Maßnahmen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen

Evaluierung, Analyse, Zukunftsperspektiven

Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Broschüre
Copyright: © Eva Heckl, Andrea Dorr, Sonja Sheikh 2004

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Herbert Haupt und Ursula Haubner

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Zentrum der österreichischen Behindertenpolitik steht die Integration der behinderten Menschen in alle gesellschaftlichen Bereiche. Die Berufstätigkeit nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein, weil die Erwerbstätigkeit den Menschen mit besonderen Bedürfnissen ermöglicht, ein unabhängiges, selbstbestimmtes Leben zu führen. Darüber hinaus erhöht die berufliche Integration auch die Akzeptanz und Anerkennung durch nicht-behinderte Menschen.

Integration beginnt bei uns im Kindergarten und führt über Pflichtschule und Berufsausbildung direkt in den Arbeitsmarkt, wo wir gezielt mit zusätzlichen Mitteln bessere Zugänge für behinderte junge Menschen schaffen.

Zahlreiche Projekte wurden bereits initiiert und vielen Jugendlichen mit Behinderung konnte der Einstieg ins Berufsleben ermöglicht werden. Nunmehr gilt es aber, diese Instrumente und Maßnahmen weiterzuentwickeln, um für alle Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen eine kontinuierliche Betreuungskette zu schaffen und die Arbeitsmarktsituation dieser Personengruppe weiter zu verbessern.

Die vorliegende Studie soll die Grundlage für die Weiterentwicklung von integrativen Konzepten an der Schnittstelle Schule / Beruf bilden. Sie gibt einen umfassenden Überblick über die Situation der Jugendlichen, ihr Umfeld, die derzeitige Fördersituation und beinhaltet daraus resultierende Vorschläge zum weiteren Ausbau der Fördermaßnahmen.

Wir laden Sie alle ein, gemeinsam an der umfassenden Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen mitzuarbeiten.

Herzlichst,

Ihr Mag. Herbert Haupt, Ihre Ursula Haubner

Zusammenfassung und zentrale Aspekte

Die Anteilnahme am beruflichen Erwerbsleben hat in unserer Gesellschaft höchste Bedeutung erlangt. Gerade für Menschen mit Behinderung ist es jedoch besonders schwer, einen Arbeitsplatz am ersten Arbeitsmarkt zu erlangen oder zu behalten. Ziel der österreichischen Bundesregierung bei der beruflichen Integration behinderter Menschen ist es daher, ihre Teilnahme am Arbeitsleben im Rahmen von sozialversicherungsrechtlich abgesicherten Arbeitsverhältnissen oder einer selbstständigen Erwerbstätigkeit als UnternehmerIn zu fördern. Insbesondere Jugendliche mit Behinderung stellen in diesem Zusammenhang eine wichtige Zielgruppe dar. Mit dem Abgang aus der Pflichtschule entsteht aber für viele Jugendliche ein Bruch in der Betreuungskontinuität. Die Jugendlichen werden von verschiedensten Einrichtungen, Projekten und in einer Vielzahl punktueller Einzelmaßnahmen auf die berufliche Integration vorbereitet, ein flächendeckendes Auffangnetz bzw. Betreuungssystem fehlt jedoch.

Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (BMSG) die KMU FORSCHUNG AUSTRIA gemeinsam mit den Instituten Social Research and Analysis (SORA) und Analyse, Beratung und Interdisziplinäre Forschung (abif) beauftragt, eine Forschungsstudie über Maßnahmen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen durchzuführen. Im Fokus dieses Forschungsauftrages stehen die Anbieter von Maßnahmen sowie das Umfeld von Menschen im Alter von 13 bis 24 Jahren mit körperlichen, geistigen, psychischen Behinderungen und Sinnesbehinderungen ebenso wie Jugendliche mit Lernbehinderungen bzw. schweren sozial und emotional bedingten Verhaltensauffälligkeiten. Die Studie stützt sich auf eine Literaturanalyse, ExpertInneninterviews, Fokusgruppen mit Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen und ihren Eltern sowie einen Workshop mit den maßgeblichen Akteuren im Bereich der Behindertenpolitik.

Leistungsangebot für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen

Die Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen in den Arbeitsmarkt wird in Österreich durch verschiedenste Maßnahmen unterstützt, die Leistungspalette reicht von Nachreifungs- und Qualifizierungsprojekten, Berufsvorbereitung und Berufsorientierung, Vermittlungsunterstützung, Beratung, Lohnkostenzuschüsse, Integrationsbeihilfen über Clearing bis zur Arbeitsassistenz und Job Coaching. Auch vorgelagerte Maßnahmen der Schulen, die eine bestmögliche Ausbildung der Jugendlichen zum Ziel haben, wie Integrationsklassen im Regelschulwesen oder Sonderpädagogische Zentren werden angeboten. Diverse Informationskampagnen sollen darüber hinaus durch einen Abbau "geistiger" Barrieren die Integration der Jugendlichen fördern.

Die Hauptakteure der Behindertenpolitik - Bundessozialamt (BSB), Arbeitsmarktservice (AMS), Bundesländer - Schulbehörden und Sozialpartner sowie die Trägerorganisationen von Maßnahmen für behinderte Menschen verfolgen das Ziel einer umfassenden Integration der Jugendlichen mit Behinderung in alle Lebensbereiche und insbesondere in den Arbeitsmarkt, wobei bei den Betroffenen ihrem Potenzial entsprechend alle Möglichkeiten einer selbstbestimmten Entwicklung ausgeschöpft werden sollen. Grundsätzlich richten sich die Organisationen an alle Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen, wobei eine Fokussierung auf bestimmte Zielgruppen auf Grund gesetzlicher Vorgaben (z.B. die Arbeitsteilung zwischen BSB, AMS und Bundesländern) oder Spezialisierungen der Trägerorganisationen (z.B. unterstützt pro mente Personen mit psycho-sozialen Beeinträchtigungen) erfolgt. Die Frage einer gemeinsamen Betreuung von Jugendlichen mit verschiedenen Beeinträchtigungen ist umstritten. Den Vorteilen einer gemeinsamen Betreuung, wie z.B. die Förderung des Integrationsgedankens und des sozialen Lernens, die Nutzung von Synergieeffekten sowie die Ermöglichung flächendeckender Angebote, stehen die möglichen Nachteile einer mangelnden Spezialisierung und individuellen Förderung sowie fehlender Identifizierungsmöglichkeiten in gemischten Gruppen gegenüber.

Bundessozialamt, Arbeitsmarktservice und Bundesländer stehen in engem Kontakt zueinander und koordinieren ihre Fördertätigkeit im Bereich der Behindertenpolitik. Darüber hinaus bestehen Kooperationen mit den Trägerorganisationen, die oftmals die Maßnahmen der Hauptakteure implementieren und als Förderempfänger in Erscheinung treten. Daneben gibt es auch Kooperationsansätze mit den Schulen. Die Zusammenarbeit mit den Jugend- und Familienberatungsstellen ist nur punktuell. Die Trägerorganisationen sind neben den Hauptakteuren bzw. Fördergebern teilweise auch untereinander vernetzt, z.B. in EQUAL-Partnerschaften oder in Dachverbänden.

Ungeachtet der teilweise divergierenden Sichtweisen der Hauptakteure in der Behindertenpolitik und der Anbieter von Maßnahmen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen haben sich folgende zentrale Aspekte herauskristallisiert, die für die Ausgestaltung und Weiterentwicklung der Fördermaßnahmen und Förderpolitik in diesem Bereich relevant sein könnten:

  • Von großer Bedeutung für die erfolgreiche Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen ist die enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Neue und verstärkte Wege der Kooperation mit der Wirtschaft sollten daher gesucht werden. Es gilt, die Unternehmen als Partner im Bemühen um eine größtmögliche Integration der Jugendlichen zu gewinnen.

  • Eine Zusammenarbeit mit der Wirtschaft setzt in den Unternehmen einen hohen Informationsstand voraus, wie die Integration von Jugendlichen mit Handicap vonstatten gehen könnte. Umfangreiche Sensibilisierungsmaßnahmen für Unternehmen aber auch der Öffentlichkeit bezüglich der Integrationsthematik könnten den Weg für erfolgreiche Kooperationen ebnen.

  • In Hinblick auf die Zielgruppe von Maßnahmen zeichnet sich ein Mehrbedarf an Maßnahmen für verhaltensauffällige Jugendliche sowie für Jugendliche mit sozialen Defiziten und psychischen Problemen ab. Einerseits wächst die Gruppe der Jugendlichen mit emotionalen Defiziten, andererseits dringen die Problembereiche von mangelnder Sozialisation und mangelnder psychischer Balance verstärkt in das Bewusstsein und werden als Probleme erkannt, die es von der Allgemeinheit zu lösen gilt.

  • Maßgeschneiderte Angebote für Mädchen und MigrantInnen sollten ebenso das Angebot erweitern. Mädchen mit Behinderungen im Allgemeinen und Migrantinnen im Besonderen nehmen seltener bestehende Unterstützungsangebote an und werden oft ausschließlich im Familienverband betreut, was einer selbstständigen Lebensführung und einer Integration in alle Lebensbereiche und insbesondere in den Arbeitsmarkt entgegensteht.

  • Obwohl das derzeitige Angebot von Maßnahmen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen als sehr gut bewertet wird, wird ein Mangel an Möglichkeiten für so genannte Grenzfälle konstatiert. Zum einen wäre es nötig, Mischformen zwischen dem ersten und zweiten Arbeitsmarkt zu kreieren bzw. die Durchlässigkeit der Arbeitsmärkte zu erhöhen, damit Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen, die den steigenden Anforderungen am ersten Arbeitsmarkt nicht gerecht werden können, aber in Beschäftigungstherapien unterfordert sind, eine adäquate Förderung erhalten. Zum anderen steigt der Bedarf an Maßnahmen für Jugendliche mit "leichten" Handicaps, die in den gängigen Projekten der Projektträger unterfordert sind, für die eine direkte Integration in den ersten Arbeitsmarkt ohne jegliche Unterstützung aber nur schwer möglich scheint. Bei der Schaffung von Mischformen zwischen erstem und zweitem Arbeitsmarkt ist zu bedenken, dass Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Hauptakteure in diesem Bereich zu definieren wären.

  • Spezialangebote für Jugendliche mit schweren geistigen Beeinträchtigungen sowie für gehörlose Jugendliche sind noch nicht in ausreichendem Maße vorhanden. So bildet die individuelle Unterstützung der Jugendlichen am Arbeitsplatz - z.B. durch Jobcoaches oder Mentoren - vielfach erst die Voraussetzung für eine Integration dieser Zielgruppe in den ersten Arbeitsmarkt.

  • Insgesamt wird eine Verbesserung der Qualifizierungsmöglichkeiten von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen angestrebt, z.B. durch eine Ausweitung des Angebots an Integrationsklassen. In diesem Zusammenhang wären die Bedingungen für eine weiterführende Integration ab der 10. Schulstufe in das Regelschulwesen zu prüfen.

  • Die derzeit vorhandenen Instrumentarien der Integrationsunterstützung werden allgemein als sehr gut bewertet. Allerdings sollten Jugendliche, die dies benötigen, Unterstützungsmaßnahmen auch langfristiger in Anspruch nehmen können. Es gilt daher, neue Formen der Begleitung am Arbeitsmarkt, die über die Arbeitsassistenz hinausgehen, zu schaffen.

  • Neben der Integration am Arbeitsmarkt ist die Wichtigkeit der sozialen Integration unbestritten, da diese sich wechselseitig unterstützen. Daher sollten neben Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt auch Maßnahmen zur Integration in Freizeitaktivitäten etc. gefördert bzw. die schon existierenden Maßnahmen aufeinander abgestimmt werden. Zur ganzheitlichen Integration ist zudem die Einbeziehung der Eltern der betroffenen Jugendlichen in den Integrationsprozess unabdingbar.

  • Problematisiert wird der Kündigungsschutz im Behinderteneinstellungsgesetz, da dieser oftmals für die Unternehmen den Grund darstellt, von der Einstellung eines Menschen mit Behinderung abzusehen.

  • Die konkrete Ausgestaltung der integrativen Berufsausbildung wird in naher Zukunft ein wichtiges Thema in Hinblick auf die Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen sein. Der Erfolg der integrativen Berufsausbildung wird von dieser Konkretisierung und von der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen (z.B. die Integration in den Berufsschulen) abhängen.

  • Gemeinsame Sorge sowohl der Hauptakteure als auch der Maßnahmenanbieter im Bereich der Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen in den Arbeitsmarkt ist die Frage der Finanzierung, sollte die Behindertenmilliarde nicht verlängert werden. Da viele Maßnahmen erst durch die Mittel der Behindertenmilliarde möglich gemacht wurden, käme es durch ein Ende dieser Finanzmittel auch zu einem massiven Abbau des Maßnahmenangebots.

Bedürfnisse der jugendlichen Zielgruppe

Zwei unterschiedliche Herangehensweisen an das Problem Arbeit und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen können identifiziert werden. Ein visionärer und zukunftsorientierter Ansatz, der eine offene Gesellschaft und die völlige Inklusion von Menschen mit Behinderung zu verwirklichen sucht, und ein Ansatz, der sich an der momentanen Situation am Arbeitsmarkt orientiert und von einer eingeschränkten Erwerbsmöglichkeit ausgeht. Ergänzend finden sich Konzepte, in denen Vorbereitungs- und Ausbildungsmöglichkeiten für Jugendliche angedacht sind, die alternative Beschäftigungsformen zu klassischer Erwerbsarbeit berücksichtigen.

Die Zielgruppe Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen besteht zum Großteil aus PflichtschulabsolventInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Das "Anders-Sein" wird sowohl von den Jugendlichen in der Sonderschule als auch in den Integrationsklassen erlebt und ist Bestandteil ihrer Identitätsentwicklung. Der Wunsch nach einem gesellschaftlichen Status, der nicht länger als inferior erlebt wird, tritt bei den Jugendlichen deutlich hervor und wird auch in dem dringenden Wunsch nach Arbeit sichtbar. Die Beschäftigung außerhalb der Familie und des Heimes steht dabei im Vordergrund. Diese kann vorerst in der Teilnahme an Kursen, Qualifizierungs- oder Orientierungsprojekten bestehen, das Ziel jedoch ist Erwerbsarbeit, durch die materielle und immaterielle Anerkennung bezogen werden können und die den Jugendlichen ein selbstständiges bzw. selbstbestimmtes und weitgehend unabhängiges Leben ermöglicht.

Die Möglichkeiten, die Jugendlichen innerhalb des letzten bzw. der letzten beiden Pflichtschuljahre auf die Erwerbsarbeit vorzubereiten, sind begrenzt. Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen benötigen mehr Zeit, individuelles Mentoring und erlebnis- und erfahrungsorientierte Pädagogik, als ihnen in der Schule geboten werden können. In der Adoleszenz gewinnen die Themen Freizeit, FreundInnen und Beziehung an Bedeutung, an der Schule hingegen verlieren Jugendliche zum Teil das Interesse. Zur Zielgruppe der Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen zählen auch jene, die sich bereits von der Schule entfernt haben und die für Bildung in Schulform nicht mehr zugänglich sind. Über nicht-formale Lernformen in Kombination mit Arbeit könnte es am ehesten gelingen, das Interesse der Jugendlichen an Lernen und Weiterbildung am Leben zu halten bzw. zurück zu gewinnen.

Nach dem Abgang aus der Pflichtschule und nach Phasen von Beschäftigungslosigkeit benötigen Jugendliche eine Phase der Stabilisierung und Orientierung. Jugendliche aus schwierigen familiären Verhältnissen, mit Suchtproblematik und verschiedenen psychischen Krankheiten benötigen Zeit, um stabile Beziehungen und Freundschaften aufzubauen, ihre Lebensverhältnisse zu klären und eine Identität als junge/r Erwachsene/r entwickeln zu können. Um sich in der Berufs- und Arbeitswelt orientieren zu können, brauchen Jugendliche Information über Berufs- und Ausbildungswege und die Möglichkeit, diese auch erfahren zu können, d.h. Verschiedenes ausprobieren und sich in unterschiedlichen Lern- und Arbeitsfeldern erleben zu können. Kontinuierliche individuelle Betreuung auf der einen Seite und Lebens- und Arbeitserfahrung auf der anderen Seite scheinen eine günstige Kombination zu sein, die eine Förderung entsprechend des aktuellen Leistungsniveaus, das sich im Zuge der Adoleszenz verändert, ermöglicht.

Im institutionellen Umfeld der Jugendlichen wäre vor allem eine stärkere Durchlässigkeit des Systems förderlich. Jugendliche haben bereits jetzt die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Maßnahmen und Beschäftigungsformen zu wechseln, allerdings sind die Rahmenbedingungen unklar und die Übergänge von Phasen der Beschäftigungslosigkeit gekennzeichnet. Lern-oder arbeitsorientierte Beschäftigungsangebote und verschiedene Praktika bis hin zu (assistenzgestützten) Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeitsmarkt sollten idealer Weise durchlässig organisiert, in kombinierter Form erreichbar und auf einander abgestimmt sein. Die Durchlässigkeit des Systems sollte sowohl in Richtung erster Arbeitsmarkt bestehen, als auch Ausstiegsmöglichkeiten enthalten. Dabei sollte der/die einzelne Jugendliche kontinuierlich und individuell während des gesamten Übertrittszeitraums und der Zeit danach (zur Arbeitserhaltung) begleitet werden. Enge regionale Zusammenarbeit in professionalisierten Netzwerken könnten die Übergänge zwischen den Maßnahmen erleichtern. Eine Ergänzung des arbeitsmarktbezogenen Angebotes durch freizeit-und wohnbezogene Angebote und Therapien kommt darüber hinaus einem ganzheitlichen Ansatz und den vielfältigen Bedürfnissen von Jugendlichen nahe. Und schließlich bereiten integrative Ausbildungs- und Qualifizierungsformen auf eine "integrative Beschäftigungsform" vor.

Insgesamt lassen sich folgende Faktoren identifizieren, die sich bei der Arbeitsmarktintegration als entscheidend auswirken können und neben Stabilisierung und Berufs- bzw. Arbeitsmarktorientierung auch die Grundsäulen einer möglichen Förderung bilden:

  • (Nach-)Bildung

  • Persönlichkeitsentwicklung

  • Qualifizierung

Die Jugendlichen haben zum Teil Schwierigkeiten in den Kulturtechniken Schreiben, Lesen, Rechnen und Defizite in der Allgemeinbildung, die nicht primär behinderungsbedingt und vermeidbar sind. Mit der Pflichtschule enden zudem die Integrationskonzepte. Eine Ausbildung in allgemein- und berufsbildenden Schulen ist nur teilweise zugänglich, die Möglichkeiten für außerschulische Bildung im Erwachsenenbildungsmarkt sind begrenzt. Im Falle von bestimmten Behinderungen ist Bildung an hohen finanziellen Aufwand und großes familiäres Engagement gebunden. Einige spezialisierte Ausbildungslehrgänge für Blinde und Gehörlose sind eher als (durchaus sinnvolles) Beschäftigungsangebot einzustufen und nicht als Bildungseinrichtung oder Qualifizierung für den ersten Arbeitsmarkt. Im Zuge einer Modernisierung werden derzeit neue Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen. Von der Teilqualifizierung erhoffen sich die ExpertInnen eine Verbesserung der Erwerbschancen von Jugendlichen mit Behinderung.

Im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung spielt der Faktor Zeit eine wesentliche Rolle, da Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen zumeist von einer Entwicklungsverzögerung betroffen sind. Sie haben noch nicht die nötige Reife, um eine Berufswahlentscheidung zu treffen bzw. eine Erwerbsarbeit aufzunehmen und diese zu halten. Für die Aufnahme in den ersten Arbeitsmarkt sind vor allem die "employability skills", also Schlüsselfähigkeiten, soziale und kommunikative Kompetenz wichtig. Von Seiten der ExpertInnen werden aber mangelnde Arbeitshaltung und unrealistische Vorstellungen in Bezug auf Arbeit kritisiert, die bei Jugendlichen mit sozialen Benachteiligungen auf das Fehlen von Vorbildern zurückgeführt werden. Bei Jugendlichen mit Behinderung und Krankheit kann eine Überbehütung durch die Familie sowie eine Unterforderung im Zuge der Schulausbildung zu geringer Frustrationstoleranz und kontraproduktiver Arbeitshaltung beitragen. Auch mangelndes Selbstbewusstsein mündet auf der einen Seite in einem geringen Selbstvertrauen und auf der anderen Seite in unrealistischer und übersteigerter Selbsteinschätzung. Unrealistische Berufsvorstellungen sind schließlich das Resultat mangelnden Wissens über Berufsprofile und Ausbildungswege und der fehlerhaften Selbsteinschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit. Durch gezielte Rückmeldung über Leistung und Fortschritte in der Persönlichkeitsentwicklung aus dem vertrauten Umfeld kann dem gegengesteuert werden. Indem bei der Förderung erreichbare Forderungen gestellt werden, der Weg der kleinen Erfolgsschritte gegangen wird und Belastungsmomente im privaten Umfeld der Jugendlichen reduziert werden, steigt die Motivation der Jugendlichen, die entscheidend das Durchhaltevermögen beeinflusst und damit wesentlich für die Erreichung von Berufszielen ist.

Eine für die gesamte Familie sehr belastende Situation ergibt sich für Jugendliche mit schwerer körperlicher Behinderung, starker Verlangsamung der Motorik oder Kommunikation, wenn diese bisher den integrativen Schulweg gegangen sind und diesen auch weiterhin gehen wollen. Für Jugendliche, die nicht das Angebot einer Werkstätte in Anspruch nehmen möchten, gibt es kaum Möglichkeiten zu einer Qualifizierung oder Weiterbildung zu gelangen. Sie werden nicht in Qualifizierungs-, Ausbildungs- und Vermittlungsmaßnahmen aufgenommen, weil sie als "zu schlecht" oder "zu langsam" eingestuft werden. Gerade für diese Jugendlichen könnte IKT Chancen zur Integration bieten. Für die Eltern von Jugendlichen mit Behinderung ist dieser Lebensabschnitt insofern schwierig, als sie die Notwendigkeit der Loslösung ihres Kindes von der Familie sehen, gleichzeitig aber von außen nicht die Möglichkeiten geboten werden, die sie sich für ihre Jugendlichen wünschen: Förderung der Potenziale, Qualifizierung, (integrative) Freizeitangebote, finanzielle Sicherheit bei Scheitern eines Arbeitsversuches, Fahrtendienste und persönliche Assistenz, wobei letzteres durchaus ambivalent von den Eltern erlebt werden kann.

Neben diesen drei Faktoren hat die Familie einen großen Einfluss auf die Arbeitsmarktintegration der Jugendlichen. Als förderlich sind dabei finanzielle, zeitliche und persönliche Ressourcen der Familie zu nennen, die eine frühe und optimale Förderung möglich machen, sowie die Erwerbstätigkeit eines Elternteils als Vorbildfunktion und eine stabile Bezugs- und Vertrauensperson, die für die Entwicklung wichtig ist. Auch Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen Eltern kann letztlich den Jugendlichen zugute kommen. Bei schwierigen familiären Verhältnissen ist zum Teil eine Intervention innerhalb der Familie nötig, wobei von Seiten des Jugendamtes das Augenmerk auf der Lösung vordringlicher Probleme und der Versorgung jüngerer Geschwister liegt. Durch die Klärung familiärer Probleme können wiederum Ressourcen für und bei den Jugendlichen frei gesetzt werden, die sich positiv auf die Arbeitsmarktintegration auswirken.

Konzept zum Ausbau von Maßnahmen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen

Aufbauend auf den Erkenntnissen der Analyse der Situation von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen an der Schnittstelle Schule / Beruf, d.h. nach Betrachtung der Angebots-und Nachfrageseite in diesem Bereich, wurde ein Konzept für ein durchgängiges und nachhaltiges Fördersystem entwickelt. Das Konzept versucht im Wesentlichen die Anliegen der Hauptakteure und Anbieter von Maßnahmen betreffend die Weiterentwicklung von Fördermaßnahmen sowie den erhobenen Bedarf bei den Jugendlichen selbst in Handlungsstrategien umzuwandeln. Die wesentlichen Eckpfeiler des Konzepts beziehen sich auf die folgenden Bereiche.

  • Zielgruppenförderung: Es soll ein flächendeckender Ausbau integrativer teilzielgruppenspezifischer Maßnahmen am Übergang Schule/Beruf gewährleistet werden.

  • Förderungsbereiche: Es gilt, die Integration in der 9. Schulstufe aufzubauen, die Betreuungskontinuität nach Ende der Schulpflicht zu gewährleisten, die integrative Berufsausbildung praktisch umzusetzen und den Zugang zu höheren Bildungseinrichtungen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen zu ermöglichen sowie die Voraussetzungen in den Unternehmen für einen "integrativen Arbeitsmarkt" zu schaffen.

  • Förderinstrumente: Bewährte Fördermaßnahmen sind auszubauen und zu individualisieren sowie Qualitätsstandards für Projekte zu erarbeiten.

  • Durchlässigkeit des Fördersystems: Der Wechsel zwischen erstem und zweitem Arbeitsmarkt bzw. Beschäftigungstherapie muss erleichtert werden.

  • Institutionelle Zuständigkeiten: Die institutionellen Zuständigkeiten sind transparent zu gestalten und operative Begriffe und Standards sind zu vereinheitlichen.

  • Vernetzung: Vernetzungsaktivitäten sind auf horizontaler und vertikaler Ebene zu verstärken.

  • Nachhaltigkeit: Eine kontinuierliche Förderpolitik soll ein durchgängiges Fördersystem für Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen ermöglichen.

  • Sensibilisierungs- und Öffentlichkeitsarbeit: Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Anliegen von Menschen mit besonderen Bedürfnissen soll den Nährboden für eine erfolgreiche Integration in allen Lebensbereichen bilden.

Integration behinderter Jugendlicher in die außerschulische Jugendarbeit

Außerschulische Jugendarbeit fördert durch die erlebnis- und erfahrungsorientierte Pädagogik soziale Kompetenzen und Schlüsselfertigkeiten, die auch am Arbeitsmarkt gefragt sind, und sie bietet ein breites Feld für Begegnungen zwischen Jugendlichen. Während einige Gruppen von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen von außerschulischer Jugendarbeit gut erfasst sind, wird den Freizeitbedürfnissen behinderter Jugendlicher in der Praxis noch zu wenig Aufmerksamkeit zuteil. Das Bewusstsein dafür fehlt, es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Angeboten, bei denen auch Jugendliche mit Behinderung angesprochen werden, und die angebotenen Projekte und Freizeitaktivitäten der Jugendarbeit variieren stark in der Qualität ihrer Integrationsleistung.

Für die erfolgreiche Integration sind kontinuierliche Kontakte zwischen behinderten und nicht behinderten Jugendlichen notwendig. Eine gute Möglichkeit dafür bietet die Öffnung allgemeiner Freizeiteinrichtungen für behinderte Jugendliche. Damit wird die Teilnahme an Aktivitäten im nächsten Wohnumfeld ermöglicht, eine wesentlichen Voraussetzung für soziale Integration. Ob behinderte Jugendliche das Angebot der außerschulischen Jugendarbeit annehmen können, hängt letztlich vom baulich barrierefreien Zugang und dem Engagement der meist ehrenamtlichen JugendleiterInnen vor Ort ab. Hilfreich für diese JugendleiterInnen wäre die Thematisierung von Integration im Rahmen ihrer Ausbildung bzw. AnsprechpartnerInnen innerhalb und außerhalb der Organisation. Von JugendreferentInnen und Vertretern großer österreichischer Jugendorganisationen wird die Förderung von Integration auf allen Ebenen der außerschulischen Jugendarbeit eingefordert.

Strategien und Maßnahmen zur Integration behinderter Jugendlicher in die außerschulische Jugendarbeit wurden daher in den Teilbereichen Struktur/Förderung/Politik, Information, Vernetzung und Partizipation formuliert. Diese orientieren sich an den Bedürfnissen behinderter Jugendlicher, es werden notwendige Veränderungen der Rahmenbedingungen aufgezeigt und strukturelle Verbesserungen der Organisation und Kooperation der Jugendarbeit angedacht.

Summary and Central Aspects

The participation in working life has reached highest importance in our societies. Especially for persons with disabilities it is, however, extremely difficult to obtain and maintain a working place on the first labour market. It is therefore the aim of the Austrian Federal Government to support the participation of persons with disabilities in working life by employment opportunities with social insurance guarantees or by self-employed work as entrepreneurs. As to this regard, particularly young persons with disabilities represent an important target group. After having finished compulsory education, there often is a break in the continuity of care. The youngsters are prepared for vocational integration by various institutions, projects and a variety of special measures, but a comprehensive network or care system is missing.

Beyond this background the Federal Ministry of Social Security, Generations and Consumer Protection (BMSG) has assigned the Austrian Institute for SME Research together with the institutes Social Research and Analysis (SORA) and Analysis Consulting and Interdisciplinary Research (abif) to carry out a research study about measures for youngsters with special needs. The focus of the study is placed on providers of programmes and the environment of persons between 13 and 24 years with physical, mental or psychological handicaps and aesthesia disabilities as well as youngsters with learning disabilities or serious socially and emotionally determined conspicuity of behaviour. The study is based on a literature analysis, expert interviews and focus groups with young persons with special needs and their parents as well as on a workshop with relevant actors in the field of policy for disabled persons.

Support for young persons with special needs

The integration of young persons with special needs into the labour market is supported by a variety of measures in Austria, these range from social maturation and qualification projects, vocational preparation and orientation, support in job placement, consulting, employment and integration subsidies to clearing, work assistance and job coaching. Preliminary measures of schools aiming at providing youngsters with the best possible education, as e.g. integration classes in regular schools or special pedagogic centres, are offered. In addition, various information campaigns shall promote the integration of young persons by reducing "mental" barriers.

The main actors in the field of policy for disabled persons (the Federal Social Welfare Authority (Bundessozialamt, BSB), the Public Employment Service (Arbeitsmarktservice, AMS), provincial states (Bundesländer)), school authorities and social partners as well as the organisations responsible for measures targeted at disabled persons pursue the target of a comprehensive integration of young persons with disabilities in all fields of life and especially in the labour market, whereby all possibilities of self-determined development according to their potential are intended to be exhausted. Basically, the organisations address all young persons with special needs, focussing, however, on certain target groups due to legal requirements (e.g. division of labour between BSB, AMS and provincial states) or specialisation of the organisation (e.g. pro mente assists persons with psycho-social disabilities). The question of common care of young persons with different disabilities is disputed. The advantages of common care, as e.g. the support of the integration idea and of social learning, use of synergy effects and the possibility of area-wide supply of support services have to be seen alongside with the possible disadvantages of lacking specialisation and individual support as well as the absenteeism of identification possibilities in mixed groups.

The Federal Social Welfare Authority, the Public Employment Service, and the provincial states are in close contact with each other and coordinate their support activities in the policy for disabled persons. Furthermore, there are co-operations with the respective organisations which often implement the measures of the main actors and act as consignees of support. In addition, there are co-operation approaches with schools. Collaboration with youth and family consulting services only takes place in certain fields. The respective organisations are linked with each other and also with the main actors and the sponsors, e.g. in EQUAL partnerships or umbrella organisations.

Despite the partly diverging views of the main actors in this policy area and the providers of measures for young persons with special needs, the following central aspects appear which could be relevant for the design and further development of supporting measures and policy:

  • The close co-operation with the business sector is of considerable importance for the successful integration of young persons with special needs. New and better ways of cooperation with the business sector should therefore be looked for. This means, that enterprises should join in as partners in the efforts for the best possible integration of young persons.

  • Close co-operation with the business sector implies a high level of knowledge in the enterprises on how the integration of young persons with disabilities could take place. Considerable sensitisation measures for enterprises, and also for the public, with regard to integration could pave the way for successful co-operations.

  • With regard to the target group there is a higher need for measures for adolescents with conspicuous behaviour and young persons with social deficitsand psychological problems. On the one hand the group of young persons with emotional deficits grows, but on the other hand the problems of lacking socialisation and mental balance are increasingly registered and realized as problems which need to be solved by the general public.

  • Support services should be extended by tailor-made measures for girls and migrants. Girls with disabilities in general and female migrants in particular participate in existing support measures less frequently and are often cared for within the family system which is opposed to an independent life and an integration in all fields of life and especially in the labour market.

  • Although the current measures for young persons with special needs are rated as very good, a lack of possibilities for so called borderline cases is stated. Firstly, it would be necessary to create hybrid forms between the first and the second labour market or to increase the permeability of labour markets to offer adequate support to those youngsters with disabilities who do not fulfil the increasing demand of the first labour market but are unchallenged by occupational therapies. Secondly, the demand for measures for youngsters with "slight" disabilities who are unchallenged by the established projects but who can hardly be directly integrated into the first labour market without any support rises. By creating hybrid forms between the first and the second labour market it has to be kept in mind that the competencies and responsibilities of the main actors need to be defined.

  • Special offers for young persons with severe mental disabilities and also for deaf youngsters are not available to a sufficient extent so far. Thus, the individual support of youngsters at work, e.g. by job coaches or mentors, represents the precondition for an integration of this target group into the first labour market.

  • An improvement of qualification possibilities for young persons with disabilities is generally aspired, e.g. by a higher number of integration classes. As to this regard the conditions for continuative integration from the 10th grade of education should be checked.

  • The currently available instruments for integration support are, in general, rated as very good, but youngsters should have the possibility to make a long-term use of these measures. Therefore, new forms of coaching on the labour market going beyond work assistance should be created.

  • Besides integration into the labour market, the importance of social integration is undoubted, as these mutually support each other. Therefore, besides the measures for integration into the labour market, measures to support integration into leisure time activities etc. should be promoted and already existing measures should be harmonised. For a holistic integration, the involvement of the parents of the youngsters into the integration process is indispensable.

  • The problems of the protection against dismissal in the regulations for employment of disabled persons are often expounded as these frequently represent the reasons for enterprises to refrain from employing persons with disabilities.

  • The detailed design of integrative vocational training will be an important topic in near future with regard to the integration of young persons with special needs. The success of integrative vocational training will depend on this concretion and the creation of appropriate framework conditions (e.g. integration into vocational schools).

  • A common concern of both, the main actors as well as the providers of measures in the field of integration of young persons with special needs into the labour market is the question of financing, in case the so-called "billion for disabled" will not be continued. As many measures had only become possible with the "billion for disabled", the termination of these financing means would result in an extreme decrease of the measures offered.

Requirements of young persons with special needs

Two different approaches towards the problem of work and young persons with special needs can be identified. A visionary and future-oriented approach, trying to realize an open society and a complete inclusion of people with disabilities, and an approach, adapted to the actual situation on the labour market and acting on the assumption of unlimited employment possibilities. In addition, there are concepts planning preparation and training possibilities for youngsters and taking into account employment forms alternative to classic employment.

The target group of young persons with special needs mainly consists of persons having finished school and having a need for special pedagogic promotion. This "being different" is experienced by both, young persons in special schools as well as by those in integration classes and is part of their identity development. The wish for social status which is no longer experienced to be inferior clearly emerges and becomes obvious in the urgent wish for a job. The employment outside the family and their homes prevails. This can, in a first step, be the participation in courses, qualification or orientation projects, the target, nevertheless, is a job which results in material and immaterial acknowledgement and allows the young persons an autonomous and self-determined and more or less independent life.

The possibilities to prepare the young persons for employment within the last or last two years of compulsory education are limited. Young persons with special needs need more time, individual mentoring and experience- and know-how-oriented pedagogic than is offered in school. During adolescence the topics leisure time, friends and relationships gain importance and the interest in school partly decreases. The target group of youngsters with special needs also include those who already left school and are no longer accessible for education in school. Via non-formal ways of learning in combination with work it could most probably be possible to keep alive or regain the interest of the young persons in learning and training.

After having finished compulsory education and after phases of unemployment young persons need a period of stabilisation and orientation. Young persons from difficult family relationships, with problems of addiction and various psychological diseases need time to build up solid relationships and friendships to clarify their terms of life and to develop an identity as young adult. To be able to orient themselves in the world of employment and work young persons need information on work and training possibilities and the chance to experience them, i.e. to try various possibilities and to experience different fields of learning and working. Continuous individual care on the one hand and life and work experience on the other hand seem to be a good combination allowing for support according to the current performance level which changes during adolescence.

A stronger permeability of the system would be conducive in the institutional environment of the young persons. The youngsters already have the possibility to switch between various measures and forms of employment but the framework conditions are unclear and the switching processes are characterised by phases of unemployment. Training- or work-oriented job offers and different practical courses up to (assistance-oriented) jobs at the first labour market should be organised permeably, accessible in a combined way and should be harmonised. The permeability of the system should be attained with regard to the first labour market and also contain possibilities to exit the system. Thereby, the young persons should continuously and individually be accompanied during the entire transition period and the period afterwards (to maintain work). Close regional co-operation in professional networks could facilitate the change between the measures. A completion of the labour market-oriented offers with leisure and lodging related offers and therapies comes close to the holistic approach and the various needs of youngsters. And, finally, integrative training and qualification forms prepare for an "integrative form of employment".

Summarising the following factors which could have decisive effects on the integration into the labour market and which build the basic columns of a possible promotion beside stabilisation and work and labour market orientation could be identified:

  • (Follow-up) education

  • development of personality

  • qualification

The youngsters partly have problems with writing, reading, and arithmetic as well as deficits in general knowledge which are not primarily caused by their disabilities and could, therefore, be avoided. The integration concepts usually end with compulsory education. Training for seconddary and vocational schools is only partly accessible; the possibilities for external education on the adult education market are limited. In the case of certain disabilities, education is only possible at high expenses and with a lot of family engagement. Some specialised courses for the blind and deaf could be regarded as (absolutely reasonable) job offers and not as educational establishment or qualification for the first labour market. In the course of modernisation new training possibilities are currently created. Experts hope that the part-qualification gained during the integrative vocational training will result in the improvement of employment chances of young persons with disabilities.

In the field of personality development the factor time plays an essential role as youngsters with special needs are often affected by a delay in their development. They frequently do not have the necessary maturity to make an occupational choice or to take up a job and to keep it. For the incorporation into the first labour market the employability skills, that are key skills and social and communicative competences are important. Experts, however, criticise the lacking attitude and unrealistic vision towards work which can be traced back to a lack of role models for youngsters with social disabilities. In case young persons with disabilities or diseases are overprotected by their families and unchallenged in school, this can result in too low frustration tolerance and a contra-productive attitude towards work. Insufficient self-esteem results on the one hand in low self-confidence and on the other hand in an unrealistic and overreaching selfassessment. Unrealistic visions with regard to work are the result of lacking knowledge about job profiles and education possibilities and of an incorrect self-assessment of one's own abilities. This can be avoided by specific feedback about abilities and progress of personality development from the familiar surrounding. Attainable requirements, the way of small steps of success and a reduction of stress in the private surrounding of the young persons will contribute to rising motivation of the youngsters, which is decisive for the staying power and the attainability of their intended career.

A rather cumbering situation arises for families with youngsters with severe physical deficits, slow motor functions or communication, if they want to continue the integrative school system. For youngsters who do not want to accept the offer of a sheltered workshop there are hardly any possibilities for qualification or education. They are not accepted in qualification, training or job arrangement programmes as they are "not good enough" or "too slow". Especially for these youngsters, ICT could offer chances for integration. This period of life is in so far difficult for the parents of youngsters with deficits as they realise the necessity of the child's disentanglement from the family, but, at the same time do no see the chances from outside which they wish for their child: promotion of potential, qualification, (integrative) leisure time activities, financial security in the case of job failure, transport and personal assistance, whereby the latter could also be experienced ambivalently by the parents.

Besides these three factors, the family has a large influence on the labour market integration of the youngsters. Financial, time, and personal resources of the family can be regarded as conducive, enabling early and best possible promotion. Furthermore, the employment of one parent as role model and a stable contact person are important for the personal development of the youngsters. Exchange of information and experience between the parents can also be beneficial. In case of a difficult family situation an intervention within the family is partly necessary, whereby the youth welfare office concentrates on the most important problems and the care for younger brothers and sisters. By solving family problems, resources for and from the youngsters could be released which might have positive effects on the labour market integration.

Concept for the extension of measures for young persons with special needs

Based on the experiences of the analysis of the situation of young persons with special needs at the interface of school and work, that is after having analysed the supply and demand side in this area, a concept for a continuous and effective promotion system was developed. This concept mainly tries to transform the requests of the main actors and the providers of the measures regarding further development of promotion measures as well as the assessed demands of the young persons into action strategies. The main cornerstones of the concept concern the following topics:

  • Promotion of target groups: A comprehensive extension of integrative, target group specific measures shall be guaranteed at the transition from school to work.

  • Fields of promotion: It should be the aim to continue integration in the 9th grade, to guarantee the continuity of care after having finished compulsory education, to realize integrative vocational training and to provide access to institutions of higher education for young persons with special needs as well as to create the preconditions for an "integrative labour market" in enterprises.

  • Promotion instruments: Approved promotion measures should be extended and individualised. Additionally quality standards for projects should be developed.

  • Permeability of the promotion system: The changeover between the first and the second labour market and occupational therapy has to be facilitated.

  • Institutional responsibilities: The institutional responsibilities need to be transparent and operational terms and standards should be harmonised.

  • Networking: Networking activities have to be increased at horizontal and vertical level.

  • Sustainability: A continuous support policy shall provide a permeable promotion system for children and youngsters with special needs.

  • Sensitisation and public relation activities: The sensitisation of the public for the concerns of persons with special needs shall be the basis for successful integration into all fields of life.

Integration of young persons with disabilities into extracurricular youth work

Extracurricular youth work promotes social competences and key skills which are also required on the labour market by experience and know-how oriented pedagogic. It also offers and a wide field of encounters between the youngsters. While some groups of young persons with special needs are well included in extracurricular youth work, the leisure time necessities of youngsters with disabilities are not paid enough attention. There is a lack of awareness, there is only a limited number of possibilities for youngsters with disabilities and the projects and activities in youth work vary extremely with respect to the quality of integration.

For a successful integration, continuous contacts between disabled and not-disabled youngsters are necessary. A good possibility in this regard is provided by opening common spare time facilities to youngsters with disabilities. This allows for a participation in activities in the near surrounding which is an important precondition for social integration. Whether young persons with disabilities can accept the offer of extracurricular youth work, last but not least, depends on their infrastructural barrier-free access and the engagement of the unsalaried youth supervisors on the spot. It would be helpful for these youth supervisors, if integration is a topic in their training and if they have contact persons in and outside the organisation. Promotion of integration at all levels of extracurricular youth work is demanded from managers and representtatives of large Austrian youth organisations.

Strategies and measures for the integration of young persons with disabilities in extracurricular youth work have therefore been formulated in the fields of structure/promotion/policy, information, networking, and participation. These are oriented at the needs of disabled young persons. Necessary changes of framework conditions are highlighted and structural improvements of the organisation and the co-operation of youth work are scheduled.

1 Einleitung

In unserer Gesellschaft hat die Anteilnahme am Erwerbsleben höchste Bedeutung erlangt. Sowohl der Einzelne als auch die Gemeinschaft bewerten sich und andere in hohem Maße über die Arbeitstätigkeit und -leistung. Neben diesem ideellen Wert der Arbeitsleistung ist Berufstätigkeit aber auch die nachhaltige Sicherung der materiellen Existenz. Gerade für Menschen mit Behinderung ist es jedoch besonders schwer, einen Arbeitsplatz am ersten Arbeitsmarkt zu erlangen oder zu erhalten. Tatsächliche Leistungsbeeinträchtigungen oder -schwankungen, aber auch Vorurteile und Ängste führen dazu, dass Unternehmen die Arbeitskraft behinderter Menschen in geringerem Maße nachfragen. Ziel der österreichischen Bundesregierung bei der beruflichen Integration behinderter Menschen ist es, ihre Teilnahme am Arbeitsleben im Rahmen von sozialversicherungsrechtlich abgesicherten Arbeitsverhältnissen oder einer selbstständigen Erwerbstätigkeit als UnternehmerIn zu fördern.

Insbesondere Jugendliche mit Behinderung stellen in diesem Zusammenhang eine wichtige Zielgruppe dar. Mit dem Abgang aus der Pflichtschule entsteht für viele Jugendliche ein Bruch in der Betreuungskontinuität. Seit dem Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG 1994) gibt es keine gesetzliche Meldepflicht der Schulverwaltung an das AMS und keine institutionalisierte Betreuung von Jugendlichen mit Behinderung mehr. Diese Personengruppe mündet nach Verlassen der Grundschule in verschiedensten Einrichtungen und Maßnahmen, ein nicht unbeträchtlicher Teil bleibt im Familienverband ohne jegliche Betreuungs- und Berufsperspektive. Ein flächendeckendes Auffangnetz bzw. Betreuungssystem für behinderte SchülerInnen fehlt, es bestehen große Mängel hinsichtlich der Integration in weiterführenden Schulen und in die Arbeitswelt und die Berufsausbildungsmöglichkeiten im dualen System sind begrenzt. Die Jugendlichen werden von verschiedensten Einrichtungen, Projekten und in einer Vielzahl punktueller Einzelmaßnahmen auf die berufliche Integration vorbereitet, die zum Teil innerhalb kürzester Zeit entstanden sind und sich regional unterschiedlich entwickelt haben. Zwar ist damit eine breite Infrastruktur an Beratungs- und Unterstützungsstellen vorhanden, eine Vernetzung und gegenseitige Abstimmung sowie Koordination der MaßnahmenträgerInnen besteht jedoch noch nicht in ausreichendem Maße. Dies erschwert es insbesondere Jugendlichen mit Behinderung, jene Hilfe zu finden, die sie tatsächlich benötigen würden.

Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (BMSG) die KMU FORSCHUNG AUSTRIA gemeinsam mit den Instituten Social Research and Analysis (SORA) und Analyse, Beratung und Interdisziplinäre Forschung (abif) beauftragt, eine Forschungsstudie über die Maßnahmen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen durchzuführen. Im Fokus dieses Forschungsauftrages stehen die Anbieter von Maßnahmen sowie das Umfeld von Menschen im Alter von 13 bis 24 Jahren mit körperlichen, geistigen, psychischen Behinderungen und Sinnesbehinderungen. Einbezogen wurden auch Jugendliche mit Lernbehinderungen bzw. schweren sozial und emotional bedingten Verhaltensauffälligkeiten, die bei der Eingliederung in das berufliche Erwerbsleben mit besonderen Schwierigkeiten rechnen müssen.

In den Kapiteln 2 und 3, die von der KMU FORSCHUNG AUSTRIA verfasst wurden, erfolgt eine kurze Darstellung der Behindertenpolitik in Österreich sowie eine Analyse des Ist-Zustandes der Maßnahmenlandschaft für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen. Themenschwerpunkte sind dabei das Leistungsangebot für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen an der Schwelle Schule / Beruf, die konkreten Zielsetzungen der in diesem Bereich tätigen Organisationen, ihre Ausstattung, ihre Erfahrungen im Bereich der Vernetzung und Zusammenarbeit mit anderen relevanten Akteuren und schließlich die Entwicklungsperspektiven für die nächsten Jahre bzw. zukünftige Arbeitsschwerpunkte.

Die Situation der Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen, ihr Lebensumfeld, ihre Wünsche, Bedürfnisse und Lebensplanungsprozesse sind Gegenstand der Kapitel 4 und 5, die von SORA und abif erstellt wurden. Im Kapitel 4 sind die wesentlichen Aspekte der Lebenssituationen von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen dargestellt, die im Zusammenhang mit einer angestrebten Erwerbstätigkeit stehen. In Kapitel 5 erfolgt eine Beschreibung der Sichtweise der Jugendlichen selbst.

Basierend auf der Analyse der Lebenssituation der Jugendlichen und ihrem Umfeld sowie des Fördersystems für diese Personengruppe erarbeitete SORA ein Konzept für die zukünftige Maßnahmengestaltung (Kapitel 6). Dieses soll als Planungsgrundlage für den weiteren Ausbau von Maßnahmen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen an der Schnittstelle Schule / Beruf dienen. Hintergrund bildet die allgemeine Zielsetzung der Schaffung eines durchgängigen Fördersystems für Menschen mit Behinderungen.

In Kapitel 7 analysiert abif die Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen in der außerschulischen Jugendarbeit. Vor dem Hintergrund der Darstellung der Jugendorganisationen in Österreich und ihrem Integrationsgrad werden praktische Beispiele außerschulischer Integration dargestellt und Hemmschwellen bzw. fördernde Faktoren herausgearbeitet. Schließlich werden Strategien vorgestellt, die die Integration in Jugendeinrichtungen und bei Jugendveranstaltungen fördern sollen.

2 Behindertenpolitik in Österreich

Die Behindertenpolitik ist in Österreich als Querschnittsmaterie[1] geregelt, da die Kompetenzbestimmungen der Bundesverfassung keinen eigenen Tatbestand der Behindertenhilfe oder der Rehabilitation kennen. Somit beinhalten eine Vielzahl von Bundes- und Landesgesetzen Rechtsnormen, die für behinderte Menschen von Bedeutung sind. Gesetzliche Grundlage bildet der allgemeine Gleichheitsgrundsatz in der Bundesverfassung (Art.7 Abs.1 B-VG), der 1997 eine Ergänzung um folgende Sätze erfuhr: "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten." Damit wurde in der Verfassung zum einen ein Diskriminierungsverbot auf Grund der Behinderung verankert, zum anderen eine Staatszielbestimmung, die die Gebietskörperschaften verpflichtet, sich vermehrt um die Förderung behinderter Menschen zu kümmern und deren Gleichbehandlung zu forcieren.

Als Instrument zur Koordinierung der österreichischen Behindertenpolitik gilt das Bundesbehindertengesetz 1990 (BBG). Das Gesetz sieht die Verpflichtung der Rehabilitationsträger (Sozialversicherung, Bund, Bundesländer, Arbeitsmarktservice) vor, ihre Maßnahmen aufeinander abzustimmen. Ebenso regelt es die Möglichkeit der Zuwendungen aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderungen. Ein einheitlicher Behindertenpass für all jene Menschen, die einen Grad der Behinderung von mindestens 50 % aufweisen, dient als Nachweis der Behinderung bei Behörden, Versicherungen und Inanspruchnahme von Vergünstigungen.

Im schulischen Bereich sind die Schulreformpakete 1993 und 1996 relevant, die den gemeinsamen Unterricht behinderter und nicht behinderter Kinder, d.h. die schulische Integration, in der Volksschule bzw. in der Sekundarstufe I (Hauptschule, AHS-Unterstufe) im Regelschulwesen vorsehen.

Die Behindertenpolitik ist in Österreich auf Grund des Behindertenkonzepts (1992), das die Leitlinie der Bundesregierung in der Behindertenpolitik darstellt, an u.a. folgenden Grundsätzen orientiert:[2]

  • Prävention: Vermeidung des Entstehens von Behinderungen durch Vorsorgemaßnahmen;

  • Integration: Bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben;

  • Normalisierung: Das Leben Behinderter soll sich möglichst wenig von dem Nichtbehinderter unterscheiden;

  • Selbstbestimmung und Hilfe zur Selbsthilfe;

  • Finalität: Die Hilfe wird unabhängig von der Ursache der Behinderung gewährt;

  • Fließende Übergänge: Die Hilfen für behinderte Menschen müssen einander ergänzen;

  • Rehabilitation: Vor der Bewilligung von Renten sind alle Möglichkeiten der Rehabilitation zu setzen;

  • Mobile/ambulante Hilfe: Mobiler und ambulanter Hilfe ist der Vorzug vor stationärer zugeben;

  • Zugänglichkeit: Hilfen müssen durch Information und Beratung zugänglich gemacht werden.

Aus diesen Grundsätzen wurden Zielsetzungen und Vorhaben entwickelt, die teilweise bereits umgesetzt wurden bzw. in Planung sind:

  • Frühförderung und Ausbau integrativer Kinderbetreuungseinrichtungen;

  • Integration behinderter Kinder und Jugendlicher in die Schule;

  • Integration behinderter Menschen am offenen Arbeitsmarkt;

  • Verbesserung der Zugänglichkeit öffentlicher Einrichtungen;

  • Benützbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel für behinderte Menschen;

  • Verbesserung im Gesundheitswesen.

Daneben ist ein wichtiges Anliegen der Politik, Sensibilisierungsmaßnahmen der Öffentlichkeit zu setzen, um Vorurteile behinderten Menschen gegenüber abzubauen und die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen am öffentlichen Leben zu fördern. Die Maßnahmen reichen von regionalen Initiativen (z.B. JobOskar der "Job-Allianz" Steiermark) über nationale Informationstage bis zu Initiativen im Rahmen des Europäischen Jahres der Menschen mit Behinderungen (siehe unten).

Wichtigstes Regelwerk im Bereich des Arbeitsmarktes ist das Behinderteneinstellungsgesetz, das auf begünstigte Behinderte (Personen, die einen Grad der Behinderung von mindestens 50 % haben) anwendbar ist. Es ruht auf den drei Säulen Beschäftigungspflicht, finanzielle Anreize und Schutzrecht. Die Beschäftigungspflicht sieht für jeden Arbeitgeber, der 25 oder mehr ArbeitnehmerInnen beschäftigt, vor, auf je 25 Beschäftigte einen begünstigten Behinderten einzustellen. Wenn der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nachkommt, hat er für jede nicht besetzte Pflichtstelle eine Ausgleichstaxe (€ 196,22/Monat) zu entrichten. Im Jahr 2001 waren 65 % der 84.869 Pflichtstellen besetzt, d.h. auf 54.818 Pflichtstellen waren begünstigte Behinderte beschäftigt, 30.051 dieser Stellen blieben unbesetzt. Der Ausgleichstaxfonds, der durch diese Mittel gespeist wird, fördert Menschen mit Behinderungen zur Integration am Arbeitsmarkt und Arbeitgeber, die behinderte Arbeitnehmer beschäftigen. Zuletzt wurden rd. € 53,7 Mio an Ausgleichstaxe vorgeschrieben.[3]

Schließlich genießen die behinderten ArbeitnehmerInnen einen Kündigungsschutz, d.h. die behinderten ArbeitnehmerInnen können nur gekündigt werden, wenn der beim Bundessozialamt eingerichtete Behindertenausschuss der Kündigung zustimmt.

Die Behindertenmilliarde[4], die Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung für behinderte Menschen, setzt seit 2001 neue Impulse in Hinblick auf die Integration von Behinderten in den Arbeitsmarkt. Auf Grund der Problemfelder Einstieg und Wiedereinstieg in den offenen Arbeitsmarkt, Sicherung gefährdeter Arbeitsfelder und Integration von behinderten Menschen mit besonderen Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt wird die Behindertenmilliarde v.a. für

  • behinderte Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf oder aus Integrationsklassen;

  • die Aufrechterhaltung bestehender Arbeitsplätze v.a. von Menschen mit Behinderungen höheren Alters;

  • die Eingliederung von behinderten Menschen mit besonderen Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt (v.a. psychisch beeinträchtigte und sinnesbehinderte Personen) in das Erwerbsleben eingesetzt.

Das Maßnahmenpaket der Behindertenmilliarde umfasst für

  • behinderte Jugendliche: Integrationsbeihilfen, Job Coaching, Nachreifungs- und Qualifizierungsprojekte, Arbeits- und Bildungsassistenz, Clearing, Studien- und Lehrlingsbeihilfen;

  • ältere Menschen mit Behinderungen: Integrationsbeihilfen, Arbeitsplatzsicherungsbeihilfen, Förderung der Fortbildung;

  • Behinderte mit besonderen Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt: Integrationsbeihilfen, Arbeitsassistenz, Qualifizierungs- und Beschäftigungsprojekte, Schaffung und Absicherung von Arbeitsplätzen in integrativen Betrieben.

Jüngste gesetzliche Regelung, die die Integration behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt tangiert, ist die integrative Berufsausbildung im Berufsausbildungsgesetz, die im September 2003 in Kraft getreten ist. Es beinhaltet die Möglichkeit der Absolvierung einer Teillehre für behinderte Jugendliche bzw. die Möglichkeit, die Lehrzeit bedarfsgerecht zu verlängern.

Die Neuorientierung in der Behindertenpolitik im Allgemeinen und in der Arbeitsmarktpolitik für behinderte Menschen im Besonderen führte zu einer Reorganisation der Hauptakteure im diesem Bereich. Das Bundessozialamt (BSB) fungiert als Drehscheibe bei der beruflichen Rehabilitation, Integration und umfassenden Beratung und Begleitung von Menschen. Es ist der einzige arbeitsmarktpolitische Akteur, der sich unabhängig von Behinderungsform, Ursache der Behinderung oder Lebensalter mit den Themenkreisen Behinderung und Rehabilitation/ Integration befasst. So versteht sich das BSB als Kompetenzzentrum und zentrale Anlaufstelle. Mit den anderen Hauptakteuren Arbeitsmarktservice (AMS) und Landesregierung erfolgt eine klare Arbeitsteilung. Das Arbeitsmarktservice setzt Maßnahmen für diejenigen Menschen mit Behinderung, deren Eingliederung in den Arbeitsmarkt relativ kurzfristig und problemlos zu erreichen ist. Das Bundessozialamt begleitet die große, breit gefächerte Gruppe der Menschen mit Behinderung, zu deren Eingliederung in den Arbeitsmarkt gezielte, spezifische und längerfristige Maßnahmen und Unterstützungsangebote benötigt werden. Die Länder sind wiederum zuständig für behinderte Menschen, die für eine Erwerbstätigkeit am ersten Arbeitsmarkt nicht mehr in Frage kommen.[5]

Behindertenpolitik in der EU

Die Integration von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen ist der EU seit jeher ein großes Anliegen, wie zahlreiche Programme der Vergangenheit (HELIOS II, Employment-Horizon) dokumentieren. Die Maßnahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) konzentrieren sich zurzeit auf vier Schwerpunkte:

  • Bekämpfung von (Langzeit-)Arbeitslosigkeit und Heranführung von Menschen mit Behinderungen an den Arbeitsmarkt: Einsatz von aktiven arbeitsmarktpolitischen Instrumenten zur (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt;

  • Förderung von ausgebildeten Arbeitskräften sowie der Innovation und Anpassung der Arbeitsorganisation im Rahmen präventiver arbeitsmarktpolitischer Aktivitäten;

  • Sensibilisierung der Öffentlichkeit im Allgemeinen und der DienstgeberInnen im Besonderen durch gezielte Informationsarbeit;

  • Weiterentwicklung der organisatorischen Rahmenbedingungen.

