Berufliche Qualifizierung für Jugendliche mit Beeinträchtigungen nach dem Oö. Chancengleichheitsgesetz

Eine empirische Analyse am Beispiel von „Ausbildung durch integrierte Beschäftigung“ des Vereins zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung (FAB)

Autor:in - Vera Benedics
Textsorte: Masterarbeit
Releaseinfo: Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science im Masterstudium Sozialwirtschaft; Angefertigt am Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik; Beurteiler / Beurteilerin Mag.a Dr.in Angela Wegscheider. Dezember 2017
Copyright: © Vera Benedics 2017

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

    Abstract:

    Für Jugendliche mit Beeinträchtigungen bzw. junge Erwachsene stellt der erste Schritt in die Erwerbstätigkeit auf dem Ersten Arbeitsmarkt eine besondere Herausforderung dar. Es bedarf daher für diese Zielgruppe geeignete arbeitsmarktpolitische Unterstützungsleistungen, um eine nachhaltige berufliche Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Beruflichen Qualifizierungsmaßnahme „Ausbildung durch integrierte Beschäftigung“ kurz „AIB“, die vom Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung (FAB) angeboten wird. Diese Maßnahme basiert auf der gesetzlichen Grundlage gem. § 11 Abs. 2 Z 1 des Oö. Chancengleichheitsgesetz (Oö. ChG) und hat zum Ziel, Jugendliche mit Beeinträchtigungen durch praxisnahe Ausbildung auf den Ersten Arbeitsmarkt vorzubereiten und auf eine geeignete Arbeitsstelle zu vermitteln.

    Der empirische Teil dieser Arbeit soll aufzeigen, welche Faktoren die Jugendlichen bei AIB, für eine nachhaltige berufliche und soziale Integration als besonders fördernd empfunden haben. Weiters wird die Maßnahme unter Beachtung der Disability Studies und des „Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (UN-BRK) analysiert. Die leitfadengestützten Interviews mit den ehemaligen AIB-TeilnehmerInnen und betroffene Mütter stellen neben dem konzeptionell-theoretischen Rahmen einen wesentlichen Faktor zur Beantwortung der Forschungsfragen dar.

    Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen auf, dass besonders die individuelle Betreuung und Unterstützung bei AIB sowie die fähigkeitsorientierte Vermittlung auf den Ersten Arbeitsmarkt für eine gelungene und nachhaltige Integration ausschlaggebend waren. Der/die Jugendliche mit seinen/ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten steht im Mittelpunkt der Beruflichen Qualifizierungsmaßnahme AIB, und somit wird der Gedanke der Disability Studies und der UN-BRK bestmöglich in die Praxis umgesetzt.

    1 Einleitung

    1.1 Hintergrund und Problemstellung

    Der Übergang von der Schule ins Erwerbsleben stellt für viele Jugendliche ein massives Problem dar. Zwar wird Österreich europaweit mit 9,6 % Jugendarbeitslosigkeit (September 2017) als Musterschüler gesehen, dennoch gibt es seit Jahren mehr Lehrstellensuchende als offene Lehrstellen und steigende Jugendarbeitslosigkeit (vgl. AMS 2017, S.2). Als allgemeine Gründe für die Jugendarbeitslosigkeit werden Defizite bei den individuellen Einstiegsvoraussetzungen von Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt sowie der Strukturwandel von der industriellen Produktion hin zu einer postindustriellen Dienstleistungsgesellschaft genannt, der eine kontinuierliche Steigerung der Qualifikationsanforderungen mit sich bringt. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt werden durch die individuelle Bildung stark beeinflusst. So entscheidet im Wesentlichen der Grad der Ausbildung über die berufliche Laufbahn einer Person, danach folgend über das Einkommen und die soziale Absicherung. Prinzipiell gilt der Abschluss einer Berufsausbildung der sogenannten Sekundarstufe II (Berufsschule, Höhere technische Lehranstalt, Handelsakademie usw.) als Mindestanforderung für den Berufseinstieg (vgl. Kozeluh 2006, S.5). Zur Förderung der beruflichen Eingliederung und Inklusion von Jugendlichen in den Arbeitsmarkt wurde die Jugendausbildungspflicht am 6. Juli 2016 mit einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat beschlossen (vgl. HELP.gv.at o.J., online). Mit dem Jugendausbildungsgesetz trat das Ausbildungspflichtgesetz (APflG) am 1. August 2016 in Kraft. Ab dem Schuljahr 2017/2018 ist es für Jugendliche somit verpflichtend, nach der neunten Schulstufe eine Ausbildung, eine weiterführende Schule oder eine anerkannte arbeits- bzw. bildungspolitische Maßnahme zu besuchen (vgl. BMASK o. J.a, online).

    Jugendliche, die über ein niedriges Bildungsniveau verfügen und wegen einer physischen, psychischen, kognitiven und/oder sozialen Beeinträchtigung eine Leistungsminderung vorweisen, stellen eine besonders benachteiligte Gruppe auf dem Arbeitsmarkt dar. Nach Beendigung ihrer gesetzlichen Schulpflicht – die oft mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF)[1] nach dem Lehrplan der Allgemeinen Sonderschule (ASO-Lehrplan) in einer Integrationsklasse[2] oder in der Sonderschule[3] absolviert wurde – fällt es ihnen häufig schwer, lückenlos in ein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einzusteigen (vgl. FAB 2013a, S.25). Bereits in jungen Jahren sind Menschen mit Beeinträchtigungen besonders gefährdet, ökonomische und soziale Ausgrenzung zu erfahren. Negative Erfahrungen können ähnlich einem „Rucksack“, der immer schwerer wird, für den weiteren Lebensweg belastend sein. Es sind gezielte und nachhaltige Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit mit Fokus auf Jugendliche mit Beeinträchtigungen[4] nötig. Daher braucht es umfassende und differenzierte Unterstützungsmaßnahmen wie beispielsweise die Berufliche Qualifizierung, die beeinträchtigte Jugendlichen (erste) Arbeitserfahrungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglichen.

    Im Jahr 2008 trat das „Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“[5] (UN-BRK) in Österreich in Kraft. Die UN-BRK schlägt behindertenpolitisch einen internationalen Richtungswechsel ein und lehnt sich dabei an den wissenschaftlichen Kontext von Behinderung nach den Disability Studies an. Dieser betrachtet nicht die Beeinträchtigung des Einzelnen, sondern richtet den Blick auf die gesellschaftlichen Bedingungen, die Menschen mit Beeinträchtigungen ausgrenzen und diskriminieren (vgl. Degener 2009, S. 200). Durch die Ratifizierung der UN-BRK verpflichten sich die Vertragsstaaten in Artikel 27 „Arbeit und Beschäftigung“, das Recht auf Arbeit von Menschen mit Beeinträchtigungen in einem barrierefreien Umfeld zu fördern und zu sichern sowie dahingehend staatliche Maßnahmen zu setzen (vgl. BMASK 2016, S.21). Da es in Österreich eigene Landesbehindertengesetze für Menschen mit Beeinträchtigungen gibt, sind diese Verpflichtungen auf Bundes- wie auch auf Landesebene zu erfüllen. Durch diverse arbeitsmarktpolitische Maßnahmen versuchen die Länder soziale Integration und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Dabei werden auch der Präventionsgedanke verfolgt sowie Leistungen gewährt, die Menschen mit Beeinträchtigungen dabei unterstützen, ein wirtschaftlich und sozial selbstständiges Leben zu führen. Mit der Förderung der beruflichen Teilhabe werden Grundstrukturen und eine Grundversorgung für Menschen mit Beeinträchtigungen, die einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht ohne Unterstützung nachgehen können, geschaffen. Zusätzlich versuchen Bund und Länder Maßnahmen bzw. Projekte ins Leben zu rufen, die die bestmögliche berufliche Integration auf dem Ersten Arbeitsmarkt für beeinträchtigte Personen ermöglichen sollen.

    In Oberösterreich stellt das Oö. Chancengleichheitsgesetz (Oö. ChG) das Landesgesetz für Menschen mit Beeinträchtigungen dar, welches den Grundgedanken der UN-BRK verfolgt. Im Bereich „Arbeit und Beschäftigung“ werden nach diesem Gesetz unterschiedliche Leistungen angeboten, um einen angemessenen Arbeitsplatz zu gewährleisten. In § 11 Abs. 2 Z 1 Oö. ChG ist die Hauptleistung „Berufliche Qualifizierung“ angeführt, welche gemäß § 7 Z 5 Oö. ChG Jugendlichen mit Beeinträchtigungen durch individuelle Förderung und Unterstützung zu einer nachhaltigen beruflichen und sozialen Integration in den Ersten Arbeitsmarkt verhelfen soll.

    1.2 Fragestellung und Zielsetzung

    Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Berufliche Qualifizierungsmaßnahme „Ausbildung durch integrierte Beschäftigung“ (AIB) gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 Oö. ChG, die vom Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung (FAB) im Auftrag des Landes angeboten wird. Diese Qualifizierungsmaßnahme soll anhand ihrer förderlichen Indikatoren, die zu einer erfolgreichen Integration in den Ersten Arbeitsmarkt beitrugen bzw. beitragen, erforscht werden. Im Wesentlichen geht diese empirische Untersuchung folgender zentraler Forschungsfrage nach:

    Was war bzw. was ist förderlich für die Jugendlichen bei der Beruflichen Qualifizierungsmaßnahme „AIB“ von FAB, um eine nachhaltige berufliche und soziale Integration zu ermöglichen?

    Zudem soll mit nachstehender Unterfrage AIB anhand des theoretischen Hintergrundes beleuchtet werden:

    Wie kann die Maßnahme unter Beachtung der Disability Studies und der UN-BRK betrachtet werden?

    Um diese Fragestellungen beantworten zu können, wird neben der Literaturanalyse eine qualitative Erhebung mittels leitfadengestützter Interviews durchgeführt. Zielgruppe für die Befragungen sind Jugendliche mit Beeinträchtigungen, die AIB absolviert haben und danach positiv auf den Ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden konnten. Hierzu wird vorerst geklärt, wie der Begriff „nachhaltig“ bzw. „Nachhaltigkeit“ in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand definiert ist, da dieser im Allgemeinen vielschichtig interpretierbar ist.

