stellt und sich vom bloßen Wissenserwerb abwendet.

"Aus pädagogischer Sicht wäre Bildung an Erweiterung der Persönlichkeit durch gestalterische Interaktionen zwischen Subjekt und Objekt, an selbstgesteuertes Lernen und produktives/kreatives Handeln zu binden, nicht an Wissensvermehrung oder Affirmation von Kultur" (ebd.).

Selbstgesteuertes Lernen und kreatives Handeln können somit als zentrale Elemente der Persönlichkeitsentwicklung betrachtet werden, die wesentlichen Prinzipien der Elementaren Musik- und Tanzpädagogik entsprechen. Diese wurde im vorliegenden Kapitel vor allem unter dem Blick von Juliane Ribke und Michael Kugler beleuchtet. Der Pädagogik Carl Orffs und des Orff-Schulwerks widmet sich Kapitel 6.1.1.

5.2.2 Elementare Musik- und Tanzpädagogik im Spannungsfeld von Kunst und Therapie

Die Elementare Musik- und Tanzpädagogik versteht sich primär als Erziehung zu künstlerischem, freudvollem Tun, nicht als Mittel der Therapie. Schon die Ausbildung von Musikund Tanzpädagogen / -pädagoginnen unterscheidet sich grundlegend von der Ausbildung von Musik- und Tanztherapeuten / -therapeutinnen[10].

Als wichtigstes Ziel der Musikalischen Früherziehung benennen die Autoren / Autorinnen von Musik und Tanz für Kinder "Freude und Vertrauen in den eigenen Umgang mit Musik und Tanz im Unterricht und zu Hause zu vermitteln" (Nykrin / Grüner / Widmer 2008, S. 17). Dabei sollen vor allem zwei Faktoren den Unterricht bestimmen: "das Erleben der Kinder" und "die Künste Musik und Tanz im Spielraum heutiger Kultur" (ebd.). Beide spielen eine wichtige Rolle, da der Unterricht in elementarer Musik und elementarem Tanz eine ganzheitliche Erfahrung für die Teilnehmer / Teilnehmerinnen darstellen soll, die ihnen Perspektiven für das Erleben von und den Umgang mit Kultur außerhalb dieses Erfahrungsfelds eröffnet.

Schon im Kinderunterricht soll vermittelt werden, "dass Musik und Tanz Freiräume für Handeln, Fühlen und Denken bieten:

  • als ernstes oder auch vergnügliches Spiel mit Tönen, Formen, Bewegungen,

  • als Erlebnisbereiche mit eigenständigen Gegebenheiten, die in unvergleichlicher Weise geistige und seelische Erfüllung ermöglichen" (ebd., S. 17f.).

Geistige und seelische Erfüllung kann jedoch nur dann Raum im Unterricht finden, wenn Freiheit für künstlerisches Tun bleibt. Darauf verweisen Maria Dinold und Katalin Zanin in ihrem Buch Miteinanders. Für sie steht "der Mensch in seiner Gesamtheit" (2007, S. 17) im Mittelpunkt, unabhängig von Krankheit oder Behinderung. Sie führen an, dass Therapieprogramme Menschen mit Behinderung keine Möglichkeit geben, eigene Entscheidungen zu treffen. Diese werden von Ärzten / Ärztinnen und Therapeuten / Therapeutinnen getroffen. Letztendlich kann dies zu Frustration und Ablehnung therapeutischer Beschäftigung führen.

Dinold und Zanin befürworten einen Unterricht, der auf Elementen aufbaut, die für die Bildung und Entwicklung jeden Menschens eine Rolle spielen: "Weckung und Anerkennung kultureller Bedürfnisse im Sinne einer ästhetischen Erziehung" und "Pädagogischpsychologische Persönlichkeitsbildung" (ebd., S. 25, 30).

Wahrnehmung, Gestaltung und das Erleben von Wirkung stehen für Dinold und Zanin im Mittelpunkt des Unterrichts, mit dem Ziel, das zu entdecken, was schon immer im Menschen angelegt war. Dabei beziehen sie sich auf Deharde und Barbara Haselbach:

"Als Bildungsziel für ästhetische Erziehung wird oft die Wahrnehmungsfähigkeit und Erfahrungsfähigkeit des Menschen für das, was er immer schon ist, genannt" (Deharde zit. nach ebd., S. 25).

"Das Lernziel der ästhetischen Erziehung ist die Entwicklung der Fähigkeiten, die Umwelt wahrzunehmen und zu genießen, sie zu gestalten und zu ändern und sie in ihrer Wirkung zu verstehen und kritisch zu überprüfen" (Haselbach zit. nach ebd., S. 26).

Kulturelle Bildung sehen Dinold und Zanin dabei als ein notwendiges Bedürfnis eines jeden Menschen an, das jeder Frau, jedem Mann und jedem Kind zugänglich gemacht werden sollte. Gleichzeitig stellt die ästhetische Erziehung durch Bewegung, Tanz, Spiel und Theater für die beiden Autorinnen eine Möglichkeit dar, das psychische und soziale Wohlbefinden der Teilnehmenden zu fördern.

Dazu führen sie vier Faktoren an: Personen-Orientierung (Eingehen auf die Bedürfnisse der TeilnehmerInnen), Freizeit-Orientierung (Interessenbefriedigung und künstlerisches Gestalten statt zweckgebundener Beschäftigung), Pädagogik-Orientierung ("Verhaltensänderung durch Selbsterfahrung, Selbststeuerung, Erleben, Fühlen" (ebd., S. 30) statt einseitiges Verfolgen von therapeutischen Zielen) und Prozess-Orientierung (das Erleben des Lernprozesses steht im Vordergrund, nicht das Ergebnis) (vgl. ebd.). Was die Autorinnen für den Bereich Bewegung, Tanz, Theater ausführen, kann in ähnlicher Weise auch beim gemeinsamen Musizieren eingebracht werden.

Kim Dunphy und Jenny Scott weisen für den Bereich Tanz darauf hin, wie leicht die Grenzen zwischen Kunst und Therapie verschwimmen können. Sie zitieren Barbara Mettlers Aussage über kreativen Tanz als "a free aproach to the art of body movement which gives everyone opportunity to discover for himself his own forms of movement expression according to his physiological and psychological needs" (zit. nach Dunphy / Scott 2003, S. 11). Die eigenen Ausdrucksmöglichkeiten des Körpers zu entdecken entsprechend seinen Fähigkeiten und den momentanen psychologischen Bedürfnissen, ist ein wichtiges Ziel, das sowohl in der Tanztherapie als auch im kreativen Tanz verfolgt wird.

Dennoch wird dieses Ziel in Therapie und Kunst unterschiedlich gewichtet.

Barbara Mettler "believes that art and therapy have: entirely different goals and motivations ... While the goal of therapy ist he healing of illness, the goal of art is the creation of a satisfying form. Therapie is utilitarian, serving a purpose beyond itself ... art serves no purpose other than providing joy in the creative work itself" (ebd., S. 12).

Therapie stellt das Heilen von Krankheit in den Mittelpunkt, während die Kunst sich selbst dient und das Erleben ins Zentrum rückt. Trotzdem bleibt die Unterscheidung nicht eindeutig, denn "all art is, by its very nature, therapeutic ... But therapy is a by-product of art, not its essential nature" (Mettler, zit. nach: ebd.). Jegliches künstlerisches Handeln hat einen therapeutischen Kern oder therapeutische Auswirkungen, wobei diese jedoch nur einen Nebeneffekt darstellen, der zusätzlich zur Freude am Tun, am ästhetischen Erschaffen auftritt.

Was die Elementare Musik- und Tanzpädagogik auf diesem Gebiet leisten kann, ist, jedem Menschen unabhängig von Behinderung oder Krankheit die Möglichkeit zu geben, diese Freude erleben zu können und durch das gemeinsame Arbeiten mit anderen an einem kreativen Prozess die eigenen Fähigkeiten und die Fähigkeiten anderer neu einschätzen und in der Folge anders mit ihnen umgehen, anders auf sie zugehen zu lernen.

5.2.3 Musik und Tanz im Kontext menschlicher Grundbedürfnisse

Juliane Ribke sieht Musik und Tanz als Erfüllung von menschlichen Grundbedürfnissen an (vgl. Ribke 1995). Wie lässt sich diese Aussage verstehen? Nach Maslow wird das menschliche Handeln und Streben von verschiedenen Bedürfnissen gesteuert. In seiner Bedürfnispyramide, die Abbildung 9 darstellt, kategorisiert er diese und bringt sie in eine Reihenfolge der Dringlichkeit ihrer Erfüllung (vgl. Stangl 2010).

Abb. 9: Bedürfnispyramide (nach Stangl 2010)

Sind die Bedürfnisse der unteren Pyramidenebenen wie ausreichend Nahrung, Freiheit von Angst und Zuneigung nicht erfüllt, so kann sich der Mensch nicht mit voller Kraft auf die Erfüllung höherer Bedürfnisse konzentrieren. Beispielsweise kann sich ein Schüler / eine Schülerin, der Hunger hat (physiologisches Bedürfnis) oder sich nicht als Teil der Gruppe fühlt (soziales Bedürfnis), nur schwer auf eine kreative Aufgabe (Bedürfnis nach Selbstverwirklichung) einlassen.

Stellt man der Bedürfnispyramide Maslows die Aussagen Juliane Ribkes gegenüber, so zeigt sich, dass sie die physiologischen Grundbedürfnisse des Menschen in ihrer Aufstellung nicht berücksichtigt, sondern sie als bereits erfüllt ansieht. Ribke geht von zwei Bedürfnisebenen aus. Die menschlichen Grundbedürfnisse teilt sie in sensorische, motorische, psychische und soziale Aspekte ein. Diesen ordnet sie Selbstwahrnehmung und Identitätsbildung als Motive für musikalisch-tänzerisches Tun über (vgl. Ribke 1995).

Nach Ribke besitzt der Mensch ein tiefes Grundbedürfnis nach sensorischen Erlebnissen, das schon vor seiner Geburt angelegt ist. Dies hilft ihm, die Welt Stück für Stück besser zu verstehen und das Erlebte in ein durch Kategorisierung von Erfahrungen selbst entwickeltes System einzuordnen.

"Sensorische Bedürfnisse verlangen nach differenzierter Stimulation und nach Stimulusdifferenzierung im Wahrnehmungsfeld zur Abstimmung mit vorgeburtlich geprägten sensorischen Urmatrizen und Wiedererweckung frühester Gelebtheitsspuren" (ebd., S. 128).

Dieses auf Grundlage sensorischer Erfahrungen gebildete System befriedigt durch seine klare Ordnung der Welt das Bedürfnis des Menschen nach Sicherheit. Gleichzeitig bildet es eine Grundlage für das alltägliche und das künstlerische Tun, die dann durch Erfolgserlebnisse die Bedürfnisse nach Achtung und Selbstverwirklichung stillen können.

Der Drang, sich zu bewegen, ist im Menschen angelegt. Er ermöglicht ihm das Erleben seiner Kraft, seiner Ausdauer und seiner Bewegungsmöglichkeiten. Damit verbunden sind auch Möglichkeiten des Selbstausdrucks und der non-verbalen Kommunikation.

"[M]otorische Bedürfnisse drängen zur Bewegungswahrnehmung und zum Genuß von Vitalität, Funktionstüchtigkeit, Geschicklichkeit und Ausdrucksmöglichkeit" (ebd.)

Die motorischen Bedürfnisse führen demzufolge zur Befriedigung von Bedürfnissen nach Selbstbestätigung, Selbstverwirklichung und sozialem Kontakt.

Der Mensch fühlt das Bedürfnis, seine eigene Persönlichkeit zu finden. Dabei begegnet er positiven Verstärkern in Form von Lob und Respekt, aber auch negativen Verstärkern in Form von Kritik und Ablehnung. Zur Persönlichkeit gehört die Sinnsuche im eigenen Tun, das Wahrnehmen und Zulassen von Empfindungen und ein differenziertes, variables Verhalten.

"[P]sychische Bedürfnisse lassen sich auffächern in diejenigen, die die Beachtung, Achtung, die Verhaltensvielfalt und Empfindungsfähigkeit der eigenen Persönlichkeit sowie den Wunsch nach geistiger Sinngebung betreffen" (ebd., S. 128f.).

Nur im Austausch mit anderen Menschen kann ein Mensch sich selbst definieren und erfahren, indem er Reaktionen wahrnimmt und vergleicht.

"[A]us sozialen Bedürfnissen schließlich ergibt sich die Notwendigkeit, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, um über den Außenbezug das Selbstbild zu verdichten und zu regulieren" (ebd., S. 129).

Die elementare Musik- und Tanzpädagogik ist darauf ausgerichtet, den angeführten Bedürfnissen Raum zu geben. Sie ermöglicht ein Erleben mit allen Sinnen, das das Lernen optimal fördert, sie kommt dem Bewegungsdrang entgegen und ermöglicht das Erproben und Üben von Geschicklichkeit, Gleichgewicht, Koordination und gibt dem Selbstausdruck mittels Bewegung und dem Erspüren von Bewegungsbedürfnissen des Körpers Raum.

Musik und Tanz werden als sinngebend empfunden und sie fördern eine differenzierte Selbstwahrnehmung und einen differenzierten Ausdruck. Im gemeinsamen Tanzen und Musizieren mit anderen Menschen kann jeder Teilnehmer / jede Teilnehmerin auf seine / ihre Weise in Kontakt treten und sich am anderen Menschen selbst erfahren.

Ein gut konzipierter Unterricht in elementarer Musik und elementarem Tanz kann dementsprechend vielfältige Bedürfnisse des Menschen auf verschiedensten Ebenen befriedigen. Betrachtet man die Bedürfnispyramide Maslows von unten nach oben, so zeigt sich: physiologische Bedürfnisse des Menschen können im Musik- und Tanzunterricht nicht berücksichtigt werden, sondern müssen für ein konzentriertes, zielführendes Arbeiten bereits gestillt sein. Sicherheitsbedürfnisse können durch klare Strukturen von Unterrichtsaufbau und Unterrichtsraum

sowie eine angenehme, positive Unterrichtsatmosphäre berücksichtigt werden. Ein gutes, vertrauensvolles Arbeitsklima innerhalb der Gruppe und ein Gefühl der Zugehörigkeit sorgen für die Erfüllung von sozialen Bedürfnissen. Ein angemessener Umgang untereinander, differenzierte Aufgabenstellung und Erfolgserlebnisse werden zur Befriedigung von Bedürfnissen nach Achtung führen.

An höchster Stelle der Pyramide steht das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung. Durch die Art der Aufgabenstellung in der Elementaren Musik- und Tanzpädagogik, die sehr viel Wert auf die Förderung eigener Ideen und Selbstausdruck legt, kann das Streben nach Kreativität, Individualität und nicht zuletzt nach einem Ausschöpfen des eigenen Potentials im Unterricht berücksichtigt und entfaltet werden. In diesem Sinne spielen Musik und Tanz eine wichtige Rolle für die Entwicklung des Menschen und die Erfüllung seiner Bedürfnisse.

5.2.4 Erwartungen erwachsener Menschen an den Musik- und Tanzunterricht

"In Musik, Bewegung und Tanz verdichteten sich als uralte Menschenerfahrungen Klang, Puls, Atem, Zeitgefühl - als liebgewordene Weisen, als unentdeckte Klangphänomene oder als Sprache des Raums [...]. Kinder fasziniert vor allem das Entdecken und das Lernen von Neuem. Dem Erwachsenen stellt sich darüber hinaus auch die Herausforderung, den gestalterischen Willen zu entdecken. Gestaltungskraft entwickelt sich im Spannungsfeld von Expression, der eher aktiven Energie, und Inspiration, der eher passiven Energie. Durch das Wechselspiel von Handeln und Horchen, von Bewegung und Ruhe, von gemeinsamen und ,einsamen' Aktionen erschließt sich in der Elementaren Musik ein Mikrokosmos voller Lebensfülle" (Fröhlich 2002, S. 94).

Der zitierte Text ist Bestandteil eines Faltblatts, mit dem an der Musikhochschule Mannheim für Kurse mit Elementarer Musikpädagogik mit Erwachsenen (EME[11]) geworben wird. Darin werden Musik, Tanz und Bewegung als Urerfahrungen angesprochen, die zum Menschen dazugehören, aber auch als Möglichkeiten, sich selbst zu erfahren und selbst auszudrücken und dadurch das eigene Leben auf eine andere, differenziertere und bereichernde Weise wahrnehmen zu lernen.

Die Menschen, die sich für elementare Musik und elementaren Tanz interessieren, bringen weitere Erwartungen und Wünsche mit in den Unterricht. Fröhlich schlüsselt einige der musikbezogenen Bedürfnisse Erwachsener nach Altersgruppen auf. Danach sind junge Erwachsene vor allem daran interessiert, "lebenslang weiterzulernen, mehr über Musik erfahren zu wollen" (ebd. S. 107). Dabei spielt das eigene, freie Gestalten-Dürfen und -Können und das Suchen-Dürfen nach einem eigenen Stil eine wichtige Rolle.

"Die jungen Gestaltungswilligen

  • ...wollen ihre musikalischen und szenischen Probleme selbst lösen.

  • ...wollen ihre eigenen musikalischen und szenischen Ideen untereinander austauschen.

  • ...möchten für ihre Leistungen anerkannt werden" (ebd., S. 49).

Für die Gruppe der jungen Erwachsenen stellen Musik und Tanz Möglichkeiten dar, sich selbst zu präsentieren, eigenes zu schaffen, selbstständig zu arbeiten und dafür Anerkennung und Respekt zu erhalten.

Im mittlerem Erwachsenalter geht es beim Musizieren und Tanzen um "Individuation [und, Anm. d. Verf.] persönliche Freizeitgestaltung" (ebd., S. 107). Ergebnisse von Forschungen auf dem Bereich der Kommunikation, Säuglingsforschung, Musikpsychologie und Musikethnologie tragen dazu bei, dass die Möglichkeiten einer außersprachlichen Kommunikation durch Musik und Sprache zunehmend öffentliches Interesse wecken (vgl. Fröhlich 2009).

Eltern kommen über ihre Kinder in Berührung mit elementarer Musik und elementarem Tanz und suchen nach ähnlichen Angeboten für sich selbst. Neben diesen, die eine Grunderwartung an und Grunderfahrungen mit Elementarer Musik mitbringen, kommen Menschen in die Kurse, die generell Interesse an Musik haben, vielleicht auch einmal ein Instrument gespielt haben, aber es nicht mehr pflegen, oder die trotz Wunsches nie die Möglichkeit hatten, ein Instrument zu lernen.

Auch ein Interesse an Musiktheorie kann Menschen an Kurse in Elementarer Musik- und Tanzpädagogik heranführen. Menschen aus pädagogischen, gestaltenden und pflegenden Berufen sind laut Fröhlich häufig in Kursen vertreten (vgl. ebd.) - sie suchen nach Anregungen für den Beruf und nach einem kreativen Ausgleich zum Beruf.

Im späteren und späten Erwachsenenalter wird die Auseinandersetzung mit Musik und Tanz als Möglichkeit gesehen, eine Brücke zur Generation der Kinder und Enkel / Enkelinnen zu schlagen, sich mit aktuellen Strömungen auseinanderzusetzen und die Freizeit neu zu gestalten. Auch hier spielt der Wunsch nach dem Wiedereinstieg am Instrument eine Rolle (vgl. Fröhlich 2002). Daneben stellt das Singen von aus Kindheit und Jugend vertrauten Liedern eine Brücke zur Vergangenheit dar, die alte Erinnerungen wieder aufleben lassen kann.

Wenn Kursleiter / Kursleiterinnen die vielfältigen Erwartungen der Zielgruppe im Auge behalten, können sie Stunden konzipieren, die alle Teilnehmer / Teilnehmerinnen ansprechen. Ein Gespräch über Wünsche und Vorlieben kann eine gute Möglichkeit sein, neue einzubringende Impulse zu entwickeln und sein eigenes Bild von der Gruppe und ihren Wünschen, Möglichkeiten und Erwartungen neu zu definieren.

5.2.5 Zur Bedeutung von Musik und Tanz für Menschen mit Behinderung

Jutta Lehmkuhle stellt in ihrem Buch Förderung von Menschen mit geistiger Behinderung durch Bewegung und Tanz heraus, in welchen Bereichen insbesondere Menschen mit geistiger Behinderung Defizite aufweisen können, begründet diese und leitet daraus Fördermöglichkeiten im Bereich Tanz ab.

Geistige Behinderung kann mit Wahrnehmungsstörungen oder -einschränkungen verbunden sein. Diese können sich beispielsweise in "Schwächen der visuellen Wahrnehmung [...], der Bewegungswahrnehmung und der visuell-motorischen Koordination" (Lehmkuhle 2007, S. 57) zeigen. Auch die auditive Wahrnehmung, das Gleichgewichtsempfinden, das Tasten, Schmecken und Riechen können beeinträchtigt sein. Neben diesen Aspekten können auch mangelnde Förderung und fehlende Erfahrungsanreize im Kindesalter die Entwicklung beeinträchtigen.

Beim Kind wie beim Erwachsenen kann sich dies als Folgeerscheinung äußern in Form von:

"Überaktivität und Ablenkbarkeit, Verhaltensprobleme[n], Verzögerung in der Sprachentwicklung, Koordinationsstörung und Störungen des Muskeltonus, Lernstörung, Störungen der Konzentration, des Planens und Ordnens" (ebd., S. 58).

Alle genannten Störungen werden unter dem Begriff der sensorischen Integrationsstörung zusammengefasst. Dieser Begriff meint eine Einschränkung oder Fehlinterpretation der Aufnahme und Verarbeitung von Informationen der Umwelt. Der Musik- und Tanzunterricht bietet Lernmöglichkeiten und Reize unter Berücksichtigung aller Sinne an und fordert das Gehirn so auf verschiedensten Ebenen heraus. Das gleichzeitige Lernen über mehrere Sinne erleichtert das korrekte Einordnen von Informationen. Es ermöglicht eine bessere Integration der Sinne, da Informationen, die über einen Sinn wahrgenommen werden, mit den Informationen, die über einen anderen, benachteiligten Sinn eintreffen, abgeglichen werden können.

Auch auf andere Weise können Musik und Tanz den Umgang mit den Folgeerscheinungen von sensorischen Integrationsstörungen erleichtern.

"Durch Informationen über mehrere Eingangskanäle, werden Neugier, Motivation und Aufmerksamkeit erlangt, die eine positive Hormonreaktion, Assoziationen und damit die Aufnahme ins Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis auslösen" (ebd. S. 60).

Muskeltonus, Koordination und Gleichgewicht sind gerade beim gemeinsamen Tanzen herausgefordert und werden durch die damit verbundenen positiven Emotionen gerne spielerisch geübt.

Auch das Selbstbild kann mit Hilfe des Musik- und Tanzunterrichts verbessert werden.

"Das Selbstbild entsteht über Erfahrungen, die in der Vergangenheit bzgl. Leistungen und Fähigkeiten gemacht wurden anhand von Beobachtungen des eigenen Verhaltens; Informationen über die sensorischen Systeme; Folgerungen aus der Wirkung des eigenen Verhaltens; dem Vergleich mit anderen und der Zuordnung von Eigenschaften durch andere" (ebd., S. 64).

Der Musik- und Tanzunterricht bietet darüber hinaus die Möglichkeit, sich selbst unter neuen Aspekten zu erleben: als Musiker / Musikerin, als Tänzer / Tänzerin, als Dirigent / Dirigentin, als Komponist / Komponistin oder Choreograph / Choreographin, als Künstler / Künstlerin und als wertvolles Mitglied der Gemeinschaft. Diese neue Wahrnehmung kann das Selbstbild um Aspekte zu erweitern, für die der Alltag kaum Raum bietet.

Wie bereits ausgeführt, kann der Informationsfluss und -abgleich über die sensorischen Systeme bei Menschen mit Behinderung eingeschränkt sein. Die Förderung der Sinneswahrnehmung kann über eine Verbesserung in diesem Bereich auch Fortschritte auf dem Bereich der Selbstwahrnehmung erzielen. Die positive Bewertung eigener Leistungen und Fähigkeiten sollte von der Lehrperson durch differenzierte Aufgabenstellung ermöglicht werden, die jedem Teilnehmer / jeder Teilnehmerin Erfolgserlebnisse ermöglicht. Auch positives Feedback über kleine Erfolge kann hilfreich sein.

Die Wirkung des eigenen Verhaltens kann durch das Unterrichtsprinzip der Wahlfreiheit (vgl. Kap. 7.2.6) erlebt und erprobt werden. Sie zeigt sich auch beim Anspielen eines Instruments, bei Dirigieraufgaben, bei denen die Gruppe auf die eigenen Zeichen reagiert, bei Aufgaben aus dem Bereich Führen und Folgen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht jedem Menschen das Recht auf das "vollkommene körperliche, geistige und soziale Wohlbefinden" zu (zit. nach ebd. S. 70). Gerade bei Menschen mit Behinderung kann körperliche Aktivität durch mangelnde Erreichbarkeit oder fehlende integrative Ausrichtung bestehender Angebote eingeschränkt sein. In ähnlicher Weise betrifft dieses Problem die meisten Erwachsenen, da unsere Gesellschaft sehr auf sitzende Tätigkeiten, vor allem im Beruf, ausgerichtet ist.

"Durch die Bewegungsangebote erfährt der geistig behinderte Mensch ein Gefühl des Wohlempfindens, der Befreiung, der Fitness und der Leistungsfähigkeit, das sich positiv auf sein Ganzes auswirkt und für ihn als Ausgleich zum meist ständigen Sitzen im Alltag dient" (ebd., S. 70).

Nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern auch Menschen ohne Behinderung profitieren von diesem Angebot. Die oben genannten Einschränkungen betreffen nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern können auch bei Menschen ohne (sichtbare) Behinderung auftreten. Musik und Tanz kann für alle erwachsenen Menschen zur Förderstätte von bisher nicht so ausgeprägt aufgetretenen Entwicklungsreizen werden.

Wie bereits ausgeführt, sollten Fördermöglichkeiten in der Musik- und Tanzpädagogik jedoch nie im Vordergrund der Aufgabenstellung stehen, sondern eher als Nebenaspekte einer anregenden, fordernden, motivierenden, alle Sinne einbeziehenden künstlerischen Aufgabe gesehen werden. Nur auf diese Weise kann eine langfristige Übemotivation entwickelt werden.

5.2.6 Grundsätze integrativer und inklusiver Pädagogik

Georg Feuser beschäftigt sich in zahlreichen Artikeln intensiv mit dem Thema Integration, speziell in Bezug auf integrativen Unterricht. Dabei geht er von einem Integrationsbegriff aus, der sich allgemein auf heterogene Gruppen bezieht und Menschen mit unterschiedlichen Entwicklungsniveaus und Lernvoraussetzungen berücksichtigt. Dabei sind Menschen mit Behinderungen einbezogen, aber auch Menschen anderer Kulturen, Sprachen, Religionen und Nationalitäten, die unsere Gesellschaft genauso bereichern.

Entsprechend definiert er Integration als

"die Idee vom Erhalt bzw. der Wiederherstellung gemeinsamer Lebens- und Lernfelder für behinderte und nichtbehinderte Menschen, um der Erweiterung der Entwicklungsmöglichkeiten aller willen" (Feuser 2001).

Integrative pädagogische Arbeit ist für Feuser nicht eine Adaption der bekannten Methoden und Lernziele auf die vermeintlich einheitlichen Bedürfnisse von bestimmten Gruppen von Menschen (wie es in der Einteilung von Schülern in Sonderschulen verschiedener Art angelegt ist), sondern es geht für ihn um individuelles Lernen auf entwicklungspsychologischer Grundlage in gemischten Gruppen, das zu einem tiefen Verständnis der eigenen Person und einer Akzeptanz des anderen führt, und ein Neudenken und Neugestalten pädagogischer Theorien und Methoden.

Feuser nennt diese Ziele die "Wiederherstellung der Einheit des Menschen in der Menschheit" und die "Wiederherstellung der Einheit unserer zusammenhanglos gewordenen Mittel und Werkzeuge der Erziehung" (ebd.). Daneben fordert er die " "Humanisierung" und "Demokratisierung" des gesamten Erziehungs-, Bildungs- und Unterrichtswesens" (ebd.). Damit meint er, dass alle erforderlichen Hilfen materieller oder personeller Art zur Verfügung gestellt werden sollten, damit jedes Kind auf die Weise, auf die es ihm möglich ist, lernen kann, ohne sozial ausgeschlossen zu werden, und, dass jedes Kind die Möglichkeit erhalten sollte, alles lernen zu dürfen.

Begründet ist dies in seiner Definition von "Be-Hinderung" als Ausdruck dessen,

"was ein Mensch mangels angemessener Möglichkeiten und Hilfen und durch vorurteilsbelastete Vorenthaltung an Inhalten und sozialen Bezügen nicht lernen durfte und als Ausdruck unserer Art und Weise, ihn wahrzunehmen, mit ihm umzugehen" (ebd.).

Als pädagogische Ziele nennt Feuser, "dass

  • alle Kinder und Schüler (ohne Ausschluss behinderter Kinder und Jugendlicher wegen Art und/oder Schweregrad einer vorliegenden Behinderung)

  • in Kooperation miteinander

  • auf ihrem jeweiligen Entwicklungsniveau

  • nach Maßgabe ihrer momentanen Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungskompetenzen

  • an und mit einem "gemeinsamen Gegenstand" (Projekt / Vorhaben / Inhalt / Thema)

  • spielen, lernen und arbeiten" (ebd., vgl. Kapitel 3.3.1).

Besonders wichtig erscheint Feuser in diesem Zusammenhang die Möglichkeit individuell gestalteten Lernens, wobei die Ziele und Methoden nicht vom Lehrer / von der Lehrerin für bestimmte Schüler / Schülerinnen vorgegeben werden, sondern jeder / jede in Projekten, an denen alle beteiligt sind, oder projektorientiertem Unterricht seine / ihre Vorge hensweise und sein / ihr besonderes Interessensgebiet frei wählen kann. Über allem steht ein gemeinsames Großthema, dass sich in kleinere Interessensgebiete oder Bearbeitungsmethoden gliedert, so dass jeder / jede Beteiligte am gemeinsamen Gegenstand ein Thema finden kann, mit dem er / sie sich auf eine für ihn / sie geeignete Weise in unterschiedlichen Gruppenkonstellationen beschäftigt (vgl. Kap. 7.2.2).

Diese Art der Arbeitsweise fördert nach Feuser nicht nur das Lernen von Unterrichtsstoff, sondern auch das soziale Lernen und eine positive Eigenwahrnehmung.

"Nur ein solcher Unterricht ermöglicht, dass

  • sich jedes Kind wahrnehmend und handelnd in das Geschehen einbringen kann,

  • das Tun des einen des anderen beeinflusst und mit bedingt, wodurch jedes/r Kind/Schüler für jedes/n andere/n Bedeutung gewinnen kann und

  • sich alle Kinder/Schüler subjektiv als kompetent und wichtig für die Gemeinschaft erfahren können, d.h. eine Identität mit dem anderen aufzubauen, am Du zum Ich zu werden (Martin Buber)" (Feuser 2001).