Mit dem Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen 2003 will die EU folgende Ziele erreichen[6]:

  • Sensibilisierung für den Diskriminierungsschutz und die Gleichberechtigung

  • Behinderter;

  • Förderung der Chancengleichheit;

  • Förderung beispielhafter Verfahren und Strategien (Best Practice Modelle);

  • Stärkung der Zusammenarbeit aller Beteiligten im Behindertenbereich;

  • Positive Darstellung der Menschen mit Behinderungen;

  • Sensibilisierung für die Heterogenität der Bevölkerungsgruppe der Menschen mit Behinderungen und die Vielfalt der Behinderungen;

  • Sensibilisierung für die vielfältigen Formen der Diskriminierung behinderter Menschen;

  • Besondere Sensibilisierung für die Rechte behinderter Kinder und Jugendlicher im Bildungsbereich.

Die Maßnahmen sollen sowohl auf europäischer Ebene (Treffen, Veranstaltungen, Konferenzen, Information und Werbung, Studien) als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten (Veranstaltungen, Informationskampagnen, Preise und Wettbewerbe, Studien) gesetzt werden. Die von Österreich gesetzten Maßnahmen reichen von der Einrichtung einer Homepage (www.gleichanders.at), über Wettbewerbe (JobOskar, SchulOskar, MedienOskar, Gemeinde-Oskar) bis zu Veranstaltungen und Medienschwerpunkten. So sendete z.B. der ORF in Ö1 eine Dokumentationsreihe über die Lebenssituation von behinderten Menschen, die Bundesregierung erstellte und veröffentlichte den "Bericht zur Lage behinderter Menschen in Österreich".

Arbeitslosigkeit unter Menschen mit Behinderung

Im Jahr 2003 waren 30.500 aller Arbeitslosen Menschen mit Behinderung, das sind 13 % aller arbeitslos gemeldeten Personen. 35 % der behinderten Arbeitslosen waren Frauen, 6 % waren Jugendliche und 33 % waren ältere Menschen über 50 Jahren. An den Gesamtarbeitslosen stellen die behinderten Frauen und die älteren Behinderten einen Anteil von jeweils 4 % und die jugendlichen Behinderten einen Anteil von 1 %. Die Anzahl der Behinderten ohne Arbeit ist im Jahr 2003 gegenüber dem Vorjahr um 2 %, das entspricht rd. 500 Personen, gesunken (siehe Tabelle 1).

Der überwiegende Teil der arbeitslos vorgemerkten Behinderten ist körperbehindert. 1999 waren dies 81 %. Weitere 15 % fielen in die Gruppe der psychisch Behinderten, "nur" 3 % zählten zu den geistig Behinderten und 1 % der arbeitslosen Behinderten im Jahr 1999 war sinnesbehindert.

Tabelle 1: Arbeitslos vorgemerkte Behinderte und begünstigte Behinderte

 

1999

2000

2001

2002

2003

Anteil 2003[a]

Behinderte

           

insgesamt

39.378

32.146

29.767

31.037

30.545

13 %

Veränderung absolut

-1.162

-7.232

-2.379

+1.270

-492

 

Veränderung zum Vorjahr in %

-2,8%

-18,4%

-7,4%

+4,3%

-1,6%

 

nach Geschlecht

           

Frauen

14.431

11.886

10.916

11.043

10.764

4 %

Männer

24.947

20.260

18.851

19.994

19.781

8 %

nach Alter

           

Jugendliche (15 - 24-jährige)

-

2.423

2.220

1.877

1.955

1 %

25 - 49-jährige

-

19.408

18.198

18.538

18.416

8 %

Ältere (50 und mehr Jahre)

-

10.317

9.349

10.623

10.175

4 %

davon begünstigte Behinderte [b]

           

insgesamt

5.324

4.760

4.719

5.180

5.344

2 %

Veränderung absolut

+125

-564

-41

+461

+164

 

Veränderung zum Vorjahr in %

+2,4%

-10,6%

-0,8%

+9,8%

+3,2%

 

nach Geschlecht

           

Frauen

1.872

1.706

1.661

1.803

1.873

1 %

Männer

3.452

3.054

3.058

3.377

3.471

1 %

[a] Anteil an der Gesamtarbeitslosigkeit 2003 in Prozent

[b] Personen mit einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestes 50 % Quelle: Arbeitsmarktservice (AMS)

18 % der behinderten Arbeitslosen (rd. 5.300 Personen) im Jahr 2003 waren begünstigte Behinderte (davon 35 % Frauen), das sind Personen, die einen Grad der Behinderung von mindestens 50 % haben und im Erwerbsleben besonderen Schutz, nämlich einen Entgelt- und Kündigungsschutz, genießen. Gegenüber 2002 ist die Anzahl der begünstigten Behinderten ohne Arbeit um 3 % gestiegen. Insgesamt zählten 2003 2 % aller arbeitslos gemeldeten Personen zu den begünstigten Behinderten. Andererseits gingen im Jahr 2003 von den insgesamt 89.900 begünstigten Behinderten in Österreich 59.000 einer Beschäftigung nach. Dabei waren 94 % der beschäftigten begünstigten Behinderten unselbstständig tätig (siehe Tabelle 2). Die Zahl der begünstigten Behinderten, die einer (selbstständigen oder unselbstständigen) Beschäftigung nachgehen, steigt -ähnlich wie die Gesamtbeschäftigung - kontinuierlich an. Im Jahr 2003 waren um 3,3 % bzw. 1.900 begünstigte Behinderte mehr beschäftigt als im Vorjahr.

Tabelle 2: Beschäftigte begünstigte Behinderte

 

1999

2000

2001

2002

2003

Anteil 2003[a]

insgesamt

52.333

54.592

56.212

57.101

59.013

100%

Veränderung absolut

+2.412

+2.259

+1.620

+889

+1.912

 

Veränderung zum Vorjahr in %

4,8%

+4,3%

+3,0%

+1,6%

+3,3%

 

davon selbstständig Beschäftigte

3.019

3.166

3.327

3.402

3.614

6%

davon unselbstständig Beschäftigte

49.314

51.426

52.885

53.699

55.399

94%

[a] Anteil an den beschäftigten begünstigten Behinderten 2003 in Prozent

Quelle: Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG)

Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen

Im Schuljahr 2002/2003 wurden über 28.000 SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) in Sonderschulen bzw. in Integrationsklassen von Volks-, Haupt-, oder Polytechnischen Schulen unterrichtet. Damit ist die Zahl der SPF-SchülerInnen gegenüber dem Vorjahr um mehr als 3 % gestiegen. Während aber die Zahl der SchülerInnen an Sonderschulen in den letzten Jahren nahezu kontinuierlich sank, stieg die Anzahl der SchülerInnen mit SPF an Hauptund Polytechnischen Schulen stark, an Volksschulen pendelte sich die Anzahl bei knapp 6.500 ein. Dies ist auf die verstärkten Integrationsbemühungen vor allem in den weiterführenden Schulen (Sekundarstufe I) zurückzuführen.

Tabelle 3: Anzahl der SchülerInnen in Sonderschulen und in Integrationsklassen mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF)

 

1999/2000

2000/2001

2001/2002

2002/2003

Anteil 2002/2003 [a]

insgesamt

27.155

27.109

27.402

28.373

 

Veränderung zum Vorjahr in %

+4,8%

-0,2%

+1,1%

+3,5%

 

Sonderschule

14.521

13.602

13.337

13.466

100%

Volksschule

6.294

6.492

6.365

6.455

1,7%

Hauptschule

6.115

6.740

7.313

7.978

3,0%

Polytechnische Schule

225

275

387

474

2,3%

[a] Anteil der SchülerInnen mit SPF an den SchülerInnen des jeweiligen Schultyps insgesamt Quelle: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (BMBWK)



[1] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a)

[2] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a)

[3] Vgl. Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a)

[4] Vgl. Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen (BMSG): Die Behindertenmilliarde.

[5] Vgl. Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen (BMSG): Bundesweites Arbeitsmarktpolitisches Behindertenprogramm (BABE)

[6] Vgl. Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2002b)

3 Maßnahmen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen und handelnde Institutionen

Österreich verfügt über ein breites Angebot an Maßnahmen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen an der Schwelle Schule / Beruf. Zahlreiche Organisationen sind im Bereich der Integration tätig. Im Folgenden werden die angebotenen Leistungen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen, die Zielsetzungen und Zielgruppen der in diesem Bereich tätigen Organisationen sowie KooperationspartnerInnen und Entwicklungsperspektiven der Akteure dargestellt. Die Ergebnisse basieren auf der Analyse von 43 ExpertInneninterviews. Befragt wurden VertreterInnen aller Landesstellen des Bundessozialamts (BSB), aller neun Bundesländer, die in den Landesregierungen für Behindertenangelegenheiten zuständig sind, das AMS, VertreterInnen aus dem Schulbereich, die Sozialpartner, die "Big Player" der Maßnahmenanbieter sowie einige kleinere Anbieter von Maßnahmen zur Unterstützung von Jugendlichen mit Behinderung. Eine Tabelle im Annex gibt einen Überblick über den Status quo der Förderlandschaft.

3.1 Leistungsangebot

Bundessozialamt (BSB)

Alle Landesstellen des Bundessozialamts (BSB) bieten für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen Clearing, Arbeitsassistenz, Job Coaching, Nachreifungs- und Qualifizierungsprojekte sowie Integrationsbeihilfen an.

  • Clearing: Am Übergang zwischen Schule und Beruf wird den Jugendlichen eine Klärung über den gewünschten und realisierbaren Lebensweg aufgezeigt, die in einen Entwicklungs- und Karriereplan münden soll. Clearing wird von allen Landesstellen des Bundessozialamts angeboten und wurde im Zuge der Implementierung der Behindertenmilliarde initiiert. Einige Landesstellen des Bundessozialamts bieten Clearing in Kombination mit anderen Leistungen an. So können Jugendliche in Wien z.B. auf eine Mischform Clearing in Kombination mit einer halbjährigen Integrationsbegleitung zurückgreifen.

  • Arbeitsassistenz: Die Arbeitsassistenz wurde mit der Behindertenmilliarde adaptiert und steht nunmehr als Arbeitsassistenz für Jugendliche ausschließlich dieser Zielgruppe zur Verfügung. Die Arbeitsassistenz hilft den Jugendlichen bei der Jobsuche und versteht sich als Serviceeinrichtung für Jugendliche und Betriebe gleichermaßen, um Problemen im Arbeitsalltag von Behinderten zu begegnen.

  • Job Coaching: Das Job Coaching kann als individualisierte Arbeitsassistenz gesehen werden. Die Jobcoaches unterstützen Personen mit Behinderung z.B. auf ihrem Weg in die Arbeit, bei der Eingliederung in die Strukturen des Betriebes und um den Anforderungen am Arbeitsplatz gerecht zu werden.

  • Nachreifungsprojekte: Jugendliche mit Behinderungen haben vielfach Schwierigkeiten, direkt nach der Schule in Qualifizierungsprojekte einzusteigen und diese erfolgreich zu absolvieren. Nachreifungsprojekte werden daher vorgeschaltet, um den Jugendlichen die Teilnahme an Qualifizierungsprojekten zu ermöglichen. Häufig geht es auch um die Vermittlung von Grundtugenden der Arbeitswelt (z.B. Pünktlichkeit, Einordnung, Leistungserbringung, etc.).

  • Qualifizierungsprojekte: Die Palette von Qualifizierungsprojekten reicht von Anlehren im handwerklichen Bereich (z.B. Tischlerei) über den gastronomischen Bereich (Koch / Köchin, KellnerIn, KüchengehilfIn), den Gartenbereich (GartenhelferIn) und dem Bürobereich bis hin zu EDV-Qualifizierungen.

  • Integrationsbeihilfen: Im Rahmen von Integrationsbeihilfen werden Betriebe, wenn sie behinderte Jugendliche einstellen, (finanziell) unterstützt.

Neben diesen allgemeinen Angeboten, die in allen Bundesländern zu finden sind, gibt es in den einzelnen Landesstellen des Bundessozialamts "Spezialangebote". Die Kärntner Arbeitsstiftung bietet z.B. Berufsorientierung und Bewerbungstraining an und versucht direkt Lehrverhältnisse zu vermitteln. Die Wiener Landesstelle des Bundessozialamts bietet u.a. Lehreinstellungsbegleitungen oder Berufsvorbereitungslehrgänge an sowie ein Informationszentrum (Faktor i) für junge Menschen mit Handicap, das im Bereich Vernetzung tätig ist. Das steirische Modell der Teilqualifizierung gilt als Vorbild für die nun gesetzlich verankerte Möglichkeit der Teilqualifizierung im Rahmen der integrativen Berufsausbildung. In der Steiermark liegt zudem ein Schwerpunkt des Angebots für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen auf Projekten für Unternehmen, die Personen mit Behinderung einstellen, wie den JobOskar oder ein Personalleasingprojekt. Auch in Vorarlberg wird besonderes Augenmerk auf die Zusammenarbeit mit den Betrieben gelegt.

In allen Landesstellen des Bundessozialamts kam es auf Grund der Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung (Behindertenmilliarde) zu einem massiven Ausbau des Leistungsangebots. Vor allem die Projekte, die ausschließlich für Jugendliche konzipiert sind, konnten in Folge der Höherdotierung initiiert und die bis dato bestehende Lücke an der Schnittstelle Schule / Beruf zum Teil geschlossen werden.

Grundsätzlich ist das Bundessozialamt mit dem bestehenden Instrumentarium zufrieden, eine laufende Weiterentwicklung wird aber angestrebt, um das Leistungsangebot zu verbessern. Besonders bewährt haben sich aus Sicht des BSB das "neue" Instrument des Clearings, das in manchen Bundesländern noch flächendeckend auszubauen ist, und die Arbeitsassistenz für Jugendliche, aber auch Nachreifungs- und Qualifizierungsprojekte.

Arbeitsmarktservice (AMS)

Das Arbeitsmarktservice (AMS) bietet keine direkten Maßnahmen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen an, vermittelt diese aber in Projekte und übernimmt (teilweise) die Finanzierung. Die Finanzierung erfolgt in Form einer Deckung des Lebensunterhaltes für die Jugendlichen während der Teilnahme an den Fördermaßnahmen oder einer Bezahlung der Kurskosten (teilweise in Kooperation mit anderen Akteuren). Die unterstützten Projekte sind Qualifizierungsmaßnahmen (z.B. Sonderausbildung der Gemeinde Wien "Gartenprojekt", Lehrausbildung im Bereich Elektronik bei Siemens, Masseurausbildung für blinde Personen etc.) und Berufsorientierung- und Berufsvorbereitungskurse. Zudem werden die Jugendlichen an Anbieter von Arbeitsassistenzen (z.B. Witaf für gehörlose Personen, Blindeninstitut, Jugend am Werk etc.) vermittelt.

Im Vergleich zu 1999 hat es eine deutliche Aufstockung der angebotenen Ausbildungsplätze gegeben. Eine finanzielle Besserstellung erfolgte vor allem im Jahr 2001. Obwohl alle Maßnahmen für die Integration am ersten Arbeitsmarkt bedeutsam sind, sind die Berufsvorbereitungsmaßnahmen als besonders erfolgreich hervorzuheben. Verbesserungsmöglichkeiten bestehen aus Sicht des AMS unter anderem in einer Ausweitung der Zeitressourcen für Beratungen und der speziellen Beratungsangebote für Jugendliche.

Bundesländer

Die Leistungspalette der Bundesländer reicht von Qualifizierungsprojekten mittels Anlehre und Lehre, Arbeitsassistenz, Job Coaching, Clearing über individuelle Hilfen und Lohnkostenzuschüsse für die Betriebe bis zu geschützten Werkstätten und Beschäftigungstherapien. Vor allem die Maßnahmen zur Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen in den zweiten Arbeitsmarkt werden von den Bundesländern in Abgrenzung zu den anderen Hauptakteuren BSB und AMS verstärkt unterstützt, da die eigentliche Kernklientel der Länder, Menschen mit Behinderungen, die für eine Erwerbstätigkeit am ersten Arbeitsmarkt nicht mehr in Frage kommen, Zielgruppe solcher Maßnahmen ist (siehe Kapitel 2). Grundsätzlich treten die Bundesländer nicht direkt als Maßnahmenanbieter auf, sondern unterstützen Trägerorganisationen bzw. beteiligen sich an Projekten in finanzieller und organisatorischer Hinsicht.

Im Burgenland werden vor allem Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung der Jugendlichen mit Behinderung gefördert. Neben Angeboten zur Berufsfindung, Schulungen, Anlehren und Lehren und Arbeitserprobungen werden z.B. Kfz-Adaptierungszuschüsse gewährt, um die Mobilität der Betroffenen aufrecht zu erhalten. Kärnten unterstützt neben den "klassischen" Instrumenten Arbeitsassistenz, Clearing, Job Coaching, Beschäftigungs- und Vermittlungsprojekten auch die Eltern und Unternehmen. Diese Unterstützungsleistungen für das Umfeld der behinderten Jugendlichen stehen auch in Tirol im Vordergrund.

In Oberösterreich wird neben zahlreichen EU-Projekten, die durch das BSB kofinanziert werden, vor allem auf Qualifizierungsprojekte gesetzt. Paradeprojekt in diesem Bereich ist "Hof Tolet" vom OZIV (Oberösterreichischer Zivilinvalidenverband), in dem Jugendlichen mit geistigen Beeinträchtigungen Schlüsselqualifikationen vermittelt und die konkrete Arbeitssituation in Firmenpraktika geübt werden. Eine fast 100 %-ige Vermittlungsquote auf den ersten Arbeitsmarkt ist die Folge. Auch in der Steiermark werden EU-Projekte unterstützt, so z.B. durch die Beteiligung an der EQUAL-Entwicklungspartnerschaft Styria Integra. Zudem wird die Arbeitsassistenz, die sich hier jeweils an Jugendliche mit spezifischen Behinderungen richtet, forciert. In Wien (MA 12) werden die Anlehre, das Job Coaching, das Clearing und die Arbeitsassistenz unterstützt und eine Individualförderung angeboten. Zudem wird verstärkt versucht, Menschen mit Lernbehinderungen, die im Rahmen von Beschäftigungstherapien untergebracht sind, in den Arbeitsprozess zu integrieren.

Maßnahmen zur Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen in den zweiten Arbeitsmarkt stehen dagegen in Niederösterreich im Vordergrund. Beschäftigungstherapien und geschützte Arbeitsplätze sollen auch Personen mit massiveren Beeinträchtigungen eine Integration in das Arbeitsleben ermöglichen. Unterstützungen zur Integration in den ersten Arbeitsmarkt werden in Form von Lohnkostenzuschüssen gewährt. In Vorarlberg wird unter anderem mit "Spagat" ein Projekt unterstützt, das die Idee der Integrierbarkeit von Schwerbehinderten in den Regelarbeitsmarkt verfolgt. Daneben werden auch in Vorarlberg Arbeitsassistenz, Clearing, Integrationsbeihilfen etc. finanziell gefördert.

Salzburg unterstützt vor allem Projekte für geistig und mehrfach beeinträchtigte Jugendliche

(z.B. Ausbildungszentrum, Rehabilitationswerkstatt, Kooperative Werkstätte, Berufsvorschulungszentrum). Daneben wird die Integrationsassistenz für Lehrlinge unterstützt, da die Vorlehre nur dann als sinnvolles Instrument angesehen wird, wenn dem Vorlehrling und dem / der ArbeitgeberIn zusätzliche Unterstützung gewährt wird.

Gegenüber 1999 hat es in den Bundesländern eine Angebotserweiterung bzw. -änderung im Bezug auf Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen auf Grund von Bedarfssteigerungen und auf Grund von gesetzlichen Änderungen gegeben. In Niederösterreich trat z.B. im Jahr 2000 das neue Sozialhilfegesetz in Kraft, in der Steiermark wurden die Sozialpläne neu entworfen und in der MA 12 in Wien kam es zu Strukturveränderungen. Neben einem Ausbau der Maßnahmen für Jugendliche mit Behinderung und einer flächendeckenden Implementierung z.B. des Clearings, sehen die Bundesländer Verbesserungspotenzial durch die Einführung von Steuerungsinstrumenten und durch eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Schulen und vor allem mit den Unternehmen. Die Wichtigkeit des Know-How-Transfers zu den Betrieben in Bezug auf den Umgang mit behinderten Jugendlichen wird betont.

Schulbereich

Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (BMBWK) und die nachgeordneten Schulbehörden (Landesschulräte) sind für den gesamten schulischen Ausbildungsbereich für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen zuständig und decken damit den Bereich ab, der im Vorfeld der beruflichen Integration von entscheidender Bedeutung ist. Grundsätzlich gibt es die Möglichkeit für Kinder und Jugendliche, Integrationsklassen in allgemeinbildenden Schulen oder sonderpädagogische Zentren zu besuchen. Darüber hinaus werden Maßnahmen im Schulbereich vorgenommen, die speziell auf die Integration in den Arbeitsmarkt zielen.

  • Seit dem Schuljahr 1998 wird in der 7. bzw. 8. Schulstufe Berufsorientierung als verbindliche Übung in allen Schularten durchgeführt. Diese soll die Berufswahlreife und Berufswahlentscheidung herbeiführen.

  • Die Sonderschulen bieten seit 2001 ein Berufsvorbereitungsjahr in der 9. Schulstufe an. Den SchülerInnen sollen grundlegende Fähigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden, die unabhängig von den jeweiligen Tätigkeiten wichtige Einstiegsvoraussetzungen in das Arbeitsleben darstellen. Es können Lebens- und Berufsperspektiven entwickelt und die Arbeit in den Betrieben kennen gelernt werden. Das Konzept des Berufsvorbereitungsjahres ist an das Konzept des Polytechnikums angelehnt, das IntegrationsschülerInnen offen steht.

  • Das Clearing wird an den meisten Schulen angeboten. Dabei kooperieren die Schulen mit den Clearing-Stellen, teilweise findet das Clearing auch in den Schulen statt. Die Schule stellt die Daten der SchülerInnen zur Verfügung. Ein flächendeckender Ausbau dieser Maßnahme ist geplant.

Neben diesen Angeboten, die in allen Bundesländern bestehen, gibt es noch regionale Maßnahmen, wie z.B. einen Hauptschulabschlusskurs, welcher die Möglichkeit zur Nachqualifizierung bietet (Wien), oder "Supported Employment" (Oberösterreich). Zudem besteht vereinzelt die Möglichkeit der Integration behinderter Jugendlicher in weiterführenden Schulen, so wurde jüngst eine Integrationsklasse in einer berufsbildenden mittleren Schule für wirtschaftliche Berufe in Wien eingerichtet.

Die Integration behinderter Jugendlicher in Schulen über dem Pflichtschulbereich hinaus steht in Diskussion. Vor allem die Integration in der 9. Schulstufe ist noch nicht gesetzlich verankert, obwohl Schulpflicht besteht. Eine weitere Herausforderung für die Schule stellt die gesetzlich verankerte Möglichkeit der Teilqualifizierung dar, da nunmehr die Voraussetzungen geschaffen werden müssen, eine Integration in den Berufsschulen zu ermöglichen.

Sozialpartner

Die Sozialpartner verstehen sich unter anderem als Lobbyorganisation für die Zielgruppe der Menschen mit besonderen Bedürfnissen und setzen zahlreiche Initiativen, um ihre Integration in den Arbeitsmarkt zu fördern. So beteiligen sich die Sozialpartner unter anderem in Kooperation mit dem Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (BMSG) am Aufbau einer Website (www.arbeitundbehinderung.at), die eine Informationsplattform zur Beschäftigung behinderter Menschen bietet sowie Best Practice Modelle darstellt. Zudem waren die Sozialpartner maßgeblich in die gesetzliche Verankerung der integrativen Berufsausbildung eingebunden. Die Arbeiterkammer (AK) sieht ihre Aufgabe nun darin, die Verwirklichung der integrativen Berufsausbildung in den Betrieben zu fördern und der Maßnahme die notwendige Publizität zu verleihen.

Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) beteiligt sich darüber hinaus an weiteren Initiativen, z.B. an einer Informations-und Motivationsoffensive in Kooperation mit dem AMS. Eine österreichweit durchgeführte Direct-Mailing Aktion rief alle Unternehmen mit mehr als einem/r Angestellten auf, Personen mit besonderen Bedürfnissen in ihrem Unternehmen anzustellen. Außerdem wurde eine Broschüre erstellt, die einen Einblick in die Besonderheiten einer Anstellung von Menschen mit Behinderung vermittelt.

Die WKÖ unterstützt das Projekt k21 (Kampagne des 21. Jahrhunderts) in Zusammenarbeit mit der Integration Österreich, welches sich vorrangig mit den Anforderungen der Wirtschaft für die Integration von Menschen mit besonderen Bedürfnissen befasst, und beteiligt sich an EQUAL Entwicklungspartnerschaften. Eine dieser Partnerschaften plant, eine Jobbörse für Personen mit besonderen Bedürfnissen aufzubauen. Auf der WKÖ-Homepage soll außerdem eine Seite eingerichtet werden, die sich mit dem Thema Behinderung befasst und die Aktivitäten der einzelnen Landeskammern darstellt. Der JobOskar wird jenen Unternehmen verliehen, die besonderes Engagement bei der Einstellung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen beweisen. Weiters beteiligt sich die WKÖ an einigen Projekten des AMS.

Verbesserungen bezüglich der Integration in den Arbeitsmarkt könnten seitens der Sozialpartner durch eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Betroffenen und Beteiligten erreicht werden. Dabei müsste laut WKÖ mehr auf die Bedürfnisse der Wirtschaft eingegangen werden.

Großanbieter von Maßnahmen

Zu den Großanbietern von Maßnahmen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen zählen in Österreich unter anderem das Berufsförderungsinstitut (bfi), die Lebenshilfe, die Volkshilfe, die Caritas, Jugend am Werk, pro mente sowie die Integration Österreich. Die verschiedenen Großanbieter verfolgen teilweise unterschiedliche Schwerpunktsetzungen und stimmen ihre Angebote auf die jeweilige Zielgruppe ab.

Im Leistungsangebot der Großanbieter wird auf die Qualifizierung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen großer Wert gelegt. Dabei stehen spezifische Ausbildungskurse sowie das Angebot von Lehr- und Anlehrplätzen im Vordergrund. Es werden z.B. Vorbereitungskurse für diverse formale Schulabschlüsse und spezielle Jugendausbildungen im Bereich der dualen Ausbildung angeboten. Qualifizierungsmöglichkeiten sowie Anlehr- und Lehrplätze werden in den verschiedensten Bereichen (Handel, Gastronomie, Druckereien, Malerei, Metallwerkstätten etc.) zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der integrativen Berufsausbildung sind neue Qualifizierungsmöglichkeiten geschaffen worden, denn nun können sowohl eine Verlängerung der Lehrausbildung erfolgen als auch Teilabschlüsse erreicht werden.

Die Maßnahme der Arbeitsassistenz wird von den Großanbietern verstärkt zur Unterstützung der beruflichen Integration umgesetzt. Im Rahmen der Arbeitsassistenz werden Personen mit Behinderung bezüglich ihrer Berufswahl beraten, bei der Arbeitsplatzsuche unterstützt und können bei zeitlich befristeten Praktika Berufserfahrungen sammeln. Jugend am Werk bietet darüber hinaus z.B. noch eine vermittlungsorientierte Integrationsbegleitung für Personen an, die bereits in einer ihrer Werkstätten oder Wohneinrichtungen betreut werden, sowie ein ambulantes Job Coaching zur Sicherung der Arbeitsplätze von behinderten Menschen.

Einen weiteren Schwerpunkt in Hinblick auf die Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen in den Arbeitsmarkt stellen Arbeitstrainings dar, um die Jugendlichen auf die Arbeitsanforderungen vorzubereiten. Auch spezifische Beschäftigungsprojekte nehmen einen gewissen Stellenwert im Rahmen des Leistungsangebots der Großanbieter ein. Pro mente bietet z.B. im Cafe-Restaurant Max, einem sozialökonomischen Beschäftigungsprojekt, eine gastronomische Qualifizierung für den ersten Arbeitsmarkt an und bei der Caritas sind Personen mit Mehrfachbehinderungen in so genannten beschützenden Werkstätten tätig.

Die Beratung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen spielt eine entscheidende Rolle. Integration Österreich hat sich insbesondere auf die Beratung von Familien mit behinderten Kindern spezialisiert, wobei die Integration der Kinder und Jugendlichen im schulischen und nachschulischen Bereich als Beratungsschwerpunkt im Vordergrund steht. Beratungen bezüglich der beruflichen Orientierung werden im Rahmen des Clearings angeboten.

Spezielle Projekte werden z.B. von Jugend am Werk realisiert, wobei ein Nachreifungsprojekt (PROFI) zur Förderung und Begleitung der persönlichen Reifung sowie zur Vorbereitung auf die berufliche Laufbahn umgesetzt wird. Von den Volkshilfe Beschäftigungsinitiativen werden im Rahmen der "Jobfabrik" Maßnahmen zur Arbeitsintegration, Arbeitstrainings, Qualifizierungs- und Vermittlungsmöglichkeiten sowie eine Begleitung in Firmen angeboten. Die Caritas bietet z.B. eine Ausbildung für Personen mit geistigen Beeinträchtigungen zu Heimhilfen an oder versucht diesen Personenkreis im Rahmen des Projektes "We work" gezielt an Arbeitsplätze in der freien Wirtschaft zu vermitteln. Weiters wird von pro mente Oberösterreich unter anderem das Projekt "Blue box" zur beruflichen Rehabilitation von Mädchen mit psychischen Problemen durchgeführt.

Eine Erweiterung des Leistungsangebots im Vergleich zum Jahr 1999 wurde bei zahlreichen Großanbietern auf Grund der Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung (Behindertenmilliarde) ermöglicht bzw. musste auf Grund des steigenden Bedarfs erfolgen. Von der Lebenshilfe werden nun mehr Qualifizierungsprojekte angeboten, die Volkshilfe Beschäftigungsinitiativen haben die Begleitung der Jugendlichen in die Unternehmen neu eingeführt. Dennoch wird ein weiterer Bedarf an Ausbildungsmöglichkeiten sowie an der Intensivierung der Arbeitsassistenz und -vermittlung geortet. Ein höherer Bedarf besteht aus Sicht der Großanbieter zudem an niedrig qualifizierten Arbeitsplätzen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen sowie an Tätigungsfeldern für Menschen mit geistigen Behinderungen. Im Rahmen des Leistungsangebots für Jugendliche erscheinen eine ständige Weiterentwicklung sowie eine flexible Anpassung der Angebote an die Bedürfnisse der Jugendlichen erforderlich, wofür auch entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden müssten.

Bei dem bestehenden Leistungsangebot der Großanbieter haben sich die Qualifizierungsangebote sowie die Arbeitsassistenz und -vermittlung besonders bewährt, da den Jugendlichen damit eine Chance auf eine Ausbildung angeboten wird und sie bei der Integration in das Arbeitsleben unterstützt werden. Im Bereich der Beratung hat sich das Miteinbeziehen der Familien und des Lebensumfeldes der Jugendlichen als vorteilhaft erwiesen, weil dadurch die Unterstützungsmaßnahmen besser greifen. Als erfolgreich hat sich auch die soziale Integration in verschiedene Freizeit- und Jugendgruppen herausgestellt.

Kleinanbieter von Maßnahmen

Der beruflichen Qualifizierung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen kommt im Leistungsangebot der kleinen Organisationen und Vereine eine große Bedeutung zu. Einen Schwerpunkt stellen dabei Lehrlingsausbildungen dar. In der Netzwerk AG in Salzburg erfolgt z.B. die Lehrlingsausbildung im Rahmen der regulären Berufsschule und die praktischen Erfahrungen werden in ausgewählten Partnerfirmen gesammelt. Außerdem wird eine individuelle Betreuung und Begleitung von der Berufsauswahl bis zur Lehrabschlussprüfung angeboten. Auch in der BABJ (Berufsausbildung für erwerbsgeminderte Jugendliche) der basarGesmbH in Oberösterreich erfolgt eine Betreuung der Jugendlichen während der gesamten Lehrzeit, sie werden darüber hinaus bei den anschließenden Bewerbungsaktivitäten unterstützt.

Auch Teilqualifizierungslehren und Anlehremöglichkeiten stellen einen Teil des Angebots von kleinen Organisationen zur Unterstützung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen dar. Die Absolvierung einer Teilqualifizierungslehre dauert drei Jahre, wobei im Anschluss, wie z.B. bei Alpha Nova in der Steiermark, noch eine zweijährige betriebliche Arbeitsbegleitung stattfinden kann. Der Verein Bungis im Burgenland stellt auch einige Anlehr- und Lehrplätze in den Betrieben der gemeinnützigen Beschäftigungsinitiativen "malko" zur Verfügung.

Auch Maßnahmen zur Persönlichkeitsbildung sowie zur Nachreifung spielen für die Integration in den Arbeitsmarkt eine entscheidende Rolle. "Job and Go" ist beispielsweise ein Nachreifungsprojekt der basar GesmbH in Oberösterreich, im Rahmen dessen auch Arbeitstrainings in den Bereichen Elektrorecycling, Büro/Kommunikation und Metallverarbeitung angeboten werden. Dieses Projekt versucht Jugendliche mit vorwiegend sozialen und kognitiven Defiziten, auf den Arbeitsalltag vorzubereiten. Betriebliche Arbeitstrainings werden auch von einigen anderen kleinen Vereinen und Organisationen angeboten.

Zur Unterstützung der beruflichen Orientierung von behinderten Jugendlichen bieten kleine Vereine und Organisationen Maßnahmen wie das Clearing an. Im Rahmen des Clearings werden realisierbare berufliche Perspektiven erarbeitet und die Jugendlichen werden bezüglich ihrer Lebens- und Berufsplanung beraten. Zur Integration in den ersten Arbeitsmarkt werden die Arbeitsassistenz und das Job Coaching umgesetzt. Bei der Arbeitsassistenz werden die Jugendlichen bei der Vermittlung und der Einschulung in den Betrieben unterstützt. Oft erfolgt auch eine Nachbegleitung in den Unternehmen.

Weiters werden für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen verstärkt Beratungen und Mentoring angeboten. Zwei spezielle Beratungsprojekte werden z.B. vom WUK durchgeführt: WUK Domino bietet eine schulbegleitende und nachschulische Beratung, Arbeitsassistenz, Mobiles Clearing sowie die Begleitung der Berufsvorbereitungslehrgänge an. WUK faktor i dient als Informationszentrum für junge Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Es bietet Information und Beratung zu den Themen Ausbildung, Arbeit und Beschäftigung und stellt eine Info-Datenbank mit sämtlichen Angeboten für die Zielgruppe in Wien zur Verfügung. Auch das Einbeziehen der Eltern und Angehörigen von behinderten Jugendlichen ist im Bereich der Beratungsarbeit wesentlich. In der Familienberatungsstelle Initiative Soziale Integration stehen derzeit Beratungen im Bereich der Teilqualifizierungen im Vordergrund, wobei aber auch Vermittlungsgespräche mit Betrieben und Institutionen geführt werden.

Zur Integration von behinderten Jugendlichen werden auch spezifische Projekte realisiert. Das Institut für Sozialdienste in Vorarlberg versucht zum Beispiel im Rahmen des Projektes Spagat, SchulabgängerInnen aus Integrationsklassen oder Sonderschulen in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, wofür Netzwerke aufgebaut und Schnuppertage in Firmen angeboten werden. Von Alpha Nova wird das Projekt "Start? Klar!" umgesetzt, das eine genaue Abklärung und Berufsorientierung (Clearing) beinhaltet und eine Integrationsassistenz für Jugendliche mit Lernbeeinträchtigungen und sozialen und emotionalen Defiziten anbietet. Das Projekt "Integral Plus", das vom Berufspädagogischen Institut Mödling angeboten wird, stellt ein innovatives Qualifizierungsprojekt dar, welches Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen eine konkrete integrative dezentrale Orientierungs- und Integrationshilfe in den ersten Arbeitsmarkt bietet. Der Verein Tafie führt die Jugendmaßnahme BOAT (Berufsorientierung und Arbeitstraining) durch, um den Jugendlichen eine Berufsorientierung sowie ein ambulantes Arbeitstraining zu ermöglichen, wobei die berufliche Qualifizierung überwiegend im Rahmen von begleitenden Praktika in verschiedenen Betrieben erfolgt.

Beim Leistungsangebot der Kleinanbieter ist im Vergleich zum Jahr 1999 die Clearing-Maßnahme neu hinzugekommen, die seit dem Jahr 2000 auf Grund neuer Richtlinien des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (BMSG) umgesetzt wird. Generell konnte eine Aufstockung und Ausweitung des Leistungsangebots insbesondere für Jugendliche auf Grund der Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung realisiert werden. Diese Erweiterung war auch wegen des steigenden Bedarfs erforderlich, welcher bei Jugendlichen vor allem auf Grund der derzeit angespannten Arbeitsmarktsituation gegeben ist. Hierbei erscheint es besonders wichtig, Hilfestellungen an der Schnittstelle zwischen Schule und Beruf anzubieten sowie Maßnahmen zur Nachreifung und Nachbetreuung umzusetzen. Weiters beteiligen sich einige kleine Vereine und Organisationen an der Gemeinschaftsinitiative EQUAL, die seit dem Jahr 2001 ihre praktische Umsetzung findet.

Im Rahmen des Leistungsangebots für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen haben sich aus Sicht der Kleinanbieter die individuelle Betreuung der Jugendlichen, eine starke TeilnehmerInnenorientierung sowie die Kleingruppenarbeit sehr bewährt. Diesbezüglich hat sich in einigen Organisationen bereits ein personenzentrierter Ansatz etabliert, bei dem eine AnsprechpartnerIn für den gesamten Integrationsprozess zuständig ist. Als besonders vorteilhaft hat sich auch der dezentrale Ansatz, im Rahmen dessen eine wohnortnahe Betreuung ermöglicht wird, herausgestellt. Weiters haben sich die Förderung der Selbsteinschätzung von behinderten Menschen sowie die direkte Praxiserfahrung in den Betrieben sehr bewährt. Von einigen kleinen Einrichtungen wird die Kombination von Clearing und Arbeitsassistenz als besonders vorteilhaft beschrieben. Im Bereich der Beratung haben sich Elterninformationsabende und Gruppenabende etabliert, da dadurch eine Vernetzung der Betroffenen initiiert wird.

3.2 Ziele

Die allgemeine Zielsetzung des Bundessozialamts besteht in der Integration von Behinderten in die Gesellschaft und in die Arbeitswelt. Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen sollen nachhaltig in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden, indem den Betroffenen verschiedene Integrationspfade und Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie die eigenen Potenziale ausgeschöpft werden können. Es gilt, die Jugendlichen in der Schule abzuholen und bei den notwendigen Schritten bis zu Integration zu begleiten.

Das AMS zielt auf die Integration einer möglichst großen Zahl von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen in den ersten bzw. zweiten (z.B. befristete, projektbezogene Arbeitsverhältnisse) Arbeitsmarkt. Da die Arbeitsmarktintegration nur mit einer entsprechenden Qualifikation der zu Vermittelnden Erfolg versprechend ist, versucht das AMS auch die Qualifikation der Jugendlichen durch entsprechende Trainings und Ausbildungen zu verbessern.

Die Bundesländer streben eine Integration der Menschen mit besonderen Bedürfnissen in alle Lebensbereiche an. Im Vordergrund steht die Ermöglichung einer selbst bestimmten Lebensführung. In Hinblick auf Jugendliche hat die Integration in den Arbeitsmarkt oberste Priorität, wobei es gilt, das Potenzial der Jugendlichen voll auszuschöpfen. Alle Dienstleistungen sollten der Normalisierung der Lebensverhältnisse der Behinderten dienen.

Das BMBWK und die nachgeordneten Schulbehörden haben dafür zu sorgen, dass jedes Kind bzw. jeder Jugendliche die bestmögliche Ausbildung nach den vorhandenen Möglichkeiten erhält. Dabei sollte den Jugendlichen die Kompetenzen vermittelt werden, die zu einer selbstständigen und erfüllten Lebensführung notwendig sind, d.h. das Rüstzeug zur Alltagsbewährung und zum Übertritt in den Arbeitsmarkt.

Die Sozialpartner streben an, mehr behinderte Menschen in reguläre Lehrstellen bzw. in den regulären Arbeitsmarkt zu integrieren. Dort wo dies nicht realisierbar ist, sollen flächendeckend geeignete Ausbildungsstätten für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen geschaffen werden.

Generell wird von den Großanbietern die Integration von Menschen mit besonderen Bedürfnissen angestrebt. Einige Einrichtungen betonen dabei den Aspekt der Selbstständigkeit, um behinderten Personen ein unabhängiges und erfülltes Leben zu ermöglichen. Zahlreiche Großanbieter sehen die Integration in den Arbeitsmarkt als vorrangiges Ziel an, da mit dieser eine Integration in die Gesellschaft einhergeht. Um diese Integration zu ermöglichen, versuchen die Großanbieter laufend neue Projekte zu entwerfen, diese am Bedarf des Arbeitsmarktes sowie an die Bedürfnisse der TeilnehmerInnen auszurichten sowie die Fördermodalitäten und Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln. Bei der Suche nach Integrationsmöglichkeiten wird offensiv vorgegangen.

Im Rahmen des Bildungswesens stehen in Hinblick auf Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen eine nachhaltigen Qualifizierung und das Erlangen von Bildungsabschlüssen im Vordergrund. Durch die Bildungsangebote soll die persönliche und berufliche Entwicklung der TeilnehmerInnen gefördert werden. Im Bildungsbereich wird zudem eine vollständige Integration in das Regelschulwesen angestrebt. Weiters sollen bei der Betreuung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen verstärkt pädagogische Aspekte berücksichtigt werden.

Die kleinen Trägerorganisationen streben generell die Integration von Menschen mit besonderen Bedürfnissen in alle Lebensbereiche an, um eine Gleichstellung von Behinderten zu erreichen. Behinderten Menschen sollen die gleichen Lebensbedingungen in der jeweiligen Region zur Verfügung stehen, wie Menschen ohne Handicap. Großer Wert wird auf das Empowerment gelegt, um eine möglichst selbst bestimmte, autonome Lebensführung zu erreichen.

Wichtiges Ziel ist die Integration von behinderten Jugendlichen in den ersten Arbeitsmarkt. Um diese Eingliederung zu erreichen, hat bei einigen Einrichtungen die Ermöglichung einer fundierten Ausbildung oberste Priorität. Es wird versucht, Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen ähnliche Ausbildungsmöglichkeiten zu schaffen, wie sie allen Jugendlichen zur Verfügung stehen und ihnen insbesondere an der Schnittstelle zwischen Schule und Beruf Hilfestellungen zu bieten. Wenn eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt nicht zu realisieren ist, sollten alternative Angebote zur Verfügung stehen.

3.3 Zielgruppen

Bundessozialamt (BSB)

Die Maßnahmen der Landesstellen des Bundessozialamts stehen allen Jugendlichen mit Behinderung offen, bei denen die Möglichkeit einer Integration in den ersten Arbeitsmarkt besteht. Seit 2001 hat es aber auf Grund der Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung ("Behindertenmilliarde") einerseits eine Ausweitung der Zielgruppe auf Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) bzw. mit sozialen und emotionalen Defiziten gegeben, andererseits erfolgte eine Schwerpunktsetzung auf Jugendliche an der Schnittstelle Schule / Beruf, die zu einer erheblichen Ausweitung des "maßgeschneiderten" Angebots für Jugendliche geführt hat. Als potenzielle Klientel des Bundessozialamts können daher alle SchülerInnen von Sonderschulen und SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Integrationsklassen von Regelschulen gesehen werden.

Im Burgenland, in Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und in Wien werden die Jugendlichen grundsätzlich unabhängig von der Art der Behinderung gemeinsam betreut. Als Vorteile der "Mischprojekte" werden die Förderung des Integrationsgedankens und der Toleranz, Nutzung von Synergieeffekten, Ansporn und Lerneffekte genannt, Nachteile sind u.a. manchmal fehlende Möglichkeiten, auf die spezifischen Gegebenheiten der Behinderungen einzugehen. In jedem Fall wird grundsätzlich auf die Homogenität der Gruppen geachtet und ein größtmögliches Maß an individueller Betreuung angestrebt. In Niederösterreich, der Steiermark und in Vorarlberg werden die Jugendlichen je nach Art der Behinderung vorwiegend getrennt betreut, da die Vorteile der Spezialisierung als vordergründig erachtet werden.

Wachsenden Bedarf an geeigneten Unterstützungsmaßnahmen ortet das Bundessozialamt bei Jugendlichen mit Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Beeinträchtigungen sowie bei jugendlichen Schwer- und Schwerstbehinderten. Zudem sollten nach Auffassung der Landesstellen des Bundessozialamts Vorarlberg und Wien verstärkt Maßnahmen für MigrantInnen ergriffen werden und die Betreuungsmöglichkeit auch in der Muttersprache des behinderten Jugendlichen möglich sein. Besonders kritisch werden auch die Möglichkeiten weiblicher Jugendlicher mit Beeinträchtigungen im Allgemeinen und mit Migrationshintergrund im Besonderen gesehen, da diese häufig im Familienverband "verschwinden" und so ihre Potenziale nicht ausschöpfen können.

Arbeitsmarktservice (AMS)

Die Zielgruppe des AMS sind 14- bis 21-Jährige, die eine körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigung haben. Bei der Zielgruppendefinition finden das AMS -Gesetz und das Behinderteneinstellungsgesetz Anwendung. Allerdings können Jugendliche auch ohne Bescheid über eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 % gefördert werden, wenn sie über ein fachärztliches Gutachten verfügen.

Grundsätzlich strebt das AMS eine gemeinsame Betreuung unabhängig von der Art der Behinderung an. Spezifische Maßnahmen werden nur für spezielle Personengruppen (z.B. blinde, gehörlose Personen) angeboten. Der Vorteil der gemeinsamen Integration wird in der Förderung der Persönlichkeitsbildung gesehen, ebenso kann ein gegenseitiger Lernprozess entstehen und die eigene Situation besser abgewogen werden. Als Nachteil der gemeinsamen Betreuung sieht das AMS die fehlende Möglichkeit spezialisierter Förderungen.

Bundesländer

Die Bundesländer richten sich mit ihren Maßnahmen an alle Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Grundsätzlich sind dabei die Länder für jene Menschen zuständig, die eine Restleistung von weniger als 50 % aufweisen und somit nicht zur Klientel des Bundessozialamts (BSB) gehören. Auf Grund der Schwerpunktsetzung im Rahmen der Behindertenmilliarde auf Jugendliche mit Behinderungen erfolgte auch bei den Bundesländern eine Fokussierung auf diese Zielgruppe. Es werden die Jugendlichen betreut, die auf Grund ihrer Beeinträchtigungen, seien diese körperlicher oder geistiger Natur, keine Möglichkeit haben, ohne Unterstützung eine Lehre oder eine andere adäquate Ausbildung zu absolvieren oder eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben.

In einigen Bundesländern (Burgenland, Kärnten, Salzburg, Wien), erfolgt die Betreuung der Jugendlichen mit Behinderung unabhängig von der Behinderungsart gemeinsam. Als Vorteile werden die Möglichkeit voneinander zu lernen, das soziale Miteinander, Synergien bei der Ressourcenverwendung und die Realisierung eines flächendeckenden Angebots vor allem in den kleinen Bundesländern gesehen. In der Steiermark und in Vorarlberg erfolgt die Betreuung teilweise gemeinsam, teilweise getrennt. So ist z.B. die Arbeitsassistenz in der Steiermark je nach Behinderungsart getrennt, in Vorarlberg ist die Vorgehensweise von den Maßnahmenanbietern abhängig, die Lebenshilfe und die Caritas bieten z.B. Maßnahmen für Menschen mit mentaler oder mehrfacher Behinderung an, das Institut für Sozialdienste dagegen nimmt keine Differenzierung vor. In Niederösterreich, Oberösterreich und Tirol erfolgt überwiegend eine Trennung nach Behinderungsart. Die Notwendigkeit der getrennten Betreuung wird mit verschiedenen Therapie- und Betreuungsansätzen ebenso wie mit mangelnden Identifizierungsmöglichkeiten in gemischten Gruppen argumentiert. Zudem sei ein individueller Betreuungsansatz in einer homogenen Gruppe leichter zu verwirklichen.

Wachsenden Bedarf für spezifische Maßnahmen orten die Bundesländer bei Personen mit leichteren Beeinträchtigungen bzw. so genannten "Grenzfällen", z.B. Jugendliche mit Lernschwächen, ohne Schulabschluss bzw. mit Verhaltensauffälligkeiten, die eigentlich nicht zur Kernklientel der Bundesländer gehören. Auf Grund der größeren Anforderungen in den Lehrberufen und dem Wegfall einfacher Tätigkeiten in den Betrieben bedürfen diese Jugendlichen Stützungsmaßnahmen, um am ersten Arbeitsmarkt unterzukommen. Zudem kann ein Zuwachs dieser Gruppe beobachtet werden.

Schulbereich

Zielgruppe der integrativen Maßnahmen in den Schulen bzw. der Sonderschulen sind alle Kinder und Jugendlichen, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben bzw. spezielle Fördermaßnahmen brauchen. Rd. 3,5 % der Schüler fallen unter diese Kategorisierung. Sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) haben alle Jugendlichen mit körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen und Jugendliche mit sozialen und emotionalen Defiziten, d.h. Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten.

Die Kinder und Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen werden entweder in Integrationsklassen gemeinsam mit Kindern ohne Handicap betreut oder in sonderpädagogischen Zentren. In Sonderschulen findet auch meist eine Kategorisierung nach Behinderungsart statt, in Integrationsklassen finden sich Kinder mit verschiedenen Behinderungsarten in einer Klasse. Insgesamt besuchen etwas mehr als die Hälfte der Kinder mit SPF Integrationsklassen, die Verteilung in den Bundesländern ist allerdings sehr unterschiedlich. Der Vorteil von heterogenen Gruppen ist aus Sicht des Schulbereichs im Idealfall die individuelle Förderung und die individuelle Differenzierung der Anforderungen. Außerdem erhalten Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen die Möglichkeit, von Kindern ohne Handicap zu lernen, Normalität zu erleben und in ihrem Sozialverhalten und Selbstvertrauen gestärkt zu werden. Nachteile ergeben sich aus einem möglichen Mangel an sonderpädagogischem Know-How der Betreuungspersonen und organisatorischen Gegebenheiten. Zudem könnten vermehrte Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche auftreten, auf die die behinderten Jugendlichen nicht vorbereitet sind, da während der Schulzeit die Gleichwertigkeit im Vordergrund steht. Dem Vorteil der Spezialisierung in Sonderschulen steht die Gefahr der Stigmatisierung und Unterforderung der SonderschülerInnen gegenüber.

Sozialpartner

Seitens der Sozialpartner sollten Personen mit jeglicher Art von Beeinträchtigung in die Arbeitswelt integriert werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass Menschen mit schweren Beeinträchtigungen eine besondere Unterstützung benötigen. In Hinblick auf Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen stehen Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf sowie Jugendliche, die über keinen oder einen negativen Hauptschulabschluss verfügen, im Vordergrund. Die Verbesserung der Qualifizierung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen stellt ein wesentliches Anliegen der Sozialpartner dar. Dies könnte beispielsweise dadurch erreicht werden, dass das Angebot an Integrationsklassen ausgeweitet wird. Außerdem sollte die integrative Berufsausbildung allen Gruppen von behinderten Jugendlichen offen stehen, wobei aber darauf zu achten ist, dass die Ausbildungsform bzw. die LehrerInnen mit der Integration nicht überfordert sind.

Auch Jugendliche, die auf Grund der persönlichen Situation (z.B. ehemals Drogensüchtige) einer regulären Berufsausbildung nicht folgen können, sollten laut Sozialpartnern in den Genuss der Förderungen kommen. In diesem Fall könnte der Grad der Beeinträchtigung mittels Gutachten festgestellt werden. Vor allem für diese Jugendlichen gilt es ein offenes, durchlässiges System zu schaffen, da mit ausreichender Förderung eine (Re-)Integration in den regulären Arbeitsmarkt oftmals möglich ist. Weiterer Unterstützungsbedarf wird von den Sozialpartnern für gehörlose Personen geortet, wobei eine Ausweitung des Einsatzes der Gebärdensprache wichtige Voraussetzung wäre.

Großanbieter von Maßnahmen

Die verschiedenen Großanbieter verfügen über unterschiedliche Schwerpunktsetzungen hinsichtlich der zu betreuenden Zielgruppen. Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung werden vorwiegend von der Caritas, der Lebenshilfe und Jugend am Werk betreut. Jugend am Werk richtet sich zudem an körperlich beeinträchtigte Personen und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Die Zielgruppe von pro mente stellen Personen mit psycho-sozialen Beeinträchtigungen, Störungen oder Krankheitsbildern dar. Dieser Personenkreis wird zum Teil auch von der Caritas unterstützt. Die Zielgruppe des bfi reicht von SchülerInnen bis zu SeniorInnen, wobei aber arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Personen besonders unterstützt werden. Die Volkshilfe Beschäftigungsinitiativen richten sich speziell an Jugendliche, die auf Arbeits- oder Lehrstellensuche sind sowie an SonderschulabgängerInnen und begünstigbare Behinderte. Das Zielpublikum der Integration Österreich stellen alle Familien mit behinderten Kindern dar.

Die Großanbieter bemühen sich um die bestmögliche Integration aller Jugendlichen mit Behinderungen. Die Integration Österreich geht davon aus, dass alle Jugendlichen, unabhängig von Grad und Art ihrer Behinderung in das Regelschulwesen integrierbar sind, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden. Im Rahmen der Jobfabrik der Volkshilfe Beschäftigungsinitiativen besuchen Jugendliche mit vorwiegend geistig-intellektuellen Beeinträchtigungen und Teilleistungsschwächen im Rahmen ihrer Lehrausbildung eine normale Berufsschule mit der Möglichkeit zusätzlicher Förderungen.

Jugendliche mit verschiedenen Beeinträchtigungen werden bei den Maßnahmen der Großanbieter oftmals gemeinsam betreut, fallweise erfolgt auch eine Trennung in Abhängigkeit vom Grad der Behinderung bzw. von den Kompetenzen der Personen. Getrennte Maßnahmen erscheinen den Großanbietern für Personen mit geistigen Behinderungen und Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen erforderlich. Die Vorteile der gemeinsamen Integration werden darin gesehen, dass die beeinträchtigten Personen nicht an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Zudem besteht die Möglichkeit, voneinander zu profitieren und die Schwächen akzeptieren zu lernen. Die gemeinsame Integration wirkt sich gemäß den Großanbietern auf die Jugendlichen vorteilhaft aus, da sie sich gleichwertig fühlen und dadurch motivierter sind. Nachteile in der gemeinsamen Integration können entstehen, wenn der zusätzliche Unterstützungsbedarf zu wenig berücksichtigt wird. Verschiedene Beeinträchtigungen machen auch spezifische Unterstützungsformen und Ausstattungen erforderlich.

Erhöhter Unterstützungsbedarf erscheint den Großanbietern für Jugendliche mit schweren geistigen Behinderungen, für gehörlose Jugendliche sowie für sozial benachteiligte Jugendliche erforderlich. Generell sollte die Vermittlung von sozialen Kompetenzen bei dem Maßnahmenangebot in Zukunft eine stärkere Berücksichtigung finden. Burschen mit psychischen Problemen sollten laut Großanbietern verstärkt als Zielgruppe wahrgenommen werden, wobei die Aggressionsproblematik zu beachten ist. Bei Mädchen macht sich eine Zunahme der Missbrauchsfälle bemerkbar. Dies begründet neben der allgemeinen Diskriminierung am Arbeitsmarkt die Forderung, das Leistungsangebot hinsichtlich spezieller Maßnahmen für Mädchen und Frauen zu erweitern, wobei ebenso MigrantInnen ihre Berücksichtigung finden sollten. Insgesamt muss bei Jugendlichen mit psychischen Problemen mit immer jüngeren Betreuungsfällen gerechnet werden.

Kleinanbieter von Maßnahmen

Die Kleinanbieter betreuen generell Personen mit jeglicher Art von Behinderung, teilweise erfolgt jedoch eine gewisse Spezialisierung. Von der Netzwerk AG in Salzburg werden z.B. vorwiegend Jugendliche mit körperlichen Beeinträchtigungen betreut, andere Einrichtungen wie z.B. Alpha Nova oder der Verein Tafie richten ihre Angebote vorrangig an Menschen mit geistigen Behinderungen. Bei einigen Organisationen müssen die Personen über eine Erwerbsminderung von 50 % verfügen oder es muss eine Begünstigbarkeit im Sinne des Bundessozialamts gegeben sein. In Hinblick auf Jugendliche ist das Vorliegen eines sonderpädagogischen Förderbedarfs ein entscheidendes Kriterium.

In zahlreichen kleinen Einrichtungen werden Jugendliche mit verschiedenen Beeinträchtigungen gemeinsam betreut, da die Jugendlichkeit ein bedeutenderes gemeinsames Merkmal darstellt als die jeweiligen Defizite. Die gemeinsame Betreuung erfolgt oft auf Grund regionaler Gegebenheiten, da es für die Jugendlichen von großer Bedeutung ist, nicht aus ihrem gewohnten sozialen Umfeld herausgerissen zu werden. Die gemeinsame Betreuung fördert vor allem das soziale Lernen. Besonders für leistungsschwache Personen ist die gemeinsame Betreuung förderlich. Von einigen Organisationen wird auch die Zusammenarbeit zwischen behinderten und nicht behinderten Personen forciert, um einer Ausgrenzung vorzubeugen. Dies sollte auch die Akzeptanz gegenüber Menschen mit Handicap erhöhen. Die Integration von beeinträchtigen Personen in verschiedenen Unternehmen in Form von Praktika, Ausbildungen, etc. hat zudem in vielen Fällen das allgemeine Betriebsklima verbessert.

Nachteile in der gemeinsamen Integration liegen gemäß der Kleinanbieter in den geringeren Möglichkeiten zur speziellen, gezielten Förderung von leistungsschwachen Personen. Zudem sehen die kleinen Organisationen die Gefahr, dass leistungsstarke Personen im Rahmen der gemeinsamen Integration nicht ausreichend gefördert werden und dass auf Jugendliche mit psychischen Problemen zu wenig Rücksicht genommen wird. Bei einer zu großen Gruppengröße, z.B. im Rahmen von Integrationsklassen, könnten zudem zu wenig zeitliche Ressourcen für die Betreuung der behinderten Jugendliche zur Verfügung stehen. Ein weiterer Nachteil der Integration besteht laut Kleinanbietern darin, dass den betroffenen Personen negative Erlebnisse nicht erspart werden können, da sie in der Gesellschaft teilweise auf Ablehnung stoßen. Daher werden von einige Einrichtungen Mischformen zwischen gemeinsamer und individueller Betreuung bevorzugt bzw. werden individuelle Betreuungen forciert, da beeinträchtigte Personen nicht durch die Integration überfordert werden dürfen und diese nicht um jeden Preis erzwungen werden darf. Der personenzentrierte, individuelle Ansatz wird von einigen Einrichtungen als wesentlicher Erfolgsfaktor gesehen.