    Das Oö. ChG enthält keine Legaldefinition des Begriffs „nachhaltig“. Laut Auskunft des Amts der Oö. Landesregierung ist unter einer nachhaltigen beruflichen Integration „eine nicht bloß vorübergehende, sondern dauernde berufliche und soziale Integration“ (Pichler 2017, E-Mail) zu verstehen. „Der Mensch mit Beeinträchtigung soll in die Lage versetzt werden, ein selbstständiges (Berufs-)Leben zu führen und am Arbeitsmarkt Pensionsversicherungszeiten zu erwerben.“ (ebd.) In Rahmen der Leistungsvereinbarungen des Landes mit den Einrichtungen, die Berufliche Qualifizierung anbieten, gelten nachhaltige Beschäftigungsvermittlungen als „Arbeitsverhältnisse, welche mindestens 6 Monate gedauert haben und deren Beschäftigungsausmaß über der Geringfügigkeitsgrenze liegt.“ (Pilz 2017, E-Mail)

    Ergänzend zur Definition des Landes wird noch die Begrifflichkeit nach Zinn erörtert, die „Nachhaltigkeit“ in Bezug auf Arbeit in einem größeren Kontext beschreibt. So ist laut Zinn die Nachhaltigkeit im Arbeitsleben unter zwei Gesichtspunkten zu sehen. Nämlich einerseits „auf den einzelnen Menschen“ und andererseits auf „die gesellschaftliche Gesamtheit in Gegenwart und Zukunft“ (Zinn 2003, S. 396) bezogen. Für das Individuum wird das Arbeitsleben im weiten Sinn als eine Arbeitssituation charakterisiert, die der dauerhaften und „guten“ Lebensqualität dient. Zur Nachhaltigkeit des Arbeitslebens gehört selbstverständlich, dass durch eine angemessene Beschäftigung des Individuums eine unfreiwillige Arbeitslosigkeit verhindert werden kann. Welche Arbeit als angemessen erscheint, ist für Zinn vom kulturellen, moralischen, wirtschaftlichen und technischen Entwicklungsniveau einer Gesellschaft abhängig. Die gesamtwirtschaftliche Aufgabe der Nachhaltigkeit im Arbeitsleben hat zum einen ein hohes Beschäftigungsniveau als Ziel, zum anderen aber auch die Qualität der Arbeit (vgl. ebd., S. 396 f.). Für die Qualität der Arbeit sind drei Aspekte wesentlich:

    „Die Arbeitssituation soll erstens den Menschen zufrieden stellen, die Arbeit soll zweitens qualifiziert im Sinn möglichst hoher Wertschöpfung ausfallen, und drittens sollen die Arbeitsprodukte dem umfassenden Nachhaltigkeitsgebot genügen, also etwa umweltfreundlich sein, den Energieverbrauch senken, dem Verschleiß- und Wegwerfkonsum entgegen wirken etc.“ (ebd., S. 397)

    Diese Forschungsarbeit stützt sich nun beim Begriff „Nachhaltigkeit“ in Bezug auf Arbeit auf die Definition des Landes und auf den Aspekt des „einzelnen Menschen“ nach Zinn. Auf den Wertschöpfungseffekt, der durch die betrachtete Maßnahme durchaus nicht unberührt bleibt, sowie auf die Nachhaltigkeit im ökologischen Sinne wird in dieser Arbeit nicht näher eingegangen.

    1.3 Aufbau der Arbeit

    Nach dieser Einleitung werden im Folgenden die Disability Studies, die Behinderung aus einem neuen interdisziplinären und emanzipatorischen Blickwinkel definieren, näher erläutert. Kapitel drei widmet sich der UN-BRK, die den gesetzlichen Rahmen der internationalen Behindertenpolitik vorgibt. Konkret wird hier Art. 27 der UN-BRK, der das Recht beeinträchtigter Menschen auf Arbeit festlegt, anhand seiner zentralen Leitgedanken analysiert. Im darauffolgenden Kapitel werden die relevanten Bestimmungen des Oö. ChG in Bezug auf Arbeit und Beschäftigung diskutiert, wobei speziell die Leistung der „Beruflichen Qualifizierung“ gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 Oö. ChG genauer betrachtet wird. In Kapitel fünf wird die Maßnahme AIB, die auf der Gesetzesgrundlage des § 11 Abs. 2 Z 1 Oö. ChG basiert, im Detail dargestellt. Dabei werden die Zielgruppe, die Zielsetzung, die Inhalte sowie die Phasen bei AIB beschrieben. Außerdem werden die Vermittlungsergebnisse anhand statistischer Daten ausgewertet. Folgend wird in Kapitel sechs das verwendete Forschungsdesign und der Forschungsprozess detailliert erklärt. Hierzu wird die für die Auswertung des gewonnenen Datenmaterials verwendete Computersoftware MAXQDA 12 vorgestellt und die genaue Vorgehensweise bei der Datenanalyse erläutert. Damit sich die LeserInnen ein Bild von den Interviewpersonen und ihre Lebenssituation machen können, werden diese anhand ihrer Biografien präsentiert. Abschließend enthält dieses Kapitel eine Übersicht über die soziodemographischen Daten der interviewten Jugendlichen und Informationen über deren aktuelle Arbeitssituation. Die Ergebnisse der qualitativen Untersuchung werden in Kapitel sieben dargestellt und interpretiert, bevor im achten Kapitel die Erkenntnisse daraus anhand der Forschungsfragen reflektiert und diskutiert werden. Das letzte Kapitel rundet die Arbeit mit einem Fazit und Ausblick ab.



    [1] Laut § 8 Schulpflichtgesetz 1985 ist sonderpädagogischer Förderbedarf dann gegeben, wenn ein schulpflichtiges Kind aufgrund körperlicher und/oder psychischer Beeinträchtigungen dem Unterricht in der Regelschule ohne individuelle soziale und pädagogische Förderung und Betreuung nicht folgen kann.

    [2] Unter einer Integrationsklasse versteht man eine Klasse, in der SchülerInnen mit oder ohne Beeinträchtigungen gemeinsam, unter Beachtung ihres Entwicklungsstandes unterrichtet werden (vgl. BIZEPS o. J., online).

    [3] In Sonderschulen werden physisch und/oder psychisch beeinträchtigte oder auch lernschwache Kinder individuell gefördert. Für Kinder mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf besteht seit den 1990er-Jahren die Möglichkeit, in Nicht-Sonderschulen in sogenannten Integrationsklassen unterrichtet zu werden (vgl. Statistik Austria 2017, S. 172).

    [4] In dieser Arbeit wird der Begriff Menschen mit Beeinträchtigungen gemäß § 2 Oö. ChG verwendet. Siehe hierzu Abschnitt 4.1.

    [5] Convention on the Rights of Persons with Disabilities (CRPD), kurz UN-Behindertenrechtskonvention oder UN-Konvention genannt.

    2 Disability Studies – interdisziplinärer Wissenschaftsansatz

    Die Disability Studies entstanden beim Versuch gesellschaftliche Mechanismen zu erkunden, die dazu führen, Menschen mit Beeinträchtigungen als eine soziale Randgruppe überhaupt erst entstehen zu lassen. Disability Studies sind intensiv mit der Geschichte und dem Programm der internationalen Behindertenbewegung verknüpft (vgl. Waldschmidt/Schneider 2007, S.12). Hierbei werden gesellschaftspolitische Hintergründe und historische Entwicklungspfade sowie kulturelle Kontexte mit einbezogen. Demnach liegt die Konzentration auf gesellschaftsorientierten Veränderungen und nicht wie etwa bei der Behindertenpädagogik auf der individualisierenden Sichtweise (vgl. Waldschmidt 2010, S.15). Sie können ähnlich der Frauenforschung aufgefasst werden, denn es handelt sich auch hierbei um ein Forschungsfeld, welches die Effekte der Selbstorganisation und Selbstpräsentation wahrnimmt und versucht, die Anliegen von Menschen mit Beeinträchtigungen auf der wissenschaftlichen Agenda zu platzieren (vgl. Waldschmidt/Schneider 2007, S.12). Die Disability Studies sind keine wertfreie Wissenschaft, sondern ihre Ausrichtung ist politisch; dies wird schon im Blick auf ihre GründerInnen (BürgerInnenrechtsbewegung) deutlich. Diese Wissenschaftsdisziplin bezieht klar Stellung für Menschen mit Beeinträchtigungen, und ihr geht es nicht um kleine Veränderungen, sondern vielmehr um einen wesentlichen Wandel in der Gesellschaft im Hinblick auf diese Menschengruppe ausgrenzende Barrieren (vgl. Grausgruber et al. 2017, S.17).

    2.1 Historische Entstehungsgeschichte der Disability Studies

    In den 1980er-Jahren entstand in den USA und in Großbritannien eine neue interdisziplinäre Forschungsrichtung – die Disability Studies – mit dem Gedanken, die sozial- und kulturwissenschaftlichen Lücken im Diskurs über Behinderung zu füllen (vgl. Waldschmidt/Schneider 2007, S.12). Dieser Ansatz sieht Menschen mit Beeinträchtigungen als ExpertInnen in ihrer eigenen Sache, die aktiv in den Forschungsprozess mit einzubeziehen sind (vgl. Hermes/Rohrmann 2006, S.7). Die Disability Studies verstehen sich als ein emanzipatorisches, an Teilhabe orientiertes Projekt, da sie durch persönliche Bezüge ihrer ProtagonistInnen geprägt sind. Einige WissenschaftlerInnen dieser Disziplin leben selbst mit Beeinträchtigungen oder stammen aus Familien mit beeinträchtigten Angehörigen (vgl. Waldschmidt/Schneider 2007, S.12).

    So entwickelte sich in den angloamerikanischen Ländern aus dem sozialen Modell von Behinderung,[6] das sich etwa zur selben Zeit etablierte, die akademische Disziplin. Im Laufe der Zeit wurden in den USA und auch in Großbritannien eigene Lehrstühle und Institute im universitären Rahmen für Disability Studies eingerichtet. An amerikanischen Universitäten werden immer mehr entsprechende Studiengänge angeboten. Der englischsprachige Raum verfügt mittlerweile schon über regelmäßig erscheinende Zeitschriften, zahlreiche Forschungsprojekte und Bücher über diese Disziplin. Zunehmend gibt es aber auch im deutschsprachigen Diskurs immer mehr Veröffentlichungen zu den Disability Studies (vgl. Hermes/Rohrmann 2006, S.21).