Das Lernen, das durch gemeinsames Arbeiten und Spielen mit anderen Menschen geschieht, motiviert in besonderer Weise. Dadurch eignet es sich auch für den Einbezug therapeutischer Aufgabenstellungen für einzelne Teilnehmer / Teilnehmerinnen, von denen vielleicht auch andere Gruppenmitglieder profitieren können. Da in der Musik- und Tanzpädagogik der therapeutische Aspekt nicht so sehr zum Tragen kommt, scheint er für diese Art der Pädagogik zu vernachlässigen zu sein. Allerdings besteht auch hier die Möglichkeit, gezielte Fördermaßnahmen von Sprache, Motorik und anderem als Aufgabenstellung in das gemeinsame Tun einzubinden (ohne dass der therapeutische Aspekt in den Vordergrund rückt), die für alle Teilnehmenden von Nutzen sind.

In der Arbeit in Schulen und Kindergärten ist das Prinzip des Kompetenztransfers wichtig. Alle Menschen, ob Lehrer / Lehrerinnen, Eltern, Therapeuten / Therapeutinnen oder Assistenten / Assistentinnen, die mit den betreffenden Kindern arbeiten, bringen bestimmte Kompetenzen mit und haben einen bestimmten Blick auf die Fähigkeiten und Lerninteressen der Menschen, mit denen sie arbeiten.

Im gegenseitigen Austausch können viele nützliche Hinweise und Ideen auftauchen, die für die Planung von Unterricht, aber auch für den Umgang mit den betreffenden Personen von großem Interesse und Nutzen sind. Dieses Prinzip lässt sich auch für den Musik- und Tanzunterricht mit Erwachsenen adaptieren, in Form von Gesprächen mit Betreuern / Betreuerinnen und Assistenten / Assistentinnen, aber selbstverständlich auch im Gespräch mit den Teilnehmenden selbst.

Nach Feuser ist für die Konzeption von Unterricht die Berücksichtigung des Konzepts der nächsten Zone der Entwicklung wichtig. Leo Vytgotskij, der Autor dieses Konzepts, betont, dass für die Förderung von Kindern nicht so sehr ihr augenblicklicher Entwicklungsstand betrachtet werden sollte, als vielmehr das, was der nächste Entwicklungsschritt sein könnte. Er schätzt das, was ein Kind mit Hilfe bereits machen kann, als viel wichtiger ein als das, was es bereits selbstständig tun kann. Denn das, was das Kind mit Unterstützung vollbringt, kann es sich im Folgenden durch Wiederholung und Variation selbst aneignen (vgl. Brandes 2005, Textor 1999).

Das Konzept ist für die Förderung von Kindern entwickelt worden. Erst in seinem Spätwerk berücksichtigt Vitgotskij die Entwicklung von Erwachsenen, die unbestritten nicht mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter abgeschlossen ist, sondern weiterläuft (vgl. Jantzen 2010). Auch dieser Gedanke kann im Erwachsenenunterricht sehr hilfreich sein: nicht den Blick auf das zu richten, was ein Mensch schon kann oder noch nicht kann, sondern auf das, was er mit Hilfe bereits kann und was der nächste Lernschritt sein könnte. Hilfe muss dabei nicht vom Lehrer / von der Lehrerin ausgehen, sondern kann auch durch andere Teilnehmer / Teilnehmerinnen oder Assistenz geleistet werden.

Die innere Differenzierung und Individualisierung der Aufgabenstellung verdeutlicht Feuser am Bild eines Baumes, den Abbildung 9 darstellt. Er wird zusammengehalten durch die Rinde, die die äußere thematische Struktur des Projekt oder des gemeinsamen Lerngegenstands darstellt. Die innere Struktur des Unterrichts, die auf dem Lernen von "Elementarem" und "Fundamentalem"[12] (Feuser 2000, S. 78) beruht, findet sich im Inneren des Stammes wieder.

Die Äste geben zwei Sachverhalte wieder: sowohl die Vielfalt an möglichen Arbeitsmethoden und Handlungen, die mit dem Thema verbunden sind, als auch die verschiedenen Entwicklungsniveaus der Kinder, die im Arbeiten und in der Wahl der Aufgabenstellung zum Tragen kommen. Dabei steht der Astansatz für eine konkrete, sinnliche Zugangsweise, die mit basaler Wahrnehmung verbunden ist, das Astende dagegen für eine abstrakte, logische und symbolische Zugangsweise.

Abb. 10: Struktur der Didaktik einer integrativen Pädagogik (PH Bern 2010, S. 5)

Keine von beiden Zugangsweisen ist jedoch besser oder schlechter als die andere. Beide und die unzähligen Mischformen, die dazwischen liegen, sind für die betreffenden Personen zu diesem Zeitpunkt in dieser Situation an diesem Thema besonders geeignet. Die Basis des Projekts, die Wurzeln, bestehen aus den Wissenschaften, die den Teilnehmenden ermöglichen, das behandelte Thema als Teil der Welt wahrzunehmen und zu verstehen[13] (vgl. ebd.).

5.2.7 Künstlerisches Gestalten im Unterricht

Regina Pauls und Johanna Metz heben die Rolle des Künstlerischen im Unterricht hervor, das "allzu oft als Mittel für einen pädagogischen Zweck benutzt und damit in Formen der klassisch-traditionellen Didaktik gezwängt und so ihrer Eigendynamik beraubt" (Pauls / Metz 2004, S. 36) wird. Wie Mettler (vgl. Kapitel 5.2.2) sind sie der Meinung, dass das künstlerische Gestalten von sich aus verschiedene Wirkungen auf den Menschen entfaltet, die nicht planbar sind, aber am intensivsten zur Geltung kommen, wenn man nicht versucht, sie dem Menschen durch spezielle Methodik und Unterrichtsplanung aufzudrängen.

"Wir gehen davon aus, dass künstlerische Tätigkeit auf ganz eigenartige experimentelle Weise Räume der Begegnung schafft; das betrifft die Interaktion mit aller Stofflichkeit der Welt [...]. Es geht nicht um eine äußere Vielheit, sondern um die Möglichkeiten von vielschichtigen Erfahrungserlebnissen, die die Persönlichkeit kultivieren und schon sehr früh zu einer kompetenten musikalisch-künstlerischen Ausdruckskraft führen können" (ebd., S. 37).

Wesentliche Elemente der Unterrichtsgestaltung liegen den Autorinnen nach darin, Faszinationen und Zugänge zum Künstlerischen zu schaffen.

"Der differenzierte und originelle Umgang mit der Wahrnehmung" stellt einen der dafür zentralen Faktoren dar, denn Wahrnehmungen bilden den "Ausgangspunkt aller ästhetischen Erfahrungen" (ebd.). Die Autorinnen verweisen darauf, dass Pädagogen / Pädagoginnen sich mit neuro-psychologischen Forschungsergebnissen auseinandersetzen sollten, um einen Unterricht entwerfen zu können, der das Lernen und das Wahrnehmen und Wertschätzen von Nuancen, die etwas Künstlerisches ausmachen, optimal fördert.

Zum Bereich Wahrnehmung fassen sie zusammen:

"Immer wieder zeigt sich, dass das Elementare, das Spiel, das Künstlerische, die Kunst die Eigenschaften in sich tragen, das Wesen der Dinge und Erscheinungen mehr und mehr zu erschließen und grenzüberschreitende synästhetische Wahrnehmungserfahrungen zu ermöglichen. Durch Wahrnehmungsanreicherung in unterschiedlichen Feldern entsteht eine individuelle Vernetzung, die [verschiedene, Anm. d. Verf.] Ebenen der Erkenntnis betrifft und somit von der Wahrnehmung zur eigenständigen Gestaltung führt" (ebd., S. 38).

Als zweiten Faktor für das Schaffen von Zugängen zum Künstlerischen führen die Autorinnen an: "Das Hervorbringen einer Idee, eines Einfalls, eines Impulses sowie das kreative Umgehen mit diesem Angebot" (ebd.). Das kreative Gestalten ist grundsätzlich im Menschen angelegt, zum einen durch genetische Grundlagen und Erziehung scheinbar festgelegt, zum anderen aber durch "spezifische Herausforderungen und intrinsische Motivationen" entwicklungsfähig (ebd.).

Es ist geprägt von den individuellen Voraussetzungen und Erfahrungen des Menschen.

"Die Neuartigkeit entspringt den einzigartigen Quellen des Einzelnen in seiner Installation mit dem Material seiner Erfahrung und prägt immer den Stempel des Individuums auf den Prozess, auf das Produkt" (Rogers zit. nach ebd., S. 38f.).

Gleichzeitig wirkt das künstlerische Gestalten jedoch auch auf den Schaffenden zurück und ermöglicht ihm neue Erfahrungen, die wiederum in den Gestaltungs- und Entwicklungs- Prozess einfließen können.

Um Gestaltungsräume für Künstlerisches zu öffnen, muss der Unterricht selbst entsprechend strukturiert sein. Pauls und Metz führen dazu an:

"Als günstig für das Entstehen schöpferischer Prozesse, zeigt sich ein dialektisches Wechselspiel zwischen: Form und Formlosigkeit / Erlebnis und Struktur / Versuch und Irrtum / Lust und Anstrengung / Spielen und Lernen / Aktivität und Ruhe / Spontaneität und Planung / Erscheinen und Verschwinden / Freiheit und Begrenzung / Präzision und Chaos / Prozess und Resultat / Stärke und Schwäche" (ebd., S. 39).

Strukturierte Lernsituationen, die Grundkenntnisse von Formgebung und Gestaltung vermitteln, sollten dementsprechend genauso in den Unterricht eingebunden werden wie freie Phasen, in denen das Spielen und Ausprobieren, das Entwickeln, Verwerfen und Verfeinern einen Platz einnimmt. Selbstverständlich sind die Grenzen zwischen den angeführten dialektischen Strukturen fließend und eine Kombination auf sehr viele unterschiedliche Weisen möglich. Eine gut strukturierte Aufgabenstellung kann gerade durch die Begrenzungen, die sie vorgibt, das eigenmächtige freie Gestalten fördern.

Die Autorinnen kommen zu folgenden Kriterien, anhand derer erkannt werden kann, dass die Unterrichtssituation geeignet ist, kreative Prozesse hervorzurufen:

- "wenn im Sinne des experimentellen Charakters des Künstlerischen das Material nach vielen Seiten benutzt, verändert und weiterverarbeitet wird;

- wenn die in jedem Menschen liegende Möglichkeit, ein schöpferisches Wesen zu sein, hervorgelockt, aufgerufen und geschützt wird; - wenn das Hervorgebrachte subjektiv neu, originell ist und eine neue Qualität erreicht wird;

- wenn der Lernende glücklich im Vollzug der Gestaltung ist und sich ihm das große Reich der Musik, der Kunst, nach und nach erschließt" (ebd.).

Diese Aufstellung zeigt, dass künstlerisches Gestalten nicht nur von einer Unterrichtsgestaltung abhängig ist, die Freiräume ermöglicht, sondern auch von individuellen Voraussetzungen und Wahrnehmungen der Teilnehmer / Teilnehmerinnen (und nicht zuletzt auch des Lehrers / der Lehrerin).

Als drittes Element, das Zugänge zum Künstlerischen ermöglicht, nennen Pauls und Metz: "Die Ausdrucks- und Gestaltungsmöglichkeiten, Handhabefertigkeiten, Technik. Das kompetente und originelle Benutzen von Material" (ebd., S. 37). Dazu führen sie aus,

"dass Eindruck nur zum künstlerischen Ausdruck werden kann, wenn ein Repertoire an Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung steht, das einem künstlerischen Anspruch gerecht wird" (ebd., S. 39).

Die angeführten Gestaltungsmöglichkeiten müssen durch wiederholtes Aufgreifen (Üben) verinnerlicht werden, damit sie für das eigene Gestalten zur Verfügung stehen können.

"Es werden stützende Ordnungsprinzipien angeboten und Fertigkeiten verinnerlicht, die eine individuelle Ausdrucksart erst ermöglichen und entwicklungsadäquates Können sichtbar machen" (ebd.).

Künstlerischer Gestaltungswille hängt sehr eng mit der Motivation zusammen, die von Lehrer / Lehrerin, Gruppe, Material erzeugt wird, und der Motivation, die intrinsisch schon vorhanden ist. Pauls und Metz stellen für den Unterricht eine Liste von Faszinationen auf, die diese Motivation hervorrufen und verstärken können:

"Faszination des Stoffs, des Objekts und des Instruments" (ebd., S. 40). Inhalte und Themen der Stunde können die Fantasie anregen. Objekte und Instrumente haben von sich aus einen hohen Aufforderungscharakter, der zum Experimentieren mit Bewegung und Klängen verführt.

"Faszination der Kunstpädagogin / des Kunstpädagogen" (ebd.). Der Pädagoge / die Pädagogin dient den Schülern / Schülerinnen nicht selten als Vorbild. Sein / ihr Umgang mit Kunst kann Faszination und Lust auf eigenes Gestalten wecken. Seine / ihre eigene, ehrlich spürbare Begeisterung an Themen, Objekten und Aufgaben kann die Schüler / Schülerinnen mitreißen.

Erleben des eigenen Könnens, der Freude am Gelingen, des Flows und körperlicher Erfahrungen bestärken den ganzen Menschen und fordern zu Wiederholungen und Variation auf. Auch eine Unterrichtssituation kann faszinieren. Das Erleben der eigenen unverwechselbaren Individualität kann genauso einen Faszinationsfaktor darstellen wie das Erleben der eigenen Person in der Gruppe. Auch die Gruppe selbst kann durch ihre Zusammensetzung und die Interessen der anderen Mitglieder Impulse für das eigene Tun geben.

Ein Unterricht, der es versteht, diese Faszinationen zu wecken, und der Wahrnehmungsdifferenzierung, künstlerische Prozesse und technische Fähigkeiten zu vereinbaren weiß, schafft die optimalen Voraussetzungen für die Entstehung von künstlerischer Musik und künstlerischem Tanz.



[2] Aus dieser Vorstellung entwickelt sich später die Tarantella, Tanzmusik, die den Kranken - als Ursache wurde ein Tarantel-Biss angenommen - zu ekstatischem Tanzen und damit zum Ausschwitzen des Giftes animieren sollte.

[3] Hathor gilt als die Göttin des Tanzes und der Frauen.

[4] Durch das Miterleben des Bühnengeschehens sollten die Zuschauer innerlich gereinigt werden.

[5] Unter dem Namen Pyrrhiche werden kunstvolle Waffenübungen mit tänzerischen Elementen verbunden,um Schnelligkeit und Geschicklichkeit im Umgang mit Waffen für den Ernstfall zu proben.

[6] Dabei handelt es sich um die Darstellung religiöser Inhalte und Geschichten zumeist mit den MittelnSchauspiel, Gesang und Instrumentalmusik (vgl. Körndle 1996).

[7] Unter anderem: National Association for Music Therapie (NAMT) 1950 (USA), British Society for Music Therapy (BSMT) 1958 (England), Österreichische Gesellschaft zur Förderung der Musikheilkunde 1959 und Deutsche Gesellschaft für Musiktherapie e.V. (DGMT) 1972.

[8] Die musikalische Schulung fördert dabei auch die allgemeine Gedächtnisleistung.

[9] Solange der Besuch der Musik- und Tanzgruppe freiwillig erfolgt. allem unter dem Blick von Juliane Ribke und Michael Kugler beleuchtet. Der Pädagogik Carl Orffs und des Orff-Schulwerks widmet sich Kapitel 6.1.1.

[10] Während im Studium der Musik- und Tanzpädagogik der künstlerisch-pädagogische Umgang mit Musik und Tanz eine wichtige Rolle spielt neben der Ausbildung theoretischen Hintergrundwissens wie Grundlagen der Pädagogik und der Psychologie, stehen im Studium der Musik- und Tanztherapie Einblicke in medizinisch-therapeutisches Wissen, die Methodik der Therapie und praktischer Umgang mit therapeutischen Zusammenhängen im Vordergrund (vgl. Universität Mozarteum 2006, Hochschule Heidelberg 2010, Bertolaso 2010).

[11] Verwirrenderweise wird die Abkürzung EME für zwei verschiedene Phänomene verwendet. Sie steht sowohl für Elementare Musik-Erziehung (für alle Altersgruppen, beziehungsweise eher auf die Arbeit mit Kindern bezogen) als auch für Elementare Musik für Erwachsene.

[12] Eine große Rolle in der Auswahl des Unterrichtsstoffs spielen für Feuser Themen, die mit der unmittelbaren Lebenswirklichkeit zusammenhängen. In der Formulierung bezieht er sich an dieser Stelle auf Klafki.

[13] Konkrete Beispiele, wie das Lernen am gemeinsamen Gegenstand in der Praxis umgesetzt werden kann, finden sich bei PH Bern 2010 für die sogenannte Basisstufe, in der Kinder aus zwei Kindergarten- und zwei Grundschuljahrgängen zusammen unterrichtet werden. Die vorliegende Arbeit greift das Thema in Kapitel 7.2.2 wieder auf.

6. Ausgewählte Konzepte integrativen und inklusiven Musik- und Tanzunterrichts

6.1 Integrative und inklusive Musik- und Tanzpädagogik im Sinne des Orff-Schulwerks

6.1.1 Carl Orff und das Orff-Schulwerk

Carl Orff wird am 10. Juli 1895 in München geboren. Schon früh zeigt er großes Interesse an Musik und Rhythmus und wird durch seine musikbegeisterte Familie musikalisch gefördert. Fingerübungen am Klavier empfindet er als trocken und langweilig. Stattdessen improvisiert er lieber frei und entwirft eigene Stücke, die er als "improvisierte Opern" bezeichnet und gemeinsam mit seiner Schwester und Nachbarskindern zur Aufführung bringt. Die schulische Pädagogik empfindet er als veraltet und langweilig. Die einzigen Fächer, die ihn in den Bann ziehen können, sind Griechisch und Latein[14] (vgl. Jungmair 2003).

Schon als Schüler komponiert Orff und kann mit finanzieller Unterstützung seines Großvaters Karl Koestler einen ersten Liedzyklus veröffentlichen. Während des Studiums an der Münchener Akademie für Tonkunst lenkt die Beschäftigung mit Werken verschiedener Komponisten sein Interesse auf außereuropäisches Instrumentarium[15]. In der Oper Pelléas und Mélisande von Debussy erlebt Orff intensiv die vollkommene Einheit von Musik und Dichtung - ein Ideal, das er sich fortan als Ziel setzt. Überhöht wird dieses Ziel durch eine progressive Programmschrift mit dem Titel Der Blaue Reiter, an der große Maler wie Wassily Kandinsky und Franz Marc beteiligt waren. Hier wird das Bild einer Weltkunst gezeichnet, die aus einer Verbindung aller Künste (auch sogenannter primitiver Künste verschiedener Völker) entsteht. Von modernen Musikrichtungen beeinflusst, beginnt Orff auch, mit Geräuschen zu experimentieren (vgl. ebd.).

Erste Anstellungen findet Orff als Kapellmeister an den Münchner Kammerspielen, dem Nationaltheater Mannheim und dem Hoftheater Darmstadt. Als Komponist ist er daneben weiterhin auf der Suche nach Vorbildern und findet sie nach einer Zeit der intensiven Beschäftigung mit modernen Komponisten nun in der alten Musik, besonders bei Claudio Monteverdi.

Im Jahr 1923 begegnet Orff durch Vermittlung von Freunden erstmals Dorothee Günther. Sie gilt bereits als Kapazität "in Fragen der modernen Körper- und Bewegungsschulung" (ebd., S. 91). Neben Gymnastik und Tanz beschäftigt sie sich auch mit Bühnenbild, Theater und bildender Kunst und übernimmt zunächst die Neubearbeitung eines Libretto-Textes für Orff.

Günther plant zu dieser Zeit die Gründung einer Schule für Gymnastik, Rhythmik und künstlerischen Tanz, die bereits 1924 in München eröffnet werden kann. Orff findet als musikalischer Leiter des Instituts hier die Möglichkeit, "eine neue Form rhythmischmusikalischer Erziehung zu erproben und seine Ideen einer gegenseitigen Durchdringung und Ergänzung der Bewegungs- und Musikerziehung zu verwirklichen" (Keller 1996, S. 39).

Dorothee Günther verfolgt ähnliche Grundgedanken, die Orffs Ideen sicherlich ergänzen und beflügeln. Rückblickend erzählt sie:

"Als ich 1924 die Günther-Schule gründete, war es meine Absicht, einen Weg zur Wiederherstellung der naturgegebenen Einheit von Musik und Bewegung - Musik und Tanz - zu finden. Ein Weg, der nicht nur für einige intuitive Künstler gangbar sein sollte, sondern der eine pädagogische Lösung bringen sollte, die es ermöglichte, allgemein im Menschen wieder rhythmische Schwingung, Aufnahme- und Gebefähigkeit, Tanz und Musizierlust zu erwecken" (zit. nach Jungmair 2003, S. 92).

Es ist wirklich erstaunlich, wie sehr die Gedankengänge der beiden Pädagogen sich ähneln. Die Idee von der "Regeneration der Musik von der Bewegung, vom Tanz her" (C. Orff zit. nach ebd.) findet einige Jahre später ihren Niederschlag in der ersten Schulwerk-Ausgabe Orff-Schulwerk - Elementare Musikübung, die in Zusammenarbeit mit weiteren Lehrkräften der Günther-Schule entsteht. In Einzelbänden wird sie in den Jahren 1930 bis 1935 veröffentlicht.

Wie Orff in einem Artikel erklärt, "sind alle Aufzeichnungen [von Notentexten im Orff- Schulwerk, Anm. d. Verf.] ihrem Wesen nach fixierte Improvisationen, gewachsen und entstanden in und zum Unterricht, meist viel später aufgezeichnet" (zit. nach ebd., S. 97f.). Es handelt sich um "eine Sammlung von Modellen, die auf umgekehrtem Weg hin führen wollen, woher sie gekommen sind, zur Improvisation" (ebd., S. 98). Besonders wichtig ist ihm dabei, dass es sich um eine Musik handelt, die den Schülern entspringt, die aus ihnen und nicht für sie entsteht.

Noch einmal betont Orff den engen Zusammenhang von Musik und Bewegung, gerade in der Ausbildung:

"Eine neue Pädagogik will nun nicht mehr eine in sich geschlossene Musiklehre ergänzend oder nebenfachlich beisteuern [wie es an anderen Gymnastikschulen der Zeit wohl der Fall ist, Anm. d. Verf.], sondern sieht die einzige Möglichkeit darin, die Musikerziehung aus der Bewegung und deren gemeinsamer Wurzel, der Rhythmik aufbauen" (ebd.).

Dieser Grundidee folgend fördert Orff das instrumentale Begleiten von Bewegung, speziell das Gestalten von Musik, die zum Tanzen und Bewegen ermuntert. Auch das körperbetonte Instrumentalspiel ist ihm wichtig, so dass Musik und Bewegung in seinem Unterricht stets darauf angelegt sind, eins zu werden. Eine sehr zentrale Rolle spielt für Orff dabei stets die Improvisation, die seiner Meinung nach im Spieltrieb jedes Menschen angelegt ist. Seine pädagogischen Grundsätze fasst er in aller Kürze zusammen: "Das Wichtigste ist es, das Kind aus sich selbst heraus spielen zu lassen und alles Störende fernzuhalten" (zit. nach ebd., S. 108).

Die Musikinstrumente, für die diese Musik gedacht ist - auch wenn sie so konzipiert ist, dass die Instrumente immer austauschbar bleiben - sind vielfach von außereuropäischen Kulturen beeinflusst, und regen in vielfältiger Weise zum Spiel(en) an. Die Vorteile eines derartigen Instrumentariums schildert Orff in folgenden Worten:

"Um dem Schüler schon ganz äußerlich die andere Welt einer solchen Musik klarzumachen, hat sich die Verwendung eigener Instrumente, die in unserer musikalischen Kunstübung eigentlich keine hervorragende Verwendung finden, bewährt. Es fällt ganz von selber weg, der Versuchung zu erliegen, Kunstmusik zu kopieren, und der Spieltrieb und die verhältnismäßig leichte Handhabung der Instrumente reizt zur musikalischen Aeußerung" (zit. nach ebd., S. 105).

Das Interesse am Orff-Schulwerk und der feste Glaube an seinen tiefen pädagogischen Nutzen ist so groß, dass Leo Kestenberg, damals Referent für Musik am Berliner Kultusministerium, plant, Ideen des Orff-Schulwerks in den Lehrplan für Volksschulen einzubringen und das Orff-Schulwerk in Berliner Volksschulen auszuprobieren. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 ändern sich jedoch mit den politischen Verhältnissen auch die pädagogischen Ansichten komplett. Kestenberg emigriert und so bleiben seine Ideen unausgeführt (vgl. Jungmair 2003).

Auch die Arbeit an der Günther-Schule bleibt nicht unbelastet. Um den Schulbetrieb aufrechterhalten zu können (zu dürfen), tritt Dorothee Günther in die nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ein. Gegenüber Orffs Schaffen nimmt die NSDAP keine eindeutige Haltung ein. Zum einen erscheint es als zu exotisch, zu wenig urständig deutsch, um es akzeptieren zu können, zum anderen ist es für große Inszenierungen geeignet. Deshalb ergeht der Auftrag an die Günther-Schule, für die Olympiade 1936 eine Tanzgestaltung mit Musik zu entwerfen[16].

Auch Schulwerkkurse, die seit 1931 zur Verbreitung der Ideen des Schulwerks angeboten werden, dürfen weiter durchgeführt werden, wenn auch unter Beteiligung von Teilnehmern und Teilnehmerinnen aus der Hitlerjugend (HJ) und dem Bund deutscher Mädel (BDM). Im Laufe des zweiten Weltkrieges werden alle öffentlichen Einrichtungen, darunter auch die Günther-Schule geschlossen. Bei einem Angriff brennt die Günther-Schule aus, ein großer Teil von Unterrichtsmaterialien und Instrumenten geht verloren.

Zur Situation nach dem zweiten Weltkrieg äußert sich Carl Orff im Rückblick:

"Die politische Woge hatte längst alle im Schulwerk entwickelten Ideen als unerwünscht hinweggespült, und der völlige Zusammenbruch des Jahres 1945 ließ allenthalben nur Trümmerfelder zurück" (zit. nach ebd., S. 114).

Ein Neubeginn erfolgt mit Orff-Schulwerk-Sendungen im Bayerischen Rundfunk ab 1948. Neben die Instrumentalmusik treten jetzt gleichrangig Sprache und Gesang, die an der Günther-Schule noch nicht den selben Stellenwert eingenommen haben. 1949 wird das noch heute existierende Studio 49 gegründet, eine Werkstätte, die spezielle Instrumente für das Orff-Schulwerk baut, die von vielen Kulturen inspiriert wurden[17].

In Zusammenarbeit mit Gunild Keetman wird die Publikation einer zweiten Orff- Schulwerk-Ausgabe vorbereitet, die in den Jahren 1950 - 1954 unter dem Titel Orff- Schulwerk. Musik für Kinder erscheint. Zeitgleich werden die ersten Orff-Schulwerk-Kurse für Kinder am Mozarteum Salzburg abgehalten. Das Interesse für das Schulwerk wächst, auch durch die unermüdliche Verbreitungsarbeit mit Vorträgen und Kursen in Deutschland und Österreich.

Im Briefwechsel mit Wilhelm Keller entsteht die Idee der Gründung einer zentralen Ausbildungs-und Forschungsstelle. Besonders wichtig erscheint dies, da das Orff-Schulwerk weiterhin oft als Lehrbuch und Sammlung feststehender Stücke für den Unterricht missverstanden wird. Obwohl Orffs Lebensmittelpunkt weiterhin in München liegt, scheitern Verhandlungen mit der Stadt über die Gründung eines Instituts.

Stattdessen wird ein geeigneter Platz in Salzburg gefunden, wo 1961 das Orff-Institut - heute Carl-Orff-Institut - als Zentralstelle und Seminar für das Orff-Schulwerk gegründet wird (vgl. Widmer 2009). Seitdem breitet sich das Orff-Schulwerk auf der ganzen Welt aus. Vorträge und Kurse in aller Welt haben zur Erstellung eigener, landesspezifischer Ausgaben des Orff-Schulwerks in verschiedensten Ländern geführt. In Weiterführung und Aktualisierung des Orff-Schulwerks, auch unter Berücksichtigung aktueller pädagogischer Erkenntnisse und der Notwendigkeit klarer Unterrichtsvorschläge, entsteht unter Beteiligung verschiedener Lehrer und Lehrerinnen des Orff-Instituts das Lehrwerk Musik und Tanz für Kinder[18].

Carl Orff fasst seine Grundidee von elementarer Musik und Bewegung in mittlerweile berühmt gewordenen Worten zusammen:

"Was ist elementar? Elementar, lateinisch elementarius, heißt, ,zu den Elementen gehörig, urstofflich, uranfänglich, anfangsmäßig'. Was ist weiterhin elementare Musik? Elementare Musik ist nie Musik allein, sie ist mit Bewegung, Tanz und Sprache verbunden, sie ist eine Musik, die man selbst tun muss, in die man nicht als Hörer, sondern als Mitspieler einbezogen ist. Sie ist vorgeistig, kennt keine großen Formen, keine Architektonik, sie bringt kleine Reihenformen, Ostinati, kleine Rondoformen. Elementare Musik ist erdnah, naturhaft, körperlich, für jeden erlern- und erlebbar, dem Kinde gemäß" (zit. nach Jungmair 2003, S. 128).

Das Orff-Schulwerk war ursprünglich nicht auf die Belange von Kindern mit Behinderung ausgerichtet. Verschiedene Autoren / Autorinnen erkannten jedoch die Wirksamkeit der verwendeten Methoden und Instrumente und entwickelten diese weiter. Dennoch formuliert Carl Orff bereits einen zutiefst integrativen Grundgedanken, wenn er schreibt, die Elementare Musik sei "für jeden erlern- und erlebbar". Er formuliert sie als "vorgeistig", das heißt, unmittelbar mit dem Erleben verbunden und nicht an kognitive Fähigkeiten gebunden. Dadurch ist sie für Menschen (Zuhörer / Zuhörerinnen und Spieler / Spielerinnen) jeden Alters und jeden intellektuellen Standes geeignet.

Beim Orff-Schulwerk handelt es sich nicht um eine feststehende Sammlung von Stücken, die ausschließlich in der notierten Besetzung und Weise aufzuführen sind, sondern um eine Beispiel- und Modellsammlung von besonders gelungenen Ergebnissen aus dem Unterricht.

"Es ist weder eine verbindliche Methode, noch ein didaktisches Programm, sondern ein Wegweiser und Anstoß zu Elementarem Gruppenmusizieren in Verbindung mit Sprache und Bewegung mit Hilfe geeigneter Instrumente" (Keller 1996, S. 41).

Als solches ist das Orff-Schulwerk von vornherein darauf angelegt, auf die jeweils spezielle Situation und Zusammensetzung der Gruppe adaptiert zu werden. Es setzt keinerlei Fähigkeiten der Musizierenden voraus, sondern ermöglicht stets eine individuelle Lösung und Verteilung von Aufgaben.