Erweiterter Unterstützungsbedarf besteht aus Sicht der Kleinanbieter für jene Jugendlichen, die zu gut für bestimmte Maßnahmen wie z.B. die Anlehre oder Beschäftigungstherapien, für eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt jedoch zu schwach sind. Für diese Personengruppe mit leichten Lernbeeinträchtigungen müssten laut Kleinanbietern zusätzliche Schulungen und Nachreifungsprojekte angeboten werden bzw. ein längeres Arbeitstraining oder ein verstärktes Begleitungsangebot zum Einsatz kommen. Schwervermittelbaren Jugendlichen sollten darüber hinaus mehr Angebote zur individuellen Betreuung zur Verfügung stehen. Personen mit geistigen Beeinträchtigungen bräuchten den Erfahrungen der kleinen Organisationen zufolge ebenso eine stärkere Unterstützung bzw. eine langfristige Begleitung. Für schwer- und mehrfachbehinderte Menschen müssten mehr mobile und niederschwellige Maßnahmen angeboten werden. Weiterer Unterstützungsbedarf erscheint für Jugendliche mit sozialen Problemen erforderlich, wobei sich diese Defizite sowohl auf soziale Auffälligkeiten als auch auf extreme Schüchternheit und Zurückhaltung beziehen können. Hier fehlen Maßnahmen, die eine Gewöhnung an die Tagesstruktur sowie eine Nachreifung ermöglichen und ein soziales Kompetenztraining anbieten.

3.4 Vernetzung/Zusammenarbeit

Bundessozialamt (BSB)

Die "wichtigsten" Kooperationspartner der Landesstellen des Bundessozialamts sind die jeweiligen Bundesländer und das AMS. In den meisten Bundesländern finden unter diesen Hauptakteuren regelmäßige Treffen (Jour fixe) statt, bei denen ein Informationsaustausch, eine Abstimmung der Arbeit, Bedarfserhebungen und Meinungsaustausch über Projekte, die teilweise gemeinsam finanziert werden, erfolgen. Grundsätzlich wird die Zusammenarbeit von den Landesstellen des Bundessozialamts als gut empfunden, wiewohl im Einzelnen von den handelnden Personen abhängig. In jedem Fall wird die Kooperation mit den Bundesländern und dem AMS als äußerst wichtig eingeschätzt und sollte kontinuierlich ausgebaut werden.

Daneben kooperieren die Landesstellen des Bundessozialamts mit den Sozialversicherungsträgern und verschiedensten Trägerorganisationen, die als Förderempfänger oder Projektträger ihre Arbeit laufend mit dem Bundessozialamt koordinieren. Hier wird die Notwendigkeit der Abstimmung betont, um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden.

Die Zusammenarbeit mit den Schulbehörden (Landesschulräten) wird als äußerst wichtig erachtet und befindet sich gerade im Aufbau. Alle Landesstellen des Bundessozialamts haben mit dem jeweiligen Landesschulrat schriftliche Kooperationsvereinbarungen getroffen. Vor allem im Bereich des Clearings wird eine noch intensivere Kooperation mit den Schulen angestrebt, um dieses Instrument noch erfolgreicher und vor allem früher einsetzen zu können. So plant z.B. die Wiener Landesstelle des Bundessozialamts, regelmäßige Treffen mit dem Stadtschulrat einzuführen. Durch die integrative Berufsausbildung muss es zudem zur Zusammenarbeit mit den Berufsschulen kommen.

Nicht einheitlich ist die Einbindung der Landesstellen des Bundessozialamts in die territorialen Beschäftigungspakte (TEP). Während z.B. in Niederösterreich regelmäßige Treffen mit den TEP-Stellen stattfinden, ist dies in Oberösterreich nicht der Fall, eine Integration in die TEP wird aber als wünschenswert erachtet.

Zu forcieren ist in den meisten Bundesländern die Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern, im Besonderen mit den Wirtschaftskammern. Vor allem in Hinblick auf die integrative Berufsausbildung gilt es, eine gute Gesprächsbasis mit der Wirtschaftskammer zu finden und das Interesse für die behinderten Jugendlichen in der Kammer zu wecken.

Arbeitsmarktservice (AMS)

Das Bundessozialamt, das Land und die verschiedenen Trägereinrichtungen sind die wichtigsten Kooperationspartner des AMS. In Wien ist die Zusammenarbeit mit der Gemeinde am intensivsten, wobei wöchentliche Meetings mit der MA 12 stattfinden. Mit den Jugend- und Familienberatungsstellen besteht ein loser, projektbezogener Kontakt.

Die Vernetzung und Koordination wird vom AMS als sehr wichtig erachtet und grundsätzlich auch als sehr gut bewertet. Als hinderlich für Kooperationen werden das teilweise vorhandene Konkurrenzdenken und der Aufwand, der für die Förderbewilligungen erforderlich ist, erachtet.

Das AMS befürwortet eine noch stärkere Vernetzung mit den genannten Institutionen und mit den Wohngemeinschaften. Eine Intensivierung setzt aber das Vorhandensein zeitlicher und finanzieller Ressourcen voraus.

Bundesländer

Im Bereich der Behindertenarbeit sind das BSB und das AMS die wichtigsten Partner der Bundesländer. Die Arbeitsteilung mit den Hauptakteuren erfolgt nach dem Bundesweiten Arbeitsmarktpolitischen Behindertenprogramm (BABE)[7]. So bietet das AMS alle Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik zur Erlangung eines Arbeitsplatzes für behinderte Menschen an bzw. soll den Zugang zu diesen Leistungen auch für Menschen mit Behinderung ermöglichen. Das BSB entwickelt all jene zusätzlichen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, die zur Erlangung bzw. Erhaltung eines Arbeitsplatzes auf Grund der Behinderung notwendig sind. Die Länder wiederum finanzieren im Rahmen der jeweiligen Landesgesetze die Hilfe zur beruflichen Eingliederung. Die Zuständigkeiten der Hauptakteure ergeben sich zudem aus der unterschiedlichen Zielgruppendefinition: Das AMS setzt Maßnahmen für diejenigen Menschen mit Behinderung, deren Eingliederung in den Arbeitsmarkt relativ kurzfristig und problemlos zu erreichen ist. Das BSB begleitet mit seinen Aktivitäten die große und breit gefächerte Gruppe derjenigen Menschen mit Behinderung, zu deren Eingliederung in den Arbeitsmarkt gezielte, spezifische und längerfristige Maßnahmen benötigt werden. Das jeweilige Land ist zuständig für Menschen mit Behinderung, die für eine Erwerbstätigkeit nicht in Frage kommen (siehe auch Kapitel 2 - Behindertenpolitik in Österreich). Die Zusammenarbeit mit den Hauptakteuren wird von Seiten der Länder als gut und wichtig bewertet.

Wichtige Partner der Bundesländer bei der Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt sind die Trägerorganisationen. Diese fungieren als Förderempfänger und implementieren verschiedenste Projekte. In Oberösterreich beteiligt sich z.B. das Land an der Planung und Finanzierung von Maßnahmen zur Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen in den Arbeitsmarkt, während die Träger für deren operative Umsetzung zuständig sind. Auch mit Schulen und Schulbehörden bestehen Kontakte und Erfahrungsaustausch.

Die Zusammenarbeit mit den Jugend- und Familienberatungsstellen ist in den meisten Fällen eher lose. In Wien liegt jedoch eine Vereinbarung mit dem Amt für Jugend und Familie vor, das für Jugendliche bis zum 15. Lebensjahr zuständig ist. In Vorarlberg besteht eine intensive Zusammenarbeit zwischen den Fachbereichen Jugendwohlfahrt, Jugend und Familie innerhalb des Amts der Landesregierung.

Wunschpartner der Bundesländer sind die Sozialpartner, vor allem die Wirtschaftskammern. Als Beispiel einer schon gelebten Partnerschaft kann das Land Salzburg herangezogen werden. Das Land erhält starke Unterstützung von der Wirtschaftskammer Salzburg, die sich z.B. am Vorlehre-Projekt beteiligt.

Schulbereich

Das BMBWK arbeitet eng mit den Landesschulräten zusammen. Im Begutachtungsprozess der Gesetzesvorlagen kommt es darüber hinaus zu Kontakten mit den Sozialpartnern und Landesregierungen. Kooperationen mit dem Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (BMSG) bestehen projektbezogen, mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) gibt es im Rahmen der integrativen Berufsausbildung Berührungspunkte. Auch mit den Behindertenverbänden und Trägerorganisationen wird anlass- und projektbezogen gearbeitet.

Die Landesschulräte bzw. der Stadtschulrat stehen darüber hinaus mit Maßnahmenanbietern, die die Integration von Jugendlichen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt unterstützen, in Kontakt. Vor allem mit den Clearing-Stellen ist die Kooperation sehr eng. Die Schulen stellen die Daten der SchülerInnen sowie die Räumlichkeiten zur Verfügung, in denen das Clearing stattfindet. Zusammenarbeit besteht zudem mit dem AMS und den Informationszentren. Mit Jugend- und Familienberatungsstellen ist die Kooperation anlass- bzw. fallbezogen.

Als Wunschpartner einer verstärkten Zusammenarbeit fungieren die Sozialpartner und die Unternehmen, da ohne diese Akteure eine Integration behinderter Jugendlicher in den Arbeitsmarkt nicht gelebt werden kann.

Sozialpartner

Die Sozialpartner kooperieren mit den Ministerien, dem AMS, dem Bundessozialamt, den verschiedensten Trägereinrichtungen (z.B. bfi, Wifi, Caritas, Jugend am Werk, etc.) und Behindertenverbänden (z.B. Integration Österreich). Die Zusammenarbeit wird als positiv bewertet, ein hohes Problembewusstsein bei allen Partnern führe zu einem konstruktiven Vorgehen.

Für die integrative Berufsausbildung sollte nach Ansicht der Sozialpartner eine eigene Steuerungsgruppe im Bundesministerium fürWirtschaft und Arbeit (BMWA) eingerichtet werden.

Großanbieter von Maßnahmen

Die Großanbieter kooperieren untereinander und mit diversen anderen Trägereinrichtungen und kleinen Vereinen, wenn gleich auch eine gewisse Konkurrenz zwischen ihnen herrscht. Die Zusammenarbeit findet häufig projektbezogen, teilweise auch fallbezogen statt. Weiters bestehen inhaltliche Kooperationen, um neue Konzepte und Integrationsmodelle auszuarbeiten. Die Großanbieter sind zum Teil auch in Entwicklungspartnerschaften im Rahmen von EQUAL vertreten oder gehen andere internationale Kooperationen ein. Die Volkshilfe Beschäftigungsinitiativen haben sich darüber hinaus zum Beispiel im Rahmen der Jobfabrik ein Netzwerk mit Schulen aufgebaut und pro mente kooperiert stark mit Kinder- und Jugendpsychiatrischen Abteilungen der Landesnervenkliniken. Von einigen Organisationen wird aber eine noch stärkere Vernetzung der Trägereinrichtungen gefordert.

Außerdem arbeiten die Großanbieter mit den Hauptakteuren wie AMS und BSB zusammen, wobei diese Kooperationen und der damit verbundene Informationsaustausch aus der Sicht der Großanbieter intensiviert werden könnten. Diesbezüglich wäre auch eine bessere Zusammenarbeit der Fördergeber untereinander wünschenswert, um einheitliche Dokumentationsrichtlinien zu erreichen und so den administrativen Aufwand in Zusammenhang mit den Projekten zu reduzieren.

Eine Förderung der themenspezifischen Vernetzung sowie eine stärkere Zusammenarbeit im Bereich der Arbeitsmarktpolitik und der Rahmenbedingungen werden von den Großanbietern angestrebt. Die Kooperation mit den Sozialpartnern sollte weiter ausgebaut werden, da der Vernetzung mit der Wirtschaft eine besondere Bedeutung beigemessen wird. Diesbezüglich soll auch mit Betrieben kooperiert werden, um die berufliche Integration besser realisieren zu können. Eine Vernetzung mit Bereichen wie Erziehung, Drogen oder Schuldnerberatung wird angedacht, da die Probleme in diesen Feldern zunehmen.

Um Verbesserungen im Bereich der Zusammenarbeit zu erreichen, könnte aus Sicht der Großanbieter beispielsweise eine übergeordnete Vernetzungsplattform geschaffen werden, die über entsprechende finanzielle und personelle Ressourcen verfügt, um die Vernetzungsarbeit zu organisieren. Außerdem sollten Best Practice Modelle ausgetauscht sowie der Informationsfluss zwischen einzelnen Institutionen bezüglich der Betreuung von Klienten gefördert werden.

Kleinanbieter von Maßnahmen

Bei den kleinen Organisationen und Vereinen erfolgt ein starker Austausch mit anderen Anbietern. Es wird sowohl mit ähnlichen Partnereinrichtungen als auch mit Großanbietern zusammengearbeitet. Die Kooperationen erfolgen überwiegend auf inhaltlicher Ebene, meist projekt-bzw. fallbezogen. Zwischen den einzelnen Maßnahmenanbietern sollte ein noch genauerer Austausch bezüglich der Zielgruppendefinition erfolgen, um die TeilnehmerInnen an die entsprechenden Maßnahmen verweisen zu können. Es bestehen bereits enge, bundesweite Vernetzungen zwischen den Clearing-Stellen und ArbeitsassistentInnen. Diesbezüglich wird von Seiten der Kleinanbieter angeregt, diese Vernetzung auf Bundesebene auch auf andere Projekte auszudehnen. Eine übergreifende Zusammenarbeit zwischen den Anbietern scheint noch zu fehlen. Eine stärkere Vernetzung von jenen Einrichtungen, die die gleiche Zielgruppe bedienen, sei daher anzustreben.

Die Zusammenarbeit bzw. Arbeitsteilung mit den Hauptakteuren (BSB, AMS, Land) ist oft so geregelt, dass das Bundessozialamt über die Förderbarkeit der TeilnehmerInnen entscheidet und das AMS die Deckung des Lebensunterhaltes für die TeilnehmerInnen übernimmt. Mit den Hauptakteuren wird die Arbeit der kleinen Organisationen, die Jugendliche mit besonderen Bedürfnisse unterstützen, laufend koordiniert, es bestehen auch regelmäßige Korrespondenzen sowie ein Informationsaustausch bezüglich der Fortschritte einzelner TeilnehmerInnen. Die Zusammenarbeit mit den Hauptakteuren wird jedoch von einigen kleinen Einrichtungen als relativ schwierig erlebt, da die Fördergeber sehr überlastet sind. Daher sollte der Informationsfluss zwischen den Hauptakteuren und den Maßnahmenanbietern verbessert und diese Zusammenarbeit intensiviert werden.

Einige Kleinanbieter arbeiten auch mit Schulen zusammen, unter anderem werden Beratungs- und Informationstage in den Schulen angeboten und das Clearing in den Schulen durchgeführt. Eine stärkere Zusammenarbeit im Schulbereich wird begrüßt, wobei die Vernetzung mit allen Berufsausbildungseinrichtungen wie Schulbehörden, Berufsschulen, etc. intensiviert werden müsste.

Jugend- und Familienberatungsstellen werden von den Kleinanbietern vorwiegend im Bedarfsfall kontaktiert. Einige Einrichtungen kooperieren auch mit diversen anderen Beratungsstellen für Mädchen, MigrantInnen, Männer, etc.

Die Vernetzung mit den einzelnen Institutionen erfolgt in Foren, gemeinsamen Arbeitsgruppen oder round tables. Es werden auch regionale Treffen und gemeinsame Veranstaltungen organisiert. Einige kleine Einrichtungen sind darüber hinaus in Trägernetzwerken, Arbeitskreisen, Dachverbänden oder in EQUAL Entwicklungspartnerschaften vertreten. Die Vernetzungsaktivitäten werden als sehr wichtig und hilfreich erlebt, da durch den Erfahrungsaustausch die besten Fördermöglichkeiten für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen erschlossen werden können. Bei den Kooperationen kommt den persönlichen Kontakten enorme Bedeutung zu.

Verbesserungen im Bereich der Zusammenarbeit können aus Sicht der Kleinanbieter durch einen kontinuierlichen Ausbau der Vernetzung erreicht werden, wobei auch eine Intensivierung der Kontakte vorteilhaft erscheint. Es sollte der Informationsaustausch über die Leistungsangebote forciert werden und eine stärkere Institutionalisierung erfolgen. Eine eigene Organisationseinheit für die Vernetzungsarbeit ist anzudenken. Auch ein Ausbau der zeitlichen und finanziellen Ressourcen für Vernetzungstätigkeiten sollte erfolgen. Um gemeinsame Veränderungen auf politischer Ebene zu erreichen, müsste die Zusammenarbeit von Anbietern und Fördergebern intensiviert werden. Eine stärkere Vernetzung wird auch im Bereich der Beschäftigungstherapien und geschützten Werkstätten gewünscht, um dort den Integrationsgedanken verstärkt umzusetzen. Als Problem der Vernetzungsarbeit wird gesehen, dass bei gemeinsamen Treffen zwar der Wille zur Zusammenarbeit gezeigt wird, jedoch die Vernetzung zum Teil eine geringere inhaltliche Substanz aufweist. Dies könnte verbessert werden, indem konkrete Aufträge gemeinsam erarbeitet und umgesetzt werden.

3.5 Entwicklungsperspektiven/Strategien

Bundessozialamt (BSB)

Das Bundessozialamt sieht die Implementierung der integrativen Berufsausbildung als nächste Herausforderung seiner Tätigkeit. Die gesetzlich geschaffene Möglichkeit der Teilqualifizierung erfordert eine Konkretisierung, die Maßnahme ist in die Praxis umzusetzen. Spezialangebote, wie etwa eine Lehrlingsassistenz, die den Erfolg der integrativen Berufsausbildung garantieren soll, ist anzudenken. Zudem müssen diese "neuen" Lehrberufe an die Bedürfnisse der Wirtschaft adaptiert werden.

Im Allgemeinen ist die Zusammenarbeit mit und das Service für die Betriebe zu verstärken. Dabei sind zum einen weitere Sensibilisierungsmaßnahmen für die Öffentlichkeit und die Wirtschaft und zum anderen die intensive Kooperation mit den Betrieben erforderlich. Es gilt, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es für die Betriebe vorteilhaft erscheinen lässt, Jugendliche mit Behinderung einzustellen.

Vordergründig für die Landesstellen des Bundessozialamts ist u.a. in diesem Zusammenhang auch eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Schulen und Schulbehörden. Vor allem eine Vernetzung mit den Berufsschulen und ein wechselseitiger Informations-bzw. Beratungsaustausch über die Möglichkeiten, Voraussetzungen und Grenzen eines integrativen Unterrichts an den Berufsschulen scheinen zur Implementierung der integrativen Berufsausbildung unabdingbar.

Auch abseits der integrativen Berufsausbildung ist eine Verstärkung der Kooperation mit den Schulen seitens des BSB erwünscht. So könnten die Ausbildung der Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen noch stärker an die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes angepasst und die Weichen für eine mögliche Integration früh gestellt werden. Zudem sind gemeinsam mit den Schulbehörden Möglichkeiten auszuloten, wie eine Integration über den Pflichtschulbereich hinaus auszugestalten wäre und welche Rahmenbedingungen dafür notwendig wären.

Schließlich orten die Landesstellen des Bundessozialamts einen Mangel an einheitlichen Definitionen und daraus resultierend einheitlichen Statistiken und Plandaten. Das AMS geht z.B. von einem anderen Behindertenbegriff aus als das BSB, dadurch ist zurzeit weder von einer Vergleichbarkeit der Daten noch von der Möglichkeit, die quantitative Dimension der Zielgruppe zu erfassen, auszugehen. Für eine umfassende Maßnahmenplanung wird dies aber als notwendig erachtet.

Arbeitsmarktservice (AMS)

Das AMS sieht in der Verbesserung der Berufsvorbereitung und in einer Erhöhung des Zeitbudgets für die individuelle Beratung Weiterentwicklungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Integration von Jugendlichen mit Handicap in den Arbeitsmarkt. Der Ausbau des speziellen Beratungsangebots von Jugendlichen wäre von Vorteil. Die Tendenz, Vermittlungsquoten zu steigern, könnte demgegenüber eine Qualitätsgefährdung in der Beratung und Betreuung bedeuten.

Aus dem Mangel an geeigneten Arbeitsplätzen in der freien Wirtschaft - nur bei etwa 5 % der freien Stellen besteht die Bereitschaft, Menschen mit Beeinträchtigungen aufzunehmen - wird die Forderung nach einem Ausbau des zweiten Arbeitsmarktes erhoben. Darüber hinaus müsste den Betrieben, die Behinderte einstellen, laut AMS langfristige finanzielle Unterstützung gewährt werden, da einige Personen während ihres gesamten Erwerbslebens eine Unterstützung am Arbeitsplatz benötigen. Schwer beeinträchtigten Personen und Personen mit geistigen Behinderungen sollten Berufsvorbereitungsmaßnahmen länger, d.h. drei bis fünf Jahre statt bisher nur ein Jahr, in Anspruch nehmen können.

Bundesländer

Die Bundesländer sehen in der Kooperation von Wirtschaft und Sozialwesen einerseits und in der stärkeren Einbindung des Bildungswesens (z.B. Integration in den Berufsschulen) andererseits den Schlüssel zu einer Verbesserung der Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen in den Arbeitsmarkt. Eine Zusammenarbeit mit der Wirtschaft sollte zu einer Bewusstseinsbildung bei ArbeitgeberInnen beitragen und für die bestmögliche Ausbildung der betreffenden Jugendlichen die nötigen Voraussetzungen schaffen. Die Schulen sollten wiederum den Grundstein für eine solide Ausbildung legen.

Überdies ist aus der Sicht der Bundesländer das Umfeld der Jugendlichen mit Beeinträchtigungen mit einzubeziehen. So sollten die Eltern, die mit ihren Erwartungshaltungen die Jugendlichen oft über-bzw. unterfordern, in ein Maßnahmenpaket integriert werden. Auch müssen "technische Details" wie die Erhöhung der Mobilität und die Wohnmöglichkeiten verstärkt in die Überlegungen zu einem Ausbau von Unterstützungsleistungen Eingang finden. Eine längerfristige, möglichst individuelle Begleitung der Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen könnte diese ganzheitliche Betreuung ermöglichen.

Für die Integration in den Arbeitsmarkt sind vorhandene Arbeitsplätze Voraussetzung. Daher sollten Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem ersten und zweiten Arbeitsmarkt inklusive aller möglichen Abstufungen geschaffen werden. Die Durchlässigkeit beider Systeme sollte zudem erhöht werden. Die Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen könnte zudem die Integration von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen erhöhen.

Schulbereich

Die "Komplizenschaft" der Wirtschaft ist für die Schulbehörden von größter Wichtigkeit bei der Integration behinderter Jugendlicher in den Arbeitsmarkt. Daher sollten die Schulen ihre Netzwerkaktivitäten mit Unternehmen intensivieren. Zudem müssten verstärkt Maßnahmen gesetzt werden, um eine Bewusstseinsänderung in den Unternehmen herbeizuführen. Dazu sollte den Unternehmen einerseits mehr finanzielle Unterstützung angeboten werden, andererseits das Sozialimage eines Unternehmens Bedeutung erlangen. Hier wäre laut Schulbereich z.B. der ORF als öffentlich-rechtlicher Rundfunk gefordert, mehr Engagement zum Abbau geistiger Barrieren zu zeigen.

Offen ist die Frage der Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen in weiterführenden Schulen, d.h. in der Sekundarstufe II. Hier sollte eine Objektivierung der Diskussion, die derzeit stark von Ideologien geprägt ist, den pädagogischen Gesichtspunkt in den Vordergrund rücken.

Sozialpartner

Die Sozialpartner streben in den nächsten Jahren an, möglichst viele Menschen mit besonderen Bedürfnissen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Da Personen mit Behinderung häufig schlecht qualifiziert sind und Unternehmen, die behinderte Menschen aufnehmen wollen, oft keine Person mit den gewünschten Qualifikationen finden, hat für die langfristige Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen eine gute Ausbildung oberste Priorität. Eine Evaluierung der Behindertenmilliarde, die den Erfolg der einzelnen Projekte feststellt, könnte bei der Auswahl geeigneter Projekte hilfreich sein.

Im schulischen Bereich wird von den Sozialpartnern ein großes Entwicklungspotenzial gesehen, vor allem in Hinblick auf eine weiterführende Integration ab der 10. Schulstufe. Allerdings muss diese Integration mit der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen (z.B. ausgebautes Begleitlehrersystem) einhergehen.

Die Möglichkeit der integrativen Berufsausbildung sollte in den nächsten Jahren möglichst vielen Jugendlichen offen stehen. Ziel muss es aber laut Sozialpartnern in jedem Fall sein, mit dem Abschluss dieser Berufsausbildung, z.B. nach Absolvierung einer Teilqualifizierung, eine weiterführende Perspektive zu schaffen, die entweder in den primären Arbeitsmarkt oder in eine Einrichtung des sekundären Arbeitsmarktes führt. Es gilt, die nun gesetzlich geschaffene Möglichkeit der integrativen Berufsausbildung zu implementieren und die Akzeptanz in der Öffentlichkeit und in den Betrieben für diese neue Ausbildungsmöglichkeit zu erhöhen.

Ein Hindernis für UnternehmerInnen bei der Einstellung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen stellen die komplexen Förderungsbedingungen und die Erschwernisse seitens des Gesetzgebers dar. Das größte Problem wird im Kündigungsschutz von Menschen mit Behinderung gesehen, der ihnen oft den Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert. Daher sollten Adaptionen des Behinderteneinstellungsgesetzes vorgenommen werden. Verbesserungen könnten laut Sozialpartnern auch dadurch erreicht werden, indem die Kündigungsverfahren durch Mediationsverfahren ersetzt und die Arbeitsassistenzen intensiviert werden, da viele Probleme bei der Integration in ein Unternehmen durch eine gute Beratung zu lösen wären.

Großanbieter von Maßnahmen

Die Großanbieter streben an, ihr Leistungsangebot zu verbessern, zu erweitern und ein langfristiges Maßnahmenangebot zu sichern. Dabei gilt es, die Finanzierung der Maßnahmen nachhaltig zu erreichen, was durch mehrjährige Förderperioden, die eine gewisse Flexibilität ermöglichen, erreicht werden könnte.

Die Sensibilisierung der ArbeitgeberInnen sowie der Öffentlichkeit sollte stärker forciert werden, um Berührungsängste abzubauen und die Akzeptanz der beruflichen Integration zu erhöhen. Auch sollen Kooperationen mit Unternehmen, insbesondere mit großen Firmen, ausgebaut werden, da diese über eine bessere Ressourcenausstattung zur Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen verfügen. Der hohe administrative Aufwand der Förderabwicklung sollte reduziert werden, um auch kleineren Unternehmen die Einstellung von Menschen mit Behinderung zu erleichtern. Zur Förderung der Anstellung von behinderten Personen sollte den Unternehmen eine zusätzliche finanzielle Unterstützung geboten werden. In den Firmen müsste aus Sicht der Großanbieter eine langfristige Begleitung und Beratung erfolgen, da die betroffenen Personen oft langfristig bei ihrem Arbeitsprozess begleitet werden müssen. Schwachstellen werden in den derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen gesehen, wobei der Kündigungsschutz für Behinderte als problematisch erachtet wird, dieser könnte beispielsweise durch positive Fördermaßnahmen ersetzt werden.

In den Schulen ist gemäß den Großanbietern darauf zu achten, mehr Praxisbezug herzustellen und flexiblere Übergänge an der Schnittstelle zwischen Schule und Arbeitsmarkt zu schaffen. Weiters wird gefordert, das Ausbildungssystem inhaltlich zu verbessern sowie eine Modularisierung und Flexibilisierung der Ausbildungsmöglichkeiten umzusetzen. Die integrative Berufsausbildung wird von einigen Großanbietern als positives, richtungsweisendes Beispiel gesehen, da sie es Jugendlichen mit Handicap erlaubt, die Lehrzeit bedarfsgerecht zu verlängern oder eine Teilqualifizierung zu erwerben. Einige Großanbieter stehen der neu geschaffenen Möglichkeit der Teilqualifizierung jedoch auch skeptisch gegenüber, da sie eine Gefahr in der Ausgrenzung der Teilqualifizierten sehen. Zudem wird diese Ausbildungsform nicht dem Prozesscharakter der beruflichen Integration gerecht, da das Maß der Qualifizierung bereits im Vorfeld festgelegt und kein Spielraum zur individuellen Entwicklung gewährleistet wird. Dafür wäre eine größtmögliche Öffnung der bestehenden schulischen Strukturen erforderlich. Es wird daher von den Großanbietern auch gefordert, die Integration im Schulbereich zu erweitern.

Menschen mit besonderen Bedürfnissen sollten laut Großanbietern über eine Wahlfreiheit zwischen einer Integration in den ersten Arbeitsmarkt oder den zweiten Arbeitsmarkt verfügen. Zwischen diesen beiden Alternativen sollten auch Mischformen entwickelt werden. Daher gilt es, Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen, die über Beschäftigungstherapien hinausgehen und gesellschaftlich anerkannt sind. Diesbezüglich könnten z.B. Beschäftigungsvarianten zum Einsatz kommen, die den geschützten Werkstätten ähnlich sind, jedoch über eine Verbindung zu Firmen verfügen, um eine Beziehung zum Arbeitsmarkt herzustellen.

Kleinanbieter von Maßnahmen

Zahlreiche kleine Einrichtungen streben in den folgenden Jahren an, ihr Leistungsangebot zu erweitern und zu professionalisieren. Im Rahmen der Erweiterung wird für einige Maßnahmen eine regionale Flächendeckung zu erreichen versucht, hierfür erscheint aber ein Ausbau der Vernetzung mit anderen Trägereinrichtungen erforderlich. Besonders eine Ausweitung der Lern- und (langfristigen) Arbeitsbegleitungen, erscheint vorrangig, jedoch auch der Qualifizierungsmöglichkeiten. Eine bedeutende Unsicherheit besteht bezüglich der Finanzierungsmöglichkeiten im Anschluss an die Behindertenmilliarde. Die Förderpolitik mit jährlicher Budgetierung kann laut Kleinanbietern keine langfristige Betreuung und Stabilität für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen gewährleisten. Außerdem wird der steigende Druck seitens der Fördergeber hinsichtlich der Vermittlungs- und Erfolgsquoten kritisiert. Generell wird von den kleinen Organisationen ein Abbau der bürokratischen Hürden zugunsten der inhaltlichen Projektarbeit gewünscht.

Für Personen mit besonderen Bedürfnissen ist es nach Ansicht der Kleinanbieter sehr schwierig, einen Lehr- oder Arbeitsplatz zu finden. Daher sollten den Unternehmen verstärkt Anreize geboten werden, beeinträchtigte Lehrlinge auszubilden, z.B. indem eine spezielle Lehrlingsförderung für Behinderte geschaffen wird. Generell sollten die Fördermöglichkeiten für jene Unternehmen, die behinderte Personen einstellen, erweitert werden, wobei besonders zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses eine entsprechende finanzielle Unterstützung erforderlich wäre. So könnte der Zuschuss für die geringere Produktivität der MitarbeiterInnen großzügiger und leichter zugänglich gestaltet werden. Auch eine Unterstützung bei der konkreten Integration sowohl betreffend die Infrastruktur als auch die Betreuung und den Umgang mit Vorurteilen sowie das Konfliktmanagement wäre hilfreich. Die Begleitung der Unternehmen sowie der Jugendlichen im Rahmen der beruflichen Integration ist für eine erfolgreiche Integration in die Arbeitswelt entscheidend. Daher sollte die Zusammenarbeit von Maßnahmenanbietern und Unternehmen intensiviert werden. Auch sollten Alternativen zwischen dem ersten Arbeitsmarkt und den Beschäftigungstherapien geschaffen werden.

Weiters spielt laut Kleinanbietern die Sensibilisierung von Unternehmen bezüglich der Integrationsthematik eine entscheidende Rolle. Um die in den Unternehmen herrschenden Vorurteile bezüglich der Integration von behinderten Personen zu reduzieren, wären eine Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit sowie eine Sensibilisierung der Bevölkerung erforderlich. Die gesellschaftliche Meinungsbildung könnte durch eine stärkere Präsenz in den Medien sowie durch eine Vorbildwirkung beeinflusst werden.

Das Behinderteneinstellungsgesetz wird für eine Einstellung von beeinträchtigten Personen auf Grund des Kündigungsschutzes oft als hinderlich erlebt. Daher sollte dieses Gesetz aus Sicht der Kleinanbieter dahingehend adaptiert werden, dass eine Kündigung leichter ermöglicht wird, aber dennoch ein gewisser Schutz für behinderte Menschen besteht. Weiters sollten klare Rechtsansprüche für eine Ausbildung und Berufsunterstützung für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen geschaffen werden. Eine weitere gesetzliche Änderung wird dahingehend angestrebt, dass nicht nur bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 % ein Ausgleich der Minderleistung erfolgt, sondern auch bei einer höheren Erwerbsminderung (von 80 % bis 90 %).

Im Schulbereich sollten nach Meinung der kleinen Organisationen die Betreuung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen ausgedehnt sowie breit gefächerte Ausbildungsmöglichkeiten angeboten werden. Die Integrationsarbeit soll möglichst früh einsetzen, wobei eine Aufstockung der Integrationsklassen angestrebt wird. In der Schule sollen bereits berufliche Perspektiven erarbeitet werden, das gesamte Umfeld der Jugendlichen ist dabei einzubeziehen. SonderschullehrerInnen könnten stärker in die berufliche Integration eingebunden werden, um den betroffenen Jugendlichen einen längeren Zeitraum zur Lehr- bzw. Arbeitsplatzsuche zu ermöglichen. Weiters sollte im Schulbereich eine möglichst rasche Informationsweitergabe über sonstige Unterstützungsmöglichkeiten erfolgen. Generell sollte laut Kleinanbietern ein Recht auf Ausbildung in der Berufsschule bestehen, wenngleich in den Berufsschulen der Mangel an Ressourcen zur Integration behoben werden müsste. Die Möglichkeiten für Lernbegleitungen

z.B. in Form einer Bildungsassistenz sollten ausgeweitet werden und eine langfristige Nachbetreuung der Jugendlichen erfolgen.

Generell wäre es wichtig, verbesserte Ausbildungsmöglichkeiten anzubieten, die zum Beispiel an die duale Ausbildungsform im Rahmen der Lehrausbildung angelehnt sein könnten. Die Maßnahmenangebote im Bereich der Teilqualifizierung sollten ausgeweitet werden, wobei auch Personen mit geistigen Beeinträchtigungen mit zu berücksichtigen sind, denn die Möglichkeit der integrativen Berufsausbildung sollte allen Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen zur Verfügung stehen. Außerdem wird ein Abschluss im Bereich der Anlehre angestrebt. Zur langfristigen Unterstützung sollte eine umfassende Förderkette geschaffen werden, die von der Frühförderung über schulische Maßnahmen bis hin zur Begleitung in den Arbeitsmarkt reicht.

Darüber hinaus sollte aus Sicht der Kleinanbieter die soziale Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen intensiviert werden, so z.B. durch die Förderung von Freizeitprogrammen für behinderte Menschen. Einige Einrichtungen streben an, die Elternarbeit zu intensivieren, um die Integrationsbarrieren im Privatbereich zu reduzieren.



[7] Vgl. Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen (BMSG): Bundesweites Arbeitsmarktpolitisches Behindertenprogramm (BABE)

4. Situation der Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen

Die Analyse der Situation von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen, deren Lebensumfeld, ihren Wünschen, Bedürfnissen und Lebensplanungsprozessen im Zusammenhang mit einer angestrebten Erwerbstätigkeit basieren auf einer Analyse der Literatur, der vergleichenden Analyse von drei Fokusgruppen mit Jugendlichen und einer Fokusgruppe mit Jugendlichen und deren Eltern sowie acht ExpertInneninterviews. Als ExpertInnen wurden Personen befragt, die über umfangreiche Erfahrung in der Unterstützung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen verfügen: FachexpertInnen wie SozialarbeiterInnen und ArbeitsassistentInnen, eine Arbeitgeberin, eine Mitarbeiterin aus der Jugend- und Familienberatung und LeiterInnen von Jugendprojekten.

Lebenssituation

Das Leben der Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen lässt sich in folgendem soziokulturellen und persönlichen Rahmen beschreiben:

Arbeitswelt: Wirtschaftslage, Arbeitsmarkt, Ausbildungsplätze, Gesellschaft

Institutionen: Schule, Ausbildungsstelle, Arbeitsmarktservice (AMS), Werkstatt, Wohnheim, Krankenhaus, Kursanbieter, Beratungsstellen, ArbeitgeberIn

InteraktionspartnerInnen: Familie, PädagogInnen und TherapeutInnen, Bekannte und FreundInnen, BerufsberaterIn, LehrerIn, BetreuerIn im Praktikum/Ausbildung, AusbildungskollegInnen

Spezifische Benachteiligungen und Behinderungen: impairment (Schädigung) / disability (Beeinträchtigung)/ handicap (Behinderung), Beeinträchtigung der Sozialkompetenz und des Selbstkonzepts; soziale Beeinträchtigung

Persönlichkeit: Interessen, Werthaltungen, Fähigkeiten / Fertigkeiten, Motivation

4.1 Arbeitswelt

Jugendliche mit "besonderen Bedürfnissen" - Begrifflichkeit und Konsequenzen

In der vorliegenden Studie wird damit eine Personengruppe zwischen 14 und 24 Jahren bezeichnet, die auf Grund von körperlichen, geistigen, psychischen, auf Grund von Sinnes- oder Lernbehinderungen oder auch wegen emotionaler oder sozial bedingter Auffälligkeiten einen erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt hat. Diese Gruppe hat entweder eingeschränkte Berufsmöglichkeiten oder Schwierigkeiten bei der Vermittlung an einen Arbeitsplatz. Sie umfasst Jugendliche in Berufsorientierungsjahrgängen, in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, Jugendliche, die Arbeit suchend gemeldet sind, und Jugendliche, die nach der Schulausbildung vorübergehend keiner Erwerbsarbeit nachgehen. Die Zielgruppe "Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen" ist relativ breit gefasst und entspricht im schulischen Kontext "Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf". Die ExpertInnen sprechen in den Interviews die Unschärfen der Definition an und weisen auf den Vorteil der umfassenden Fördermöglichkeiten, aber auch auf die damit verbundenen Schwierigkeiten hin. Frau Thorpe, Mutter einer schwer behinderten Jugendlichen und Mitbegründerin von Integration Wien, befürchtet die Verschiebung und Verdrängung von Zielgruppen in der Form, dass nicht behinderte Jugendliche auf Kosten von Jugendlichen mit Behinderung gefördert werden, etwa aus den Mitteln der Behindertenmilliarde.[8]

In der Literatur lassen sich zu dem Begriff "Behinderung" verschiedene Definitionen und Synonyme finden. Der seit Jahren bestehende Trend, weg von einer Defizitorientierung, die impliziert, dass die betreffende Person ein Manko aufweist, hin zu einer Beschreibung, die einer aktiven Selbstdarstellung der Person nahe kommt und einen entsprechend konstruktiven sowie selbst bestimmten Umgang mit Behinderung indiziert, bleibt ungebrochen. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass gerade für stark integrationsorientierte befragte Personen der Begriff "behindert" als solcher wichtig ist.[9] Thorpe etwa vertritt die Ansicht, dass "Behinderung" nicht durch irreführende Bezeichnungen verzerrt werden soll, wie etwa im Englischen Menschen mit Down-Syndrom als "slow-learners" bezeichnet werden. Ihrem Empfinden nach als Mutter einer Tochter mit cerebraler Parese sind derartig beschönende Bezeichnungen eine "Verhöhnung".

Menschen mit Behinderung wollen als Person wahrgenommen und nicht auf die Behinderung reduziert zu werden: "Ich bin in erster Linie Mensch und erst viel später behindert" heißt es in der Ankündigung der Broschüre "Buch der Begriffe, Sprache-Behinderung-Integration" des BMSG, das als Nachschlagewerk für einen respektvollen Umgang mit Sprache eine Reihe von Begriffen auflistet, die behinderte Menschen sprachlich diskriminieren.[10]

Österreichische Institutionen pflegen unterschiedliche Definition von "Behinderung", was konkrete Auswirkungen auf die betroffenen Jugendlichen hat.[11] Hinter den verschiedenartigen Definitionen stehen die Interessen bzw. die Aufgaben der jeweiligen Institutionen. Während für das AMS die verminderte Vermittlungs- und Erwerbschance ausschlaggebend ist, die individuell feststellbar ist, sind für das Bundessozialamt und die Länder das Ausmaß an Behinderung und Pflegebedarf in Bezug auf generelle Einschränkungen am allgemeinen Arbeitsmarkt bestimmend.[12]

Auskünfte bezüglich Unterstützungsleistungen sowie Ausbildungs-und Jobmöglichkeiten sind, so betroffene Mütter, teilweise schwierig zu beziehen und "unsicher". Jugendliche, die in eine Maßnahme aufgenommen werden, die als Zielsetzung Vermittlung in eine Lehrstelle / erster Arbeitsmarkt hat, müssen bei der Bewerbung für diesen Kurs möglichst "gut" sein, d.h. relativ gute Voraussetzungen für eine Vermittlung mit sich bringen. Damit sie jedoch überhaupt Anspruch auf die Fördermaßnahme haben, müssen sie bei einer Begutachtung durch die Förderstelle, z.B. das Bundessozialamt, möglichst "schlecht" abschneiden[13]. Die befragten Jugendlichen selbst interessieren sich nicht für Begrifflichkeiten und Definitionen und auch kaum für Sozialleistungen. Ihr Interesse orientiert sich an konkreter Arbeitstätigkeit, leistungsbezogenem Verdienst, an Freizeit, FreundInnen usw.[14]

Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen im Fokus von Forschung und Arbeitsmarktpolitik

Wurde in den 80er Jahren strukturelle Arbeitslosigkeit beforscht und wurden Gruppen identifiziert, die als besonders benachteiligt galten und in den 90er Jahren die wechselwirkenden Einflussfaktoren auf Arbeitslosigkeit identifiziert, so wird in der neueren Literatur kritisiert, dass diese Art der Forschung und Evaluierung durch ihre eingeschränkte Sichtweise und Vermarktung stigmatisierend ist.[15] In statistischen Modellen wird nachvollzogen, dass Arbeitslosigkeit maßgeblich von den drei kumulierenden Faktoren "gesundheitliche Einschränkungen" "fortgeschrittenes Alter" und "mangelnde Berufsausbildung" beeinflusst wird. Laut Blaschke trägt diese Typologisierung, wie am immer noch aktuellen und gültigen Typus des Arbeitslosen als älteren, ungelernten und behinderten Menschen ersichtlich, zu einer Zementierung dieser Struktur bei. Indem dieser Typus von der Forschung identifiziert und in den Medien propagiert wird, findet eine Verinnerlichung bei den Betroffenen und in der Gesellschaft statt: "Ich bin heute 55, d.h. auf dem ersten Arbeitsmarkt chancenlos" lautet die self-fullfilling-prophecy des Resignierens. Dieser Kreisprozess der Identifikation von Problemgruppen, der Auslese durch Personalfachleute und entsprechendes "Sieben" der statistisch scheinbar untermauerten Problemgruppen, verfestigt wiederum diese Gruppen, so Blaschke. Allerdings ist dabei anzumerken, dass dies generell ein Problem sozialwissenschaftlichen Diskurses ist und offen bleibt, welche Alternative es zur herkömmlichen Beschreibung und Analyse sozialer Probleme gibt.

Erst in Zeiten hoher Personalnachfrage und guter Konjunktur bestehen für diese überhaupt Chancen am ersten Arbeitsmarkt. Es besteht die Gefahr, dass auch Jugendliche zu einer solchen Problemgruppe "gemacht" werden. Dennoch kann auf arbeitsmarktpolitischer Ebene Arbeitslosigkeit von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen nicht ausgegliedert werden. Nach Angaben der befragten ExpertInnen liegt die Arbeitslosenquote in diesem Segment bei bis zu 40 %[16]. Die Jugendlichen selbst haben, wie die Analyse der Fokusgruppen untermauert, das Problembewusstsein nur wenig ausgeprägt, zumindest sehen die jüngeren unter ihnen die Zukunft durchwegs optimistisch. Darin besteht auch eine Chance für die Jugendlichen: sie können sich selbst definieren und so einer Stigmatisierung entkommen.

Zugang zum Arbeitsmarkt

"There is a 20 % to 30 % higher level of unemployment for people with mental health problems or learning disabilities compared to those with physical impairments", heißt es im aktuellen Manpower-Bericht.[17] Im Jahr 2002 waren rd. 12,5 % der weiblichen und 16,0 % der männlichen Bezieher von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe gemäß der AMS-Definition behindert.[18] Aus der Darstellung der demographischen Entwicklung der Arbeitslosigkeit von Jugendlichen mit Behinderung (AMS-Definition) im "3. Bericht zur Lage der Jugend in Österreich" geht eine deutliche Erhöhung der arbeitslosen schwer vermittelbaren Jugendlichen mit Behinderung im Alter von 19 bis 24 Jahren (+30%) in den 90-er Jahren hervor, wobei der Anstieg vor allem von körperlich und psychisch behinderten Arbeitslosen getragen wird.[19]

Dass in Zeiten schlechter Konjunktur und hoher Arbeitslosigkeit die Konkurrenz unter den ArbeitnehmerInnen bzw. Arbeitsuchenden hoch ist, führt dazu, dass auch Personen mit nur geringen Einschränkungen und auch solche ohne spezifische Benachteiligungen vermehrt Probleme bei der Arbeitsuche haben. Bereits ein schlechtes Abschlusszeugnis oder schlechte Bewerbungsstrategien sind ausreichend, um das Rennen um eine Lehr-oder Arbeitsstelle zu verlieren[20]

Hinzu kommt, dass sich auch höher qualifizierte Personen um Arbeitsstellen mit niedrigen Qualifikationserfordernissen und niedrigem Lohn bewerben. Glaser[21] berichtet, dass die Jugendlichen aus seinem Lehrgang für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen um Stellen mit zum Teil StudienabbrecherInnen oder SchulabgängerInnen von berufsbildenden Schulen konkurrieren. Außerdem ist für Jugendliche mit Behinderung der Arbeitgeber "öffentliche Ämter und Behörden" großteils weggefallen, da die Personalaufnahme an vielen Stellen gestoppt wurde.[22] Gegen das Hinausdrängen von Gruppen aus dem Arbeitsmarkt werden arbeitsmarktpolitische Strategien und Maßnahmen gesetzt. Am ehesten scheint der Kampf gegen das scheinbar "natürliche Gefälle" laut Blaschke gemeinsam mit jungen Unternehmen mit jungem Personal, die auch entsprechend junge Personalverantwortliche haben, zu gelingen. Sie stellen noch am ehesten Personal ein. Ein möglicher Ausweg besteht auch darin, für Personen mit besonderen Bedürfnissen genau solche berufliche Nischen zu finden, in denen sie hohe Leistung erbringen können. Integration: Österreich arbeitet derzeit laut Brandl daran, solche Nischen für Menschen mit Behinderung ausfindig zu machen.

Dem Bemühen um Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen liegt das Bestreben zugrunde, diese an der Gesellschaft, die sich in hohem Maße über Arbeit definiert, teilhaben zu lassen. In der Literatur finden sich recht kritische Anmerkungen, die generell das Leistungsdenken und die Konsumgesellschaft in Frage stellen: Sozialer Aufstieg geht anscheinend mit beruflichem Erfolg einher. Ein hohes Einkommen, verbunden mit beruflichem Erfolg, ermöglicht den an Konsum orientierten Lebensstil. Die Möglichkeit zur vertikalen Mobilität, interpretiert als beruflicher und sozialer Aufstieg, steht scheinbar jedem offen und ist "lediglich" an Leistung gebunden, nach dem Motto "wer viel leistet, kommt auch weit". Dass dies nicht der Realität entspricht, ist ein Hauptkritikpunkt Wagners: Leistung und Erfolg bzw. Leistung und Verdienst korrelieren nicht zwangsläufig positiv.[23]

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft das Festhalten und Reproduzieren des Leistungsbegriffes, der sich in Bildungs- und Gratifikationssystemen findet und in Lohngruppen im Erwerbsleben fortsetzt. Bereits in der Schule wird der Wettbewerb um gute Arbeitsplätze eingeleitet. Auf dem Weg zu einer "als erfolgreich bewerteten ökonomischen und sozialen Partizipation, gibt es zunehmend ‚Verlierer' im Wettbewerb, die den hergebrachten Kriterien einer auf Wirtschaftswachstum und Konsum ausgerichteten Leistungs- und Industriegesellschaft nicht entsprechen." Dass es aber genau dieser "Verlierer" bedarf, um das System zu stabilisieren, wie Wagner durch verschiedene Zitate, Theorien und Zahlen zeigt, würde zu dem Schluss führen, dass das arbeitsmarktpolitische Ziel der (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt nicht funktioniert oder systemdestabilisierend wirkt.[24]

Auf die Prognosen reagierend, nach denen es kein Zurück zur Vollzeitbeschäftigung geben wird, existieren Überlegungen und alternative Zukunftsmodelle, die auch die Übergangssituation von Jugendlichen mitdenken. Jugendliche sollten demnach nicht nur auf Erwerbsarbeit, sondern auch auf Phasen der Arbeitslosigkeit, Kurzzeit- und Teilzeitarbeit sowie auf Tätigkeiten in kommunikativen Einrichtungen, unentgeltliche "Bürgerarbeit", Tätigkeiten in Freiwilligen-Agenturen vorbereitet werden. Lindmeier erörtert in seinem Artikel verschiedene Ansätze für die Vorbereitung von Jugendlichen aus sonderpädagogischen Schulen auf die Arbeit und das Leben "in der nachindustriellen Gesellschaft". Er verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass benachteiligte Jugendliche nicht von der Teilnahme an Projekten jenseits der klassischen Erwerbsarbeit ausgeschlossen sein dürfen, wie sie zum Beispiel im Rahmen von Bürgerinitiativen in Deutschland durchgeführt werden: "Schon heute gibt es in der Bundesrepublik eine Vielzahl solcher kommunikativer Einrichtungen, in denen Bürger entweder auf der Basis eines Bonuskontos verschiedene Dienstleistungen und Hilfestellungen austauschen oder sich durch Freiwilligen-Agenturen unentgeltlich in Tätigkeiten vermitteln lassen, die Spaß machen, Umgang mit anderen Menschen, Alltagsqualifikationen und Anerkennung bringen."[25] Auch Stadler (1995b) sucht nach alternativer Lebensgestaltung für Menschen mit schwerer Behinderung, die auch ohne Erwerbstätigkeit sinnstiftend ist und eine Inklusion dennoch weitestgehend ermöglicht.[26] Beschäftigungsformen im tertiären Sektor sind allerdings auch kritisch zu sehen. Der Wert von Arbeit liegt neben dem finanziellen Einkommen in der sozialen Anerkennung und dem Status, der über Arbeit erreicht wird. Es stellt sich die Frage, inwieweit Bürgerarbeit und unentgeltliche Freiwilligenarbeit Personen mit verminderter Erwerbschance einen angemessen Ersatz für materielle und immaterielle Anerkennung, die mit klassischer Erwerbsarbeit verbunden ist, bringen kann. Die zwei unterschiedlichen Systeme Lohnarbeit und Erwerbsarbeit können außerdem an der Schnittstelle der konkreten Tätigkeit leicht in Konflikt geraten, wenn etwa manche Personen für eine Tätigkeit entlohnt werden, andere nicht, einige in einem Gratifikationssystem aufsteigen können, das anderen nicht zugänglich ist. Auch wenn Beschäftigungsformen für Jugendliche abseits der Erwerbstätigkeit durchaus erstrebenswert sind, muss hier klar zwischen dem Recht auf Teilnahme und der Verpflichtung dazu unterschieden werden, die weder zielführend noch erstrebenswert ist. Wesentlich in Hinblick auf die Vorschläge Lindmeiers, die in Richtung Kurzzeitarbeit gehen, ist eine finanzielle und soziale Absicherung und das bewusste Gegensteuern prekärer Beschäftigungsverhältnisse.[27] Der Trend weg von der Vollzeitbeschäftigung kommt Personen, die nur wenige Stunden am Tag leistungsfähig sind, theoretisch entgegen. Um dennoch eine Existenzsicherung zu gewährleisten, bedarf es allerdings einer Umstrukturierung der Sozialleistungen, in der Einkommenssicherung von Erwerbsarbeitszeit entkoppelt ist. In Kapitel 4.4 wird auf die Bedeutung der Sozialleistungen in Zusammenhang mit der Lebenssituation von Jugendlichen mit Behinderung eingegangen.

Arbeit - eine Frage der Integration

In der vergleichenden Analyse der Interviews mit den ExpertInnen zeigen sich zwei unterschiedliche Herangehensweisen bei der Arbeitsmarktintegration von Jugendlichen. Die befragten ExpertInnen, die mit Jugendlichen nahe an der Schnittstelle zum Arbeitsmarkt arbeiten und die Jugendlichen in den Arbeitsmarkt zu vermitteln suchen, sehen die Grenzen von Integration. Sie orientieren sich an den derzeit real bestehenden Möglichkeiten und versuchen diese weitest möglich auszunutzen. Stellenmarkt und Arbeitsmöglichkeiten beurteilen sie aber als sehr eingeschränkt.[28] Zum Ausdruck kommt das in Aussagen, die sich auf "unrealistische Vorstellungen, die Jugendliche und auch Eltern haben" beziehen und in der "Desillusionierungsarbeit", die geleistet werden muss[29]

Einen völlig anderen Zugang haben Brandl von Integration: Österreich und auch die Eltern der schwer behinderten Jugendlichen zu Integration in den Arbeitsmarkt. Sie orientieren sich an den denkbaren Möglichkeiten, an Nischen im Arbeitsmarkt, und an einer Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderung überall präsent sind. Es wird sehr deutlich, dass hinter diesen unterschiedlichen Zugangsweisen ein anderes Verständnis von "Arbeitsmarktintegration" steht. Dieses lässt sich am ehesten als "Inklusion" bezeichnen. Der Begriff stammt von dem Wort "Inclusion" der US-amerikanischen Debatte "Jeder gehört dazu" ab und löst dort den schwächeren Begriff der Integration ab.[30] Dieser Auffassung von Integration nach, haben auch Personen, die den Leistungsanforderungen des Arbeitsmarktes nicht gerecht werden können, ein Recht auf Arbeit. Im herkömmlichen Verständnis von Arbeit ist die ökonomische Verwertbarkeit des Arbeitsproduktes miteinbezogen, wobei es Ausnahmen wie etwa im Bereich der Kunst gibt. In der Behindertenpolitik wird der soziale und rehabilitative Charakter von Arbeit mindestens gleichrangig mit dem ökonomischen Wert gesetzt. "Arbeit" ist definiert durch eine "auf ein Ziel hin ausgerichtete Tätigkeit des Menschen. Das Ergebnis der Arbeit wird in der Vorstellung gedanklich vorweggenommen"[31], Arbeit erfüllt auf verschiedenen Ebenen die Bedürfnisse von Menschen, sie bedeutet Existenzsicherung, Sozialkontakte, Anerkennung, Sinnstiftung und Selbstverwirklichung. VertreterInnen von Menschen mit schweren geistigen und Mehrfachbehinderungen fordern ebenfalls, Teilhabe an "Arbeit" nach obiger Definition bzw. plädieren für den Begriff "Tätigkeiten". "Der Begriff der Tätigkeit orientiert dagegen auf sinnerfüllende und sinngebende Aktivitäten und kommt so der Erlebniswelt und Bedürfnislage von Menschen mit schweren Behinderungen entgegen, ohne produktorientiertes Arbeiten auszuschließen. Aus der Anwendung des Tätigkeitskonzepts ergeben sich weitreichende Konsequenzen. Nicht ‚Arbeit für alle' sondern ‚Tätigkeiten für alle' werden gefordert, die den Menschen mit Behinderung persönliche Assistenz und Zeitsouveränität gewährleisten sowie Gestaltungsmöglichkeiten gemäß ihrem individuellen Entwicklungsstand bieten."[32]

Was diese Diskussion auf theoretischer Ebene verglichen mit dem Leben einer jungen Frau mit Behinderung bedeutet, wird an folgendem Beispiel sichtbar:

Frau Kathi P. ist 21 Jahre alt, mehrfach behindert und lebt gemeinsam mit ihren Eltern in Niederösterreich. Ihre Stärken, die sie für berufliche Tätigkeiten nutzen will, liegen in ihrem umfassenden Wortschatz, ihrer elaborierten Sprache und Kommunikationsfähigkeit. Ihre Artikulation ist allerdings auf Grund ihrer Behinderung etwas verlangsamt und geringfügig undeutlich. Sie verfügt über eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten (Rollstuhl, Spastische Lähmung) und benötigt für viele Tätigkeiten entsprechend lange. Um einen Brief am PC zu verfassen, brauchte sie früher eine Woche, mit einem Wortwahlprogramm nun mehr einen Tag. Auf Grund einer Herzoperation ist Frau P. auch nur am Vormittag leistungsfähig. Trotz dieser Leistungseinschränkungen möchte Frau P. einer Teilzeit-Tätigkeit oder zumindest einer stundenweisen Beschäftigung außerhalb einer geschützten Werkstätte nachgehen, um ihrem Bedürfnis nach Kommunikation und Sozialkontakt mit nicht-behinderten Menschen nachzukommen und eine für sie sinnstiftende und "nützliche"[33] Tätigkeit auszuüben. Bisher hatte sie jedoch nur im Rahmen von Praktika die kurzzeitige Möglichkeit der Arbeitserprobung am ersten Arbeitsmarkt. Ihre Hoffnung stützt sich nun auf die Arbeitsassistenz, die sie kontaktieren wird.[34]

Obwohl Frau P. nicht die selbe Leistung in der gleichen Zeit wie nichtbehinderte ArbeitskollegInnen erbringen kann - sofern es sich nicht um eine genau ihren Fähigkeiten entsprechende berufliche Nische handelt -, sollte sie im Sinne von Integration dennoch die Möglichkeit haben, am ersten Arbeitsmarkt tätig zu sein. Dass es Möglichkeiten gibt, auch schwer behinderte Personen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, zeigt folgendes Beispiel aus der Evaluationsliteratur:

"Martin ist ein junger Mann mit Down-Syndrom, der Bäcker werden wollte - aber keine Möglichkeit gehabt hätte, dies in der für ihn vorgesehenen geschützten Werkstätte zu tun, da dies dort nicht angeboten werden konnte. Mit Hilfe der Arbeitsassistenz wurde für ihn ein Arbeitsplatz in einer Bäckerei gefunden und mit Kreativität seinen Möglichkeiten entsprechend angepasst. Weil Martin nicht zählen kann, Bleche aber immer mit derselben Stückzahl belegen muss, entwickelte der Arbeitsassistent [...] Sortierleisten, mit deren Hilfe Martin ohne zu zählen zurechtkommt. Oder die Waage erhielt Markierungen für Mengenangaben bei unterschiedlichen Brotsorten. Martin wurde vom Arbeitsassistenten zusammen mit Mitarbeitern des Betriebs für bestimmte Tätigkeiten angelernt, der Assistent hatte in der Anfangsphase aber auch die Aufgabe, im Verständigungsprozess zwischen allen Beteiligten zu vermitteln. Ohne diese Unterstützung wäre Martin sicher nicht 'vermittlungsfähig' gewesen.