    2.2 Verständnis von Behinderung in Disability Studies

    Dieser relativ junge interdisziplinäre Wissenschaftsansatz bedeutet übersetzt „Studien über oder zu Behinderung“. Nicht „der/die Behinderte“ ist Gegenstand dieser Wissenschaft, sondern die Kategorie „Behinderung” (Waldschmidt 2003, S. 12). Im internationalen Kontext geht es um zwei wesentliche Zielsetzungen. Zum einen soll die Behinderung als Gegenstand theoretisch und methodologisch anspruchsvoll erforscht werden. In den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen durchgeführte Studien, die meist in diesen wenig Anerkennung erfahren, sollen nun unter dem Wissenschaftsansatz von Disability Studies zusammengefasst werden. Damit erhalten die Untersuchungen einen neuen Stellenwert, und Behinderung kann als ein eigenständiges und spannendes Forschungsfeld wahrgenommen werden (vgl. Waldschmidt/Schneider 2007, S.12).

    Zum anderen geht es laut Waldschmidt/Schneider den Disability Studies darum, ein gutes Gegengewicht zum traditionellen Paradigma herzustellen. Auf keinen Fall wollen sie an die Rehabilitationswissenschaft anknüpfen (vgl. ebd., S.13). Dabei grenzen sie sich von den paternalistischen Ansätzen in den Wissenschaftsdisziplinen, die Behinderung unter dem „klinischen“ Blick betrachten, deutlich ab. Diese sehen als wesentlichsten Aspekt der Arbeit mit beeinträchtigten Menschen die Sicherstellung einer erfolgreichen Pflege sowie Rehabilitation und Anpassung an das Umfeld wie auch die Schaffung von „normalen“ Lebensumständen. In der Medizin, der Heil- und Sonderpädagogik, der Psychologie, der Gesundheits- und Rehabilitationswissenschaft wird zum Beispiel Behinderung als körperliche, kognitive oder psychische Abweichung vom gesellschaftlichen Normalzustand definiert. Diese Disziplinen sehen die Behinderung als ein individuelles Problem, welches durch Vererbung, Krankheit, Schicksal usw. verursacht wurde und medizinisch bzw. therapeutisch durch geschultes Fachpersonal behandelt werden muss (vgl. Hermes 2006, S.16). Sozialpolitische Konzepte und Programme gehen in Bezug auf Behinderung von einem sozialen Problem aus, und daher werden Versorgungssysteme und monetäre/nichtmonetäre Sozialleistungen bereitgestellt (vgl. Waldschmidt/Schneider 2007, S.9f.). Dadurch wird die Teilhabemöglichkeit an Bildung und Erziehung eingeschränkt und/oder gefährdet; beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt drohen und erfolgen Ausgrenzungsprozesse (vgl. Koenig 2014, S.27).

    Nach Waldschmidt/Schneider bedarf es eines Perspektivenwechsels beim Phänomen Behinderung bzw. Beeinträchtigung (vgl. Waldschmidt/Schneider 2007, S.9f.). Das wird von den Disability Studies aufgegriffen. Diese gehen davon aus, dass die Erforschung des Andersseins zu wichtigen Erkenntnissen für die Gesellschaft im Allgemeinen führt, die für ein Leben miteinander hohe Relevanz besitzen. Es bedeutet, dass dadurch erarbeitetes Verständnis zum Thema Behinderung Klarheit über das Verhältnis von Individuum, Gesellschaft und Kultur schafft (vgl. ebd., S.13). Dabei wird davon ausgegangen, dass Behinderung kein spezifisches Wesensmerkmal von Personen ist, sondern gesellschaftlich konstruiert. Demnach sei das wirkliche Problem von Menschen nicht in ihrer individuellen Verfassung zu sehen, sondern in den gesellschaftlichen Verhältnissen und Bedingungen, die Menschen mit verschiedenen Beeinträchtigungen ausgrenzen und den Zugang zur Teilhabe an allen gesellschaftlichen Lebensbereichen massiv behindern (vgl. Hermes/Rohrmann 2006, S.7).

    2.3 Modelle von Behinderung in Disability Studies

    In den Disability Studies werden verschiedene Modelle identifiziert, die Behinderung im gesellschaftlichen Kontext zu erforschen und deren Verständnis von Behinderung zu klären versuchen (vgl. Wegscheider 2010, S.61). Nach Goodley war und ist das konstituierende Element der Disability Studies die radikale und kritische Abwehr gegenüber zwei individuellen Modellen von Behinderung: Nämlich dem moralischen und dem medizinischen Modell (vgl. Koenig 2014, S.29). Meist wird in der Literatur das medizinische als individuelles Modell bezeichnet, und das moralische wird oftmals außer Acht gelassen. Beide Modelle haben historisch, aber auch gegenwärtig die Lebensrealität und die Perspektiven von Menschen mit Beeinträchtigungen massiv geprägt. Als Gegenentwurfe dieser dominierenden und individualisierenden Sichtweise von Behinderung haben sich unter sozial- und kulturwissenschaftlichen Aspekten in den Disabiltiy Studies zwei neue Denkmodelle – das „soziale“ und das „kulturelle“ Modell – entwickelt, die eine neue Sichtweise zum Phänomen Behinderung darstellen (vgl. ebd., S.33f.). Anschließend wird auf die einzelnen Modelle von Behinderung im Detail eingegangen.

    2.3.1 Das moralische Modell

    Das älteste und weitverbreitete Modell von Behinderung stellte und stellt nach wie vor das moralische Modell dar. Hier wird Behinderung als ein subjektiver Defekt der Person gesehen, welcher aus moralischen Fehltritten bzw. „Sünden“ der Eltern hervorgehe, und daher göttlich bestraft werde (vgl. Koenig 2014, S.29). Das Schicksal sei anzunehmen und müsse geduldig ertragen werden, um den Zweck und die Bedeutung des Leidens zu erkennen (vgl. ebd., S.32). Durch Scham werde versucht, die Symptome der Behinderung zu verstecken oder auch die Person mit Behinderung gänzlich vom gesellschaftlichen Leben auszuschließen (vgl. ebd., S.31). Diese Anschauung findet sich nicht nur in bestimmten Kreisen, die ein christliches Weltbild für sich beanspruchen, sondern man findet sie auch bei AnhängerInnen anderer Weltreligionen. Da die Behinderung in diesen Anschauungen eine gerechte und von Gott gewollte Aufgabe darstellt, die gehorsam und geduldig zu ertragen ist, sind dieser Sichtweise zufolge gesellschaftspolitische oder rehabilitationsorientierte Eingriffe nicht zwingend nötig (vgl. Wegscheider 2015, S.332f.).

    2.3.2 Das medizinische Modell

    Das zweite Modell, von dem sich die Disability Studies abwenden, stellt das medizinische Modell dar. Oliver, der erste Lehrstuhlinhaber der Disability Studies, bezeichnet es auch als individuelles Modell (vgl. Koenig 2014, S.29):

    The individual model for me encompassed a whole range of issues and was underpinned by what I called the personal theory of disability. But it also included psychological and medical aspects of disability; the latter being what I preferred, and still prefer, to call the medicalization rather than the medical model of disability. In short for me, there is no such thing as the medical model of disability, there is instead an individual model of disability of which medicalization is one significant component.“ (Oliver 1996, S.31 zit. in ebd.)

    Wie schon im moralischen Modell wird in diesem Modell Behinderung innerhalb der Person betrachtet. Es steht aber die pathologische und genetische Abweichung und Störung des Körpers im Vordergrund (vgl. ebd.). Daher liegt der Fokus auf einer subjektiven medizinischen Betrachtungsweise der Beeinträchtigung, durch welche die Person eingeschränkt wird. Mit medizinisch-therapeutischen Behandlungen wird die Beeinträchtigung der Person zu heilen oder bestmöglich zu kompensieren versucht. Treffend formuliert Waldschmidt:

    „Wie Patienten befinden sich auch die von Behinderung Betroffenen häufig in untergeordneten Positionen und machen Erfahrungen der Abhängigkeit und Herabwürdigung; sie sind von professionellen Helfern umgeben und leben in Krankenhäusern ähnlichen institutionellen Zusammenhängen. Kurz, wie Patienten sind auch behinderte Menschen schnell Objekte von Fürsorge und Paternalismus und gelten eher nicht als Wesen, die zu Selbstbestimmung fähig seien.“ (Waldschmidt 2012, S.28)

    Somit sind die Menschen mit Beeinträchtigungen dem Versuch der Heilung oder der Rehabilitation ausgeliefert und müssen sich meist den segregierenden Strukturen fügen (vgl. Wegscheider 2015, S.333). Die Behinderung wird als Hauptmerkmal gesehen und auf die gesamte Person generalisiert, dabei werden soziodemographische Daten wie z. B. Geschlecht, Nationalität, Religionszugehörigkeit und Bildung in den Hintergrund gedrängt. Die Behinderung wird zu einem „Stigma“ (Goffman 1967 zit. in Hermes 2006, S.17) und bestimmt die Lebenssituation des betroffenen Menschen entscheidend (vgl. ebd.).

    Hermes hebt hervor, dass im medizinischen Modell Behinderung mit Leid in Verbindung gebracht wird. Gerade in westlichen Industrienationen wird Behinderung als ein nicht tolerierbarer Zustand angesehen, der in erster Linie zu beseitigen und abzuwehren ist. Behinderung wird mit Unmündigkeit gleichgesetzt, weshalb entscheidende Entwicklungsmöglichkeiten und eine angemessene Teilhabe am gesellschaftlichen Leben den Menschen mit Beeinträchtigungen verwehrt bleibt (vgl. ebd, S.17f.).