6.1.2 Weiterentwicklung des Orff-Schulwerks zur Orff-Musiktherapie

Karin Schumacher fasst in ihrem Artikel Die Bedeutung des Orff-Schulwerkes für die musikalische Sozial- und Integrationspädagogik und die Musiktherapie anhand von Zitaten von Carl Orff die wichtigsten Begründungen zur Anwendung des Orff-Schulwerks in der Musiktherapie zusammen (vgl. Schumacher 1999).

"Musik ist nie Musik allein, sie ist mit Bewegung, Tanz und Sprache verbunden" (Orff, zit. nach ebd.).

Dazu schreibt Schumacher:

"Das Anbieten verschiedener Ausdrucksmöglichkeiten des Menschen erhöht die Möglichkeit der Ansprechbarkeit. Dies ist vor allem dort bedeutsam, wo eine Ausdrucksmöglichkeit auf Grund einer Störung oder Behinderung ausfällt" (ebd.).

Der Münchner Heilpädagoge Karl Hofmarksrichter entdeckte schon in den 1960er Jahren in seiner Arbeit mit Menschen mit Hörbeeinträchtigungen den Nutzen des Orff-Instrumentariums. Selbst gehörlose Menschen konnten über die Vibrationen an Orff-Instrumenten und deutlich sichtbaren und am eigenen Körper erfahrbaren Rhythmen ein musikalisches Gespür entwickeln und gemeinsam musizieren. Durch die Arbeit mit dem Orff-Instrumentarium erfuhren sie eine neue Ausdrucksmöglichkeit, die ihnen bislang verschlossen geblieben waren (vgl. Keller 1996).

Carl Orff selbst äußert sich zu den therapeutischen Möglichkeiten des Orff-Schulwerks, die er bei der Konzeption gar nicht berücksichtigt hatte, interessiert und beeindruckt:

"An eine Verwendung des Schulwerks und seiner Instrumente in der Heilpädagogik habe ich bei allen vorangegangenen pädagogischen Versuchen nie gedacht [...]. [...] als medizinischer Laie und immer sehr in anderer Arbeit stehend, konnte ich diesen Anregungen keine entsprechende Beachtung schenken. Erst ein Schreiben von Prof. Dr. Karl Hofmarksrichter, dem (früheren) Leiter der Taubstummen anstalt in Straubing, machte mich aufhorchen. Er teilte mir mit, daß er jahrelang mit seinen Schülern und Patienten mit dem Schulwerk gearbeitet habe und fragte, ob ich mir seine Kindergruppe, die musiziere und tanze, nicht einmal ansehen wolle. Ich fuhr darauf nach Straubing und war von dem, was ich sah, ergriffen" (zit. nach ebd., S. 8).

Karin Schumacher betont die Wichtigkeit einer Verbindung von Musik und Tanz statt einer Begrenzung auf eines von beiden. Für sie "bedeutet das Verbinden-Können von hörbaren, sicht- und spürbaren Reizen, wie sie Musik und Bewegung darstellen, das Wiedererlangen der Beziehungsfähigkeit zu sich selbst und zur Umwelt" (Schumacher 1999).

Das Verbinden verschiedener Sinneserfahrungen führt ihrer Meinung nach zu einem tieferen Verständnis der eigenen Person und zu einer verbesserten Kommunikation mit der Umwelt.

"Die Idee [Gertrud, Anm. d. Verf.] Orffs, Musik als ein multisensorisches Phänomen zu betrachten, ist für die therapeutische Arbeit nicht nur sinnvoll, sondern notwendig. Besonders beziehungsfördernd ist die zwischenmenschliche Erfahrung, daß Gefühle, Empfindungen, Affekte geteilt werden können. Miteinander singen, spielen und tanzen stellen eine besondere Möglichkeit dar, dieses Empfinden ,Gemeinsamkeit' zu erleben, zu erfahren" (ebd.).

Gertrud Orff, Carls Orff zweite Ehefrau, beschäftigt sich intensiv mit den Einsatzmöglichkeiten des Orff-Instrumentariums in der Musiktherapie. Folgende Aspekte hebt sie besonders heraus: "die Möglichkeit der akustisch-aktiven Betätigung" (im Unterschied zu rezeptiver Musiktherapie), das Material als "link, Zwischenglied, zwischen Therapeut und Kind, distanzierend und verbindend" und, dass sich das Kind mit dem Material "mitteilen" und "sozial einüben" kann, wobei das Material immer sowohl Annäherung als auch Distanz ermöglicht (Orff, G. 1974, S. 13). Daneben ermöglicht es verschiedene Wege der Kommunikation zwischen Kind und Material, Kind und Therapeut / Therapeutin über das Material und zwischen Kind und anderem Kind.

Die Orff-Musiktherapie nach Gertrud Orff geht von den Grundgedanken des Orff-Schulwerks aus und entwickelt diese für therapeutische Zwecke weiter. Die "Ausdrucksebenen der Kinder sind Sprache, Rhythmus, Melos, Bewegung, Raumerfahrung, miteinander koordiniert" (ebd., S. 14).

Diese Ausdrucksebenen werden auch im Orff-Schulwerk und der Orff-Musiktherapie verwendet.

Daneben übernimmt die Orff-Musiktherapie aus dem Schulwerk den spielerisch improvisatorischen Umgang mit musikalischem Material, wobei bei der Umsetzung jedoch nicht das Erlernen eines Musikstücks, sondern die persönliche Weiterentwicklung des / der Spielenden im Vordergrund steht. Besonders wird dabei im Bereich der Kommunikation gearbeitet.

Gertrud Orff formuliert eine wunderbare Definition von Behinderung als überwindbarem Hindernis, hinter dem die Person selbst zum Vorschein kommt. Therapeutisches Handeln bedeutet für sie entsprechend das vorsichtige, respektvolle Suchen nach dieser verborgenen Persönlichkeit:

"Unser Ansatzpunkt ist das Kind. Wir haben das behinderte Kind vor uns, wir müssen Zugang zu ihm finden. Behinderung bedeutet auch immer Isolation, Isolation durch das Anderssein als die anderen. Behinderung ist aber auch ein relativ hoffnungsvolles Wort: Nimm das Hindernis weg und du hast das Kind. Es ist die Aufgabe des Therapeuten, zum Kind vorzudringen. Unaufdringlich" (ebd.).

Auch vom Therapeuten / von der Therapeutin selbst wird ein Höchstmaß an Improvisationsgabe gefordert[19]. Gertrud Orff stellt zunächst dar, dass es keine fertigen, vorgefassten Modelle für die Orff-Musiktherapie gibt. Den therapeutischen Weg vergleicht sie mit einem unbegradigten, lebendigen Pfad, von dem man oft nicht weiß, wohin er sich wendet, der aber für das Kind seine ursprünglichste Lernform darstellt.

"Auf die Arbeit übertragen bedeutet es, daß man eine Idee oder ein Material einbringt, in der Vorstellung, daß es angenommen wird. Ergeben sich nun Äußerungen - im weitesten Sinne - die, angeregt von der Idee, dem Kind entspringen, so ist diesen Vorstellungen nachzugehen. Entwickeln sich Störfaktoren, so sind sie nicht zu unterbinden, nicht zu korrigieren, sondern einzubauen, vielleicht umzuschmelzen. Dies fordert die ganze wache Technik des Therapeuten. In einem scheinbaren Nachgeben behält er doch den Vollzug in der Hand. Aber er muß auch gewillt sein, sich überraschen zu lassen und wirklich mitzugehen. Dies sind ganz entscheidende Momente in der Therapie, die vom Therapeuten Virtuosität (virtus![[20]]) verlangen. Blitzschnelle Reaktionen sind erforderlich" (ebd., S. 16f.).

Die Therapiesituation ist für Gertrud Orff eine Spielsituation, in der der Alltag aufgehoben ist. Sie arbeitet mit allen Sinnen, setzt das Instrumentarium optisch, taktil und akustisch ein. Wenn Carl Orff sagt "Elementare Musik ist eine Musik, die man selbst tun muß" (zit. nach Schumacher 1999), dann ebnet er bereits den Weg zur aktiven statt rezeptiven Musiktheorie.

"Entscheidend an der [Carl, Anm. d. Verf.] Orffschen Idee ist die Wiederentdeckung des Wertes der Selbsttätigkeit und des dafür motivierenden und nötigen Spielraumes der Improvisation" (ebd.).

Das Orff-Instrumentarium ist dafür bestens geeignet, denn die "Instrumente

- sprechen alle Sinne an

- sind technisch relativ leicht spielbar

- sind körpernah (trennen die Spieler nicht zu weit vom Instrument und untereinander)

- sind als Solo- und Gruppeninstrument und für die Improvisation geeignet" (ebd.)

Diese Aufstellung Gertrud Orffs zu den therapeutischen Möglichkeiten des Materials (vgl.

S. 89) ergänzt Schumacher:

"Die Funktionen elementarer Instrumente [...] bestehen in der Möglichkeit,

- sich unmittelbar musikalisch mitteilen und ausdrücken

- mit anderen unmittelbar zusammenspielen und

- Klangphantasien entwickeln zu können" (ebd.).

Die Orff-Musiktherapie fällt innerhalb der vorliegenden Arbeit, die sich mit gemischten Gruppen außerhalb von therapeutischen Situationen beschäftigt, aus dem Rahmen. Es wurde deswegen ausführlich auf sie eingegangen, da große Parallelen zwischen therapeutischen Grundsätzen für Einzel- und Gruppensitzungen und pädagogischen Grundsätzen für inklusive Gruppen gesehen werden (vgl. dazu auch Kapitel 7).

6.1.3 Wilhelm Keller und seine Arbeit mit Menschen mit Behinderungen

Wie Carl Orff war auch Wilhelm Keller beeindruckt von der Arbeit Karl Hofmarkrichters mit den therapeutischen Möglichkeiten des Orff-Schulwerks. Er sieht ihn für seine eigene Arbeit als ein wichtiges Vorbild. Während Hofmarksrichter als Leiter einer Taubstummenanstalt[21] seinen Arbeitsschwerpunkt auf Menschen mit Sinnesbehinderungen legt, beschäftigt sich Keller intensiv mit Menschen mit geistiger, körperlicher und mehrfacher Behinderung und Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten.

Als Ziel seiner eigenen Arbeit und der Arbeit des von ihm am Orff-Institut eingerichteten Instituts für Musikalische Sozial- und Heilpädagogik[22], "dem wir uns nur in kleinen Schritten nähern können", formuliert er: "die Verbesserung unseres Wissens um die Möglichkeiten einer musikalischen Bildung sozial und körperlich-geistig Benachteiligter" (Keller 1996, S. 10).

Als Musikalische Lebenshilfe versteht Keller "Gewinnung von Lebensfreude durch Musik als eine Möglichkeit der Erfüllung unzerstörbarer Lebensliebe" (ebd., S. 7). Er betont, dass Menschen mit Behinderung das gleiche Recht auf Lebensfreude besitzen wie alle anderen Menschen. Die Musik hält er für ein besonders geeignetes Mittel, diese Lebensfreude zu erzeugen und die Beziehung zu sich selbst und den Mitmenschen zu verbessern: "Die Musikalische Freude aber ist ein unersetzliches Element der Harmonisierung, sowohl des persönlichen Lebens als auch des Zusammenlebens" (ebd., S.10).

Wilhelm Keller sieht Musikalität als ein Zusammenspiel von "individuelle[n] Dispositionen zu musikalischer Produktions-, Reproduktions- und Rezeptionsfähigkeit" und die musikalischen Ausdrucks- und Verhaltensweisen eines jeden Menschen als so "einzigartig und unvergleichbar" wie sein Wesen (ebd., S. 12).

Dementsprechend möchte er auch im Unterricht die individuelle Ausdrucksfähigkeit jeden Teilnehmers / jeder Teilnehmerin in der Musik und deren individuellen Umgang mit Musik fördern. Darin sieht er die Unterrichtsprinzipien der Elementaren Musik dem klassischen Musikunterricht gegenüber als überlegen an.

"Elementare Musik ermöglicht auch, ,Normale', ,Begabte' und ,Behinderte' in einer Gruppe zusammenspielen zu lassen, ohne daß ein Spieler über- oder unterfordert wird. Die Musik muß nur in ihrer Rollen- und Aufgabenverteilung den Möglichkeiten der Gruppenmitglieder und nicht die Gruppe einer autonomen Musikform angepasst werden" (ebd., S. 13).

Insbesondere die Arbeit Hormarkrichters mit taubstummen Menschen zeigt Keller, dass Elementares Musizieren allen Menschen, unabhängig von besonderen Fähigkeiten oder Einschränkungen zugänglich ist.

"Es erwies sich, daß Elementare Musik nicht nur ein Hörerlebnis, sondern etwas Umfassendes, nämlich eine Integration von motorischen, visuellen und auditiven Erlebnisformen59 bedeutet, die auch nach Ausfall einer Komponente wirksam bleiben, wenn auch unter Verlagerung des Schwerpunktes im psychophysischen Aufnahme- und Aktionsbereich" (ebd., S. 39).

Die musikalische Bildung von Menschen mit Behinderung sieht Keller als wichtige politische Aufgabe der Gesellschaft an. Er beklagt sich, dass Opernhäuser und Konzertveranstaltungen in hohem Maße vom Staat subventioniert werden, während die musikalische Basisarbeit von kleinen Vereinen und Eigeninitiativen getragen werden müsse.

"In einer humanen Gesellschaft wäre es genau umgekehrt: Opern und Festspiele wären Privatsache derer, die sie besuchen, und von den Besuchern auch zu finanzieren; die musikalische Betreuung und Behandlung Behinderter und sozial Benachteiligter als existentiell notwendige Lebenshilfe jedoch eine gesellschaft- vorhebung durch die Verfasserin).

In seinem Werk beschäftigt sich Keller sehr ausgiebig mit der Erforschung der Musikalität von Menschen mit Behinderung. Auf der Suche nach einer Art zu musizieren, die keinerlei technische Voraussetzungen fordert, zugleich aber jedes musikalische Niveau berücksichtigt und Rückschlüsse auf musikalische Fähigkeiten zulässt, stößt Keller auf eines der elementarsten Instrumente überhaupt: die eigene Stimme.

Häufig arbeitet Keller mit vorgegebenen Texten, die im Sprachrhythmus einstudiert werden. Dies ist ihm besonders wichtig, da er durch das Einstudieren des Textes nicht bereits die Festlegung der Melodie auf eine bestimmte Taktart provozieren möchte. Anschließend wird jeder Teilnehmer aufgefordert, den Text mit der eigenen Stimme zu vertonen. Das Ergebnis lässt er wiederholen, um beim Abhören des Aufnahmegeräts, das alle Versuche aufzeichnet, den wahren musikalischen Kern des Gedankens herausschälen zu können.

"Es ist mir im übrigen selten begegnet, daß der erste Einfall bei der Wiederholung der Textvertonung völlig verlorenging und nicht in seinem motivischen Kern erhalten blieb. Sehr aufschlussreich sind Variantenbildungen, da sie konstante und variable Wendungen deutlich machen und somit auf die Substanz der Motivbildung hinweisen" (ebd., S. 16f.).

Sind Menschen mit Sprachstörungen in der Gruppe, baut Keller in seinen Unterricht Varianten ein, die es ermöglichen, diese Probleme in den Hintergrund treten zu lassen, indem er auf Melodiebildung, die auf Sprachrhythmen beruht, verzichtet und stattdessen freies Vokalisieren bevorzugt.

Die erzielten Melodien sind vollkommen individuell und nicht auf den gewohnten Dur- Moll-Raum beschränkt. Oft finden sich auch modale Wendungen, die sich unbeeinflusst von einer bestimmten Hörerwartung aus der Melodiegestaltung heraus ergeben. Interessanterweise finden alle Beteiligten, wenn sie nacheinander über den selben Text improvisieren, trotz des Vorbilds der anderen Gruppenmitglieder meistens zu eigenen melodischen Lösungen.

Obwohl verschiedene Arten von Behinderung manchmal mit unterschiedlichen musikalischen Fähigkeiten (oder besonderen musikalischen Begabungen) in Verbindung gebracht werden, kann Keller eine derartige Systematisierung mit seinen Untersuchungsergebnissen nicht in Bezug setzen. Er vertritt den Gedanken, dass jeder Mensch mit seinen musikalischen Fähigkeiten als Individuum gesehen werden muss.

Dennoch stellt er fest, dass Menschen mit Behinderung in vielen Fällen unbelasteter und freier an eine Improvisationsaufgabe herangehen und mit Textfehlern (Verwechseln von Silben oder Vergessen von Wörtern des vorgegebenen Textes) unbefangen umgehen. Er stellt fest, dass in solchen Fällen häufig andere, ebenfalls passende, sinnvolle Wörter ergänzt werden, ohne dass der Melodiefluss dadurch gestoppt wird.

Keller lässt sogar ganze Gruppen gemeinsam Melodien komponieren. Dazu studiert er zunächst einen Text im Sprachrhythmus ein und bittet dann die Teilnehmer / Teilnehmerinnen um Vorschläge für das Anfangsmotiv, die gemeinsam nachgesungen, verglichen und diskutiert werden. Hat die Gruppe sich auf eine Fassung geeinigt, singen wiederum alle gemeinsam. Ein Schüler / eine Schülerin setzt mit einer Weiterführung der Melodie fort. Auch dieser Prozess passiert einige Male, bis sich die Gruppe auf die Lösung, die ihr am besten passend erscheint, verständigt hat.

Besonders wichtig ist Keller in dieser Art der Arbeit, dass jedes Mal von vorne begonnen wird, um Stückelung zu vermeiden. Nur auf diese Weise kann auch in jedem einzelnen Schritt beleuchtet werden, ob sich das neue Segment wirklich gut in den bisher erarbeiteten Melodiebogen einfügt.

Obwohl die Arbeit mit Stimmimprovisation einen ganz besonderen Teil von Kellers Arbeit darstellt, bezieht er ganz selbstverständlich auch Bewegung und Instrumentalspiel in seinen Unterricht ein. Dabei fühlt er sich den Gedanken des Orff-Schulwerks eng verbunden. Er betont, dass in der speziellen Situation einer Gruppe von Menschen mit Behinderung die Arbeit mit Stücken aus dem Orff-Schulwerk auch in Abwandlung und Vereinfachung kaum möglich ist, bedient sich aber der pädagogischen Grundgedanken Orffs, seiner Satzund Formprinzipien und nicht zuletzt stets seiner Grundgedanken von Elementarer Musik (vgl. Kap. 6.1.1).

Keller erweitert das gängige Orff-Instrumentarium um selbst gebaute Instrumente (zum Beispiel Bambusflöten, Streich- und Zupfinstrumente), Lotusflöten, Kunstinstrumente, die auf einfache, ungewöhnliche Weise bespielt werden (u.a. Zupfen von Cello-Saiten, Trom meln auf Klaviersaiten) und allerhand Klang- und Geräuschinstrumente (Ratschen, Klappern, Waldteufel etc.).

Die Übungen des Orff-Schulwerks reduziert und vereinfacht er auf verschiedene Schallspiele, deren einfachste Form arhythmisch und amelodisch praktizierbar ist. Besonders wichtig hält er diese Art von Aufgaben für Gruppenteilnehmer / -teilnehmerinnen, deren rhythmische, metrische und melodische Fähigkeiten noch nicht weit genug ausgeprägt sind, um andere Aufgabenstellungen bewältigen zu können.

"Schallspielformen sind weniger zu erlernen als kennenzulernen und verursachen daher noch keine Angst vor Versagen. Eine angstfreie Atmosphäre ist aber die Voraussetzung für jedes produktive Musizieren" (Keller 1996, S. 43).

Auf diese Weise begründet Keller den Einsatz von Schallspielen, die damit nicht als reduzierte, simple Aufgabenform, sondern im Gegenteil als notwendige Voraussetzung und Eingangsübung für ein gemeinsames Musizieren in gemischten Gruppen einzuordnen sind. Die einzige Voraussetzung für ein aktives Mitwirken bei Schallspielformen ist "die Fähigkeit, auf ein verabredetes oder eindeutig aus der Gebärde erkennbares Signal anfangen und aufhören zu können" (ebd.), welche laut Keller auch Menschen mit hochgradiger geistiger Behinderung erlernen können.

Durch Hinzunehmen anderer, möglichst anschaulicher Zeichen, können auf diese Weise bereits Stücke mit Variationen in Dynamik, Klangfarbe, Besetzung und unter wechselnder Leitung von Lehrperson und Teilnehmern entstehen. Dabei wird kein Teilnehmer / keine Teilnehmerin wegen seiner / ihrer Fähigkeiten ausgeschlossen oder in seinen / ihren Fähigkeiten nicht ausreichend gefördert, da einfache und komplizierte Spieltechniken nebeneinander angewendet werden können.

Einfache Aufgabenstellungen können durch Schlüsselfunktionen aufgewertet werden, zum Beispiel, indem ein Stück oder ein Teil eines Stückes durch ein ganz bestimmtes Signal, wie zum Beispiel einen Gongschlag, erst beginnt. Der Spieler / die Spielerin bekommt so zusätzlich zu seinem / ihrem musikalischen Auftrag die Rolle des Einsatzgebers / der Einsatzgeberin übertragen.

Die große Bedeutung dieser Art des Vorgehens für den integrativen Unterricht formuliert Keller folgendermaßen:

"Diese Möglichkeiten einer Rollenverteilung nach individuellen Dispositionen und Fertigkeiten öffnet den Weg zu einer Überwindung der Isolierungstendenzen in der Behindertenpädagogik und zur Anbahnung einer Integration Behinderter in inhomogene Gruppen" (ebd., S. 44).

Ein weiterer Verdienst Kellers ist es, Musik, Tanz und Sprache zu einer Verbindung im Elementaren (integrativen) Musiktheater zusammengeführt zu haben.

Über dessen Grundlegung im Orff-Schulwerk äußert er sich:

"Die vom Orff-Schulwerk angestrebte Integration sprachlicher, musikalische rund tänzerischer Elemente findet ihre Erfüllung im Elementaren Musiktheater, also im Szenischen Spiel, das alle genannten Elemente in wechselseitiger Durchdringung, gleichsam als "Mobile" zusammenfaßt. Improvisierte, singende Dialoge, Rezitative, klangliche Symbolisierung von Figuren und Situationen, Gebärdenlieder und Tanzlieder, Tanzspiele und Tanzszenen können im Schallspielbereich wie Rahmen rhythmischer, melodischer und harmonischer Elementarformen verwirklicht werden" (ebd., S. 46).

Ein Beispiel für die Erarbeitung und Gestaltung eines Stückes im Sinne des Elementaren Musiktheaters findet sich im Bericht Minispectaculum" - Kompositionswerkstatt für Elementares Musiktheater (vgl. ebd.). Dabei handelt es sich um einen Workshop, der für die Münchner Volkshochschule im Jahr 1988 abgehalten wurde. Zum Abschluss fand eine Aufführung und eine Präsentation von Videoausschnitten der pädagogischen Arbeit mit abschließender Diskussion statt.

Viele wichtige Elemente von Kellers musikpädagogischer integrativer Arbeit mit dem Elementaren Musiktheater werden an diesem Beispiel deutlich. Die Arbeitsgruppe darf und soll inhomogen gemischt sein, mit Menschen mit und ohne Behinderung[23] sowie Menschen verschiedener Generationen. Die besonderen Fähigkeiten und Bedürfnisse jedes / jeder Anwesenden sollen zur Geltung kommen. Dies geschieht in der Art der Erarbeitung, die stark auf Gruppenarbeit und Im provisation beruht, und in der Art des Angebotes, das bei diesem speziellen Workshop aus Musik, Tanz / Bewegung / Pantomime und bildnerischem Gestalten von Masken, Kostümen und Requisiten besteht, so dass die Teilnehmer / Teilnehmerinnen individuelle Schwerpunkte setzen können. Diese Differenzierung wird möglich durch die gemeinsame Leitung durch mehrere Personen.

Wilhelm Keller spricht von einer Demokratisierung in der pädagogischen Arbeit, worunter er versteht,

"daß durch individuelle Rollen- und Aufgabenverteilung innerhalb einer inhomogenen Gruppe ein ,suum cuique[24]' ermöglicht und verwirklicht wird, das keinen Mitspieler über- oder unterfordert und eine persönliche Mitgestaltung entsprechend den jeweiligen Dispositionen und Fähigkeiten gewährt" (ebd., S. 105).

Diese Demokratisierung bedeutet für Keller auch, dass die Gruppe den zu behandelnden Stoff möglichst selbst auswählt, eventuell anhand einer bereits im Vorfeld getroffenen Vorauswahl besonders geeigneter Texte durch den Leiter.

Für das Elementare Musiktheater setzt Keller das Orff-Instrumentarium in Verbindung mit eigenen Instrumenten der Teilnehmer ein. Daneben kann er sich auch Singspiele vorstellen, die rein auf vokalen Mitteln und körpereigenen Klanggesten beruhen. Dabei gibt es keine Festlegung in Musiker, Schauspieler und Tänzer, sondern wechselnde Rollen. Ein Schauspieler kann in der folgenden Szene Tänzer sein, auch die Rollen des Stückes können in unterschiedlichen Szenen mit anderen Schauspielern besetzt sein.

Ebenso wird das Instrumentarium nicht von vornherein bestimmten Personen zugeteilt (wie etwa im Orchester), sondern die Spieler / Spielerinnen können während des Stücks das Instrument wechseln und ein Instrument kann auch von mehreren Personen verwendet werden. Das Instrumentarium wird in das Bühnenbild einbezogen, so dass Musik und Tanz auch optisch auf gleicher Ebene stehen (im Unterschied zur klaren Trennung in der Oper in Bühne und Orchestergraben). Dadurch werden tänzerische Auf- und Abgänge vom Instrument in den Bühnenvordergrund und umgekehrt erforderlich.

Alle musikalischen Teile werden durch Improvisation und Vor- und Nachspielen beziehungsweise Variieren erarbeitet. So werden bis zuletzt keine musikalischen Phrasen no tiert, sondern alles auswendig oder aus dem Moment heraus musiziert. Die einzigen Vorgaben sind textlicher Art. Dialoge und Monologe werden von den Spielenden selbst singend erzählt oder erzählend gesungen, wie Keller es nennt, chorische Gesänge werden entweder nach dem oben angeführten Prinzip gemeinsam komponiert oder einem improvisierenden Vorsänger nachgesungen.

Um das Gedächtnis der Teilnehmer / Teilnehmerinnen zu entlasten und das Memorieren zu erleichtern, werden die verabredeten Rollen und Aufgaben auf einem Gesamtplan auf Papier festgehalten, ebenso Ausgangspositionen der Schauspieler / Schauspielerinnen und die Aufstellung der Instrumente. Wilhelm Keller selbst übernimmt in dem besprochenen Beispiel die Rolle des Erzählers, wodurch er bei möglichen Fehlern und Sprüngen improvisatorisch eingreifen kann.

Die dem oben erwähnten Artikel Kellers angefügten Ausschnitte aus rückblickenden Briefen von Teilnehmern / Teilnehmerinnen zeichnen ein spannendes Bild von der gemeinsamen Arbeitswoche. Neben Äußerungen des Erstaunens über die Möglichkeiten gemeinsamen Arbeitens zwischen Menschen mit und ohne Behinderung und verschiedenen Altersgruppen gibt es durchaus auch einige kritische Anmerkungen zur Organisation (wobei einiges davon auf Vorgaben der Volkshochschule zurückzuführen sein könnte).

In Kellers Artikel finden sich auch ein Libretto-Konzept, ein Spielplan, eine Auflistung der Instrumente und der Teilnehmerkonstellation, sowie kurze Berichte des Leiters des begleitenden Videoteams und der Leiterin des Kostüm-Workshops, die allen an diesem Thema Interessierten zum Weiterlesen empfohlen werden.

6.1.4 Shirley Salmon und ihre integrativen musik- und tanzpädagogischen Ansätze für die Arbeit mit Menschen mit Behinderung

Was Wilhelm Keller (vgl. Kap. 6.1.3) am Orff-Institut ins Leben gerufen hat, wird auch heute noch fortgeführt: Teilnehmer / Teilnehmerinnen von zwei Lebenshilfe-Einrichtungen kommen einmal wöchentlich am Carl-Orff-Institut zusammen, um gemeinsam eine Stunde mit Musik und Bewegung zu erleben. In dieser Gruppe können Studierende des Instituts ihr Didaktisches Praktikum absolvieren. Sie übernehmen kleine oder größere Unterrichts einheiten, hospitieren, führen Protokoll oder assistieren den Teilnehmern / Teilnehmerinnen.

Shirley Salmon, langjährige Leiterin der Gruppe, hat einen gleichbleibenden Stundenaufbau erarbeitet, der den Teilnehmern / Teilnehmerinnen Struktur und Orientierung gibt. Die Dokumentation Zwischen Ritual und Freiraum berichtet ausführlich darüber (vgl. Salmon / Kallos 2010)[25].

Wie sie dort berichtet, entstand die Eingangsphase, in der frei an den im Raum verteilten Instrumenten gespielt werden kann, ursprünglich aus der Not heraus, da die Teilnehmer / Teilnehmerinnen aus zwei verschiedenen Einrichtungen stammen und so gut wie nie zur selben Zeit ankommen.

Inzwischen hat sich die Freispielphase als eine gute Möglichkeit bewährt, Instrumente auszuprobieren und in musikalische Kommunikation zu treten. In dieser Phase besteht eine große Entscheidungsfreiheit in Bezug auf Instrumentenwahl, Art der Spielweise und Partnerwahl oder Alleinspiel. Insgesamt stehen etwa 5 - 10 Minuten dafür zur Verfügung.

Im Anschluss folgt das Begrüßungslied, das, wenn es der Gruppe gefällt, über einen längeren Zeitraum beibehalten wird, aber jede Woche in einer Variation in Erscheinung tritt, so dass sich das Vertraute, Sicherheit Gebende mit neuen Anregungen mischt. Variationen können sein: Summen, Singen auf Tonsilbe, Veränderung des Textes, Sprechen des Textes, Übertragung in eine andere Sprache, dynamische Variation, Veränderung des Begleitinstruments und des Begleitsatzes, Begleiten mit Instrumenten, Begleiten mit Bewegung am eigenen Körper oder am Körper des anderen.

Das Begrüßungslied gibt die Möglichkeit, wahrzunehmen, wer anwesend ist[26], wer möglicherweise fehlt, Kontakt zu den anderen aufzunehmen durch Blicke oder Begrüßungsge sten, und sich aus der mehr auf die eigene Person oder den Dialog ausgerichteten ersten Phase zu lösen und sich auf die gemeinsame Arbeit in der Gruppe einzulassen.

Eine Aufwärmungsphase führt in das Thema der Stunde ein und lockert Stimme und Körper. Unmittelbar daran schließt sich das themenzentrierte Arbeiten an. Grundidee dieser Phase ist es, ein Thema unter vielen verschiedenen Aspekten unter Einbezug möglichst aller Sinne zu beleuchten. Auch unterschiedliche Lernformen und Sozialformen (Kleingruppe, Großgruppe, Partnerarbeit) sollen berücksichtigt werden.

Das Thema stammt in dieser Gruppe meistens aus der Erfahrungswelt der Teilnehmer / Teilnehmerinnen (zum Beispiel Wetter, Jahreszeiten, Elemente). Dabei können sich neue Möglichkeiten der Kommunikation und des Selbstausdrucks entwickeln, wenn Freiräume für individuelles Gestalten, das in dieser Phase besonders möglich ist, im Stundenaufbau geschaffen werden. Oft ist dies sogar eine wichtige Voraussetzung für das gemeinsame Arbeiten, da bedacht werden muss, dass einige Teilnehmer / Teilnehmerinnen möglicherweise nicht imitieren können.