Martin ist ein Beispiel dafür, dass seine Wünsche nicht an den Grenzen eines bestehenden Systems scheiterten, sondern dass innerhalb der bestehenden Strukturen Arbeits- und Lebensbedingungen so organisiert werden konnten, dass sie für ihn angemessen sind und ihm ein Leben in Gemeinschaft mit Nichtbehinderten ermöglichen."[35]

Im "Jahr der Behinderten" gibt es zahlreiche Projekte und Beispiele, wie Arbeitsmarktintegration auch von schwer Behinderten funktionieren kann.[36] Für Brandl als Integrationsexpertin bedeutet echte Integration, dass alle Jugendlichen unabhängig vom Grad der Behinderung gemeinsam alle Wege beschreiten können.[37] Notwendig dafür sind individuelle Unterstützung und Förderung, Flexibilität in und Zugangsmöglichkeit zu Schulen, Qualifizierungs- und Weiterbildungseinrichtungen und ein gesellschaftliches Umdenken, das auch im Gesetz seine Abbildung findet.[38]

4.2 Leben im Institutionalen Umfeld: Schule - Arbeitsmarkt

Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf müssen nach Abschluss der 8. Schulstufe ein Berufsvorbereitungsjahr in der Sonderschule oder in einer Polytechnischen Schule, die als Integrationsklasse geführt werden kann, die 9. Schulstufe absolvieren. Anstatt dieses Schuljahres oder im Anschluss daran können Jugendliche mit besonderem Förderbedarf weiterführende Schulen, die als Integrationsklassen über Schulversuche oder Schulen mit Schwerpunkt auf einen bestimmten Förderbedarf definiert sind, besuchen. Alternativ dazu gibt es verschiedene Einzelmaßnahmen und regionale Projekte, in die Jugendliche wechseln können, sofern sie Aufnahme finden. Im Rahmen einer Lehre besteht die gesetzliche Möglichkeit, eine Vorlehre zu absolvieren, wenn der Arbeitgeber dem zustimmt. Die theoretische Ausbildung erfolgt entweder in einer Berufsschule oder in einer Berufsschule mit Schulversuch, wie es sie vereinzelt gibt. Für Schul- und HochschulabsolventInnen stehen verschiedene Maßnahmen und unterschiedliche Förderinstrumente zur Integration in den Arbeitsmarkt zur Verfügung. Eine Aufstellung findet sich im Bericht über die Lage der behinderten Menschen in Österreich.[39]

Abbildung 1 Übergang Schule-Arbeitsmarkt Quelle: abif

Für Jugendliche mit sozialpädagogischem Förderbedarf wird ab der 7. Schulstufe Clearing angeboten. Im Clearing-Team wird gemeinsam mit dem/der Jugendlichen unter Hinzuziehung von ExpertInnen ein individueller Karriereplan erstellt. "Ziel des Clearings ist es, die geminderte Vermittelbarkeit in den Arbeitsmarkt mit individuellen Förderpaketen auszugleichen und den Jugendlichen in die für ihn geeignetste Maßnahme zuzuweisen (z.B. Arbeitsassistenz für Jugendliche, Nachreifungs- und Qualifizierungsprojekte)."[40]

Sofern die befragten ExpertInnen sich zu Clearing äußern, geschieht dies durchwegs positiv. Ernecker sieht einen Vorteil für ihre nachschulische Arbeit, wenn sie bereits Informationen über die Jugendlichen bekommt, die ihren Lehrgang besuchen. Vorsichtig kritisch beurteilen die Eltern der behinderten Jugendlichen das Clearing. Sie sind der Meinung, dass Jugendliche ohne jegliche Berufserfahrung oder Orientierung nicht einfach gefragt werden können "Was wollt ihr werden?" und sich daraus eine zu treffende Entscheidung ableiten lässt. Glaser vertritt die Ansicht, dass Clearing nicht nötig wäre, wenn bereits in den letzten Schuljahren eine Lehrperson, die über eine diagnostische Basisausbildung und über Kenntnis der Förderlandschaft verfügt, sich der Jugendlichen annimmt, die absehbare Schwierigkeiten im Übergang von der Schule zur Arbeit haben werden.

Für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen ist ein stufenloser Übergang kaum möglich.[41]Sie benötigen weitere Zwischenstufen, die im inneren Kreis von Abbildung 1 skizziert sind. Wie in den Fokusgruppen mit den Jugendlichen zu erkennen war, haben Jugendliche teilweise lange Perioden ohne Betreuung, Kurse oder Arbeit.[42]

Von den beiden Müttern aus Niederösterreich wird bemängelt, dass sie keine Informationen darüber haben, welche Ausbildungs- und Jobmöglichkeiten für behinderte Jugendliche es außerhalb einer geschützten Werkstätte gibt. Sie erwarten sich von Seiten der Arbeitsassistenz Unterstützung. ExpertInnen sehen bei den Jugendlichen und deren Eltern einen Informationsbedarf, Ernecker gibt aber auch zu bedenken, dass Maßnahmenkataloge Jugendlichen nichts nützen, wenn diese nicht die Möglichkeit haben, Verschiedenes auszuprobieren. Brandl und Glaser verdeutlichen in ähnlicher Weise, dass weder Jugendliche noch sie selbst als ExpertInnen wissen, wie viele Kurse Jugendliche beanspruchen dürfen, wie oft sie wechseln können und Ähnliches.

Der Hauptkritikpunkt, der von allen befragten ExpertInnen genannt wird, besteht in der fehlenden Durchlässigkeit des derzeitigen Systems. Jugendliche sollten idealer Weise die Chance haben, zwischen Maßnahmen und Beschäftigungsformen zu wechseln und sich in verschiedenen (Arbeits-)Umfeldern erfahren können. Lernorientierte Angebote, arbeitsorientierte Beschäftigungsangebote und verschiedene Praktika bis hin zu (assistenzgestützten) Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeitsmarkt sollten dabei durchlässig organisiert, in kombinierter Form erreichbar und auf einander abgestimmt sein.[43] Laut Glaser benötigen Jugendliche dabei eine kontinuierliche Betreuung und es sollte klar sein, wo eine Person jeweils steht und welche Möglichkeiten sie hat. Den heterogenen Bedürfnissen der Zielgruppe kommen am ehesten modularisierte Ausbildung und laufende Weiterbildungen entgegen. Lindmeier spricht sich für ein professionalisiertes individuelles Case Management aus, das von unabhängigen spezialisierten Fachdiensten ausgeführt wird und für jede/n individuell das richtige Arrangement des Nebeneinanders und Nacheinanders an Betreuung und Unterstützungsleistung organisiert.[44] Die Durchlässigkeit des Systems sollte nicht nur in Richtung erster Arbeitsmarkt bestehen, sondern auch Ausstiegsmöglichkeiten enthalten.[45]

Die ExpertInnen halten generell ein enges Netzwerk von verschiedenen unterstützenden Organisationen und BeraterInnen, in dem auf unterschiedliche Bedürfnisse von Jugendlichen reagiert werden kann, für wichtig. Jugendliche brauchen neben arbeitsmarktnahen Angeboten auch Unterstützung in den Bereichen Wohnen und Freizeit, wobei Letzteres vor allem Jugendliche mit schwerer Behinderung und eingeschränkter Mobilität betrifft. Über den persönlichen Kontakt der betreuenden Personen untereinander gelingt es auch eher Jugendliche zur Inanspruchnahme von Therapie oder Beratung zu bewegen.

Ernecker schildert sehr gute Erfahrungen in Bezug auf die (Weiter-)Vermittlung von Jugendlichen durch ihren persönlichen Kontakt zu Lehrpersonen in den Schulen, ArbeitgeberInnen, ArbeitsassistentInnen, Clearing-Team, AMS und Eltern. Dass nicht nur professionalisierte Netzwerke sondern auch die privaten Netzwerke der Jugendlichen bei der Integration hilfreich sind, wird in neuen Ansätzen wie der "Zukunftskonferenz" ausgenutzt. "Die Beteiligung der betroffenen Person selbst an einem runden Tisch mit ihren Eltern und anderen für die Situation wichtigen ExpertInnen (z.B. MitschülerInnen, FreundInnen, PädagogInnen) ermöglicht die Veränderung ihrer Rolle: In der gemeinsamen Reflexion der Situation und der Planung von Zielen und nächsten Schritten wird sie zum aktiven Subjekt und bringt ihre Sicht für die Gestaltung der eigenen Zukunft im Rahmen eines kooperativen Prozesses ein."[46]

Insgesamt sind sich die ExpertInnen und Eltern einig, dass die Jugendlichen nach der Pflichtschulzeit eine längere Phase der Orientierung und Stabilisierung brauchen. Den Jugendlichen sollte auch die Möglichkeit geboten werden, sich in verschiedenen beruflichen und sozialen Umfeldern zu erfahren. Glaser hält einen Zeitraum von ungefähr zwei Jahren für "schwierige Jugendliche"[47] angebracht, damit diese die Möglichkeit haben, ihr Leben in den Griff zu bekommen und langsam an eine Berufsentscheidung und Arbeitstätigkeit herangeführt werden können: Kampf und Misstrauen muss erst Rückhalt entgegengesetzt werden, wozu eine kontinuierliche Betreuung nötig ist. Es dauert, bis die Jugendlichen Freundschaften ausbilden und sich die Lebensverhältnisse einigermaßen stabilisieren.[48]

Häufig würden Jugendliche (und deren Familien) auch Therapie benötigen, die Einsicht dafür ist jedoch selten gegeben, berichten Vittori, Langstöger und Glaser aus ihrer Berufserfahrung. Niederschwellige Angebote und das Herstellen eines Erstkontaktes von der Kursmaßnahme direkt zu einer/einem Therapeutin/en scheinen hier hilfreich. Die kurzen Laufzeiten von Projekten widersprechen laut Glaser im derzeitigen System dem Bedürfnis nach Kontinuität. Sie wirken sich seiner Ansicht nach auch auf die Qualität der Betreuung aus, da qualifiziertes Personal für kurze Projektlaufzeiten schwer zu gewinnen ist. Auch die starke Vermittlungsorientierung wird von einigen ExpertInnen kritisiert, weil dadurch Jugendliche, die länger Zeit benötigen oder nicht bereits sehr nah am Arbeitsmarkt sind, leicht herausfallen.

Im Endbericht des Projektes "Beratung" von Integration: Österreich heißt es dazu: "Auffallend bei den Eltern, die sich an I:Ö gewandt haben, war, dass sie zumeist Mütter oder Väter von Jugendlichen sind, die die 50 % Hürde der Erwerbsfähigkeit nicht schaffen und bei der Mehrheit der Qualifizierungsprojekte ähnliche Sätze, wie folgenden gehört: "Wir müssen eine Quote erfüllen, Ihre/n Sohn/Tochter können wir aber sicher nach dieser geförderten Qualifizierung nicht in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln, versuchen Sie es in einer Beschäftigungstherapie".[49] Integrationskonzepte für Jugendliche mit Behinderung scheinen nach der Pflichtschulzeit abzureißen.

Zur Berufsorientierung nach der Schule haben die ExpertInnen einen pragmatischen Zugang. Sie kann nur durch die Erfahrung der Jugendlichen in verschiedenen Arbeitsumfeldern erlebbar gemacht werden. Die klassische Berufsorientierung, die auf dem Denken in Zeiten des Arbeitskräftemangels basiert, ist einer Arbeitsmarktorientierung gewichen.[50] Glaser sieht das Arbeitsmarktsegment für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen stark eingeengt. Es kommen nur wenige Berufe oder Tätigkeiten tatsächlich in Frage, für die noch einigermaßen Vermittlungschancen bestehen.[51]

Die Beratung der Jugendlichen durch das AMS halten einige ExpertInnen für wichtig. Für Jugendliche ist es immer noch eine gute Strategie, sich an das AMS zu wenden, wenn Lehr oder Arbeitsstellen gesucht werden.[52] Kritisiert wird jedoch die Zuweisung zu Kursen, die zu hoch gegriffen sind[53] bzw. den Bedürfnissen der Jugendlichen nicht entgegen kommen.[54] Das Instrumentarium für die Berufsberatung ist nicht für Jugendliche mit Behinderung geeignet, so Brandl. Die Beratung durch Institutionen scheint generell eher von den Interessen der Institution als von den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Jugendlichen beeinflusst zu sein.[55] Das lässt sich auch aus einer Studie von Schabmann und Klicpera schließen. In halbstrukturierten Interviews wurden 53 Personen mit einer Lern- oder leichter geistiger Behinderung[56] zu ihrem schulischen und beruflichen Werdegang befragt. In der Auswertung zeigen sich deutlich die unterschiedlichen Präferenzen von Empfehlungen. Während AMS und auch die LehrerInnen in der Sonderschule den SchülerInnen zu einem Arbeitsversuch in der freien Wirtschaft rieten, empfahlen Werkstätten und Sozialämter eher Arbeit im geschützten Bereich (Tabelle 4). [57]

Tabelle 4: Berufsberatung in Richtung regulärer Arbeitsmarkt versus Werkstätte Quelle: Schabmann u. Klicpera, (1998)

Angaben in %

Lehrer

AMS

Werkstätten

Sozialämter

Empfehlung Werkstätten

Empfehlung regulärer Arbeitsmarkt

15,4

84,6

7,7

92,3

66,7

33,3

71,4

28,6

Unter Berücksichtigung des Erscheinungsjahres der Studie (1998) und des Durchschnittsalters der Befragten von 29 Jahren ist die Feststellung, dass ein Drittel der Befragten keinerlei Aufklärung über berufliche Möglichkeiten vor dem Berufseinstieg hatte, für die heutige Jugend vermutlich nicht mehr zutreffend. Inwiefern das Ergebnis in Bezug auf die Richtung der Beratung noch aktuell ist, kann nicht beantwortet werden. In der Literatur der 90er Jahre wurde immer wieder der individuelle und personenzentrierte Ansatz in der Beratung betont, der heute bereits umgesetzt wird, wie in der unabhängigen Diagnostik und Beratung des Clearings, das fähigkeits- und interessenorientiert ist.

Wie aus Kapitel 4.5 hervorgeht, sehen die ExpertInnen bei der Zielgruppe einen massiven Bedarf an Persönlichkeitsbildung. Ihre Vorschläge, wo und wie diese stattfinden soll, fallen unterschiedlich aus: Vittori beurteilt bisherige Entwicklungen in den Schulen als positiv, die Polytechnische Schule jedoch gehört ihrer Ansicht komplett verändert. Das erste Halbjahr sollte ausschließlich für erlebnisorientierte Förderung der Persönlichkeitsentwicklung und dem Aufarbeiten von (sozialen) Defiziten verwendet werden. Ein persönlicher Coach, der mehrere SchülerInnen einzeln betreut (Betreuungsschlüssel 1:6) sollte dabei die Jugendlichen begleiten und ihnen Feedback geben.[58] Ernecker hingegen hält Persönlichkeitsbildung nur in Verbindung mit Arbeitserprobung für sinnvoll. In der Literatur finden sich Vorschläge, die in Richtung außerschulische Jugendarbeit gehen.[59]

Förderliche Aspekte im institutionalen Umfeld:

Durchlässigkeit in alle Richtung (vgl. Ausführungen S.51f.)

Enge regionale Zusammenarbeit in professionalisierten Netzwerken

Ergänzung des arbeitsmarktbezogenen Angebots durch freizeit- und wohnbezogene Angebote und Therapie

Individuelle, kontinuierliche Betreuung / Begleitung über den gesamten Übertrittszeitraum und der Zeit danach zur Arbeitserhaltung

Integrative Ausbildungs- und Qualifizierungsformen

Schule und Bildung

Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen und Schwierigkeiten bei der Arbeitsfindung haben zumeist die Pflichtschule absolviert, mit oder ohne Abschluss, erhielten eine sonderpädagogische Förderung in einer Integrationsklasse oder in einer Sonderschule (Sonderpädagogisches Zentrum). Die Entscheidung, welche Schule besucht wird, ist eine wegweisende, vor allem für Kinder mit Behinderung (vgl. Kapitel 4.4). Das Thema Sonderschule versus Integrationsklassen ist ein viel diskutiertes und stark emotionalisiertes. Unterschiedliche Vorstellungen von Gesellschaft, Lern- und Erziehungszielen prallen hier aufeinander.

Aus der Literatur und den Interviews ließen sich folgende Faktoren identifizieren, die sich direkt oder auch indirekt und längerfristig auf die Integration in die Arbeitswelt bzw. auch auf die soziale Integration auswirken:

  • Jugendliche ohne familiäre Unterstützung und / oder Migrationshintergrund fallen schneller in schwache Leistungsgruppen, gehen eher in die Sonderschule oder werden nach deren Lehrplan beurteilt. Sind die Eltern nicht mit dem Schulsystem vertraut, stellen sie sich nicht der Diskussion mit LehrerInnen, weil es ihnen vielleicht an Deutschkenntnissen mangelt. Oder die Eltern sind überhaupt desinteressiert, dann fehlen den Jugendlichen der Ansporn und die Unterstützung, eine höheres Lernziel zu erreichen, obwohl sie dazu in der Lage wären. Den LehrerInnen wiederum fehlt die elterliche Ansprechperson.[60]

  • In der Diskussion Integrationsklasse versus Sonderschule fällt auf, dass Jugendliche mit hohem Aggressionspotenzial eine Sonderstellung einnehmen. Während die Integration von körperbehinderten Personen als selbstverständlich gesehen wird, die Integration von Mehrfachbehinderten und geistig Behinderten vielleicht schwierig aber möglich und erwünscht ist, wird bei diesen Jugendlichen auf die Problematik hingewiesen, die sich aus dem Zusammensein mit Schwächeren ergibt. Tyrannei von MitschülerInnen, Schlägereien, Gefährdung von anderen lässt den Ruf nach Integration scheinbar schneller verstummen.[61]

  • Lernen in der Schule hinkt dem schnellen Wandel der Arbeitswelt hinterher. Noch gravierender ist dies im Bereich von spezialisierten Schulen und Ausbildungsformen. Für Personen mit Sinnes- und Körperbehinderung bleiben vielfach Computerarbeitsplätze. Gerade hier können die Schulen aber nicht so rasch auf Veränderungen des Marktes reagieren. Die außerschulische Ausbildung hat daher einen hohen Stellenwert, diese ist aber wiederum für Behinderte schwer zugänglich.[62]

  • Jugendliche, die nicht den gesamten Fächerkanon einer allgemeinen oder berufsbildenden Schule auf Grund einer Teilleistungsschwäche oder Behinderung absolvieren können, haben einen erschwerten Zugang zu diesen Schulen und somit auch keine Bildungsmöglichkeiten in den Fächern, die sie absolvieren könnten.

Ein Positivbeispiel ist in folgender Lebensgeschichte zu sehen: Die Jugendliche ist spastisch gelähmt, Behinderungsstufe 7, kann nicht sprechen und kommuniziert über eine Symboltafel. Trotz Mathematikschwäche und schlechtem Zahlenbegriff besucht sie die AHS und maturiert im kommenden Jahr in den übrigen Fächern. Möglich war dies jedoch nur durch hohes Engagement der Eltern, das Bewirken von Sondergenehmigungen und die Aufgeschlossenheit der LehrerInnen und SchuldirektorInnen. Die befragte Mutter fühlt sich hier, wie auch in anderen Bereichen des alltäglichen Lebens, als Bittstellerin und auf die Toleranz und Hilfe von anderen angewiesen.[63]

  • Für behinderte SchülerInnen ist es schwierig, ihren Förderbedarf innerhalb der Regelschule abzudecken. Die Schulen haben wenig autonomen Gestaltungsfreiraum. Die rechtliche Situation hemmt neue Ausbildungsmodelle zum Beispiel im Bereich der Landwirtschaftlichen Fachschulen. Obwohl sich viele Jugendliche mit Behinderung für diesen Bereich interessieren und auch eine Ausbildung oder Teilqualifizierung absolvieren könnten, haben sie keinen echten Zugang.[64]

  • Die schlechte Bildung dieser Jugendlichen wird von vielen der ExpertInnen angesprochen. Erklärungen dafür sind je nach Art der Benachteiligung unterschiedlich: Jugendliche mit schweren Behinderungen haben nur schwer Zugang zu höherer Bildung. Wenn dieser ermöglicht wird, dann unter erheblichem finanziellem und zeitlichem Aufwendung der Eltern, da die nötigen Hilfsmittel und die persönliche Assistenz nicht in vollem Ausmaß abgegolten wird. Bei Jugendlichen mit sozialen Benachteiligungen ergibt sich das mangelnde Interesse an Schule bereits durch die fehlende familiäre Unterstützung und die außerschulische Lebenssituation, die Jugendliche stark beansprucht und fordert. Die Jugendlichen haben zwar das Angebot eine Schule zu besuchen, können es aber nicht annehmen.

  • Identität, Selbstwahrnehmung, Selbstvertrauen, Leistungsmotivation der Jugendlichen entwickeln sich stark im schulischen Kontext. Da diese für die späteren Berufschancen wesentliche Faktoren sind, hat die Schule einen großen Einfluss. Ständige Frustration etwa kann durch Überforderung zu einem geringen Selbstwertgefühl und zu geringer Leistungsmotivation führen, Unterforderung zu Desinteresse, Traumatisierung zu Stagnation im Entwicklungsverlauf, ständiges Vermeiden von Frustration und permanente Rücksichtnahme zu einer geringen Frustrationstoleranz.[65] Schule ist für manche Jugendliche der Inbegriff von dem geworden, was sie nicht wollen. Leider wird damit auch ein Schlussstrich unter das Kapitel "Lernen" gezogen. Weitere Ausbildung und Qualifizierung kann dann nur über Arbeit an die Jugendlichen herangetragen werden.[66]

  • Während der Schulzeit besteht bei Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf zum Teil auch ein Bedarf an therapeutischer Intervention. Herkömmliche Therapieangebote und (schul)psychologische Beratung können lt. Vittori allerdings nur wenige Jugendliche annehmen.

Von den ExpertInnen, die im nachschulischen Bereich mit Jugendlichen arbeiten, wird die mangelnde Bildung der Jugendlichen kritisiert, die bei den Kulturfähigkeiten Schreiben, Lesen, Rechnen und in der Allgemeinbildung liegen. Die ExpertInnen fordern, dass sich Schule auf ihren Bildungsauftrag konzentriert und diesen wahrnimmt, auch in Integrationsklassen und Sonderpädagogischen Zentren[67]. Gleichzeitig ist es aber wesentlich, in der Altersstufe der 15¬bis 24-Jährigen Schlüsselkompetenzen zu erlernen und eine Identität (versus Identitätsunsicherheit / Rollenkonfusion) zu entwickeln, wozu die Schule beitragen sollte.[68] Auch Berufsorientierung sollte angeboten werden. Die Jugendlichen selbst haben verstärktes Interesse im außerschulischen Bereich, wollen womöglich überhaupt nicht mehr in die Schule gehen oder es entwickeln sich Dynamiken innerhalb einer Schulklasse, die Lehren im klassischen Sinne von Bildungsvermittlung unmöglich machen. Bedenkt man dazu noch das Faktum der Entwicklungsverzögerung und die Notwendigkeit der individuellen Förderung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen wird das Dilemma "Schulbildung" sichtbar. Schule kann nicht alles leisten, heißt es auch von ExpertInnenseite, und Schule kann auch nicht ein fehlendes stützendes Umfeld und Familie ersetzen. Die Pflichtschulzeit haben die Jugendlichen hinter sich, aber für den sofortigen Einstieg in die Arbeitswelt bereit sind sie deswegen nicht. Was diese Jugendlichen benötigen ist im Wesentlichen Zeit. Auch wenn Schule alles Genannte bieten würde, könnten die Jugendlichen der Zielgruppe nicht alles annehmen und mitnehmen, da die Zeit zu kurz ist oder sie nicht mehr in dem Setting "Schule" arbeiten/lernen wollen und können. Dadurch gewinnen die außerschulische Bildung und vor allem die außerschulische Jugendarbeit an Bedeutung. Behinderte Jugendliche haben hier jedoch große Anschlussprobleme, wie sich auch in den Fokusgruppen zeigt.[69]

Schulverweigerung und Straße

Zu der Zielgruppe gehören auch jugendliche Schulverweigerer, die schlechte Anknüpfungsmöglichkeiten an Erwerbsarbeit haben. Die Ursachen von Schulverweigerung können verschieden sein: Verwahrlosung, mangelndes Interesse der Familie an Schulbildung, Leistungsverweigerung, Schulangst, gravierende außerschulische Probleme (Gewalt in der Familie, Sucht, etc).[70]

Marquardt hat in ihrer umfassenden theoretischen Arbeit und der ethnopsychoanalytischen und tiefenhermeneutischen Analyse von Interviews mit Jugendlichen aus dem Hamburger Bahnhofsmilieu jene Zwischenwelt wissenschaftlich erfasst, in der sich Jugendliche befinden, die sich der Institution Schule verweigern. Diese Jugendlichen pendeln häufig zwischen Institutionen und Bezugsgruppen hin und her, haben in der Subkultur ausgeprägte Lebensstrukturen und zum Teil noch Kontakt zur Schule. Gerade diesem verbleibenden Kontakt zu LehrerInnen kommt eine besondere Bedeutung zu. LehrerInnen sind, so analysiert Marquardt, die vermittelnden Personen zwischen den Kulturen. Jugendliche haben den starken Wunsch nach Zugehörigkeit, gleichzeitig verfügen sie über eine Lebensgeschichte, die voll von Ausgrenzungserfahrung ist.[71]

"Der Wunsch nach Zugehörigkeit richtet sich insbesondere auf Lehrer, denn diese transportieren einen historisch gewachsenen wie auch kulturell produzierten Erfahrungshintergrund, der - stärker als bei Sozialpädagogen - auf dominanzkulturelle Normen verweist."[72] Der Wunsch nach Zugehörigkeit zur "Dominanzkultur" wird von den Jugendlichen nicht bewusst verbalisiert, ließ sich aber im tiefenhermeneutischen Verstehen ihrer Interviews erschließen. Das sehr ambivalente Verhalten, die offene Aggression und Provokation, mit der Jugendliche LehrerInnen begegnen, stellt für LehrerInnen und Schule eine hohe Herausforderung und auch Überforderung dar. LehrerInnen stehen in dem Spannungsverhältnis, dass sie auf der einen Seite intensiv die Auswirkungen der (negativen) familiären Erfahrungen und der sozialen Defizite der Jugendlichen zu spüren bekommen, auf der anderen Seite aus deren zentralen sozialisatorischen Lebensbezügen, wie dem Bahnhofsmilieu, vollständig herausgehalten werden. Dennoch sollen sie die Konflikte, die an sie herangetragen werden, austragen. "Soziokulturell benachteiligte Heranwachsende suchen Erwachsene, mit denen sie Konflikte austragen können und die sie mit eigener Widersprüchlichkeit, mit Ängsten und Problemen konfrontieren können. Die Ablehnung bzw. die Vermeidung dieser Aufgabe seitens der Lehrer kann anomische Prozesse weiter verstärken."[73]

Der Wunsch nach Zugehörigkeit zu der "Dominanzkultur", auch wenn er durch Abwertung und Abwehr zum Ausdruck kommt, weil er nicht erreichbar ist, wird unter anderem im Wunsch nach einem Schulabschluss und nach qualifizierter Arbeit sichtbar. Schwierig ist es für die Jugendlichen und die Personen, die mit ihnen arbeiten, dass diese Wünsche nicht als Nahziele greifbar sind, vor allem, wenn die bisherige Ausbildung gering ist.

Auf der Straße sind die Strukturen anders. Hier hat Leistung eine völlig andere Bedeutung, sie lässt sich am unmittelbaren Leben und Überleben messen. Von der breiten Gesellschaft werden diese Leistungen als Selbstverständlichkeiten oder als so fremd gesehen, dass sie nicht als Leistung gesehen werden, wie zum Beispiel: Einwegspritzen benützen, Kondome verwenden, wichtige Termine einhalten, Konflikte mit Eltern und Betreuern lösen. Um nun Jugendlichen Zugehörigkeit zu vermitteln, ist es notwendig, Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, Leistung zu erbringen, die gesellschaftlich anerkannt ist, wozu Berufsorientierung oder Qualifizierungskurse zählen.

Deutlich zeigte sich in den Gesprächen Marquardts mit den Jugendlichen, neben dem Wunsch nach "Zugehörigkeit" der Wunsch nach "Gutsein und Gutwerden", etwa indem sich die Befragten wünschen, dass der Vater vom Alkohol los kommt, die Mutter wieder gesund wird, dass Gespräche mit der Familie möglich werden, dass sie selbst von der Droge los kommen, dass eine "heile Welt" wie in der Kindheit entsteht. Am Rande des Existenzminimums haben Jugendliche, im Widerspruch zur harten Alltagsrealität, ein intensives Bedürfnis nach "Gutwerden". Nach Marquardt sollte daher eine Pädagogik angeboten werden, die eine Utopie der kleinen Erfolgsschritte anstrebt und zu verwirklichen hilft, orientiert an den realen Möglichkeiten und Fähigkeiten der Jugendlichen, und die nicht daran scheitert, dass es schulstrukturell zu wenig Möglichkeiten gibt.

Daraus lässt sich schließen, dass die vielfältigen Anforderungen, die an Lehrer und Schule gestellt werden, nicht immer erfüllt werden können. Arbeitsmarktpolitische Problembereiche überfordern die Möglichkeiten schulischer Strukturen. LehrerInnen können und sollen nach den Analysen Marquardts nicht ständig verfügbare FreundInnen von Jugendlichen sein, sondern in ihren Konturen als LehrerInnen erkennbar bleiben und dadurch für Jugendliche am Rande der Gesellschaft ein Bindeglied zur Dominanzkultur sein. Vittori, eine im Rahmen der ExpertInnen interviews befragte Beraterin aus der Familienintensivbetreuung, weist auf die Bedeutung hin, Jugendlichen Bildung, Qualifizierung und Zertifizierung außerhalb der Institution Schule zu ermöglichen. Auf diese Weise können Jugendliche, die bereits innerlich mit der Schule abgeschlossen haben, leichter einsteigen. Lifelong Learning hat einen hohen Stellenwert in unserer Wissensgesellschaft. Jugendlichen trotz Schulverweigerung und Desinteresse am formalen Lernen diesen Wert näher zu bringen und wieder Freude am Lernen zu vermitteln, ist eine schwierige Aufgabe. Sie kann aber erfolgreich sein, wenn Wege abseits des formalen Lernens beschritten werden und Jugendliche über ihr Interesse an und dem Wunsch nach Arbeit zu einer Ausbildung bewogen werden, wie Anlehr- und Lehrprojekte zeigen. Für die Jugendlichen im WUK etwa gilt als Arbeitszeit, wenn sie den Förderunterricht besuchen. Über Übungen, die an den Berufsalltag anbinden, werden Lerndefizite reduziert und Grundkenntnisse in Mathematik und Deutsch aufgefrischt, mit dem Ziel, dass die Jugendlichen selbstständig Aufgaben des Berufes und Alltages durchführen können und dadurch auch ihr Selbstwert gesteigert wird. Informelles Lernen am Arbeitsplatz und in der Gruppe wird durch Gruppengespräche und gemeinsame Erlebnisse gefördert.[74]

Berufsorientierung in der Schule

In der Allgemeinen Sonderschule ist Berufsorientierung in der 7. und 8. Schulstufe verbindlich im Lehrplan vorgeschrieben.[75] Mit dem Schuljahr 2001/2002 wurde eine neunte Schulstufe als Berufsvorbereitungsjahr eingeführt. In diesem Berufsvorbereitungsjahr werden grundlegende Fähigkeiten und Kenntnisse auf Basis der individuellen Voraussetzungen jeder Schülerin und jedes Schülers erarbeitet. Die individuellen Voraussetzungen beziehen sich sowohl auf die Sach- als auch auf die Sozialkompetenz und das Selbstbewusstsein der Jugendlichen. Es werden berufsübergreifende Qualifikationen vermittelt und die berufliche Handlungsfähigkeit der Jugendlichen wird aufgebaut. "Die Schülerinnen und Schüler sollen befähigt werden, persönliche Lebens- und Berufsperspektiven zu entwickeln, betriebliche Arbeit aus der Sicht der Arbeitnehmer ebenso wie aus der Sicht der Arbeitgeber kennen und einschätzen zu lernen. Sie sollen in die Lage versetzt und motiviert werden, sich möglichst selbstständig bzw. mit Unterstützung um einen Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatz zu bewerben sowie bestehende Ausbildungs-, Fortbildungs- und Weiterbildungsangebote wahrzunehmen."[76]

Laut ExpertInnen haben Jugendliche nach Abschluss der Pflichtschule zum Teil noch sehr unrealistische Berufsvorstellungen. Grund dafür könnte bei einer vorhandenen Entwicklungsverzögerung auch eine Verzögerung in der Berufswahlreife sein. Empirische Befunde weisen jedoch darauf hin, dass der Zeitpunkt der Berufswahl, insbesondere bei SchülerInnen der Polytechnischen Schule, generell zu früh angesetzt ist. Die Berufwählenden sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht "reif", d.h. noch nicht bereit zu einer zufrieden stellenden, realistischen Berufsentscheidung zu gelangen. Das Orientierungsvermögen, die Urteilsfähigkeit, wie auch das Entscheidungsvermögen der Jugendlichen sind noch nicht so weit entwickelt, dass eine aktive Stellungnahme gegenüber beruflichen Alternativen erfolgen kann.

Ernecker, Langstöger und Unger sehen ein Wissensdefizit bei den Jugendlichen. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass Jugendliche kaum über die Voraussetzungen für die Ausübung einzelner Berufe und auch nicht über Ausbildungswege Bescheid wissen. Eine Untersuchung von Haasz[77] gibt Aufschluss über den Stand der Berufswahl von Jugendlichen in Hauptschulen und im polytechnischen Lehrgang[78]. Die Befragung von 39 Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen sowie deren LehrerInnen und Eltern ergab Folgendes:

41 % der SchülerInnen können sich noch nicht für einen Beruf entscheiden, weil sie ihrer Ansicht nach noch zuwenig darüber wissen, 38,5 % sind der Meinung, dass sie keine weitere Berufsinformation benötigen, um sich zu entscheiden. Für 75 % der Jugendlichen wären Gespräche mit Vertrauten und Bekannten bei der Berufswahl hilfreich, alternativ dazu nennen sie Gespräche mit AMS oder LehrerInnen. Die Unsicherheiten bezüglich der Berufswahl erklären sich die Eltern in erster Linie dadurch, dass sich die Jugendlichen noch nicht über ihre Interessen im Klaren sind.

Die Mehrheit der Eltern und der Jugendlichen halten die Berufswahl für gut überlegt, die IntegrationslehrerInnen hingegen halten diese jedoch mehrheitlich für unausgereift. Die LehrerInnen klagen über Desinteresse der SchülerInnen bei Berufsinformationsveranstaltungen, Betriebsbesuchen und Einladungen von BerufsberaterInnen. Von den Eltern selber haben sich weniger als die Hälfe aktiv um Berufsinformation für ihr Kind bemüht. Der Großteil der Eltern erhält Information und Ratschläge von den IntegrationslehrerInnen und von Verwandten.

In der Studie wird die Schlussfolgerung gezogen, dass eine gezielte Vorbereitung der Jugendlichen nötig wäre, indem die Jugendlichen und deren Eltern detaillierte Informationen über die Berufe erhalten, die für sie in Frage kommen. "Dieses Anliegen wird umso deutlicher, als sich zeigt, dass nur ein sehr geringer Teil der befragten Eltern seitens der Arbeitsämter, Institutionen, Vermittlungs- und Beratungsstellen ausreichend über künftige Berufsmöglichkeiten informiert wurde. Die Informationen dringen anscheinend nur bis zu kompetenten pädagogischen Ausbildnern und nicht bis zu den Eltern der Schüler durch. [...] Das Miteinbeziehen der Eltern bei den Besuchen der einzelnen Betriebe, Institutionen und Beratungsstellen sollte verstärkt werden, da die Meinungen der Eltern eine der wichtigsten Rollen bei der Berufsfindung des Jugendlichen spielen."[79] Inwiefern diesen Forderungen innerhalb der Schule nachgekommen werden kann, ist vor dem Hintergrund der ExpertInnenaussagen über das Desinteresse der Jugendlichen an der Polytechnischen Schule[80] und den sonstigen Lehraufträgen und Bildungszielen fraglich.

Förderliche Aspekte im institutionalen Umfeld:

Durchlässigkeit in alle Richtung (vgl. Ausführungen S.51f.)

Enge regionale Zusammenarbeit in professionalisierten Netzwerken

Ergänzung des arbeitsmarktbezogenen Angebots durch freizeit- und wohnbezogene Angebote und Therapie

Individuelle, kontinuierliche Betreuung / Begleitung über den gesamten Übertrittszeitraum und der Zeit danach zur Arbeitserhaltung

Integrative Ausbildungs- und Qualifizierungsformen

4.3 Familie

Die Familie stellt für die / den Jugendlichen in der Übergangsphase von der Schule zur Arbeit eine wichtige Ressource dar. Eltern verschaffen ihren Kindern direkten Zugang zum Arbeitsmarkt durch persönliche Kontakte - vor allem den Zugang zu Praktikumsstellen - oder indirekt, indem sie den Jugendlichen Unterstützung und Halt geben, mit ihnen verschiedene Berufsmöglichkeiten besprechen, gemeinsam mit ihnen Beratungsleistung in Anspruch nehmen und vieles mehr. In den nach Brandl noch zu selten vorhandenen Elternkreisen und Treffen, helfen die Eltern behinderter Kinder einander gegenseitig. Ernecker berichtet, dass die Eltern der Jugendlichen in ihrer Büroanlehre sehr engagiert sind und sich gegenseitig Informationen über mögliche Stellen zukommen lassen. D.h., in einem aktiven Austausch der Eltern liegen Ressourcen, die letztlich den Jugendlichen zu Gute kommen. Der Frage, welche sonstigen "versteckten" Ressourcen und "verborgenen" Fähigkeiten Eltern von behinderten Kindern haben, wird derzeit im EQUAL-Projekt "Quality Supported Skills for Integration" in einer Fragebogenerhebung nachgegangen.[81] Die Möglichkeiten der Eltern haben aber auch Grenzen bei der Arbeitsmarktintegration. Nach Elternansicht[82] macht es gegenüber einem potenziellen Arbeitgeber einen schlechten Eindruck, wenn die Jugendlichen von ihren Eltern begleitet werden. Auch Brandl hält das für unangebracht und schwierig. Hier setzen Eltern und Integrationsexpertin Brandl auf die professionelle Unterstützung von ArbeitsassistentInnen und Organisationen, die gegenüber Firmen eine stärkere Position als Eltern haben.

Dass Eltern durch Überbehütung, wenig Zutrauen in die Fähigkeiten ihrer Kinder oder durch inadäquate Ratschläge, die zum Beispiel auf einem Falschverständnis einer Teilleistungsschwäche oder auch auf einer Falscheinschätzung der Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation beruhen, die berufliche Entwicklung sogar behindern können, wird von den ExpertInnen und den Eltern selbst angeführt. Vittori berichtet in diesem Zusammenhang von veralteten Arbeitssuchstrategien ohne Einbeziehung von Arbeitsmarktservice oder Beratungsstellen: Die Eltern haben selbstständig Lehrstellen gefunden, also sollen ihre Kinder dies ebenfalls ohne institutionelle Unterstützung zustande bringen.

Negativen Einfluss auf die Arbeitshaltung von Jugendlichen kann schlechte Vorbildwirkung der Eltern haben, wenn diese zum Beispiel selbst keiner (legalen) Erwerbstätigkeit nachgehen oder der Ansicht sind, dass ihre Kinder in der Lehre "nur ausgenutzt" werden und "viel zu wenig verdienen"[83]. Dürfen Lehrlinge zwar per Gesetz keine Überstunden machen, so erwarten Arbeitgeber in der Regel dennoch von den Auszubildenden, dass diese bei Bedarf länger bleiben. Dass es genügend Lehrlinge gibt, die unbezahlt mehr leisten, macht die Situation für diejenigen, die dazu nicht bereit sind, schwerer. Problematisch ist auch, wenn die Jugendlichen innerhalb der Familie für umfangreiche Arbeiten zuständig sind, die sie an dem Besuch eines Kurses oder an einer Erwerbstätigkeit hindern. Eltern nehmen wiederholt ihre Kinder aus dem Lehrprojekt heraus, berichtet Langstöger, um ein Monat gemeinsam mit ihnen in die ursprüngliche Heimat zu fahren, obwohl die Jugendlichen noch keinen Urlaubsanspruch in diesem Ausmaß erworben haben. Das ist ein Beispiel für kulturell bedingte Verhaltensweisen, die sich negativ auf die Integration in den österreichischen Arbeitsmarkt auswirken. Weitere kulturell bedingte Hemmnisse sieht Langstöger darin, dass Jugendliche der ersten Generation die österreichischen Normen in der Arbeitswelt nicht kennen und teilweise Probleme haben, mit Frauen zusammen zu arbeiten bzw. diese als Vorgesetzte zu akzeptieren. Die zweite Generation schafft es nach Langstögers Erfahrung bereits relativ gut, sich sowohl mit den Anforderungen der traditionell orientierten Familie als auch mit den Anforderungen der Gesellschaft bzw. des Arbeitsmarktes zurecht zu finden.

Negative Entwicklungsbedingungen in der Herkunftsfamilie (schlechte soziale Lage, Milieu) zählen zu den klassischen "sozialen" Benachteiligungen. In der Entwicklungspsychologie der vergangen Jahrzehnte hat sich eine differenzierte Sichtweise ergeben, die von milieu-und schichtspezifischen Zuweisungen weggehend einzelne und kumulierende Faktoren identifiziert hat, die sich negativ auf die Entwicklung auswirken. Ob Risikofaktoren auch Risikofolgen hervorrufen, hängt dabei nicht primär von den Eigenschaften des Risikos, sondern von dessen Bewältigung ab, d.h. von den Ressourcen eines Individuums und seiner Vulnerabilität. Die Resilienzforschung zeigt diese Ressourcen und Faktoren auf, die trotz multipler Entwicklungsrisiken zu einer positiven Persönlichkeitsentwicklung und psychischer Gesundheit führen[84]. Zu den schützenden Faktoren in den Ressourcen des Kindes gehören sicheres Bindungsverhalten (Kleinkindalter), hohe Effizienzerwartung und internale Kontrollüberzeugung (Selbstkonzept), soziale Kompetenz, ausgeprägte Interessen, überdurchschnittliche Intelligenz und gute Problemlösefähigkeit.

Zu den protektiven Faktoren innerhalb der Familie zählen:[85]

  • Stabile primäre Bezugsperson, die auf die Bedürfnisse des Kindes eingeht (z.B. Großeltern oder ältere Geschwister) und der das Kind vertraut.

  • Elterlicher Erziehungsstil prägt insbesondere die emotionale Unterstützung (Bei Jungen: Haushalte mit klaren Regeln und männliches Rollenvorbild. Bei Mädchen: Betonung von Unabhängigkeit, weibliche Führungsperson)

  • Schulbildung der Mutter[86]

Die protektiven Faktoren außerhalb der Familie sind in den stabilen sozialen Beziehungen zu Gleichaltrigen, in Lehrkräften, die als positive Vorbilder angenommen werden können und in der gesamten Schulsituation zu sehen (hohe aber angemessene Leistungsstandards, Übernahme von Verantwortung, klare Regeln, individuelle Anerkennung).

Unter Bezugnahme auf diese Ergebnisse der Resilienzforschung kommt bei der Förderung von Kindern und Jugendlichen neben der Reduktion von Risikofaktoren, soweit diese überhaupt möglich ist, der Förderung von Schutzfaktoren hohe Bedeutung zu. Dabei kann der / die Jugendliche außerhalb der Familie unterstützt werden, oder die Familie selbst in das Zentrum der Beratung gestellt werden, wie es beispielsweise in der Familientherapie und in der systemischen Beratung üblich ist. Wie in den Kapiteln zu Behinderung (Kapitel 4.4) ausgeführt, wirkt sich letztendlich auch die Frühförderung auf die Integrationsfähigkeit in den Arbeitsmarkt aus. Bei Familien mit wenig finanziellen Mitteln, MigrantInnenfamilien, aber auch bei Familien, in denen eine falsche Förderung geschieht, tauchen an der Schnittstelle zum Arbeitsmarkt vielfältige Schwierigkeiten auf.[87]

Desolate familiäre Verhältnisse wirken sich negativ auf die Entwicklung von Jugendlichen aus, in Bezug auf die Arbeitsmarktintegration wird jedoch auch die Ambiguität[88] erkennbar: Jugend¬liche aus desolaten Familienverhältnissen lösen sich rascher von ihrer Familie und wollen von Zuhause weg. Um sich ein selbstständiges Leben finanzieren zu können, bemühen sie sich intensiv um eine Arbeitsstelle und sind bestrebt diese auch zu erhalten.[89] Das ist ein möglicher positiver Entwicklungsverlauf, dem gegenüber natürlich auch eine Reihe negativer Verläufe genannt werden können (vgl. Kapitel 4.2 Schulverweigerung). Er zeigt jedoch, wie durch "Leidensdruck" die Integration in den Arbeitsmarkt vorangetrieben wird. Entsprechend hohen psychischen Belastungen sind jene Jugendlichen ausgesetzt, denen es trotz des Leidensdrucks nicht gelingt, eine Arbeitsstelle zu finden.

Hametner und Unger geben an, dass einige Jugendliche auf Grund des Druckes der Eltern zur Arbeitsassistenz kommen; weil diese wollen, dass ihre Kinder ausziehen und selbstständig werden. Langstöger berichtet aus ihrer Erfahrung auch den umgekehrten Fall: Wenn die Loslösung von der Familie innerhalb einer Beratung Thema wird, kann das einen massiven Widerstand der Eltern zufolge haben und die Jugendlichen müssen die Beratung abbrechen oder es ist sogar deren weitere Teilnahme an dem Qualifizierungsprojekt gefährdet.

Insgesamt sind sich die ExpertInnen einig, dass Familie nicht ersetzt werden kann. Am ehesten scheint dieses noch in begleiteten Wohnformen zu gelingen, in denen die Jugendlichen eine/n BetreuerIn (BezugsbetreuerIn) als persönliche Ansprechperson haben, die auch Kontakt zu den Schulungsträgern bzw. LehrerInnen hat. Nach Glaser ist es schwierig, Jugendlichen Struktur zu geben, wenn die Familienverhältnisse völlig desolat sind. Im Zuge einer familiären Stabilisierung können Jugendliche leichter in Schulungsmaßnahmen und in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden.[90] Insofern spricht sich Glaser für die Miteinbeziehung der Familie und niederschwellige Beratungs- und Therapieangebote aus, die auch von den BetreuerInnen arbeitsmarktnaher Maßnahmen vermittelt werden sollten. Teilweise besteht bei der Zielgruppe bereits Kontakt zu Jugendämtern und die Familien werden von der Familienintensivbetreuung erfasst. Laut Vittori stehen dann aber zumeist andere Dinge als die Ausbildung und Arbeit des / der Jugendlichen im Vordergrund. Die Aufmerksamkeit liegt auf den kleineren Geschwistern und vordringliche Probleme wie z.B. Delogierung müssen gelöst werden.

Außerfamiliäre Unterstützungsformen gewinnen somit für Jugendliche an Bedeutung. Diese sollten idealerweise individuell erfolgen und über einen längeren Zeitraum von einer Person begleitet werden, erlebnisorientierte Gruppenerfahrungen ermöglichen und auch Nachbildung und "Nacherziehung" beinhalten.[91]

Unterschiede in der Förderung von Mädchen und Burschen durch die Familie werden von den ExpertInnen und Eltern nicht genannt, lediglich bei MigrantInnenfamilien aus dem islamischen Kulturkreis wurden von den ExpertInnen einzelne geschlechtsspezifische Beobachtungen gemacht. Hametner etwa bescheinigt blinden türkischen Mädchen mehr Selbstständigkeit als türkischen Burschen. Langstöger und Vittori geben an, dass junge Frauen aus MigrantInnenfamilien öfter Zuhause für Kinderbetreuung und Haushalt eingesetzt werden und daher weniger Zugang zu Kursen und Lehrstellen haben als Burschen. Junge Frauen brechen laut Vittori auch häufiger eine Ausbildung oder Lehre ab, sobald sie einen Partner haben oder schwanger sind, wobei das sowohl Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund betrifft.

Viele Studien zur Berufswahlentscheidung Jugendlicher kommen zu dem Ergebnis, dass das Geschlecht neben der sozialen Herkunft, insbesondere dem Einfluss der Eltern, überhaupt die größte Rolle bei der Berufswahl spielt. Das gilt vor allem für Jugendliche, die einen Lehrberuf ergreifen.[92] Demnach dürfte die geschlechtsspezifische Berufswahl bei Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf mindestens so wie bei allen Jugendlichen, nach älteren Befunden sogar noch stärker, ausgeprägt sein.[93]

4.4 Spezifische Charakteristika der Lebenssituation von Jugendlichen mit Behinderungen

Obwohl die Einteilung in Gruppen von Benachteiligung und Behinderung eine problematische ist, da sie die Gefahr der Stigmatisierung birgt und eine Einteilung nach Behinderungsart aufrecht erhält, bei der leicht übersehen werden kann, dass zumeist mehrere Behinderungen und Benachteiligungen auf eine Person zutreffen, wird eine grobe Zuordnung vorgenommen. Denn zum einen findet sich diese Zuordnung in der Literatur wieder - viele Untersuchungen berücksichtigen nur spezielle Ausprägungen von Behinderung - und zum anderen zeigen sich auch unterschiedliche Zuordnungen der Jugendlichen in Schulen und Kursen. Die Lebenssituationen der Jugendlichen unterscheiden sich wie die Art des Zuganges zum Arbeitsmarkt und die damit verbundene Problematik gravierend. Hingegen unterscheiden sich die Jugendlichen kaum in ihren grundlegenden Wünschen und Interessen, auch wenn sich diese auf verschiedene Weise äußern. Es beschäftigen sie dieselben Themen wie andere Jugendliche in dieser Altersgruppe auch, es treten nur bestimmte Themen stärker in den Vordergrund und sie sind mit zusätzlichen Schwierigkeiten konfrontiert. Durch den Vergleich der Fokusgruppen und der ExpertInneninterviews gehen zwar spezifische Bedürfnisse einzelner Gruppen hervor, der Großteil der Heterogenität in den Bedürfnissen ist aber eher durch das Individuum als durch dessen Behinderungszuordnung bedingt. Die (defizitäre) Bedürfnissituation ergibt sich durch die Interaktion mit Familie, Schulen und Institutionen und durch die Einschränkung des Zuganges zu bestimmten Aktivitäten.

Jugendliche mit schwerer körperlicher und Mehrfachbehinderung

Jugendliche mit körperlicher Behinderung benötigen zum Teil apparative Hilfen mit denen sie motorische Funktionsbeeinträchtigungen kompensieren können. Die Anschaffungskosten dafür sind zumeist hoch und werden nicht in allen Fällen gefördert.[94] Sind handwerkliche Tätigkeiten auf Grund einer körperlichen Behinderung nicht durchführbar, so bleiben als Arbeitsmöglichkeiten hauptsächlich Bürotätigkeiten. Durch Überqualifizierung für eine bestimmte berufliche Tätigkeit erhöhen körperbehinderte Jugendliche ihre Chance auf dem Arbeitsmarkt, sofern ihnen diese hohe Qualifikation überhaupt ermöglicht wird. Liegen die Interessen und Begabungen der Jugendlichen nicht in diesem Bereich, so wird es besonders schwierig hier Arbeitsmarkt-Nischen zu finden.[95]

Neben dem Übergang Schule zu Arbeitsmarkt haben Jugendliche parallel dazu mehrere Entwicklungsschritte hin zu einem selbstständigen Leben zu bewältigen. Freizeitgestaltung und FreundInnen gewinnen an Bedeutung, die Loslösung von den Eltern ist ein wesentliches Thema und die Frage des künftigen Wohnens taucht auf.

Die Persönlichkeitsentwicklung kann infolge einer Behinderung stagnieren oder verzögert sein.[96] Das bedeutet, dass Jugendliche mit Ende der Pflichtschulzeit noch nicht die Berufswahlreife und auch nicht die persönlichen Voraussetzungen für eine Arbeit erreicht haben. Ist es für Jugendliche ohne Behinderung und Benachteiligung nach Abschluss der Pflichtschulzeit bereits schwierig, Berufs- und Ausbildungsentscheidungen zu treffen, sich anzupassen und den Anforderungen des Arbeitgebers gerecht zu werden, so ist dies für Jugendliche mit Entwicklungsverzögerung umso schwieriger. Sie verfügen in diesem Alter noch nicht über die am Arbeitsmarkt geforderten Schlüsselkompetenzen, Selbstverantwortung und Arbeitshaltung. Die Jugendlichen brauchen mehr Zeit, um sich zu orientieren. Wichtig ist, dass diese Zeit genutzt wird, denn ohne Möglichkeiten des Erlebens von Gruppe und Gemeinschaft können Jugendliche diesen Entwicklungsschritt schwer bewältigen.

Bei Jugendlichen, deren Mobilität auf Grund einer Behinderung stark eingeschränkt ist, kommt dies als ein weiterer hemmender Faktor zum Selbstständigwerden und selbstständig arbeiten hinzu. Bisher wurden die Kinder von den Eltern zu den verschiedenen Terminen begleitet. Diese ständige Begleitung durch die Eltern ist im nun erreichten Alter jedoch zunehmend unangebracht. Brandl gibt zu bedenken, dass es für die Jugendlichen und auch für die potenziellen Arbeitgeber besser ist, wenn eine andere Person die/den jungen Erwachsenen begleitet, die nicht so "fordernd, frustriert und aggressiv" ist, wie es Eltern in diesem schwierigen Lebensabschnitt sein können.[97] Alle drei befragten Mütter von schwer behinderten Jugendlichen sehen Schwierigkeiten bei der Lösung der Frage der Mobilität zum einen in der grundsätzlichen Möglichkeit - so berichtet die Familie aus Tulln, dass es für ihren Sohn nicht möglich ist, mit dem von der Stadt geförderten Sammeltaxi mit zu fahren - und zum anderen in der Finanzierung. Die Kosten steigen vor allem dann, wenn nicht nur ein Taxi-Dienst sondern eine persönliche Assistenz benötigt wird. So berichtet Thorpe, eine der befragten Mütter, dass das Kontingent der Stadt Wien an "persönlicher Assistenz" ausgeschöpft ist und andere Anbieter im Vergleich dazu teurer sind. Für Jugendliche, deren Behinderung eine persönliche Assistenz nötig macht, ist die Loslösung von der Familie umso schwerer. Laut Brandl haben Eltern ihre persönlichen Schwierigkeiten mit der Inanspruchnahme von persönlicher Assistenz, da nun fremde Personen die Betreuung der Jugendlichen übernehmen, die sie selbst jahrelang über hatten. Die enge Bindung innerhalb der Familie wird durch eine/n persönlichen Assistentin/en aufgebrochen. Hinzu kommt, dass von öffentlicher Hand meist Zivildiener für diese Tätigkeit bezahlt und geschickt werden, was im Falle körperbehinderter weiblicher Teenager, die auf Unterstützung bei der täglichen Hygiene angewiesen sind, für beide Seiten unangenehm sein kann.[98] Jugendliche haben auch kaum die Möglichkeit ihre/n persönliche/n Assistentin/en auszusuchen.

Ein Entwicklungsziel in der Pubertät ist die Loslösung von den Eltern, die Teil der eigenen Identitätsfindung ist. Bei behinderten Jugendlichen stellt sich die Frage "Loslösung wohin?", wenn es keine Angebote für Jugendliche gibt und eine Tätigkeit in einer Werkstätte nicht in Frage kommt.[99] Die Eltern von behinderten Kindern müssen selbst initiativ sein und die Loslösung vorantreiben.

Eine sehr schwierige und für die gesamte Familie sehr belastende Situation ergibt sich für Jugendliche nach Beendigung der (Pflicht-) Schulzeit, wenn diese bisher den Weg der Integration gegangen sind. Für Personen, die derzeit in die Altersklasse der Zielgruppe fallen, war Integration in die Schule ein Weg mit vielen Hindernissen und Kämpfen. Mit Ende der Pflichtschule scheint nun auch die Integration beendet. Für Jugendliche, die nicht in eine Werkstätte wollen, gibt es kaum Möglichkeiten zu einer Qualifizierung oder Weiterbildung zu gelangen, wenn sie eine schwere Behinderung haben oder "zu langsam" für den Unterricht in einer Gruppe sind. Die Lebensgeschichten von den beiden befragten mehrfach behinderten Jugendlichen machen das Dilemma deutlich: Sie werden nicht in spezielle Qualifizierungs-, Ausbildungs- und Vermittlungsmaßnahmen aufgenommen, weil sie "zu schlecht" oder "zu langsam" sind.[100]

Wie Brandl aus ihrer Erfahrung in der Elternarbeit weiß, lassen Eltern nach der Schule ihre Kinder einmal allein zu Hause. Mit der Zeit wird die Situation sehr belastend, es entsteht emotionaler Druck. "Jugendliche lassen sich nichts mehr sagen"[101], es kommt zu Konflikten zwischen Eltern und Kindern, die durch den permanenten Kontakt und die Lebensumstände verstärkt werden. Die Eltern wollen großteils ihre Kinder los lassen, wissen aber nicht wohin. Insgesamt befindet sich die Familie in einer schwierigen Phase. Dieselben Eltern, die in der Volksschule noch sehr aktiv und engagiert waren, sind nun müde und frustriert, haben Angst und sind aggressiv. Einige schöpfen erneut Kraft, versuchen Information von verschiedenen Stellen zu beziehen, gehen mit ihren Kindern zu Beratungen und Arbeitsassistenz und versuchen die Jugendlichen in Kursen unter zu bringen. Wenn keine Arbeitsstelle oder kein Ausbildungsprojekt in Sicht ist, geben Eltern mit der Zeit dem Druck nach und versuchen ihre Kinder in einer Beschäftigungstherapie unterzubringen.