    2.3.3 Das soziale Modell

    Ausgehend von Großbritannien und AktivistInnen der Behindertenbewegung wird seit den 1970er-Jahren Behinderung als ein sozial basiertes Konstrukt wahrgenommen (vgl. Wegscheider 2015, S.334). Britische SozialwissenschaftlerInnen wurden in den 1980er-Jahren auf diesen Ansatz aufmerksam und griffen die Definition der Union of Physically Impaired Against Segregation[7] (UPIAS) auf (vgl. Waldschmidt 2006, 86):

    In our view, it is society which disables physically impaired people. Disability is something imposed on top of our impairments by the way we are unnecessarily isolated and excluded from full participation in society.” (UPIAS [1975] 1997, S.20)

    Laut Barnes/Mercer liegt die Bedeutung der Theorie und Praxis des sozialen Modells in der Sichtweise des medizinischen Modells, welches davon ausgeht, dass die Beeinträchtigung die Person behindert. Diametral dazu verfolgt das soziale Modell von Behinderung die Kausalitätskette in die umgekehrte Richtung. Es wird hinterfragt, wie es zur Behinderung bzw. Hinderung von Menschen mit einer wahrgenommenen Beeinträchtigung durch sozial konstruierte Barrieren kommt. Der Prozess des „Behindert-Werdens“ (Disablement) steht im Zentrum des sozialen Modells (vgl. Koenig 2014, S.34f.). Der Körper wird bei dieser Sichtweise völlig ausgeklammert, und es erfolgt eine Aufspaltung zwischen „Beeinträchtigung“ (Impairment) und „Behinderung“ (Disability) (vgl. Wegscheider 2015, S. 334). Als primäre Behinderungen werden „Diskriminierung, soziale Isolation, wirtschaftliche Abhängigkeit, hohe Arbeitslosigkeit, nicht-barrierefreies Wohnen und Institutionalisierung“ (ebd.) gesehen. Hier ist nach Goodley/Rapley das materialistische Erklärungsmodell von wesentlicher Bedeutung. So hat dieses durch die sozialen, kulturellen und ökonomischen Bedingungen des Kapitalismus Behinderung als einen Exklusionsmotor von Menschen mit Beeinträchtigungen vom gesellschaftlichen Leben konstruiert. Auch Oliver sieht in seinem Buch „The Politics of Disablement“ den Beginn der Industrialisierung und die Entstehung des Kapitalismus als jene Zeit, in der Menschen mit Beeinträchtigungen als eine ökonomisch problematische Personengruppe, die für die Fabriksarbeit nicht einsetzbar war, deklariert wurde. Diese Sichtweise wird gegenwärtig durch beschäftigungstherapeutische Einrichtungen des Zweiten Arbeitsmarktes unterstrichen, da diese ihre Zielgruppe anhand der Arbeitsunfähigkeit, welche durch medizinisches Gutachten festgestellt wird, festmachen. Selbst für eine Aufnahme in eine Geschützte Werkstätte wird ein gewisses Maß an wirtschaftlich brauchbarer Arbeitsleistung abverlangt (vgl. Koenig 2014, S.34f.).

    Das soziale Modell verfolgt den Ansatz, dass gesellschaftspolitische Regulierungsmaßnahmen auf Erfahrungen der Betroffenen selbst basieren. Weiters werden Menschen mit Beeinträchtigungen als mündige BürgerInnen gesehen, die zur selbstbestimmten und demokratischen Teilhabe fähig sind, und nicht nur als passive EmpfängerInnen von bestimmten Leistungen des Sozialstaates. Demzufolge rücken in der Behindertenpolitik immer mehr die BürgerInnen- und die Menschenrechte in den Vordergrund. Sie wird zur Angelegenheit des Verfassungsstaates (vgl. Waldschmidt 2006, S.86f.).

    Mit dem sozialen Modell wurde ein neues Paradigma geschaffen; anhand dieser innovativen Perspektive kann das traditionelle Bild von Behinderung hinterfragt werden (vgl. ebd.). Dennoch erntete dieses Modell auch Kritik und soll daher nicht unreflektiert bleiben. Gerade die Vernachlässigung bzw. der Stellenwert des Körpers wird von ExpertInnen aus dem eigenen Wissenschaftsfeld stark kritisiert (vgl. Koenig 2014, S.37). Die begriffliche Unterscheidung zwischen Impairment (Beeinträchtigung) und Disability (Behinderung) erweist sich als problematisch, da es zu einer Ausklammerung des Körpers kommt und somit ein naives dualistisches Verhältnis zwischen Körper und Gesellschaft vorausgesetzt wird. Für Hughes/Paterson ist die Körpervergessenheit nicht nachvollziehbar, da sich Menschen mit Beeinträchtigungen in ihrem Alltag und auch in politischer Sicht (z.B. im Kampf um Selbstbestimmung) sehr wohl mit ihrem Körper beschäftigen (vgl. Waldschmidt 2006, S. 88). Auch halten Shakespeare/Watson, zwei bekannte Kritiker des sozialen Modells, die Thematisierung des körperlichen Aspektes für äußerst notwendig (vgl. Hermes 2006, S.24). Nach dem sozialen Modell wird aber der Körper nicht weiter problematisiert und abermals dem Feld der Medizin überlassen (vgl. Waldschmidt 2006, S.88). Um subjektive Erfahrungen in relevanten Lebensbereichen von Menschen mit Beeinträchtigungen passend zu würdigen, bedarf es überdies einer Einbeziehung weiterer identitätsbildender Merkmale (z.B. Geschlecht, ethnischer Herkunft und sexueller Orientierung) in das soziale Modell (vgl. Hermes 2006, S.24).

    Auch stellt die Problemorientierung im sozialen Ansatz einen weiteren Kritikpunkt dar. Wie im medizinischen Modell wird auch im sozialen Modell von einem Problem ausgegangen, das einer Lösung bedarf. Zwar unterscheiden sich die zwei Modelle durchaus von den vorgeschlagenen Lösungsansätzen, dennoch sind beide – mit Strategien und Programmen – stark an der Behebung des Problems interessiert (vgl. Waldschmidt 2006, S.89). Hierbei ergänzen Swain/French die Kritik, dass das soziale Modell zwar den individualistischen Ansatz verurteilt, der Behinderung als persönliche Tragödie ansieht, dennoch hat es selbst kein eindeutiges positives Verständnis von Behinderung anzubieten. So ist es auch in einer Gesellschaft möglich, die volle Teilhabe und Gleichberechtigung gewährleistet, die individuelle Behinderung als persönliche Tragödie und als Unglück zu erleben (vgl. ebd. 2005, S.24).

    2.3.4 Das kulturelle Modell

    Die Disability Studies verfolgen nicht nur eine emanzipatorische Zielsetzung und einen sozialwissenschaftlichen Ansatz, sondern mit ihnen ist auch eine kulturwissenschaftliche Wende verbunden (vgl. Waldschmidt 2006, S.90). Postmoderne Geistes- und Kulturwissenschaften ermöglichen es „Behinderung tatsächlich neu zu denken“ (ebd. 2005, S.25). Vor allem seit Beginn der 1990er-Jahre[8] konzentrierten sich WissenschaftlerInnen auf die „kulturelle, historische wie auch kulturanthropologische Sichtweise“ (Wegscheider 2015, S.335) von Beeinträchtigungen (vgl. ebd.). Dieser Perspektivenwechsel führt zu einer anderen Betrachtungsweise von Beeinträchtigung. So wird die Gesellschaft nicht aus der Perspektive von nicht-beeinträchtigten Menschen betrachtet und analysiert, sondern aus Sicht der Menschen mit Beeinträchtigungen (vgl. Waldschmidt 2006, S.91). Durch diesen Blickwinkel werden Mechanismen sichtbar gemacht, und ein neues Verständnis von Beeinträchtigung wird möglich.

    „Wagt man diesen Perspektivenwechsel, so kann man überraschend neue Einsichten gewinnen, zum Beispiel in die Art und Weise, wie kulturelles Wissen über Körperlichkeit produziert wird und gesellschaftliche Praktiken der Ein- und Ausschließung gestaltet sind, wie Normalitäten und Abweichungen konstruiert, Differenzierungskategorien entlang körperlicher Merkmale etabliert, personale und soziale Identitäten geformt und Körperbilder und Subjektbegriffe geschaffen werden.“ (ebd.)

    Am kulturellen Modell steht im Fokus der Analyse die Normalität, und dahingehend wird die „nichtbehinderte Welt“ analysiert und hinterfragt (vgl. Grausgruber et al. 2017, S.17). Die kulturelle Sichtweise sieht die Identität des Individuums – mit oder ohne Beeinträchtigung – kulturell durch eigene und fremde Deutungsmuster geprägt. Nach Waldschmidt sind Sozialleistungen und BürgerInnenrechte nicht ausreichend, um angemessene Anerkennung und Partizipation zu erreichen. Es bedarf vielmehr auch einer kulturellen Repräsentation von Menschen mit Beeinträchtigungen (vgl. Waldschmidt 2006, S.92). Denn gesellschaftliche und individuelle Akzeptanz ist erst dann gegeben, wenn beeinträchtigte Menschen nicht mehr als eine Minderheit, die es zu integrieren bedarf, gesehen werden, sondern als ein „integraler“ Bestandteil der Gesellschaft anerkannt werden (vgl. Grausgruber et al. 2017, S.17).

    In der folgenden Übersicht werden die verschiedenen Modelle direkt gegenübergestellt. Dadurch sollen deren Unterschiede nochmals dargestellt und verständlich gemacht werden:

    Modelle von Behinderung

    Modelle von Behinderung

    Rehabilitationsparadigma

    Disability Studies

    Medizinisches Modell

    Soziales Modell

    Kulturelles Modell

    Theorie der „persönlichen“ Tragödie

    Theorie der „Sozialen Unterdrückung“

    Theorie der „De-Konstruktion“

    Behinderung als Ergebnis von Vorurteilen

    Behinderung als Ergebnis von Diskriminierung

    Behinderung als Ergebnis von Stigmatisierung

    Behinderung = persönliches Problem

    Behinderung = soziales Problem

    (Nicht-)Behinderung = kulturelles Deutungsmuster

    Individuelle Identität

    Kollektive Identität

    Kulturelle Identität

    Lösungsansatz: individuelle Behandlung

    Lösungsansatz: soziale Aktion

    Handlungsansatz: individuelle und gesellschaftliche Akzeptanz

    Lösungsmodus: Medikalisierung

    Lösungsmodus: Selbsthilfe

    Handlungsmodus: Vielfalt

    Professionelle Dominanz

    Individuelle und kollektive Verantwortlichkeit

    Individuelle und kollektive Verantwortlichkeit

    Expertise der Experten als Ausgangspunkt

    Erfahrungen der Betroffenen als Ausgangspunkt

    Erfahrungen aller Mitglieder einer Kultur als Ausgangspunkt

    Fürsorge („care“) als Sozialleistung

    (Bürger-)Rechte als Anspruch

    Kulturelle Repräsentation als Zielsetzung

    Kontrolle der Leistungsempfänger

    Wahlmöglichkeiten („choice“) der BürgerInnen

    Anerkennung der Gesellschaftsmitglieder

    Politikbereich („policy“)

    Politik („politics“)

    Diskurs und Praxis

    Zielsetzung: Individueller Wandel

    Zielsetzung: Sozialer Wandel

    Zielsetzung: Kultureller Wandel

    Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Waldschmidt 2006, S.93f.