Die Verwendung von Material und Instrumenten lässt eine Vielzahl sinnlicher Erfahrungen zu, vom Riechen und Fühlen, über Schmecken (manchmal) und Sehen bis hin zum Hören. Sie regt Wahrnehmung, Denken und Handeln an, ermöglicht Kontaktaufnahme zu sich selbst, zum Material, zum anderen (über das Material) und regt zum Selbstausdruck und zum gemeinsamen Gestalten an. Wichtig ist, ein Material auszuwählen, das viele verschiedene Verwendungsmöglichkeiten zulässt (und diese als Lehrer / Lehrerin auch zuzulassen, selbst wenn sie ungewöhnlich sein sollten, solange sie nicht gefährlich sind), so dass jeder Teilnehmer / jede Teilnehmerin sich auf seinem / ihrem momentanen Entwicklungsstand darauf einlassen kann.

Beim Abschlussritual handelt es sich wie beim Anfangslied um ein über viele Stunden beibehaltenes Lied oder einen Spruch. Nach der Phase der themenzentrierten Arbeit, die den gesamten Raum für Bewegungen oder den Aufbau unterschiedlicher Klanggruppen von Instrumenten beanspruchen kann, kommt die gesamte Gruppe hier noch einmal im geschützten Raum des Kreises zusammen.

Im Rahmen meines Didaktischen Praktikums nahm ich ein Semester lang am Unterricht in der Lebenshilfe-Gruppe teil und gestaltete unter Anleitung eigene kleine Unterrichtsausschnitte. Dabei fiel es mir zunächst schwer, den integrativen Aspekt der Gruppe zu entdecken. Wenn ich als Studentin Teilnehmern / Teilnehmerinnen assistierte, fühlte ich mich manchmal ausgeschlossen aus dem Gruppengeschehen. Es forderte viel Kreativität und Kapazität der Wahrnehmung, den augenblicklichen Unterrichtsinhalt in einer Weise abzuändern, dass er für den Teilnehmer / die Teilnehmerin, mit dem / der ich arbeitete, verfügbar und begreifbar werden konnte.

Beim Betrachten der oben erwähnten Dokumentation waren die abschließenden Interviews mit früheren Studierenden und den Leitern der beiden Lebenshilfe-Gruppen in dieser Hinsicht sehr erhellend. Michaela Hoppe, eine der Leiterinnen, äußerte sich dazu, dass diese Arbeit für sie zutiefst integrativ ist. Allein der Aspekt, dass Teilnehmer / Teilnehmerinnen die Einrichtung verlassen und in einer anderen Umgebung mit Teilnehmern / Teilnehmerinnen anderer Gruppen und jungen Menschen (Studenten / Studentinnen) zusammentreffen, enthält diesen Gedanken bereits. Für die Studierenden des Orff-Instituts, nicht nur diejenigen, die diese spezielle Gruppe begleiten, gehört es bereits selbstverständlich zum Alltag, dass einmal in der Woche Menschen mit verschiedenen Behinderungen im Haus unterwegs sind.

Shirley Salmon beschäftigt sich seit den 80er Jahren auch damit, wie man Kindern mit Hörbeeinträchtigungen Musik und Tanz nahebringen kann. Damals bekam sie ein Angebot, in einem Kindergarten für Kinder mit Hörschädigungen Musik- und Bewegungsstunden abzuhalten. Die Tatsache, dass die Verwendung von Gebärdensprache im Unterricht zu dieser Zeit verboten war, um die Kinder zum Verstehen-Lernen von Lautsprache (durch Ablesen von den Lippen des Gegenübers) zu zwingen, warf für sie viele Fragen auf (vgl. Salmon 2001).

Obwohl sich die vorliegende Arbeit auf integrative Arbeit mit erwachsenen Menschen konzentriert, geht der folgende Abschnitt auf diese interessante Thema ein, da die Schlussfolgerungen, die Shirley Salmon aus ihrer Arbeit zieht, unabhängig vom Alter der Teilnehmer / Teilnehmerinnen sind und auf jede beliebige andere Gruppe, in der Menschen mit Hörbeeinträchtigungen mitwirken, übertragen werden kann.

Schon Paul Hofmarksrichter hatte entdeckt, dass Kinder mit Hörbeeinträchtigungen die Vibrationen von Xylophonen und Trommeln gut wahrnehmen können (vgl. Kapitel 6.1.3). Vor allem tiefe Klänge können diese Kinder akustisch erreichen. Auch der Tastsinn spielt eine wichtige Rolle. So kann Musik erfühlt werden, zum Beispiel über Körperkontakt mit dem Boden, Lautsprecher, Luftballons oder Fellinstrumenten, aber auch über die Resonanzräume des eigenen Körpers, zum Beispiel Bauch oder Brustbereich, die zum Mitschwingen angeregt werden.

Sehr wichtig findet Salmon die Bewegung speziell für diese Gruppe von Teilnehmern / Teilnehmerinnen, da sie aufgrund ihrer Behinderung und mangelnder Bewegungserfahrung oft kein gut ausgeprägtes Körpergefühl besitzen. Daneben sind Bewegungen im Unterricht sehr wichtig, da sie das Gesagte optisch verdeutlichen, und Inhalte in ein mit einem weiteren Sinn wahrnehmbares Beziehungsgefüge stellen (vgl. Salmon 2001).

Taktile, visuelle und kinästhetische Fähigkeiten kompensieren die Einschränkungen des auditiven Bereichs und ermöglichen das Musikerleben buchstäblich mit allen (vielen) Sinnen. Tanz muss dabei nicht zwangsläufig mit Musik untermalt werden (wenn doch, dann wahrscheinlich am besten mit Live-Musik, deren Schwingungen über den Boden oder im Körper wahrgenommen werden können).

Auch Singen ist mit Kindern mit Hörbeeinträchtigung möglich. Salmon geht darauf ein, dass diese Kinder Rhythmen und Melodie-Verläufe gut lernen können, jedoch Gehörlose ihre Stimme auditiv nicht überprüfen können, so dass sich beim gemeinsamen Singen oft unterschiedliche Anfangstöne ergeben, die zur Clusterbildung führen. Auch Texte eignen sich durch ihren natürlichen Sprachrhythmus als Ausgangspunkt für musikalischtänzerisches Tun und Gestalten. Sie können durch Gebärden unterstützt werden (vgl. ebd.).

Die Bedeutung von Musik für Kinder mit Hörbeeinträchtigungen fasst Salmon in drei Hypothesen zusammen. Für sie ist Musik erstens ein wichtiges Mittel zur Entwicklung von Dialogfähigkeit, die bei Menschen mit Hörbeeinträchtigung durch die Hörschädigung und die gesteigerten Anforderungen an die Umwelt, eine Aussage deutlich zu machen, oft eingeschränkt ist. Zweitens ist die Dialogfähigkeit für sie ein wichtiges Mittel, das jeder Mensch zu seiner persönlichen Weiterentwicklung benötigt, wobei Dialog auch prä- und nonverbale Ausdrucksweisen einschließt. Drittens kann für Salmon ein multisensorischer Ansatz die Entwicklung von Dialogfähigkeit und dadurch die Gesamtentwicklung eines Menschen entscheidend beeinflussen (vgl. Salmon 2006a). Dabei spielt die Improvisation als kreatives Medium künstlerischen Austausches, also spontanen Dialogs, eine wesentliche Rolle.

Ein multi-sensorischer Ansatz

"ermöglicht unterschiedlichste Erfahrungs- und Ausdrucksmöglichkeiten, kann die Entwicklung von Dialog fördern und unterstützt somit die Gesamtentwicklung des Kindes. Eine breite Palette von Wahrnehmungsmöglichkeiten kann angeboten werden. Vielfältige Möglichkeiten, spielerisch und kommunikativ mit Musik, Bewegung, Sprache und Materialien umzugehen, werden entdeckt und entwickelt. Dies gilt gleichermaßen für den individuellen kreativen Ausdruck in der Gruppe" (Salmon 2006a, S. 125).

Für das gemeinsame Musizieren können verschiedenste Instrumente (Körperklänge, Rhythmusinstrumente, Melodieinstrumente, Harmonieinstrumente, Alltagsgegenstände) eingesetzt werden. Für besonders geeignet hält Salmon Stabspiele und Rhythmusinstrumente, deren tiefe Frequenzen gut wahrgenommen werden können. Außerdem ist der Rhythmus an diesen Instrumenten nicht nur hör- oder fühlbar, sondern durch die Spielbewegung auch optisch wahrnehmbar. Besonders interessant ist es, eigene Instrumente zu bauen und dabei die Tonerzeugung ganz bewusst zu erleben und auszuprobieren[27].

Mit Hilfe von Materialien können verschiedenste Fähigkeiten geschult werden. Salmon

führt als Beispiele an:

"Sensibilisierung der Sinneswahrnehmung, Reaktionsvermögen, Raumerfassung, Orientierung, Gedächtnisleistung, Geschicklichkeit und Formempfinden. Kommunikation und Interaktion werden ebenso geübt sowie Kreativität und Phantasie angeregt" (Salmon 2006a, S. 127).

Als Zielbereiche der multi-sensorischen Arbeit führt Salmon an: Sensibilisierung, Persönlichkeitsentwicklung, Unterstützung von Stimme, Sprache und Kommunikation sowie musikalische Ziele (ebd., S. 130).

In Gruppen, in denen Menschen mit Hörbeeinträchtigung teilnehmen, ist es wichtig, Kommunikationsmöglichkeiten zu nutzen, die von allen Anwesenden verstanden werden können. Je nach Gruppe kann dies durch Lautsprache, lautsprachbegleitende Gebärde, Gebärdensprache oder eine Mischung dieser Kommunikationsformen sichergestellt werden. Auch zusätzliche visuelle Hilfen können nötig sein. Dies sollte im Vorfeld unbedingt bedacht werden.

Spiellieder stellen einen besonders geeigneten Ausgangspunkt für multi-sensorisches Gestalten dar, da sie von vornherein Musik, Bewegung und szenisches Spiel miteinander verknüpfen. Auf wie vielfältige Weise dies geschehen kann, davon gibt Wilhelm Keller einen kurzen Einblick.

Als Möglichkeiten der Umsetzung sieht er

"die Verbindung von Elementen des Singens mit solchen der Bewegung, vom schlichten Gebärdenspiel über den Tanz zur szenischen Darstellung eines Textinhaltes, ferner die Einbeziehung von Musikinstrumenten (einschließlich der körpereigenen) bis zur Umwandlung des Liedes in ein Instrumentalstück und eine rein rhythmische Sprachgestaltung von Texten als Sprechspiel" (Keller zit. nach Salmon 2006b, S. 236).

Spiellieder ermöglichen eine sehr ursprüngliche Erfahrungsweise beziehungsweise Herangehensweise. Karin Schumacher macht deutlich, dass alle frühen Mutter-Kind-Spiele multisensorisch gestaltet sind und damit an pränatale Erfahrungen anknüpfen (vgl. ebd.). Wichtig ist, dass dabei eine Vielzahl von Handlungsformen angeboten wird, die es ermöglichen, dass jedes Kind sich individuell handelnd mit dem Lied auseinandersetzen kann.

Abbildung 11 zeigt eine Graphik, in der Salmon die vielzähligen Gestaltungsmöglichkeiten des Spiellieds zusammenfasst. Die in der Abbildung aufgelisteten Möglichkeiten lassen sich auch als Anregung verstehen: Welche Möglichkeiten wurden in der Stundenplanung noch nicht ausgeschöpft? Auf welche Weise lassen sich andere angeführte Sinneserfahrungen noch integrieren? Daneben sollten verschiedenste Handlungsformen der Kinder berücksichtigt werden. Salmon nennt in diesem Zusammenhang: "wahrnehmen, erkunden, experimentieren, spielen, kommunizieren, erkennen, erinnern, imitieren, variieren, darstellen, differenzieren, entscheiden, erfinden, üben, gestalten" (Salmon 2006b, S. 243).

Abb. 11: Möglichkeiten der Spielliedgestaltung (Salmon 2006b, S. 243)

Aus den pädagogischen Überlegungen Salmons zur Arbeit mit Musik und Tanz mit Menschen mit Behinderung lässt sich sehr viel für den eigenen Umgang mit integrativen und inklusiven Gruppen lernen. Einige Aspekte werden deswegen in Kapitel 7 wieder aufgegriffen.

6.1.5 Spiel - Raum - Musik: ein Projekt mit Menschen mit Behinderung und professionellen Künstlern

Das Projekt Spiel - Raum - Musik wurde im Jahr 1996 durch Stefan Heidweiler und Christian Lichtenberger ins Leben gerufen und bis 2002 jährlich wiederholt. Eine Woche lang arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung, professionelle Künstler / Künstlerinnen und Menschen mit Freude an künstlerischem Tun improvisatorisch zusammen. Auch Studierende des Orff-Instituts und des Lehrgangs für heilpädagogische Berufe in Salzburg beteiligen sich. Daneben sind Betreuer / Betreuerinnen aus den Einrichtungen der Lebenshilfe wichtige Stützen.

Im Jahr 2000 waren über 50 Menschen in diesen kreativen Prozess einbezogen, davon die Hälfte mit geistiger und teils mehrfacher Behinderung. Das 50 km südlich von Salzburg gelegene Kultur- und Seminarzentrum Schloss Goldegg mit seiner Lage inmitten der Natur regt als Veranstaltungsort die Phantasie und das künstlerische Gestalten an. Die Tage werden gemeinsam begonnen und beschlossen, um Platz für Begegnung und Austausch zu schaffen.

"Wesenskern des Projektes ist die künstlerische Begegnung von Menschen mit (geistiger) Behinderung und professionellen Künstlern in der Improvisation [...]. Gerade die Improvisation ermöglicht und fordert ein Zusammensein in Echtheit und Intensität, das gleichwertige Erlebnisse im künstlerischen Tun wachsen lässt" (Flucher / Stephanides 2001, S. 47).

Wahrnehmung und Selbstausdruck aller Beteiligten werden intensiv geschult. Die Künstler / Künstlerinnen fungieren sowohl als Unterstützer / Unterstützerinnen als auch als Spielpartner / Spielpartnerinnen auf gleicher Ebene.

Über die Bedeutung und die besondere Eignung dieses gemeinsamen künstlerischen Gestaltens äußert sich Shirley Salmon:

"Artistic media are particularly appropriate for handicapped people, especially those with cognitive learning problems because speech and intellectual reflection are not of importance but rather creativity, spontaneity and feeling for form" (Salmon 1999b).

Besondere Anforderungen an die Organisation bestehen darin, dass es nicht reicht, nur ein Angebot zu schaffen. "Wir sind dafür verantwortlich, dass jeder seinen Platz findet in dieser Woche" (Flucher / Stephanides 2001, S. 50). Künstler / Künstlerinnen und Teilnehmer / Teilnehmerinnen werden mit viel Bedacht ausgewählt. Die Künstler / Künstlerinnen sollen sich neben langjähriger Bühnenerfahrung, speziell in Verbindung mit Improvisation, auch durch Teamfähigkeit und hohe soziale Kompetenz im Umgang mit Menschen mit Behinderung auszeichnen.

Von den Teilnehmern / Teilnehmerinnen wird erwartet, dass sie eine hohe Motivation mitbringen, sich in Musik und Tanz auszudrücken und damit zu experimentieren. Dies wird in Vorgesprächen mit den Trägern der beteiligten Einrichtungen geklärt. Viele der Teilnehmer / Teilnehmerinnen spielen seit Jahren ein eigenes Instrument. Die Nachfrage übersteigt bei Weitem das Angebot an freien Plätzen.

Am Ende der Woche steht eine Abschlussveranstaltung, bei der aus der Improvisation entstandene Stücke aufgeführt werden. Wie vielfältig die erzielten Ergebnisse sich präsentieren, berichtet Heidweiler im Überblick von der ersten Veranstaltung 1996:

"Die Gestaltungsergebnisse reichten von Klangergebnissen auf selbstgebauten Instrumenten über türkische Folklore und klassische Musik in kammermusikalischer Besetzung bis hin zu 13 selbsterfundenen Balladen, bodenständigen Ländlern und jazzigem Kammer-Punk" (ebd., S. 64).

Einen Vielzahl an Instrumenten wird dabei eingesetzt, von traditionellem Instrumentarium über Orff-Instrumente bis hin zu ungewöhnlichen Klangerzeugern wie Kazoos, Orgelpfeifen oder Alltagsgegenständen.

Um das Angebot abwechslungsreich zu gestalten, wurden in den folgenden Jahren auch Künstler / Künstlerinnen aus anderen Bereichen eingeladen. Neben Musikern / Musikerinnen nahmen auch Künstler / Künstlerinnen aus dem Bereich Tanz und bildnerisches Gestalten teil.

Stefan Heidweiler sieht das Projekt im Schnittfeld von Therapie, Kunst und Pädagogik, die er gleichsetzt mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft65 (vgl. Heidweiler 2001). Vorrangig jedoch ist das Projekt ein künstlerisches, bei dem Therapie und Pädagogik eher zufällig passieren können in der gemeinsamen Begegnung und im Entdecken der eigenen, bisher vielleicht unbekannten Ausdrucksmöglichkeiten.

Die ursprüngliche Absicht bestand darin, "durch das Projekt neue soziale Netzwerke zu ermöglichen sowie eine breite Nutzung kultureller wie auch therapeutischer Angebote für behinderte Mensche zu initiieren" (ebd., S. 67f.). Inzwischen wurden musikalische Angebote an den beteiligten und umliegenden Institutionen eingerichtet. Heidweiler sieht das Ziel des Konzepts damit verwirklicht.

Auf welche Weise das gemeinsame Arbeiten das Wahrnehmen und Denken über das Anderssein und über die Bedeutung und Stellung von Musik im eigenen Leben verändert, lässt das folgende Zitat einer teilnehmenden Musikerin[28] erahnen:

Manchmal hatte ich das Gefühl, sie haben uns etwas voraus und wir sind eigentlich die Behinderten, die es immer wieder lernen müssen, in der Begegnung authentisch zu sein; und - dass Musik zum Leben gehört, nicht als Zugabe, um Eindruck zu machen, sondern als Teil des Lebens selbst" (zit. nach Heidweiler, S. 63).

Häufig spielen Blues- und Jazzelemente bei der gemeinsamen Improvisation eine Rolle und so ist es sehr passend, wenn einige Teilnehmer / Teilnehmerinnen die Gelegenheit nutzen, mit den erarbeiteten Stücken auch auf den Goldegger Blues & Folktagen aufzutreten, die integrativ gestaltet werden. Dadurch öffnet sich der Integrationsgedanke einem breiten und interessierten Publikum und ermöglicht Kontakte zwischen Menschen mit und ohne Behinderung, welche im Alltag oft nicht in dieser Weise möglich sind.

"Für die meisten nicht behinderten Menschen gehört ein so enger Kontakt mit Behinderten wie bei dieser Veranstaltung nicht zum Alltäglichen. Behinderte und nichtbehinderte Konzertbesucher genießen gemeinsam die Musik und tanzen - manchmal sogar als Tanzpartner - zur dargebotenen Musik" (Burgstaller 2001).

Hier gehören Menschen mit Behinderung ganz selbstverständlich mit dazu - ob auf der Bühne oder im Publikum. Ihre künstlerische Rolle macht sie gleichrangig mit den anderen Künstlern / Künstlerinnen auf der Bühne, wie sich folgender Konzertbesprechung aus dem Jahr 1998 entnehmen lässt:

"Durch einen offenen, dynamischen Prozeß entstanden in der Begegnung von Künstler zu Künstler [gemeint ist die Begegnung von professionellen Künstlern / Künstlerinnen und Menschen mit Behinderung, Anm. d. Verf.] eine Vielfalt von Kompositionen und Interpretationen, die an Kraft und Ausdruck ihres Gleichen suchen" (Goldegger Blues & Folk Tage 1998).

6.2 Wolfgang Stange und die "AMICI-Dance-Company"

6.2.1 Zur Person

Wolfgang Stange, geboren am 6. Juli 1947 in Berlin, wächst in einer Arbeiterfamilie auf, die nur wenig Verständnis für das große Interesse ihres Sohnes am Tanzen - geweckt durch eine Tanzvorführung, die großen Eindruck bei dem Jungen hinterlassen hat - aufbringt. Mit dem Vorurteil konfrontiert, dass Tanz eine Mädchenangelegenheit und nichts für Jungen sei, fügt er sich zunächst und beschäftigt sich stattdessen mit dem Theater. Das Verbindende von Tanz und Theater - die Bühne - hat es ihm angetan und so gründet er bereits als Jugendlicher eine Amateurtheatergruppe.

Der Ballettfilm Romeo und Julia mit Margot Fonteyn und Rudolph Nurejew fasziniert ihn so sehr, dass er sich endgültig für das Tanzen entscheidet. Von diesem prägenden Erlebnis erzählt er im Interview mit Shirley Salmon:

"Ich war mir plötzlich bewußt, daß Ausdruck durch Musik und Bewegung so stark wie oder sogar noch stärker als Ausdruck durch Worte sein kann. Von diesem Moment hatte ich einen unwahrscheinlichen Drang und ein Verlangen, Tanzerfahrungen zu sammeln" (Stange 1999).

Trotz einer starken Hingezogenheit zum Tanz absolviert Stange zunächst eine Ausbildung zum Koch, da seine Eltern eine Tanzausbildung nicht finanzieren können. Um sein Englisch zu verbessern, geht Wolfgang Stange 1968 nach Abschluss der Ausbildung nach England. Er hofft, dort als Übersetzer Kontakte zum Theater knüpfen zu können. Durch eine Freundin lernt er die Tänzerin Hilde Holger kennen und entschließt sich, bei ihr Tanzunterricht zu nehmen.

Durch Hilde Holger kommt er das erste Mal in Kontakt mit Menschen mit Behinderung, zunächst über ihren Sohn, der das Down-Syndrom hat, und dem Stange Unterricht im Lesen und Schreiben erteilt, dann über eine Einladung, ihrem Unterricht mit jungen Männern mit Down-Syndrom beizuwohnen. Überrascht bemerkt er, dass sie die Männer mit Behinderung genauso behandelt wie ihre Schüler / Schülerinnen ohne Behinderung, insbesondere, dass sie ihrem Temperament auch in diesem Unterricht ungezügelt Ausdruck verleiht. Diese Erfahrungen beeinflussen seinen späteren selbstverständlichen Umgang mit Menschen mit Behinderung in seinem eigenen Unterricht (vgl. ebd.).

Zunächst aber absolviert er ein Studium an der London School of Contemporary Dance (LSCD). Daneben besucht er weiterhin den Unterricht bei Hilde Holger, da er ihren Tanzstil, aber auch ihren persönlichen Unterrichtsstil gegenüber dem an seiner Ausbildungsstätte gepflegtem amerikanischen Tanzstil bevorzugt. Stange berichtet: "[An der London School of Contemporary Dance, Anm. d. Verf.] hat man Technik entwickelt, aber nicht die Seele erzogen. Bei Hilde lernt man sehen und empfinden" (Hirschbach, zit. nach Begle 2003). An anderer Stelle spricht er über den enromen Einfluss, den seine Lehrerin auf ihn ausübte: "Hilde Holger for me is creativity embodied. She was the most creative influence, I've ever had"(Hall 2010, DVD).

Im Jahr 1976 begegnet Stange erstmals der Tänzerin Gina Levete, die wie Hilde Holger maßgeblich seinen weiteren Werdegang und seine Pädagogik prägt. Sie arbeitet mit Tanz und Pantomimeklassen an verschiedenen Krankenhäusern und geht davon aus, dass Kunst einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des Menschen ausübt. Über die Organisation Shape organisiert sie Workshops von Künstlern / Künstlerinnen in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, aber auch in anderen Einrichtungen, in denen Menschen selten mit Künsten in Berührung kommen, wie Gefängnissen und Krankenhäusern.

Über Shape wird Stange in den Unterricht mit Menschen in Krankenhäusern und Tagesstätten vermittelt. Durch die Zusammenführung verschiedener tänzerischer Angebote Stanges entsteht die Gruppe AMICI (vgl. Kap. 6.2.2).

Bei einem Besuch in Sri Lanka 1973 entdeckt Stange seine Liebe zu diesem Land und seiner Bevölkerung. Er kommt ab dem folgenden Jahr einmal jährlich zurück, um in einem Heim für Menschen mit Behinderung zu arbeiten. Durch die Nachfolgeorganisation von Shape, Interlink, bekommt Stange die Gelegenheit, an einem Projekt von Künstlern / Künstlerinnen verschiedenster Genres aus dem Bereich Musik, Tanz, Schauspiel und bildende Kunst in Sri Lanka mitzuwirken und Kurse zu geben.

Im Jahr 1987 bringt er sein erstes Stück in Sri Lanka auf die Bühne. Wie auch bei seinen späteren Aufführungen in Sri Lanka spielen die Themen, die die Bevölkerung vor Ort bewegen, stets eine wichtige Rolle. Sein besonderes Anliegen ist es, Menschen, die von Geburt an eine Behinderung haben, mit Menschen zusammenbringen, die durch eine Kriegsverletzung beeinträchtigt sind. Stange agiert dabei sogar über Kontinente hinweg. So wird das Stück Flowers will always plum, das in Colombo, Sri Lanka, entwickelt wurde, im Mai 2001 in London in vier Sprachen aufgeführt (singalesisch, tamilisch, englisch und Gebärdensprache) (vgl. ebd.).

6.2.2 Die Gruppe "AMICI"

Die Gruppe AMICI wird im Jahr 1980 gegründet. Behindertentherapeuten, Menschen mit Sehbehinderungen und Bewohner / Bewohnerinnen eines Langzeitwohnheims für Menschen mit Behinderung, die vorher in eigenen Gruppen unterrichtet worden sind, kommen nun zur gemeinsamen tänzerischen Arbeit zusammen. Stanges vorrangiger Gedanke bei dieser Zusammenarbeit war, den Bewohnern / Bewohnerinnen des Heims eine Möglichkeit zu geben, ihr Talent in Aufführungen außerhalb der Institution einem größeren Publikum als den Verwandten, Betreuern / Betreuerinnen und Freunden zu zeigen. Inzwischen haben sich AMICI zu einer festen Gruppe mit regelmäßigen Auftritten entwickelt.

Das Gemeinschaftsgefühl drückt die Gruppe durch den lateinischen Namen AMICI (Freunde) aus, den sie sich gibt. Der Vorschlag kommt von einem Gruppenmitglied und wird per Abstimmung bestätigt. Bei AMICI handelt es sich um das erste integrative Tanzensemble in England.

Auf die erste Aufführung I am not yet dead 1980 im Normansfield Krankenhaus[29] für Freunde, Familie und Personal folgt 1982 Rückblick, eine Produktion, bei der professionelle Musiker, bildende Künstler, Kostüm- und Bühnenbildner sowie Tänzer mitwirken. Diese Produktion wird im The Place Theater in London einem größeren Publikum zugänglich gemacht.

Bereits Mitte der 80er Jahre hat sich die Gruppe einen Namen gemacht. Die BBC produziert 1992 sogar eine dokumentarische Verfilmung von Stanges Arbeit. Auch außerhalb des Landes finden Aufführungen statt. So wird das Stück Hilde, das auf dem Leben Hilde Holgers beruht, in Wien aufgeführt. Die Mitglieder werden nicht nur dazu ermutigt, zu tanzen, sondern auch eigene Stücke zu choreographieren, was ein vollkommenes Novum in der inklusiven Arbeit im tänzerischen Bereich darstellt. Sogar blinde Mitglieder haben bereits für AMICI choreographiert (vgl. Kap. 6.2.5).

Im Jahr 2004 erhält AMICI die Möglichkeit, dauerhaft am Lyric-Theater in Hammersmith, London, zu arbeiten. Dort finden die wöchentlichen Trainingseinheiten und zwei Aufführungen im Jahr statt. Mittlerweile haben AMICI die ganze Welt bereist, um ihre Stücke aufzuführen, aber auch um Workshops abzuhalten. Seit 2008 bekommen Gruppenmitglieder mit Behinderung die Möglichkeit, zu Workshop-Leitern ausgebildet zu werden.

Die Bedeutung der inklusiven Arbeit von AMICI stellt folgende Aussage heraus: "These [AMICI-, Anm. d. Verf.] productions have had a major impact worldwide in challenging conventional attitudes about disability and the arts" (Hall 2010, DVD).

6.2.3 Unterrichtsaufbau

Stanges Unterricht besitzt einen festen und wiederkehrenden Aufbau, der in Form von Ritualen und festen Strukturen den Teilnehmern Orientierung und Sicherheit gibt[30].

Dieser Aufbau besteht aus:

- Eröffnungskreis

- Erwärmung

- Improvisation (mit Vorstellen der Ergebnisse)

- Schlusskreis.

Im Folgenden werden die einzelnen Elemente genauer beschrieben.

Der Unterricht beginnt mit einem Eröffnungskreis (opening circle), der den Teilnehmern / Teilnehmerinnen die Möglichkeit gibt, anzukommen, wahrzunehmen, wer anwesend ist, und sich gegenseitig zu begrüßen. Damit alle Gruppenmitglieder vollkommen an der Begrüßung teilnehmen können, nennen die Anwesenden ihre Namen - so dass auch Teilnehmer mit Sehbeeinträchtigung hören, wer da ist - und gebärden sie. Somit können auch Teilnehmer / Teilnehmerinnen, die zur Verständigung auf Gebärdensprache angewiesen sind, alle Namen erfassen. Auf der anderen Seite haben durch das Erlernen von Grundelementen der Gebärdensprache alle Beteiligten die Möglichkeit, sich wenigstens rudimentär verständigen zu können.

Anschließend folgt eine Aufwärmungsphase (warm-up), die auf typischen Ballett- Elementen beruht. Für Menschen mit Sehbeeinträchtigung erfolgt eine verbale Beschreibung der Aufgaben. Manchmal ist es für sie auch notwendig, an einem Partner / einer Partnerin den genauen Bewegungsablauf zu erfühlen. Alle Übungen werden an die Fähigkeiten und Bewegungsmöglichkeiten der Teilnehmer / Teilnehmerinnen angepasst[31]. Ziel ist nicht, die technischen Übungen möglichst korrekt ausführen zu können, sondern ein Gefühl für die Möglichkeiten den eigenen Körpers und somit Vertrauen in das eigene Bewegungspotenzial zu entwickeln.

Der zweite Teil der Erwärmungsphase besteht aus einem Improvisationsteil, der nach speziellen Prinzipien verläuft, um vollkommene Gleichberechtigung aller Gruppenmitglieder zu gewährleisten. Wesentliches Element ist Führen und Folgen: ein Teilnehmer / eine Teilnehmerin gibt Bewegungen vor, die von anderen Teilnehmern / Teilnehmerinnen übernommen werden. Anführer / Anführerin und Musik werden nach dem Zufallsprinzip bestimmt[32]. Zum Schluss dieses Teils folgt die Dehnphase, die von erfahrenen Mitgliedern der Gruppe angeleitet wird.