Sowohl die Mütter als auch die beiden befragten mehrfach behinderten Jugendlichen, von denen einer im Moment als "Notlösung"[102] in einer Werkstätte arbeitet, lehnen eine Beschäftigung in einer solchen Einrichtung ab, wobei hier die Eltern massiven Einfluss auf die Meinung der Jugendlichen haben dürften. Im ExpertInneninterview mit Brandl wird deutlich, welch schlechtes Image Werkstätten haben. "Werkstatt" ist für integrationsorientierte Familien gleichbedeutend mit "Beschäftigungstherapie" und heißt ausgeschlossen sein aus der Gesellschaft, nur mit anderen Personen mit Behinderung zusammen zu sein, mit deren Problemen konfrontiert zu sein, überforderte BetreuerInnen, Absolvieren einer monotonen und stereotypen Tätigkeit, Fehlen von Lebenssinn und Lebenslust. Laut Brandl werden viele Jugendliche nach ca. einem Jahr in einer Werkstätte unzufrieden und wollen diese wieder verlassen. Obwohl es Möglichkeiten und Projekte gibt, in denen Personen aus einer Werkstätte über den Weg der Beschäftigungstherapie den Zugang zum ersten Arbeitsmarkt finden, wird diese Chance von den Eltern kaum gesehen. Diese besonders starke Ablehnung der befragten Familien dürfte zum einen in der bisherigen Lebensgeschichte liegen, dem integrativen Weg, den sie bisher konsequent verfolgt haben, aber auch bei zwei der Befragten in der Gegebenheit, dass die körperliche Behinderung der Jugendlichen sehr schwer ist, die kognitiven Leistungen aber nur im Teilbereich Mathematik und Raumvorstellung eingeschränkt sind. Beim dritten Jugendlichen waren auch die kommunikativen Fähigkeiten und Schlüsselfertigkeiten stark eingeschränkt. Die Vorstellung täglich mit geistig behinderten Menschen in einer Werkstätte zu arbeiten, einer intellektuell unterfordernden Tätigkeit nachzugehen und in der Kommunikation mit anderen eingeschränkt zu sein, löst verständlicher Weise Angst und Abwehr aus.

Jugendliche mit geistiger Behinderung

Die Arbeit in einer Werkstätte kann für Jugendliche mit geistiger oder Mehrfachbehinderung auch eine Zwischenstation sein, die eine erste Loslösung von der Familie ermöglicht, vor allem wenn es parallel dazu eine Wohnform außerhalb der Familie gibt. Beschäftigungsprojekte, wie sie unter anderem von der Behindertenhilfe Korneuburg oder der Lebenshilfe Niederösterreich betrieben werden, in denen ein ganzheitlicher aber individueller Ansatz verfolgt wird, zeigen den Weg aus der Beschäftigungstherapie in den ersten Arbeitsmarkt. "Ganzheitlich" umfasst Förderung des Freizeitverhaltens, wodurch Sozialkontakte verbessert und informelles Lernen in der Gruppe möglich ist. Menschen mit geistiger Behinderung bewerten die Tätigkeit in der freien Wirtschaft in Form eines Praktikums oder einer Anstellung viel höher als die Tätigkeit in einer geschützten Werkstätte. "Weniger die Art der Tätigkeit, als der Kontakt mit und die Anerkennung durch nicht behinderte Kollegen haben dabei den Vorrang. Weiters entsteht die soziale Aufwertung neben dem persönlichen Kompetenzerleben auch auf Grund der Anerkennung der Leistung von seiten der Familie."[103] In einer Untersuchung von Jandl (2000) wurden 36 Personen mit geistiger Behinderung zu ihrer Tätigkeit in burgenländischen Werkstätten befragt. Zwei Drittel der Befragten kamen gleich nach der Schule in die Werkstätte,

34 % blieben nach der Schule vorerst zu Hause. 97 % empfinden Freude an der Arbeit, auch das Verhältnis zu den KollegInnen wird als sehr gut beschrieben. Dennoch würden 42 % lieber einer anderen Arbeit nachgehen und 70 % auch gerne im ersten Arbeitsmarkt tätig sein. Rahmenbedingungen, die für eine Arbeitseingliederung in den ersten Arbeitsmarkt die notwendige Unterstützung bieten sollen, sind nach Meinung der befragten BetreuerInnen Information, Aufklärung und Hilfestellung für Betriebe und MitarbeiterInnen sowie die persönliche Begleitung und Unterstützung der Personen mit Behinderung am Arbeitsplatz (zu 100 %). Auch die Rückgewinnung der Beihilfen bei Scheitern eines Arbeitsversuches (88 %) und einen finanziellen Ausgleich für die Betriebe für eventuelle Minderleistungen wird für wichtig erachtet.[104] Die finanzielle Absicherung der Menschen mit Behinderung ist vor allem für deren Eltern sehr wichtig, wie diese in der Erhebung festhielten. Von Seiten der BetreuerInnen in den Werkstätten wird auch eine Ausnutzung und Überforderung von Behinderten befürchtet sowie die Gefahr von sozialer Ausgrenzung und Problemen mit KollegInnen gesehen: Nachteile können Verhaltensauffälligkeiten der Behinderten darstellen, die von den nicht-behinderten Kollegen nicht akzeptiert werden und somit zur Ablehnung führen.[105]. Dass solche Befürchtungen nicht unbegründet sind, belegt die Studie von Schabmann und Klicpera (1998) [106] 60 % der bereits am ersten Arbeitsmarkt Beschäftigten geben gelegentliche Auseinandersetzungen mit ArbeitskollegInnen und manchmal auch mit Vorgesetzten an. Das lässt die Autoren zu dem Schluss kommen, dass Supported Employment und Arbeitsassistenz durch die zusätzliche Begleitung und Vorbereitung der künftigen ArbeitskollegInnen zu einer erfolgreichen sozialen Integration am Arbeitsplatz nötig ist. Aus der Perspektive der in Werkstätten arbeitenden Personen und deren BetreuerInnen ist das auch sehr wünschenswert.[107]

Der Faktor Zeit spielt bei Jugendlichen, denen es schwer fällt, sich auf neue Situationen einzustellen und Neues zu erlernen, eine große Rolle. Insofern sind kurze Projektlaufzeiten bei der Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt ein besonderes Hemmnis, das solche Jugendliche selektiv ausscheidet. Menschen mit geistiger Behinderung können auch erst im höheren Alter, zu einem Zeitpunkt, indem sie nicht mehr in die Zielgruppe der Jugendlichen fallen, die persönliche Reife für eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt erreichen. Entwicklung benötigt Zeit und kann in Schüben erfolgen, die nicht vorhergesehen werden können. Entsprechend wichtig ist, dass auch älteren Personen der Weg aus der Beschäftigungstherapie ermöglicht wird.

Durch die neue Einführung der Teilqualifizierung im Lehrbereich erwartet sich Brandl neue Möglichkeiten und Chancen am Arbeitsmarkt für Jugendliche mit Behinderung. Leistungsdefizite sind zum Teil sehr eingegrenzt und Jugendliche können qualifizierte Arbeiten durchführen, solange diese außerhalb dieses abgegrenzten Bereiches liegen.

Jugendliche mit Hörbehinderung und gehörlose Jugendliche

Die Lebenssituation und auch die Art des Zugangs zu Bildung und Arbeitsmarkt hängen vom Grad des Hörvermögens ab. Zur schwer in den ersten Arbeitsmarkt integrierbaren Gruppe gehören in erster Linie gehörlose Jugendliche, die zusätzliche Defizite in der Kommunikation, in der Schrift- und der Gebärdensprache aufweisen und / oder über nur geringe Selbstständigkeit verfügen. Den Grund für diese Defizite sieht Unger in mangelnder Ausbildung von Kindern und Jugendlichen in der Gebärdensprache.

Kinder, die bereits früh die Gebärdensprache erlernen, können früh Bilder in Sprache umsetzen und daher das Lesen und Schreiben schneller und besser erlernen. Im BIG (Bundesinstitut für Gehörlose) und in Integrationsklassen wird jedoch nur in Lautsprache unterrichtet[108]. Die Gebärdensprache hat als Unterrichtsfach mit nur einer Stunde pro Woche einen geringen Stellenwert. Mittels Lautsprache ist es nicht möglich eine differenzierte Sprache zu erwerben, was dazu führt, dass diese Jugendlichen sowohl die Gebärdensprache als auch die Schriftsprache nur schlecht beherrschen. Funktionaler Analphabetismus und schlechte Rechenleistungen hemmen die Integration in den Arbeitsmarkt ebenso wie den Zugang zum Weiterbildungsmarkt. Auf Grund des lückenhaften allgemeinen Wortschatzes in der Gebärdensprache haben diese Jugendlichen Schwierigkeiten einem Gebärdendolmetsch zu folgen und sich einen fachspezifischen Wortschatz anzueignen. Auch bei intensiver Unterstützung kann bei Weiterbildungs- und Qualifizierungsangeboten kaum ein positiver Abschluss erzielt werden, wenn diese Grundfertigkeiten fehlen.[109]

Die traditionellen Ausbildungslehrgänge für Gehörlose wie "Ledergalanteristin", "Schneiderei" sind zum Teil überholt und bieten keinen Anschluss an den Arbeitsmarkt, zum Teil sind die Tätigkeitsbereiche unter den Jugendlichen auch nicht sehr beliebt. Gehörlose Jugendliche, vor allem junge Männer, finden laut Arbeitsassistentin Unger in Wien einen guten Zugang zu Berufsausbildung und zum Teil auch zur Beschäftigung im 2. Arbeitsmarkt (z.B. bei wienwork[110] im Unterschied zu blinden Jugendlichen, siehe unten), woraus sich dann eine Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt ergeben kann.

Der richtigen und frühen Förderung durch die Familie kommt, wie bei allen Jugendlichen, entscheidende Bedeutung zu. Einen großen Vorteil haben, laut Unger, Kinder mit gehörlosen Eltern, da diese den genauen Förderbedarf kennen und die Kinder durch die Gebärdensprache früh ein Sprachgefühl entwickeln. Diese Eltern neigen weniger zu einer Überbehütung und erziehen stärker zur Selbstständigkeit, schicken ihre Kinder eher in Integrationsklassen und fordern ihre Kinder auch. Hörende Eltern entscheiden sich hingegen eher für die Ausbildung im BIG, obwohl diese laut Unger nicht die erste Wahl sein sollte, da diese Ausbildungsschiene durch die jahrelange Spezialbehandlung und Überbehütung durch Schule und Eltern schlecht auf die Arbeitssituation vorbereitet. Misserfolge bei der Arbeitssuche halten überbehütete Jugendliche auf Grund ihrer niedrigen Frustrationstoleranz sehr schlecht aus. Mit Leistungsanforderung können sie kaum umgehen, da sie sich von ihrem Umfeld eine Fortsetzung der Spezialbehandlung und Rücksichtnahme erwarten, die sich beispielsweise in ihrer Einstellung zu Pünktlichkeit und Krankenstand nieder schlägt nach dem Motto: "Meine Kollegen müssen das Zuspätkommen und den häufigen Krankenstand akzeptieren, da ich ja behindert bin".[111]

Die Bandbreite der Karrieren Gehörloser ist groß. Während Jugendliche ohne weitere Behinderung ihren Interessen und Fähigkeiten entsprechend mit Hilfe ihrer Familie ihren Bildungs- und Berufsweg machen, nehmen Jugendliche mit weiteren Behinderungen oder Benachteiligungen die Unterstützung durch die Arbeitsassistenz in Anspruch. Bei PflichtschulabgängerInnen sind laut Arbeitsassistentin Unger mangelnde Selbstständigkeit und fehlende "praktische Lebenskompetenz" wie auch die faktische Immobilität große Hemmnisse bei der Arbeitsfindung. Die Vorstellungen von den beruflichen Anforderungen sind teilweise unrealistisch. Ein Manko sieht Unger auch darin, dass im Rahmen der Berufsorientierung in der Schule hauptsächlich Speziallehrgänge vorgestellt werden und weniger auf allgemeine Berufsbilder bzw. Arbeitsmarktanforderungen eingegangen wird.

Bei MigrantInnen kommt ein zusätzliches Sprachproblem hinzu. Diese Jugendlichen müssen sich erst langsam an die österreichische Gebärdensprache anpassen. Um eine Verständigung in der Lautsprache zu ermöglichen, bietet der WITAF in Wien muttersprachliche Beratung an.

Jugendliche mit Sehbehinderung und blinde Jugendliche

Ähnlich wie auch bei den Jugendlichen mit Hörbehinderung ist das Ausmaß des Sehrestes entscheidend für die beruflichen Möglichkeiten. Stark Sehbehinderte und Blinde können keine klassischen Handwerksberufe oder Hilfsarbeiten ausüben, daher scheidet ein breites Spektrum an Berufs-und Lehrmöglichkeiten von vorn herein aus. Die traditionellen Ausbildungslehrgänge wie KorbflechterIn, BürstenbinderIn, MasseurIn sind spezielle Lehrgänge für blinde Jugendliche. Obwohl es für die ersten beiden keine Nachfrage am Arbeitsmarkt gibt, lediglich ÖHTB und Blindenverband bieten solche Stellen in ihren Spezialwerkstätten noch an, wählen Jugendliche häufig diese Ausbildungsschiene, weil hier die Anforderungen nicht so hoch sind. Zumeist besuchen Jugendliche mit Teilleistungsschwächen, schlechten Sprachfähigkeiten oder weiteren Behinderungen, diese Lehrgänge. Auch Jugendliche mit Migrationshintergrund und schlechten Deutschkenntnisse finden sich in diesen Lehrwerkstätten.[112]

Laut Arbeitsassistent Hametner reduziert sich für Blinde die Chance am ersten Arbeitsmarkt unter zu kommen derzeit auf die Ausübung von Bürotätigkeiten. Diese können aber nur von solchen Jugendlichen, die ihre Behinderung sehr gut kompensieren können, eine gute Ausbildung haben und keine sonstigen Defizite, in einer für den Arbeitsmarkt annehmbaren Form bewältigt werden. Der zweite Arbeitsmarkt bietet für Blinde fast keine Beschäftigungsmöglichkeiten. Weil Blinde die geforderten handwerklichen Tätigkeiten nicht verrichten können, nehmen sozialökonomische Betriebe blinde Jugendliche im Allgemeinen nicht auf. Eine Zwischenstufe zwischen erstem Arbeitsmarkt und Beschäftigungstherapie, wie sie etwa ÖHTB und Jugend am Werk anbieten, fehlt.

Werden Jugendliche der Blindenerziehungsanstalt Wien bereits in der Schule über die Arbeitsassistenz informiert, wenden sie sich schon während der Schulzeit an die Arbeitsassistenz, um einen Praktikumsplatz über den Sommer zu bekommen. Am BBI (Bundes-Blindenerziehungs-institut) in Wien können Jugendliche eine Handelsschule, einen Büro- und Telekommunikationslehrgang sowie Orientierungsklassen besuchen. Die Orientierungsklassen werden sowohl von blinden MigrantInnen besucht, die hier deutsch lernen, als auch von deutsch sprechenden Personen, die spät erblindet sind und hier die Blindenschrift erlernen. Die jugendlichen SchulabgängerInnen sind laut Hametner zum Teil noch nicht jobready, sie brauchen noch Berufsorientierung (die individuell angeboten wird), Qualifizierungskurse wie z.B. PC-Kurse, Bewerbungs- und Arbeitstraining und (Schnupper)praktika. Jugendliche, die noch keinen entsprechenden Grad von Selbstständigkeit erreicht haben, können in entsprechenden Trainings ihre Mobilität und Selbstständigkeit in Bezug auf lebenspraktische Fertigkeiten verbessern. Im Vergleich zur Gruppe der gehörlosen Jugendlichen gibt es hier offensichtlich mehr Lernmöglichkeiten außerhalb der Familie.

Eine Schwierigkeit besteht darin, dass Schulen und vor allem Spezialschulen den Marktanforderungen hinter her hinken, so muss neues Anwendungswissen etwa im EDV-Bereich durch zusätzliche Kurse erworben werden. Am allgemeinen Weiterbildungsmarkt haben jedoch blinde Jugendliche mit allerlei Problemen zu kämpfen, da die Unterrichtsformen stark visuell orientiert und aufgebaut sind. Zudem bedarf es teurer apparativer Unterstützungen, wie Sehhilfen für stark Sehbehinderte, Unterlagen in Blindenschrift oder Braillezeilen für den PC. Für die Mittel gibt es häufig keine ausreichende Finanzierung. Zusätzlich tauchen Fragen auf wie "Hilft der Administrator der Weiterbildungseinrichtung eine Braillezeile am Arbeitsplatz zu installieren? Kann diese am Arbeitsplatz bleiben oder muss sie jeden Tag mitgenommen werden? Was passiert, wenn das teure Gerät verschwindet?" Daher bevorzugen laut Hametner blinde Jugendliche die leichter zugänglichen Speziallehrgänge, obwohl sie nicht dem Gedanken der Integration entsprechen und den Anforderungen des Arbeitsmarktes nicht immer gerecht werden.

Laut Hametner sind mehr Fremdsprachenausbildung und eine generell höhere Qualifikation in der EDV nötig, damit blinde und stark sehbehinderte Jugendliche im Wettbewerb um Arbeitsstellen überhaupt eine Chance haben. Theoretisch gibt es viele Arbeitsstellen für blinde Personen. Ein Manko sehen er und seine Kollegin aus der Arbeitsassistenz für Gehörlose und Hörbehinderte einerseits in der Fehlinformation der potenziellen ArbeitgeberInnen betreffend den "Behindertenparagraphen", andererseits auch in ihrer Unwissenheit, für welche Tätigkeiten blinde Jugendliche einsetzt werden können.

Behindernde Sozialleistung?

Liegt der Grad der Behinderung bei mehr als 50 %, besteht die Möglichkeit vom Bundessozialamt einen Feststellungsbescheid zu erlangen, der dann besondere Schutzmechanismen in der Arbeitswelt garantiert. Von den ExpertInnen wie auch in der Literatur wird kritisiert, dass gerade dieser Bescheid für Jugendliche beim Eintritt in den Arbeitsmarkt ein Hemmnis darstellt[113], da ArbeitgeberInnen mit diesem Bescheid häufig einen sehr umfassenden Kündigungsschutz verbinden. Arbeitsassistentin Unger sieht hier unbegründete Befürchtungen und Fehlannahmen auf Seiten der ArbeitgeberInnen. Der verstärkte Kündigungsschutz tritt erst mit dem 6. Arbeitsmonat in Kraft und ist nicht auf Lehrverhältnisse anzuwenden.

Die Verteilung der Sozialleistung wird von den BetreuerInnen durchwegs kritisch betrachtet. Für Jugendliche mit Behinderung stellt sie ein finanzielles Risiko dar. Sobald eine Person für den eigenen Lebensunterhalt aufkommen kann, gehen bestimmte Unterstützungsleistungen wie erhöhte Familienbeihilfe und Rentenansprüche verloren, auch wenn die betroffene Person den Arbeitsplatz verliert, weil sie entweder gekündigt wird oder auf Grund der Verschlechterung einer chronischen Krankheit die Tätigkeit nicht mehr ausüben kann. Der vorige Status kann schwer wieder erreicht werden bzw. bedarf es eines erheblichen formalen Aufwandes. Die genaue Regelung ist im Bericht über die Lage der behinderten Menschen in Österreich dargestellt[114], wobei im Moment eine Novelle zum Behindertengesetz in Vorbereitung ist. Die Eltern haben diesbezüglich einen hohen Informationsbedarf, der nicht immer durch die verschiedenen Beratungsstellen gedeckt ist, weil ihnen entweder unterschiedliche oder ungesicherte Auskunft erteilt wird.[115]

In den Fokusgruppen und Elterngesprächen wird deutlich, dass das Dilemma der Jugendlichen und ihrer Eltern darin besteht, dass die / der Jugendliche am ersten Arbeitsmarkt nicht soviel verdienen kann, dass er / sie für seinen / ihren Lebensunterhalt aufkommen kann. Die Aussicht auf prekäre Arbeitsverhältnisse ist laut Expertin Brandl ein Hemmnis. Jugendliche mit psychischer, physischer oder geistiger Behinderung können häufig nur Teilzeitarbeitsplätze annehmen.

Wiederum besonders benachteiligt sind Jugendliche mit verlangsamter Motorik, die Tätigkeiten nicht in dem selben Tempo wie andere ausführen können, oder Jugendliche mit niedriger Qualifikation, da ArbeitgeberInnen in solchen Fällen nur die tatsächlich erbrachte Leistung abgelten können. Armut trotz Arbeit, wie sie in den aktuellen Berichten der Armutskonferenz verstärkt angeprangert wird, dürfte also auch diese Jugendlichen betreffen und ihr Leben lang begleiten, sofern nicht eine andere Form der Unterstützungsleistung gefunden wird, bei der etwa Erwerbsarbeit und Einkommen entkoppelt werden und eine Grundsicherung festgelegt wird.

4.4 "Beschäftigungsfähigkeit" - Reif für den Job?

In den letzten Jahren wurde im Zusammenhang mit Globalisierung, Flexibilisierung und der zunehmenden Dynamik am Arbeitmarkt immer wieder "employability" ("Beschäftigungsfähigkeit") genannt. Dabei bezieht das Konzept der Employability im englischen Sprachraum den gesamten Arbeitsmarkt mit ein und ist als eine arbeitsmarktpolitische Strategie zu verstehen. Vergleicht man die zahlreichen Definitionen, so gelangt man zu dem Schluss, dass im deutschen Sprachraum Employability stärker auf den Arbeitnehmer fokussiert ist, auf dessen Aus- und Weiterbildung und seine Qualifikationen und Schlüsselkompetenzen. Blancke, Roth und Schmid leiten die allgemeine Definition ab: "Beschäftigungsfähigkeit beschreibt die Fähigkeit einer Person, auf der Grundlage ihrer fachlichen und Handlungskompetenzen, Wertschöpfungsund Leistungsfähigkeit ihre Arbeitskraft anbieten zu können und damit in das Erwerbsleben einzutreten, ihre Arbeitsstelle zu halten oder, wenn nötig, sich eine neue Erwerbsbeschäftigung zu suchen."[116] In dieser mikrokosmischen Perspektive, d.h. aus Sicht des/r einzelnen Arbeitnehmers/in, ergeben sich daraus neben Fragen der individuellen Qualifikation auch solche nach persönlichen Fähigkeiten, Interessen und Kompetenzen, nach Motivation und Interessen, die Frage, wie diese im Sinne von Employability (als arbeitsmarktpolitische Strategie) ausgebildet und genutzt werden können. Beschäftigungsfähigkeit in diesem Kontext ist vergleichbar mit den "employability skills"[117] zu denen folgende gehören:

  • communication skills that contribute to productive and harmonious relations between employees and customers

  • team work skills that contribute to productive working relationships and outcomes

  • problem-solving skills that contribute to productive outcomes

  • initiative and enterprise skills that contribute to innovative outcomes

  • planning and organizing skills that contribute to long-term and short-term strategic

  • planning

  • self-management skills that contribute to employee satisfaction and growth

  • learning skills that contribute to ongoing improvement and expansion in employee and company operations and outcomes

  • technology skills that contribute to effective execution of tasks.

Gerade in diesen Skills bescheinigen die befragten ExpertInnen den Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen durchwegs Defizite. Jugendliche, die aus der Sonderschule oder einer Integrationsklasse abgehen, haben entweder noch nicht die persönliche Reife, im Sinne einer verzögerten Persönlichkeitsentwicklung, oder spezielle umwelt- oder behinderungsbedingte Defizite, die zum Teil bei entsprechender Förderung verringert werden können.

Alle befragten ExpertInnen, die mit Jugendlichen nach Abschluss der (Pflicht-) Schule arbeiten, nennen Defizite in den Schlüsselkompetenzen[118], die Jugendlichen die Arbeitsfindung und Erhaltung erschweren, vor allem im Bereich der sozialen Kompetenz.

Mangelnde Teamfähigkeit wird als ein Hemmnis bei der Integration in den Arbeitsmarkt gesehen. Muss etwa eine ganze Handwerkergruppe immer auf eine/n Jugendliche/n warten, bevor sie zum Kunden fahren können, ohne vielleicht zu wissen, ob sie / er kommt oder nicht, ist das für das Team und den Arbeitgeber nicht tragbar. Mangelnde gegenseitige Unterstützung und fehlenden Teamgeist ortet Ernecker unter den Jugendlichen in ihrem Büroanlehreprojekt. Da beinahe alle Kurse und Ausbildungen in Gruppen stattfinden, stellt mangelnde Gruppenfähigkeit bereits bei der Qualifizierung eine Schwierigkeit dar.

Langstöger berichtet aus ihrer Erfahrung im WUK-Jugendprojekt, dass ein Gruppenunterricht kaum möglich ist, weil sich die Jugendlichen gegenseitig stören und überschreien. Die FörderlehrerInnen arbeiten daher in Einzelstunden mit den Jugendlichen. Einzelbetreuung wäre nach Vittori viel häufiger nötig als sie geleistet werden kann. Als ein extremes Beispiel nennt sie einen Fall, bei dem zwei verschiedene Beratungsstellen einen Jugendlichen betreuen, weil ein/e SozialarbeiterIn alleine nicht die persönlichen Ressourcen hat, ihn permanent zu stützen. Gleichzeitig weiß Vittori aus ihrer 12-jährigen Erfahrung in der Jugendhilfe, bei der Betreuung von Jugendlichen in der Berufsschule und in der Familienintensivbetreuung, dass gerade Gruppenerlebnisse für Jugendliche in der Entwicklung wichtig sind, wobei Mobbing, Außenseitertum und Gruppendruck aktiv bearbeitet werden müssen. Das ist in der Schule zum Teil schwierig und erfolgt nicht immer in ausreichendem Maße. In Bezug auf Konfliktmanagement haben Jugendliche ebenfalls Defizite. Problematisches Sozialverhalten, wie Lügen und offene Aggression sind für Langstöger etwas, dem man in der Arbeit mit Jugendlichen Verständnis entgegen bringen, aber auch klare Regeln entgegensetzen muss, mit der Botschaft "Ich mag dich als Mensch, aber du hast so viele Regeln übertreten und die Konsequenzen sind daher....".

ExpertInnen sehen bei Jugendlichen, mit denen sie arbeiten, häufig auch Kommunikationsdefizite. Sie müssen beispielsweise erst lernen, wie sie ihre eigenen Anliegen adäquat kommunizieren können, wie sie sich im Gespräch mit Vorgesetzten und KollegInnen verhalten können.

Neben mangelnden sozialen Kompetenzen stellt auch eine kontraproduktive Arbeitshaltung ein großes Hemmnis bei der Arbeitsplatzerhaltung dar. Darunter lassen sich folgende Verhaltensweisen und Einstellungen subsumieren: Unpünktlichkeit, mangelndes Verantwortungsbewusstsein, keine Eigeninitiative, respektloser Umgang mit Vorgesetzten, mangelnde Motivation, mangelnde Ausdauer. Waidacher berichtet von ihrer Erfahrung als Arbeitgeberin, dass manche PraktikantInnen aus Büroanlehrprojekten den Job "nicht ernst nehmen", schon Stunden vor Dienstschluss gehen wollen, ohne Verständigung einfach nicht zur Arbeit kommen, stundenlang Chatten und ähnliches. Jugendliche haben zum Teil auch sehr unrealistische Vorstellungen von Arbeit, wenn sie bisher keine Erfahrungen sammeln konnten und in einem Umfeld aufwuchsen, indem sie keinen persönlichen Bezug zu Erwerbsarbeit herstellen konnten, weil sie etwa aus desolaten Familienverhältnissen kommen und verwahrlost sind. Ein wenig differenziertes Bild von Arbeit kommt auch in einem Denken, dass auf die Kategorien "Chef, Sekretärin, Arbeiter" reduziert ist, zum Ausdruck.

Ernecker sieht in der passiven Haltung von Jugendlichen, die darauf warten, bis sie zu einer Tätigkeit aufgefordert werden und in mangelnder Eigeninitiative, Selbstständigkeit und Selbstverantwortung noch ein schulähnliches Verhalten, das die Jugendlichen erst langsam ablegen müssen. Überbehütung und wenig Zutrauen aus der Familie und im schulischen Umfeld tragen zu dieser Haltung bei.[119] Mit Selbstständigkeit ist in diesem Zusammenhang auch die Fähigkeit gemeint, Aufgaben selbst zu strukturieren, erledigen und kontrollieren. Parallelen ergeben sich zu den erwähnten Schlüsselkompetenzen self-management, planning and organising skills (vgl. S. 71).

Das Selbstbild und die Selbstwahrnehmung der Jugendlichen stimmen häufig nicht mit dem Fremdbild überein. Sie können ihre eigenen Fähigkeiten und Leistungen schwer einschätzen, was auf der einen Seite zu einem geringen Selbstvertrauen beiträgt, auf der anderen Seite zu unrealistischen Berufswünschen führt. Für eine realistische Selbsteinschätzung brauchen Jugendliche Feedback durch Bezugspersonen, denen sie vertrauen. Wenn die Familie das nicht leisten kann, kann das durch ein professionalisiertes Umfeld ersetzt werden, entweder noch in der Schule oder in anschließenden Kursen und außerschulischen Aktivitäten, bei denen den Jugendlichen ein persönlicher Coach zur Verfügung steht.

Dass die Förderung der genannten Kompetenzen hohe Bedeutung hat und eine zentrale Funktion bei der Vermittlung von Personen auf Arbeitsplätze einnimmt, ist in Stellenausschreibungen und an dem Trainingsangebot erkennbar. Auch in den (sonderpädagogischen) Schulen lässt sich zum Teil eine vorsichtige Verschiebung weg von einer Bildung im Bereich des technisch-funktionalen Denkens und der handwerklich-motorischen Grundfunktion hin zu einer Förderung der Schlüsselfertigkeiten (Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, selbstständiges Planen und Organisieren, Teamfähigkeit, Übernahme von Verantwortung, Leistungsmotivation) erkennen. Dafür sind handlungsorientierte Lernformen wie Projekte, Fallstudien, Rollen- und Planspiele, Betriebspraktika, Betriebs- und Arbeitsplatzerkundungen nötig.[120]

Wichtig bei der Förderung von Jugendlichen ist den befragten ExpertInnen[121], dass nicht nur auf die Defizite geschaut wird, sondern die positiven Ansätze der Jugendlichen verstärkt und kleine Erfolgsschritte angestrebt werden, um Selbstwert und das Gefühl der Selbstwirksamkeit zu stärken. In den Soft skills oder auch Schlüsselkompetenzen liegt zum Teil auch das große Potenzial, das Jugendliche ausschöpfen können und mit dem sie im Wettlauf um Arbeitsstellen punkten können. Denn gerade diese Eigenschaften und Kompetenzen werden am Arbeitsmarkt verlangt und sie können Teilleistungsschwäche oder Behinderung in den Hintergrund treten lassen.

Waidacher, eine befragte Arbeitgeberin, die immer wieder PraktikantInnen aus Büroanlehrprojekten des AMS aufnimmt, erklärt, dass in ihrer sehr kommunikationsorientierten Branche wichtig ist, dass Praktikantinnen gute kommunikative Eigenschaften mitbringen und auch eine gewisse Fröhlichkeit und Lebenslust vermitteln. Wenn das gegeben ist, sieht sie nach eigenen Angaben über Defizite in anderen Bereichen hinweg.

Motivation

Als Voraussetzung für die Integration in den Arbeitsmarkt ist Leistungsbereitschaft von den Jugendlichen gefordert. Der Wille zur Ausübung eines Berufes und zur Integration in den ersten Arbeitsmarkt ist auch Bedingung zur Aufnahme in vermittlungsorientierte Kurse und die Basis für die Arbeit der ArbeitsassistentInnen.[122] Arbeitsmotivation und Leistungsmotivation sind eigene psychologische Konzepte, die mehr als nur den Willen zur Arbeit umfassen. Das Ausmaß an Arbeits- und Leistungsmotivation entscheidet über das Durchhaltevermögen der Jugendlichen bei einer Ausbildung und hilft über Widrigkeiten bei der Arbeitssuche und in der Arbeit selbst hinweg. Gilt es als Alltagsweisheit, dass man "Motivation" nicht lehren oder lernen kann, sondern von "innen" kommen muss, greift diese Sichtweise bei genauerer Betrachtung zu kurz.

Der Leistungsmotivation liegt das "Leistungsmotiv" zugrunde, das bereits von früher Kindheit an entwickelt und im weiteren Lebensverlauf geprägt wird. Leistungsmotivation kann von seiner Ausrichtung her misserfolgsorientiert sein, d.h. jemand arbeitet, um Misserfolge zu vermeiden, was einer Angstmotivation entspricht (Angst vor Misserfolg), oder idealerweise erfolgsorientiert, das heißt, um Erfolge zu erreichen. Bei der Entstehung von Leistungsmotivation sind die Lebenserfahrungen im Zusammenhang mit Leistung ausschlaggebend. Je nachdem wie das Umfeld - also Familie, Peers und Schule - auf Leistung und fehlende Leistung reagiert, kann ein Kind Leistungsmotivation in seinen verschiedenen Ausprägungen oder auch "Anstrengungsvermeidung" entwickeln. Wie das empirisch belegte Konzept der "Anstrengungsvermeidung"[123] zeigt, entsteht bei häufigem Misserfolg gepaart mit Überforderung (nicht zwangsläufig im Sinne einer intellektuellen Überforderung, sondern auch bei Überforderung in Bezug auf die Aufgabendauer und den Belohnungsaufschub) leicht eine "negative" Leistungsmotivation, bei der viel Energie und auch "Arbeit" daran gesetzt wird, eine bestimmte von den LehrerInnen oder Eltern geforderte Leistung zu umgehen. In einer extremen Ausformung kommt es zur totalen Schulverweigerung. Motivationale Strukturen sind im Jugendalter bereits relativ stabil ausgeprägt, Veränderungen benötigen Zeit und Aufmerksamkeit. Gerade in der Pubertät bieten jedoch durch die Veränderungsprozesse und auch die sich verändernde Umwelt eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung oder Gegensteuerung. Die Misserfolgsstory "Schule" mit ihren Anforderungen, Regeln, Schulangst und Verweigerungen hat ein Ende.

Im Arbeitsbereich können Motivierungspotenziale leistungs-, neugier-, anschluss- (Anschluss an eine Person/Gruppe, Wertschätzung und Nähe einer Person / Gruppe erreichen), macht-oder aggressionsthematisch sein und das Handeln in der Arbeit bestimmen.[124] Die Arbeitsmotivation wirkt sich auf die Richtung des Handelns, z.B. auf die Berufswahl, die Intensität des Handelns in Form von Anstrengungsbereitschaft und die Ausdauer des Handelns aus. Insofern spielt die Arbeitsmotivation nicht nur am Arbeitsplatz sondern auch bei der Arbeitssuche und Berufsausbildung eine wichtige Rolle. Neben den motivationstheoretischen Erklärungen werden in den Fokusgruppen und ExpertInneninterviews weitere Faktoren identifiziert, die Jugendliche dazu bringen, im ersten Arbeitsmarkt tätig zu werden. Sie wollen ein selbstständiges Leben führen, weg von Zuhause, eine eigene Wohnung und ähnliches. Arbeit ist hierbei Mittel zum Zweck.

Badelt erhob bei einer Stichprobe von 264 Jugendlichen (42 % davon geistig behindert, 20 % lernbehindert, 14% mit Entwicklungsverzögerung, 2 % mehrfach behindert) die Motive für Arbeit im ersten Arbeitsmarkt. 70 % gaben Geld (selbst) zu verdienen als sehr wichtig an. Nur das Motiv "Freude an der Arbeit" hat für die befragten TeilnehmerInnen eine ähnlich große Bedeutung. Weitere sehr bedeutende Motive sind: etwas Sinnvolles zu tun, Kontakt mit anderen Menschen zu haben und das Gefühl der Selbstsicherheit zu entwickeln. Druck von Seiten der Familie scheint eine wesentlich geringere Rolle zu spielen.[125] Die befragten ArbeitsassistentInnen nannten Druck von Seiten der Familie sehr wohl als eine Triebkraft für Arbeitsfindung[126].

Wie Evaluierungen zeigen, ist für die positive Absolvierung von Kursen und die Vermittlung von Arbeit stärker die Motivation der Jugendlichen als die Art und der Grad ihrer Behinderung selbst von Bedeutung. Ein Vergleich der im Rahmen des Projektes Synapse[127] erfolgreich vermittelten TeilnehmerInnen mit jenen, die zwar qualifiziert aber nicht vermittelt wurden, zeigt, dass erstere neben einem höheren Entgegenkommen im beruflichen Umfeld auch gute Coping-Strategien und höhere Motivation hatten. Negativ wirkten sich restriktive Coping-Strategien der TeilnehmerInnen aus, da sie regressive Verhaltensmuster begünstigen und die Motivation stark beeinträchtigen.[128]

Um zu einer die berufliche Integration fördernden Motivation zu gelangen, sind Erfolgserlebnisse wichtig, wobei diese Erfolge idealer Weise der eigenen Leistungsfähigkeit zugeschrieben werden (förderliches Attributionsmuster: stabile, interne Attribuierung). Ebenso wichtig sind ein adäquates Anspruchsniveau und eine realistische Selbstbewertung. Um die nötige Frustrationstoleranz zu entwickeln, gehören aber auch Misserfolge dazu, die aktiv aufgearbeitet werden.



[8] Fokusgruppe 4b, Thorpe

[9] Auf der Website von Integration: Österreich findet sich als Leitsatz: "ungehindert behindert". www.ioe.at

[10] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003b)

[11] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a)

[12] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a), S. 13

[13] ExpertInneninterview Glaser

[14] ExpertInneninterview Glaser, Langstöger; Fokusgruppen. s. Bericht Kapitel 4.5, S. 70

[15] Vgl. Blaschke (1997), S. 131-142

[16] ExpertInneninterview Glaser; in Kapitel 2 wird detailliert auf die demographische Entwicklung der Jugendlichen, die von dieser Definition betroffen sind, eingegangen.

[17] Vgl. Manpower (2003), S. 4

[18] AMS Datenauskunft, Datenwürfel:PPDSRemote;

dwh.ams.or.at;alv/svl_gesamtuebersicht_leistungsbezieher_lb_v2 Page 2; Stand der Daten: 3. Juli 2003

[19] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (1998)

[20] ExpertInneninterview Vittori

[21] ExpertInneninterview Glaser

[22] ExpertInneninterview Unter, Hametner, Brandl

[23] Vgl. Wagner (1993), S. 264

[24] Vgl. Blaschke (1997), S. 265

[25] Vgl. Lindmeier (1999)

[26] Vgl. Stadler (1995b)

[27] Vgl. Lindmeier (1999), S. 267

[28] ExpertInneninterview Glaser, Hametner, Unger, Langstöger, Vittori

[29] ExpertInneninterview Glaser

[30] Vgl. Wunder (2002), S. 60f.

[31] Definition des Bundesverbandes für Körper- und Mehrfachbehinderte von 1992, zit. nach Wunder (2002), S. 62

[32] Vgl. Wunder (2002), S. 68f.

[33] Durch Nachfragen wurde im Interview deutlich, dass Frau Kathi P. mit "nützlich" eine gesellschaftlich anerkannte, herausfordernde und intellektuell anspruchsvolle Arbeit meint. Der Gegensatz dazu besteht für sie in "Kugelschreiber zusammenbauen" in einer Werkstätte.

[34] Fokusgruppe 4a

[35] Vgl. Niedermair (1998)

[36] Vgl. Manpower (2003)

[37] ExpertInnenInterview Brandl

[38] Vgl. Fastl et al. (2003), S. 29

[39] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a)

[40] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a), S. 102

[41] In erster Linie betrifft das die Schnittstelle Hauptschule/Sonderschule/Polytechnische Schule- Arbeitsmarkt. Aber auch nach Abschluss einer Berufsausbildung ist es für 19-24 Jährige zunehmend schwieriger in den Arbeitsmarkt einzusteigen.

[42] Fokusgruppe 3, 4a, 4b

[43] Vgl. Wunder (2002)

[44] Vgl. Lindmeier (1999), S. 236

[45] ExpertInneninterview Glaser

[46] Vgl. Boban/ Hinz (1999)

[47] ExpertInneninterview Glaser; Die Bezeichnung "schwierige Jugendliche" bezieht sich auf das von der Gesellschaft als unangepasst wahrgenommenes Verhalten seines Betreuungsklientels, das sich unter anderem aus Jugendlichen mit Verhaltensauffälligkeiten, Suchtproblematik, Essstörungen und psychischen Krankheiten (außerhalb eines akuten Schubes) zusammen setzt.

[48] ExpertInneninterview Glaser

[49] Vgl. Integration:Österreich (2002)

[50] Vgl. Egger et al. (2003)

[51] ExpertInneninterview Glaser

[52] ExpertInneninterview Vittori, Hametner

[53] ExpertInneninterview Langstöger

[54] ExpertInneninterview Hametner

[55] ExpertInneninterview Glaser

[56] Mit Lernbehinderung ist in diesem wissenschaftlichen Artikel die leichte geistige Behinderung nach dem

internationalen Klassifikationsschema ICD-10 der WHO gemeint.

[57] Vgl. Schabmann und Klicpera (1998)

[58] In Privatschulen, wie zum Beispiel in der w@lz - Wiener Lernzentrum, wurde bereits ein "Orientierungsjahr" ver¬wirklicht, in dem Jugendliche ohne Prüfungen ein Jahr lang verschiedene berufsbezogene Projekte durchführen und in ihrer Persönlichkeitsentwicklung von MentorInnen begleitet werden. www.walz.at

[59] Vgl. Lindmeier (1999)

[60] ExpertInneninterview Langstöger, Brandl, Fokusgruppe 4b,Thorpe

[61] Vergleichende Analyse der Interviews

[62] ExpertInneninterview Hametner, Unger; vgl. Stadler (1995), S. 318

[63] Fokusgruppe 4b, Thorpe

[64] IntegrationsexpertInnen von Integration: Österreich erarbeiten gemeinsam mit LehrerInnen, Direktoren, Eltern und Jugendlichen in den jeweiligen Einzelfällen Zugangsmöglichkeiten zu Schulen. ExpertInneninterview Brandl

[65] ExpertInneninterview Unger, Vittori, Langstöger

[66] ExpertInneninterview Langstöger

[67] ExpertInneninterview Glaser, Langstöger, Hametner, Unger, Ernecker

[68] Vgl. Flammer (1996)

[69] ExpertInneninterview Brandl, Mütter, Fokusgruppen

[70] ExpertInneninterview Vittori

[71] Vgl. Marquardt (2001)

[72] Vgl. Marquardt (2001), S. 324

[73] Vgl. Marquardt (2001), S. 333

[74] ExpertInneninterview Langstöger, vgl. WUK

[75] Schulorganisationsnovelle (SOG) 1998

[76] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a), S. 93

[77] Vgl. Haasz (2000)

[78] heute: Polytechnische Schule, vgl. Pollmann (1993), S. 25

[79] Vgl. Haasz (2000), S. 196

[80] ExpertInneninterview Vittori

[81] Vgl. www.qsi.at

[82] Fokusgruppe 4a und 4b

[83] ExpertInneninterview Langstöger

[84] Zur aktuellen Resilienzforschung siehe Biscoe, 1999; Opp / Fingerle / Freytag, 1999; Göppel, 1999, 2000a, 2000b

[85] Vgl. Werner / Smith (1982)

[86] Vgl. Werner / Smith (1982) zit. nach Opp / Fingerle / Freytag (1999)

[87] ExpertInneninterview Unter, Hametner, Brandl, Vittori

[88] Ambiguität in der Resilienzforschung beschreibt die Merkmalseigenschaft von Risiko- und Schutzfaktoren. Diese können sich umkehren, bzw. in eine gegenteilige Richtung wirken. Aus Schutzfaktoren können in einer gewissen Merkmalskombination Risikofaktoren werden und umgekehrt.

[89] ExpertInneninterview Vittori

[90] ExpertInneninterview Glaser

[91] ExpertInneninterview Langstöger, Vittori

[92] Vgl. Pollmann (1993)

[93] Vgl. Schildmann (1985), S. 89-139 und Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG), 2002a

[94] ExpertInneninterview Brandl, Hametner

[95] Vgl. Stadler (1995b)

[96] Vgl. Stadler (1995a), S. 318

[97] ExpertInneninterview Brandl

[98] Fokusgruppe 4b, Thorpe

[99] ExpertInneninterview Brandl, Eltern

[100] Beide Jugendlichen interessieren sich für Computer. Eine Zertifizierung scheitert jedoch an der Ausbildungs- und Prüfungsmöglichkeit. Frau Thorpe ermöglichte ihrer schwer behinderten Tochter die Absolvierung des EDCL ("Computerführerschein"), indem sie für eine private Ausbildung aufkam und eine Verlängerung der Prüfungszeit bei dem Prüfinstitut erwirkte. Fokusgruppe 4a und 4b

[101] ExpertInnenInterview Brandl

[102] Bichler, Fokusgruppe 4b

[103] Vgl. Mischkulnig (2000), S. 47; s. auch: Beisteiner (1998); Badelt (1992), S. 100f. und 118f.

[104] Vgl. Jandl (2000), S. 74

[105] Vgl. Jandl (2000), S. 79

[106] Vgl. Schabmann und Klicpera (1998)

[107] Vgl. Jandl (2000), S. 72

[108] Der Grund für den Unterricht in Lautsprache liegt laut Unger zum einen in der Nichtanerkennung der Gebärden¬sprache als Sprache in Österreich, als auch in der Vormachtstellung der "OralistInnen" gegenüber den Gebärden¬verfechterInnen in der Schule.

[109] ExpertInneninterview Unger

[110] Vgl. http://www.wienwork.at/start.html

[111] ExpertInneninterview Unger

[112] ExpertInneninterview Hametner

[113] ExpertInneninterview Glaser, Unger

[114] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a)

[115] Fokusgruppe 4b, Thorpe

[116] Vgl. Blancke / Roth / Schmid (2000)

[117] Skills are commonly understood to refer to an ability to perform a specific task." Im Unterschied dazu der Kom¬petenzbegriff: "Competencies Competency is used to refer to an observable behaviour performed to a specified level and therefore provides a basis for the assessment of performance." (ACCI, 2002)

[118] "Schlüsselqualifikationen sind relativ lange verwertbare Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Einstellungen und Werthaltungen zum Lösen gesellschaftlicher Probleme. Als Berufsqualifikationen sind es funktions- und berufsüber¬greifende Qualifikationen zur Bewältigung beruflicher Anforderungssituationen. Diese Fähigkeiten, Einstellungen und Haltungen reichen über die fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse hinaus und überdauern sie. Qualifikationsziel ist die berufliche Flexibilität und Mobilität." Beck, 1993

[119] ExpertInneninterview Ernecker

[120] Vgl. Lindmeier (1999)

[121] ExpertInneninterview Ernecker, Vittori, Langstöger, Brandl; Eltern

[122] ExpertInneninterviews

[123] Vgl. Rollett (1998), S. 6-9; Rollett / Bartram (1998)

[124] Vgl. Kleinbeck (1996)

[125] Vgl. Badelt (1992) S. 100f. u. 118f.

[126] ExpertInnenInterview Hametner, Unger

[127] Das Projekt Synapse wurde vom Verein "Humanisierte Arbeitsstätte zu Förderung der besonderen Fähigkeiten geistig- und mehrfachbehinderter Menschen" initiiert und hat als Ziel den regulären Arbeitsmarkt. Gefördert wird das Projekt durch AMS, BSA und ESF.

[128] Vgl. Mischkulnig (2000), S. 296 f.

5. Lebens- und Bedürfnissituation - die Sicht der Jugendlichen

Die befragten Jugendlichen formulieren in den Fokusgruppen ihre Wünsche und Ziele zum Teil sehr konkret. Teilweise werden die Bedürfnisse aber nicht phänomenologisch sichtbar, d.h. von den Jugendlichen offenkundig preisgeben, sondern lassen sich erst über den Weg der Analyse erschließen. Die Bedürfnisse können dabei nicht von dem Lebenskontext der Jugendlichen isoliert betrachtet werden. Ihre Sozialisation in diesem Lebenskontext beeinflusst ihre Einstellungen, Werthaltungen und Ziele. In den folgenden Kapiteln, die auf der Analyse von drei Fokusgruppen mit Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen und einer Fokusgruppe mit Jugendlichen und deren Eltern basieren, wird auf diese Zusammenhänge eingegangen.

5.1 Schule

Wenngleich die Fokusgruppen hinsichtlich Alter und Behinderung der Jugendlichen sehr heterogen waren, zog sich ein Thema wie ein roter Faden durch alle Gespräche: Der Status des Außenseiters / der Außenseiterin war und ist kontinuierlicher Bestandteil ihres Lebens. Was sich später am Arbeitsmarkt fortsetzt, findet bereits in der Schule seinen Anfang. Hier wird mittels diverser Einrichtungen wie Integrationsunterricht und sonderpädagogische Zentren der Versuch unternommen, integrativ gegenzusteuern. Allerdings vermögen auch diese Institutionen - wie aus den Gesprächen mit den Jugendlichen hervorgeht - Integration nicht herbeizuführen, da Integration letztlich vor allem auf sozialer Ebene - beispielsweise im Schulhof und in der Freizeit - stattfindet.

Bereits in den ersten Volksschulklassen erlebten sich viele Jugendliche durch Zurückstufungen[129] und durch Integrationsklassen als anders bzw. außenstehend und in Abgrenzung zu den anderen, so genannten "leistungsfähigen" Kindern. Interessant dabei ist, dass sich die mit Integrationsklassen intendierte Integration von Kindern und Jugendlichen nicht in den Aussagen der Jugendlichen widerspiegelt. Vielmehr wird durch die Integrationsklasse der Status des Außenseiters / der Außenseiterin verstärkt und die Jugendlichen fühlten sich als "Behinderte" abgestempelt. Durch ihr jeweiliges Anderssein - seien es körperliche Beeinträchtigungen, intellektuelle Defizite oder Verhaltenskreativitäten - finden sie im Regelschulsystem keinen Anschluss. Sie können den Leistungsanforderungen nicht gerecht werden und geraten dadurch immer mehr ins soziale Abseits. Aus dieser Situation heraus verstärken sich Verhaltenskreativitäten, da die Kinder und Jugendlichen auf irgendeinem Weg den Versuch unternehmen müssen, auf sich aufmerksam zu machen.

Zwei Jugendliche erzählen auszugsweise von ihren Schulkarrieren:

I.: "Ich bin in der zweiten Volk sitzen geblieben. Weil es zu schnell war. Bin halt in eine Integrationsklasse gekommen. Die ist dann geschlossen in die Hauptschule weitergegangen - Musikhauptschule. Ab der Volksschule war ich ein Außenseiter. Da war ich nur für die Behinderten da, die haben sie allgemein ausgeschlossen. Bis es mir halt gereicht hat und hab dann die Stunde blockiert mit meiner Rede."

L.: "Im ersten Jahr bin ich sitzen geblieben, besser gesagt zurückgestellt worden. Auf Wunsch meiner Mutter, weswegen weiß ich bis heut noch nicht. Dann hab ich die Volksschule ganz normal durchgemacht. Dann war ich in der Hauptschule in einer Integrationsklasse. Da haben wir nur Blödsinn gemacht die ganzen Stunden lang."

Ihr "Anderssein" erleben sie insbesondere in heterogenen Gruppen, wo so genannte leistungsstarke und gesunde Kinder und Jugendliche als Referenzmodell fungieren, als negativ. Die befragten Jugendlichen erleben sich unabhängig davon, ob es sich um eine Integrationsklasse oder eine Regelschulklasse handelt, durch ihr jeweiliges "Anderssein" als inferior. In den Sonderschulen empfinden die Kinder und Jugendlichen nicht ihre Schule, sondern die Regelschule als Maßstab. So fühlen sie sich als Teil ihrer Schule diskriminiert, weil sie als SonderschülerInnen von außen als Teil eines Außenseitersystems wahrgenommen werden. Der Gedanke, dass die Sonderschule keinen Wert habe, wird den Mädchen ständig von außen widergespiegelt. Umso schwieriger ist es für sie, an ihre eigenen Fähigkeiten zu glauben.

Sh.: "Volksschule finde ich besser als Sonderschule. Weil wir waren einmal in der Hauptschule und jeder hat gesagt: "Sonderschule, Sonderschule, Sonderschule!!!" Und ich mag nicht in die Sonderschule gehen. Und dann kommst Du Dir auch wieder komisch vor."

Stets sind die Gespräche von Abgrenzung zu leistungsmäßig besseren und schlechteren Kindern und Jugendlichen dominiert. Anhand des Vergleichs mit anderen Kindern und Jugendlichen, die schlechtere Leistungen als sie selbst erbringen, versuchen die Kinder und Jugendlichen ihr Selbstwertgefühl zu steigern und ihre partielle Zugehörigkeit zur gesellschaftlichen Gruppe der "Leistungsfähigen" und "Gesunden" darzustellen:

B.:"Ich habe nur eine Sonderschulnote. Sonst nur Hauptschulnoten."

Mit dieser Aussage kommuniziert das Mädchen nicht nur seine Leistung, sondern auch seine partielle Zugehörigkeit zu einem Schulsystem, das gesellschaftlich mehr Anerkennung als die Sonderschule erfährt. Sogleich erzählte ein anderes Mädchen von der Möglichkeit, in die Hauptschule wechseln zu können:

A.K.: "Für mich sind die meisten Sachen in der Klasse zu leicht. Da kenne ich mich schon aus. Da will ich etwas machen, wo ich mich noch nicht so auskenne. Mir kommt das so vor, als wäre das von der Volksschule. Die Frau Lehrerin sagt dann immer: "Nein, das ist eh von der Hauptschule."

Interessant ist, dass A.K zuvor ihre Schwäche in Mathematik hervorgehoben hat und bereits im darauf folgenden Satz betont, dass der in der Klasse durchgenommene Stoff fast immer zu leicht ist. Diese Einschätzung wird noch übersteigert durch die Aussage, dass ihr zum Teil selbst der Hauptschulstoff zu einfach scheint. Immer wieder zeigt sich im Gespräch mit den Jugendlichen die Diskrepanz zwischen geringem Selbstbewusstsein, Realität und Selbstüberschätzung, wobei die Einschätzung des eigenen Könnens und der eigenen Fähigkeiten innerhalb des Gesprächs fast sprunghaft wechselt.

A. K.: "Ich könnte - ich habe es mir aberschon überlegt, ich will da bleiben - ich könnte nächstes Jahr in die Hauptschule kommen, aber ich will eigentlich noch nicht. Ich habe zuviel Angst, dass, wenn ich dann dort bin, mich nicht auskenne und alles und dass ich dann wieder da her muss."

Sie stellt damit dar, prinzipiell eine Wahlmöglichkeit zwischen Sonderschule und Hauptschule zu haben und erklärt sogleich, warum sie sich vorerst für den Verbleib in der Sonderschule entscheidet. Der Gedanke, in der Hauptschule möglicherweise zu versagen, schüchtert sie jedoch so sehr ein, dass sie ihren Plan eher verwirft. Dieses Statement ist beispielhaft für die Ambivalenz, die sich durch die Aussagen der Jugendlichen in Bezug auf Leistung und Zugehörigkeit zu einem gesellschaftlich eher anerkannten Schulsystem zieht. Einerseits wollen sie als dem Regelschulsystem zugehörig betrachtet werden. Andererseits haben sie Angst vor dem dort vorherrschenden Konkurrenz- und Leistungsdruck, dem sie eventuell nicht standhalten können und dem damit verbundenen Außenseitertum.

SchülerInnen des Sonderpädagogischen Zentrums fühlen sich einerseits als solche diskriminiert; andererseits bedeutet das "Gleichsein" mit anderen Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen ein integrierendes Moment. Integration bedeutet in diesem Zusammenhang, so wie es aus den Aussagen der Jugendlichen hervorgeht, die Akzeptanz von den Mitgliedern innerhalb einer Gruppe, obwohl die Gruppe als Ganzes Diskriminierungen ausgesetzt ist. "Hier in der Sonderschule sind alle gleich", sagte ein Mädchen aus einem sonderpädagogischen Zentrum. Mitgemeint ist damit auch die Möglichkeit, sich durch diese Gleichheit besser auf sich selbst konzentrieren zu können und in nicht so angespannter, druckfreierer Atmosphäre Fähigkeiten entfalten und Wissen erweitern zu können. Auch die Jugendlichen, die an der VHS Meidling einen einjährigen Berufsvorbereitungskurs absolvieren und bereits erste Kontakte mit einem konkurrenzlastigen Arbeitsmarkt hinter sich haben, stellen einhellig fest, dass sie wenigstens hier in dem Kurs alle gleich sind.

Nicht nur durch körperliche, psychische, intellektuelle und soziale Beeinträchtigung ist spezieller Förderungsbedarf indiziert. Viele MigrantInnen gelangen durch mangelhafte Sprachkenntnisse in der Schule ins Hintertreffen. Die Gespräche mit Jugendlichen und ExpertInnen legen den Schluss nahe, dass mitunter nicht der Versuch unternommen wird, SchülerInnen mit Migrationshintergrund innerhalb der Regelschule zu fördern. Vielmehr dürfte häufig ein externalisierender Lösungsansatz gewählt werden, der letztlich unintendierte negative Nebenfolgen mit sich bringt:

Sh.: "Ich war zuerst in Amerika. Dann bin ich nach Wien gekommen. Vor drei Jahren. Dann war ich in der Volksschule. Dann war ich in der Hauptschule. Aber ich konnte nicht so gut Deutsch und so weiter. Dann bin ich in die Sonderschule gekommen. Ich habe es nicht gewusst, erst später."

T.: "Ich habe mit Deutsch, mit der Sprache so ein bisschen Probleme gehabt. [...] Ich war zuerst in der Volksschule in Niederösterreich. Die Frau Lehrerin, sie hat uns einen Zettel gegeben. Da hat mein Vater noch nicht ganz gut Deutsch gekonnt. Er hat nicht gewusst und er hat da eine Unterschrift gemacht. Und auf diesem Zettel war: "Ich will, dass meine Tochter in die Sonderschule geht."

Die Zuweisung in sonderpädagogische Zentren positioniert MigrantInnen mit lediglich sprachlichen Defiziten an einer Stelle des Bildungssystems, von welcher aus der weitere Aufstieg und der Zugang zum ersten Arbeitsmarkt äußerst schwierig sind. Die ohnehin bestehende Chancenungleichheit bezüglich Bildungs- und Aufstiegschancen bei MigrantInnen wird dadurch zementiert.