    2.4 Teilhabe am Arbeitsleben nach Disability Studies

    Menschen mit Beeinträchtigungen haben es immer noch sehr schwer, auf dem Ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Josef Ströbl vom Verein Netzwerk People First Deutschland[9] sieht das Problem darin, dass diese Personengruppe nur innerhalb von geschützten Arbeitswerkstätten die benötigte Unterstützung erhält. Doch geeignete Unterstützungsmaßnahmen könnten beeinträchtigten Menschen helfen, sich auch auf dem Ersten Arbeitsmarkt zu etablieren (vgl. Ströbl 2006, S.46).

    „Man unterstellt uns, dass wir nicht fähig sind auf dem sogenannten Ersten Arbeitsmarkt zu arbeiten. Zu schnell müssen wir in Werkstätten für behinderte Menschen gehen. In die Werkstatt kommt man schneller rein, als wieder raus. Dabei sollten die Werkstätten doch auf den Ersten Arbeitsmarkt vorbereiten. Sie sollen nicht Endstation für uns sein. Wir können natürlich auch auf dem Ersten Arbeitsmarkt arbeiten, mit der richtigen Unterstützung. Wir wollen die Wahl haben, wo wir arbeiten.“ (ebd.)

    Menschen mit Beeinträchtigungen können in der Leistungsfähigkeit eingeschränkt sein, das bedeutet aber keinesfalls, dass sie nicht Tätigkeiten auf dem Ersten Arbeitsmarkt bewältigen können. Jeder Mensch, egal ob mit oder ohne Beeinträchtigung, arbeitet und lernt unterschiedlich (vgl. ebd.). Arbeitsmarktpolitische Konzepte, die darauf abzielen, den allgemeinen Arbeitsmarkt auf Menschen mit besonderen Bedürfnissen auszurichten, würden eine gute Basis für eine wünschenswerte Inklusion in die Arbeitswelt schaffen.

    Die Disability Studies haben einen wesentlichen Paradigmenwechsel zum Verständnis von Behinderung eingeleitet. Auch wird im politischen Kontext immer mehr dieser Verständniswandel von Behinderung aufgegriffen. Dies wird durch die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), welche zu einer Modernisierung des Völkerrechts und der internationalen und nationalen Behindertenpolitik führte, erkennbar (vgl. Degener 2010, S.57). Im nachstehenden Kapitel wird auf die UN-BRK näher eingegangen, da dieser internationale rechtliche Rahmen auch die österreichische Behindertenpolitik in den letzten Jahren maßgeblich beeinflusst hat. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf das Verständnis von Behinderung und das Recht auf Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Beeinträchtigungen gelegt.



    [6] Siehe Abschnitt 2.3.3.

    [7] Union der Körperbehinderten (körperlich Beeinträchtigten) gegen Segregation.

    [8] Im deutschsprachigen Raum beginnend im 21. Jahrhundert (vgl. Wegscheider 2015, S. 335).

    [9] Netzwerk People First Deutschland ist ein Verein von und für Menschen mit Lernschwierigkeiten (vgl. Ströbl 2006, S.42).

    3. UN-Behindertenrechtskonvention – internationaler gesetzlicher Rahmen

    Am 13. Dezember 2006 wurde das „Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (UN-BRK) von der 61. Generalversammlung der Vereinten Nationen mit dem dazugehörigen Fakultativprotokoll verabschiedet (vgl. Hofer et al. 2016, S.30) und trat am 3. Mai 2008 in Kraft (vgl. Suelmann 2013, S.39). Die UN-BRK ist ein völkerrechtlicher Vertrag[10], der nicht das Recht aller Menschen verfolgt, sondern sich explizit auf die Umsetzung der Rechte für Menschen mit Beeinträchtigungen bezieht. Durch die Ratifizierung dieses internationalen Abkommens verpflichten sich die Vertragsstaaten, dieses Menschenrecht und die Grundfreiheiten zu schützen, zu fördern und zu gewährleisten (vgl. BMASK o. J.b,online). Zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinten Nationen wurden die Rechte für Menschen mit Behinderungen verbindlich festgeschrieben. Dies führte zu einer normativen Ablösung des traditionellen Gedankens der Fürsorge und war somit der Start für eine neue Ära in der internationalen Behindertenpolitik (vgl. Degener 2015, S.55). Angestrebt wird ein „Wechsel von einer Politik der Fürsorge hin zu einer Politik der Rechte“ (Aichele 2010, S.13).

    3.1 Historische Entstehungsgeschichte der UN-BRK

    Menschen mit Beeinträchtigungen galten lange Zeit als „nahezu unsichtbare Subjekte“ (Degener 2009, S.201), obwohl gerade diese die meistgefährdete Gruppe darstellen die von Menschen-rechtsverletzungen betroffen ist[11] (vgl. Bruns 2013, S.11). Das Verbot der Diskriminierung auf der Grundlage von Behinderung war weder in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, noch in den – in den 1960er-Jahren erarbeiteten – Internationalen Pakten über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Menschenrechtspakt I)[12] bzw. über bürgerliche und politische Rechte (UN-Menschenrechtspakt II)[13] enthalten. Anfang des neuen Jahrtausends war es möglich, mit aktiver Einbeziehung von Menschen mit Beeinträchtigungen und deren Verbänden, die ihre Sichtweisen, Erkenntnisse und Perspektiven teilten, ein so bedeutendes Übereinkommen zu schaffen (vgl. Suelmann 2013, S.37f.).

    Mit dem Übereinkommen wurden keine neuen Menschenrechte geschaffen, sondern die bereits international existierenden und anerkannten auf die Lebenslagen von beeinträchtigten Menschen ausgelegt und formuliert (vgl. Bruns 2013, S.11). In Österreich ist die Konvention inklusive zugehörigem Fakultativprotokoll am 26. Oktober 2008[14] mit einem Erfüllungsvorbehalt vom Nationalrat beschlossen und in der Folge ratifiziert worden. Die Erlassungszuständigkeit dieser Gesetze ist nach der Kompetenzbestimmung des Bundesverfassungsgesetzes (BVG), in Art. 10 bis 12 geregelt. Die Umsetzungsverpflichtung des Staatsvertrags verpflichtet auch die Bundesländer dazu, die UN-BRK im jeweiligen Landesrecht umzusetzen. Dies bedeutet für Österreich, dass der Bund, die Länder und die Gemeinden zum Ziel haben die Konvention umzusetzen. Die Verwaltung und die Gesetzgebung wie auch die Rechtsprechung sind gefordert, Maßnahmen und Entscheidungen im Sinne der Konvention zu treffen (vgl. Hofer et al. 2016, S.31).

    Seit der Novelle 2008[15] ist die Durchführung der UN-BRK in einem eigenen Abschnitt des Bundesbehindertengesetzes (BBG) festgelegt. Dieser regelt, dass das BMASK für die Koordinierung der Bundesangelegenheiten im Zusammenhang mit der UN-BRK zuständig ist (vgl. BMASK 2009, S.79). Zur Überwachung der Durchführung der UN-BRK ist gemäß § 8 Abs.2 Z 4 BBG[16] ein weisungsfreier und unabhängiger (§ 13 Abs. 3 BBG) Monitoringausschuss vorgesehen, dessen Zusammensetzung und Befugnisse im § 13 BBG festgelegt sind.

    Die UN-BRK besteht aus zwei Völkerrechtsverträgen: aus dem Übereinkommen mit 50 Artikeln und aus dem Fakultativprotokoll mit 18 Artikeln. Letzteres enthält ein Individualbeschwerde-verfahren, wodurch bei erlebten Menschenrechtsverletzungen eine Individualbeschwerde an die Vereinten Nationen gerichtet werden kann (vgl. Hofer et al. 2016, S.31). Die Präambel der UN-BRK gibt Aufschluss über die „Philosophie“ und den „Geist“ der Konvention, ist aber rechtlich nicht verbindlich. Art. 1 bis 30 bilden das Herzstück und beinhalten eine Art „Katalog der Menschenrechte. Sie umfassen ein weites Spektrum des menschlichen Lebens, beginnend mit dem Recht auf Leben, gleicher Anerkennung vor dem Recht sowie Freiheit und Sicherheit der Person bis zu Themen wie Bildung, Gesundheit, Familie, Arbeit, Beschäftigung usw. (vgl. Bruns 2013, S.14f.).

    3.2 Verständnis und Begriff von Behinderung in der UN-BRK

    Die UN-BRK lässt einen weiten Ansatz des Verständnisses von Behinderung offen, da sich die Gesellschaft stets im Wandel befindet. Die Menschen mit Beeinträchtigungen sind vielfältig und stellen somit keine homogene Gruppe dar, weshalb es schwer ist Behinderungen in einem Begriff zu erfassen. Die UN-BRK sieht Behinderung als dynamisches und offenes Konzept an, verzichtet auf eine eindeutige rechtliche Definition von Behinderung (vgl. Aichele/Althoff 2012, S.105) und belässt es somit bei einer Teildefinition. Diese ist im Art. 1 Abs. 2 UN-BRK festgehalten:

    „[...] Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, psychische, intellektuelle oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen und wirksamen Teilhabe, gleichberechtigt mit anderen, an der Gesellschaft hindern können.“

    Durch diese Teildefinition soll das Verständnis von Behinderung der Weiterentwicklung fortwährend zugänglich sein (vgl. Bruns 2013, S.20). Somit steht es den Vertragsparteien frei, die Reichweite des geschützten Personenkreises zu erweitern und weitere Personengruppen in den Behindertenbegriff aufzunehmen. Beispielweise können sie Personen mit kurzfristigen Behinderungen einbeziehen (vgl. Suelmann 2013, S.41).

