Gewalt beim Pflegen und Betreuen

Was Sie darüber wissen sollten

Schlagwörter: Selbstbestimmung, Assistenz, Gewalt
Textsorte: Broschüre
Copyright: © Bremer Forum gegen Gewalt in Pflege und Betreuung 2006

Wer sind wir?

Wir sind Menschen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, weil sie beruflich, ehrenamtlich oder privat damit zu tun haben.

Wir treffen uns regelmäßig und suchen nach Wegen aus der Gewalt in der Pflege.

Alle Menschen sollen gut behandelt werden. Helfen Sie mit!

Viele Menschen brauchen Pflege oder Betreuung.

Zum Beispiel:

Kranke Menschen, alte Menschen und behinderte Menschen.

Bei der Pflege und bei der Betreuung kann es Gewalt geben.

Das kommt leider oft vor.

Die Gewalt ist aber oft nur schwer zu erkennen.

Oft weiß man nicht: ist das Gewalt oder nicht?

In dieser Broschüre erklären wir Ihnen, was Gewalt ist.

So können Sie Gewalt früh erkennen.

Wenn Sie Gewalt früh erkennen, können Sie besser etwas dagegen machen.

In dieser Broschüre erklären wir Ihnen auch, was Sie gegen Gewalt machen können.

So können Sie helfen, dass es weniger Gewalt in der Pflege und Betreuung gibt.

Wo gibt es Gewalt in der Pflege und Betreuung?

Gewalt kann es überall geben:

  • in der Familie,

  • in Pflege-Heimen für alte Menschen,

  • in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung

  • in Krankenhäusern

  • wenn jemand eine gesetzliche Betreuung hat

  • wenn man eine eigene Wohnung hat und Pflege bekommt.

Wer übt Gewalt aus?

Pfleger und Betreuer können Gewalt ausüben.

Auch Menschen, die Pflege oder Betreuung bekommen können Gewalt ausüben.

Das heißt:

Jeder kann Gewalt ausüben.

Und jeder kann unter Gewalt leiden!

Warum kann es Gewalt in der Pflege und in der Betreuung geben?

Macht und Ohnmacht

Bei der Pflege und Betreuung sind die Menschen oft nicht gleich stark.

Meistens hat der Pfleger oder Betreuer viel Macht über Sie.

Er kann Dinge machen und bestimmen, ohne Sie vorher zu fragen.

Wenn Sie Pflege bekommen, haben Sie oft nicht soviel Macht.

Sie können oft nicht so viel bestimmen.

Zu viel Sorge

Vielleicht kümmern sich Pfleger und Betreuer zu viel um Sie.

Sie fühlen sich darum nicht ernst genommen.

Nicht miteinander sprechen

Wenn man über Probleme nicht spricht, kann das Problem stärker werden.

Dann ist man vielleicht so wütend, dass man den anderen schlecht behandelt.

Stress

Oft ist es schwer, wenn man jemanden pflegt oder betreut.

Man ist dann vielleicht erschöpft.

Und man denkt:

Ich schaffe das nicht mehr.

Wenn man erschöpft ist, kann Gewalt schneller passieren.

Und der Pfleger oder der Betreuer hat oft nur wenig Zeit.

Alles muss schnell gehen.

Wenn man Stress hat, kann Gewalt schneller passieren.

Was ist Gewalt?

Es gibt sehr viele Arten von Gewalt:

Gewalt ist: Jemand sagt etwas Gemeines zu Ihnen.

Oder jemand erzählt etwas Gemeines über Sie.

Zum Beispiel:

Ihr Pfleger erzählt allen Menschen, dass Sie eine Windel tragen müssen.

Sie wollen nicht, dass er das erzählt.

Sie schämen sich dafür.

Das ist Gewalt.

Gewalt ist auch, wenn jemand einfach "Du" zu Ihnen sagt.

Pfleger und Betreuer müssen vorher fragen, ob sie das dürfen.

Auch wenn Sie etwas Gemeines zu Ihrem Betreuer oder Pfleger sagen, ist das Gewalt.

Gewalt ist: Jemand pflegt Sie schlecht.

Zum Beispiel:

  • Der Pfleger versorgt Ihre Wunden schlecht.

  • Sie haben Schmerzen. Der Pfleger kümmert sich nicht darum.

  • Der Pfleger arbeitet zu schnell. Darum fühlen Sie sich nicht wohl.

  • Sie können sich nicht alleine bewegen. Der Pfleger legt Sie nicht richtig ins Bett.

Gewalt ist: Sie haben nicht Ihren eigenen Raum.

Sie haben das Recht, Ihren eigenen Raum zu haben.

Dort können Sie für sich alleine sein und selber bestimmen.

Zum Beispiel:

Jemand geht einfach in Ihr Zimmer und schaut dort in die Schränke.

Das ist Gewalt.

Oder:

Sie wollen beim Baden alleine sein.

Der Pfleger will aber ohne einen wichtigen Grund im Badezimmer bleiben.

Das ist Gewalt.

Gewalt ist: Sie bekommen die falschen Medikamente.

Oder Sie bekommen zu viele oder zu wenig Medikamente.

Gewalt ist: Jemand will sie beeinflussen.

Zum Beispiel:

Sie wollen in den Urlaub ans Meer fahren.

Ihr Betreuer will lieber mit Ihnen in die Berge.

Darum überredet er Sie, dass Sie in die Berge fahren.

Gewalt ist: Jemand nutzt seine Macht aus.

Sie können etwas nicht alleine machen.

Der Betreuer muss Ihnen helfen.

Sie sind also abhängig vom Betreuer.

Der Betreuer hat also Macht über Sie.

Zum Beispiel:

Sie können nicht alleine essen.