In einer Fokusgruppe wollen die Jugendlichen nicht über ihre Schulerfahrungen sprechen und auch nicht näher darauf eingehen, welche Schule sie besucht haben. Ihre Zurückhaltung kann dahingehend interpretiert werden, dass sie nicht an die Schule erinnert werden möchten, beziehungsweise nicht vor den anderen Jugendlichen, die sie nur oberflächlich kennen, "uncool" wirken möchten, indem sie eine integrative oder Sonderschulkarriere darstellen. Wenn sie im späteren Gesprächsverlauf Schule erwähnen, dann indem sie auf eine ungerechte negative Beurteilung verweisen. Die Jugendlichen dieser Gruppe definieren sich in ihrer Selbstdarstellung stark über ihre Tätigkeit und den aktuellen beruflichen Status, indem sie betonen, dass sie sich gerade im Lehrabschluss befinden, ihre Tätigkeiten darstellen, über ihre Mitgliedschaft im Fußballverein oder außergewöhnliche sportliche Leistungen sprechen. Der Wunsch nach Anerkennung und Zugehörigkeit kommt unter dem Deckmantel eines "normalen" Lebens, wie sie es beschreiben, in den verschiedenen Themenbereichen, die mit den Jugendlichen mit leichter geistiger Behinderung besprochen wurden, immer wieder zum Ausdruck.

Aus den Berichten der Mütter der Jugendlichen mit Mehrfachbehinderung geht hervor, wie schwierig eine integrative Schulkarriere sein kann. So erzählt eine Mutter über die Schulkarriere ihres behinderten Sohnes, der derzeit 24 Jahre alt ist:

B: "Er ging initiiert durch uns in einen integrativen Kindergarten, ein Jahr normaler Kindergarten in Wien für Körperbehinderte. Dann Kindergarten in Tulln. Dann versuchten wir, da es integrative Klassen noch nicht gab, ihn mit Hilfe einer Vorschulklasse hinüber zu retten, stundenweise. Da steht die ganze Familie Kopf. Dann gelang uns zwei Jahre integrativer Schulversuch, danach war da auch Schluss. Danach habe ich ihn mit Hilfe einer Stützlehrerin zu mir in die Klasse genommen, was auch sehr fragwürdig war, weil es das eigene Kind war. Und dann wieder S-Klasse. Es gab keine andere Möglichkeit, niemand wollte ihn nehmen. Es war kein Schulversuch in Sicht. Dann durfte er mit 17 in die S-Klasse gehen, dann war er zu Hause."

Die dargestellte Schullaufbahn ist von ständiger Veränderung und langen Phasen in der Sonderschule geprägt. Im Vergleich dazu berichtet dieselbe Mutter von ihrer behinderten Tochter, die derzeit elf Jahre alt ist und dieselbe Behinderung wie ihr 24-Jähriger Sohn hat, Folgendes:

B: "Sie ist jetzt in einer Hauptschule und ich merke den Unterschied, wenn ein Kind Dinge nach Hause bringt und nicht in einer S-Klasse dahingrundelt, wo er eigentlich den Konfliktstoff nach Hause bringt. Unsere Tochter interessiert sich für die Welt, weil sie es in der Schule lernt. [...] Zumindest ist es ihr ermöglicht, Bildungsinhalte nach Hause zu bringen und nicht umgekehrt, dass wir schauen müssen, wo melden wir unsere Kinder noch an, damit sie sich für die Welt interessieren."

Für diese Mutter überwiegen klar die Vorteile integrativer Konzepte, obwohl sie auch deren Nachteile sieht, die sich vor allem später an der Schnittstelle zur Arbeitswelt ergeben, in der sie derzeit nur zwei Beschäftigungsmöglichkeiten sieht, Beschäftigungstherapie und regulärer Arbeitsmarkt.

Mit der Frage "Was haben wir unseren Kindern angetan?" drückt eine andere Mutter sehr drastisch ihre zwiespältigen Gefühle und ihre Frustration aus. Sie hat ihr Kind zu einem weitgehend selbstständigen Leben erzogen und viele integrative Forderungen in der Schule und im Lebensumfeld durchgesetzt. Nun sieht sie sich in der Position dadurch viele Hoffnungen und Ansprüche bei ihrer Tochter an das Leben und Arbeiten in einer "offenen Gesellschaft" geweckt zu haben, die sich nun am Übergang zur Erwachsenen nicht erfüllen.

5.2 Übergang zwischen Schule und Beruf

Die Biographien der befragten Jugendlichen nehmen nach der Schule immer mehr Patchworkcharakter an. Auf den Schulbesuch folgen oftmals erfolglose Arbeitssuche oder kurzzeitige Ausbildungsepisoden, die durch Krankheit, Kündigung durch den / die ArbeitgeberIn oder den / die Jugendliche/n selbst, Desinteresse am Berufsbild oder Überforderung mit der Berufssituation unterbrochen werden. Den Jugendlichen fehlt es an umfassenden Möglichkeiten, ihre eigenen Fähigkeiten in stressfreier Atmosphäre zu erproben. Die Geschichte von I. ist beispielhaft für die Zeit nach Verlassen der Schule.

I.: "Ins Poly wollt ich nicht. Dann hab ich gedacht ich scheiß auf die Schule, weil ich hab das Problem gehabt, ich lern, und bei der Schularbeit schreib ich nur meinen Namen hin, aber mündlich kann ich's. Und bevor ich immer wieder solches vor Augen seh, geh ich arbeiten. Ja dann hab ich einen Hauptschulabschluss gemacht in Englisch. Dann war ich ein Jahr zuhause. Dann hab ich als Zahnarztassistentin gearbeitet - hab kündigt. Dann war ich Blumenbinderin, hat mir auch nicht gefallen. Dann bin ich ein Jahr in die Handelsschule gegangen. Dann haben mich meine Eltern in die Wäscherei gezwungen, dass ich nicht arbeitslos bin."

Die befragten Jugendlichen erlebten in den seltensten Fällen einen fließenden Übergang von der Schule in den Arbeitsmarkt. Die hohe Jugendarbeitslosigkeitsquote führt zu einer Verschärfung des Konkurrenzkampfes, der zu Lasten von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen geht. Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen konkurrieren mit anderen Jugendlichen um das knappe Gut Arbeitsplatz. Die nicht ausreichende Zahl von Berufsorientierungsangeboten und Berufsvorbereitungsprojekten führt dazu, dass vielen Jugendlichen die Möglichkeit zwanglosen Ausprobierens der eigenen Fähigkeiten in verschiedenen Berufsfeldern fehlt. So ist die Suche nach einem Arbeitsplatz vermutlich weniger von einer klar abgrenzbaren Interessenlage der Jugendlichen als Ergebnis eines ausführlichen Berufsorientierungsprozesses, als vielmehr von einem "Trial and Error"-System bestimmt. Findet sich ein Arbeitsplatz, so kann lediglich auf ein positives Matching von Berufsinteresse, Berufsneigung sowie ein gutes Verhältnis zwischen ArbeitgeberIn und Jugendlicher / Jugendlichem gehofft werden. Die bei Mismatching eines Faktors entstehende Last von Frustration und Misserfolg bis hin zum Verlust jeglichen Selbstvertrauens ist schließlich von den Jugendlichen zu tragen.

L.: "Ich bin direkt von der Schule hierher gekommen, Gott sei Dank!"

A.: "Ich bin froh, dass ich jetzt im Projekt bin, weil vorher bin ich vier Jahre daheim gesessen und hab Bewerbungen geschrieben. Weil ohne Praktikum bekommst du keinen Platz. Und zu Hause hocken, das war irgendwie deprimierend."

Eltern

Die Art und Weise, wie Eltern sich mit der Thematik des Übergangs zwischen Schule und Beruf ihre Kinder betreffend auseinandersetzen, ist unterschiedlich. Einige Jugendliche kommunizierten, dass es den Eltern egal wäre, welchen Beruf die Kinder ergreifen wollten.

Sh.: "Das ist ihnen total wurscht. Sie sagen, mach die Arbeit, was du willst."

Das kann einerseits als Freiraum für die Jugendlichen, der je nach Belieben ausgestaltet werden kann, interpretiert werden. Andererseits kann es aber auch ein Indikator für Überforderung damit, das eigene Kind mit besonderen Bedürfnissen in die konkurrenz-und leistungsorientierte Arbeitswelt zu integrieren, sein. Die ohnehin schwierige Zeit der Elternschaft während der Phase von Berufsorientierung, Ausbildung und Arbeitssuche von pubertierenden Jugendlichen wird durch die besonderen Bedürfnisse der Jugendlichen noch intensiviert. Die Wechselwirkungen von Verhaltenskreativitäten bei Jugendlichen und deren sozialem, familiärem Umfeld sind bekannt, wenngleich daraus keinesfalls Schlussfolgerungen über die familiären Verhältnisse von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen generell gezogen werden dürfen. Mitunter dürfte es gerade für Eltern mit Diskontinuitäten in den Erwerbskarrieren und sozialen Problemen schwierig sein, ihre Kinder entsprechend zu unterstützen.

Einige Jugendliche berichten, dass ihre Eltern sie auch mit Hilfe des eigenen sozialen Netzwerkes zu unterstützen versuchen und nach Möglichkeiten suchen, dem Kind zu einem Arbeitsplatz zu verhelfen. Die Ambivalenz der Jugendlichen hinsichtlich der Einschätzung ihrer Leistungen und Potenziale dürfte auch bei manchen Eltern vorhanden sein, wie sich in den Gesprächen mit den Jugendlichen zeigte:

A. K.: "Da soll ich dann mal mich vorstellen gehen und dann kann ich dort hingehen. Meine Mutter hat gesagt, sie findet es schon ok, dass ich Tierpflegerin werden will, aber sie glaubt nicht, dass ich es schaffen könnte. Also sie glaubt es schon, aber irgendwie auch nicht."

Die Jugendlichen werden einerseits in ihrem Selbstbewusstsein zum Teil von der Schule zu stärken versucht. Andererseits bilden Eltern hier oftmals ein starkes Gegengewicht, indem sie ihren Kindern nicht so viel zutrauen. Die Aussage des Mädchens ist insofern interessant, als sie zeigt, dass das eigene oftmals kaum vorhandene Selbstbewusstsein immer wieder von außen erschüttert wird:

I.: "Ich zieh alles durch. Meine Eltern wetten schon, wie weit ich's schaff. Ja mein Vater sagt, ich schaffs bis zur Gesellenprüfung. Meine Mutter sagt ich flieg in der zweiten Klasse durch. [...] Ich hab bis jetzt alles geschafft, also zieh ich das jetzt auch durch."

I. ist zielstrebig und will die Berufsschule unbedingt schaffen. Dass ihre Mutter an ihrem Erfolg zweifelt, bringt sie von ihrem Ehrgeiz nicht ab, es bedeutet für sie aber auch, einiges an Energie freilegen zu müssen, um den Eltern die Legitimität der eigenen Ziele zu beweisen. Die für I. demotivierende Reaktion der Mutter kann vor dem Hintergrund, dass manche Eltern ihr Kind vor neuerlichen Misserfolgen und Enttäuschungen bewahren wollen und fürchten, dass ihr Kind eine Enttäuschung erlebt, verstanden werden. Für die Jugendlichen selbst bedeutet das, durch das Verhalten der Familie mit enormem Leistungsdruck konfrontiert zu sein, der sich daraus ergibt, den Eltern beweisen zu wollen, dass man mehr kann als sie einem zutrauen. Unter diesen Umständen haben sie nicht immer die Möglichkeit zum freien Erproben ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten und zum Erkennen der eigenen Potenziale.

Eine ganz eigene Dynamik ist zum Teil in Familien mit Migrationshintergrund zu beobachten. Manche Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen verbleiben nach der Pflichtschule im Familienverband, da der Arbeitsmarktzugang insbesondere für Frauen aus kulturellen Gründen in den Familien nicht vorgesehen ist. Möglicherweise kommt hier auch noch eine Tendenz hinzu, Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen als prinzipiell nicht arbeitsfähig und damit in den Familienverband gehörig zu betrachten. Die Versorgung weiblicher Migrantinnen mit besonderen Bedürfnissen in einer Ehe kann, wo sie erreichbar scheint, vor diesem Hintergrund noch bedeutsamer erscheinen als sonst. Zusätzlich ist zu vermuten, dass MigrantInnenfamilien auch dann, wenn sie der Arbeitsmarkteinmündung ihrer Kinder mit besonderen Bedürfnissen aufgeschlossen gegenüberstehen, auf Grund von Sprachschwierigkeiten nur ungenügend über Fördermöglichkeiten informiert sind, keinen Zugang zu Informationsquellen haben und daher spezielle Unterstützung bräuchten. Durch geschlechtsspezifische Rollenzuschreibung, Lebens¬und Integrationskonzepte aus anderen kulturellen Kontexten sowie Informationsdefizite können sich somit Konstellationen ergeben, die nichtösterreichische Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen tendenziell vom Arbeitsmarkt abkoppeln.

T.: "Ich kenne auch jemanden. Sie heiratet. 15 Jahre. Ihre Eltern haben gesagt, du musst heiraten. Aber sie will nicht. [...] Sie darf nicht arbeiten, hat sie gesagt."

Die Bewertung dieser Konstellationen erfordert äußerste Sensibilität, da hier die grundsätzliche Frage berührt wird, inwiefern westeuropäische Lebens- und Arbeitskonzepte auf andere kulturelle Kontexte übertragbar sind oder sein sollen. Im Rahmen dieses Projektes geht es lediglich darum, die Frage der Zugangsmöglichkeiten zum Arbeitsmarkt und der diesbezüglichen Wahlfreiheit für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen mit Migrationshintergrund zu erörtern. Durch die verstärkte Zuwanderung von MigrantInnen seit Ende der sechziger Jahre gewinnt auch die Gruppe von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen mit Migrationshintergrund zahlenmäßig an Bedeutung und bedarf besonderer Berücksichtigung.

Bei den befragten Jugendlichen mit hohem Behinderungsgrad wird deutlich, wie sich die Vorstellungen der Eltern in denen der Jugendlichen reproduzieren. Die Jugendlichen formulieren ähnliche Vorstellungen und Wünsche in Bezug auf ihr Leben, wie sie auch von den Müttern vorgebracht werden. Doch nicht nur die Familie als unmittelbares soziales Umfeld sondern das gesamte Lebensumfeld weckt Bedürfnisse und Wünsche und hält diese am Leben.

Lebensplanungsprozesse und Berufswünsche

Die befragten Jugendlichen haben durchwegs wenig konkrete Vorstellungen von ihrem Leben. Einige äußern Wünsche in Richtung einer eigenen Wohnung und Selbstständigkeit, andere werden voraussichtlich immer Zuhause wohnen. Alle wollen einen Arbeitsplatz.

Für die befragten Jugendlichen eines sonderpädagogischen Zentrums nimmt der Themenbereich Berufswahl, Arbeitswelt auf Grund ihres Alters - sie besuchen erst die vorletzte Klasse noch keinen aktuellen Stellenwert ein. Das zeigt sich darin, dass die Mädchen vorwiegend die Familie als Informations-und Unterstützungsquelle hinsichtlich der Berufswelt nennen und nicht von BerufsberaterInnen, AMS oder LehrerInnen als beratenden Institutionen sprechen. Die älteren Jugendlichen berichten Unterschiedliches über ihrer Erfahrung mit Praktika und Schnuppertagen während der Schulzeit. Einer der befragten Jugendlichen hat über einen Schnuppermonat eine Anstellung erhalten, die allerdings später wieder aufgelöst wurde. Ein anderer Jugendlicher erzählt, dass er nach der Hauptschule entsprechend seinem Berufswunsch eine Schnupperwoche bei einem Installateur machen wollte. Allerdings hat er, wie er sagt, "nur einen Tag durchgehalten", und ist am zweiten Tag erkrankt. Generell sind die Berufsorientierungsmöglichkeiten innerhalb der Pflichtschule begrenzt.

Bei Berufswünschen und Zukunftsplänen der Jugendlichen sind das jeweilige Alter der Jugendlichen und die bisherigen Erfahrungen mit dem Arbeitsmarkt als dominante Einflusskategorien zu erachten. Jugendliche, die bereits die Pflichtschule absolviert haben und erste Kontakte mit der Arbeitswelt hatten, wirken tendenziell realitätsbewusster, damit aber teilweise auch resignativer als diejenigen, denen dies erst bevorsteht. Ihre jeweiligen ursprünglichen Wunschvorstellungen adaptieren sie schon an die Anforderungen am Arbeitsmarkt bzw. ihre individuellen Möglichkeiten, diesen gerecht zu werden.

Beschrieben werden kann dieser Adaptionsprozess als ein individuell jeweils unterschiedlich akzentuiertes Phänomen, das sich aus dreierlei Komponenten zusammensetzt: dem kognitiven Leistungspotenzial, externen Faktoren (etwa der Arbeitsmarktlage, den existierenden Fördermöglichkeiten oder der Offenheit kontaktierter Unternehmen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen), sowie dem individuellen Umgang mit leistungsbezogenen Misserfolgen, wofür Faktoren wie bereits erlebte Frustrationen und die jeweilige Förderung im schulischen und familiären Kontext ausschlaggebend sein dürften. Dies soll am Beispiel von I. veranschaulicht werden. Sie wollte ursprünglich Tierpflegerin werden, was aber an der Aufnahmeprüfung zur Veterinärschule scheiterte. Dabei hat sie den tierbezogenen Teil der Prüfung erfolgreich gemeistert, doch der Computer-Teil wurde zum Stolperstein. Auf der Warteliste war sie in weiterer Folge an 12. Stelle, was sie zur Aufgabe des ursprünglichen Ausbildungswunsches veranlasste. Als alternative Option fasste sie dann eine KfZ-Lehre ins Auge:

I.: "Ja, dann mach ma KFZ. Dann hab ich ein KFZ-Praktikum [gemacht]. Da haben wir solche Zetteln gekriegt, wo wir herumtelefonieren haben dürfen, ge. Das ist mir auch am Nerv gegangen. Haben alle abgesagt, dann hab ich gesagt ok. Ich ruf diese Firma an, das ist die letzte - die können sagen was sie wollen. Dann hab ich drei Wochen dort gehabt, der hat verlängert auf drei Monate. Und vorletzte Woche am Dienstag hab ich dann erfahren, dass ich Lehrling bin."

Das Beispiel zeigt, dass die genannten Einflussfaktoren alle präsent sind, auch wenn es auf der Basis der zitierten Aussagen sehr schwierig ist, die relative Relevanz von individueller Leistung, ihrer jeweiligen interpretativen Einschätzung und Verarbeitung, sowie ihres externen Kontexts abzuschätzen. So erscheint es möglich, dass die Prüfungsanforderungen der Veterinärschule eindeutig über dem für I. prinzipiell erreichbaren Leistungsniveau lagen und sie daher zu Recht einen anderen Weg eingeschlagen hat; ebenso denkbar wäre es aber, dass sie nur knapp gescheitert ist (vielleicht an ungünstigen externen Faktoren) und bei größerer Hartnäckigkeit - bedingt durch größeres leistungsbezogenes Selbstbewusstsein - in einem zweiten Anlauf bestanden hätte. Umgekehrt erscheint ihre Aufnahme als KfZ-Lehrling keineswegs unausweichlich - sie wäre beispielsweise nicht zustande gekommen, wenn I. die letzte Firma auf ihrer Liste aus Resignation gar nicht mehr kontaktiert hätte.

Angesichts dieses recht komplexen Gemenges an Einflussfaktoren kann als wünschenswert festgehalten werden, dass externe Gründe oder ein zu schwach ausgeprägtes Vertrauen in die eigene Leistung für die Aufgabe eines Berufswunsches so wenig Bedeutung wie möglich haben sollten. Dem liegt die Zielsetzung zugrunde, dass das individuelle Leistungspotenzial jeder und jedes Jugendlichen bestmöglich zur Geltung kommen kann und der jeweilige Adaptionsprozess sich nicht schmerzhafter und frustrierender gestaltet als es die Sachlage mitunter erforderlich macht. In Verfolgung dieses Ziels wäre an den externen Faktoren einerseits (etwa durch Ausweitung arbeitsmarktpolitischer Förderangebote für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen) sowie an den individuellen Interpretationsschemata andererseits (durch Förderung eines grundlegenden leistungsbezogenen Selbstbewusstseins bei den Jugendlichen) anzusetzen.

Eine zusätzliche Komponente im Ursachenbündel, das für die Aufgabe ursprünglicher Berufswünsche ausschlaggebend ist, bilden gesundheitliche Probleme. Hierzu als Beispiel nochmals I.

I.: "Tischler, hat meine Mutter gemeint, kann ich nicht machen, weil ich hab Epilepsie und wenn ich ein Blackout hab - ja super - ich mach alles automatisch weiter, egal wo ich hinfalle, der Finger ist weg. Das hat sie mir urlang eingeredet, 6 Jahre lang."

Bei den noch in der Pflichtschule befindlichen Jugendlichen zeigt sich ein anderes Bild. Einerseits entsprechen die Berufswünsche mit Friseurin, Verkäuferin, Lehrerin oder Kindergärtnerin traditionellen geschlechtsspezifischen Rollenbildern und bilden die von den Jugendlichen wahrgenommene Berufsrealität ihres sozialen Umfelds ab. Andererseits haben die Berufsvorstellungen der Dreizehnjährigen oftmals wenig Realitätsbezug und sind vom Leistungsniveau der Jugendlichen entkoppelt. So hegen einige Mädchen berufliche Wünsche, die auf Grund der dafür erforderlichen Schul- und Berufsbildung für sie wohl immer unerreichbar bleiben werden. Der fehlende Bezug zur Realität ist damit zu erklären, dass Arbeit und Beruf bei 13-Jährigen noch nicht zentrale Themen darstellen und auch im schulischen Umfeld nicht als prioritär behandelt werden:

M1: "Ich will Dolmetscherin werden oder Herzärztin."

M2: "Tierärztin."

Völlig anders sind in diesem Zusammenhang die Bestrebungen von älteren Jugendlichen mit schwerer Behinderung zu sehen, die in den regulären Arbeitsmarkt wollen, obwohl sie derzeit fast keine Chance haben, wie ihre eigenen vergeblichen Bemühungen zeigen. Die vergleichende Analyse der Fokusgruppen zeigt, dass es sich hier nicht wie in der Gruppe der 13¬jährigen um eine "Phantasiewahl" handelt, sondern sehr wohl um eine adäquate Einschätzung der eigenen Fähigkeiten, auch wenn der Berufswunsch bisher keine Abbildung im Arbeitsmarkt gefunden hat. Der genannte Berufswunsch "Tierärztin" hat eine völlig andere psychologische Qualität als der Berufswunsch "Büroassistenz" im Falle der Mehrfachbehinderten jungen Frau

P. Die Jugendliche ist sich ihrer Fähigkeiten bewusst, sie kennt genau ihre Schwächen und ist der Ansicht, dass sie ihre zwar eingeschränkte Arbeitsfähigkeit dennoch am ersten Arbeitsmarkt unter bestimmten Rahmenbedingungen anbieten kann. Sie hat eine selbstbewusste Identität als junge Erwachsene entwickelt. Aus psychologischer Sicht wird die berufliche Entwicklung vom individuellen Selbstkonzept, dem Bild das jeder Mensch von sich hat, (mit-) bestimmt. Um zu einer passenden Berufswahl zu gelangen, muss diese psychologische Struktur mit den erwarteten Anforderungen des Berufs möglichst weitgehend übereinstimmen. Zu dem Selbstkonzept tragen bisherige Lebenserfahrungen bei, im Falle der Jugendlichen dürften vor allem die Familie und der Besuch der Integrationsklasse dafür verantwortlich sein. Der Wunsch der Jugendlichen mit Menschen ohne Behinderung zu arbeiten und zu leben, ist etwas, das ihrem Selbstverständnis entspricht, da sie auch bisher Freunde und Schulkollegen ohne Behinderung hatte. Umso größer ist in ihrer gegenwärtigen Situation der Beschäftigungslosigkeit die Angst in einer Beschäftigungstherapie zu landen, die deutlich negativ konnotiert ist.

Berufsvorbereitende Projekte

In berufsvorbereitenden Projekten können sich Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen auf verschiedenen Ebenen sowohl zeitlich als auch inhaltlich intensiv auf den Einstieg in die Arbeitswelt vorbereiten. In diesen Projekten, welche eine Brücke zwischen Schule und Arbeitsmarkt bilden sollen, kann unter anderen Rahmenbedingungen als Schule und Familie sie bieten können, auf die Bedürfnisse der Jugendlichen eingegangen werden. Eine der Fokusgruppen wurde mit Jugendlichen des Berufsvorbereitungskurses der Volkshochschule Meidling durchgeführt, wodurch das Projektteam Einblick in ein berufsvorbereitendes Projekt bekam. Dieses Projekt wird hier stellvertretend für ähnliche Projekte näher beschrieben.

Während manche Jugendliche direkt im Anschluss an die Schule zum Berufsvorbereitungskurs kamen, hatten andere Jugendliche bei Kursbeginn schon eine Odyssee durch den Arbeitsmarkt hinter sich. Für viele der letztgenannten bedeutete der Berufsvorbereitungskurs die letzte Hoffnung auf Zugang zum Arbeitsmarkt. Die besondere Attraktivität des einjährigen Kurses liegt darin, durch die Möglichkeit zur Absolvierung von Praktika in unterschiedlichen Berufsfeldern zur beruflichen Orientierung beizutragen. Daneben werden in Qualifizierungsmodulen schulische, persönlichkeitsbezogene, soziale und körperliche Fähigkeiten gefördert. Mit Hilfe der ProjektbetreuerInnen wird sodann nach möglichen Arbeitsplätzen gesucht, die den Neigungen und Eignungen der Jugendlichen entsprechen.

Der Kursbesuch kann zudem Probleme entschärfen, die zuvor auf Grund von Arbeitslosigkeit, der daraus entstehenden Frustration und der ständigen Konfrontation mit der Familie zu eskalieren drohten. Die Frage nach ihren Erwartungen an den Kurs beantwortet A., indem sie gleich auf ihre Problematik zu Hause hinweist, welche für sie unter anderem ausschlaggebend für den Kursbesuch war:

A.: "Ich bin hauptsächlich wegen der Arbeit [da] und weil ich daheim durchgedreht bin. Ich bin durchgedreht, ich hätt meine Eltern fast umgebracht."

Einhellig lobten die Jugendlichen die gute Gemeinschaft im Kurs, die sich teilweise sehr von jener in der Schule unterscheidet. Ähnliche Lebens- und Bedürfnislagen der Jugendlichen ebnen den Weg für gegenseitiges Verständnis. Während sich vor allem die bereits länger auf Jobsuche befindlichen Jugendlichen in ihrem jeweiligen familiären und gesellschaftlichen Umfeld häufig als einzige von ihrer Problemlage Betroffene erleben, sind sie im Berufsvorbereitungsprojekt Teil einer Gruppe, die gleichartige Problemlagen und Benachteiligungen miteinander teilt und welcher auf diese Weise Selbstbewusstsein stärkende Funktion zukommt. Solchermaßen haben die Jugendlichen das Gefühl, mit ihren Problemen nicht allein zu sein und unter den anderen Jugendlichen im Kurs MitstreiterInnen zu haben. Allein durch diese Konstellation dürften sich die Jugendlichen von Leistungs-und Erfolgsdruck befreit fühlen. Auf die Frage, warum sich die Jugendlichen hier so wohl fühlen, antwortet ein Mädchen:

I.: "Weil wir alle gleich sind irgendwie, weil sonst wären wir nicht in den Kurs gekommen. Weil wir sind hier irgendwie auserwählt worden, oder."

Die von I. erwähnte Gleichheit verweist auf die Auswahlkriterien für den Kurs. Teilnahmevoraussetzung ist zum einen ein Behinderungsgrad von mindestens 50 %, also das Kriterium der Begünstigbarkeit. Andererseits müssen die Jugendlichen als hinreichend leistungsfähig und ‚job-ready' eingeschätzt werden, um der Anforderung, dauerhaft in den ersten Arbeitsmarkt integriert zu werden, gerecht werden zu können. Diese Kombination eines Beeinträchtigungsmit einem Leistungskriterium erscheint potenziell spannungsgeladen: Die Ausrichtung auf Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen legt ein möglichst individuelles, nicht leistungsorientiertes Eingehen auf die Möglichkeiten und Neigungen der TeilnehmerInnen nahe, was aber durch die Ausrichtung auf den ersten Arbeitsmarkt nur begrenzt möglich erscheint.

Umgekehrt betrachtet ist die nachhaltige Unterbringung am ersten Arbeitsmarkt mit Anforderungen verbunden, die mit den Möglichkeiten und Wünschen von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen nicht immer übereinstimmten. Die Gestaltung einer derartigen Maßnahme wird so zu einer Gratwanderung, bei der es gilt, den TeilnehmerInnen die Zumutungen des ersten Arbeitsmarkts weder zu ersparen, noch sie damit zu überfordern und zu entmutigen. Die Möglichkeit der begleiteten Selbsterfahrung in verschiedenen Berufsfeldern in Form von Praktika eröffnet dabei Raum für berufsbezogene Selbsterfahrung und ermöglicht im Idealfall Erfolgserlebnisse, worin der wesentlichste Gewinn des Kurses bestehen dürfte. Der Zugang zum ersten Arbeitsmarkt bleibt dennoch schwierig genug.

5.3 Arbeit

Bedeutung von Arbeit

Arbeit wird von den befragten Jugendlichen als sehr wichtig erachtet. In den Gesprächen, aus denen sonst recht unterschiedliche Bedürfnislagen hervorgehen, kehrt das Bedürfnis nach Arbeit immer wieder. Die Jugendlichen wünschen sich, einer sinnstiftenden Tätigkeit nachgehen zu können, auf die sie stolz sein können und die ihnen zu gesellschaftlicher Anerkennung verhilft. Erwerbsarbeit schafft außerdem zeitliche und soziale Strukturen, die als Orientierungsanker für die Jugendlichen fungieren. Der Wunsch nach Arbeit ist gerade bei Jugendlichen, die schon seit geraumer Zeit nach einem für sie passenden Arbeitsplatz suchen, sehr ausgeprägt. Sie wollen sich von den Belastungen, die die Arbeitslosigkeit auf psychischer, familiärer, sozialer und finanzieller Ebene mit sich bringt, so schnell wie möglich befreien. A., die an einer chronischen Krankheit leidet und in einer sehr angespannten familiären Situation lebt, wünscht sich nichts sehnlicher als einen Arbeitsplatz:

A.: "Wünsch mir, dass ich endlich eine Arbeit hab."

Bei manchen Jugendlichen, die bereits einen Arbeitsplatz haben, äußert sich das Bedürfnis nach Beschäftigung darin, dass sie sich bei mangelnder Auslastung am Arbeitsplatz sogar selbst eine Tätigkeit suchen. I. beschreibt dies so:

I.: "Ich dreh durch, wenn ich keine Hackn hab. Selbst in der Firma, wenn nichts los ist stehen wir alle rum. Da gehen wir Kreise wie der Dagobert. Ich brauch irgendeine Arbeit, und wenn's das ganze Werkzeug polierst bis zum Spiegel. Irgendwas muss ich machen. Ich kann nicht nur dasitzen und zuschauen. Und wenn ich die Werkstatt putze oder kehr oder irgendwas mach."

In dieser Passage zeigt sich jenes Moment, das die Handlungsorientierung vieler Jugendlicher mit besonderen Bedürfnissen wesentlich mitbestimmt: Sie brauchen eine Beschäftigung, sie wollen das Gefühl haben, etwas zu leisten, und sie sind bereit, sich für dieses Ziel einzusetzen. Zu Hause halten sie es nicht aus. Sie wollen nicht nur dasitzen und nichts tun. Freilich sind viele von ihnen immer wieder genau dazu verurteilt.

Dass das vorrangige Ziel die Beschäftigung selbst ist, zeigt sich in folgender Aussage:

A: "Und dann hab ich dort angefangen, es gab halt keine Bezahlung, das war mir auch wurscht. Weil ich hatte wenigstens eine Beschäftigung. Und dann hat es auch eine Bezahlung gegeben und dann hat es auch gepasst. Das erste halbe Monat habe ich nichts bekommen, aber das war mir egal."

In der Fokusgruppe mit den Jugendlichen, die bereits in einer (An-)lehre sind oder Erfahrungen im Arbeitsmarkt gemacht haben, spielt der Verdienst eine wichtige Rolle. Das Thema "Geld" löst einiges an Emotionalität und Diskussion unter den Jugendlichen aus. Das persönliche Gehalt ist, wie die Arbeitstätigkeit selbst, etwas, über das man spricht, lästert oder mit dem man protzt. Zum Angeben allerdings reicht das Gehalt dieser Jugendlichen nicht. Diejenigen, die länger ohne Einkommen und Job waren oder unbezahlte Praktika absolvierten, sind froh darüber, überhaupt Geld zu bekommen. Bei einem Vergleich ihrer Gehälter mit ihren Geschwistern oder Bekannten stellt sich aber rasch Unzufriedenheit bei den Jugendlichen ein.[130] So ist es ihnen ein großes Anliegen, "mehr" Geld zu verdienen. "Mehr" bedeutet zumindest einmal soviel, dass Freizeitaktivitäten, Handyrechnungen etc. selbst finanziert werden können. Längerfristig wollen die Jugendlichen ihre Lebenserhaltungskosten selbst übernehmen. Geld ist für sie der Schlüssel zur Selbstständigkeit und Selbstbestimmung, der über Arbeit erreicht wird, auch wenn die Jugendlichen von Zuhause finanzielle Unterstützung und Freiraum erhalten.

Für Jugendliche mit sozialer Benachteiligung ist Geld ein wichtiger Motivator. Wenn intrinsische Motivation wenig entwickelt ist, gewinnt Geld an Bedeutung. Menschen mit geistiger Behinderung haben ebenfalls häufig eine ausgeprägte extrinsische Motivationsstruktur, die durch eine große Abhängigkeit von Verstärkern aus der sozialen Umwelt gekennzeichnet ist.[131] Geld ist ein solcher Verstärker mit hohem Status. Auch die Anerkennung der Leistung durch KollegInnen kann ein solcher sein:

A: "Der eine [Kollege] ist 25 Jahre dort und der hat gesagt, er bringt das nicht zusammen, was ich mach. Der kommt mit dem Schauen nicht nach. Ich bin halt ziemlich flink, dadurch dass ich es schon einmal gemacht hab."

Zugang zum Arbeitsmarkt

Das Bedürfnis, einer ädaquaten, den eigenen Neigungen entsprechenden Arbeit nachzugehen und die Bedeutung, die Arbeit im Leben der Jugendlichen einnimmt, finden am Arbeitsmarkt oft nur schwer Entsprechung. Den Wünschen der Jugendlichen steht eine konkurrenz-und leistungsorientierte Arbeitswelt gegenüber, die durch technischen und organisatorischen Wandel hohe Anforderungen an die Flexibilität von Menschen in räumlicher, zeitlicher und qualifikatorischer Hinsicht stellt. Der Zugang zum ersten Arbeitsmarkt stellt sich für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen auf Grund der Konkurrenz anderer eventuell höher qualifizierter Arbeitssuchender um das knappe Gut Arbeitsplatz als außerordentlich schwierig dar. Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen werden von ArbeitgeberInnen nur selten nachgefragt, wenn andere BewerberInnen Arbeiten schneller verrichten können und somit auch im sozialen Miteinander keinerlei Lernprozesse oder Veränderungen gewohnter Verhaltens- und Umgangsweisen mit dem / der Beschäftigten erforderlich sind.

Dies kann bedeuten, dass Jugendliche nach Beendigung ihrer Schullaufbahn für längere Zeit erfolglos nach einem Arbeitsplatz suchen, was Frustration und abnehmendes Selbstvertrauen zur Folge hat. Besondere Schwierigkeiten haben dabei Jugendliche, deren Beeinträchtigungen mehrdimensional sind, sodass beispielsweise zu einer psychischen Behinderung eine körperliche Beeinträchtigung hinzutritt. A. erzählt, dass sie ein Jahr wegen einer Krankheit nicht arbeiten konnte. Es stellt sich heraus, dass sie an Krebs litt.

A.: "Ich bin nach der Pflichtschule fast ein Jahr zu Hause geblieben. Nicht wegen dem arbeitslos sein, aber so halt. Ich wollt eigentlich irgendwie nicht und wegen einer Krankheit hab ich auch nicht arbeiten dürfen."

Krankheit und Behinderung bedeuten eine enorme Einschränkung in der Realisierung des Wunsches nach Arbeit. Dabei wird die Außenwelt - insbesondere ÄrztInnen - die die Jugendlichen an der Ausübung von Erwerbsarbeit hindert, als große Hürde wahrgenommen.

L. zu I.: "Dir hat man auch mal verboten arbeiten zu gehen. Irgendein Doktor hat dir gesagt, du darfst ein Monat nicht arbeiten, das war beim Praktikum."

Dem Wunsch nach Arbeit und normaler Berufsausübung werden durch den eigenen Körper und die Behinderungen durch die Außenwelt und den Arbeitsmarkt ständig Grenzen gesetzt. Die Behinderung ist omnipräsent. Hier treffen zwei wesentliche Faktoren im Leben der Jugendlichen unmittelbar aufeinander: Einerseits ihre Beeinträchtigungen, die sich immer wieder hemmend auf ihren Lebensverlauf auswirken und andererseits die Notwendigkeit und Wichtigkeit für die Jugendlichen, zu arbeiten, beschäftigt zu sein.

Auch migrantische Herkunft kann einen zusätzlich erschwerenden Faktor darstellen. So berichtet ein farbiges Mädchen: "Bei mir ist es schwer, eine Arbeit zu finden. Ich weiß selber, dass es schwer ist. Meine Mutter hat eine schwarze Freundin gehabt. Und da heißt es, da ist ein Platz frei, weißt Du. Und dann ist sie dort hingegangen und die haben gesagt, sie haben keinen Platz mehr, obwohl sie einen hatten. [...] Es ist schwer, einen Job zu kriegen. Meine Mutter weiß selber, dass es schwer ist."

Die Teilnahme an einem Berufsorientierungskurs oder einer anderen Fördermaßnahme bedeutet vor diesem Hintergrund eine wichtige Möglichkeit für Jugendliche, doch noch den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Auch sie bringt freilich nicht für alle TeilnehmerInnen den erhofften Erfolg: L. stellt sich gleich damit vor, dass er keine Lehrstelle hat. Er scheint darüber sehr verärgert und enttäuscht zu sein.

L.: "Ich bin der L., bin 17, hab in diesem ganzen Kurs nur Praktikums gemacht und trotzdem keine Lehrstelle gefunden."

Umgekehrt ist die Freude bei den Erfolgreichen besonders groß: Im Wissen, dass es in weiterer Folge des Gesprächs um Arbeit und Beruf gehen wird, kommt I. sogleich auf das Thema Beruf zu sprechen: "KFZ- Mechaniker, also im September fang ich die Lehre an."

Bei den Jugendlichen mit Mehrfachbehinderung wird das Beschäftigungsloch sichtbar, indem sie sich zwischen Beschäftigungstherapie, die sie nicht wollen, und dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt, der sie nicht aufnimmt, befinden.

Erfahrungen mit der Arbeitswelt

Manche der befragten Jugendlichen waren bereits erwerbstätig; Praktika stellen für Jugendliche eine Möglichkeit dar, Erfahrungen am Arbeitsmarkt zu sammeln. Die Jugendlichen der Fokusgruppe der VHS Meidling haben zum Teil bereits vor, jedenfalls aber während der Teilnahme am Berufsvorbereitungskurs Praktika in unterschiedlichen Berufsfeldern absolviert. Die ersten Kontakte mit der Arbeitswelt erwiesen sich für viele Jugendliche als enttäuschend, weil sich entweder ihre Interessen nicht mit der zu verrichtenden Arbeit deckten oder sie den an sie gestellten Anforderungen nicht entsprechen konnten.

I.: "Kindergarten-Helferin, Wienerwald - dann hab ich Service, also vorne gehabt und dann in der Küche aber in der Küche hab ich mich geweigert, weil ich hasse nichts mehr als die Hendeln zu zerlegen, aber die haben mich trotzdem in die Küche rein gegeben. Dann hab ich auch da nicht mehr wollen."

Auf die Frage, ob I. überhaupt ein Praktikum bei Wienerwald anstrebte, meinte I.: "Naja, aber beim Service hätten sie mich genommen, außer dass ich die blöde Kaffeemaschine nie kapiert hab."

Zum einen wurden die Wünsche der Jugendlichen nicht hinreichend berücksichtigt; zum anderen war aber auch ein Leistungsdefizit von I. - sie konnte die Kaffeemaschine nicht bedienen - ausschlaggebend für ihre Versetzung vom Service in die Küche. P. berichtet von einer ähnlichen Situation:

P.: "Dann war ich bei Novis. Da war ich 3 Tage, denen war ich ein bissl zu langsam. Weil ich wär 4 Tage gewesen, war aber nur 3 Tage.

In solchen Fällen stellt sich die - aus der Distanz allerdings nicht beantwortbare - Frage, inwieweit es möglich wäre, Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen durch geduldigeres Eingehen auf ihre Schwierigkeiten und die Möglichkeit längerer Phasen des Eingewöhnens und Ausprobierens zu zufriedenstellenderen Leistungen zu verhelfen. Es erschiene zumindest wünschenswert, dass dies versucht würde. Ob die Jugendlichen durch entsprechende Leistungen den Anforderungen der ArbeitgeberInnen gerecht werden können, hängt nicht zuletzt auch von einer positiven Grundstimmung im Unternehmen ab, die für die Jugendlichen von entspannender Wirkung sein kann. Ist das Betriebsklima eher positiv, so haben die Jugendlichen die Chance, ohne Druck und Anspannung Dinge auszuprobieren und können ihnen gesteckte Ziele eher erreichen. Bei angenehmer Arbeitsatmosphäre können die Jugendlichen ihre ganze Arbeitskraft auf die Tätigkeit konzentrieren und müssen ihre Energie nicht auf die Defensive gegenüber ArbeitgeberIn oder KollegInnen verwenden.

I.: "Der Chef ist leiwand. Der Geselle jetzt auch schön langsam. Die Firma ist ok. Der Spengler ist irgendwie wie ein Vater für mich."

Einige Aussagen der Jugendlichen deuten hingegen eher auf von Ungeduld geprägtes Verhalten mancher Vorgesetzter hin. A. beispielsweise hat schlechte Erfahrungen in einem Café gemacht. Ihre Chefin hat sich häufig negativ über sie geäußert. Die anderen MitarbeiterInnen haben sich dabei nicht mit A. solidarisiert. Wenn sie etwas zu ihrer Chefin gesagt hat, hat diese gemeint, A. würde ‚zurückreden'.

A.: "Immer wenn ich was gesagt hab, egal was ich gesagt hab, nein, ich red zurück."

I. war als Zahnarztassistentin tätig und hatte den Eindruck, ihre Chefin hätte sie gehasst. Sie hätte sich ständig darüber beschwert, dass I. die Füllungen zu langsam anrührt, woraufhin I. kündigte. Diese abrupte Beendigung der Erwerbstätigkeit deutet darauf hin, dass die Fähigkeit der Jugendlichen, Konflikte anzusprechen und konstruktiv auszutragen und somit auf die Problemsituation andere Reaktionen als Flucht folgen zu lassen, oft wenig ausgeprägt sein dürfte.

L.: "Ich hab mich hinsetzen müssen wegen meinen Narben, weil's wehtan haben und die haben mich gleich niedergeschrieen."

Moderatorin: "Wie habt ihr den Streit dann gelöst?"

L.: "Gar nicht, ich bin gegangen."

I. (kommentiert): "Wir flüchten alle davor. Ich bin jedes Mal geflüchtet, ich wollt sogar von der Firma gehen."

Dies kann wohl auf ihr häufig sehr geringes Selbstbewusstsein und ihre Unsicherheit im Kontext beruflicher Tätigkeit, auf bereits erlebte Frustration in beruflicher Hinsicht, aber auch auf schlechte Erfahrungen innerhalb der Familie und mangelndes Konfliktlösungspotenzial zurückgeführt werden.

A.: "Da hab ich ein 3 Wochen Praktikum gemacht beim Kaffee Central als Konditorin. Da bin ich dann aufgenommen worden, also nach 4 1/2 Monaten Lehrzeit hab ich dann gekündigt, weil sie mir am Arsch gegangen sind."

Dieses Beispiel ist besonders betrüblich, da A., wie sich im Gespräch herausstellte, Freude an der Tätigkeit als Konditorin hatte und trotz schlechter Arbeitsmarktsituation eine Lehrstelle in einem Bereich ihres Interesses gefunden hatte. Die Fähigkeit, Konflikte aushalten und austragen zu können ist gerade in der Arbeitswelt zentral. Der Förderung des Konfliktlösungspotenzials von Jugendlichen sollte daher auch im Rahmen von Berufsvorbereitungskursen und ähnlichen Fördermaßnahmen großer Stellenwert zukommen, um Integration in den ersten Arbeitsmarkt dauerhaft zu ermöglichen.

5.4 Soziales Umfeld

Familie und soziale Kontakte bilden wichtige Ressourcen individuellen Wohlbefindens. Gerade für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen, die im Laufe ihrer Schulzeit und später in der Arbeitswelt immer wieder mit ihrem Anderssein konfrontiert werden, ist es von enormer Bedeutung, in ein intaktes soziales Umfeld eingebettet zu sein und dort Rückhalt und Bestätigung zu finden. In besonderem Maß gilt dies für die Periode des Übergangs zwischen Schule und Arbeitsmarkt. Jedoch ist dies auch jener Lebensabschnitt, der - nicht nur bei Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen - insbesondere an die Erziehungsberechtigten eine nicht immer leicht zu bewältigende Herausforderung stellt.

Freunde, Freizeitgestaltung

Freunde und Freizeitaktivitäten sind die wichtigste soziale Ressource für die Jugendlichen; bieten sie ihnen doch in der Phase der Ablösung von der Herkunftsfamilie die Möglichkeit, das Elternhaus zu verlassen, um Spannungen abzubauen oder auch einfach nur "rumzuhängen". Der große Stellenwert von Freundeskreis und Freizeitaktivitäten lässt sich aber nicht nur an der Lebensphase der Jugendlichen festmachen, sondern kann auch darauf zurückgeführt werden, dass der gesellschaftliche Leistungs- und Anpassungsdruck, mit dem sie sonst häufig konfrontiert sind, in dieser Sphäre weniger wahrnehmbar ist.

Auffällig ist, dass sowohl die befragten Jugendlichen eines sozialpädagogischen Zentrums als auch jene, die den Berufsvorbereitungskurs in der VHS Meidling besuchen, MitschülerInnen als ihre FreundInnen angeben. Außerhalb der Institutionen haben sie zwar auch FreundInnen, jedoch werden diese nur an zweiter Stelle genannt. Die gemeinsame Zugehörigkeit zu Schule oder Kurs bildet also einen wichtigen Faktor beim Zustandekommen guter Beziehungen und Freundschaften. In ihrer "Gleichheit" als Klassen-, Schul-oder KurskollegInnen fühlen sich die Jugendlichen auf einer Basis, die Freundschaften erleichtert. Auch die gemeinsame Zugehörigkeit zur Gruppe der Menschen mit besonderen Bedürfnissen spielt dabei möglicherweise eine Rolle.

Dies legt die Frage nahe, ob Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen ausschließlich oder überwiegend FreundInnen haben, die ebenfalls zu dieser Gruppe gehören. Tatsächlich weisen

- wie sich in den Gesprächen herauskristallisierte - die Freundeskreise der befragten Jugendlichen mehrheitlich FreundInnen mit besonderen Bedürfnissen auf. Dies kann zum einen darauf zurückgeführt werden, dass FreundInnen meist aus demjenigen sozialen Umfeld stammen, in dem man sich überwiegend bewegt, und dass in diesem Umfeld häufig andere dieser Gruppe zugehörige Jugendliche da sind - etwa, wenn ein sonderpädagogisches Zentrum oder ein auf diese Zielgruppe ausgerichteter Kurs besucht wird. Zum anderen ist anzunehmen, dass freundschaftliche Kontakte zu Nicht-Behinderten in höherem Ausmaß vom oben erwähnten gesellschaftlichen Anpassungsdruck geprägt sind, indem entweder die jeweilige Behinderung tatsächlich abwertend thematisiert wird oder der / die Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen zumindest Angst hat, dies könnte geschehen. Dies könnte einen hemmenden Faktor beim Aufbau und der Pflege freundschaftlicher Kontakte zwischen Jugendlichen mit und ohne besondere Bedürfnisse darstellen.

Einen Hinweis darauf bildet die im Kontakt mit FreundInnen außerhalb des schulischen Kontexts feststellbare Tendenz, den Besuch der Sonderschule zu verleugnen. Einige sagen, sie würden von anderen Kindern ausgelacht werden, wenn sie sich als Sonderschülerin vorstellten. Einige Mädchen sind deshalb dazu übergangen, dieses Thema, diesen Teil ihrer Identität nach außen hin auszublenden und sich als Hauptschülerin oder als Gymnasiastin vorzustellen, wenn das Gespräch auf die Schule kommt.

Das Thema beschäftigt die Jugendlichen. Alle sprechen durcheinander: "Ich sag's nicht!"

A. K.: "Es gibt Freundinnen, die wissen das. Ich finde, das auch ok, wenn ich das sage. Ich brauch mich ja nicht zu schämen."

Sh.:"Mein Freund weiß überhaupt nichts. Ich sage, ich gehe ins Gymnasium."

M.:"Ich sage meinen Freundinnen, dass ich in eine Sonderschule gehe, weil sie selber in eine Sonderschule gehen."

T.: "Ich sage auch, dass ich in die Sonderschule gehe. Aber wenn meine Freundin in die Hauptschule geht, dann sage ich auch Hauptschule."

Der Besuch der Sonderschule wird häufig verschwiegen oder zumindest nur selektiv mitgeteilt, etwa besonders guten FreundInnen oder denjenigen, die ihrerseits zur Gruppe der Menschen mit besonderen Bedürfnissen gehören. Für die Jugendlichen bedeutet dies ein permanentes Abwägen der Mitteilbarkeit von Erlebnissen und Erfahrungen. Auch ist die Freundschaft von einem Moment der Angst geprägt, dass die verschwiegene Information früher oder später doch noch ans Licht kommen könnte und sie dadurch bloßgestellt würden - nicht nur als Behinderte, sondern auch noch als LügnerInnen. Der Aufbau wirklich unbeschwerter Freundschaften wird dadurch zweifelsohne erschwert.

Da unter den Befragten viele Jugendliche mit Migrationshintergrund waren, erscheint von Interesse, in welchem Ausmaß diese mit ÖsterreicherInnen bzw. MigrantInnen aus anderen Nationen befreundet sind. Hier waren sowohl durchmischte als auch eher homogenmigrantische, dabei allerdings internationale Freundeskreise anzutreffen. Auf die Frage, aus welchen Ländern die FreundInnen der Jugendlichen kommen, antwortete ein Mädchen:

Sh.: "Ja, meine Freunde kommen aus Afrika und aus San Francisco. Dann habe ich jugoslawische Freunde und aus Australien, Spanien, Portugal."

I.: "Habt ihr auch Freunde, die österreichische Eltern haben?"

Sh: "Die A. K. ist die einzige österreichische Freundin."

M.: "Ich habe Freunde aus Österreich, Türkei, Jugos."

T.: "Ich auch. Türkei, Albanien, alles mögliche.

Sh.: "Die Österreicher nicht so ganz. Weil wenn ich was rede, die verstehen mich eigentlich nicht. Die anderen verstehen mich besser."

In der Vorstellrunde der im Berufsvorbereitungskurs der VHS Meidling durchgeführten Fokusgruppe kommt der Freizeitgestaltung eine zentrale Rolle zu. Die berufliche Orientierung, die bei vielen Jugendlichen durch lang andauernde und oft erfolglose Jobsuche geprägt ist, gerät dabei eher in den Hintergrund. Beispielsweise erzählt uns A. gleich in der Vorstellrunde, dass sie Fußball spielt. Auf ihre berufliche Laufbahn geht sie nicht ein.

A.: " Ja, ich bin die Anita, bin 16, ja und ich spiel halt Fußball."

Andere Jugendliche sind zurückhaltend und wissen zunächst nicht, was sie sagen sollten. P. beispielsweise wirkt zunächst unsicher:

P.: "Ich bin der P., bin 16, was soll ich sonst noch sagen?.... Komme aus Wien." (Nach einigem Zögern kommt er dann auf sein Hobby - Bowling - zu sprechen.)

Sport ist allgemein ein besonders beliebtes Hobby bei den Jugendlichen. Auch bei den Jugendlichen mit geistiger Behinderung war Sport ein Thema. Die befragten Jugendlichen gingen großteils entweder alleine oder gemeinsam mit Geschwistern ihrem Hobby nach. Andere Hobbys der Jugendlichen sind Play-Station-Spielen, Spazierengehen, Handwerken, Ausgehen und Bekannte treffen. Bei den Jugendlichen mit eingeschränkter Mobilität kommt allerdings erschwerend hinzu, dass diese von den Eltern gefahren bzw. begleitet werden, was für die Jugendlichen nicht unbedingt angenehm ist und aus Sicht der Eltern auch nicht altersadäquat ist.

Die Jugendlichen mit Mehrfachbehinderung nennen auch die Beschäftigung mit dem PC als ein Hobby. Allerdings fehlt ihnen die Ansprechperson bei Computerproblemen, da die Eltern nicht über ausreichende Kenntnisse verfügen und sie auf Grund ihrer Behinderung keinen Zugang zu Weiterbildungsangeboten haben, was in mehrfacher Hinsicht Integration hemmt: IKT hat sowohl in der Arbeitswelt als gesamtgesellschaftlich eine hohe Bedeutung. Besonders für Jugendliche mit Körperbehinderung bietet die Nutzung moderner Technologien kompensatorische Möglichkeiten.

Die Mütter der Jugendlichen mit Behinderung kritisieren, dass ihre Kinder kaum Anschluss an außerschulische Jugendaktivitäten haben. Zu Gruppierungen wie den PfadfinderInnen und Jungschar haben ihrer Erfahrung nach Kinder und Jugendliche mit Behinderung so gut wie keinen Zugang. Erst wenn die Eltern selbst aktiv werden und in einem Verein mitwirken, eröffnen sich Möglichkeiten.

Familie/Wohnraum

In der mit Jugendlichen der VHS Meidling durchgeführten Fokusgruppe stellte sich das Zusammenleben innerhalb der Familie den Schilderungen der Jugendlichen zufolge als besonders schwierig heraus. Die Jugendlichen dieser Fokusgruppe kamen aus kinderreicheren Familien, zum Teil aus Scheidungsfamilien, wo ein Elternteil wieder geheiratet hat, häufig mit geringen finanziellen Ressourcen. Die Lebens- und Erwerbsbiographien der Eltern werden damit zu zusätzlichen belastenden Faktoren für die ohnehin während der Pubertät schwierige Beziehung zwischen Jugendlichen und Eltern. Im Fall der Befragten wird diese Lebensphase auch durch die für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen ungemein schwierige Übergangsphase zwischen Schule und Arbeitsmarkt verschärft.

P. erzählt uns, dass sein Vater Diabetiker ist. Die Krankheit seines Vaters belastet ihn sehr. Das Leben in der Familie ist für ihn schwierig, da oft gestritten und geschrieen wird:

P.: "[...] [D]as dauernde Zuschauen von meinem Vater, wenn er sich spritzt, ist langsam auch fad. [...] Es gibt Schreierei. Aber es wird schon wieder."

Der Wunsch nach Privatsphäre und Ruhe wird mehrmals von den Jugendlichen geäußert. Auch Wohnraum scheint für die Jugendlichen dieser Fokusgruppe ein knappes Gut zu sein, was die familiäre Situation zusätzlich zuspitzt. Eine Jugendliche erzählte uns, dass sie bereits mit 17 von ihren Eltern ausgezogen ist, da ihr das Zusammenleben im elterlichen Haushalt zu eng geworden ist und sie das im Laufe der Zeit entstandene Konfliktfeld nicht mehr aushalten konnte. Sie lebt jetzt in einer Behinderten-Wohngemeinschaft. Der Umzug hat die Situation bei ihr zu Hause deutlich verbessert. Die WG erfüllt jedoch nicht ihre Vorstellungen, der von ihr als problematisch erlebte Eingriff der BetreuerInnen in ihre Privatsphäre veranlasst sie zur Überlegung, auch diese Wohnsituation zu ändern.

Dem Alter gemäß wohnen jedoch die meisten befragten Jugendlichen noch bei ihren Eltern. Der Wunsch auszuziehen ist besonders bei den Älteren vorhanden. Der Verbleib im Elternhaus lässt sich auch aus der finanziellen Situation der Jugendlichen erklären. Dabei versuchen viele Jugendlichen so wenig wie möglich zu Hause zu sein, um den dortigen Konfliktfeldern zu entfliehen.

L.: "Bin noch bei meinen Eltern. Haltet die Kosten niedrig." (lacht)

Der hohe Stellenwert von Arbeit und das Bemühen, eine Stelle zu finden, gewinnt vor diesem Hintergrund zusätzliche Plausibilität: Erst ein fixes Einkommen ermöglicht es den Jugendlichen, das Elternhaus zu verlassen und ein selbstständiges Leben zu führen.

Ein Grund für die Verschlechterung der Beziehungen Jugendlicher mit besonderen Bedürfnissen zu ihren Eltern kann in der Diskrepanz zwischen den Beeinträchtigungen der Jugendlichen und ihrem Bedürfnis nach Selbstständigkeit und Freiheit vermutet werden: Einerseits fällt es den Eltern auf Grund der besonderen Bedürfnisse ihrer Kinder besonders schwer, ihr Freiheitsbedürfnis zu respektieren - auch dort, wo dies möglich und sinnvoll wäre. Andererseits können sich die Jugendlichen mit den Grenzen, die ihnen auf Grund ihres Andersseins teilweise gesetzt sind, in dieser Phase besonders schlecht abfinden. Hinzu kommt wie bereits erwähnt die Schwierigkeit des Übergangs von der Schule ins Erwerbsleben. Diese Situation dürfte viele Eltern vor Aufgaben stellen, mit denen sie zumindest zeitweise überfordert sind, was sich in einer Verschlechterung des familiären Klimas niederschlägt.

Wie auch bei anderen Jugendlichen in diesem Alter stellen die Diskussionen mit den Eltern über die Dauer der "Ausgangszeiten" ein wesentliches Konfliktfeld in der Familienbeziehung dar.