    Ein wesentlicher Paradigmenwechsel im Verständnis von Behinderung wird in der UN-BRK repräsentiert. Sie wendet sich vom medizinischen bzw. individuellen Modell von Behinderung ab und orientierte sich bei den Verhandlungen an dem sozialen Modell. Es hat den Anschein, dass die UN-BRK eine völkerrechtliche Festlegung des sozialen Modells von Behinderung sei. De facto handelt es sich aber um eine Weiterentwicklung dieses Modells, woraus in den 1990er-Jahren das menschenrechtliche Modell von Behinderung resultierte (vgl. Degener 2015, S.63). Dieses gewann bzw. gewinnt im internationalen rechtswissenschaftlichen Kontext immer mehr an Bedeutung. Es bildet einen Gegenpol zu einer Fürsorge- und Wohlfahrtspolitik, die sich an Bedürftigkeit orientiert, die Behinderung als ein Objekt der Sozialpolitik sieht, und nicht Menschen mit Beeinträchtigungen als Bürgerrechtssubjekte (vgl. ebd. 2009, S.201). Während das medizinische Modell der Beeinträchtigung des Einzelnen mit Diagnose und Therapie begegnet, stehen beim menschenrechtlichen Modell die äußeren, gesellschaftlichen Bedingungen, die Menschen mit Beeinträchtigungen diskriminieren und aussondern, im Mittelpunkt (vgl. ebd. 2009, S.200).

    3.3 Recht auf Teilhabe am Arbeitsleben nach Art. 27 UN-BRK

    „Soziale Zugehörigkeit und Anerkennung werden nach wie vor wesentlich über die Teilhabe am Arbeitsleben in der Leistungsrolle des Erwerbstätigen vermittelt.“ (Wansing 2012, S.385)

    Gerade für Menschen mit Beeinträchtigungen besteht eine große Gefahr von dieser Rolle ausgeschlossen zu sein. Diese müssen daher nicht selten Marginalisierung und Diskriminierung erfahren. Um diesem schwerwiegenden Problem entgegenzuwirken, machte man sich in der UN-BRK die Beseitigung der Ausgrenzung von Menschen mit Beeinträchtigungen auf dem Arbeitsmarkt zum Ziel (vgl. Trenk-Hinterberger 2015, S.105). Das Thema „Arbeit und Beschäftigung“ wird im Art. 27 Abs. 1 UN-BRK behandelt. Dieser stellt eine umfangreiche und komplexe Bestimmung dar (vgl. Brose 2016, S.137), die eine Reihe von Verpflichtungen für die Vertragsstaaten beinhaltet (vgl. Trenk-Hinterberger 2012a, S.191).

    Beim Umsetzungsprozess des Art. 27 Abs. 1 von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten[17] sind die Staaten verpflichtet, diese unter Ausschöpfung aller ihrer verfügbaren Mittel „progressiv“, also „nach und nach“ zu erreichen. Dabei handelt es sich um einen sogenannten Progressionsvorbehalt, der den Konventionsstaaten bei der Wahl der Umsetzungsmittel einen erheblichen Ermessungsspielraum lässt. Hier erkennt das Übereinkommen an, dass diese Rechte von den Vertragsstaaten nicht in kürzester Zeit umgesetzt werden können (vgl. Eccher 2014,S.194f.), da von einer schrittweisen Weiterentwicklung der behindertengerechten Strukturen ausgegangen wird (vgl. Luthe 2005, o. S.). Daraus darf aber keinesfalls geschlossen werden, dass die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte Zielsetzungen ohne rechtlichen Bestand sind. Denn auch diese Menschenrechte sollen von den Vertragsstaaten so schnell und effektiv wie möglich erreicht oder zumindest auf einem gewissen Mindestniveau sichergestellt werden (vgl. Eccher 2014, S.195).

    Der Art. 27 Abs. 1 UN-BRK beinhaltet eine Reihe von Rechten in Bezug auf Arbeit. Um diese verständlich aufzuzeigen, wird der Artikel folgend im Detail analysiert.

    3.3.1 Das gleiche Recht auf Arbeit sowie das Recht auf freie Wahl der Arbeit in einem „integrativen“ Arbeitsmarkt

    Im Art. 27 Abs. 1 Satz 1 UN-BRK erkennen die Vertragsstaaten das gleiche Recht für Menschen mit Behinderungen auf Arbeit an. Trotz der Anerkennung des gleichen Rechts auf Arbeit sind die Vertragsstaaten nicht verpflichtet konkrete Arbeitsplätze für Menschen mit Beeinträchtigungen zu schaffen. Daher besteht kein Anspruch auf einen konkreten Arbeitsplatz und demnach kein subjektives bzw. einklagbares Recht auf eine bestimmte Arbeitsstelle. Somit ist diesbezüglich die Verpflichtung des Staates gering, weil in einer freien Rechts- und Gesellschaftsordnung solche dirigistischen Eingriffe in marktwirtschaftliche Prozesse untersagt sind (vgl. Eccher 2014, S.198). Vielmehr wird hier auf die Öffnung des gesamten Arbeitsmarktes für Menschen mit Beeinträchtigungen fokussiert (vgl. Trenk-Hinterberger 2012a, S.191), wodurch das allgemeine Diskriminierungsverbot von Art. 5 Abs. 2 UN-BRK bereichsspezifisch auf den Arbeitsmarkt konkretisiert wird (vgl. Eccher 2014, S.198).

    Der Art. 27 Abs. 1 Satz 1 UN-BRK hält das Recht auf freie Wahl der Arbeit – aus der auch der Lebensunterhalt gesichert wird – für Menschen mit Beeinträchtigungen in einem offenen und integrativen Arbeitsmarkt fest (vgl. Trenk-Hinterberger 2012a, S.190).[18] Die freie Wahl der Arbeit, sowohl die Berufswahl als auch die Wahl der individuellen Arbeitsstelle, sollen ohne staatliche Intervention in dieser Bestimmung garantiert werden. Wodurch die persönliche Perspektive der Arbeit hervorgehoben wird, die nicht nur aus einer wirtschaftlichen Dimension gesehen werden darf, sondern im Sinne einer selbstbestimmten Lebensführung unerlässlich ist (vgl. ebd., S.193).

    Signifikant ist auch die übereinkommensrechtliche Betonung eines: „[...] offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarktes und Arbeitsumfeldes [...].“ [Hervorhebung durch die Verfasserin] Diesbezüglich soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass die deutsche Fassung des Übereinkommens in diesem Punkt entscheidend von der englischen und somit authentischen Version abweicht. Dort lautet die Passage: „[...] in a labour market and work environment that is open, inclusive und accessible to persons with disabilities.“ [Hervorhebung durch Eccher] So erfolgt in der englischsprachigen Fassung eine Forderung nach einem inklusiven Arbeitsmarkt, während sich die deutschsprachige Fassung auf einen integrativen Arbeitsmarkt bezieht. Doch „Inklusion“ und „Integration“ stellen zwei völlig unterschiedliche Konzepte dar (vgl. Eccher 2014, S.200f.). Der integrative Ansatz versucht Menschen mit Beeinträchtigungen so weit zu fördern und anzupassen, dass sie in der „normalen“ Welt Fuß fassen können. Hingegen zielt der inklusive Ansatz darauf ab, die gesellschaftlichen Umstände mit den Bedürfnissen von Menschen mit Beeinträchtigungen abzustimmen (vgl. Iser 2013, S.312). Da es sich bei der UN-BRK um einen völkerrechtlichen Vertrag handelt, ist diese für die Vertragsstaaten in ihrer authentischen Sprachfassung verbindlich. Somit muss das Wort „integrativ“ als „inklusiv“ verstanden werden (vgl. Eccher 2014, S.201).

    3.3.2 Maßnahmen zur Sicherung und Verwirklichung des Rechts auf Arbeit

    Die Konventionsstaaten verpflichten sich mit Art. 27 Abs. 1 Satz 2 UN-BRK dazu, die Verwirklichung des Rechts von Menschen mit Beeinträchtigungen auf Arbeit zu sichern und zu fördern. Dieser hält in lit. a bis k eine umfassende Liste detaillierter Vorgaben fest (vgl. Eccher 2014, S.196f.), von denen in dieser Arbeit lit. d, e, g, h und j relevant sind; daher werden ausschließlich diese konkret betrachtet.

    Gemäß Art. 27 Abs. 1 Satz 2 lit. d sind die Vertragsstaaten verpflichtet, Menschen mit Beeinträchtigungen einen wirksamen Zugang zu arbeitsmarktpolitischen Instrumenten (z.B. Stellenvermittlung, Berufsausbildung, Weiterbildung), die für den Eintritt in den Arbeitsmarkt bedeutsam sind, zu gewährleisten. Es wird davon ausgegangen, dass diese Instrumente den Menschen mit Beeinträchtigungen kostenfrei zur Verfügung stehen, allerdings wird über die Kostenübernahme in dieser Bestimmung nichts gesagt. Damit die betrieblichen Ausbildungsmöglichkeiten für Menschen mit Beeinträchtigungen ausgebaut werden können, bedarf es jedoch staatlich geförderter Programme und finanzieller Anreize für private ArbeitgeberInnen. Vorwiegend liegt das Augenmerk auf der Ausbildung junger Menschen mit Beeinträchtigungen (vgl. Trenk-Hinterberger 2012a, S.198).

    Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 2 lit. e, der sich zum Teil mit lit. d überschneidet, haben die Vertragsstaaten Menschen mit Beeinträchtigungen bei Beschäftigungsmöglichkeiten sowie beim beruflichen Aufstieg auf dem Arbeitsmarkt zu fördern. Weiters sind die Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche, der Erhalt des Arbeitsplatzes und ein beruflicher Wiedereinstieg zu gewährleisten (vgl. Eccher 2014, S.205 f.).

    In Art. 27 Abs. 1 Satz 2 lit. g sind die Vertragsstaaten dazu angehalten, Menschen mit Beeinträchtigungen im öffentlichen Sektor, unter dem der gesamte staatliche Bereich zu verstehen ist, zu beschäftigen (vgl. Trenk-Hinterberger 2012a, S.199, Eccher 2014, S.206). Dies soll eine Vorbildfunktion für private ArbeitgeberInnen in Bezug auf Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen darstellen, wodurch Vorurteile gegenüber dieser ArbeitnehmerInnengruppe abgebaut werden können (vgl. Trenk-Hinterberger 2012a, S.199).

    Art. 27 Abs. 1 Satz 2 lit. h erweitert die bereits erwähnte Förderverpflichtung des öffentlichen Bereichs auf den privaten Sektor, der von den Vertragsstaaten „durch geeignete Strategien und Maßnahmen“ zu fördern ist. Dies beinhaltet staatliche Förderprogramme sowie spezielle Sanktionsinstrumente, etwa bei Nichterfüllung der gesetzlich vorgegebenen Beschäftigungspflicht[19], um den Beschäftigungsanteil von Menschen mit Beeinträchtigungen zu erhöhen (vgl. ebd.).