Auf die Aufwärmphase folgt nun die Arbeit am Stück durch Improvisation in Kleingruppen unter Zuhilfenahme von Materialien, vorgegebenen Themen, Bildern oder Ähnlichem. Da alle Gruppen parallel arbeiten, werden die Ergebnisse anschließend vorgestellt. Einzelne Ergebnisse oder Assoziationen können Ausgangspunkt für eine Improvisation der gesamten Gruppe sein.

Eine Ruhephase, in der gemeinsam beruhigende Musik zum Entspannen gehört wird, kann vor dem eigentlichen Schlussritual eingeschoben werden.

Der Schlusskreis (closing circle) beschließt den Unterricht und gibt die Möglichkeit, zu reflektieren und Ideen zu sammeln, auf denen die weitere Arbeit aufbauen kann. Auch Neuigkeiten können an dieser Stelle ausgetauscht werden, bevor die Stunde beendet wird.

6.2.4 Inklusive Elemente in der Arbeit von Wolfgang Stange

Wolfgang Stanges Arbeit ist geprägt von Hilde Holgers starkem Glauben daran, dass jeder Mensch kreativ sein kann (vgl. Hall 2010, DVD). In Anlehnung an die Aussage Holgers "You are never too old, if you really want to do something" (ebd.) formuliert Stange ein Grundprinzip seines Unterrichts: "[...] you are never too disabled, you are never too blind, you are never whatever. If you really want to dance, you can dance" (ebd., Hervorhebung durch die Verfasserin).

Stange gestaltet seinen Unterricht in einer Weise, die es jedem Menschen ermöglicht, daran mit seinen besonderen Fähigkeiten teilzunehmen. Dafür bietet er verschiedene Hilfen an. Bewegungen können adaptiert oder mit Unterstützung eines Partners / einer Partnerin ausgeführt werden. Menschen mit Bewegungseinschränkung oder Gleichgewichtsproblemen können Stühle als Hilfsmittel verwenden. Menschen mit Sehbeeinträchtigung profitieren von einer verbalen Beschreibung der Übungen und der Möglichkeit, komplexe Bewegungsabläufe an einem Partner erfühlen zu können. Die klare Strukturierung des Unterrichtsablaufs, ein Angebot an einfachen Aufgabenstellungen und zusätzliche Ermutigung gibt Menschen mit Lernbeeinträchtigungen und Konzentrationsstörungen Orientierung und Bestätigung.

Menschen mit Hörbeeinträchtigung und Menschen, die der Unterrichtssprache nicht mächtig sind, kommt das Vorstellen über das Alphabet der Gebärdensprache im Eröffnungskreis und das nonverbale Darstellen von Bewegungen und Aufgabenstellungen entgegen. Taube Menschen können die Vibrationen des Holzbodens durch Live-Musik und Trommeln spüren und in Bewegungsrhythmus umsetzen. Selbst wenn Menschen nur geringste Möglichkeiten haben, sich zu bewegen, werden sie von Stange eingeschlossen, indem die Gruppe Elemente ihrer Bewegungen für die Improvisation übernimmt[33].

In seiner Arbeit geht Stange von einem jeden Menschen einschließenden inklusiven Gedanken aus, innerhalb dessen nicht nur Behinderungen, sondern auch sprachliche und kulturelle Unterschiede keine Hindernisse darstellen. "Language and cultural differences have never been barriers to AMICI - dance is a global language" (ebd.).

Dabei schließt Stange Menschen mit und ohne Behinderungen und verschiedener Sprachen und Kulturen nicht nur selbstverständlich in seinen Unterricht ein, sondern geht darüber hinaus, indem er sie ermutigt, sich selbst etwas zuzutrauen und Fähigkeiten zu entwickeln, die ihnen von der Außenwelt vielleicht abgesprochen würden.

"AMICI allows people with disabilities to help themselves, to take an active role in bettering their lives and to inspire a wide audience to do the same" (ebd.).

"[A]cceptance of differences is our only salvation on this planet", beschließt Stange die Dokumentation seiner Arbeit The Magic of AMICI philosophisch (ebd.).

6.2.5 Künstlerische Elemente

Für die vorliegende Arbeit interessierten neben den integrativen und inklusiven Aspekten der verschiedenen Konzepte besonders auch die künstlerischen Elemente. Pädagogisch wird viel mit Menschen mit Behinderungen gearbeitet, weniger Konzepte erlauben ihnen, sich wahrhaft künstlerisch auszudrücken und noch weniger Konzepte wagen es, das Erarbeitete schließlich auf der Bühne einem breiten Publikum vorzustellen.

Stanges Konzept gibt den Teilnehmern / Teilnehmerinnen dadurch, dass es stark auf Improvisation beruht, die Möglichkeit, eigene Bewegungsmöglichkeiten zu erarbeiten, die nicht von außen vorgegeben sind. Das eigene Bewegungsmaterial authentisch auszudrücken ist viel einfacher, als ein aufgesetztes Material mit Leben zu füllen. Dabei lässt er Abwandlungen und Adaptionen zu, damit jeder Teilnehmer / jede Teilnehmerin innerhalb des gewünschten Ausdrucks zu seinen / ihren eigenen Bewegungen finden kann.

Wichtige Voraussetzung dafür ist sein offener, respektvoller Umgang mit allen Teilnehmern / Teilnehmerinnen. Stange traut seinen Tänzern / Tänzerinnen oft Dinge zu, die über ihre eigene Vorstellung hinausgehen. Aus diesem großen Vertrauen darauf, dass jeder Mensch künstlerisch gestalten kann, entstehen dann unglaubliche Momente, die das Publikum berühren und an seine Vorstellungsgrenzen bringen.

Ein besonders schönes Beispiel beschreibt Stange in folgenden Worten:

"In 1989, I asked AMICI members with disability to choreograph works for the company [...]. When my teacher Hilde Holger came to watch the dress rehearsals she was particularly intrigued by Seascape which had been choreographed by Margaret Wilson. "Who choreographed this beautiful piece?, she inquired from me, "it has such a tremendous sense of space and conjures up the amazing movement under- water". When I presented Margaret and her guide dog to her, she couldn't believe that a person without sight had such an insight into visualising movement. Another magic movement, this time for Margaret and her belief in herself and of course the belife of an audience that only saw a superb piece of choreography and not a blind person" (Hall 2010, Buch).

Dabei ist sicherlich auch sein spezielles Verständnis des Lehrers als Lernender, der sich in seine Schüler / Schülerinnen und in ihre Situation einfühlt, hilfreich.

"[J]ust [...] because you have a teaching qualification, that does not make you a teacher. Now your learning starts, and once you set foot in the classroom, whether that is with people with a disability or not, you have to listen and pass on and pull out what's there and how can you deepen their understanding of the world?" (Davies 2009).

Dennoch erwartet Stange von den Teilnehmern / Teilnehmerinnen dieselbe Disziplin, die er auch von einer anderen professionellen Tanzgruppe verlangen würde. Vielleicht ist dies auch der entscheidende Faktor für den großen Erfolg seiner Gruppe?

Für Stange besteht das besondere, künstlerische Element auf der Bühne darin, sich selbst in der Bewegung darzustellen, man selbst zu sein, unabhängig, auf welchem tänzerischtechnischen Level die Darstellung erfolgt.

Eines seiner prägenden Erlebnisse in diesem Zusammenhang beschreibt er folgendermaßen:

"One day at the end of the class one woman, called Jane Grey, she took the cloak [ein Ballett-Umhang, den Stange von einem Theater geschenkt bekam und den er als Improvisationsmittel für den Unterricht benutzte, Anm. d. Verf.] and motioned me to put it on her. I said, 'What do you want?' And she nodded. 'Do you want to dance?' And she nodded.

So I put the cloak on her and I went to the tapes and pulled one at random and it was Beethoven's Ninth Symphony, the slow movement, and I put it on - and, suddenly, Jane Grey changed in front of me. Even her features, her down syndrome features seemed to disappear and I saw just this beauty just moving, to the music. She never heard the music. It was so magical. I saw her turning and bowing down and leaning back on her knees to the music.

And suddenly I got goose pimples and tears were coming up and I couldn't understand why. And after it was all over I was very disturbed because I had only had that physical sensation from my great heroine Margot Fonteyn who was named not only by me one of the great artists - and now suddenly a woman with down syndrome, who only had a few months of training with me, once a week, was able to produce that same physical reaction in my body" (Davies 2009).

In The Magic of AMICI werden viele ähnliche Erlebnisse geschildert. Stange ist der Meinung, dass es Menschen mit Behinderung oft leichter als Menschen ohne Behinderung gelingt, sich auf eine radikal ehrliche Weise in ein Thema einzufühlen und es vollkommen zu ihrem eigenen zu machen. Sie sind deswegen prädestiniert dafür, weil sie sich nie wie andere Menschen hinter Schminke oder erlernten Mechanismen verstecken können, sondern immer deutlich als andersartig und auffallend sichtbar sind und deswegen gelernt haben, zu ihrem So-Sein zu stehen.

6.2.6 Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und Eindrücke von Teilnehmern

Stange berichtet interessanterweise von Vorurteilen der Teilnehmer / Teilnehmerinnen seiner Gruppen gegenüber anderen Menschen mit Behinderungen. Konkret zeigen sich diese in der Angst, durch die Zusammenarbeit mit Menschen mit geistiger Behinderung vom Publikum abgewertet zu werden. "Meine blinden Mitglieder waren zuerst einmal nervös, weil sie glaubten, daß wenn sie mit geistig behinderten Menschen zusammenarbeiteten, könnte das Publikum sie auch für geistig behindert halten" (Stange 1999). Durch die einzigartige Weise, auf die Stange jedes Individuum mit seinen Stärken ins Licht rückt, verfliegen diese Vorurteile und Ängste jedoch schon bei der ersten gemeinsamen Zusammenarbeit.

Die gemeinsamen Aufführungen schweißen die Teilnehmer / Teilnehmerinnen zutiefst zusammen. Stange erzählt von der großen Bewegtheit aller Teilnehmer / Teilnehmerinnen nach der ersten großen öffentlichen Aufführung von AMICI: "[...] suddenly [...] we all started crying and hugging each other on stage" (Hall 2010, DVD). In Interviews wird von einem besonderen Freundschaftsgefühl berichtet, das die Gruppe verbindet (vgl. ebd.).

Die Teilnehmer / Teilnehmerinnen erzählen daneben auch von einem gesteigerten Selbstwertgefühl und einer anderen Wahrnehmung der Umwelt. Jane Hall, Mitglied der Gruppe und Autorin von The Magic of AMICI, fasst dieses Phänomen so zusammen: "Your day changes when you go. Your outlook on life changes, your whole perception of yourself and the world around you changes" (zit. nach ebd.).

Das Publikum zeigt von Anfang an großes Interesse an den Aufführungen von AMICI. Stange erzählt über den Andrang vor der ersten öffentlichen Aufführung: "To our great surprise [...] people queued outside. [...] we could have sold the theatre out completely four more times, so many requests" (ebd.). Das Publikum ist begeistert. "[...] when finally [...] the lights came down, there was an extraordinary uproar. [...] People stamped, people shouted, and the lights came on, we all looked stunned because we didn't exspect anything" (ebd.).

Alison King, die Leiterin von Turtle Key Arts, der Produktionsfirma, mit der AMICI zusammenarbeitet, schildert ihre Eindrücke als Zuschauerin:

"Your spirits are lifted by watching people who don't always get those opportunities to express themselves completely freely and honestly. And the love and support and the friendship in that room is just inspiring" (ebd.).

Barbara Lawrence, langjähriges AMICI-Mitglied berichtet davon, wie inspirierend es ist, Menschen in dieser Gemeinschaft Dinge tun zu sehen, die man ihnen niemals zugetraut hätte (vgl. ebd.).

Stange hat den Mut, als Lehrer selbst kreativ zu sein. Er bezieht Gegenstände spontan in seine Improvisationsaufgaben mit ein. So erzählt er von einer Improvisation mit einem Gasherd, der wegen seines Gewichts nicht aus dem Probenraum entfernt werden konnte und den Unterricht zunächst zu behindern schien, dann aber spontan einbezogen wurde und zu einer gelungenen Stunde führte (vgl. Davies 2009).

Den Grundpfeiler von Stanges Arbeit stellt der Tanz dar. Dennoch lässt Stange immer wieder auch andere Künste einfließen, indem er Rhythmusaufgaben mit Materialien stellt oder Gedichte schreiben lässt. Da Stange vom Tanz herkommt, ist diese Gewichtung für seine Arbeit passend und sinnvoll. Dennoch stellt sich die Frage, ob größere Teile der Musik nicht von den Teilnehmern / Teilnehmerinnen selbst gestaltet werden könnten. Für Stange jedoch ist Tanz das Medium, in dem Menschen sich selbst am besten und authentisch ausdrücken können, da er keinerlei Voraussetzungen benötigt.

6.3 Alito Alessi und "DanceAbility"

6.3.1 Zur Person

Alito Alessi, geboren am 17. Januar 1954, fällt schon in seiner Kindheit durch sein großes Interesse an Sport und Tanz auf. Als Jugendlicher tanzt er HipHop und ist Athlet an seiner Highschool. Eine Verletzung zwingt ihn, sich mit sanfteren Formen von Bewegung auseinanderzusetzen, und so interessiert er sich für Körperarbeit, Tai Chi Chuan, und eröffnet eine eigene Massagepraxis. Die Liebe zum Tanz führt ihn 1972 zum professionell arbeitenden Eugene Dance Collective, das sich mit zeitgenössischem Tanz beschäftigt. Über andere Tänzer des Collective lernt er die Kontaktimprovisation kennen.

Obwohl sich der zeitgenössische Tanz in dieser Zeit intensiv mit der völligen Demokratie und Gleichheit der Tänzer - auch von Mann und Frau auf der Bühne[34] - beschäftigt, findet er diese Prinzipien in der professionellen Arbeit bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht umgesetzt und gründet 1979 seine eigene Tanzgruppe, die Joint Forces Dance Company (JFDC). Als einer der ersten bezieht er Kontaktimprovisation in die Entwicklung seiner Choreographien mit ein.

Seine Suche nach dem Prinzip der völligen Gleichberechtigung im Tanz auf der Bühne sowie innerhalb des Arbeitsprozesses führt zur Kontaktaufnahme mit europäischen Tänzern / Tänzerinnen mit Behinderung über das Netzwerk Mobility International. Schon früh ist der Umgang mit Behinderung für Alessi selbstverständlich, da er seine Mutter, die eine Körperbehinderung hat, pflegt. Zutiefst glaubt er daran, dass jedem Menschen das Recht zustehen sollte, tanzen zu dürfen.

Auf Einladung von Alessi entsteht eine Zusammenarbeit mit Emeral Blackwell, der sich aufgrund einer Zerebralparese mit Hilfe von Rollstuhl oder Liegerad fortbewegt. Die beiden Tänzer entwerfen inklusive Tanzstücke und Bühnenshows und stellen sie einem breiten Publikum vor (vgl. Holzer 2010, Begle 2003).

6.3.2 Entwicklung von "DanceAbility"

Auf Alessis ersten Experimenten mit integrativem Tanz aufbauend entsteht die Fragestellung, ob auch große Gruppen mit Hilfe der Kontaktimprovisation integrativ miteinander arbeiten können. Unter dem Titel Dance With Different Needs findet im Rahmen des New Dance Festivals in Alessis Heimatstadt Eugene 1987 der erste integrative Tanzworkshop statt. Etwas einhundert Menschen nehmen daran teil und probieren gemeinsam verschiedene Übungen aus der Kontaktimprovisation aus. Da einige Teilnehmer / Teilnehmerinnen Schwierigkeiten damit haben, alle Übungen auszuführen, beginnt Alessi damit, nach Übungen zu suchen, die von allen Menschen ausgeführt werden können.

Holzer resümiert dazu:

"Der Ausgangspunkt [von DanceAbility, Anm. d. Verf.] war also nicht, wie man mit Menschen mit Behinderung tanzen kann, sondern welche Situationen rufen Ausgrenzung/Isolation hervor und wie kann mit diesen umgegangen werden bzw. wie können diese vermieden werden" (Holzer 2010).

Das Interesse der Gesellschaft an integrativem Tanz ist geweckt und führt zum Aufbau integrativer Tanzklassen an der Universität von Oregon. Gleichzeitig werden internationale Zusammenkünfte unter dem Thema Inklusiver Tanz in Eugene aufgebaut, die von 1990 bis 1995 jährlich stattfinden und durch Erfahrungsaustausch von international arbeitenden Tanzlehrern den inklusiven Tanz auf der ganzen Welt bereichern.

Auf Grund großer Nachfrage an DanceAbility-Workshops über die USA hinaus entwickelt Alessi ein Konzept zur Lehrer-Ausbildung. Seit 1997 gibt es dafür vierwöchige DanceAbility Teacher Certification Courses, die bereits in Eugene (Oregon, USA), Buenos Aires (Argentinien), Mailand (Italien), Amsterdam (Niederlande), Trier (Deutschland), Wien (Österreich) und Helsinki (Finnland) stattgefunden haben (vgl. Holzer 2010).

6.3.3 Unterrichtsstruktur

Im Aufbau einer DanceAbility-Stunde lassen sich vier Phasen unterscheiden. Holzer unterteilt diese folgendermaßen:

- Orientierungsphase / Ankommen

- Vorbereitungsphase / Aufwärmung

- Kreative Lern- und Gestaltungsprozesse / Übungen, Choreographien

- Erntephase / Präsentation der Handlungsergebnisse, Reflexion (vgl. Holzer 2010).

Ähnlich wie beim Unterrichtskonzept Stanges steht auch bei Alessi am Beginn jeder Einheit ein gemeinsamer Kreis (Orientierungsphase / Ankommen). Alessi legt dabei großen Wert auf eine Phase gemeinsamen Schweigens, da im Schweigen jeder Mensch inkludiert ist und in Ruhe seine Umgebung wahrnehmen und in ihr ankommen kann, bevor er gefordert ist, aus sich herauszugehen und sich selbst vorzustellen. Innerhalb der Selbst- Vorstellung ist auch Platz für Hinweise darauf, was beim Tanzen mit ihm / ihr wichtig ist[35]. Diese Phase ist wichtig für die Wahrnehmung und den Umgang der Teilnehmer untereinander.

"Dabei werden die Kommunikationsmöglichkeiten der TeilnehmerInnen von allen wahrgenommen. Hier wird gelernt, wie wir mit den anderen kommunizieren können, auch wenn jemand eine/n ÜbersetzerIn braucht, eine Kommunikations-Tafel benützt oder einen Sprachcomputer verwendet. Jede/r bekommt die Zeit, die er/sie benötigt, um sich mitzuteilen, auch wenn es manchmal lange dauert, bis eine Aussage gemacht und verstanden wird" (Holzer 2010).

Steve Paxton legt offen, auf welch feine Weise der Eröffnungskreis Beziehungen zwischen den Teilnehmern / Teilnehmerinnen ermöglicht und ein Gemeinschaftsgefühl schafft:

"The all-inclusive geometry [des Kreises, Anm. d. Verf.] creates a democratic ideal which I find socially calming. No one is in the front of any other.[...]For instance as each participant speaks, the circle is filled with these invisible rays, the lines of attention.

From the speaker to all, to the speaker from all. As the next speaker takes his or her turn the whole arrangement of rays shifts one place. When all have spoken, the remembered lines crossing the circle form a wild web, or more simply fill it in; an empty center seems full" (Paxton, zit. nach ebd.)

Im Eröffnungskreis ist auch Platz für Grundlegendes wie Informationen zum Ablauf der Stunde oder über das Konzept von DanceAbility, Gruppenregeln, die eine sichere und vertrauensvolle Atmosphäre schaffen, und Hinweise zum Umgang mit bestimmten Teilnehmern / Teilnehmerinnen und deren technischen Hilfsmitteln wie Rollstühlen.

Wohlfahrter fasst zusammen:

"Das Eröffnen eines Raumes voller Respekt und Offenheit ist ein Element von DanceAbility, welches bereits im Begrüßungskreis erlebt werden soll. Weiters ist das Kreieren einer angenehmen Arbeitsatmosphäre für das Gelingen der Einheit von immenser Bedeutung" (2009).

Die Vorbereitungsphase / Aufwärmung hat das Ziel "to prepare the body for moving, to concentrate the mind for improvising, and to awaken the intuition for making choices" (Alessi / Zolbrod, zit. nach Holzer 2010). Die Teilnehmer / Teilnehmerinnen sollen ihre Aufmerksamkeit auf den eigenen Atem und Körper lenken. Anschließend findet ein langsamer Übergang in eine Bewegungsphase statt, in der zunehmend auch Interaktion unter den Mitwirkenden hinzutreten kann[36]. Wohlfahrter weist darauf hin, dass die Aufwärmungsphase dem Lehrer wichtige Hinweise darauf gibt, wie er den weiteren Unterricht gestalten kann. Insbesondere geht es dabei um das Herausfinden des kleinsten gemeinsamen Nenners aller Teilnehmer (vgl. Kapitel 7.2.4).

In der Phase der kreativen Lern- und Gestaltungsprozesse wird mit verschiedenen Aspekten von Choreographie in unterschiedlichen Sozialformen gearbeitet. Bei Alessi sind dies: Sensation (Bewusstsein für den eigenen Körper) - Relation (Beziehung zu anderen Tänzern) - Time (Umgang mit Zeit) - Design ("Architektur des Körpers") (Wohlfahrter 2010, vgl. Haapalinna 2008b).

Die Erntephase gibt den Teilnehmern / Teilnehmerinnen die Möglichkeit, das Erlernte und Erfahrene durch Austanzen zu freier Musik oder Präsentation der Ergebnisse zu festigen. Ein gemeinsamer Kreis beendet die Stunde. Nach gemeinsamem Schweigen ist Raum für Rückmeldungen und Fragen.

6.3.4 Inklusive Unterrichtsprinzipien

DanceAbility bezieht grundsätzlich alle Menschen mit ein. Alessi beschäftigt sich intensiv mit der Frage, auf welche Weise dies geschehen kann.

Ein wichtiges Element seiner Arbeit stellt in diesem Zusammenhang der Common Denominator (Gemeinsamer Nenner) dar.

"Gemeinsame Nenner sind die Bewegungs-, Kommunikations- und Lernmöglichkeiten, die jedem in der Gruppe zugänglich sind. Diese herauszufinden, und ausschließlich damit zu arbeiten, erlaubt jeder Person, ein zu jeder Zeit aktiver Teil der Gruppe zu sein" (Holzer 2010).

Dies bedeutet keine Beschränkung aller Teilnehmer / Teilnehmerinnen auf ein minimales Bewegungsrepertoire, sondern lediglich eine Beschränkung der Aufgabenstellung auf Aufgaben, die von allen Gruppenmitgliedern gelöst werden können[37]. Daneben besteht jederzeit die Möglichkeit, eine vorgegebene Bewegung in die eigene Körpersprache zu übersetzen[38].

Auch in der Art der Kommunikation legt Alessi großen Wert darauf, dass sie für jeden Anwesenden verständlich ist. Deswegen bevorzugt er einfache, klare Sprache im Unterricht. Aufgabenstellungen sollen nach Möglichkeit nicht nur verbal erklärt werden, sondern auch visuell aufgenommen werden können, also vorgemacht werden. Bei blinden Menschen sollte dafür Körperkontakt ermöglicht werden.

Tanzimprovisation ist nonverbale Kommunikation, die vielen Menschen zugänglich ist, die Probleme beim Sprechen, Formulieren, Hören oder Verstehen haben. Sie ist unmittelbarer als gesprochene Sprache.

"In der Improvisation erschließen sich Menschen, die sich augenfällig unterscheiden von der gewohnten Art der Wahrnehmung, Kommunikationsmöglichkeiten, bei denen sie sich auf einer gleichen Stufe wiederfinden mit im kognitiven Bereich unauffällig kommunizierenden Menschen. Die subjektive Erlebbarkeit entzieht sich noch dazu einer leistungsbeachtenden vergleichbaren Objektivität. Der Anteil, der in behinderten Menschen als behindert bezeichnet wird, der uns und sie behindert, tritt in den Hintergrund" (Flucher / Stephanides 2001, S. 53).

In einem Interview berichtet Alessi von seinen Vorstellungen, die zur Begründung von DanceAbility geführt haben. Besonders wichtig ist ihm, dass alle Menschen die Möglichkeit bekommen, mitzutanzen, unabhängig davon, welche Voraussetzungen sie mitbringen, dass sie jederzeit die freie Wahl haben und mit Respekt behandelt werden (vgl. Haapalinna 2009a).

Das Prinzip der freien Wahlmöglichkeit ist im Umgang mit Menschen mit Behinderungen besonders wichtig. Zu schnell tendieren Menschen ohne Behinderung dazu, Hilfe zu leisten, die gar nicht nötig wäre und gar nicht erwünscht ist, oder Entscheidungen für jemanden zu treffen, der dazu selbst in der Lage wäre, aber sie vielleicht verbal nicht klar äußern kann (die Körpersprache jedoch spricht dazu oft Bände!).

Bei DanceAbility darf sich jeder Tänzer / jede Tänzerin die Zeit nehmen, die er / sie braucht, um anzukommen und sich auf eine Aufgabe einzulassen. Das Sich-Selbst- Herausnehmen und Beobachten wird sogar unterstützt. Evelyne Wohlfahrter beschreibt das sogenannte Satellite Support Team, das aus erfahrenen Teilnehmern / Teilnehmerinnen besteht, die gegebenenfalls unterstützen, wenn wirklich Bedarf besteht, und sich ebenfalls an den Rand setzen können, wenn jemand von außen beobachtet. So ist dieser/ diese nicht ausgeschlossen. Er / sie sieht, dass sein / ihr Verhalten nicht nur toleriert, sondern als selbstverständliche Wahlmöglichkeit angesehen wird (vgl. Wohlfahrter 2009).

Wirklich jeder Mensch ist eingeladen, zu kommen und zu partizipieren, unabhängig von Bildungshintergrund, gesellschaftlichem Status und physischen und mentalen Möglichkeiten. Alessi sieht dies als "honest reflection of society" (Haapalinna 2009a).

Vom Lehrer / von der Lehrerin fordert diese Methode selbst ein hohes Maß an Reflektion, Spontaneität, Beobachtungsgabe und Improvisationstalent. Aus dem Moment heraus muss er / sie entscheiden, welche Aufgabenstellung auf die Gruppe im Augenblick passt. Nicht der Lehrinhalt muss sich mit einer anderen Gruppe ändern, sondern die Methodik, hebt Alessi hervor (vgl. Haapalinna 2009a).

Er sieht Inklusion nicht nur als selbstverständlichen Einbezug aller Menschen als Abbild der Gesellschaft. Alessi stellt heraus, auf welche Weise Menschen mit Behinderung eine Gruppe bereichern durch ihre ganz besondere und individuelle Art, sich zu bewegen und durch ihre Ansichten.

"I think the more ways of moving and thinking that we are exposed to, the more we can step out of our personal, familiar ways of doing things, and the more freedom we give ourselves to move in new ways" (Alessi / Zolbrod 2008).

Gleichzeitig verhilft DanceAbility den Teilnehmern / Teilnehmerinnen auch zu einer besseren Verbindung zu ihrem Körper und größerem Selbstbewusstsein. Vera Rebl, DanceAbility- Lehrerin, die einen Rollstuhl benutzt, erzählt, wie sie durch Tanzen zu einem neuen Körperbewusstsein gefunden hat:

"Bewegung ist für mich aus meinem Körper ausbrechen. Ich fühlte mich immer eingesperrt in meinem Körper und habe ihn als Kind nur als Objekt erlebt, das examiniert, untersucht, versorgt, ,gewartet' wird. Körper hat weder Spaß noch Freude noch Wohlbefinden bedeutet. Durch Bewegung und besonders durch tanzende Bewegung und da wieder dank DanceAbility kann ich in Bewegung, im Tanz auf andere zugehen, in Beziehung treten, mich auch ohne Worte, ohne Sprache verständigen. Mein Freund Georg hat einmal gesagt, dass man mit DanceAbility ,eine neue Sprache' lernt. Das drückt es gut aus. Es ist eine Sprache, die wir immer schon kannten, aber nicht (mehr) sprechen konnten" (Kocher / Rebl 2007).

Diesen Aspekt des Tanzens, um sich selbst zu erkennen, spricht auch Alessi an:

"Are we people taking dance classes to be better dancers? Or maybe we are learning how to be better humans through dance, learning to embrace and celebrate our own and each other's potential" (Alessi / Zolbrod 2008).

6.4 Musik in integrativen Gruppen mit erwachsenen Menschen mit Behinderung

6.4.1 Situation an den Musikschulen in Deutschland - Zahlen und Fakten

An Tanzschulen stellen Menschen mit Behinderung weiterhin eine Seltenheit dar, auch wenn es, wie wir in den vorangegangenen Kapiteln gesehen haben, fortschrittliche Konzepte gibt, die beweisen, dass Tanz Menschen mit Behinderung nicht zwangsläufig ausschließt, sondern diese im Gegenteil eine Gruppe bereichern und ihr helfen können, festgefahrene Wege und Bewegungskonzepte zu verlassen.

Im Bereich der Musik könnte es ähnliche Vorurteile geben und in der Tat sind Menschen mit Behinderungen auch dort unterrepräsentiert. Das Statistische Jahrbuch der deutschen Musikschulen führt folgende Zahlen auf: von insgesamt 930 Schulen, die Mitglied im Verband der deutschen Musikschulen sind, weisen im Jahr 2006 nur etwas über die Hälfte (505 Schulen) fachlich qualifizierte Angebote "an behindertengerechtem Instrumentalunterricht und Ensemblespiel" auf (VdM 2007, S. 16).

Dazu muss man ergänzen, dass mit der Formulierung "fachlich qualifiziert" vermutlich gemeint ist, dass die entsprechenden Lehrkräfte den Lehrgang Instrumentalspiel mit Behinderten absolviert haben, den der Verband deutscher Musikschulen ins Leben gerufen hat. Lehrer, die sich anderweitig fortgebildet haben oder "aus dem Bauch heraus" einen ansprechenden integrativen Unterricht anbieten, sind in dieser Zahl wohl nicht enthalten.

Nebenbei sollte man sich kurz Gedanken über die Sprache machen: was unterscheidet behindertengerechten Unterricht von normalem Unterricht? Was zunächst nach Vereinfachungen, Bildchen, niedrigen Ansprüchen klingt, stellt sich in der Realität als Unterricht heraus, der für jeden Menschen geeignet ist. Wichtige Prinzipien wie das Eingehen auf die speziellen Bedürfnisse jedes einzelnen Instrumentalschülers / jeder Instrumentalschülerin und Differenzierung der Aufgabenstellung in Gruppen sollten jedem Instrumentallehrer / jeder Instrumentallehrerin für jeden Schüler / jede Schülerin zur Verfügung stehen!