Zusätzlich problematisch erscheinen jene Fälle, in denen Jugendliche auf Grund ihrer Krankheit von außerfamiliären Kontakten abgeschirmt sind. A. erzählt uns, dass sie ein Jahr wegen ihrer Krankheit zu Hause war. Sie sagt, dass es ihr in dieser Zeit nicht gut gegangen ist. Die mangelnde Beschäftigung und der lange Aufenthalt zu Hause führten bei A. zu aggressivem Verhalten ihren Eltern gegenüber.

A. will auch von zuhause ausziehen. Sie hält ihre Eltern nicht mehr aus und ist deshalb selten zuhause. Häufig übernachtet sie bei einer Freundin. Ausgangspunkt für Streitigkeiten ist die Tatsache, dass die Eltern ihre Privatsphäre in ihrem Zimmer nicht wahren. Die Verschlechterung der Beziehungsbasis zwischen Eltern und Kind kann sich unter Umständen auch aus einer Überforderung der Eltern an die besonderen Bedürfnisse der / des Jugendlichen ergeben. Gerade in der Pubertät, wenn die Jugendlichen schon älter sind und den Drang nach individueller und selbstständiger Entfaltung haben, kann die elterliche Fürsorge als besonders einengend und Freiheit raubend empfunden werden.



[129] z.B. Zurückstufung von der zweiten Klasse in die erste

[130] "People with disabilities who share the same socio-demographic group an the same job characteristics as people without disabilities, earn up to 25 % less." Manpower (2003)

[131] Einen Überblick über die Motivationsstrukturen gibt Mischkulnig (2000)

6. Konzept zum Ausbau von Maßnahmen für Jugend¬liche mit besonderen Bedürfnissen

Mit den Erkenntnissen aus der Analyse der Maßnahmen für behinderte Jugendliche und der Bedürfnisse der Jugendlichen selbst können Bereiche identifiziert werden, die für eine Weiterentwicklung des Fördersystems zu berücksichtigen sind. Das im Folgenden dargestellte Konzept enthält mögliche Strategien und Maßnahmen für eine Erweiterung und Veränderung des Maßnahmenangebots. Der zusammenfassende Strategienkatalog befindet sich im Anhang. Das Rohkonzept wurde von Experten begutachtet und im Rahmen des Workshops "Wege in die Arbeitswelt" am 11. Dezember 2003 mit RepräsentantInnen aus dem Behindertenbereich diskutiert. Die Ergebnisse des Workshops wurden in das dargestellte Konzept eingearbeitet.

6.1 Zielgruppenförderung

6.1.1 Zielgruppenspezifische Förderung

Ausgangssituation

Im Zuge der Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung für Menschen mit Behinderungen ("Behindertenmilliarde") wird seit Jänner 2001 die Zielgruppe von Maßnahmen für behinderte Jugendliche von begünstigt Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes auch auf Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf, Jugendliche mit sozialen und emotionalen Beeinträchtigungen sowie Lernbehinderungen ausgedehnt.[132] Allgemein besteht die Gruppe der Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen aus Teilzielgruppen mit höchst unterschiedlichen Beeinträchtigungen. Derzeit werden Jugendliche aus unterschiedlichen Teilzielgruppen am Übergang zwischen Schule und Beruf häufig gemeinsam in einer Maßnahme betreut. Besonders in ländlichen Gebieten ist dies oft eine Voraussetzung dafür, den Jugendlichen überhaupt eine Förderung zu Teil werden lassen zu können. Heterogenität von Gruppen hat positive Auswirkungen wie die Förderung gegenseitigen Lernens. In der praktischen Arbeit treten jedoch mitunter Schwierigkeiten auf, da beispielsweise nicht überall Übersetzung in Gebärdensprache angeboten wird sowie hinsichtlich der Mobilität Barrieren bestehen. Mangelnde Barrierefreiheit[133] und fehlende bauliche Adaptierungen sollten jedoch nicht als Legitimation für isoliert stattfindende Zielgruppenförderung dienen.[134] Für manche Teilgruppen (z.B. Gehörlose) wäre deshalb zielgruppenspezifischere Unterstützung für ihren Entwicklungsprozess und die Chance auf Arbeitsmarktintegration sehr wichtig.[135] Der Wunsch nach verstärkter zielgruppenspezifischer Förderung ist jedoch nicht als Gegenstück zu integrativen Bemühungen und Mainstreaming zu sehen. Vielmehr sollten zielgruppenspezifische Maßnahmen und Integration einander ergänzen, um die Isolation von Teilgruppen zu vermeiden.

Strategie

  • Flächendeckender Ausbau integrativer teilzielgruppenspezifischer Maßnahmen am Übergang zwischen Schule und Beruf

Mögliche Maßnahmen

  • Verstärktes Angebot von Übersetzungen für gehörlose Menschen anbieten

6.1.2 Besonders zu fördernde Gruppen

Ausgangssituation

Einige Teilgruppen können aus verschiedenen Gründen als besonders förderungswürdig betrachtet werden. So hat sich in den letzten Jahren die Anzahl von Jugendlichen mit sozialen oder emotionalen Defiziten sowie Lernbehinderungen stark erhöht. Diese Jugendlichen sind durch steigende Leistungsanforderungen am ersten Arbeitsmarkt einerseits überfordert und in integrativen Betrieben am zweiten Arbeitsmarkt andererseits unterfordert und benötigen daher maßgeschneiderte Förderangebote. Die erwähnte Ausweitung des Behinderungsbegriffs im Zuge der Behindertenmilliarde hat erste derartige Angebote ermöglicht.

Mädchen und junge Frauen mit besonderen Bedürfnissen sind am Arbeitsmarkt einerseits durch ihre Behinderung bzw. Beeinträchtigung, andererseits aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt. Weibliche Behinderte haben überproportional häufig keine über den Pflichtschulabschluss hinausgehende Ausbildung.[136] Mädchen und Frauen mit besonderen Bedürfnissen verbleiben nach dem Schulbesuch häufiger im Familienverband. Die Prüfung auf Gendersensibilität von Maßnahmen wäre generell anzudenken.

Vor allem geistig behinderte Jugendliche bleiben nach dem Schulabschluss in Ermangelung adäquater weiterführender Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten häufig im familiären Umfeld. Integration geistig behinderter Jugendlicher in den ersten Arbeitsmarkt findet selten statt; vielmehr scheint für viele geistig behinderte Jugendliche Beschäftigung in Betreuungseinrichtungen ohne die Möglichkeit des Wechsels in andere Beschäftigungsfelder bzw. den ersten Arbeitsmarkt vorgezeichnet. Soziale Exklusion in Verbindung mit hohen finanziellen Kosten wird dadurch begünstigt; um diese Szenarien hintan zu halten, bedarf es verstärkter präventiver Bemühungen zur Integration in den ersten Arbeitsmarkt.

Schwierig ist derzeit auch die Situation für MigrantInnen mit besonderen Bedürfnissen. Muttersprachliche Förderangebote existieren bislang kaum. Zudem stehen migrantische Eltern der Förderung ihrer behinderten Kinder teilweise skeptisch gegenüber.

Auch Gehörlose sind mit einer spezifischen Problematik am Arbeitsmarkt konfrontiert. Die traditionellen Ausbildungslehrgänge für Gehörlose wie "LedergalanteristIn" oder "Schneiderei" sind zum Teil überholt und bieten keinen Anschluss an den Arbeitsmarkt. Es fehlt an neuen Berufsbildern.

Generell führt die Ausweitung des Zielgruppenkreises dazu, dass mehr Jugendliche zu AdressatInnen für integrative Maßnahmen und Projekte werden, was sehr positiv zu bewerten ist. Für viele NGOs gestaltet sich die Zielgruppenbestimmung durch einen breiteren Interpretationsrahmen bezüglich der Förderwürdigkeit von Jugendlichen zunehmend schwieriger. Wenngleich die Erweiterung des Zielgruppenkreises positive Effekte für die Jugendlichen mit sich bringt, so ist gleichzeitig anzumerken, dass die Titulierung eines immer größeren Einzugskreises von Jugendlichen als förderwürdig tendenziell dazu führen könnte, dass im Regelschulwesen, in der Berufsausbildung, in der Jobvermittlung und am Arbeitsplatz nur mehr die Stärksten und Geeignetsten reüssieren können und somit immer neue Gruppen von Exklusion aus dem primären Ausbildungs- und Berufssystem betroffen sind. Obgleich immer mehr Jugendliche dem Förderkreis der Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen zuzurechnen sind und sich somit ihre Chance auf Integration in den Arbeitsmarkt deutlich erhöhen dürfte, so wird dadurch dennoch zunehmender gesellschaftlicher Ausgrenzung Vorschub geleistet, als die Bereitschaft, mit Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen ein Ausbildungsverhältnis abzuschließen, eventuell sinken dürfte.

Strategie

  • Flächendeckende Fortführung des Angebotausbaus für verhaltensauffällige Jugendliche, Jugendliche mit sozialen und emotionalen Defiziten und Jugendliche mit Lernbeeinträchtigungen

  • Prüfung bestehender Maßnahmen auf Gendersensibilität und Entwicklung von Fördermaßnahmen für Mädchen und junge Frauen sowie MigrantInnen mit besonderen Bedürfnissen

  • Entwicklung zeitgemäßer Ausbildungsmöglichkeiten und Berufsbilder

  • Mehr Fördermaßnahmen für geistig behinderte Jugendliche zur Ermöglichung von Wahlfreiheit zwischen Beschäftigungstherapie, zweitem und erstem Arbeitsmarkt

  • Schaffung von transparenten, einfach nachvollziehbaren Kriterien der Zielgruppenbestimmung

Mögliche Maßnahmen

  • Entwicklung muttersprachlicher Angebote für MigrantInnen

  • Entwicklung und Einsatz eines MultiplikatorInnenmodells nach dem Muster des EQUAL-Programms für MigrantInnen und Mädchen mit besonderen Bedürfnissen

  • Vernetzung mit MigrantInnenvereinen zur besseren Erreichung und Information von Eltern junger MigrantInnen mit besonderen Bedürfnissen

6.2 Förderungsbereiche

6.2.1 Pflichtschule

Ausgangssituation

Die Einführung des integrativen Unterrichts in Grundstufe und Sekundarstufe I hat sich durchgesetzt: Während 1994/95 3.481 SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) die Volksschule und 1.250 die Hauptschule besuchten, waren es 2001/2002 in den Volksschulen bereits 6.365 und in den Hauptschulen 7.313.[137] Die neunte Schulstufe müssen Jugendliche mit SPF hingegen bis auf wenige Ausnahmen - Schulversuchsstandorte der Polytechnischen Schulen oder Hauswirtschaftsschulen - in der Sonderschule absolvieren, wo es seit 2001/2002 ein neuntes Schuljahr als Berufsvorbereitungsjahr mit entsprechendem Lehrplan gibt.[138] Der Unterrichtsgegenstand "Berufsorientierung" ist in der 7. und 8. Schulstufe der Pflichtschule - sowohl in Hauptschule und Gymnasium, als auch in der Sonderschule - als verbindliche Übung im Lehrplan vorgesehen. Zusätzlich können die Jugendlichen im vorletzten und letzten Schuljahr in Sonderschulen und Integrationsklassen Clearing in Anspruch nehmen.[139] Ein Problem besteht darin, dass PädagogInnen zum Teil mit der Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen aufgrund inadäquater oder nicht mehr zeitgemäßer Ausbildungs- und Fortbildungsinhalte sowie mangelnder personeller Besetzung überfordert sein dürften.

ExpertInnen, die mit Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen nach Abschluss der Pflichtschule arbeiten, stellen häufig Defizite in der Vermittlung von Schlüsselkompetenzen in der Pflichtschule fest, vor allem im Bereich der sozialen Kompetenz. Schlüsselkompetenzen wie Höflichkeit, Pünktlichkeit, Orientierung an einer festen Tagesstruktur oder Konfliktlösungsvermögen gelten jedoch für die nachhaltige Integration in den Regelarbeitsmarkt als zentral.[140]

Allgemein wird kritisiert, dass die Schulen nach wie vor zu stark an der Vermittlung von Faktenwissen orientiert sind und zuwenig Praxisbezug und Berufsorientierung vorsehen. Durch neue Elemente wie etwa die Ermöglichung von Praxisphasen bereits während der Schulzeit könnten flexiblere Übergänge zwischen Schule und Arbeitswelt ermöglicht werden.

Strategien

  • Ausbau der Integration von Jugendlichen mit SPF in die 9. Schulstufe (Polytechnikum / Fachschulen / Hauswirtschaftsschulen)

  • Intensivierung bzw. Neuausrichtung der Vorbereitung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen auf den Arbeitsmarkt während der Schulzeit

  • Ausbau personeller pädagogischer Ressourcen in quantitativer und qualitativer Hinsicht

Mögliche Maßnahmen

  • Stärkere Nutzung der Expertise von LehrerInnen bei der Berufsorientierung der Jugendlichen etc.

  • Stärkung von Schlüsselqualifikationen

6.2.2 Übergang zwischen Schule und Beruf

Ausgangssituation

In den letzten Jahren erfolgte ein deutlicher Ausbau des direkt an die Pflichtschulzeit anschließenden Förderangebots für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen. Der Betreuungsbedarf geht jedoch angesichts der angespannten Arbeitsmarktlage über dieses Angebot deutlich hinaus, weswegen das Ende der Pflichtschule nach wie vor für viele Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen eine Betreuungslücke bedeutet. Dies kann dazu führen, dass die Jugendlichen dauerhaft im Familienverband verbleiben, sich also gar nicht mehr um eine Integration in den Regelarbeitsmarkt bemühen. Da beschäftigungslose PflichtschulabgängerInnen seit 1994 nicht mehr beim AMS gemeldet werden müssen, ist nicht genau abschätzbar, in welchem Ausmaß dies der Fall ist.

Die bestehenden Betreuungsstrukturen in Form von Nachreifungs- und Orientierungsprojekten sind oftmals in ihrer Projektdauer zu kurz angelegt, um den längeren Entwicklungs- und Reifungsprozessen vieler Jugendlicher mit besonderen Bedürfnissen gerecht werden zu können. Die zu geringe Zahl von Berufsorientierungs- und Berufsvorbereitungsprojekten führt dazu, dass vielen Jugendlichen die Möglichkeit zwanglosen Ausprobierens der eigenen Fähigkeiten in verschiedenen Berufsfeldern fehlt. So ist die Suche nach einer Ausbildungsmöglichkeit und einem Arbeitsplatz häufig weniger von einer klar abgrenzbaren Interessenlage der Jugendlichen infolge eines ausführlichen Berufsorientierungsprozesses bestimmt, als vielmehr vom Freiwerden eines Betreuungs- bzw. Ausbildungsplatzes.

Strategie

  • Erhöhung der Betreuungskontinuität nach Ende der Schulpflicht

  • Ausbau maßgeschneiderter Nachreifungs- und Qualifizierungsangebote

  • Verstärkung des Berufsorientierungsangebotes

6.2.3 Integrative Berufsbildung

Ausgangssituation

Seit 1. September 2003 ist das neue Berufsausbildungsgesetz in Kraft und bietet benachteiligten Personen und Jugendlichen mit Behinderung zwei neue Modelle der Berufsausbildung. Bei der verlängerten Lehre kann der Lehrabschluss in einer Lehrzeitverlängerung von maximal zwei Jahren erreicht werden; die Teilqualifizierung orientiert sich stark an individuellen Bedürfnissen, indem nur Teilbereiche eines Lehrberufs erlernt werden, die jedoch um Fertigkeiten und Kenntnisse ergänzt werden können, wenn dies zur Erhöhung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt beiträgt. Uneingeschränkte Berufsschulpflicht besteht für jene Lehrlinge, die eine längere Lehrzeit beanspruchen, während Teilqualifizierungslehrlinge nur für die im Ausbildungsvertrag vereinbarten Inhalte in die Berufsschule gehen müssen. Die erforderlichen strukturellen Rahmenbedingungen zur Umsetzung des neuen Berufsausbildungsgesetzes sind noch nicht vollständig geschaffen: Die für die Begleitung von Lehrlingen und ArbeitgeberInnen im Gesetz vorgesehene Berufsausbildungsassistenz ist zurzeit noch in unzureichendem Ausmaß vorhanden. Des Weiteren sind das Berufsbild und Aufgabenprofil der Berufsausbildungsassistenz und die an sie gestellten Anforderungen nicht definiert. In den Berufsschulen sind derzeit noch Defizite hinsichtlich pädagogischer Integrationsressourcen und Barrierefreiheit zu verorten.[141]Entscheidend für den Erfolg des neuen Gesetzes wird auch die Bereitschaft von Unternehmen sein, Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen als Lehrlinge aufzunehmen.

In mittleren und höheren berufsbildenden Schulen ist die Integration von Jugendlichen mit SPF noch nicht gesetzlich geregelt und daher nur regional und fallweise möglich. Die Einbeziehung des berufsbildenden Schulwesens - der Sekundarstufe II - in die Gestaltung der Schnittstelle Schule / Beruf für Jugendliche mit SPF wird vor dem Hintergrund der Integration in den Pflichtschulen und dem plötzlichen Abreißen einer Integrationskette als besonders wichtig erachtet.[142]

Strategie

  • Rascher Ausbau der Berufsausbildungsassistenz

  • Unterstützung von Berufsschulen bei der Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen

  • Definition der Qualifikationsanforderungen an die Berufsausbildungsassistenz

  • Weiterbildung und Unterstützung des Lehrpersonals bei der Integration Jugendlicher mit besonderen Bedürfnissen in Berufsschulen

  • Entwicklung integrativer Ansätze in der Sekundarstufe II nach Vorbild der Pflichtschulen

Mögliche Maßnahmen x_ Definition von SPF in der Sekundarstufe II x_ Begleitende Evaluierung des Integrativen Berufsausbildungsgesetzes

6.2.4 Höhere Bildung

Ausgangssituation

Erfolgreiches Studieren ist für Menschen mit Behinderungen nach wie vor mit enormen Schwierigkeiten verbunden. Im Diskurs um Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen zwischen Ausbildung und Beruf bleibt die Gruppe jener Benachteiligten, die höhere Bildung an Universitäten, Fachhochschulen und Kollegs anstreben, oft ausgeblendet. Dies betrifft vor allem körperbehinderte, hörbehinderte, gehörlose, sehbehinderte und blinde Menschen. Nur vereinzelt ist behinderten Menschen der Besuch dieser Bildungsinstitutionen möglich. Dies liegt an nicht behindertengerechter Infrastruktur und einem Mangel an adäquaten Lernhilfen und an E-learning-Projekten. Das Projekt "Multimedia Jus" am Fernstudienzentrum der Universität Linz, das behinderten Menschen das Studium der Rechtswissenschaften zum Teil als Fernstudium ermöglicht, kann dagegen als positives Beispiel gesehen werden.[143] Viele Studierende mit Behinderungen benötigen bei der Absolvierung des Studiums Assistenz - was sich beispielsweise in der Begleitung zum Hörsaal, der Unterstützung bei der Organisation von Lehrmaterial, Hilfe beim Kopieren etc. - äußern kann. Der Mangel an Assistenz im höheren Bildungswesen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen stellt ein zusätzliches Hindernis auf dem Weg zum barrierefreien Absolvieren einer Ausbildung dar.[144]

Strategie

  • Verbesserung des Zugangs zu höheren Bildungseinrichtungen

  • Einrichtung von Bildungsassistenz für Menschen mit besonderen Bedürfnissen im höheren Bildungswesen analog zur Berufsausbildungsassistenz in der integrativen Berufsausbildung

  • Förderung von integrativen Projekten an höheren Bildungseinrichtungen

  • Förderung der behindertengerechten baulichen und technischen Ausstattung von Bildungsinstitutionen

6.2.5 Arbeitsmarkt / Wirtschaft

Ausgangssituation

Die Zahl der arbeitslosen und schwer vermittelbaren Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen im Alter von 19 bis 24 Jahren hat sich in den 90er Jahren deutlich um rd. 30% erhöht, wobei der Anstieg vor allem von körperlich und psychisch behinderten Jugendlichen getragen wird.[145] Die Anzahl aller arbeitslosen Menschen mit Behinderung ist im Jahr 2002 gegenüber dem Vorjahr um 4 % angestiegen, im Jahr 2003 aber nur um 2 % gesunken. Von den 84.869 vorgesehenen Pflichtstellen in Betrieben mit Beschäftigungspflicht von Menschen mit besonderen Bedürfnissen waren 2002 54.818 besetzt. 30.051 Pflichtstellen oder 35% waren unbesetzt.[146] ArbeitgeberInnen, die einen Lehrling, der dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört, ausbilden, erhalten pro Monat eine Prämie in der Höhe der Ausgleichstaxe, also von € 196,22. 2001 wurden an 224 ArbeitgeberInnen Prämien in Höhe von € 436.037 ausbezahlt.[147] Bei lediglich etwa 5% aller freien Stellen besteht die Bereitschaft, Personen mit Beeinträchtigungen aufzunehmen.[148]

Unter anderem bildet der erhöhte Kündigungsschutz begünstigt Behinderter für viele UnternehmerInnen nach wie vor ein Hemmnis, Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu beschäftigen. Darüber hinaus bestehen Vorurteile gegenüber Menschen mit besonderen Bedürfnissen bezüglich ihrer Leistungsfähigkeit und Integrierbarkeit in den Betrieb. Zudem gibt es unter UnternehmerInnen noch zu wenig Bereitschaft, vor allem körper- oder sinnesbehinderte Jugendliche zu beschäftigen, weil damit behindertengerechte Adaptionen im Betrieb verbunden sind. Es dürfte jedoch einerseits vor allem Unkenntnis über die diesbezüglichen Förder- und Unterstützungsmöglichkeit bestehen. Andererseits bedarf es auch vermehrt langfristiger Unterstützungen für Betriebe z.B. in Form von Lohnkostenzuschüssen, da manche Personen während ihres ganzen Erwerbslebens Unterstützung am Arbeitsplatz benötigen.[149] Eine weitere Möglichkeit wäre, finanzielle Unterstützungsleistungen für Unternehmen an die betriebsinterne Etablierung von MentorInnen zu koppeln.

Strategie

  • Sensibilisierung von UnternehmerInnen für die besonderen Bedürfnisse und Fähigkeiten von beeinträchtigten Jugendlichen und den unternehmerischen und gesellschaftlichen Wert der Integration

  • Erhöhung der Bereitschaft von Unternehmen zur Beschäftigung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen durch Anreize und Auszeichnungen

  • Koppelung finanzieller Leistungen für Unternehmen mit der Etablierung von MentorInnen im Betrieb

  • Ausbau der Unterstützung am Arbeitsplatz für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen und ArbeitgeberInnen

  • Verstärkte Förderung der behindertengerechten baulichen und technischen Ausstattung von Betrieben und Arbeitsplätzen

Mögliche Maßnahmen

  • Sensibilisierungs- und Informationsaktivitäten auf Personal-, Wirtschafts- und Karrieremessen

  • Schulung von Betriebsräten, Behindertenvertrauenspersonen, MentorInnen, PersonalleiterInnen

  • Fortführung der Sammlung von Best Practice- Beispielen aus Unternehmen mit positiven Integrationserfahrungen

  • Auszeichnung von Betrieben mit dem Job Oskar

  • Anwendung von Mediation in Unternehmen

  • Implementierung von Diversity Management in Betrieben

6.3 Förderinstrumente

Ausgangssituation

In den letzten Jahren wurden einige Förderinstrumente entwickelt, die Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen bei der Berufsorientierung und Planung unterstützen und sie auf dem Ausbildungsweg und der Arbeitsmarktintegration begleiten. Clearing und Arbeitsassistenz haben sich in der Pilotphase erfolgreich bewährt und in den letzten Jahren weite Verbreitung in ganz Österreich gefunden, wobei es in einzelnen Bundesländern noch Ausbaubedarf gibt.[150] Die Evaluierung der Pilotphase ergab, dass zwischen 43 und 50 Prozent der Personen, die Arbeitsassistenz in Anspruch genommen hatten, erfolgreich betreut werden konnten.[151] Um eine Bedarfsdeckung zu erreichen, sind beim Clearing vor allem Personalaufstockungen vonnöten. Zum Teil bemängeln ExpertInnen, dass Clearing nicht individuell genug ausgerichtet ist. So wäre für manche Jugendliche eine längere Clearingphase angemessen.[152] Es besteht mitunter die Gefahr, dass Clearingstellen Jugendliche mitunter nur an Projekte und Organisationen verweisen, mit denen sie besonders eng verbunden sind, während andere Projektträger weniger Zuweisungen erhielten. Die Neutralität von Clearingstellen sei dadurch nicht immer sichergestellt.

Manche Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen bedürfen zudem längerer integrativer Begleitung am Arbeitsplatz, als dies durch die Arbeitsassistenz vorgesehen ist. Hierzu wurden Modelle längerfristigen Jobcoachings oder betriebsinternen Mentorings entwickelt, die zukünftig eine wichtige Rolle spielen könnten.[153]

In einer Studie zur Arbeitsassistenz hat sich gezeigt, dass die Dokumentation der Tätigkeiten und Leistungen von Arbeitsassistenz-Projekten verbesserungswürdig ist und klare Qualitätsstandards fehlen.[154] Die Dokumentation von negativen Erfahrungen aus bestehenden Maßnahmen und laufende Evaluierungen von Maßnahmen zur Qualitätssicherung sind derzeit wenig verbreitet. Vor dem Hintergrund neu zu entwickelnder Maßnahmen ist die systematische Berücksichtigung bisheriger Erfahrungen von besonderer Bedeutung - beispielsweise in der Nutzung der in der Arbeitsassistenz gewonnen Erfahrungen für die neu entwickelte Berufsausbildungsassistenz.

Mangel besteht auch an maßgeschneiderten Nachreifungs- und Qualifizierungsprojekten für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen, bei denen der Reifungsprozess noch nicht weit genug fortgeschritten sind, um sich beruflich orientieren zu können und die daher Unterstützung in ihrer Persönlichkeitsentwicklung brauchen.

Insgesamt ist festzustellen, dass es mittlerweile eine Vielzahl an Projekten und Maßnahmen gibt, die für sich das Attribut "integrativ" in Anspruch nehmen. Unklarheit dürfte darüber vorliegen, worin das integrative Moment bzw. der Integration fördernde Charakter von Maßnahmen und Projekten besteht. Vor diesem Hintergrund erscheint die Entwicklung von Indikatoren für Integration und integrative Projekte zielführend. Solchermaßen könnten neue Qualitätsstandards geschaffen werden.

Strategie

  • Ausbau etablierter Maßnahmen und Instrumente

  • Individuellere Ausrichtung von Förderinstrumenten und Verlängerung der Maßnahmendauer im Bedarfsfall

  • Entwicklung von Dokumentations- und Qualitätsstandards bei Maßnahmen und Projekten (z.B. Entwicklung von Indikatoren für integrative Maßnahmen)

  • Systematische Sammlung und Zusammenführung von Evaluierungsresultaten und Erfahrungswissen aus laufenden Maßnahmen

  • Entwicklung von Konzepten zur Sicherstellung der Neutralität von Clearingstellen in der Weitervermittlung von Jugendlichen an MaßnahmenträgerInnen

Mögliche Maßnahmen

  • Ausbau von Clearing und Arbeitsassistenz

  • Individuellere Ausrichtung von Clearing im Bedarfsfall

  • Ausbau von Nachreifungs- und Qualifizierungsprojekten

  • Ausbau von Berufsorientierungsprojekten

  • Ausbau von Job-Coaching

  • Ausbau von MentorInnenmodellen in Betrieben

6.4 Durchlässigkeit des Fördersystems

Ausgangssituation

1992 wechselten 2,9 % der in integrativen Betrieben beschäftigten Behinderten in den ersten Arbeitsmarkt.[155] Zur Übertrittsrate aus Beschäftigungstherapie liegen keine Daten vor, sie dürfte aber eher noch geringer sein. Die Durchlässigkeit zwischen zweitem und erstem Arbeitsmarkt ist somit als gering einzustufen. Bestehende Möglichkeiten für Jugendliche in Beschäftigungstherapie, schrittweise an den ersten Arbeitsmarkt herangeführt zu werden, wären daher auszubauen.

Umgekehrt kann der Einstieg in den Regelarbeitsmarkt für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen ein finanzielles Risiko darstellen. Sobald eine Person für den eigenen Lebensunterhalt aufkommen kann, gehen bestimmte Unterstützungsleistungen wie erhöhte Familienbeihilfe und Rentenansprüche verloren, und zwar auch dann, wenn die betroffene Person den Arbeitsplatz verliert, weil sie gekündigt wird oder die Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Die Wiedererlangung der ursprünglichen Unterstützungsansprüche ist teilweise nicht möglich, bzw. erfordert erheblichen formalen Aufwand.[156] Problematisch ist überdies die fehlende Eingliederung von Leistungen in die Sozialversicherung bei Beschäftigungstherapie.

Der Begriff der Durchlässigkeit bezieht sich aber auch auf die Möglichkeit, zwischen unterschiedlichen Maßnahmen zu wechseln. Die Treffsicherheit bei der Auswahl von Maßnahmen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen kann nicht immer gewährleistet werden. Zudem kann es in der Entwicklung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen auch Veränderungen geben, die mehr Flexibilität erforderlich machen. Ein unbürokratischer Wechsel in eine andere Maßnahme ist aber bislang eher schwierig.

Strategie

  • Erleichterung des Wechsels zwischen erstem und zweitem Arbeitsmarkt sowie Beschäftigungstherapie in Verbindung mit sozialer Sicherung

  • Reflexion über die Problematik mangelnder sozialversicherungsrechtlicher Berücksichtigung bei Beschäftigungstherapie in einer entsprechenden Arbeitsgruppe

  • Festlegung einer Zielquote für Übertritte vom zweiten in den ersten Arbeitsmarkt

  • Ermöglichung unbürokratischen Wechsels zwischen verschiedenen Maßnahmen und Projekten im Bedarfsfall

6.5 Institutionelle Zuständigkeiten

Ausgangssituation

Die Aufteilung der Kompetenzen zwischen BSB, AMS und Ländern ist wie folgt geregelt: Das AMS ist für diejenigen Behinderten zuständig, deren Arbeitsmarktintegration als kurzfristig erreichbar eingeschätzt wird, während das BSB für die große und heterogene Gruppe jener Behinderten verantwortlich ist, deren Arbeitsmarktintegration zielgruppenspezifische und längerfristige Unterstützungsangebote erforderlich macht. Die Länder sind in Abgrenzung zum BSB für jene Menschen mit Behinderung zuständig, für die eine Tätigkeit am Regelarbeitsmarkt nicht (mehr) in Frage kommt.[157]

Die von Gesetzes wegen klare Aufteilung spiegelt sich jedoch nicht immer in der Realität wieder. So ist die Arbeitsteilung zwischen AMS und BSB für viele AkteurInnen nicht vollständig transparent. Teilweise entsteht dabei der Eindruck, die Kurzfristigkeitsregelung werde vom AMS sehr restriktiv ausgelegt, was in einer Problemabwälzung auf das BSB resultiere. Die vorherrschende Arbeitsteilung zwischen BSB - berufliche Integration - und Land - soziale Rehabilitation - ist vor dem Hintergrund, dass die soziale Rehabilitation bzw. das Einbeziehen des Umfeldes bei der beruflichen Integration von Jugendlichen eine bedeutende Rolle spielt, zu thematisieren.

BSB und AMS verwenden außerdem unterschiedliche Definitionen von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit, was die Herstellung vergleichender Bezüge zwischen beim AMS registrierten behinderten Arbeitslosen und der Klientel des BSB in den Statistiken problematisch erscheinen lässt.[158]

Strategie

  • Erhöhung der Transparenz der Arbeitsteilung zwischen den Hauptakteuren BSB, AMS und Ländern

  • Fokussierung auf wenige Hauptakteure, die sich umfassend unter Einbeziehung des sozialen Umfelds allen Fragen der Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen widmen könnten

  • Sinnvolle Vereinheitlichungen von Begriffsdefinitionen und Erhebungsstandards zwischen BSB und AMS

6.6 Vernetzung

Ausgangssituation

Der Behindertenbereich bildet hinsichtlich gesetzlicher Regelung und institutioneller Zuständigkeiten eine so genannte Querschnittsmaterie. Dies hat in Bezug auf Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen ein in der Umsetzung oft unzureichend koordiniertes Nebeneinander von Institutionen, Förderlogiken und Projekten zur Folge. Die Forderung intensiverer Vernetzung zielt einerseits darauf ab, mögliche Widersprüche oder Redundanzen zwischen parallel existierenden Förderstrategien zu identifizieren und nach Möglichkeit zu beseitigen. Andererseits soll Vernetzung den Austausch von Erfahrungen und Expertise zwischen AkteurInnen in der aktuellen Förderlandschaft ermöglichen bzw. intensivieren. Effektive Vernetzungsarbeit ist jedoch ressourcenintensiv, wofür derzeit oft die finanziellen, aber auch die räumlichen Voraussetzungen fehlen.

Strategie

  • Ausbau der Vernetzung zwischen AkteurInnen, die mit der Förderung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen auf regionaler Ebene sowie auf Landes- und Bundesebene befasst sind

  • Vernetzungsaktivitäten auf vertikaler und horizontaler Ebene

  • Institutions- und vereinsinterne Verbreitung von Vernetzungsergebnissen

  • Nutzung bestehender Vernetzungsforen (z.B. TEPs)

  • Nutzung der in der Beschäftigungsinitiative EQUAL vorgesehenen und schon umgesetzten innovativen Formen der Vernetzung für den Behindertenbereich

  • Nutzung neuer Kommunikationsmedien als Verbreitungskanäle

  • Schaffung von Voraussetzungen für nachhaltige Vernetzung - z.B. die Festlegung eines bestimmten Anteils der Arbeitszeit für Vernetzungsaktivitäten

Im Folgenden einige Perspektiven zur Vernetzung konkreter Akteurstypen:

6.6.1 Vernetzung relevanter AkteurInnen mit Schulen

Ausgangssituation

Seit 2000 bestehen zwischen Schulen und BSB enge Kooperationen, die im Zusammenhang mit der Einführung des Clearings stehen. Diese Form der Zusammenarbeit könnte noch intensiviert und auf andere relevante Themenbereiche ausgeweitet werden. Angesichts der Schnittstellenproblematik Schule / Arbeitsmarkt wird die intensive Zusammenarbeit zwischen Schule und Ländern sowie Schule und AMS immer bedeutender. In einigen Ländern ist die Vernetzung zwischen Schulen und Land bereits als sehr gut zu bewerten. Vor dem Hintergrund des im Herbst in Kraft getretenen neuen Berufsausbildungsgesetzes wären vernetzende Aktivitäten von Berufsschulen und Pflichtschulen zum Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer sinnvoll. Bislang gibt es kaum derartige Kooperationen. Das in Sonderschulen seit 2001 angebotene Berufsvorbereitungsjahr in der 9. Schulstufe sieht das Kennenlernen von verschiedenen Betrieben und Berufen vor. Die Etablierung von Praxiskontakten zu Unternehmen gestaltet sich bislang jedoch schwierig.

Strategie

  • Verstärkte Vernetzung zwischen Schulen, BSB, AMS, Ländern und Wirtschaft

  • Vernetzung von Berufsschulen und weiterführenden Schulen mit integrativen Pflichtschulen

6.6.2 Vernetzung relevanter AkteurInnen mit dem sozialen Umfeld der Jugendlichen

Ausgangssituation

Von zentraler Bedeutung für die erfolgreiche Arbeitsmarktintegration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen ist die Berücksichtigung ihres sozialen Umfelds - einerseits des familiären Umfelds, andererseits von peer groups und damit verbundenen Freizeitaktivitäten.[159] Die Meinungen der Eltern spielen etwa bei der Berufsorientierung der Jugendlichen eine zentrale Rolle,[160] was in der Arbeit von Beratungsstellen und Integrationsprojekten noch zuwenig berücksichtigt wird. Bei manchen Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen sind auch kumulative Problemlagen vorzufinden, die ebenfalls aus ihrem sozialen Umfeld heraus zu verstehen und zu lösen sind, um die Wahrscheinlichkeit nachhaltiger beruflicher Integration zu erhöhen. Ein ganzheitlich-integrativer Ansatz, in dem das Zusammenwirken mehrerer Bereiche - Beschäftigungs- und Integrationsprojekte, Sozialberatung und Therapie, Schuldnerberatung, Wohnungsberatung - als zentral für die berufliche und soziale Integration der Jugendlichen begriffen wird, wäre stärker als bisher zu verfolgen.

Förderlich für die Integration von Behinderten wären auch Mainstreaming-Aktivitäten hinsichtlich behinderter Menschen im Bereich der Jugendarbeit, um Freundschaften und Freizeitaktivitäten mit anderen Jugendlichen wahrscheinlicher zu machen. Dies kann sich nachhaltig auf die positive soziale Integration von Behinderten in Betrieben auswirken.

Strategie

  • Entwicklung ganzheitlicher Förderkonzepte unter Berücksichtigung von Wohnsituation, Freizeitgestaltung und allgemeiner Lebenssituation der Jugendlichen

  • Behinderten-Mainstreaming in der Jugendarbeit

Mögliche Maßnahmen

  • Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedürfnislagen von jugendlichen Behinderten bei der Medienwahl zur Erreichung dieser Gruppen für die Jugendarbeit

6.6.3 Vernetzung zwischen NGO

Ausgangssituation

Jugendliche werden in verschiedenartigen Projekten und punktuellen Einzelmaßnahmen auf ihre berufliche Integration vorbereitet. Vernetzung und gegenseitige Abstimmung der Maßnahmenträger besteht jedoch nur zum Teil. Dies hat konkurrierende Parallelstrukturen und einen Mangel an Synergie zur Folge. Insbesondere fehlen bislang institutionenübergreifende Initiativen: Weder zwischen Projektträgern mit ähnlicher noch mit unterschiedlicher Expertise besteht hinreichender Austausch. Zwar gibt es teilweise Kooperationen zwischen ArbeitsassistentInnen, ClearerInnen und IntegrationsbegleiterInnen in den jeweiligen Arbeitsbereichen. Es fehlt jedoch an darüber hinausgehender Vernetzung.

Strategie

  • Österreichweite und regionale Vernetzung und Erfahrungsaustausch zwischen NGOs mit ähnlicher Expertise

  • Vernetzung und Erfahrungsaustausch zwischen NGOs mit komplementärer Expertise (z.B. Mädchen und MigrantInnen)

Mögliche Maßnahmen

  • Internetbasierte Kommunikationsplattformen

  • Austausch von Best-Practice Modellen

6.6.4 Vernetzung zwischen NGOs und FördergeberInnen

Ausgangssituation

Zum Teil besteht enge Zusammenarbeit zwischen NGOs und Fördergebern, wodurch auf regionalspezifische Bedürfnisse gut reagiert werden kann. Die diesbezügliche Situation ist jedoch in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich.

NGOs müssen häufig aus eigener Initiative ihre TeilnehmerInnen akquirieren. Belastend ist für NGOs zudem die oft kurzfristige Information von Fördergebern über weitere Förderung bzw. Einstellung einer Maßnahme. Die Arbeit von NGOs wird zusätzlich durch unterschiedliche Dokumentationsstandards von BSB und AMS erschwert.

Strategie

  • Mehr Vernetzung zwischen FördergeberInnen und NGOs

  • Weiterer Ausbau der Serviceorientierung des BSB gegenüber NGOs

  • Verbesserung des Informationsflusses zwischen FördergeberInnen und NGOs

6.6.5 Vernetzung zwischen FördergeberInnen

Ausgangssituation

Die Vernetzungssituation zwischen BSB, AMS und Ländern ist in den einzelnen Bundesländern in Intensität und Inhalt äußerst unterschiedlich. Zum Teil beschränkt sich die Zusammenarbeit auf die gemeinsame Finanzierung von Projekten, während sie andernorts stärker inhaltsbezogen ist. Die Vernetzung erfolgt in koordinierenden Steuerungs- und Arbeitsgruppen. Oftmals sind die Zusammenarbeit und das Erzielen nachhaltiger Ergebnisse aufgrund einer zu großen Zahl eingebundener Personen, häufigen Personalwechsels und Konkurrenzdenkens schwierig. Zudem ist Vernetzung im Rahmen von Arbeitsgruppen institutionell nicht vorgesehen, dürfte also in ihrer Häufigkeit und Intensität oft von persönlicher Sympathie und individuellem Good-Will geprägt sein. Zum Teil finden die Treffen auch im Rahmen der Territorialen Beschäftigungspakte statt, wobei jedoch noch nicht alle zuständigen BSB-Landesstellen in den jeweiligen Territorialen Beschäftigungspakt eingebunden sind.

Strategie

  • Stärkere Vernetzung zwischen BSB, Ländern und AMS zu inhaltlichem und organisatorischem Austausch, zur gezielten Setzung von Schwerpunkten und zur Abgrenzung von Zuständigkeiten auf Regional-, Landes - und Bundesebene

  • Gesetzliche Verankerung von Vernetzungsgremien

  • Einbindung des BSB und der zuständigen Landesstellen in die Territorialen Beschäftigungspakte für alle Bundesländer

6.6.6 Vernetzung relevanter AkteurInnen mit Sozialpartnern

Ausgangssituation

Im europäischen Jahr der Menschen mit Behinderung waren Wirtschafts- und Arbeiterkammer verstärkt in die Koordinations- und Sensibilisierungsarbeit involviert. Hinsichtlich unternehmerischer Aktivitäten zur Arbeitsmarktintegration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen hat insbesondere die Wirtschaftskammer als vernetzendes und koordinierendes Organ potenziell großes Gewicht. Daher ist es wichtig, dass diese Aktivitäten von der Wirtschaftskammer weiterhin unterstützt werden.

Strategie

  • Stärkere Vernetzung der Wirtschaftskammer mit BSB, NGOs, AMS

  • Intensivierung der Koordinations-und Sensibilisierungsaktivitäten von Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer auch nach dem europäischen Jahr der Menschen mit Behinderung

6.7 Nachhaltigkeit

Ausgangssituation

Längerfristig konstante Betreuungsstrukturen in inhaltlicher und personeller Hinsicht sind für die nachhaltige Förderung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen von großer Be-deutung.161 Die derzeitige Förderpolitik ist jedoch weitgehend durch einjährige Förderperioden gekennzeichnet. Da dabei über die Verlängerung der Projektfinanzierung oft recht kurzfristig entschieden wird, bedeutet dies für ProjektträgerInnen wie TeilnehmerInnen ein erhebliches Maß an Unsicherheit, sowie im ungünstigsten Fall das vorzeitige Auslaufen einer Maßnahme, woraus vielfach Diskontinuitäten in der Förderung der betroffenen Jugendlichen resultieren. Der längerfristige Aufbau inhaltlicher Förderschwerpunkte und eines durchgängigen Fördersystems wird dadurch ebenfalls erschwert. Zusätzliche Unsicherheit ergibt sich aus der bislang unklaren Finanzierungsperspektive im Anschluss an die Behindertenmilliarde. Darüber hinaus werden die personellen Ressourcen innerhalb der Förderprojekte derzeit häufig als unzureichend eingestuft. Der in Maßnahmen existierende Vermittlungsquotendruck kann zum sogenannten "Creaming-"Effekt führen: Tendenziell werden eher Jugendliche mit höheren Vermittlungschancen für Projekte ausgewählt, während im Vergleich leistungsschwächere Behinderte immer weniger Förderungsmöglichkeiten erhalten. Zudem sind Vermittlungsquoten als alleiniges Erfolgskriterium für Förderinstrumente in Frage zu stellen. Wesentlich erscheinen auch qualitative Maßstäbe wie zum Beispiel Empowerment, welches in der Beschäftigungsintiative EQUAL eine wichtige Rolle spielt. Der Aspekt der Nachhaltigkeit dürfte im Rahmen der derzeit üblichen Kriterien für gelungene Vermittlung noch zu wenig Berücksichtigung finden. So werden behinderte Jugendliche auch dann als Vermittlungserfolg verbucht, wenn sie nur bis zu drei Monate beim Dienstgeber beschäftigt waren.

Strategie

  • Etablierung eines durchgängigen Fördersystems für Kinder bzw. Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen

  • transparente, kontinuierliche Förderpolitik

  • Reduktion des Vermittlungsquotendrucks

  • Prüfung der Vermittlungsquoten auf Nachhaltigkeit Vgl. Enggruber (2001)

  • Mögliche Maßnahmen

  • Einführung mehrjähriger Förderperioden

  • Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung von qualitativen Maßstäben in der Projektbeurteilung

  • Langfristig angelegte Evaluierung von integrativen Projekten für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen

6.8 Sensibilisierungs- und Öffentlichkeitsarbeit

Ausgangssituation

Die Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen und die Benachteiligungen, mit denen sie in der Schule und am Arbeitsmarkt konfrontiert sind, erscheint ausbaufähig. Zwar kam es im Zuge der Behindertenmilliarde und des europäischen Jahres der Behinderten bereits zu einer deutlichen Verstärkung von Informationsaktivitäten, von Bedeutung ist es aber, diese Aktivitäten auch über das europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen hinaus beizubehalten. Da das Bild des / der Behinderten in Österreich nach wie vor vom Aspekt der Beeinträchtigung und Hilfsbedürftigkeit dominiert ist, woraus häufig die Unvermeidlichkeit geringerer Teilhabe am sozialen Leben und Erwerbsleben abgeleitet wird, wäre es von großer Dringlichkeit, durch noch breitenwirksamere Öffentlichkeitsarbeit auf die Wichtigkeit voller Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen in Lebens-und Arbeitswelt hinzuweisen.

Strategie

  • Sensibilisierung der Öffentlichkeit auf die Bedürfnisse und Probleme von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen im Alltag und in der Arbeitswelt auch nach dem europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen

Mögliche Maßnahmen

  • Kampagne (Plakataktionen, Spots in Radio und Fernsehen, Internet)

  • PR-Aktivitäten (erfolgreiche Beispiele: Öffentlichkeits- und Sensibilisierungsaktivitäten in Finnland zur Thematik älterer ArbeitnehmerInnen; Hospiz-Rennweg; Aidshilfe)



[132] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG): Die Behindertenmilliarde.

[133] Vgl. Integration: Österreich (Hrsg.) (2003), S. 9: "Barrierefreiheit bedeutet Zugänglichkeit und Benützbarkeit von Gebäuden und Informationen für alle Menschen, egal ob sie im Rollstuhl sitzen, ob es sich um Mütter mit Klein¬kindern oder Personen nicht deutscher Muttersprache handelt, ob es blinde, gehörlose, psychisch behinderte oder alte Menschen sind."

[134] Das in Vorbereitung befindliche Behindertengleichstellungsgesetz könnte in absehbarer Zeit dazu führen, dass sich das Problem der Zugänglichkeit von Kurs- und Maßnahmenstätten durch bauliche Barrieren für körper- oder sinnesbehinderte Jugendliche verringert und schließlich keine Hürden mehr gegeben sind.

[135] Vgl. Specht et al. (2001), S. 63

[136] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a), S. 65, S. 117

[137] Vgl. Tabelle 3

[138] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a)

[139] Ebenda.

[140] Vgl. Beck (1993)

[141] Vgl. Specht et al. (2001), S. 60

[142] Vgl. Specht et al. (2001), S. 21

[143] Quelle: http://www.esc.ac.at/vc/jus.html

[144] Vgl. Wetzel / Fuchs (1996)

[145] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (1998)

[146] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a), S. 108

[147] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a), S. 108

[148] Quelle: AMS-Wien

[149] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a); Vgl. Doose (1997)

[150] Vgl. Blumberger et. al (2002)

[151] Vgl. Blumberger et. al (2002)

[152] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003c)

[153] Vgl. Schartmann (1995)

[154] Vgl. Blumberger et al. (2002), S. 32

[155] Vgl. Blumberger (1994)

[156] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a)

[157] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG): Bundesweites Arbeitsmarktpolitisches Behindertenprogramm (BABE).

[158] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a), S. 115

[159] Vgl. Enggruber (2001)

[160] Vgl. Haasz (2000)

7 Integration in der außerschulischen Jugendarbeit

Die Erfassung des Lebensumfeldes und der Bedürfnisse der Jugendlichen (vgl. Kapitel 4 und 5) lassen die hohe Bedeutung der Freizeitgestaltung in diesem Lebensabschnitt erkennen. Die Freizeitgestaltung bestimmt den Grad der sozialen Integration und kann auch die Integration in den Arbeitsmarkt beeinflussen. In diesem Kapitel werden die Ergebnisse in Bezug zur außerschulischen Jugendarbeit gesetzt. Es wird der Frage nachgegangen, welches Potential integrative Jugendarbeit hat, wie Integration in der außerschulischen Jugendarbeit umgesetzt wird und wie sie gefördert werden kann. Dazu wurden als Verantwortliche drei LandesjugendreferentInnen (Land Steiermark, Burgenland, Wien) und drei BundesvertreterInnen verbandlicher Jugendorganisationen (Österreichische Kinderfreunde, Katholische Jugend, Katholische Jungschar) befragt. Das Interesse richtete sich dabei besonders auf die Zielgruppe Jugendliche mit Behinderungen, da der Zugang zu außerschulischer Jugendarbeit für diese Gruppe am schwierigsten ist.

7.1 Außerschulische Jugendarbeit und Arbeitsmarkt

Aus den vorangegangenen Kapiteln 4 und 5 lassen sich für die außerschulische Jugendarbeit folgende Schlüsse ziehen:

Schule kann nicht alles leisten, was die Zielgruppe Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen zur Vorbereitung für den Arbeitseinstieg benötigt. Arbeitsmarktpolitische Problemgruppen überfordern die Schule, deren Auftrag die Vermittlung von Bildung ist, wie auch klar eingefordert wird (vgl. Kapitel 4 über Defizite in den Kulturfertigkeiten). Auch Berufsorientierungs- und Qualifizierungskurse decken nicht den notwendigen Förderbedarf ab, wenn emotionale und soziale Defizite oder eine Entwicklungsverzögerung bestehen. Gerade hier kommen die erfahrungs- und erlebnisorientierten Konzepte der außerschulischen Jugendarbeit Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen entgegen. Die Möglichkeit, sich in verschiedenen Lebensumfeldern zu erfahren, gemeinsame Aktivitäten zu planen und durchzuführen, fördert die Selbstständigkeit, Teamfähigkeit und Kompetenzbildung und kann sich positiv auf eine realistische Selbsteinschätzung und ein positives Selbstkonzept auswirken. Die Schlüsselqualifikationen, die durch handlungsorientierte Lernformen in der Jugendarbeit implizit gelernt werden, werden am Arbeitsmarkt nachgefragt: Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, selbständiges Planen und Organisieren, Teamfähigkeit, Leistungsmotivation und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Jugendliche, die sich in verbandlichen oder offenen Jugendorganisationen engagieren geben zum überwiegenden Teil selbst an, dadurch wichtige Schlüsselfertigkeiten gelernt und ihre soziale Kompetenz verbessert zu haben, wie die Ergebnisse einer Erhebung in Tabelle 5 und Tabelle 6 ausweisen.

Tabelle 5: Erwerb von Schlüsselqualifikationen. Die Zahlen entsprechen Prozentangaben, n beschreiben die Anzahl der befragten Jugendlichen. Quelle: Bacher et al. (1999), S. 128

"Glaubst Du, dass Du durch Deine Teilnahme an dieser AKTIVITÄT etwas dazulernen konntest?"

trifft zu

trifft nicht zu

Ich habe gelernt, in einem Team zu arbeiten. (n=259)

87,6

12,4

Ich habe gelernt, dass manche Dinge nicht so einfach zu lösen sind. (n=257)

85,2

14,8

Ich habe gelernt, Verantwortung zu tragen. (n=259)

77,6

22,4

Mein Selbstvertrauen hat sich gestärkt. (n=258)

72,9

27,1

Ich habe gelernt, Dinge zu organisieren. (n=259)

73,4

26,6

Ich habe gelernt, meine Fähigkeiten besser einzuschätzen. (n=259)

75,3

24,7

Ich weiß jetzt besser, was ich will. (n=257)

64,2

35,8

Tabelle 6: Erwerb sozialer Kompetenz. Quelle: Bacher et al. (1999), S. 130

"Glaubst Du, dass Du durch Deine Teilnahme an dieser AKTIVITÄT etwas dazulernen konntest?"

trifft zu

trifft nicht zu

Ich weiß jetzt, wie ich damit umgehe, wenn ich mit einer neuen Sache konfrontiert werde. (n=255)

69,0

31,0

Ich habe gelernt, dass ich Probleme irgendwie bewältigen werde. (n=253)

81,0

19,0

Ich habe gelernt, dass ich jederzeit in der Lage bin, die erforderlichen Leistungen zu erbringen. (n=253)

73,1

26,9

Ich habe gelernt, dass ich Schwierigkeiten gelassen entgegensehen kann, weil ich mich immer auf meine Intelligenz verlassen kann. (n=248)

67,0

33,1

Ich habe gelernt, meine Meinung zu sagen. (n= 259)

81,8

18,2

Ich habe gelernt, nicht alles zu glauben, was man mir sagt. (n= 256)

78,1

21,9

Ich habe gelernt, dass es Situationen gibt, wo ich weder ein noch aus weiß. (n=252)

34,2

65,8

Ich weiß jetzt, dass ich mich angesichts ungewohnter Anforderungen hilflos fühle. (n= 251)

10,4

89,6

Ich weiß jetzt, dass ich mich schwer konzentrieren kann, wenn von allen Seiten Probleme auf mich zukommen. (n= 252)

40,5

59,5

Die Teilnahme und Einbindung Jugendlicher in außerschulische Jugendarbeit wirkt sich positiv auf die Integration der Jugendlichen in den Arbeitsmarkt aus. Freiwilligenaktivitäten sind eine Möglichkeit, die eigenen Kompetenzen zu erkennen und neue Fähigkeiten zu erlernen. Diese praktischen Erfahrungen können erfolgreich in der Berufswelt eingesetzt werden. Auch behinderten Jugendlichen darf diese Möglichkeit des Lernens in Jugendorganisationen, Austauschprogrammen und Partizipationsmodellen nicht verwehrt werden. Die frühen gemeinsamen Erfahrungen und Erfolgserlebnisse von behinderten und nicht behinderten Jugendlichen wirken vermutlich im Erwachsenenalter fort und tragen somit zur gesamtgesellschaftlichen Integration bei. Nicht behinderte Jugendliche werden für die Bedürfnisse von Behinderten sensibilisiert, beide erwerben soziale Kompetenzen. Wesentlich ist, dass Jugendliche entsprechend ihrer eigenen Interessen und Bedürfnisse gefördert werden. Sie wollen "dazu gehören", Freunde haben und treffen. Durch außerschulische Jugendarbeit kann eine Plattform für Begegnung geschaffen werden.

7.2 Organisation und Reichweite außerschulischer Jugendarbeit

Jugendarbeit findet in Österreich im familiären Bereich, in der Schule, in beruflichen Feldern und im außerschulischen Bereich statt. Angebote außerschulischer Jugendarbeit bestehen in Form der verbandlichen Jugendarbeit, der offenen Jugendarbeit, der kommunalen Jugendarbeit sowie der mobilen Jugendarbeit mit ihren jeweils unterschiedlichen Schnittpunkten zur Jugendwohlfahrt und Jugendsozialarbeit.

  • Verbandliche Jugendarbeit: Dazu zählen die verschiedensten Jugendorganisationen. Das breit gefächerte Spektrum der Organisationen reicht von parteipolitisch oder kirchlich motivierten Organisationen über Sport- und Freizeitverbände bis hin zu Schülervertretungen. Diese Jugendverbände weisen einen relativ hohen Organisationsgrad auf, die außerschulische Jugendarbeit wird in der Regel von ehrenamtlichen MitarbeiterInnen ausgeführt.

  • Offene Jugendarbeit: Ansprechpartner für Jugendliche sind beispielsweise Jugendinitiativen, die Jugendinfo[161] und die Jugendzentren und -clubs in den Gemeinden, Stadtteilen bzw. Bezirken. Diese Einrichtungen bieten Freizeitangebote und Aktivitäten an, die für alle Jugendlichen zugänglich sind. Für die Beratung und außerschulische Betreuung der Jugendlichen stehen hauptamtliche MitarbeiterInnen zur Verfügung.

  • Kommunale Jugendarbeit: In den Gemeinden werden für die örtliche Jugend Freizeitangebote im Kultur-, Sport- und Freizeitbereich geschaffen. Die Einbindung der Jugendlichen in lokale Netzwerke geschieht vor allem durch deren Einbindung in die Arbeit der örtlichen Vereine.

  • Mobile Jugendarbeit: Parkbetreuung und Streetcoaching sind Beispiele mobiler Jugendarbeit, die abseits von räumlichen Angeboten erfolgen. Eine klare Unterscheidung zwischen mobiler außerschulischer Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit ist nur über die damit angesprochene Zielgruppe und die damit verbundenen Ziele der Betreuung möglich.

Zuständige Verwaltungsstrukturen für die außerschulische Jugendarbeit sind auf Bundesebene das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (BMSG), in den Bundesländern sind die Landesjugendreferate Träger der außerschulischen Jugendarbeit. Der Landesjugendbeirat ist die Arbeits- und Interessengemeinschaft der verschiedenen Jugendorganisationen und -verbände auf Landesebene. Die Mitbestimmung der Jugendorganisationen auf Bundesebene regelt das Bundesvertretungsgesetz. Die Bundesjugendvertretung (BJV) ist die gesetzliche Interessensvertretung der Jugendlichen in Österreich. Zu den Mitgliedern der BJV zählen verbandliche und offene Jugendorganisationen, VertreterInnen der Volksgruppen und Minderheiten und VertreterInnen der Landesjugendbeiräte.

Die Reichweite der außerschulischen Jugendarbeit wurde im Weißbuch Jugend Endbericht beschrieben.[162] Etwa 40% der 5- bis 30-Jährigen sind in politischen Organisationen bzw. der Gewerkschaftsjugend oder in einer der Organisationen, die in der Bundesjugendvertretung vertreten sind, Mitglieder. Hier nicht berücksichtigt sind Jugendliche in Sportvereinen, dem Jugendrotkreuz, der Freiwilligen Feuerwehr-Jugend und anderen Verbänden. Relativierend muss hinzugefügt werden, dass nach Erhebungen des Jugendradars 2003 lediglich ein Fünftel der 14-bis 19-Jährigen häufig oder zumindest öfters ein Jugendzentrum besucht. In Jugendorganisationen engagieren sich 14% der Mädchen dieser Altersgruppe häufig oder zumindest öfters, bei den Burschen sind es 10%.[163] Laut Jugendradar zeigt sich ein Trend hin zu einer individualisierten Freizeit, in der das Angebot der verbandlichen Jugendarbeit keine dominante Rolle spielt. Der typische Freizeitmix ist charakterisiert durch selbstorganisierte Aktivitäten und Nutzung von Angeboten der Freizeitindustrie. "Nichts-Tun", Musik und Radio hören, Fernsehen und FreundInnen treffen sind die am häufigsten genannten Aktivitäten. Klarer Kristallisationspunkt der jugendlichen Freizeit- und Konsumkultur ist die Musik. Nicht erfasst wurde im Jugendradar die vermutlich viel höhere Anzahl von Jugendlichen, die über die kommunale und regionale Jugendarbeit von Sport- und Kulturvereinen angesprochen werden.