Sie haben Streit mit dem Betreuer.

Als Strafe gibt der Betreuer Ihnen kein Essen.

Das ist Gewalt!

Auch wenn Sie Macht über Ihre Betreuer und Pfleger ausnutzen, ist das Gewalt.

Zum Beispiel:

Sie klingeln und der Pfleger muss zu Ihnen kommen.

Das ist seine Arbeit.

Sie klingeln immer wieder ohne einen Grund.

Das ist Gewalt.

Gewalt ist: Jemand beleidigt oder bedroht Sie.

Oder ärgert Sie so lange, bis Sie wütend sind.

Auch wenn Sie Ihren Betreuer oder Pfleger beleidigen, bedrohen oder ärgern, ist das Gewalt.

Gewalt ist: Jemand bestimmt über Sie.

Jeder Mensch hat andere Wünsche und Bedürfnisse.

Wenn jemand nicht auf Ihre Bedürfnisse achtet, ist das Gewalt.

Zum Beispiel:

  • Jemand zwingt Sie zum Essen oder Trinken.

  • Sie sollen Kleidung tragen, die Sie nicht mögen.

  • Sie sollen duschen, obwohl Sie das nicht wollen.

Gewalt ist:Jemand erzählt Ihnen etwas Wichtiges nicht.

Zum Beispiel:

Sie haben nur noch wenig Geld auf dem Konto.

Ihr Betreuer erzählt Ihnen das nicht.

Gewalt ist: Sie dürfen nicht über Ihr Eigentum bestimmen.

Zum Beispiel:

Der Betreuer verbietet Ihnen, dass Sie über Ihre eigene Wohnung bestimmen können.

Zum Beispiel, welche Möbel Sie in der Wohnung haben wollen.

Auch wenn jemand nicht sorgfältig mit Ihrem Eigentum umgeht, ist das Gewalt.

Zum Beispiel:

Der Betreuer gibt zu viel Geld für Ihren Einkauf aus.

Gewalt ist: Jemand greift Sie körperlich an.

Zum Beispiel:

Jemand schlägt Sie.

Oder kratzt Sie.

Das ist Gewalt.

Auch, wenn Sie Ihren Betreuer körperlich angreifen,

ist das Gewalt.

Gewalt ist: Jemand belästigt Sie sexuell.

Zum Beispiel:

  • Der Pfleger will Ihnen unbedingt zusehen, wenn Sie sich waschen.

  • Der Betreuer sagt Ihnen sexuelle Dinge. Zum Beispiel, dass Sie einen tollen Busen haben.

  • Der Betreuer berührt Sie, obwohl Sie das nicht wollen.

  • Der Pfleger zwingt Sie zum Sex.

Auch wenn Sie Ihren Betreuer oder Pfleger sexuell belästigen, ist das Gewalt.

Zum Beispiel:

Bei der Pflege berühren Sie Ihre Pflegerin immer an der Brust.

Oder:

Sie fassen Ihrem Betreuer an den Po.

Das ist Gewalt.

Was können Sie gegen Gewalt tun?

Sie sind selber Opfer von Gewalt.

Oder Sie sehen, dass jemand anderes Opfer von Gewalt wird.

Vielleicht denken Sie, dass Sie daran nichts ändern können.

Das stimmt nicht!

Sie können etwas dagegen tun:

Sprechen Sie mit der Person, die Gewalt ausübt.

Sagen Sie, was Sie nicht gut finden.

Sagen Sie, wenn Sie etwas als Gewalt empfinden.

Sprechen Sie mit einer Person, der Sie vertrauen.

Zum Beispiel mit Ihrer Familie, Freunden, dem Heimbeirat, Zivis und Praktikanten, einer Pflegekraft, Kollegen oder der Leitung der Einrichtung.

Manchmal sind es aber genau diese Personen, die Gewalt ausüben.

Dann können Sie zu einer Beratungsstelle gehen.

Dort können Sie dann zusammen überlegen, was Sie machen können.

Sie können bei der Beratungsstelle auch anrufen.

Bei einer Beratungsstelle müssen Sie Ihren Namen nicht sagen.

Sie können auch mit Ihrer Pflege-Kasse, der Heim-Aufsicht oder mit der Polizei reden.

Mit wem können Sie über Gewalt reden?

Unabhängige Patientenberatung Bremen

Richard-Wagner-Str. 1a

28209 Bremen

0421/347 73 74

SelbstBestimmt Leben

Beratungsstelle für behinderte Menschen

Ostertorsteinweg 98

28203 Bremen

0421/70 44 09

Hilfswerk Bremen - Betreuungsverein

Vegesacker Straße 59

28217 Bremen

0421/396 77 34

Heimaufsicht des Senators für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales

Bahnhofsplatz 29

28195 Bremen

0421/361 -0

Ihrer Pflege-Kasse

Opfernotruf der Bremer Polizei

0800/280 01 10

Gehörlosen-Telefon der Bremer Polizei

0421/362 121 45

Hier können Sie die Broschüre erhalten:

Bremer Forum gegen Gewalt in der Pflege und Betreuung

C/o Unabhängige Patientenberatung Bremen

Richard-Wagner-Straße 1a

28209 Bremen

Fon 0421/347 73 74

Fax 0421/347 73 99

Adele Ihnen (V.i.S.d.P.),

Übersetzung:

Lebenshilfe Bremen e.V., Büro für Leichte Sprache,

Claudia Wessels und Nicole Papendorf

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Quelle:

Original: http://www.patientenberatung-bremen.de/cmspdf/gewalt-in-pflege.leichte-sprache.pdf

bidok - Internetvolltextbibliothek. Wiederveröffentlichung im Internet.

Stand: 24.04.2012

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