Innerhalb der gemeldeten Angebote der Musikschulen erhalten im Jahr 2006 6.753 Schüler / Schülerinnen mit Behinderung Unterricht. Das ist viel, wenn man bedenkt, dass Menschen mit Behinderung die Befähigung zum Instrumentalspiel von der Gesellschaft oftmals abgesprochen wird, beziehungsweise abgewogen wird, ob sich der finanzielle Aufwand von der Anschaffung des Instruments und der Literatur bis zur Finanzierung des Unterrichts überhaupt lohnt. Bei einer Gesamtzahl von 903.261 Schülern / Schülerinnen insgesamt an deutschen Musikschulen stellen Menschen mit Behinderungen jedoch nur einen Bruchteil von 0,7 % dar (vgl. VdM 2007)! Auch hier die Einschränkung: vermutlich gibt es eine Dunkelziffer. Menschen mit Behinderung, die andere als die qualifizierten Musikschulen besuchen, sind in diese Statistik vermutlich nicht aufgenommen worden.

Und wenn man die angegebenen Zahlen mit der gesamten Gesellschaft vergleicht? Monika Vernooij führt Statistiken für die Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahr 2003 an.

Demnach gelten 6,64 Millionen Menschen in Deutschland zu diesem Zeitpunkt als schwerbehindert, was 8% der Gesamtbevölkerung entspricht. Nicht eingerechnet sind Menschen mit weniger starken Beeinträchtigungen. Die Datenerhebung ist schwierig, weil in Deutschland keine Meldepflicht für Behinderungen besteht und anhand anderer Daten wie der Zahlen der an Förderschulen gemeldeten Schüler / Schülerinnen, der Höhe von in Anspruch genommenen Fördergeldern oder allgemeiner Erhebungen geschätzt beziehungsweise hochgerechnet werden muss. Bürli kommt so auf einen Anteil von 10,4 % Menschen mit Behinderungen an der deutschen Gesamtbevölkerung (vgl. Vernooij 2007).

Auch wenn nicht alle dieser Menschen Bedarf an musikalischer Förderung haben, sollten die Musikschulen idealtypisch doch in etwa ein Abbild der Gesellschaft darstellen (selbstverständlich ist an Musikschulen generell der Anteil von Schülern / Schülerinnen aus wohlhabender Familie häufiger, aber Behinderung macht vor reichen Familien keinen Halt). Neben grundsätzlichen Vorurteilen bezüglich musikalischem Verständnis, Konzentrationsfähigkeit und Übewillen stellt wahrscheinlich auch der finanzielle Faktor ein Problem dar. Schließlich besteht für Menschen mit Behinderungen generell ein größeres Risiko, in Armut zu leben als für Menschen ohne Behinderung (vgl. Deutscher Gewerkschaftsbund - Bundesvorstand 2009).

Werner Probst führt sehr ausführlich verschiedene Faktoren an, die Menschen mit Behinderung am Besuch der Musikschule hindern. Diese reichen von mangelnder Information der Eltern über Fähigkeiten der Kinder und Angebote der Musikschule über falsche Einschätzung der eigenen Fähigkeiten durch häufige Konfrontation mit Misserfolgen, bis hin zu eingeschränkter Mobilität. Musikschullehrer / Musikschullehrerinnen zeigen sich zum Teil unsicher und uninformiert bezüglich einer geeigneten Methodik und in Hinsicht auf Einschränkungen, die mit der Art der Behinderung zusammenhängen. Dazu kann die Angst treten, einen sich angeeigneten pädagogischen Ruf durch Unterrichtung von Menschen mit Behinderung, die möglicherweise nicht dasselbe leisten können wie die anderen Schüler, zu verlieren (vgl. Probst 1991).

Dennoch sind Fortschritte an den Musikschulen sichtbar, wenn man den Vergleich mit Schülerzahlen der Vergangenheit antritt: von einem Anteil von 0,08 % Schüler / Schülerinnen mit Behinderung an der Gesamtschülerzahl im Jahr 1980 über 0,54 % im Jahr 1990 (jeweils alte Bundesländer) sind die jetzigen 0,7 % als ein erfreuliches Ergebnis zu werten (vgl. ebd.)!

6.4.2 Die Leverkusener Stadtmusikanten - ein integratives Orchester

Klassische Musik und Menschen mit Behinderung, schließt sich das nicht gegenseitig aus? Nein, auch wenn Menschen mit Behinderung selten als Musiker in der Öffentlichkeit stehen - bis auf wenige Ausnahmen, etwa den Contergan-geschädigten Sänger und Gesangsprofessor Thomas Quasthoff - gibt es einige überzeugende Beispiele von Orchestern und Bands, die integrativ arbeiten und ihre eigenen Versionen von bekannten Werken auf die Bühne bringen.

Die mittlerweile zahlreichen Beispiele integrativer Orchester und Bands sind leider bisher nicht besonders gut dokumentiert. Das bewundernswerte Tun steht im Vordergrund. Diese Dokumentation selbst zu übernehmen, würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen.

In seinem Buch Instrumentalspiel mit Behinderten beschreibt Werner Probst einige Musikgruppen, die im Rahmen eines Modellversuchs, der von 1979 bis 1983 lief, und darüber hinaus mit Menschen mit Behinderungen zum Teil integrativ arbeiten (vgl. Probst 1991)[39].

Ein Beispiel, das dabei besonders ins Auge sticht, sind die Leverkusener Stadtmusikanten (LSM), die seit 1979 bis heute bestehen. Das Orchester wurde von Winfried Mauel und Günther Hupperten, beide Lehrer an der Städtischen Schule für geistig Behinderte im Heilpädagogischen Zentrum Leverkusen-Opladen, gegründet. Sie hatten bemerkt, dass Schüler / Schülerinnen ihrer Klassen große Freude an Musik hatten und Melodien und Rhythmen nach dem Gehör auf vorhandenen Instrumenten spielen konnten.

Gemeinsam mit Eltern, Bekannten und Kollegen / Kolleginnen riefen sie das Orchester ins Leben, das heute aus 25 Musikern / Musikerinnen besteht.

"Die unterschiedlichen Vorkenntnisse und Instrumente haben einen folkloristischlebhaften Orchesterklang entstehen lassen, der weit von jeder Betulichkeit entfernt ist. Den Sound bestimmt nicht ein Klangideal, den Sound bestimmen die Orchestermitglieder" (Merkt 1991, S. 174).

Auch heute noch zeigt sich das Orchester bunt gemischt: Percussion, Trompeten und Saxofone spielen gemeinsam mit Akkordeons, Mandoline und Keyboard. Die gespielten Werke werden entsprechend arrangiert und erhalten durch die Mischung der Instrumente eine "abwechslungsreiche, farbige und witzige Instrumentierung" (ebd., S. 175).

Auf ihrer Homepage beschreiben die Leverkusener Stadtmusikanten ihre Grundsätze:

"Schäden durch Überforderung meiden. Darum unsere Prinzipien: Kleine Schritte machen und vom Leichten zum Schweren kommen. Die Folge ist einfaches Liedgut, aber mit Präzision und Qualität" (Leverkusener Stadtmusikanten).

In der Tat reicht das Repertoire des Orchesters von Volksliedern verschiedener Länder über Songs und Schlager bis hin zu bekannten klassischen Melodien. Der Wiedererkennungswert bei Publikum wie Musikern / Musikerinnen spielt hier sicherlich eine wichtige Rolle. Alle Stücke werden so arrangiert, dass sie für die Orchestermitglieder gut spielbar sind.

Neue Arrangements werden gemeinsam ausprobiert und gegebenenfalls gemeinsam mit anderen Besetzungsvarianten experimentiert. Auch bei der Auswahl neuer Stücke haben alle Mitglieder Vorschlagsrecht.

Die großen Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der Musiker / Musikerinnen sieht Werner Probst grundsätzlich positiv:

"Eine solche Gruppenzusammensetzung ermöglicht es den leistungsschwächeren Mitspielern, im gemeinsamen Spiel an der Ausdrucksfähigkeit der leistungsstärkeren Instrumentalisten teilzuhaben" (Probst 1991, S. 167).

Jedoch weist er auf einen besonderen Aspekt in derartig heterogenen Gruppen hin:

"Damit das Musizieren in einer solchen Gruppe für alle Teilnehmer mit Freizeitwert verbunden sein kann, muß der Aspekt der Leistung an Gewicht verlieren; andere Aspekte wie Kreativität, Mitbestimmung, Phantasie etc. müssen eine Betonung erfahren" (ebd.)

Entsprechend dem Prinzip der kleinen Schritte suchen die Leiter der Leverkusener Stadtmusikanten nach Stücken, die mit geringem Tonumfang auskommen. Auf ihrer Homepage berichten sie auch davon, die ersten Jahre ausschließlich in einer Tonart (C-Dur) gespielt zu haben (vgl. Leverkusener Stadtmusikanten).

Werner Probst weist auf die Notwendigkeit hin, möglichst jedem Mitspieler / jeder Mitspielerin die Gelegenheit zu geben, auch einmal eine wichtige Rolle übernehmen zu können, was zum Beispiel durch eine Solorolle im Vor- oder Zwischenspiel geschehen kann (auch leichte Melodien sind dafür geeignet!) Lobenswert erwähnt er hierbei das Vorgehen der Leverkusener Stadtmusikanten, die allen Mitgliedern solistische Auftritte ermöglichen, oft gestützt von einem sicheren harmonischem Gerüst erfahrener Musiker / Musikerinnen so dass auch bei möglicher Unsicherheit des Solisten / der Solistin kleine Fehler wieder aufgefangen werden können und das Stück fortgesetzt werden kann (vgl. Probst 1991).

Eine sehr wichtige Rolle kommt dabei dem Arrangement zu.

"Bei den ,Leverkusener Stadtmusikanten' musizieren geistig behinderte und nichtbehinderte Instrumentalisten gemeinsam, zum Teil in den gleichen Instrumentengruppen. Dadurch besteht die Gefahr eines Leistungsvergleichs, bei dem die geistig behinderten Instrumentalisten immer wieder die Erfahrung machen müssen, dass die nichtbehinderten Spieler ,besser' sind bzw. schneller lernen als sie" (ebd., S. 168).

Entsprechend wird bei den Arrangements der Leverkusener Stadtmusikanten darauf geachtet, dass jedem Spieler / jeder Spielerin eine Rolle zugeteilt wird, die er / sie gut erfüllen kann. Beispielsweise können Akkordeonspieler mit geistiger Behinderung leichte Melodien übernehmen, während andere Akkordeonspieler anspruchsvollere zweite Stimmen oder Bassstimmen übernehmen.

Das mittlerweile über 30-jährige Bestehen des Orchesters ist ein großer Erfolg für das Musizieren in integrativen Gruppen!

6.4.3 Hausmusikkreis Linde - alte Musik integrativ

Wie bereits erwähnt, gibt es inzwischen unzählige Orchester und Bands, die nach ähnlichen Prinzipien wie die Leverkusener Stadtmusikanten arbeiten. Einige konnte die Verfasserin beim Kongress Europa InTakt. Kulturarbeit und Menschen mit Behinderung der Universität Dortmund im Oktober 2010 live erleben. Das Angebot reicht dabei von klassischer Musik bis zu Rock und Pop. Im folgenden Teil wird lediglich eine kleine Auswahl von zwei Gruppen vorgestellt, die in ihrer Arbeit besondere Akzente setzen, um dem Leser / der Leserin die Augen für die Vielfalt der Möglichkeiten zu öffnen.

Der Hausmusikkreis Linde musiziert seit 1985 wöchentlich in der Stiftung Eben-Ezer, einer Einrichtung der Diakonie für Menschen mit geistiger Behinderung, in Lemgo in der Nähe von Bielefeld, wobei einige Mitspieler / Mitspielerinnen nicht im Heim selbst wohnen, sondern von außerhalb dazustoßen. Das Repertoire der Gruppe besteht aus historischer Musik, alten Kirchenliedern, Volksliedern, Tanzlieder und Spielsätzen.

Der Leiter, Horst Kortemeier, arrangiert alle Stücke so, dass sie für die Mitglieder des Ensembles spielbar werden. Dabei kommen zeittypische, aber auch untypische Instrumente zum Einsatz, um jedem das Mitspielen zu ermöglichen. So musizieren Blockflöten und Psalter gemeinsam mit Bassstäben, Röhrenglocken und Mundharmonika.

Um die Stücke abwechslungsreich zu gestalten, werden kleine Abschnitte mit wechselnden Instrumentierungen musiziert. So entsteht für den Zuhörer / die Zuhörerin ein reizvoller und immer neuer Klangeindruck. Die Oberstimme musiziert der Leiter, zumindest bei dem Konzert, dem ich beiwohnen konnte, stets selbst virtuos auf der Blockflöte, wodurch der Zuhörer in den Genuss kunstvoll ausgezierter Melodien kommt, die die übrigen Mitglieder des Ensembles in dieser Weise wohl nicht darstellen könnten.

Es lässt sich darüber streiten, ob im Sinne einer inklusiven Gestaltung eines Ensembles nicht die solistischen Aufgaben zumindest zum Teil dem Ensemble übertragen werden sollten. Vielleicht handelt es sich hier aber auch einfach um eine gelungenes Beispiel einer integrativen Musikgruppe, der es durch die Ausgestaltung der Arrangements und die Soloteile des Leiters gelingt, das Publikum besonders in seinen Bann zu ziehen. Immerhin weiß Herr Kortemeier, sich trotz seiner Solo- und Leitungsrolle so unauffällig vor dem Spielkreis zu platzieren (mit Blickrichtung zu den Spielern, nicht zum Publikum), dass die Mitglieder des Spielkreises als solche voll zur Geltung kommen und nicht hinter ihm zurücktreten.

Da in dieser Gruppe einige Spieler / Spielerinnen mit geistiger Behinderung musizieren, kommt dem Thema Notation eine besondere Rolle zu. Die Gruppe arbeitet mit herkömmlicher Notation, Zahlen- und Farbcodierungen und Tabulaturen, die unter die Saiten des Psalters gelegt werden.

Ein ganz besonderes Thema im Hausmusikkreis Linde stellt Auswahl und Bau von geeigneten Instrumenten dar. Bereits vorhandene Instrumente werden in gemeinsamer Arbeit angepasst oder für spezielle Erfordernisse selbst nach historischen Vorbildern gebaut (vgl. Arbeitskreis Down-Syndrom).

6.4.4 Esagramma - Musiktherapie im Orchester

Um ein ganz besonderes Projekt handelt es sich bei Esagramma, einem Bildungs- und Therapie-Zentrum in Mailand, Italien, das als einzige europäische Institution Musiktherapie im Orchester (MusicoTerapia Orchestrale) anbietet. Das Zentrum ist ausgerichtet auf Menschen mit psychischen und mentalen Einschränkungen, aber auch Entwicklungsverzögerungen und Einschränkungen der motorischen Fähigkeiten, und nimmt Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen in seine Förderprogramme auf.

Auch wenn es sich um ein Angebot für eine ganz spezielle Zielgruppe handelt, so ist das Orchester Esagramma aus Schülern / Schülerinnen der Institution, aber auch Lehrern / Lehrerinnen und professionellen Musikern / Musikerinnen zusammengesetzt und in dieser Weise integrativ zu verstehen. In seiner explizit therapeutischen Ausrichtung unterscheidet es sich allerdings deutlich von den anderen vorgestellten Gruppen, die sich nicht vorrangig der Therapie, sondern dem gemeinsamen künstlerischen Gestalten verschrieben haben.

Esagramma ist davon überzeugt, dass künstlerische Erziehung ein sehr geeignetes Medium ist, um in der Gruppe Ängste und Blockaden zu überwinden und sich selbst besser zu verstehen und weiterzuentwickeln. Die Orchestertherapie in Kleingruppen von fünf bis acht Teilnehmern ist sehr personalintensiv. Jede dieser Gruppen arbeitet mit vier bis sechs Fachkräften, darunter speziell geschulte Musiker / Musikerinnen, Psychologen / Psychologinnen und Pädagogen / Pädagoginnen.

Das therapeutische Programm der Institution erstreckt sich zunächst über drei Jahre. Im ersten Jahr geht es für die neu Aufgenommenen vor allem darum, anzukommen, sich selbst zu entdecken und sich mit der Welt der Musik vertraut zumachen, verschiedene Instrumente auszuprobieren und anhand erster Stücke musikalische Grundbegriffe zu erlernen. Am Ende des ersten Jahres wird bereits in einem kleinen Konzert vor Angehörigen musiziert.

Im zweiten Jahr erfolgt die Festlegung auf ein Wunschinstrument. Der Gruppenunterricht wird durch Einzelunterricht auf dem Instrument ergänzt, den Fachkräfte erteilen. Das besondere Erlebnis, auf "echten" Instrumenten große Werke unter Anleitung von begeisterten und kompetenten Musikern / Musikerinnen zu erarbeiten, steht im Mittelpunkt diesen Jahres. Im dritten Jahr werden die erworbenen Fähigkeiten weiter verfeinert. Sie finden ihren Höhepunkt in der Aufführung eines kompletten Werkes (in den vorangegangenen Jahren werden oft nur Ausschnitte musiziert) gemeinsam mit anderen Kleingruppen des Esagramma- Instituts. Auch finden jetzt gemeinsame Fachgespräche über Musik statt.

Nach dem dritten Jahr besteht die Möglichkeit, die Corsi di Perfezionamento Orchestrale (etwa: Kurse zur Perfektionierung des Orchesterspiels) zu besuchen und neben dem weiteren Genuss von Einzelunterricht und Kleingruppenarbeit im großen sinfonischen Esagramma- Orchester mitzuwirken.

Die esagramma-Methode, die seit 1999 besteht und am Laboratorio di Musicologia Applicata (Institut für angewandte Musikwissenschaften) entwickelt wurde, wird inzwischen neben ihrer Geburtstätte Mailand auch in weiteren Teilen Italiens verwendet. Die Mitspieler / Mitspielerinnen des sinfonischen Orchesters kommen nicht nur aus Mailand, sondern auch aus anderen dieser Ausbildungsstätten.

Auf seiner Website listet das Institut Esagramma auf, weshalb das Orchester so ungewöhnlich ist, obwohl es so normal scheint:

  • die Orchestermitglieder: Menschen mit autistischen Störungen, geistigen Behinderungen, mit Schwierigkeiten in der Kommunikation und darin, Beziehungen aufzubauen,

  • die Konzentrationsfähigkeit der Spielenden über zwei Stunden Programm hinweg[40], wobei einige von ihnen alles auswendig spielen, da sie die Notenschrift nicht beherrschen,

  • die Fähigkeit der Spielenden, auf kleinste Hinweise des Dirigenten zu achten, sich in die Emotionen einzufühlen, die die Musik weckt, und überhaupt mit anderen zusammenzuarbeiten, was vielen von ihnen zu Beginn der Orchestertherapie wohl nicht leicht fällt (vgl. Esagramma).

Das Repertoire des Orchesters besteht aus speziellen Arrangements bekannter klassischer Werke wie der Symphonie Aus der neuen Welt von Antonin Dvorak, der Carmen-Suite von George Bizet und der Bilder einer Ausstellung von Modest Mussorgskij. Auch Werke von Stravinsky und Beethoven stehen auf dem Programm. Leider ist aus den vorliegenden Materialien nicht viel über die Arbeitstechnik von esagramma in Erfahrung zu bringen. Spannend allerdings ist der mutige und freizügige Umgang mit klassischen Werken, aus dem jeder, der mit klassischer Musik in integrativen Gruppen arbeiten möchte, lernen kann.

Um alle Orchestermitglieder einbinden zu können, werden die Arrangements um Instrumente wie Vibraphon, Glockenspiel, Röhrenglocken und kleine Percussion erweitert. Ausgewählte Teile werden dadurch uminstrumentiert, ausgedünnt und wichtige Parts in die Hände von professionellen Musikern und Musikerinnen gelegt. An anderen Stellen wird genau überlegt, welche Stimmung die Musik ausdrücken soll, und diese durch den Einsatz von Effektinstrumenten verstärkt.

Bei dem Konzert, das ich mit esagramma erlebte, war ich begeistert, wie freizügig hier arrangiert wird, um wirklich alle Spieler / Spielerinnen einbinden zu können. Dennoch wird die Aussage der Musik gut getroffen. Schade fand ich, dass die mitspielenden professionellen Musiker / Musikerinnen zum Teil sehr deutlich herausstachen, sei es durch die Übernahme von Soli vor allem in den einzeln besetzten Bläserstimmen (mag sein, dass im Orchester in dieser Sparte nicht genügend oder nicht genügend qualifizierte Musiker / Musikerinnen zur Verfügung stehen), sei es durch die deutliche Stütze des Pianisten, der ganze Orchesterpartien verstärkte oder übernahm, sei es durch die Übernahme von deutlich sichtbarer Leitungsfunktion innerhalb der Stimmgruppen.

6.4.5 Integrativer Gebärdenchor Liebfrauen

Obwohl das gemeinsame Singen neben dem Tanzen und Musizieren auf Instrumenten eine gleichrangige Rolle im Bereich der Musik- und Tanzpädagogik einnimmt, gibt es kaum Chöre, die sich als integrativ bezeichnen. Viele Chöre, die sich nicht explizit als integrativ ausweisen, nehmen vermutlich ohne große Probleme - abgesehen von eventuell ungeeigneten Proberäumen und Aufführungsorten - Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen auf. Ein Mensch mit geistiger Behinderung dagegen wird sich in den meisten Chören schwertun, etwa, weil er / sie die Notenschrift nicht beherrscht oder die aufgeführten Werke für ihn / sie zu komplex in ihrem Aufbau sind.

Eine Ausnahmeerscheinung stellen in diesem Bereich Gebärdenchöre dar, die sich meist schon von der Grundkonzeption her sehr für Integration einsetzen. Johanna Weber-Guskar schildert in ihrer sehr interessanten Diplomarbeit Musik und Gebärdensprache die Entwicklung der Gebärdenchöre (vgl. Weber-Guskar 2008).

Die ersten Beispiele von Umsetzung von Liedtexten in Gebärdensprache sind bereits in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in den USA notiert worden. Seit den 80er Jahren findet das Gebärden von Liedern auch Eingang in den Musikunterricht an Schulen für Gehörlose. In der Regel werden dabei gesungene Lieder von Gebärden begleitet, das Singen kann jedoch auch ganz in den Hintergrund treten oder wegfallen.

Bei der Übersetzung des Textes in Gebärdensprache bemüht man sich, möglichst nahe am Original zu bleiben und den Text poetisch auszudrücken.

"Die Poesieform wird je nach Text z.B. durch fließendere Übergänge der Gebärden, Modifizierung der Handformen und vielerlei unterschiedlicher anderer Stilelemente erzielt" (Stefan Richter, Gebärdendolmetscher und einer von zwei Leitern des Gebärdenchors Liebfrauen im E-Mail-Interview, 19. Oktober 2010).

Auch wesentliche musikalische Elemente wie Melodieverlauf oder Dynamik können durch verschiedene Ebenen, auf denen gebärdet wird, und kleine beziehungsweise große Gesten dargestellt werden.

Den größten Unterschied zur Alltags-Gebärdensprache stellt der musikalische Bewegungsrhythmus dar, der mit dem Liedrhythmus korrespondiert. Weber-Guskar weist darauf hin, dass es seit den 1980er Jahren sogar Liederbücher für gebärdete Lieder gibt. In der Regel erstellt jedoch jeder Chor eine eigene Version eines Liedes. In Deutschland stellen Gebärdenchöre eine relativ junge Bewegung dar, die sich erst seit Beginn dieses Jahrhunderts langsam ausbreitet.

Sehr beeindruckt hat mich die Website des Integrativen Gebärdenchor Liebfrauen in Frankfurt am Main. Er ist Teil des Vereins Lukas 14 Integration und Kultur für Menschen mit Behinderungen e.V., der sich konfessions- und kulturübergreifend für die Belange von Menschen mit Behinderung innerhalb der Kirchengemeinde und im kulturellen Bereich einsetzt. Dazu gehören Gebärdensprachkurse, zwei Gebärdensprachchöre für unterschiedliche Altersgruppen mit und ohne Vorkenntnisse, ein Kultursalon, in dem Bereiche der deutschen Kultur vor allem Menschen mit Migrationshintergrund vermittelt werden und eine Theatergruppe. Darüber hinaus wird Dolmetschen in Gebärdensprache in allen Gottesdiensten und sonstigen Veranstaltungen des Vereins und Begleitung von Menschen mit Sehbeeinträchtigung zu Veranstaltungen angeboten.

Bei den Proben des Gebärdenchors wird sehr darauf geachtet, dass alle Teilnehmer / Teilnehmerinnen die beiden Leiter sehen können. Während Sina Paluch die Lieder vorsingt, werden sie gleichzeitig von Stefan Richter gebärdet. Die Proben werden zweisprachig abgehalten: in Lautsprache und Deutscher Gebärdensprache. Teilnahmevoraussetzung für diesen Chor ist das 3-jährige Beherrschen der Gebärdensprache (sonst wären manche komplexen Liedtexte auch kaum erlernbar).

Der Chor besteht aus derzeit zehn Teilnehmern / Teilnehmerinnen mit Sehbeeinträchtigung, Hörschädigung, körperlicher Beeinträchtigung und ohne offensichtliche Behinderung aus sechs verschiedenen Nationen und verschiedener christlicher und nichtchristlicher Religionen. Bemerkenswert: nicht alle Teilnehmer / Teilnehmerinnen mit Hörschädigung haben die Gebärdensprache tatsächlich als Verständigungssprache gelernt, da in Schulen für Menschen mit Hörbeeinträchtigung immer mehr Wert auf das Verstehen und Sprechen von Lautsprache gelegt wird[41].

Das Repertoire des Chores besteht vor allem aus Kirchenliedern, mit denen sie in Gottesdiensten die singende Gemeinde begleiten oder weniger bekannte Lieder mit Unterstützung des Kirchenmusikers musizieren und gebärden. Daneben beschäftigt sich der Chor auch mit Sprechtexten, Gospels und Schlagern und kooperiert mit Musikern / Musikerinnen, Chören und Solisten / Solistinnen.

Besonders liegt dem Chor am Herzen, die Schönheit der Deutschen Gebärdensprache zu vermitteln.

"Der Integrative Gebärdenchor Liebfrauen (IGeL) vereint die Ästhetik und Poesie der Deutschen Gebärdensprache mit dem Rhythmus und Klang von Musik und Sprache [...]. Wir verstehen die Gebärdensprache als ein Medium für alle, die Freude an einer visuellen Sprache haben und die erfahren, wie sich Texte durch Gebärden neu erschließen und vertiefen lassen" (Lukas 14 2010, Hervorhebung durch die Autoren).

Der Chor ist bemerkenswert in seiner integrativen Grundhaltung, die über Grenzen von Hören und Musikmachen hinausgeht und Musik, Sprache und Bewegung in künstlerischer Weise verbindet. Während für die Teilnehme an diesem Chor Vorkenntnisse in Gebärdensprache gefordert werden (die in den Gebärdesprache-Kursen desselben Vereins vermittelt werden), gibt es weitere Chöre, die durch einfache Texte gerade das Erlernen von Gebärdensprache auch für Menschen ohne Vorkenntnisse möglich machen möchten, beispielsweise die Gruppe Goldies desselben Vereins (vgl. ebd.).



[14] Die Leidenschaft für alte Sprachen, besonders deren Klang und Rhytmik, schlägt sich später in vielen seiner Werken nieder, in denen er alte Texte verwendet, zum Beispiel in den berühmten Carmina burana.

[15] Nachdem er erfahren hat, dass Debussy zu seiner Klangsprache von einem javanischen Gamelan-Ensemble inspiriert wurde, dass zur Weltausstellung 1889 in Paris gastierte.

[16] Den musikalischen Auftrag bearbeitet allerdings nicht Orff selbst, sondern seine Mitarbeiterin Gunild Keetman (Einzug und Reigen der Kinder)

[17] Das heute in Schulen so bekannte und verbreitete Xylophon zum Beispiel war in dieser Zeit in Deutschland vollkommen unbekannt und stammt ursprünglich aus Asien / Afrika (vgl. Orff, G. 1974).

[18] Erste Auflage 1985 / 1986, überarbeitete Neuauflage 2007 / 2008.

[19] Die vorliegende Arbeit geht auf dieses Thema ein, da ein ähnliches Maß an Flexibilität für den Leiter / die Leiterin einer integrativen oder inklusiven Gruppe notwendig ist!

[20] Das lateinische Wort virtus, auf das sie sich bezieht, bedeutet soviel wie Tapferkeit, Tüchtigkeit, Tugend, gute Eigenschaften.

[21] Heute bevorzugt man die Begriffe Gehörlose oder Menschen mit Beeinträchtigungen im Hören statt Taubstumme, da die Betroffenen zwar nicht oder nur eingeschränkt hören, sich durch Lautsprache oder Gebärdensprache aber äußern können und damit nicht stumm (im Sinne von nicht kommunikationfähig) sind.

[22] Das Orff-Institut in Salzburg bietet bereits 1962, ein Jahr nach seiner Gründung, Musik- und Tanzunterricht für Gruppen von Kindern mit Behinderung und in Sonderschulklassen an. Da der Bedarf und das Interesse an derartigem Unterricht groß ist, wird 1973 das Institut für musikalische Sozial- und Heilpädagogik gegründet, das dem Orff-Institut angegliedert ist, und die praktischen Unterrichtsversuche wissenschaftlich begleiten soll.

[23] Aus Sicherheitsgründen lehnt Keller bei der Organisation dieses speziellen Workshops jedoch die Aufnahme von Menschen, die einer speziellen medizinischen Betreuung bedürfen, ab, da nicht ausreichend Personal für eventuelle Notfälle vorhanden ist. Daneben sollen die Workshopteilnehmer / -teilnehmerinnen gruppenspielfreudig sein und die besonderen Bedingungen - eine Woche unter unbekannten Menschen an einem unbekannten Ort - positiv erleben können. Inwiefern man unter diesen Bedingungen von einer wirklich integrativen Gruppe sprechen kann, ist fraglich. Leider erforderte die Organisation in diesem Fall letztendlich doch den Ausschluss mancher Personengruppen, obwohl sie andere selbstverständlich einschloss, die zu anderen, ähnlichen Musiktheater-Projekten nie eingeladen worden wären. Trotz der kritischen Anmerkung ist Keller nach Meinung der Verfasserin als absoluter Vorreiter des Elementaren (integrativen) Musiktheaters zu sehen.

[24] Diese lateinische Wendung bedeutet "Jedem das Seine".

[25] Im folgenden Abschnitt wird als Quelle auf die erwähnte DVD sowie auf eigene Unterrichtserfahrungen zurückgegriffen.

[26] Die Freispielphase gibt dazu oft nicht genügend Möglichkeit, da es durch die Vielfalt an Angeboten nur schwer möglich ist, wahrzunehmen, wer sich gerade wo befindet und dabei mit allen Teilnehmern / Teilnehmerinnen in Kontakt zu kommen. Der Schwerpunkt dieser Phase liegt auf ganz anderen Aspekten. Die Konzentration auf sich selbst und nach Wunsch auf das dialogische Spiel mit Partner(n) / Partnerin(nnen) steht im Vordergrund.

[27] Als Beispiele, die in Instrumentenbauprojekten mit hörenden Kindern und Kindern mit Hörbeeinträchtigungen gebaut worden sind, führt Salmon unter anderem an: Tontopfxylophon, Windspiel mit Nägeln, Dosenrassel, Regenmacher, Waldteufel, Kazoo, Blumentopftrommel, Glockenschneebesen, Nussrassel (vgl. Salmon 2006).