    Die im Art. 27 Abs. 1 Satz 2 lit. j enthaltene Leistungsverpflichtung der Vertragsstaaten bezieht sich darauf, Menschen mit Beeinträchtigungen beim Sammeln von Arbeitserfahrung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu fördern (vgl. Trenk-Hinterberger 2013b, S.290). Hier wird der allgemeine Grundgedanke des Art. 27 Abs. 1, nämlich „so wenig Sonderarbeitswelten wie möglich zuzulassen“ (Eccher 2014, S. 208), verfolgt. Besonders legt man hier das Augenmerk auf den allgemeinen bzw. Ersten Arbeitsmarkt, auf dem freier Wettbewerb vorherrscht und der in erster Linie Menschen ohne Beeinträchtigungen zur Verfügung steht (vgl. ebd.). Unter anderem kommen sogenannte „Brückenprogramme“ in Betracht; dabei handelt es sich um spezielle Programme, die es Menschen mit Beeinträchtigungen temporär ermöglichen, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erproben. Begleitet wird diese Erprobung durch betriebliche Qualifizierung und geeignete fachliche Begleitung. Die Bestimmung umfasst auch die Verpflichtung, Maßnahmen zu schaffen und zu finanzieren, die einen Übergang von „Sonderarbeitsmärkten“ auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglichen. Dies erfolgt über Kooperation zwischen den Einrichtungen und den privaten ArbeitgeberInnen. Überdies ist eine Rückkehr in geschützte Einrichtungen möglich (vgl. Trenk-Hinterberger 2013b, S.290).

    3.4 Zentrale Leitgedanken des Artikels 27 Abs. 1 UN-BRK

    Der folgende Abschnitt konzentriert sich auf zwei zentrale Leitgedanken des Art. 27 Abs. 1 UN-BRK (siehe Abbildung 1), deren Bedeutung für das Recht auf Teilhabe am Arbeitsleben beleuchtet wird. Diese Leitgedanken ergänzen und überschneiden sich teilweise und können somit nicht streng voneinander getrennt werden (vgl. Trenk-Hinterberger 2015, S.105f.).

    Abbildung 1. Leitgedanken des Art. 27 Abs. 1 UN-BRK

    Grafische Dartellung von zwei Leitgedanken.

    Quelle: Eigene Darstellung, Trenk-Hinterberger 2015, S.105.

    3.4.1 Erster Leitgedanke: So wenig Sonderarbeitswelten wie möglich

    Aus diesem Leitgedanken folgt, dass die Vertragsstaaten sich verpflichten, ausschließlich institutionelle Sonderwege für Menschen mit Beeinträchtigungen im Bereich von Arbeit und Beschäftigung zu beseitigen. Hier wird die alternativlose Beschäftigung in geschützten bzw. beschützenden Einrichtungen angesprochen, welche lediglich Menschen mit Beeinträchtigungen vorbehalten bleiben soll. Die entstehende Segregation durch solche Einrichtungen wird als Verletzung der Menschenrechte eingestuft. Somit ist hier eine freie Wahl und Aufnahme von Arbeit für Menschen mit Beeinträchtigungen zu gewähren, und es darf keine Beschränkung auf „Sonderarbeitsmärkte“ erfolgen. Die Vertragsstaaten trifft die Rechtspflicht, ihre Rechtsordnung auf die Vereinbarkeit mit diesem Leitgedanken So wenig Sonderarbeitswelten wie möglich kritisch zu prüfen. Ein Vorschlag ist es, die Geschützten bzw. Beschützenden Werkstätten[20] und die geschützten bzw. beschützenden Beschäftigungen für beeinträchtigte Menschen gänzlich abzuschaffen und für diese Personengruppe einen gleichberechtigten Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt zu fördern (vgl. Trenk-Hinterberger 2015, S.107).

    Ferner liegt der Schlüssel für die späteren Berufschancen in der schulischen und beruflichen Ausbildung. Deshalb ist ein inklusives Bildungssystem zu gewährleisten, welches jedem Menschen mit Beeinträchtigungen die allgemeine Berufsausbildung gleichberechtigt mit anderen und ohne jegliche Diskriminierung zugänglich macht.[21] Daher sind separierende Förder- bzw. Sonderschulsysteme zu beseitigen, die zu einem fast nahtlosen und automatischen Übergang in Geschützte Werkstätten führen (vgl. ebd., S.110).

    3.4.2 Zweiter Leitgedanke: Verwirklichung eines inklusiven Arbeitsmarktes

    Mit diesem Gedanken wird die Idee verfolgt, dass der Arbeitsmarkt und das Arbeitsumfeld „inklusiv“[22] sein sollen (vgl. Trenk-Hinterberger 2012b, S.8). Wie dies auszusehen hat, wird seitens der UN-BRK jedoch nicht vorgeschrieben. Das Recht auf Arbeit ist lediglich katalogartig in Art. 27 Abs. 1 Satz 2 lit. a bis k UN-BRK konkretisiert (vgl. Weinreich 2016, S.149). Trenk-Hinterberger konstatiert, dass es einer Umgestaltung des Arbeitsmarktes bedarf. Dabei soll nicht wie bisher die „marktkonforme“ Eingliederung der Menschen mit Beeinträchtigungen in einen unveränderten fest vorgegebenen Arbeitsmarkt erfolgen, sondern dieser hat sich an die Lebenslage dieser Personengruppe entsprechend anzupassen (vgl. Trenk-Hinterberger 2012b, S.8).

    Auch Weinreich stellt fest: Um die Forderungen der UN-BRK zu erfüllen, benötigt es bei der Bedarfsermittlung sowie bei der Leistungserstellung eine stark personenzentrierte Orientierung. Leistungsstrukturen müssen so flexibel wie möglich sein und den individuellen Bedürfnissen gerecht werden. Dies kann durch Assistenz- und Unterstützungsarrangements erfolgen. Wesentlich ist aber, dass den Menschen mit Beeinträchtigungen eine Angebotsvielfalt gewährleistet wird, die ein Wunsch- und Wahlrecht bietet (vgl. Weinreich 2016, S.150). Doch wie passt dieser Gedanke des anzustrebenden inklusiven Arbeitsmarkes zum gegenwärtig existierenden akademischen und neoliberal angehauchten Arbeitsmarkt, der vom Streben nach Gewinn und der betrieblichen Effizienz beherrscht wird? Denn der neoliberale Ansatz verfolgt das Ziel der Kostensenkung und nicht der Kostenmehrung auf dem Arbeitsmarkt. So ist es beispielsweise gängige Praxis, dass in vielen Betrieben Managementseminare angeboten werden, die zum Gegenstand haben, Kosten zu senken durch Freisetzung von den sogenannten „Low-Performern“[23] (vgl. Trenk-Hinterberger 2012b, S.8). Es herrscht die harte, aber durchaus gängige Meinung, dass Menschen mit Beeinträchtigungen für die ökonomische Wertschöpfung nur sehr eingeschränkt nutzbar sind. Zu dieser Einschätzung gehört es, dass beeinträchtigte Menschen als weniger belastbar und weniger flexibel einsetzbar gelten. Weiters wird ihnen unterstellt, dass sie höhere Kosten erzeugen, geringere Arbeitsleistung aufweisen und auch noch Mehrarbeit bei den anderen ArbeitnehmerInnen verursachen (vgl. ebd.). Trenk-Hinterberger sieht Art. 27 Abs. 1 der UN-BRK und seine daraus resultierende Forderung nach einem „inklusiven“ Arbeitsmarkt als einen Gegenentwurf zum zur Exklusion neigenden und neoliberal geprägten Arbeitsmarkt, wie wir ihn heute kennen (vgl. ebd.).

    Eine Inklusion macht einen gesellschaftlichen Wandel notwendig und fordert wesentliche Veränderungsstrukturen des Miteinanderlebens in allen Bereichen. Der Umsetzungserfolg dieses Prozesses hängt wesentlich von der Partizipation aller Beteiligten ab und von dementsprechender gemeinsamer Verantwortungsbereitschaft. Die Umsetzung des Art. 27 UN-BRK ist als ein gesamtgesellschaftlicher Prozess zu sehen, der ein Miteinander schafft und für die Verwirklichung einer inklusiven Gesellschaft eine notwendige Voraussetzung darstellt (vgl. Weinreich 2016, S.152).



    [10] Unter einem völkerrechtlichen Vertrag wird in diesem Zusammenhang ein Übereinkommen zwischen den Vereinten Nationen und den Vertragsstaaten verstanden, das durch die Ratifikation der Vertragsstaaten rechtsverbindlich wird (vgl. Trenk-Hinterberger 2013a, S.3).

    [11] In vielen Staaten gehören die Tötung behinderter Säuglinge, Durchführung von Zwangssterilisierungen, sexuelle Übergriffe, Erprobung neuer Medikamente an Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen, menschenunwürdige Wohnsituationen, extreme Armut infolge von Behinderung und fehlender Zugang zur Gesundheitsversorgung noch zur Lebensrealität (vgl. Bruns 2013, S.11).

    [12] International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (ICESCR).

    [13] International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR).

    [14] BGBl. III Nr. 155/2008.

    [15] BGBl. I Nr. 109/2009.

    [16] BGBl. I Nr. 109/2008.

    [17] Siehe Art. 4 Abs. 2 UN-BRK.

    [18] Eine nähere Definition, was unter Lebensunterhalt zu verstehen ist, ist nicht gegeben, doch wird davon ausgegangen, dass es sich hierbei um eine angemessene Entlohnung handelt, nicht nur im Sinne des physischen Überlebens, die zur Sicherung der Existenz führt, ohne auf staatliche Transferleistungen angewiesen zu sein (vgl. Trenk-Hinterberger 2015, S.106).

    [19] Siehe §§ 1 Abs. 1 und 9 Abs. 1 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG).

    [20] In Österreich spricht man meist von Geschützten Werkstätten, während in Deutschland die Bezeichnung Beschützende Werkstätten gängiger ist.

    [21] Siehe dazu Art. 24 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 Satz 1 und Art. 27 Abs. 1 Satz 2 lit d der UN-BRK (vgl. Trenk-Hinterberger 2015, S.110).

    [22] Laut der verbindlichen englischen Version „inclusive“. Unzutreffend hingegen ist die deutsche Übersetzung „integrativ“ der UN-BRK (vgl. ebd. 2012b, S.8).

    [23] In deutscher Sprache: Minderleister.