Insgesamt erreicht außerschulische Jugendarbeit viele Jugendliche, im individuellen Freizeitmix spielt sie eine untergeordnete Rolle.

7.3 Integrative Jugendarbeit

Das österreichische Behindertenkonzept orientiert sich an den Grundsätzen Integration und Normalisierung. Behinderte Menschen sollen nicht als besondere Gruppe der Bevölkerung behandelt werden, sondern als Menschen wie alle anderen. Angestrebt wird die Integration behinderter Menschen in allen Lebensbereichen mit dem Ziel, dass sich das Leben der behinderten Menschen so wenig wie nur möglich von dem nicht behinderter Menschen unterscheidet (Normalisierung). Die Behindertenpolitik zielt darauf ab, ein normales Leben zu unterstützen und den Zugang zu Gebäuden, Verkehrsmitteln, Dienstleistungen, zur Kommunikation und Information etc. sicherzustellen. Ausgehend von diesen Grundsätzen soll Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen im Lebensbereich Freizeit die Teilnahme an außerschulischen Aktivitäten ermöglicht werden. Die Gleichstellung und Integration behinderter Jugendlicher in der außerschulischen Jugendbetreuung hat aber, wie im Folgenden gezeigt wird, in der alltäglichen Praxis noch wenig Tradition.

Für viele behinderte österreichische Jugendliche ist es 'normal' Sonderschulen zu besuchen, in Behindertenheimen zu wohnen und ihre Freizeit abgesondert von den Gleichaltrigen zu verbringen. Immer mehr Kinder besuchen allerdings Integrationsklassen, in denen das gemeinsame Spielen, Lernen und Arbeiten von behinderten und nicht behinderten Kindern und Jugendlichen praktiziert wird, was auch der Integration im Freizeitbereich förderlich ist. Im internationalen Kontext hat sich Integration gegenüber der Sonderbetreuung durchgesetzt. Das gewandelte Verständnis von 'Norm' und ‚Normalität' ist besonders für Menschen mit Behinderung von großer Bedeutung.[164] Menschen unterscheiden sich und das auf vielfältige Weise. Es sollte deshalb selbstverständlich sein, dass auch Jugendliche mit Behinderung an allen Lebensbereichen (Schule, Freizeit, Arbeit) aktiv teilnehmen. Mit Verlassen der Schule und dem Übergang zur Arbeitstätigkeit entsteht eine Betreuungslücke. Gerade hier können sinnvolle außerschulische Aktivitäten in Jugendorganisationen einen wertvollen Beitrag leisten. Für die Integration behinderter Jugendlicher gilt es, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, das bedeutet, dass alle Hindernisse beseitigt werden, damit auch Jugendliche mit Hör- und Sehschädigungen und körperlicher und geistiger Behinderung aktiv in die außerschulische Jugendarbeit eingegliedert werden können.

Die Gruppe der Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen ist sehr heterogen, entsprechend unterschiedlich sind diese Jugendlichen durch außerschulische Jugendarbeit erfasst. Bei den Jugendlichen mit psychischen Behinderungen dürfte die Beteiligung an außerschulischen Jugendaktivitäten nach Art der Beeinträchtigung variieren. Für verhaltensauffällige Jugendliche (verhaltenskreative Jugendliche) gibt es eigene Freizeitangebote wie Ferienaktionen, diese Gruppe ist aber auch in die allgemeine Jugendarbeit gut integriert. Jugendliche, deren funktionelle Beeinträchtigung nur im Schulkontext und in bestimmten Arbeitsbereichen auffällt (Legasthenie, Dyskalkulie, ADS) werden von der außerschulischen Jugendarbeit ebenfalls gut erfasst. Während Jugendliche mit sozialen Benachteiligungen gut in die Angebote der offenen und verbandlichen Jugendarbeit integriert werden, stellt sich die Situation Jugendlicher mit körperlicher und geistiger Behinderung schwieriger dar, so die Ansicht der ExpertInnen. Außerschulische Jugendarbeit ist für alle Jugendlichen zwischen 10 und 30 Jahren offen, es besteht keine bewusste Trennung zwischen Angeboten für behinderte und nicht behinderte Jugendliche. Damit erfolgt kein bewusster Ausschluss, aber an den Aktivitäten der außerschulischen Jugendarbeit nehmen nur wenige behinderte Jugendliche teil, so die JugendreferentInnen, weil behinderte Jugendliche häufig keinen Zugang haben, nicht informiert sind oder andere Schwierigkeiten auftauchen. In der Praxis dürfte daher die nicht bewusste und als selbstverständlich angenommene Integration behinderter Jugendlicher nicht so oft stattfinden wie gewünscht bzw. überhaupt nicht existieren. Wie aus den Kapiteln 4 und 5 geschlossen werden kann, sind vor allem mehrfach-und geistig behinderte Jugendliche wenig integriert, es fehlen Freizeitangebote, die auf die Bedürfnisse dieser Gruppe Rücksicht nehmen. Auf Seite der Anbieter dagegen geben rund 30% der Einrichtungen der offenen und verbandlichen Jugendarbeit, sowie VertreterInnen von Jugendinitiativen an, Angebote für die Zielgruppe - "Jugendliche mit Behinderung" - zu haben (siehe Abbildung 2). Von Seiten der JugendreferentInnen wird nicht nur eine Quantifizierung der integrativen Projekte gefordert, sondern ein Qualitätsvergleich hinsichtlich des tatsächlichen Integrationspotentials. Mehr als 40 % der Stellen der offenen Jugendarbeit wenden sich mit ihrem Angebot explizit an Jugendliche aus MigrantInnenfamilien.[165] Die offene Jugendarbeit spricht zu einem großen Teil delinquente Jugendliche und Jugendliche mit Suchtproblemen bzw. -gefährdung an.

Abbildung 2: Zielgruppenspezifische Angebote der Jugendorganisationen

Zahlen in Prozent: 30 % der Jugendorganisationen und Initiativen für außerschulische Jugendarbeit geben an, spezielle Angebote für die Zielgruppe "Jugendliche mit Behinderung" zu haben. Anzahl der befragten verbandlichen Organisationen und offenen Jugendeinrichtungen: n=162. Quelle: Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003d, Teil B S. 44).

Hemmschwellen und fördernde Faktoren

Laut JugendreferentInnen gibt es in der Jugendarbeit durchgehend zuwenig Bewusstsein für die Zielgruppe Jugendliche mit Behinderung und deren Bedürfnisse. Das Thema Behinderung als Querschnittsmaterie in der außerschulischen Jugendarbeit fehlt.

Nach Ansicht der JugendreferentInnen werden behinderte Jugendliche bereits auf der Informationsebene vergessen. Mit dem Einsatz moderner Kommunikationsmittel und hier vor allem mit dem Internet sollten auch behinderte Jugendliche besser zu erreichen sein. Dies setzt nicht nur den allgemeinen Zugang zu diesem Informationsmedium voraus. Der Barrierefreiheit im Netz, adäquater PC Ausstattung[166] und IKT-Kenntnissen kommt hier eine ganz besondere Bedeutung zu. Die Nutzung von IKT gehört für Jugendliche zu den alltäglichen Selbstverständlichkeiten, das Internet ermöglicht den Zugang zu Informationen, den regelmäßigen Kontakt mit Freunden und wird immer mehr zur beliebten Freizeitbeschäftigung.[167] Wie die Online-Umfrage 2003 des BMSG[168] im Rahmen der Aktion ‚Weißbuch Jugend' zeigt, beziehen Jugendliche außerdem ihre Informationen über Flyer, Newsletter und Jugendinfostellen. Zum Thema Behinderung nennen sie als Hauptinformationsquellen Medien, Schule, Seminare und Workshops.

Auf der Partizipationsebene gibt es selten Projekte mit behinderten Jugendlichen und wenn, dann zumeist punktuell und aktionistisch, so einige der befragten JugendreferentInnen. Ausschließlich für behinderte Jugendliche konzipierte Freizeitangebote bestehen aus Ferienmöglichkeiten und wöchentlichen Besuchen von Behinderteneinrichtungen. Diese werden von Vereinen im Rahmen der Sonderbetreuung, aus Eigeninitiative oder aufgrund von Anfragen und Kontakten mit Behinderteneinrichtungen durchgeführt. Insgesamt ist die Zahl der angebotenen Aktivitäten allerdings gering und es können damit bei weitem nicht alle interessierten Jugendlichen erfasst werden, besonders mehrfachbehinderte und geistig behinderte Jugendliche nicht.

Zu den Hemmschwellen innerhalb der Organisation der Jugendarbeit zählen in erster Linie das Fehlen von Informationsstellen, Kontakten und Ansprechpersonen für die JugendleiterInnen vor Ort. Wenn Hilfestellungen innerhalb der eigenen Organisation - aber auch außerhalb - von qualifizierten Fachpersonen und Behinderteneinrichtungen fehlen, können GruppenleiterInnen in ihrer Integrationsarbeit rasch überfordert sein. In den Jugendorganisationen sind MitarbeiterInnen mehrheitlich ehrenamtlich tätig. Eine entsprechende Beratung oder Qualifizierung zur integrativen Jugendarbeit gibt es, trotz der Vielzahl an Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für JugendleiterInnen, nicht durchgehend. Entscheidend für die Beteiligung behinderter Jugendlicher ist hier letztlich das Engagement der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen. Besonders hervorgehoben wurde die Notwendigkeit der Schulung und Information der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, eine wesentliche Voraussetzung, damit die Eltern behinderter Kinder diese den Jugendorganisationen anvertrauen. Verstärkt sollte eine dauerhafte Kooperation mit Behindertenorganisationen den Raum für Begegnung zwischen MitarbeiterInnen und behinderten und nicht behinderten Jugendlichen schaffen.

Generell stehen die Jugendorganisationen hinter der Integrationsförderung. Im Leitbild der Kinderfreunde heißt es beispielsweise: "Wir treten für die Chancengleichheit aller Kinder ein, unabhängig von Nationalität, Religion, sozialer Herkunft oder Geschlecht. Im Anders-Sein und im multikulturellen Austausch sehen wir die Chance, voneinander zu lernen und uns als Gesellschaft weiterzuentwickeln. Das gilt auch für die vorurteilsfreie Begegnung mit Kindern mit und ohne Behinderung sowie unterschiedlicher sozialer Verhaltensweisen. Deshalb bemühen wir uns um eine leichte Zugänglichkeit aller unserer Angebote."[169] In allen großen Jugendorganisationen gibt es auch positive Beispiele für erfolgreiche Integration in den Ortsgruppen. Bei den Pfadfinderinnen und Pfadfindern Österreichs sind derzeit ca. 250 behinderte Kinder und Jugendliche in 20 Gruppen aktiv. Die PfadfinderführerInnen werden bei den Ausbildungskursen über die Grundlagen der Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung informiert, die Integration wird damit auf allen Ebenen der Organisation unterstützt. An der Ausbildung zu GruppenleiterInnen nehmen in der Katholischen Jungschar auch körperbehinderte Jugendliche teil. Für die Katholische Jugend ist Integration Querschnittsmaterie und damit in allen Bereichen zu berücksichtigen. Im Kinder- und Jugendnetzwerk, einer Kooperation der verbandlichen Jugendorganisationen, wurde das Thema Integration diskutiert, es soll in Zukunft dazu konkrete Veranstaltungen geben. In Deutschland werden vom Verein PfiFF innovative Wege und Möglichkeiten zur Integration im Freizeitbereich gesucht. Nach dem Vorbild des "Assistenz-Modells" im Arbeitsmarkt (Supported Employment, Arbeitsassistenz) wurde Integrationsbegleitung in der Freizeit erprobt.

Die InterviewpartnerInnen geben an, wenig bis gar nichts über die Integration Behinderter in den Ortsgruppen zu wissen. Informationen darüber, welche integrativen Projekte durchgeführt werden, z.B. Faschingsfeste gemeinsam mit Kindern aus der Sonderschule, Tänze, Spiele und Ferienangebote, bei denen behinderte Kinder und Jugendliche teilnehmen, werden durch Wettbewerbe der ‚besten' Projekte eingeholt. Ein Austausch der Informationen über Freizeitangebote bzw. -projekte zwischen den verschiedenen Jugendorganisationen findet nicht statt. Gewünscht wird die Vernetzung der Organisationen, um die Erfahrungen der MitarbeiterInnen und Informationen über Ausbildungsangebote usw. austauschen zu können.

Integration in der offenen Jugendarbeit findet wie auch in der verbandlichen letztlich vor Ort statt, bei Festen und Veranstaltungen in den Gemeinden. Hier können bauliche Gegebenheiten wie Kellerlokale und enge Räumlichkeiten die Teilnahme von behinderten Jugendlichen erschweren. Wesentliche Voraussetzung für die Integration behinderter Jugendlicher ist der barrierefreie Zugang zu den Freizeiteinrichtungen und die barrierefreie Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, um diese Einrichtungen zu erreichen. Die Mobilität der Jugendlichen ist wichtig, durch die finanzielle Unterstützung der Fahrtendienste kann diese verbessert werden.

Unter den befragten Jugendbeauftragten gibt es ein gemeinsames Verständnis darüber, dass es eine bewusste Öffnung der allgemeinen Jugendarbeit für behinderte Jugendliche geben soll, was eine Einbeziehung dieser Gruppe auf allen Ebenen der Jugendarbeit erfordert. Eine Ausnahme bildet der Sportbereich, in dem nach Ansicht eines Interviewpartners, die behinderten und nicht behinderten Jugendlichen, aufgrund ihrer unterschiedlichen Bedürfnisse, getrennt bleiben müssen (Sonderveranstaltungen für Behinderte). Integrative Jugendarbeit muss solange aktiv und bewusst gefördert werden, bis sie selbstverständlich wird. Als Basis für den Erfolg integrativer Jugendarbeit wurde die Entwicklung von Konzepten unter Einbeziehung von Fachleuten gefordert. Es wurde betont, dass die Zielgruppe die Möglichkeit haben muss, ihre Wünsche äußern zu können und aktiv an der Planung beteiligt wird. Gefordert wird sowohl von den Befragten als auch in der einschlägigen Literatur Sensibilität. Nicht alle als integrativ geplanten Aktivitäten sind dies auch und werden von Jugendlichen mit Behinderung und deren Familien nicht immer als positiv erlebt. "Ein blinder Aktionismus, der lediglich die Separierung und damit die Schonraumfunktion von Sondereinrichtungen aufhebt, jedoch stigmatisierende und diskriminierende Mechanismen aufrecht erhält, ist eben keine Integration sondern eine Gleichmacherei, die an allen individuellen Bedürfnissen vorbei zielt"[170].

7.4 Außerschulische Integration behinderter Jugendlicher in der Pisrax

Um festzustellen, welche Formen der außerschulischen Jugendarbeit es gibt, bei denen auch behinderte Jugendliche beteiligt werden, wurden die LeiterInnen der Landesjugendreferate Steiermark, Burgenland und Wien und drei VertreterInnen verbandlicher Jugendorganisationen befragt, zusätzliche Informationen wurden im Internet recherchiert und mittels telefonischer Anfragen eingeholt. Die genannten Projekte unterscheiden sich wesentlich im Umfang, in der Dauer und in der Intensität der Zusammenarbeit mit behinderten Jugendlichen. Die Projekte werden anhand dieser Kriterien zu Gruppen zusammengefasst.

Regelmäßige Freizeitarbeit mit behinderten Kindern und Jugendlichen

Zu den Projekten, bei denen behinderte Jugendliche regelmäßig betreut werden, zählen die Besuche von Behinderteneinrichtungen. Solche Projekte wurden im Rahmen der Befragung vom Landesjugendreferat Steiermark, den Österreichischen Kinderfreunden und der Katholischen Jungschar vorgestellt.

‚LUDOVICO' [171]

Für behinderte Kinder werden im ‚Hirtenkloster' wöchentlich Spielnachmittage veranstaltet. Spielpädagogen besuchen die Einrichtung und adaptieren neue Spiele für die schwerst- und mehrfachbehinderten Kinder. Für die behinderten Kinder ist dies eine willkommene Abwechslung im Heimalltag, für die Spielpädagogen besteht die Möglichkeit neue Erfahrungen zu sammeln. An der Finanzierung dieses Projektes beteiligen sich das Land Steiermark und die Stadt Graz.

‚BEHINDERTEN-BETREUUNG'

Die Kinderfreunde organisieren in Wien wöchentlich Freizeitangebote für mehrfach behinderte Kinder. Von geschulten Mitarbeitern werden die Kinder vom Internat ‚Himmelhof' abgeholt und verbringen mit ihnen gemeinsam einen Nachmittag in der Stadt, machen Ausflüge, gehen Eislaufen, Einkaufen usw. Den Kindern wird damit die Ausübung alltäglicher Freizeitaktivitäten außerhalb des Internates ermöglicht.

‚RANKWEIL'

Jugendliche der Katholischen Jungschar besuchen einmal in der Woche die Valduna (Psychiatrisches Krankenhaus in Rankweil) und führen mit den jugendlichen Patienten gemeinsam Aktivitäten durch (Spiele, Nikolofeier, Gottesdienste usw.). Den Jugendlichen werden damit soziale Kontakte nach Außen ermöglicht, gleichzeitig werden Vorurteile gegenüber den Patienten der Valduna abgebaut. Für etwaige Aufwendungen im Rahmen des Projektes kommt die Katholische Jungschar auf.

  • So wichtig die regelmäßige Arbeit mit behinderten Kindern und Jugendlichen ist, können die ersten beiden sowie das letztgenannte Projekt nicht als Maßnahmen zur außerschulischen Integration behinderter Jugendlicher angesehen werden. Der Kontakt zu bzw. die gemeinsame Freizeitgestaltung mit nicht behinderten Jugendlichen ist hier nicht gegeben. Eine Sonderstellung nimmt das Projekt der Katholischen Jungschar ein, bei dem Jugendliche die Freizeitbetreuung in der Einrichtung übernehmen und somit die Voraussetzung für fortgesetzte Freundschaften gegeben ist.

Projektbezogene Freizeitarbeit mit behinderten Jugendlichen

‚CD-PRODUKTION'

Jugend am Werk organisiert für behinderte Jugendliche mit Interesse für Musik CD-Aufnahmen. Es werden Gruppen gebildet, die gemeinsam Musikstücke einüben, um sie dann auf CD aufzunehmen. Organisiert und gefördert wird dieses Projekt von Jugend am Werk, in der Steiermark gibt es zudem eine spezielle Förderung für junge Bands. Die behinderten Jugendlichen werden mit diesem Projekt in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt, sie haben die Möglichkeit ein eigenes Produkt zu schaffen, auf das sie stolz sind.

Projektbezogene Freizeitarbeit mit behinderten und nicht behinderten Jugendlichen

Wesentliche Voraussetzung für die Integration behinderter Jugendlicher ist das gemeinsame Spielen und Arbeiten mit nicht behinderten Kindern. Durch die Einbindung behinderter Jugendlicher in die Gestaltung und Umsetzung von Projekten, wie dem gemeinsamen Aufführen eines Theaterstückes, verbringen behinderte und nicht behinderte Jugendliche gemeinsam ihre Freizeit. Vorurteile können damit abgebaut werden und neue Freundschaften, welche die Integration fördern, werden geschlossen.

‚STUHLGANG'

Behinderte und nicht behinderte Kinder führen gemeinsam ein Theaterstück auf. Verantwortlich für die Organisation und Umsetzung des Projektes ist die Theatergruppe ‚Stuhlgang', in Zusammenarbeit mit Schülern der Integrationsklassen. Finanzielle Unterstützung erhält das Projekt durch die Kulturförderung, das Sozialressort und das Landesjugendreferat Steiermark. Mit den Aufführungen der Theatergruppe wird eine große Öffentlichkeit erreicht.

‚SCHULTHEATER-FESTIVAL' [172]

Gemeinsame Theateraufführungen behinderter und nicht behinderter Jugendlicher werden auch vom Landesjugendreferat Wien organisiert, das Besondere an diesem Projekt ist die Aufführung des Stückes im Institut für gehörlose Kinder. Damit soll bewusst ein Zeichen gesetzt und mögliche Hemmschwellen beim Kontakt mit behinderten Kindern abgebaut werden.

  • Durch das gemeinsame Arbeiten an einem Theaterstück, wo jedes Kind, unabhängig ob behindert oder nicht behindert, zum Gelingen einer Sache beiträgt, wird Integration praktiziert. Die Kinder können sich über ihre Rolle den anderen mitteilen und erhalten Rückmeldung aus der Umwelt. Mit den Aufführungen erhalten die Kinder nicht nur Anerkennung für ihre Arbeit, die Leistungen der Kinder werden damit auch einer großen Öffentlichkeit vorgestellt.

Ferienlager mit behinderten und nicht behinderten Jugendlichen

Veranstaltungen, bei denen auch behinderte Jugendliche teilnehmen bzw. dazu eingeladen werden, sind Ferienlager und Feriencamps der Österreichischen Kinderfreunde, der Katho¬lischen Jungschar und Katholischen Jugend. Eine Großveranstaltung der Katholischen Jung¬schar, mit ca. 2.000 Teilnehmern, ist das Projekt ‚Innsbruck, ich bin dabei', diese Veranstaltung ist in Kooperation mit dem Jugendreferat und weiteren Jugendverbänden entstanden. Durch die Teilnahme behinderter Kinder und Jugendlicher an Ferienlagern soll erreicht werden, dass die Jugendlichen gemeinsam Ausflüge und Spiele planen, an denen alle Kinder teilnehmen können. Damit soll ein Bewusstsein für die Bedürfnisse behinderter Jugendlicher entwickelt und eventuelle Vorurteile gegenüber diesen abgebaut werden. Betreut werden die Kinder bei diesen Veranstaltungen von ehrenamtlichen MitarbeiterInnen.

‚FERIEN-CAMPS' [173]

An den Feriencamps der Österreichischen Kinderfreunde können auch behinderte Jugendliche teilnehmen. Es bestehen Kooperationen mit den jeweiligen Jugendämtern in den Bundesländern, die Teilnehmer, Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen, für die Camps vorschlagen. Informationen über die Feriencamps erhalten die Kinder und Jugendlichen in Form von Prospekten, die in Schulen, Kindergärten und bei Kinderärzten aufliegen bzw. verteilt werden. Finanziert wird die Veranstaltung durch Eigenbeiträge, öffentliche Mittel und private Sponsoren.

‚MIRACOLUS' und ‚TINGL TANGL' [174]

Bei diesen beiden Ferienlagern der Katholischen Jungschar wurde versucht, auch behinderten Jugendlichen die Teilnahme zu ermöglichen. Behindertenheime und Tagesstätten wurden direkt angesprochen, damit auch Behinderte, die Betreuung benötigen, erreicht werden. Dieser Versuch ist leider an der Frage der Finanzierung der Teilnahme und Betreuung gescheitert. Erfolgreich war die Ausschreibung dieser Veranstaltungen in den örtlichen Jungscharen, damit konnten behinderte Jugendliche für die Teilnahme interessiert werden. Organisiert werden diese Großveranstaltungen von der Katholischen Jungschar St. Pölten, finanziert von Bund, Land, Diözese und durch Eigenmittel der TeilnehmerInnen.

‚INNSBRUCK, ICH BIN DABEI!' [175]

Dieses Ferienlager der katholischen Jungschar ist in Kooperation mit anderen Jugendverbänden und der Caritas entstanden. Die verschiedenen Jugendverbände haben die Veranstaltung beworben, ca. 2.000 Jugendliche (behinderte und nicht behinderte) haben daran teilgenommen. Finanziert wurde diese Großveranstaltung vom Landesjugendreferat Tirol.

HANDICAP KEIN HINDERNIS! [176]

Bei den Veranstaltungen des Österreichischen Alpenvereins werden Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen in die Freizeitaktivitäten integriert. Beispiele für integrative Ferienveranstaltungen sind die Ferienwochen des Alpenvereins Österreich auf der ‚Ferienwiese Weißbach' in Salzburg. Jugendlichen mit Behinderung wird - entsprechend ihren Bedürfnissen - die Teilnahme an den Campaktivitäten ermöglicht. Im Vordergrund steht das gemeinsame Naturerlebnis und weniger der Leistungsvergleich, für die Betreuung der behinderten Jugendlichen stehen zusätzliche Kräfte zur Verfügung. Ein weiteres Beispiel für Erlebnisferien mit behinderten Jugendlichen ist das Ferienlager ‚Hot Spots' in Obernberg am Brenner.

  • Integrative Freizeitaktivitäten in den Schulferien stellen eine gute Möglichkeit dar, die Kontakte zwischen behinderten und nicht behinderten Kindern und Jugendlichen zu fördern. Wichtig ist das gemeinsame Erleben, um die Einstellungen und Verhaltensweisen gegenüber behinderten Jugendlichen nachhaltig positiv zu beeinflussen. Für die erfolgreiche Integration ist die Möglichkeit zu weiteren Kontakten wichtig, damit die Kinder und Jugendlichen ihre Bekanntschaften pflegen können und sich Freundschaften fortsetzen. Die Betreuung der behinderten und nicht behinderten Jugendlichen wird bei diesen Ferienlagern von ehrenamtlichen MitarbeiterInnen übernommen. Die Ferienprogramme und Begleitung müssen so gestaltet werden, dass behinderte Jugendliche auch daran teilnehmen können. Dies setzt voraus, dass die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen auf die Arbeit mit behinderten Jugendlichen vorbereitet sind.

Freizeitaktionen für/mit behinderte(n) Jugendliche(n)

Behinderte Menschen werden im Alltag als besondere Gruppe der Gesellschaft behandelt. Mit diesen Projekten werden Begegnungsräume geschaffen, in denen ein Austausch zwischen behinderten und nicht behinderten Jugendlichen stattfinden kann. Durch den Kontakt und das gemeinsame Arbeiten lernen die Jugendlichen miteinander umzugehen.

‚72 STUNDEN OHNE KOMPROMISS' [177]

Bei der Aktion ‚72 Stunden ohne Kompromiss', einem Projekt der Freiwilligenarbeit, das in Österreich die Katholischen Jugend in Zusammenarbeit mit der Caritas und Ö3 durchführt, können sich Jugendliche freiwillig 72 Stunden für eine gute Sache einsetzen. Unter anderem werden auch behinderte Menschen von den Jugendlichen 72 Stunden lang betreut. Gemeinsame Aktivitäten, wie z.B. das Bauen eines Gartens mit behinderten Jugendlichen, sollen helfen, Ängste und Vorurteile abzubauen. Solidarisches Handeln und gemeinschaftliche Erfolgserlebnisse werden den Jugendlichen mit diesem Projekt ermöglicht. Durch die Zusammenarbeit mit Ö3 erreicht das Projekt eine große Öffentlichkeit. In Schulen, Jugendgruppen und mittels SMS werden die Jugendlichen ebenfalls über das Projekt informiert. Finanziert wird das Projekt von der Katholischen Jugend und durch Sponsoren.

EUROCAMP: 'HAND IN HAND, TOGETHER WE GO! [178]

An dieser Veranstaltung haben 41 Jugendliche aus acht Nationen teilgenommen. Informationen und Erfahrungen über die Situation behinderter Jugendlicher in den verschiedenen Ländern wurden ausgetauscht und neue Lösungsvorschläge erarbeitet. Drei Tage haben die TeilnehmerInnen in Behinderteneinrichtungen verbracht, es wurden gemeinsam mit den Behinderten Aktionen und Spiele durchgeführt. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Landesjugendreferat, finanziert durch das Landesjugendreferat und EU Förderungen.

  • Behinderte befinden sich im Alltag zu oft am Rand der Gesellschaft und stehen nicht im Mittelpunkt der Planung, bei Freizeitaktivitäten und Veranstaltungen wird einfach auf sie vergessen. Mit der Einbindung der Medien in die Aktion ‚72 Stunden ohne Kompromiss' wird eine große Öffentlichkeit erreicht, es braucht aber noch viel mehr Unterstützung der Medien, damit behinderte Menschen als selbstverständlicher Teil der Gesellschaft wahrgenommen werden. Die Veranstaltung im Europäischen Jahr der behinderten Menschen kann als Beispiel dafür gelten, dass Projekte aufgrund eines besonderen Anlasses und der notwendigen finanziellen Unterstützung dazu beitragen, sich verstärkt um Randthemen zu kümmern.

Offene Jugendarbeit für behinderte und nicht behinderte Jugendliche

'PEDALKONTAKT' [179]

Das Projekt wird vom Verein 'Blickkontakt' in Zusammenarbeit mit der Jugendinfo des Familienministeriums und der Justizanstalt Gerasdorf durchgeführt. Behinderte und nicht behinderte Jugendliche führen gemeinsam ein- oder mehrtägige Tandem-Fahrradtouren durch. Jugendliche Straftäter der Justizanstalt Gerasdorf werden als Lenker des Tandems eingesetzt, dieser Einsatz ist Teil ihres Resozialisierungsprozesses und soll helfen, Vorurteile gegenüber Randgruppen abzubauen.

‚CLUB 21' [180]

Der Club 21 ist eine Einrichtung für behinderte und nicht behinderte Menschen. Für die sinnvolle Freizeitgestaltung stehen ihnen Räumlichkeiten für kreatives Arbeiten, sowie Tischtennis, Brett- und Gesellschaftsspiele zur Verfügung. Begegnungsräume und Möglichkeiten zum Austausch und Feiern gibt es im ‚Wiener Kaffeehaus' oder der Disco des Clubs.

INTEGRATIVER FREIZEITCLUB KORNEUBURG [181]

Jugendliche mit und ohne Behinderung treffen sich einmal im Monat zu gemeinsamen Freizeitaktivitäten. Neben Gesellschaftsspielen und kreativen Bastelarbeiten, stehen auch Ausflüge und Weiterbildungs-Seminare auf dem Programm.

‚FLOW. INTEGRATION' [182]

Dieses Projekt wurde gegründet, damit Jugendliche mit Behinderung die Möglichkeit haben, mit nicht behinderten Jugendlichen Freizeitaktivitäten durchzuführen. Die Jugendlichen verbringen gemeinsam ihre Freizeit mit alltäglichen Dingen wie 'einkaufen gehen', Kino- und Kaffeehausbesuchen. Außerdem werden Theaterstücke aufgeführt und Discoabende veranstaltet.

‚MITEINANDER IM KINO' [183]

Die Miteinander GmbH hat im Rahmen des Kongresses ‚Behindertsein in Europa' eine integrative Filmnacht veranstaltet.

  • Diese Projekte offener Jugendarbeit unterscheiden sich stark in ihren Zielsetzungen. Die Ziele reichen vom Abbau der Vorurteile gegenüber Randgruppen, über die Ausübung sinnvoller Freizeitbeschäftigungen, bis hin zur gemeinsamen Durchführung verschiedenster Alltagsaktivitäten und erfüllen den Wunsch behinderter Jugendlicher nach Kontaktmöglichkeiten mit Nichtbehinderten im Freizeitbereich.

7.5 Möglichkeiten der Integrationsförderung in der außerschulischen Jugendarbeit

Großprojekte, wie in den Praxisbeispielen angeführt, haben gezeigt, dass durch Kooperation der Verbände und Jugendorganisationen attraktive Angebote geschaffen werden können, wenn neben dem gemeinsamen Willen zur Integration auch die dafür notwendigen finanziellen Unterstützungen vorhanden sind. Auf Bundesebene wird die finanzielle Förderung der Jugendorganisationen im Bundes-Jugendfördergesetz geregelt. Finanzielle Unterstützung erhalten Jugendorganisationen und Einrichtungen der offenen Jugendarbeit von den Ländern und Gemeinden in der Regel als Basis- und Projektförderung, sowie für Ausbildungsmaßnahmen. Bereits auf dieser Ebene können Anreize für Integration gesetzt werden. Generell sind die Anwendung und Umsetzung des integrativen Ansatzes bei der außerschulischen Jugendarbeit wesentliche Voraussetzungen zur Verwirklichung der Chancengleichheit, wie sie im Behindertenkonzept definiert ist. Vorrangiges Ziel sollte die Öffnung bestehender Jugendeinrichtungen für behinderte Jugendliche sein. In Kapitel 6 wurden Strategien und Maßnahmen zur Förderung von Jugendlichen mit besondern Bedürfnissen aufgezeigt. Einige dieser Punkte haben auch Geltung im Bereich der außerschulischen Jugendarbeit, folgende Punkte ergänzen diese Auflistung.

7.5.1 Struktur, Förderung, Politik

Strategien:

  • Aufbau und Ausbau des Bewusstseins für die Bedürfnisse behinderter Jugendlicher bei den Verantwortungsträgern für außerschulische Jugendarbeit und gezielte Öffentlichkeitsarbeit zur Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung für die Bedürfnisse der behinderten Jugendlichen im Lebensbereich Freizeit

  • Sicherung der Nachhaltigkeit außerschulischer Jugendarbeit durch langfristige und kontinuierliche Bereitstellung der Ressourcen

  • Etablierung von Kriterien zur Bewertung und Sicherung der Qualität der Jugendarbeit unter Berücksichtigung integrativer Faktoren

  • Konsequente Umsetzung von Integration in der Konzeptentwicklung und Förderung der Jugendarbeit

  • Klare Aufteilung der Zuständigkeiten und Definition der Kooperationen innerhalb der Förderstrukturen[184]

Mögliche Maßnahmen:

  • Etablierung der Integration behinderter Jugendlicher als Querschnittsthema innerhalb der außerschulischen Jugendarbeit auf allen Ebenen

  • Entwicklung von Anreizsystemen zur Förderung von Integrationsprojekten (Fördertöpfe)

  • Einzelförderung von innovativen oder beispielhaften Projekten

  • Förderung der Erprobung von Freizeitassistenz

  • Entwicklung von Förderkriterien, welche die Vergabe von Fördermitteln an Integrationskriterien binden

  • Berücksichtigung von Integration in der Fördergesetzgebung

  • Schulungsmaßnahmen und berufsbegleitende Weiterbildung der BetreuerInnen in Kooperation mit Bildungseinrichtungen und PädagogInnen (z.B. Sozialakademie)

  • Entwicklung gemeinsamer Kommunikationsstrukturen und effektive Einbindung der Medien bei der Öffentlichkeitsarbeit der Jugendorganisationen

  • Förderung des barrierefreien Bauens in Jugendeinrichtungen

  • Einbeziehung von Fachleuten, Multiplikatoren und der Zielgruppe selbst zur Sicherung der Qualität der Jugendarbeit

7.5.2 Informationsebene: Jugendliche und JugendleiterInnen

Informationen über Freizeitveranstaltungen müssen allen interessierten Jugendlichen zur Verfügung stehen. Ebenso Information darüber, dass Behinderte an diesen Aktivitäten teilnehmen können, d.h. dass die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen wurden.

Strategie:

  • Bereitstellung und Förderung der Informationsstruktur, damit Jugendliche selbst initiativ werden können

  • Barrierefreier Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologie für Jugendliche[185]

  • Aufbau bzw. Weiterentwicklung von Service-Einrichtungen, als Informationspool für ehrenamtliche MitarbeiterInnen, Schulen, interessierte Jugendliche etc.

  • Entwicklung von gemeinsamen Kommunikationsstrukturen (Chance Internet)

  • Schaffung von Ausbildungs- und Informationsstellen für JugendleiterInnen, die integrativ arbeiten

Mögliche Maßnahmen:

  • Zielgruppenspezifische Information der Jugendlichen und Einladung zur Teilnahme in Schulen, Behindertenorganisationen, Elternvereinen und vor allem via Internetplattformen, Newsletter, Flyer und Medien.

  • Barrierefreier Zugang zu den Jugendinformations-Stellen

  • Zur Verfügung stellen von Informationen über Fahrtendienste, persönliche Assistenz und barrierefreie Erreichbarkeit bzw. Ausstattung der Jugendräume

  • Evaluierung und Förderung bereits bestehender Plattformen zur Information von Jugendlichen[186]

  • Integration des Themas Behinderung in die Ausbildung von JugendleiterInnen unter Berücksichtigung und/oder Erweiterung bestehender Ressourcen[187]

7.5.3 Vernetzung und Information: Organisation und MitarbeiterInnen

Viele Jugendorganisationen sind mit außerschulischer Jugendarbeit beschäftigt. Die Aktivitäten und Erfahrungen der Ortsgruppen werden nicht immer an die Bundesvertretungen der großen Jugendverbände weitergegeben. Die Österreichischen Kinderfreunde veranstalten z.B. ein Preisausschreiben für die ‚originellsten' Projekte, um sich auf diesem Weg über die Arbeit an der Basis zu informieren.

Strategien:

  • Vernetzung der Einrichtungen verbandlicher, offener und kommunaler Jugendarbeit für die Strukturentwicklung und Programmabstimmung der außerschulischen Jugendarbeit[188]

  • Etablierung von Kooperationsstrukturen im Rahmen des Themas Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen bei den Trägern außerschulischer Jugendarbeit[189]

  • Etablierung von Kooperationsstrukturen zwischen Trägern außerschulischer Jugendarbeit und Behindertenorganisationen

  • Regionale Vernetzung zwischen den MitarbeiterInnen außerschulischer Jugendarbeit und Behindertenorganisationen vor Ort.

Mögliche Maßnahmen:

  • Regionale Zusammenarbeit der Jugendorganisationen, damit vielfältigere Freizeitprogramme angeboten werden können, ohne dass kleine Gemeinden finanziell überfordert sind und gemeinsame Ressourcen (z.B. räumliche Infrastrukturen) genutzt werden

  • Schaffung eines Begegnungsraumes von ehren- und hauptamtlichen MitarbeiterInnen, die mit integrativer Jugendarbeit befasst sind.

  • Öffnung der Behindertenarbeit: Know-How-Transfer aus der Behindertenarbeit in die außerschulische Jugendarbeit durch Unterstützung und aktive Kooperationen mit MitarbeiterInnen der außerschulischen Jugendarbeit.

  • Angebote für Hilfestellungen und Prozessbegleitung von integrativ tätigen JugendleiterInnen

  • Gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit der Jugendorganisationen

7.5.4 Partizipationsebene: Jugendliche

Wesentlich für die Teilnahme behinderter Jugendlicher an den Freizeitprogrammen außerschulischer Jugendarbeit ist die barrierefreie Erreichbarkeit und Nutzung der Freizeiteinrichtungen. Die barrierefreie Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel und der gesellschaftlichen Einrichtungen kommt nicht nur den behinderten Jugendlichen zu gute, sondern allen alten, kranken und von Behinderung bedrohten Menschen.

Strategien:

  • Mobilitätsförderung

  • Schaffung von barrierefreien Freizeitprogrammen für Jugendliche im nächsten Umfeld

  • Öffnung bestehender Freizeitangebote für behinderte Jugendliche

  • Förderung des Zuganges von Jugendlichen mit Behinderungen zu Ausbildungen als

  • JugendleiterInnen (Mobilitätszuschuss, behindertengerechte Schulungsräume)

  • Politische Einbindung der Jugendlichen in Planungs- und Entscheidungsprozesse (z.B. örtliche Jugendausschüsse)

Mögliche Maßnahmen:

  • Jugendtreffpunkte im 'sozialen Nahraum' verlangen Ressourcen für die örtliche Infrastruktur z. B. barrierefreie Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel

  • Finanzielle Unterstützung bei Fahrtendiensten und persönlicher Assistenz

  • Förderung des barrierefreien Zugangs zu allen Freizeiteinrichtungen und Events

  • Berücksichtigung der Bedürfnisse behinderter Jugendlicher bei der Programmgestaltung, Einbeziehung der Jugendlichen bei der Planung und Umsetzung

  • Ehrenamtliches Engagement und eigenverantwortliches Arbeiten der Jugendlichen durch Weiterbildungsmaßnahmen fördern (auch das der behinderten Jugendlichen)



[161] Quellen: Die Jugendinfo des Bundes: http://www.jugendinfo.at und ARGE Österreichischer Jugendinfos: http://www.jugendinfo.at/jugendinfos/

[162] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2002c), S. 10

[163] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003d), Teil A, S. 74f.

[164] Vgl. Schöler (1998)

[165] Vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003d), Teil B, S. 43

[166] Auf (Finanzierungs-)Schwierigkeiten bei der Sonderausstattung von PCs wird in Kapitel 4 eingegangen.

[167] Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) (2003a), S. 112

[168] Die Ergebnisse der Umfrage sind unter http:/www.weissbuch.at. online abrufbar.

[169] Quelle: http://www.kinderfreunde.at/index.php?page_new=10285

[170] Vgl. Markowetz (1998)

[171] Quelle: http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/ziel/574396/DE/

[172] Quelle: http://www.lajuwien.at/index3.html

[173] Quelle: http://www.kinderfreunde.at/index.php?page_new=10000

[174] Quelle: http://www.kirche.at/stpoelten/ka_kjs/tt04/index.htm

[175] Quelle: http://www.jungschar.at/

[176] Quelle: http://www.alpenverein.at/obernberg/jugend_integrativ04.asp

[177] Quelle: http://www.kath-jugend.at/

[178] Quelle: http://ljr.at

[179] Quelle: http://www.service4u.at/blickkontackt/pedal.htm

[180] Quelle: http://www.wien.gv.at/ma12/behind_07f.htm

[181] Quelle: http://www.ev-sonnenschein.at/leben/korneuburg.shtml

[182] Quelle: http://www.vorarlberg.at/vorarlberg/umwelt_zukunft/zukunft/buerofuerzukunftsfragen/weitere informationen/praesentierteprojekte/flow.htm

[183] Quelle: http://www.miteinander.com

[184] Es bestehen Unstimmigkeiten in der Zuständigkeit für integrative Jugendarbeit zwischen Jugendpolitik und Sozialpolitik.

[185] Wie in Kapitel 4 dargestellt, ist der finanzielle Aufwand für technische Hilfsmittel für Jugendliche mit Körper- und Sinnesbehinderung zum Teil erheblich hoch. Der Zugang zu Computerschulungen steht nicht allen Jugendlichen offen.

[186] z. B. http://www.faktori.wuk.at/

[187] Es gibt zahlreiche Ausbildungsmöglichkeiten für JugendleiterInnen, allerdings werden diese von ehrenamtlichen MitarbeiterInnen aufgrund fehlender zeitlicher und finanzieller Ressourcen wenig genutzt (vgl. Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) 2003d, Teil A). Wird integrative Jugendarbeit ein Thema in der Ausbildung, müssen zusätzliche Strategien überlegt werden, damit JugendleiterInnen dieses Angebot auch nutzen können.

[188] Ein Beispiel für: Vernetzungs-und Partizipationsstrategien durch Jugendentwicklungsprogramme - Ein regionaler Ansatz für gefährdete Jugendliche, Referat von Prof. DDr. Helmut Retzl anlässlich des 3. Europäischen Kongresses ‚Jugendarbeit, Jugendhilfe und Suchtprävention' Luzern im März 2003 (www.institut-retzl.at)

[189] Strategien der Vernetzung in der offenen Jugendarbeit werden vom ‚Arbeitskreis Struktur und Qualitätsentwicklung in der Offenen Jugendarbeit', ARGE Österreich Jugendzentren diskutiert (http:/jugendzentrum.at/texte/Tagrep.html)

8 Literatur- und Quellenverzeichnis

8.1 Literatur

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8.2 ExpertInnen

Liste der befragten ExpertInnen (Kapitel 4)

Name

Funktion

Frau Maria Brandl

Geschäftsführende Vorsitzende des Vereines Integration:Österreich, I:Ö. Projektleiterin "Eltern beraten Eltern"

Herr Mag. Michael Glaser, Psychologe und Psychotherapeut

Projektleiter: BOK Berufsvorbereitungskurs

Frau DSA Margarita Langstöger

Projektleiterin bei WUK - Jugendprojekt (Maurerei, Malerei/Anstrich, Tischlerei)

Frau Sabine Unger, Sozialpädagogin

Jugendarbeitsassistentin für Gehörlose, WITAF

Herr DSA Herbert Hametner

Arbeitsassistent für Sehbehinderte und Blinde

Frau DSA Ulrike Vittori, Supervisorin und Therapeutin

Zwei Tätigkeitsgebiete: Kompetenzzentrum für Sozialarbeit und berufliche Integration, Familienintensivbetreuung für die Wiener Bezirke 21 / 22 (MAG 11).

Frau Christa Ernecker, Kauffrau

Projektleiterin Eingliederungshilfe "Büro - Computer" der Lebenshilfe Rottenmann

Frau Mag. Maria Waidacher

Arbeitgeberin

Frau Eva Thorpe

Geschäftsführerin von au-pair4you, nimmt regelmäßig PraktikantInnen auf Mitbegründerin und ehemalige Mitarbeiterin von Integration: Wien

8.3 Fokusgruppen.

Liste der befragten Jugendlichen und Eltern

 

Fokusgruppe

1

4 Jugendliche mit geistiger Behinderung/ Lernbehinderung, leichter Mehrfachbehinderung (körperliche plus Lernbehinderung), Sprachbehinderung

2

5 Jugendliche mit sozialen Benachteiligungen, psychischen Behinderungen, emotionalen und Verhaltensauffälligkeiten

3

8 Jugendliche mit sozialen Benachteiligungen, psychischen Behinderungen, emotionalen und Verhaltensauffälligkeiten

4a

Mutter und Tochter

Tochter: mehrfachbehindert, Rollstuhl

4b

Zwei Mütter, ein Sohn

Sohn: mehrfachbehindert, Rollstuhl

Tochter: nicht anwesend, mehrfachbehindert, cerebrale Parese, Rollstuhl, nicht sprechfähig, Verständigung über Symbolbord

ANNEX

Charakteristika der Hauptakteure und der Anbieter von Maßnahmen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen

 

Bundessozialamt (BSB)

Arbeitsmarktservice (AMS)

Bundesländer

Schulen

Leistungsangebot

  • Clearing

  • Arbeitsassistenz

  • Job Coaching

  • Nachreifungsprojekte

  • Qualifizierungsprojekte, Anlehre

  • Integrationsbeihilfen

  • Qualifizierung

  • Berufsorientierung

  • Vermittlung

  • Qualifizierung, Anlehre Lehre

  • Arbeitsassistenz

  • Job Coaching

  • Clearing

  • Lohnkostenzuschüsse

  • Geschütze Werkstätten

  • Beschäftigungstherapien

  • Integrationsklassen

  • Sonderpädagogische Zentren

  • Berufsorientierung

  • Berufsvorbereitungsjahr

  • Clearing

Ziele

  • Integration in Gesellschaft und Arbeitswelt Jugendliche: Integration in ersten Arbeitsmarkt

  • Integration vieler Jugendlicher in ersten oder zweiten Arbeitsmarkt

  • Integration in allen Lebensbereichen Selbstbestimmte Lebensführung

  • Jugendliche: Integration in ersten Arbeitsmarkt

  • Bestmögliche Ausbildung nach Vorhanden Möglichkeiten garantieren Vermittlung von Kompetenzen zur selbständigen Lebensführung

Zielgruppen

  • Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen

  • Begünstigte und begünstigbare Behindere

  • Bedarf bei Jugendlichen

  • Jugendlichen mit Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Behinderungen sowie Jugendliche Schwer-und Schwerstbehinderte

  • 14- bis 21 Jährige mit körperlicher, geistiger oder psychischer Behinderung

  • Menschen mit einer Restleistung von weniger als 50 %

  • Jugendliche mit geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, die Unterstützung zur Integration auf dem Arbeitsmarkt brauchen

  • Bedarf bei Jugendlichen mit leichteren Beeinträchtigungen (Lernschwächen, Verhaltensauffälligkeiten, kein Schulabschluss)

  • Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF)

Vernetzung/ Zusammenarbeit

  • Bundesländer

  • AMS

  • SV-Träger

  • Trägerorganisationen

  • Schulbehörden

  • Territoriale Beschäftigungspakte

  • BSB

  • Bundesländer

  • Trägerorganisationen

  • BSB

  • AMS

  • Trägerorganisationen

  • Schulen

  • Jugend- und Familienberatungsstellen

  • Sozialpartner

  • Bundesländer

  • BMSG

  • BMWA

  • Behindertenverbände

  • Träger, Organisationen, Clearing-Stellen

 

Sozialpartner

Großanbieter

Kleinanbieter

Leistungsangebot

  • P.R.-Maßnahmen

  • Infokampagnen

  • Qualifizierung

  • Arbeitsassistenz

  • Arbeitstraining

  • Beratung

  • Clearing

  • Nachreifung

  • Beschäftigungsprojekte

  • Lehre, Anlehre, Teilqualifizierung

  • Nachreifung

  • Arbeitstraining

  • Clearing

  • Arbeitsassistenz

  • Job Coaching

  • Beratung

  • Mentoring

Ziele

  • Integration in reguläre Lehrstellen und in regulären Arbeitsmarkt

  • Integration in allen Lebensbereichen

  • Integration in den Arbeitsmarkt

  • Nachhaltige Qualifizierung

  • Vollständige Integration in das Regelschulwesen

  • Integration in allen Lebensbereichen

  • Gleiche Lebensbedingungen

  • Empowerment

  • Jugendliche: Integration in den ersten Arbeitsmarkt

Zielgruppen

  • Personen mit jeglicher Art von Beeinträchtigung

  • Jugendliche mit SPF, mit negativem Hauptschulabschluss

  • Jugendliche mit persönlichen Problemen (z.B. Drogensucht

  • Bedarf für gehörlose Jugendliche

  • Menschen mit geistiger oder jeglicher Art von mehrfacher Behinderung (Caritas, Lebenshilfe, Jugend am Werk)

  • Körperlich beeinträchtigte Personen und SPF- Jugendliche (Caritas)

  • Personen mit psychosozialen Beinträchtigungen (pro mente, Caritas)

  • Von Arbeitslosigkeit bedrohte (bfi)

  • SonderschulabgängerInnen und begünstigbare Behinderte (Volkshilfe)

  • Familien mit behinderten Kindern (Integration Österreich)

  • Bedarf für Jugendliche mit schweren geistigen Behinderungen, für gehörlose und sozial benachteiligte Jugendliche

  • Personen mit jeglicher Art von Behinderung

  • Jugendliche mit SPF. Bedarf für Grenzfälle und leichte Beeinträchtigungen, Personen mit geistiger Behinderung, Jugendliche mit sozialen Problemen

Vernetzung/ Zusammenarbeit

  • Ministerien

  • AMS

  • BSB

  • Trägerorganisationen

  • Behindertenverbände

  • Trägereinrichtungen

  • EQUAL-Entwick-lungspartnerschaften

  • Internationale Kooperationen

  • AMS

  • BSB

  • Trägereinrichtungen

  • BSB

  • AMS

  • Land

  • Schulen

  • Trägernetzwerke

  • Dachverbände

  • EQUAL Entwicklungspartnerschaften

Strategienkatalog

Zielgruppenförderung

  • Flächendeckender Ausbau zielgruppenspezifischer integrativer Maßnahmen

  • Flächendeckende Fortführung des Angebotausbaus für verhaltensauffällige Jugendliche und Jugendliche mit sozialen und emotionalen Defiziten, Jugendliche mit Lernbeeinträchtigungen

  • Prüfung bestehender Maßnahmen auf Gendersensibilität und Entwicklung von Fördermaßnahmen für Mädchen und junge Frauen sowie MigrantInnen mit besonderen Bedürfnissen

  • Entwicklung zeitgemäßer Ausbildungsmöglichkeiten und Berufsbilder

  • Mehr Fördermaßnahmen für geistig behinderte Jugendliche zur Ermöglichung von Wahlfreiheit zwischen Beschäftigungstherapie, zweitem und erstem Arbeitsmarkt

  • Schaffung von transparenten, einfach nachvollziehbaren Kriterien der Zielgruppenbestimmung

Pflichtschule

  • Ausbau der Integration von Jugendlichen mit SPF in die 9. Schulstufe (Polytechnikum/ Fachschulen/Hauswirtschaftsschulen)

  • Intensivierung bzw. Neuausrichtung der Vorbereitung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen auf den Arbeitsmarkt während der Schulzeit

  • Ausbau personeller pädagogischer Ressourcen in quantitativer und qualitativer Hinsicht

Übergang zwischen Schule und Beruf

  • Erhöhung der Betreuungskontinuität nach Ende der Schulpflicht

  • Ausbau maßgeschneiderter Nachreifungs- und Qualifizierungsangebote

  • Verstärkung des Berufsorientierungsangebotes

Integrative Berufsausbildung

  • Rascher Ausbau der Berufsausbildungsassistenz

  • Unterstützung von Berufsschulen bei der Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen

  • Definition der Qualifikationsanforderungen an die Berufsausbildungsassistenz

  • Weiterbildung und Unterstützung des Lehrpersonals bei der Integration Jugendlicher mit besonderen Bedürfnissen in Berufsschulen

  • Entwicklung integrativer Ansätze in der Sekundarstufe II nach Vorbild der Pflichtschulen

Höhere Bildung

  • Verbesserung des Zugangs zu höheren Bildungseinrichtungen

  • Einrichtung von Bildungsassistenz für Menschen mit besonderen Bedürfnissen im höheren Bildungswesen analog zur Berufsausbildungsassistenz in der integrativen Berufsausbildung

  • Förderung von integrativen Projekten an höheren Bildungseinrichtungen

  • Förderung der behindertengerechten baulichen und technischen Ausstattung von Bildungsinstitutionen

Arbeitsmarkt / Wirtschaft

  • Sensibilisierung von UnternehmerInnen für die besonderen Bedürfnisse und Fähigkeiten von beeinträchtigten Jugendlichen und den unternehmerischen und gesellschaftlichen Wert der Integration

  • Erhöhung der Bereitschaft von Unternehmen zur Beschäftigung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen durch Anreize und Auszeichnungen

  • Koppelung finanzieller Leistungen für Unternehmen mit der Etablierung von MentorInnen im Betrieb

  • Ausbau der Unterstützung am Arbeitsplatz für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen und ArbeitgeberInnen

  • Verstärkte Förderung der behindertengerechten baulichen und technischen Ausstattung von Betrieben und Arbeitsplätzen

Förderinstrumente

  • Ausbau etablierter Maßnahmen und Instrumente

  • Individuellere Ausrichtung von Förderinstrumenten und Verlängerung der Maßnahmendauer im Bedarfsfall

  • Entwicklung von Dokumentations- und Qualitätsstandards bei Maßnahmen und Projekten (z.B. Entwicklung von Indikatoren für integrative Maßnahmen)

  • Systematische Sammlung und Zusammenführung von Evaluierungsresultaten und Erfahrungswissen aus laufenden Maßnahmen

  • Entwicklung von Konzepten zur Sicherstellung von Neutralität von Clearingstellen in der Weitervermittlung von Jugendlichen an MaßnahmenträgerInnen

Durchlässigkeit des Fördersystems

  • Erleichterung des Wechsels zwischen erstem und zweitem Arbeitsmarkt sowie Beschäftigungstherapie in Verbindung mit sozialer Sicherung

  • Reflexion über die Problematik mangelnder sozialversicherungsrechtlicher Berücksichtigung bei Beschäftigungstherapie in einer entsprechenden Arbeitsgruppe

  • Festlegung einer Zielquote für Übertritte vom zweiten in den ersten Arbeitsmarkt

  • Ermöglichung unbürokratischen Wechsels zwischen verschiedenen Maßnahmen und Projekten im Bedarfsfall

Institutionelle Zuständigkeiten

  • Erhöhung der Transparenz der Arbeitsteilung zwischen den Hauptakteuren BSB, AMS und Ländern

  • Fokussierung auf wenige Hauptakteure, die sich umfassend unter Einbeziehung des sozialen Umfelds allen Fragen der Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen widmen könnten

  • Sinnvolle Vereinheitlichungen von Begriffsdefinitionen und Erhebungsstandards zwischen BSB und AMS

Vernetzung

  • Ausbau der Vernetzung zwischen AkteurInnen, die mit der Förderung von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen auf regionaler Ebene sowie auf Landes- und Bundesebene befasst sind

  • Vernetzungsaktivitäten auf vertikaler und horizontaler Ebene

  • Institutions- und vereinsinterne Verbreitung von Vernetzungsergebnissen

  • Nutzung bestehender Vernetzungsforen (z.B. TEPs)

  • Nutzung der in der Beschäftigungsinitiative EQUAL vorgesehenen und schon umgesetzten innovativen Formen der Vernetzung für den Behindertenbereich

  • Nutzung neuer Kommunikationsmedien als Verbreitungskanäle

  • Schaffung von Voraussetzungen für nachhaltige Vernetzung - z.B. die Festlegung eines bestimmten Anteils der Arbeitszeit für Vernetzungsaktivitäten

  • Entwicklung ganzheitlicher Förderkonzepte unter Berücksichtigung von Wohnsituation, Freizeitgestaltung und allgemeiner Lebenssituation der Jugendlichen

  • Behinderten-Mainstreaming in der Jugendarbeit

Nachhaltigkeit

  • Etablierung eines durchgängigen Fördersystems für Kinder bzw. Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen

  • transparente, kontinuierliche Förderpolitik

  • Reduktion des Vermittlungsquotendrucks

  • Prüfung der Vermittlungsquoten auf Nachhaltigkeit

Sensibilisierungs- und Öffentlichkeitsarbeit

  • Sensibilisierung der Öffentlichkeit auf die Bedürfnisse und Probleme von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen im Alltag und in der Arbeitswelt auch nach dem europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen

Impressum

Eigentümer, Herausgeber und Verleger:

Bundesministerium für soziale Sicherheit Generationen und Konsumentenschutz A-1010 Wien, Stubenring 1

Redaktion:

Bundesministerium für soziale Sicherheit Generationen und Konsumentenschutz, (Bezeichnung des Ministeriums wurde im Laufe der Jahre geändert) Abteilung IV/6 Stand: 2004

Titelbild:

Günter Macho

Druck:

Druckerei des Bundesministerium für soziale Sicherheit Generationen und Konsumentenschutz

Bestellmöglichkeit:

Broschürenservice: 0800/202074

www.bmsg.gv.at

Alle Rechte vorbehalten

KMU FORSCHUNG AUSTRIA

MMag. Eva Heckl

Mag. Andrea Dorr

Dr. Sonja Sheikh

SORA - Institute for Social Research and Analysis

Mag. Elisabeth Simbürger Silvija Rapa

abif - Analyse, Beratung und Interdisziplinäre Forschung

Mag. Andrea Egger Mag. Barbara Bechter

Titelbild

In der Abbildung sind ein Jugendlicher und eine Frau zu sehen

Quelle:

Eva Heckl, Andrea Dorr, Sonja Sheikh: Maßnahmen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen - Evaluierung, Analyse, Zukunftsperspektiven

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 13.12.2006

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