[28] Der Schwerpunkt der therapeutischen Arbeit liegt demnach in der Bewältigung vergangener Erfahrungen, das künstlerische Tun ist am gegenwärtigsten im Hier und Jetzt, während die Pädagogik auf eine Veränderung zukünftigen Handelns einwirkt (vgl. Heidweiler 2001).

[29] Vom dortigen Pflegeheim stammt die Gruppe von Menschen mit geistiger Behinderung, die bei AMICI mitwirkt.

[30] Dieser Abschnitt bezieht sich auf The Magic of AMICI (Hall 2010) als Quelle.

[31] Beispielsweise können manche Übungen statt mit den Beinen mit den Armen ausgeführt werden. In manchen Fällen wird die Ausführung mit der Hilfe eines Partners möglich, der Dehnung oder Haltepositionen unterstützt.

[32] Dafür verwendet Stange den sogenannten Magic Pen. Ein Stift wird geworfen. Derjenige Teilnehmer / diejenige Teilnehmerin, auf den er zeigt, wird zum Anführer / zur Anführerin der Gruppe. Die verwendete Musik, auf MP3-Spieler oder CD gespeichert, wird durch Nennen oder Ziehen von Nummern bestimmt. Stange besitzt für verschiedene Zwecke Sammlungen von Stücken in ähnlichen Tempi, so dass er zwar im Vornherein durch Wahl der Sammlung Einfluss auf die Art der Musik nehmen kann, nicht aber auf Aufbau oder Genre des gewählten Stücks. Überhaupt spielt Musik eine wichtige Rolle für die Arbeit Stanges. Er verwendet Musik aus aller Welt und aller Genres, verzichtet jedoch auf Musik, die zu sehr mit bestimmten tänzerischen Assoziationen behaftet ist, da er sie als einschränkend befindet (zum Beispiel Popmusik) (vgl. Stange 1999).

[33] Auf dieselbe Weise schließt Stange spontan auch zufällig anwesende Kinder mit ein, indem die gesamte Gruppe angewiesen wird, Elemente aus deren Bewegungspotenzial aufzunehmen und zu verändern, wie ich auf einem Workshop mit Wolfgang Stange am 5. und 6. März 2010 im Orff-Institut Salzburg selbst erleben konnte.

[34] Ann Cooper Albright beschäftigt sich in ihrem Werk Choreographing Difference mit typischen Geschlechterrollen und weist auf spezifische Rollenbilder im Tanz hin, mit denen besonders Menschen mit Behinderung beim Tanzen zu kämpfen haben. Der Mann wird meist als starke Figur dargestellt, bei Hebefiguren trägt er, die Frau dagegen tritt als elfengleiche, schwebende Schönheit auf (vgl. Albright 1997). Völlig neu in dieser Zeit ist, dass diese Rollenbilder ins Gegenteil verkehrt und aus den Angeln gehoben werden, unter anderem, indem Frauen bei Hebefiguren den tragenden Part übernehmen.

[35] Dies kann Psychisches, wie Ablehnung von Körperkontakt, ebenso einschließen wie Physisches oder Technisches, wie Hinweise auf eine sanfte Handhabung des Rollstuhls.

[36] Ein Beispiel für eine Aufwärmübung von Alessi findet sich bei Holzer 2010.

[37] Beispielsweise werden keine Aufgaben verwendet, in denen das Sehen notwendige Voraussetzung ist, wenn sich blinde Teilnehmer / Teilnehmerinnen in der Gruppe befinden.

[38] So kann zum Beispiel eine Fußbewegung in eine Armbewegung übersetzt werden bei Beibehalten von Richtung und Energie der ursprünglichen Bewegung.

[39] Aus diesem Modellversuch entstand die berufsbegleitende Lehrerfortbildung Instrumentalspiel mit Behinderten an Musikschulen, heute sprachlich angepasst als Berufsbegleitender Lehrgang Instrumentalspiel für Menschen mit Behinderung an Musikschulen (BLIMBAM) (für mehr Informationen vgl. Internetauftritt des Verbands deutscher Musikschulen (Musik integrativ)).

[40] Die Website berichtet davon, dass einige von ihnen sich in Alltagssituationen bei Weitem nicht so lange konzentrieren können, wie es ihnen im Orchesterspiel gelingt. Zum Beispiel können einzelne Teilnehmer / Teilnehmerinnen einem Zeichentrickfilm nur drei Minuten lang folgen (vgl. Esagramma).

[41] Auch die wachsenden medizinisch-technischen Entwicklungen tragen zum Verdrängen der Gebärdensprache bei, da immer mehr Menschen, die mit Hörbeeinträchtigungen geboren werden, durch diese die Möglichkeit erhalten, uneingeschränkt über Lautsprache kommunizieren zu können.

7 Gelingenskriterien für eine inklusive Musik- und Tanzpädagogik

7.1 Rahmenbedingungen

7.1.1 Voraussetzungen räumlicher und organisatorischer Art

Nachdem Kapitel 6 ausführlich Konzepte der integrativen und inklusiven Musik- und Tanzpädagogik mit erwachsenen Menschen mit Behinderung beleuchtet hat, stellt der folgende Teil die wichtigsten Gelingenskriterien für eine inklusive Arbeit mit Musik und Tanz heraus. Wesentliche Punkte der vorliegenden Arbeit werden an dieser Stelle wiederaufgegriffen und weiterentwickelt.

Bei der Planung eines inklusiven Musik- und Tanzunterrichts sollten bestimmte organisatorische Faktoren berücksichtigt werden. Generell sollte der Raum barrierefrei, das heißt über Rampen oder Aufzüge erreicht werden können und abgeklärt sein, dass er mit Rollstühlen befahren werden darf[42]. Da dadurch Schmutz hereingetragen werden kann, sollten für die Arbeit am Boden Unterlagen oder Decken vorhanden sein oder den Teilnehmern / Teilnehmerinnen aufgetragen werden, sie mitzubringen. Auch Umkleidemöglichkeiten und Toiletten sollten behindertengerecht gestaltet sein.

Falls Menschen mit Sehbeeinträchtigung oder blinde Menschen am Unterricht teilnehmen, sollte die Raumaufteilung sehr strukturiert und leicht zu erfassen sein. Eventuelle Hindernisse wie freistehende Säulen sollten anfangs vielleicht sogar durch Matten gesichert werden und der Raum möglichst von allem Unnötigen frei geräumt werden. Dies empfiehlt sich generell, wenn wir berücksichtigen, dass jeder Gegenstand Faszinationen wecken (vgl. Kapitel 5.2.7) und damit vom Unterrichtsgeschehen ablenken kann. Man spricht auch von der vorbereiteten Lernumgebung, die von vornherein bestimmten Stundeninhalten bestimmte Räume als Teilbereiche des Unterrichtsraums zuweist (zum Beispiel Bewegungsfläche, Sitzkreis, Arbeitsbereich) und damit sowohl den Raum als auch die Stunde (durch Wechsel des Teilraums) strukturiert.

Musik und Tanz für Kinder fasst weitere Voraussetzungen die Räumlichkeit betreffend zusammen:

"Der Raum soll hell, warm, ruhig gelegen und gut zu lüften sein und über einen sauberen, warmen Boden verfügen. Seine Größe muss bewegungsbezogenen Unterricht ermöglichen. Eine Gelegenheit zum Umziehen [...] sollte angeschlossen sein" (Nykrin / Grüner / Widmer 2007, S. 42).

Der Unterricht sollte in einer Form ausgeschrieben werden, die Menschen mit und ohne Behinderung anspricht. Für Menschen mit Lernschwierigkeiten sollte diese Ausschreibung auch in Leichter Sprache vorliegen. Die Inklusion geht davon aus, dass die Unterrichtsbedingungen derart geschaffen werden, dass jeder Mensch teilnehmen kann, ohne sich als behindert oder nicht-behindert anmelden zu müssen. Bei Alito Alessis Arbeit wird deutlich, auf welche Weise dies funktionieren kann: in der Aufwärmphase beobachtet der Lehrende genau, welche Fähigkeiten und Bewegungsvorlieben die Teilnehmer / Teilnehmerinnen mitbringen, um die späteren Unterrichtsphasen dementsprechend zu gestalten (vgl. Kap. 6.3). Eine ähnliche Funktion kann auch eine Freispielphase auf Instrumenten einnehmen, wie sie Shirley Salmon in den Unterricht einbindet (vgl. Kap. 6.1.4).

7.1.2 Auswahl von Instrumenten und (Um-)Bau geeigneter Instrumente

Bei der Wahl der Instrumente stehen verschiedene Fragen im Mittelpunkt, die gegeneinander abgewogen werden müssen. Auf jeden Fall sollten Instrumente vorhanden sein, die keinerlei musikalisch-technische Vorkenntnisse benötigen, beispielsweise Teile des Orff- Instrumentariums. Daneben muss bedacht werden, dass Instrumente vorhanden sein sollten, die mit geringem motorischem Aufwand zum Klingen gebracht werden können (zum Beispiel Rasseln, Chimes, Oceandrum[43]).

Eigene Instrumente der Teilnehmer / Teilnehmerinnen können einbezogen werden. Dies hat den Vorteil, dass technische und musikalische Fähigkeiten oft bereits im Instrumentalunterricht erlernt worden sind. In der Improvisation kann dies allerdings einen Nachteil darstellen, wenn sich der Spieler / die Spielerinnen nicht von erlernten Phrasen lösen kann. In diesem Fall kann die Improvisation auf einem weniger vertrauten Instrument sehr hilfreich sein.

Daneben gibt es die Möglichkeit, Instrumente für bestimmte Bedürfnisse selbst anzufertigen, bauen oder umbauen zu lassen. Das Buch Instrumentalspiel mit Behinderten beschreibt die vielfältigen Möglichkeiten von Halterungen für Instrumente, Ansteuerungssystemen zum Beispiel für Xylophone, die motorische Probleme ausgleichen, sowie Bezugsquellen von Einhand-Flöten und Adressen von Herstellern, die Umbauten vornehmen (vgl. Probst 1991).

7.2 Didaktische Prinzipien

7.2.1 Ritualisierter Unterrichtsaufbau

Rituale geben Sicherheit und schaffen Orientierung. Viele der in Kapitel 6 besprochenen Konzepte verfügen dementsprechend auch über einen ritualisierten Unterrichtsaufbau, der bereits in der Planung berücksichtigt wird[44]. Alessi und Stange heben heraus, wie wichtig eine gemeinsame Begrüßungsphase ist, in der jeder Teilnehmer / jede Teilnehmerin die Möglichkeit erhält, wahrzunehmen, wer anwesend ist (vgl. Kap. 6.2 und 6.3). Gleichzeitig stellt diese Phase aber auch einen Übergang von vorherigem Geschehen und vorherigen Gedanken zum Einlassen auf das Hier und Jetzt dar. Rituale können sich jedoch auch zu einer starren Form verfestigen. Shirley Salmon wirkt dem entgegen, indem sie Begrüßungslieder jede Woche variiert (vgl. Kap. 6.1.4).

Ebenso bilden ein Schlussspruch, ein Schlusslied, ein Schlusskreis mit Möglichkeit zur Reflexion oder als Ort gemeinsamer Stille, der mit einer Berührung des Nachbarn oder einer gemeinsamen Bewegung abgeschlossen wird, einen Übergang zurück in den Alltag und die Möglichkeit, sich von allen Teilnehmern zu verabschieden. Im darauf folgenden Chaos des Aufbruchs besteht dazu oft keine Möglichkeit. Der Schlusskreis stellt auch einen Ort dafür dar, sich von der Arbeitsgruppe als ganzer, innerhalb derer Lern- und Entwicklungsprozesse geschehen sind, zu verabschieden.

Ob über den Unterrichtsaufbau von Orientierungsphase - Vorbereitungsphase - Kreative Lern- und Gestaltungsprozesse - Erntephase (vgl. Kap. 6.2.3) hinaus ein fester Unterrichtsaufbau sinnvoll ist, hängt von der Zusammensetzung der Gruppe ab. Das Wissen darum, dass bestimmte Phasen noch folgen sollen, kann den kreativen Fluss auch hemmen, indem ein unnötiges Zeitlimit gesetzt wird, kann jedoch auch Orientierung geben. Wichtiger als eine Feingliederung des Unterrichts in wiederkehrende Phasen ist ein Wechsel der Arbeitsphasen mit Ruhe- und Bewegungsphasen, Konzentrations- und Entspannungsphasen, wie ihn Pauls und Metz vorschlagen (vgl. Kap. 5.2.7).

7.2.2 Lernen am selben Gegenstand

Kapitel 5.2.6 beschäftigte sich ausführlich mit Georg Feusers Forderung nach Lernen am selben Gegenstand. Was bedeutet diese Forderung für die Arbeit mit Musik und Tanz?

Das gemeinsame Arbeiten einer Gruppe ist in der Musik- und Tanzpädagogik generell die Regel. Feuser propagiert ein Lernangebot mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen, Anforderungsniveaus und Sozialformen. Als Musik- und Tanzpädagogen können wir dies umsetzen, indem wir zu einem Großthema verschiedene multisensorische Ansätze (vgl. Kap. 6.1.4, 7.2.2) anbieten.

Das selbstständige Arbeiten in Kleingruppen und die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Aufgabenstellungen lässt sich auch hier verwirklichen. Manchmal werden dafür mehrere Räume benötigt werden, so dass musikalisch ohne Störung durch andere Gruppen oder tänzerisch mit genug Raum entworfen, gearbeitet und geübt werden kann. Gerade in Erwachsenengruppen kann die Gruppe selbst Vorschläge und Wünsche in Bezug auf Themen und Aufgaben äußern.

Manche Aufgaben können vielleicht auch daheim (als (freiwillige) "Hausaufgabe") gelöst werden, zum Beispiel die Gestaltung eines Bildes, eines Textes, eines Gedichts, eine Recherche, ein Referat über ein Thema, in dem man sich gut auskennt[45].

Am nächsten kommt Feusers Vorstellung vielleicht das Elementare Musiktheater, das ein großes Angebot an unterschiedlichsten Aufgaben zulässt (vgl. Kap. 6.1.3). Das Wichtigste für die Lehrperson ist in diesem Fall das Loslassen-Können und das Vertrauen darauf, dass die Arbeit in der Gruppe gute Ergebnisse erzielt. Das besondere bei diesen Ergebnissen ist, dass sie direkt den Teilnehmern / Teilnehmerinnen entspringen, von ihnen selbst entwickelt worden sind und dadurch eine hohe Motivation besteht, mit dem Erreichten weiterzuarbeiten und daran zu üben.

Der soziale Aspekt dieser Art der Aufgabenstellung ist gerade in heterogenen Gruppen nicht zu vernachlässigen. Beim gemeinsamen Planen kommen die Teilnehmer / Teilnehmerinnen in einen Austausch, sie müssen sich gemeinsam organisieren und die eigenen Vorstellungen mit den Möglichkeiten der anderen Teilnehmenden abgleichen.

7.2.3 Multisensorisches Arbeiten

Eng mit Feusers Vorstellung vom Lernen am selben Gegenstand ist Shirley Salmons Forderung nach multisensorischen Angeboten verbunden (vgl. Kap. 6.1.4). Musikinstrumente sind von vornherein so gestaltet, dass viele Sinne angesprochen werden. Dieses Element kann jedoch auch gezielt in den Unterricht integriert werden. Gerade im Bereich der Instrumentaltechnik kann das Arbeiten mit Material sehr hilfreich sein. Das federnde Spiel auf Trommel oder Conga kann beispielsweise mit der Bewegung des Balldribbelns leicht erarbeitet werden. Vielleicht kann auch eine ganzkörperliche Erfahrung des Federns wie auf dem Trampolin den Teilnehmern / Teilnehmerinnen helfen, ein Gespür für die geforderte Bewegungsart zu entwickeln.

Material kann aber auch zu neuen Bewegungen und Klängen anregen, Merkhilfen für Liedtexte bereitstellen oder einfach in ein Thema einführen. Auf vielfältige Weise kann Material für Sensibilisierungsprozesse angewendet werden. Wichtig ist im Erwachsenenbereich, Angebote stets so zu gestalten, dass sie nicht kindlich wirken, sondern durchaus anspruchsvoll sind, und dennoch individuell ausgestaltet werden können. Aus dem oben angeführten Beispiel mit einem Ball kann sich zum Beispiel eine Choreographie entwickeln, in der Paare sich mit dem Ball bewegen, abwechselnd, gleichzeitig, die Bewegung des anderen übernehmen, im Kanon, gleichzeitig auf unterschiedlichen Ebenen. Liegt der Schwerpunkt mehr auf der Musik, kann das Balldribbeln frei mit Instrumenten begleitet werden oder auf Instrumentalspiel reagieren.

7.2.4 Prinzip des kleinsten gemeinsamen Nenners

Für eine wahrhaft inklusive Musik müssen die selben Prinzipien gelten, die Alessi für den inklusiven Tanz entwickelt hat (vgl. Kap. 6.3.4): Ausgangspunkt muss der kleinste gemeinsame Nenner sein, was je nach Gruppenzusammensetzung von arhythmischer Musik, von einfachsten Grundrhythmen oder Experimenten mit einem oder zwei Tönen oder Geräuschen ausgehen kann. Dies, wie bereits erwähnt, bedeutet nicht, dass sich die gesamte Gruppe ausschließlich mit diesen Mitteln musikalisch ausdrücken darf, jedoch, dass beim gemeinsamen Improvisieren und Komponieren von Stücken zunächst einfachste Regeln verwendet werden, die dann von den einzelnen Spielern je nach eigenen Fähigkeiten erweitert werden können.

Ein Beispiel: Der inklusive Tanz verbietet einem ausgebildeten Tänzer nicht, Pirouetten in die Improvisation einzubauen. Drehungen kann als kleinster gemeinsamer Nenner jeder Mensch ausführen, ob im Handgelenk, um die eigene Achse, oder Kreise mit den Pupillen zeichnend. Eine Improvisation ganz auf dem Prinzip Drehung aufzubauen ist eine sehr interessante Erfahrung, die oft den Zugang zu einem Bewegungsmaterial eröffnet, das man so noch nie verwendet hat, obwohl es von Natur aus im eigenen Körper vorhanden ist.

Entsprechend kann eine musikalische Improvisation beispielsweise aus Geräuschen bestehen, die mit Stimme oder Instrumenten erzeugt werden. Der Verzicht auf bestimmte Tonhöhen lässt genug Platz für musikalische Prinzipien: rhythmische Ordnung / Wiederholung, Dynamik, Frage-Antwort-Spiel, Dichte etc. Inklusive Musik muss ähnlich wie inklusiver Tanz stark auf der gemeinsamen Entwicklung auf der Grundlage von Improvisation beruhen. Eigene Stimmen können - aus der Improvisation heraus entwickelt - auch festgeschrieben werden, um wiederholbar zu sein.

7.2.5 Übersetzen in die Sprache des eigenen Körpers oder Instruments

Die Tanzlehrer Tamara McCall und Christian Judith, die mit Prinzipien Alito Alessis arbeiten, führen neben dem Prinzip des gemeinsamen Nenners das Prinzip des Übersetzens in die Sprache des eigenen Körpers als besonders wichtig an[46]. Dies wird wichtig bei allen Aufgaben, die mit Imitation zu tun haben. Beispielsweise kann ein Mensch, der einen Rollstuhl benützt, in aller Regel keinen Sprung ausführen, wohl aber die Dynamik eines Sprungs in eine Bewegung der Arme übernehmen.

Dieses Adaptieren von Bewegungsvorgaben an die Möglichkeiten des eigenen Körpers spielt in integrativen und inklusiven Gruppen eine bedeutende Rolle. Interessanterweise handelt es sich dabei nicht nur um eine Erleichterung für Menschen mit Behinderung, sondern kommt auch den Bedürfnissen der anderen Teilnehmer / Teilnehmerinnen entgegen. Jeder der Anwesenden ist gefordert, intensiv in seinen Körper hineinzuspüren und nur die Bewegungen auszuführen, die ihm / ihr im Augenblick angenehm sind.

Das Adaptieren schult die Aufmerksamkeit der Teilnehmer / Teilnehmerinnen in Bezug auf Dynamik, Bewegungsgeschwindigkeit, Richtung und Körperhaltung. Das Vorbild muss genau analysiert werden, um es möglichst treffend angepasst übernehmen zu können.

Das Prinzip des Übersetzens kann auch in der Musik angewendet werden. Eine zur Imitation vorgegebene Phrase muss bei unterschiedlichem Instrumentarium generell adaptiert werden. Hinzu kommt hierbei noch die Freiheit, etwas nicht genau melodisch, rhythmisch, dynamisch, artikulatorisch auf ein anderes Instrument übernehmen zu müssen, sondern das Vorgegebene den eigenen Möglichkeiten und Bedürfnissen anpassen zu dürfen.

Dabei handelt es sich auch um einen wichtigen Lernprozess, denn Imitieren auf dem Instrument ausschließlich anhand des Gehörs ist für Ungeübte schwer. Mit der Möglichkeit der Adaption können grobe Melodieverläufe, Dynamik, Klangfarben und ähnliches nach den Fähigkeiten des eigenen Gehörs und auch der eigenen Instrumentaltechnik umgesetzt werden. Mit der Zeit kann dies durch Übung immer genauer werden. Viel reizvoller allerdings sind wahrscheinlich die freien Varianten, die sich durch das Prinzip des Übersetzens entwickeln.

7.2.6 Differenzierung und Wahlfreiheit

Dass jeder Mensch unterschiedliche Voraussetzungen in den Unterricht mitbringt, muss bei der Aufgabenstellung in Unterrichtssituationen mit jeder Gruppe, jedoch besonders in heterogenen Gruppen berücksichtigt werden. Hier gilt das Prinzip der Differenzierung, was bedeutet, für jeden Teilnehmer innerhalb einer gemeinsamen übergeordneten Aufgabe etwas zu finden, dass er erfüllen kann, das ihn aber auch herausfordert. Im Sinne der Lernens am gemeinsamen Gegenstand (vgl. Kap. 7.2.2) kann die Aufgabenstellung dabei auch jedem Teilnehmer / jeder Teilnehmerin die Wahl einer Unteraufgabe ermöglichen.

Dies fordert auch das Prinzip der Wahlfreiheit ein. Jeder Teilnehmer / jede Teilnehmerin sollte in jeder Situation die Möglichkeit haben, zu wählen, ob er / sie teilnehmen möchte (Ruhe- und Beobachtungsplätze sollten im Vorfeld besprochen und bereitgestellt werden), mit welchen Gruppenmitgliedern er / sie zusammenarbeiten möchte, welches Instrument er / sie spielen möchte, auf welche Weise er / sie etwas mitgestalten möchte, welche Notation und welche Lernform er / sie anwenden möchte. Dies bedeutet nicht, dass in jeder Lernsituation alles erlaubt ist, sondern, dass jeder Teilnehmer / jede Teilnehmerin unter mehreren Alternativen auswählen und dadurch sein / ihr aktuelles Lernziel mitbestimmen kann.

7.3 Aspekte der Unterrichtsdramaturgie

7.3.1 Künstlerisches Gestalten

Das künstlerische Gestalten spielt für viele Autoren / Autorinnen eine wichtige Rolle für die Persönlichkeitsentwicklung des Menschen, gerade da im alltäglichen Leben nicht viele (von Lehrern / Lehrerinnen und Gruppen begleitete) Freiräume dafür bestehen. Pauls und Metz heben die Wahrnehmungsförderung, den abwechslungsreichen Aufbau des Unterrichts mit Raum für eigenständiges Gestalten und die Förderung von technischgestalterischen Fähigkeiten als wesentliche, das Künstlerische fördernde Elemente des Unterrichts hervor. Daneben treten Faszinationen, die von Themen, Gegenständen, beteiligten Personen, dem Lehrer / der Lehrerin, dem Raum, der Aufgabenstellung oder einer Struktur, aber auch aus der eigenen Person und der Entdeckung und Freude an Beherrschtem oder Neuem ausgehen (vgl. Kap. 5.2.7).

Auch mit Menschen mit Behinderung kann an diesen Elementen gearbeitet werden. Alles, was für das künstlerisches Gestalten notwendig ist, bringt die beteiligten Personen weiter und eröffnet ihnen mehr Möglichkeiten im Alltag, zum Beispiel durch eine differenziertere Wahrnehmung, durch ein erweitertes Bewegungsspektrum, durch eine angeregte Fantasie oder durch eine neue Selbsterfahrung.

Erwachsene Menschen sind oft darauf trainiert, auf Faszinationen nicht einzugehen, sondern sie zugunsten ihrer Konzentrationsfähigkeit im Beruf oder im Alltag zu ignorieren. Im künstlerischen Musik- und Tanzunterricht dürfen sie ihre Neugier und ihre Lust am Gestalten neu entdecken. Ein Stück weit können sie hier die Anforderungen des Alltags vergessen und wieder Kind sein.

Für Carl Orff war das künstlerische Gestalten im Unterricht eines der zentralen Elemente seiner Arbeit. Er beschreibt Musik, Tanz und Sprache als eine untrennbare Einheit, die natürlich im Menschen angelegt ist und aus seinem Innersten entspringt (vgl. Kap. 6.1.1). Sein Unterricht beruht stark auf Improvisation, so dass das Ergebnis bei identischem Ausgangsmaterial in verschiedenen Gruppen jedes Mal ein anderes ist. Die dabei entstandenen Stücke stammen aus dem, was die Mitglieder der Gruppe an Vorerfahrungen und spontanen Ideen mitbringen (unterstützt durch die Anregung und Leitung der Lehrers / der Lehrerin).

Mit diesem Material, das von den Spielern / Spielerinnen selbst entwickelt wird, lässt sich am besten künstlerisch arbeiten, da es auf Grundlage dessen basiert, was in den Spielern / Spielerinnen bereits angelegt ist (beispielsweise an erlernten oder leicht fallenden motorischen Abläufen, ihnen sinnvoll erscheinenden und für sie erfassbaren Strukturen, gestalterischen Vorstellungen). Außerdem wächst die Motivation für das Arbeiten an einem Stück, wenn die Ideen aus dem Kreis der Teilnehmer / Teilnehmerinnen stammen (Grundbedürfnisse wie Achtung und Selbstausdruck werden hierdurch bestärkt (vgl. Kap. 5.2.3)).

"Elementare Musik ist erdnah, naturhaft, körperlich, für jeden erlern- und erlebbar, dem Kinde gemäß", schreibt Carl Orff (zit. nach Jungmair 2003, S. 128). Sie ist "Musik, die man selbst tun muß" (ebd.). Doch wann wird diese Art der Musik, diese Art des Tanzes, die nach den angeführten Zitaten natürlich im Menschen angelegt sind und von ihm hervorgebracht werden müssen, zur Kunst?

Kunst steht in enger Verbindung mit Bewusstheit. Eine Armbewegung, die im Alltag ausgeführt wird, kann auf die Bühne gebracht werden, wenn sie nur bewusst genug ausgeführt wird. Oft treten durch die Bewusstheit und volle Konzentration weitere Faktoren hinzu, die einen Unterschied zur unbewussten Ausführung im Alltag markieren. Im Bereich Bewegung / Tanz können das zum Beispiel Vergrößerung und Verlangsamung sein, im Bereich Musik eine bewusste Gestaltung des Klangs und der Dynamik, im Bereich Sprache eine deutliche Artikulation mit bewusst gesetzten Pausen. Zum künstlerischen Gestalten gehört aber auch die Gesamtkonzeption eines Stückes. Alltägliches wird in neue Zusammenhänge gestellt oder durch bewusste und geplante Auf- und Abtritte auf die Bühne und von der Bühne zu etwas Besonderem gemacht.

Die Voraussetzungen für künstlerisches Gestalten im Unterricht liegen vor,

  • "wenn im Sinne des experimentellen Charakters des Künstlerischen das Material nach vielen Seiten benutzt, verändert und weiterverarbeitet wird;

  • wenn die in jedem Menschen liegende Möglichkeit, ein schöpferisches Wesen zu sein, hervorgelockt, aufgerufen und geschützt wird;

  • wenn das Hervorgebrachte subjektiv neu, originell ist und eine neue Qualität erreicht wird;

  • wenn der Lernende glücklich im Vollzug der Gestaltung ist und sich ihm das große Reich der Musik, der Kunst, nach und nach erschließt" (Pauls / Metz 2004, S. 39).

Jeder Mensch kann also elementare Musik und elementaren Tanz, die für "jeden erlernund erlebbar" sind (C. Orff zit. nach Jungmair 2003, S. 128), künstlerisch gestalten, wenn sein "schöpferisches Wesen" (Pauls / Metz 2004, S. 39) gefördert und zur Geltung gebracht wird.

7.3.2 Möglichkeiten der Notation

Die Elementare Musik- und Tanzpädagogik arbeitet selten mit Notenmaterial. Sie entwickelt im Sinne Orffs musikalische Gestaltungen meist aus der gemeinsamen Improvisation heraus und lehrt feststehende musikalische Teile über Imitation. Im integrativen musikalischen Bereich dagegen wird viel mit Notenmaterial gearbeitet, wie an der Vorstellung verschiedener Musikgruppen in Kapitel 6.4 deutlich wird. Auf welche Weise lässt sich in derartigen Gruppen mit Notation arbeiten, die für alle Teilnehmer verständlich ist?

Dem Prinzip des kleinsten gemeinsamen Nenners folgend muss die Notation von Musik generell überdacht werden. Darf in einer inklusiven Gruppe jeder Teilnehmer / jede Teilnehmerin Notation auf seinem / ihrem Niveau erwarten? Müssen alle Teilnehmer / Teilnehmerinnen von Farbcodierungen oder Linientafeln, die in Zither und Psalter eingelegt werden, spielen, auch diejenigen, die der Notenschrift mächtig sind?

Wichtig ist die Wahlmöglichkeit: Notenmaterial muss in verschiedenen Versionen vorliegen und jeder Teilnehmer / jede Teilnehmerin muss selbst entscheiden können, von welcher Ausgabe er / sie spielt, d.h. der Spieler mit Down-Syndrom muss sich dafür entscheiden können, von der traditionellen Notation zu spielen, weil er sie lernen möchte, auch wenn er mit einem anderen System leichter zurechtkäme. Genauso muss sich die studierte Musikerin entscheiden können, von einem Farbcode-System zu spielen, weil sie dieses System "am eigenen Körper" erfahren möchte.

Bei Notationen für Abläufe von Choreographien oder Musiktheater sollte Ähnliches gelten. Sie können in Worten, Zeichnungen, Fotos, Symbolen dargestellt werden nach den Möglichkeiten der Teilnehmenden, vielleicht sogar von ihnen selbst gestaltet werden. Beim eigenen Tun prägt sich vieles besser ein und nur dabei lässt sich wirklich gut erkennen, wer mit welchem System im Augenblick am besten umgehen kann.

Sogar Texte und Gesangsnoten können in unterschiedlicher Weise gestaltet werden: reiner Text ohne Notenschrift in Großdruck für leichteres Erfassen, Lautschrift von fremdsprachlichen Texten, Text mit Noten oder Text mit einem skizzierten Melodieverlauf. Werden die Texte auswendig beherrscht, lässt sich ein Programmablauf auch ohne Text nur mit zum Inhalt passenden Bildern erstellen.

Sehr interessant ist auch die Beschäftigung mit den Möglichkeiten graphischer Notation. Graphische Partituren haben den Vorteil, dass sie - solange sie einfach gehalten sind - relativ leicht begriffen und schnell aufgenommen werden können. Die Ausführung lässt viele Möglichkeiten offen. Bei jedem Spielen wird ein anderes, aber gültiges Ergebnis erzielt. Beliebiges Instrumentarium kann zum Einsatz gebracht werden. Es sind keine speziellen technischen Fähigkeiten und Kenntnisse erforderlich.

Einige Komponisten / Komponistinnen des 20. und 21. Jahrhunderts haben in Orchestern großer Konzerthäuser mit graphischen Partituren gearbeitet. Abbildung 11 zeigt Particles of the space von Henrik Rasmussen.

Abb. 12: Graphische Partitur Particles of the space (Rasmussen in: Bergstrøm- Nielsen 2002)

Graphische Partituren können auch selbst erzeugt werden. Abbildung 12 stellt eine Notation nach einem Originalwerk (Ausschnitt aus der Ouvertüre Wilhelm Tell von Giacchino Rossini) dar. Diese Graphik könnte nun wiederum verklanglicht und das Ergebnis mit dem Originalwerk verglichen werden.

Abb. 13: Graphische Notation nach Rossini (Seilnacht 2010)

Ganze Geschichten können bildlich dargestellt und in Musik umgesetzt werden, wie Abbildung 13 verdeutlicht. Im unteren Teil der Graphik gibt Perla Leifsdóttir Hinweise zur Gestaltung. Die Auseinandersetzung zwischen Engeln und Teufeln kann jedoch durch die Klarheit der Gestaltung sehr gut ohne Berücksichtigung der schriftlichen Hinweise ausgeführt werden[47].

Abb. 14: Graphische Notation einer Geschichte (Leifsdóttir in: Bergstrøm-Nielsen 2002)

Bildliche Darstellungen von Geschichten können auch aus von den Teilnehmern / Teilnehmerinnen erzeugten Einzelbildern zusammengesetzt werden[48]. Dabei kann mit Musikerin / Musikerinnen jeden Niveaus gearbeitet werden. Carl Bergstrøm-Nielsen berichtet dazu aus seiner Arbeit mit Musiktherapie-Studenten / Musiktherapie-Studentinnen:

"Es geschieht da eine wunderbare, kollektive Erforschung des Materials. Begriffe wie Klangfarbe, Dichte [...] und vieles mehr werden in sehr allgemeinverständlicher Weise konkretisiert - z.B. variierende Dichte durch unterschiedliche Fisch- Schwarmen [hierbei handelt es sich um einen Druckfehler im Originaltext, gemeint sind vermutlich "Schwärme", Anm. d. Verf.] mit verschiedener Zahl und Größe der Individuen, oder durch eine Schar von Vögeln die sich zerstreuen und wieder zusammenkommen" (Bergstrøm-Nielsen 2002).

Die Verklanglichung von Bildvorlagen regt die Fantasie an und fordert zum Experimentieren (auch mit ungewöhnlichen Klängen) heraus. Aus graphischen Notationen können auf ähnliche Weise auch Bewegungsgestaltungen oder Spielszenen entwickelt werden.

7.3.3 Arrangieren, Improvisation und Komposition in Musik und Tanz

"Das gemeinsame Musizieren gibt den Rahmen, sowohl zum Ganzen beizutragen, das Ganze, die erklingende Musik, mitzugestalten, aber auch in der Gemeinschaft mitzuschwingen oder sogar unterzutauchen [...]. Dieses Erlebnis der eigenen Aktivität, gleichzeitig und gleichberechtigt mit anderen, wobei die Sicherheit aus einem Gefühl der Geborgenheit erwächst, ist dem Ensemblespiel eigen. Unsere Kinder, Jugendliche und Erwachsene können sich hier einbringen, ohne ,aufzufallen', ohne sich wieder als Versager zu erleben, und sie können, wenn sie wollen, in Solopartien hervortreten. Immer haben sie die Freude, ein Musikstück zu produzieren" (Probst 1991, S. 156).

Werner Probst stellt hier die besonderen Vorteile gemeinsamen Musizierens heraus (wenn es wahrhaft integrativ / inklusiv gestaltet ist): das gemeinschaftliche Tun, das den einzelnen stärkt, das Gefühl, für etwas verantwortlich zu sein, aber auch von der Masse getragen zu werden, wenn doch einmal ein Fehler passiert, die Möglichkeit, sich in einer anderen als der gewohnten Rolle zu präsentieren, und auch in dieser Rolle wahrgenommen zu werden: als Musiker / Musikerin, Künstler / Künstlerin, Teil eines Musikgruppe innerhalb eines Zeitraums, in dem das Stigma der Behinderung einmal zurücktritt.

In integrativen Gruppen besteht jedoch die Gefahr, dass Menschen mit Behinderung lediglich mitspielen dürfen und keine tragenden Rollen zugewiesen bekommen.

"Erst wenn Behinderte wie Nichtbehinderte sich voll einbringen müssen, um ein Musikstück entstehen zu lassen, bei dem jeder Beitrag von nicht wegzulassender Bedeutung ist, kann sich eine Integration vollziehen" (ebd., S. 157, Hervorhebung durch die Verfasserin).

Der Unterschied zwischen Integration und Inklusion besteht in der Art des Umgangs mit den Teilnehmern / Teilnehmerinnen, der Unterrichtsgestaltung, aber auch und gerade in der Art der produzierten Musik. Wahrhaft inklusive Musik muss eine Musik sein, in der jeder Teilnehmer / jede Teilnehmerin der Gruppe gleichberechtigt jeden Teil der Musik ausführen könnte. Das Arrangieren klassischer Werke in einer Weise, in der für jeden Musiker / jede Musikerin eine Rolle gefunden werden kann, die seinen / ihren Fähigkeiten entspricht, ist eine integrierende Tätigkeit, die nicht unterschätzt werden darf. Die Leistungen der Ensembleleiter auf diesem Gebiet sind teilweise enorm.

Doch letztendlich muss inklusive Musik stets so gestaltet sein, dass sie sich den Menschen anpasst. Wenn das nicht geschieht, besteht immer die Gefahr, im Vergleich mit anderen Gruppen und anderen Musikern / Musikerinnen nicht bestehen zu können. Musik, die dem eigenen Ich, den eigenen Fähigkeiten, dem eigenen Inneren entspringt, hat die Gabe, das Publikum mitzureißen. Fremde Musik lässt sich wie eine aufgedrückte Choreographie nur mit hohem technischen Können in etwas Mitreißendes umwandeln. Musik, die aus dem Menschen kommt, ist seine natürliche, künstlerische Ausdrucksform, die viel leichter überzeugend künstlerisch dargestellt werden kann.

Im Bereich Tanz werden die hier an die Musik gestellten Forderungen von vornherein mehr berücksichtigt. Eine Schwanensee-Choreographie kann einfach nicht von jedem Menschen nachgetanzt werden. Das Choreographieren für Gruppen auf deren tänzerischem Niveau ist eine übliche Tätigkeit in jeder Tanzschule. Doch auch hier gilt: inklusiver Tanz muss von den beteiligten Menschen ausgehend entwickelt werden. Sie selbst sollten über den Verlauf der Choreographie bestimmen können.

Wolfgang Stange schildert in Amici Dance, dass er choreographische Ideen in den Unterricht mitbringt, den Teilnehmenden vorstellt und dann beobachtet, wie sie die vorgegebenen Bewegungen zu ihren eigenen Bewegungen machen. Nicht die Imitation steht für ihn an erster Stelle, sondern die Variation, die für ihn die Bewegung echt macht (vgl. Hall 2010).

Der Improvisation kommt insofern in Tanz und Musik eine wichtige Rolle zu, als sie alleine die Freiräume für eigenes Gestalten beziehungsweise für das Finden der eigenen Ausdrucksbedürfnisse in Bewegung und Musik schaffen kann. Selbst in einer Aufführung muss nicht jeder Teil bis ins letzte Detail choreographiert und komponiert worden sein. Improvisationsteile auf der Bühne können für Zuschauer / Zuschauerinnen wie Mitwirkende höchst spannende Bühnenmomente erschaffen.

Wichtig ist dann jedoch, dass die Tänzer / Tänzerinnen und Musiker / Musikerinnen sich in ihrem Tun absolut wohl fühlen. Die Aufgabenstellung, insbesondere bezüglich Anfangs- und Schlussgestaltung von gesamtem Stück und Zwischenteilen, muss absolut klar sein. Die Teilnehmer / Teilnehmerinnen sollten erfahren haben, wie unterschiedlich die Ergebnisse ausfallen können und auf welche Weise sie sich auf das beziehen können, was andere Teilnehmer / Teilnehmerinnen an Motiven in die Gestaltung einbringen.

Aus der Improvisation heraus kann mit den Teilnehmenden an gemeinsamen Choreographien und Kompositionen gearbeitet werden, indem ihnen aufgetragen wird, wiederholbare Motive zu finden oder improvisierte Teile zu notieren. Bei der Notation gilt das, was in Kapitel 7.3.1 bereits ausgeführt wurde: sie muss nur für den Notierenden / die Notierende absolut klar sein. Anschließend kann sie vorgestellt, verglichen und ausprobiert werden.

Bei dieser Art der gemeinsamen Erarbeitung eines Stücks / einer Choreographie, die durchaus von einzelnen Personen geführt werden kann, besteht das Besondere darin, dass jeder Mensch seine Rolle nach seinen augenblicklichen Fähigkeiten und Wünschen (innerhalb eines gewissen Rahmens) eingebracht hat. Bei Kompositionen und Choreographien von Einzelpersonen für Gruppen dagegen besteht die Gefahr, dass subjektiv wahrgenommene Fähigkeiten oder Unmöglichkeiten in eine Bewegungsabfolge oder Abfolge von Notenwerten festgeschrieben werden, ohne den beteiligten Personen alle Entwicklungsangebote gemacht zu haben.

7.3.4 Über das angemessene Äußern von Kritik und den Umgang mit Fehlern

Eigene Erfahrungen zeigen, dass es Lehrern / Lehrerinnen manchmal schwer fällt, Menschen mit Behinderung zu kritisieren. Es ist gesellschaftlich sanktioniert, Menschen, die Minderheiten angehören, zu diskriminieren und oft ist man als Beobachter überrascht, was Menschen trotz ihrer Behinderung leisten können. So ist man als Lehrer / Lehrerin hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis, das anerkennen zu wollen, was da ist, und dem Vergleichen mit dem, was andere Menschen (mit oder ohne Behinderung) leisten können.

Wie jeder andere Mensch auch, hat ein Mensch mit Behinderung das Recht auf ehrliche, aber wertschätzende Rückmeldung über das, was er leistet. Nur auf diese Weise kann er wachsen, Defizite und Fortschritte ausmachen, denn die Eigenwahrnehmung kann sich stark von der Fremdwahrnehmung unterscheiden. Diese Diskrepanz kann sich zum Beispiel in einem Über- oder Unterschätzen der eigenen Fähigkeiten oder im Übersehen von kleinen, aber wichtigen Fortschritten zeigen. Gerade beim künstlerischen Gestalten kann auch das Erleben im Augenblick einen viel höheren Stellenwert einnehmen als das tatsächlich Geleistete, so dass eine Eigeneinschätzung im Nachhinein gar nicht objektiv möglich ist.

Wenn wir für Menschen mit Behinderung ein Leben so normal als möglich einfordern, so müssen wir ihnen auch eine realistische Einschätzung geben, so wie wir sie jedem anderen Menschen zugestehen würden. Nur dann haben sie eine Möglichkeit, zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt[49] zu bestehen. Dabei gelten die allgemeinen Regeln für gutes Feedback.

Eine Rückmeldung sollte

  • konstruktiv, brauchbar und angemessen sein,

  • beschreiben statt bewerten,

  • konkret sein und nicht verallgemeinern,

  • subjektiv formuliert sein ("Ich finde...", "Mir gefällt es...."),

  • Positives berücksichtigen,

  • nicht zu viele Informationen auf einmal enthalten,

  • neue Informationen geben (vgl. Stangl 2003).

Daneben muss in einer inklusiven Gruppe berücksichtigt werden, dass leichte Sprache für die Rückmeldung verwendet wird.

Letztenendes stellt eine Rückmeldung innerhalb eines künstlerischen Prozesses immer ein Angebot dar, das zwei Möglichkeiten offen lassen sollte: erstens, den Vorschlag als Entwicklungsmöglichkeit anzunehmen, ihn auszuprobieren und dabei auf Hilfestellung zurückgreifen zu können, nicht zu müssen, zweitens, den Vorschlag abzulehnen und darüber in einen Austausch über eigene Vorlieben zu kommen, der die Meinung des anderen akzeptiert und respektiert.

Egal, wie die Reaktion ausfällt, immer sollte die Möglichkeit gegeben sein, auf Hilfe zurückgreifen zu dürfen (auch bei der Entscheidung für die eigene Lösung), und auch nach einem Prozess des Ausprobierens die gewählte Lösung nach eigenem Ermessen anpassen, überarbeiten und auch verwerfen zu dürfen.

Im Umgang mit Musik und Tanz stellt sich überhaupt die Frage, wodurch sich ein Fehler definiert. Fehler sind nicht Provokation oder Zeichen von Dummheit, sondern machen auf etwas aufmerksam. Wichtig ist für Lehrer / Lehrerin wie Schüler / Schülerin, den Kern des Problems zu erkennen, zum Beispiel augenblickliche Unkonzentriertheit, ein technisches Problem, Unklarheit des Einsatzes, ein zu komplexer Ablauf, eine zu komplexe Aufgabenstellung, Überforderung.

Einen Fehler als Herausforderung, als Geschenk sehen zu können ist eine Fähigkeit, die der Gruppe auch auf der Bühne hilft. Gerade klassische Werke oder Choreographien werden oft bis ins letzte Detail geübt, aber die Spieler / Spielerinnen haben nicht gelernt, mit Fehlern umgehen zu können. Manchmal ist ein Abbruch und Neubeginn die einzige Möglichkeit, eine aus einem Fehler entstandene Situation zu retten. Nicht aber, wenn die Mitspielenden frühzeitig gelernt haben, zu reagieren und sich gegebenenfalls neu zu organisieren.

In der Improvisation auf dem Instrument gibt es den Grundsatz: "Wenn Dir ein Fehler passiert, wiederhole ihn!". Darin steckt ein wahrer Kern. Fehler sind Ausdruck von etwas, was im Inneren angelegt ist und leichter fällt, was vom Gehirn und Körper als passend ergänzt wird, aber auch etwas Unerwartetes, das neue Impulse geben kann.

Gerade in der Improvisation entstehen durch Fehler Spannungsmomente, die die Improvisation in eine ganz andere Richtung lenken können. Benjamin Adams drückt dies folgendermaßen aus:

"If, in our most enlightened moments, we can accept that a mistake is also a gift, then we feel only disappointment if the opportunity that is presented wasn't explored and the tension that arose from it was allowed to dissipate. It is the inability to respond to a mistake, not the mistake itself, that weakens us performers and disappoints us as audience" (2003, S. 50, Hervorhebung durch die Verfasserin).



[42] Da Tanzstudios und Bewegungsräume oft nur mit bestimmtem Schuhwerk oder barfuß betreten werden dürfen, um die Böden sauber zu halten, sollte diese Frage so früh wie möglich abgeklärt werden.

[43] Beim Spielen der Oceandrum kann ein Helfer oder eine Vorrichtung zur Stabilisierung des Instruments notwendig sein.

[44] Rituale entstehen aber auch aus ungeplanten Gruppensituationen und Wünschen von Teilnehmern heraus. Auf diese Weise bildet jede Gruppe neben geplanten Ritualen auch ungeplante Rituale heraus, zum Beispiel die Art der Begrüßung der Teilnehmenden durch die Lehrperson vor der Türe.

[45] Bei der Aufgabenkonzeption muss dabei sehr darauf geachtet werden, welche Art von Aufgabenstellung für die Teilnehmer / Teilnehmerinnen lösbar ist und welche Hilfestellungen zur Lösung benötigt werden.

[46] Quelle: Workshop "Tanzbereit" auf dem Kongress Europa InTakt, 6. - 10. Oktober 2010.

[47] Der interessierte Leser / die interessierte Leserin sei jedoch darauf hingewiesen, dass Bergstrøm-Nielsen die Anweisungen in seinem Artikel, dem die Graphik entnommen ist, ins Deutsche überträgt (vgl. Bergstrøm-Nielsen 2002).

[48] Beispielsweise können Bilder zu einem gegebenen Thema (einem Märchen, Szenen aus dem Alltag, einer Reise) gemalt, von den Teilnehmern / Teilnehmerinnen gemeinsam in eine sinnvolle Abfolge gebracht und anschließend in eine gemeinsame Improvisation umgesetzt werden.

[49] Besonders ist dieses ehrliche Feedback in den Ausbildungsstätten für Menschen mit Behinderung zum Musiker / zur Musikerin. Sie werden sich im Berufsleben mit Menschen messen lassen müssen, die ein hohes Maß an Zeitaufwand und Energie in eine aufwändige Ausbildung gesteckt haben und sich dabei in Aufnahmeprüfungen gegen eine große Zahl an Konkurrenten / Konkurrentinnen durchsetzen mussten. Wie in diesem Bereich eine Gleichberechtigung in Ausbildungsstätten und auf dem Arbeitsmarkt im Sinne der Inklusion und der Pädagogik der Vielfalt erreicht werden kann, wäre eine interessante Fragestellung, die an dieser Stelle jedoch nicht beantwortet werden kann.

8 Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Aspekten und Konzepten einer integrativen und inklusiven Musik- und Tanzpädagogik mit erwachsenen Menschen mit Behinderung. Dabei wird Literatur aus den Bereichen Sonder-, Behinderten- und Sozialpädagogik, integrative und inklusive Pädagogik, Andragogik, Musik- und Tanzpädagogik, Entwicklungspsychologie und Musikgeschichte ebenso berücksichtigt wie einschlägige Gesetzestexte.

Zunächst werden die zentralen Begriffe Behinderung, Integration / Inklusion und Erwachsener / Erwachsene eingehend beleuchtet. An die Definition der Begriffe schließt sich je ein Abschnitt an, der sich Aspekten widmet, die darüber hinaus für die Arbeit mit Menschen mit Behinderung in inklusiven Gruppen von Bedeutung sind. Zum Thema Behinderung werden dabei verschiedene Bezeichnungen mit ihren Konnotationen dargestellt und gegeneinander abgewogen.

Im Lauf der Recherche zum Thema Integration und Inklusion zeigte sich, dass deren historische Entwicklung in vielen Werken nur in äußerster Kürze beleuchtet wird. Die Erkenntnis, wie jung die Integrationsbewegung ist und wie viel Einsatz nötig war, um den heutigen Stand zu erreichen, führte zu dem Entschluss, diesem Thema einen größeren Raum zu geben, um auch anderen Menschen zu ermöglichen, diese bereichernde Entdeckung zu machen und die Errungenschaften der Integrationsbewegung entsprechend wertschätzen zu können. Ebenso werden in der aktuellen Literatur Begründungen für integrativen und inklusiven Unterricht nicht ausreichend berücksichtigt. Ein eigenes Kapitel gibt dazu einen kurzen Überblick.

Bei der Untersuchung des Begriffs Erwachsener / Erwachsene wird ein Blick auf die Lebenssituation erwachsener Menschen mit Behinderung geworfen, da es für Personen, die mit Betroffenen arbeiten, wichtig ist, sich ein Bild von deren Alltag und dessen Anforderungen machen zu können. Dabei stellt sich heraus, dass die Integration von Menschen mit Behinderung trotz entsprechender Gesetze und Initiativen in der Realität im Alltag, speziell im Beruf und im Bereich von Freizeitangeboten, noch zu wenig umgesetzt worden ist. Umso wichtiger ist es deswegen, integrative und inklusive Angebote zu schaffen, die wohnortnah und barrierefrei gestaltet sind.

Kapitel 5 beleuchtet Grundlagen integrativen und inklusiven Musik- und Tanzunterrichts. Dabei wird zunächst ein Überblick über die historische Rolle von Musik und Tanz unter Berücksichtigung von therapeutischen und pädagogischen Aspekten gegeben. Von dort ausgehend wird die Elementare Musik- und Tanzpädagogik mit ihren Prinzipien näher betrachtet und ihre Auswirkungen auf Menschen mit und ohne Behinderung dargestellt. Es zeigt sich, dass Musik und Tanz ein stark persönlichkeitsbildendes Potenzial besitzen und dadurch von vielen Menschen als Bereicherung ihres Lebens gesehen werden.

Kapitel 6 stellt darauf aufbauend integrative und inklusive Konzepte von Musik und Tanz mit Erwachsenen vor. Kapitel 6.1 zeigt auf, in welcher Weise die grundlegenden pädagogischen Gedanken von Carl Orff in Bezug auf die Günther-Schule und das Orff-Schulwerk durch unterschiedliche Schwerpunktsetzung von Pädagogen weiterentwickelt worden sind.

Carl Orff ist selbst von den Einsatzmöglichkeiten des Schulwerks im Unterricht mit Menschen mit Behinderung sehr beeindruckt gewesen. Auf seinen Aussagen zum Elementaren Musik- und Tanzunterricht aufbauend haben Gertrud Orff, Wilhelm Keller und Shirley Salmon eigene Konzepte in den Bereichen Musiktherapie (G. Orff), Elementares Musiktheater (Keller) sowie Musik mit Menschen mit Hörbeeinträchtigungen (Salmon) hervorgebracht. Sie haben die Gestaltungsprinzipien integrativen Musik- und Tanzunterrichts weiterentwickelt und ausdifferenziert.

Kapitel 6.2 und 6.3 lösen sich vom Blick auf das Orff-Schulwerk und seinem Einfluss auf die integrative und inklusive Elementare Musik- und Tanzpädagogik. Sie beschäftigen sich mit den inklusiven Konzeptionen zum Tanzunterricht von Wolfgang Stange und Alito Alessi. In beiden Kapiteln werden zunächst die Künstlerpersönlichkeit und die Entwicklung ihres Konzeptes betrachtet. Anschließend werden Unterrichtsaufbau und inklusive Elemente ihres Unterrichts dargestellt.

Kapitel 6.4 stellt dem integrative Konzepte zum Musikunterricht gegenüber. Es zeigt sich, dass an Musikschulen in Deutschland Menschen mit Behinderung als Schüler / Schülerinnen trotz spezieller Angebote für diese Gruppe unterrepräsentiert sind. Die Auswahl der im Anschluss dargestellten Gruppen hing von verschiedenen Faktoren ab. Ein großes Problem stellte die Datenlage dar. Viele Konzeptionen waren nicht ausreichend in der Literatur beschrieben worden, um sie auf wissenschaftlicher Grundlage beleuchten zu können.

Deswegen fiel die Wahl vor allem auf Gruppen, die seit längerer Zeit bestehen, und über die bereits Aussagekräftiges publiziert wurde. Daneben trat der Wunsch, Gruppen darzustellen, die nicht nur auf Grundlage von wissenschaftlichem Material, sondern auch "live" erlebt werden konnten. Besonders kam dies beim Hausmusikkreis Linde und dem Orchester esagramma zum Tragen, die die Verfasserin bei einem Konzert im Rahmen des Kongresses Europa Intakt 2010 in Dortmund erleben konnte.

Die dargestellten Orchester und der Musizierkreis arbeiten mit Arrangements bekannter (meist klassischer) Werke. Der integrative Gedanke äußert sich dabei vor allem in der Gestaltung des Arrangements, das die besonderen Fähigkeiten eines jeden Orchestermitglieds hervorheben soll. Die verwendeten Instrumente sind oft so gewählt, dass sie (eventuell mit Umbauten) leicht spielbar sind. Instrumente, die die Teilnehmer / Teilnehmerinnen bereits beherrschen, werden einbezogen.

Der Integrative Gebärdenchor Liebfrauen fungiert als Beispiel dafür, wie eine Kunstform, die aus dem Alltag von Menschen mit Behinderung hervorgegangen ist (das Gebärden von Liedern und Gedichten), gemeinsam von Menschen mit und ohne Behinderung praktiziert wird.

Im Lauf der Recherchen stellte sich heraus, dass sich Prinzipien inklusiven Unterrichts bislang vor allem im tänzerischen, nicht so sehr jedoch im musikalischen Bereich durchsetzen konnten. Daraus entstand die Idee, im Schlusskapitel der Arbeit wesentliche Gelingenskriterien für eine inklusive Musik- und Tanzpädagogik herauszuarbeiten.

Dieser Teil stellt eine Zusammenfassung der aus der Beschäftigung mit den verschiedenen Konzeptionen und ihrer theoretischen Grundlegung gewonnenen Erkenntnisse dar. Er bietet Lehrern / Lehrerinnen, die mit Menschen mit Behinderung musikalisch-tänzerisch arbeiten oder arbeiten möchten, eine Sammlung von Grundgedanken zu Rahmenbedingungen, didaktischen Prinzipien und zur konkreten Ausgestaltung des Unterrichts an. Auch eigene aus der intensiven Beschäftigung mit der einschlägigen Literatur hervorgegangene Gedanken über den inklusiven Unterricht fließen an dieser Stelle ein.

Aufbauend auf den herausgearbeiteten Gelingenskriterien für inklusiven Musik- und Tanzunterricht wäre nun die Entwicklung, Darstellung und Auswertung darauf basierender Konzepte interessant.

Bei der Beschäftigung mit den Themenbereichen der vorliegenden Arbeit stellte sich heraus, dass sich die Wissenschaft trotz des engen Zusammenhangs von Musik und Tanz bislang zu wenig der Herausarbeitung der historischen Entwicklung von Musik und Tanz unter Berücksichtigung ihrer gegenseitigen Wechselwirkungen in Bezug auf Pädagogik und Therapie gewidmet hat.

Sehr aufschlussreich wäre es, sich mit der Fragestellung zu befassen, auf welche Weise die bestehenden integrativen Musikgruppen langfristig in Richtung einer inklusiven Gestaltung (auch in einer Verbindung mit Tanz) geöffnet werden könnten.

Im Bereich des inklusiven Tanzes fällt auf, dass die Musik stark als Träger und Impulsgeber für den Tanz fungiert, jedoch kaum von den Teilnehmern / Teilnehmerinnen selbst gestaltet wird. Auch für diesen Bereich wäre es wichtig zu untersuchen, wie die Improvisation mit Musik in den Konzepten Stanges und Alessis (und ihrer praktischen Umsetzung) eine größere Rolle einnehmen könnte.

Die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und konkreten Konzepten der integrativen und inklusiven Musik- und Tanzpädagogik zeigt, dass es bereits viele Ansätze gibt, Musik und Tanz allen Menschen zugänglich zu machen. Meine Vision ist es, dass es eines Tages in jedem größeren und kleineren Ort Angebote aus diesem Bereich geben wird, die ganz selbstverständlich so konzipiert sind, dass jeder Mensch ungeachtet seiner Situation und seiner augenblicklichen Möglichkeiten daran teilhaben kann. Ich hoffe, dass die Erkenntnisse meiner Arbeit einen Teil dazu beitragen können.

9 Literaturverzeichnis

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Wocken, Hans (1988): Integrative Prozesse, in: Wocken, Hans / Antor, Georg / Hinz, Andreas (Hrsg.): Integrationsklassen in Hamburger Grundschulen, Hamburg: Curio Verlag, S. 437 - 448, online verfügbar unter: http://bidok.uibk.ac.at/library/wocken-prozesse.html (12.12.2010)

Wocken, Hans (2006): Integration, in: Antor / Bleidick, S. 99 - 102

Wolfgart, Hans (Hrsg.) (1971): Das Orff-Schulwerk im Dienste der Erziehung und Therapie behinderter Kinder. Festschrift zum 75. Geburtstag von Carl Orff, Berlin: Marhold

Zola, Irving Kenneth (2004): Selbst, Identität und die Frage der Benennung. Überlegungen zu Sprache und Behinderung, in: Weisser, Jan / Renggli, Cornelia (Hrsg.): Disability Studies. Ein Lesebuch, Luzern: Edition SZH/CSPS, S. 57 - 75

Verwendete Gesetzestexte:

Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes (BGG) Bundesministerium der Justiz (2002): Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen, online verfügbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bgg/BJNR146800002.html (12.12.2010)

Behindertenrechtskonvention (BRK) Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen (Hrsg.) (2009): Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, Bonn (Bundesministerium für Arbeit und Soziales), online verfügbar unter: http://www.behindertenbeauftragter.de/cln_108/nn_1430096/SharedDocs/ Downloads/DE/AI/BRK,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/BRK.pdf (12.12.2010)

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) Deutscher Bundestag (2010): Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, online verfügbar unter: http://www.bundestag.de/dokumente/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg.html (12.12.2010)

Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) Feldes, Werner / Kohte, Wolfhard / Stevens-Bartol, Eckart (Hrsg.) (2009): SGB IX. Sozialgesetzbuch Neuntes Buch, Frankfurt am Main: Bund

Video-Dokumente / Radio-Beiträge:

Dirnbacher, Christoph / Jung, Florian / Zabransky, Katharina (2010): Beitrag über Wolfgang Stange, in: Freak-Radio: Magazinsendung: Selbstbestimmt leben vom 18. Juli 2010, Radio-Beitrag, als mp3-Datei online verfügbar unter: http://www.freakonline.at/fileadmin/data/mp3/Wolfgang_Stange.mp3 (12.12.2010)

Haapalinna, Sini (2008a): Alito Alessi / Part one, Interview auf dem Flughafen Helsinki, Herbst 2008, online verfügbar unter: http://www.youtube.com/watch?v=u9aE3ZpzVPk (12.12.2010)

Haapalinna, Sini (2008b): Alito Alessi / Part two, Interview auf dem Flughafen Helsinki, Herbst 2008, online verfügbar unter: http://www.youtube.com/watch?v=RBa_vvth_A (12.12.2010)

Hall, Jane (2010): The Magic of AMICI. a practical guide and DVD, Turtle Key Arts

Salmon, Shirley / Kallos, Coloman (2010): "Zwischen Freiraum und Ritual". Ausdrucksmöglichkeiten mit Musik und Bewegung für Menschen mit Behinderung, Salzburg: Universität Mozarteum, Abteilung für Musik- und Tanzpädagogik - Orff-Institut; DVD mit Booklet

Internetseiten:

Amici Dance Theatre Company: http://www.amicidance.org/index.html (engl.) (21.12.2010)

DanceAbility International: http://www.danceability.com (21.12.2010)

DanceAbility Österreich: http://www.danceability.at (21.12.2010)

Esagramma Mailand: http://www.esagramma.net/index.htm (ital.) (21.12.2010)

Leverkusener Stadtmusikanten: http://www.leverkusener-stadtmusikanten.de (21.12.2010)

Stadthaushotel Hamburg: http://www.stadthaushotel.com/ (21.12.2010)

Verband deutscher Musikschulen (VdM): Musik integrativ: http://www.musik-integrativ.de (21.12.2010)

Quelle:

Sabine Brunnett: Musik und Tanz für alle. Integrative und inklusive Konzepte der Musik- und Tanzpädagogik mit erwachsenen Menschen mit Behinderung. Salzburg 2010

bidok-Volltextbibliothek: Erstveröffentlichung im Internet.

Stand: 05.07.2011

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