    4 Oö. Chancengleichheitsgesetz

    Österreich hat sich mit der Ratifizierung der UN-BRK völkerrechtlich verpflichtet, Menschen mit Beeinträchtigungen eine volle und wirksame gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen und sicherzustellen (vgl. Oö. LRH 2015, S. 7). Da die Behindertenhilfe in Österreich Ländersache ist und es in jedem Bundesland eine eigene rechtliche Grundlage für Menschen mit Beeinträchtigungen gibt, sind die einzelnen Bundesländer gefordert, diese Zielsetzung bzw. Verpflichtung anhand ihrer Gesetze bestmöglich zu verfolgen. Bereits Ende der 1990er-Jahre hat das Land Oberösterreich begonnen, bei der Versorgung von Menschen mit Beeinträchtigungen einen wesentlichen „Paradigmenwechsel“ einzuleiten. Zentral war hierbei der Wandel einer institutionsorientierten zu einer personenzentrierten Versorgung, wobei die Menschen mit Beeinträchtigungen stärker als bisher in den Mittelpunkt gerückt wurden (vgl. Grausgruber et al. 2017, S. 11). Der Paradigmenwechsel in der Oö. Behindertenpolitik kann folgendermaßen charakterisiert werden:

    • „Von der Verwahrung über Förderung zur Assistenz,

    • von angebotsorientierter Dienstleistung zu bedürfnisorientierter Dienstleistung,

    • vom Bittsteller zum Kunden,

    • vom fremdbestimmten zum selbstbestimmten, mitbestimmenden Menschen.“ (Hackl 2002 zit. in ebd.)

    Um den angestrebten Paradigmenwechsel bestmöglich zu realisieren, wurden Umsetzungs-konzepte und konkrete Maßnahmen unter partizipativem Prozess erarbeitet (vgl. Grausgruber et al. 2017, S. 11). Darauf aufbauend erfolgte, ebenfalls im Rahmen eines partizipativen Prozesses, die Erarbeitung des Oö. Chancengleichheitsgesetztes (Oö. ChG). Für die Ausarbeitung wichtiger Eckpunkte und Details wurde eine Arbeitsgruppe, bestehend aus VertreterInnen des Amtes der Landesregierung, der Bezirksbehörden und Magistrate, der LeistungsanbieterInnen/TrägerInnen von Institutionen und betroffenen Personen eingerichtet.

    Überdies wurde der Ausarbeitungsprozess von externen wissenschaftlichen BeraterInnen begleitet (vgl. Oö. Landtag 2008, S.1). 2008 beschloss dann der Oö. Landtag das Oö. ChG[24], welches die Leistungen für Menschen mit Beeinträchtigungen in Oberösterreich regelt (vgl. Oö. LRH 2015, S. 8). Dieses trat am 1. September 2008 in Kraft (vgl. Grausgruber et al. 2017, S.12), und dadurch wurde das Oö. Behindertengesetz 1991 (Oö. BhG 1991) außer Kraft gesetzt und einzelne Bestimmungen des Oö. Sozialhilfegesetzes 1998 (Oö. SHG 1998) ersetzt. Diese gesetzliche Neuregelung mit einem definierten Leistungsrahmen verfolgt die Zielsetzung der UN-BRK (vgl. Oö. LRH 2015, S.1), und der bereits vor Jahren eingeleitete Paradigmenwechsel in der oberösterreichischen Politik für Menschen mit Beeinträchtigungen wurde somit rechtlich verankert (vgl. Oö. Landtag 2008, S.1). So steht im § 1 Abs. 1 des Oö. ChG:

    „Ziel dieses Landesgesetzes ist es, Menschen mit Beeinträchtigungen insbesondere durch die Vermeidung des Entstehens von Beeinträchtigungen und von Behinderungen und durch die Verringerung von Beeinträchtigungen nachhaltig zu fördern sowie ihnen ein normales Leben und eine umfassende Eingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen, um die Chancengleichheit von Menschen mit Beeinträchtigung zu erreichen.“

    Eine wesentliche Änderung des Oö. ChG zum Oö. BhG 1991 ist die ausdrückliche gesetzliche Verankerung und Absicherung des Vorrangs der Selbstbestimmtheit des Menschen mit Beeinträchtigungen (vgl. Oö. Landtag 2008, S.1f.). Hier steht die Leistungsauswahl und -erbringung im Vordergrund. Das Hauptaugenmerk wird dabei auf jene Leistungen bzw. Maßnahmen gelegt, die den Menschen mit Beeinträchtigungen und ihrem sozialen und familiären Umfeld bestmögliche Selbstbestimmungsmöglichkeiten und Selbsthilfefähigkeiten ermöglichen (vgl. Grausgruber et al. 2017, S.22). Dieses Landesgesetz soll außerdem die frühestmögliche Integration von Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen in ihr direktes soziales Umfeld sicherstellen (vgl. Oö. Landtag 2008, S.2).

    4.1 Verständnis und Begriff von Behinderung im Oö. ChG

    Wer nach dem Oö. ChG als „Mensch mit Beeinträchtigungen“ gilt, ist im § 2 Abs.1 Oö. ChG genau definiert:

    „Als Menschen mit Beeinträchtigungen im Sinn dieses Landesgesetzes gelten Personen, die auf Grund körperlicher, geistiger, psychischer oder mehrfacher derartiger nicht vorwiegend altersbedingter Beeinträchtigungen in einem lebenswichtigen sozialen Beziehungsfeld, insbesondere im Zusammenhang mit ihrer Erziehung, ihrer Berufsbildung, ihrer Persönlichkeitsentwicklung und Persönlichkeitsentfaltung, ihrer Erwerbstätigkeit sowie ihrer Eingliederung in die Gesellschaft wegen wesentlicher Funktionsausfälle dauernd erheblich behindert sind oder bei denen in absehbarer Zeit mit dem Eintritt einer solchen Beeinträchtigung zu rechnen ist, insbesondere bei Kleinkindern.“

    Diese Definition erweitert den erfassten Personenkreis für Menschen mit Beeinträchtigungen durch ausdrückliche Einbeziehung von Menschen mit psychischen bzw. psychosozialen Beeinträchtigungen. Bisher wurde diese Personengruppe nur im Oö. SHG 1998 erfasst[25] (Oö. Landtag 2008, S.1). Mit der Einbeziehung dieser Zielgruppe schaffte das Oö. ChG erstmals für alle Menschen mit Beeinträchtigungen eine gemeinsame Rechtsgrundlage (vgl. Grausgruber et al. 2017, S.12). Dieses Gesetz kommt auch dann zum Tragen, wenn im (späteren) Erwerbsalter, um das 60. Lebensjahr, eine dauerhafte Beeinträchtigung eintritt. Von einem/einer Sachverständigen der Abteilung Soziales des Landes OÖ wird dann entschieden, ob die Leistungen auf Rechtsgrundlage des Oö. ChG oder des Oö. SHG 1998 zuerkannt werden (vgl. Oö. LRH 2015, S.9).

    Im § 2 Abs. 2 Oö. ChG wird geregelt, dass Menschen, die seh- und/oder hörbeeinträchtigt sind, als Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen gelten. Darunter fallen auch Personen, die zentrale Störungen der Sinnesverarbeitung und daher erhebliche Beeinträchtigungen in der Kommunikation und Orientierung haben. Hierbei werden Entwicklungsstörungen wie beispielsweise Lernschwierigkeiten ausgenommen.

    Um den Leistungsanspruch des Oö. ChG wahrnehmen zu können, müssen Menschen mit Beeinträchtigungen gemäß § 4 Abs. 1 Oö. ChG gewisse persönliche Voraussetzungen erbringen. Diese Leistungen werden primär an solche Personen, die UnionsbürgerInnen sind, und ihren Hauptwohnsitz in Oberösterreich haben bzw. sich dauerhaft in Oberösterreich aufhalten, erbracht. § 4 Abs. 6 Oö. ChG regelt, dass zur Vermeidung sozialer Härte[26] im Interesse des Menschen mit Beeinträchtigungen Ausnahmen von den im § 4 Abs. 1 Oö. ChG definierten Voraussetzungen gemacht werden können.

    4.2 Arbeit und Beschäftigung im Oö. ChG

    Der § 11 Abs. 1 Oö. ChG hält fest, dass für Menschen mit Beeinträchtigungen Maßnahmen der Arbeit und fähigkeitsorientierte Aktivitäten zu leisten sind, um ihnen einen angemessenen Arbeitsplatz zu ermöglichen und die Erhaltung und Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten durch entsprechende Aktivitäten zu sichern. Hierzu sieht § 11 Abs. 2 Z 1 bis Z 5 Oö. ChG die nachfolgenden Maßnahmen vor, welche bereits mit anderen Bezeichnungen nach der alten Rechtslage im Oö. BhG 1991 bzw. Oö. SHG 1998 festgelegt waren:

    1. Berufliche Qualifizierung – Hilfe zur beruflichen Eingliederung gemäß § 10 Oö. BhG 1991;

    2. Geschützte Arbeit – Hilfe durch geschützte Arbeit nach § 11 Oö. BhG 1991;

    3. Fähigkeitsorientierte Aktivität – Hilfe durch Beschäftigung nach § 12 Oö. BhG 1991 sowie Persönliche Hilfe durch Maßnahmen der Tagesbetreuung und Tagesstrukturierung nach § 12 Abs. 2 Z 1 lit. i Oö. SHG 1998;

    4. Arbeitsassistenz und Arbeitsanleitung – Persönliche Hilfe durch Maßnahmen der Arbeits-assistenz, Arbeitstraining und Erprobung auf einem Arbeitsplatz nach § 12 Abs. 2 Z 4 Oö. SHG 1998;

    5. Trainingsmaßnahmen – gab es bereits in der Praxis, insbesondere als Mobilitätstraining für Sinnesbeeinträchtigte (Oö. Landtag 2008, S.30 f.).

    Im § 11 Abs. 3 Oö. ChG wird bestimmt, dass der Umfang der Ansprüche der angeführten Maßnahmen durch eine Verordnung der Landesregierung bestimmt wird. Dazu wurde die Oö. ChG-Hauptleistungsverordnung[27] erlassen, die den Umfang sämtlicher Hauptleistungen[28] gemäß §§ 10 bis 14 des Oö. ChG festlegt. Die in dieser Arbeit untersuchte Maßnahme AIB ist der Beruflichen Qualifizierung gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 Oö. ChG zuzuordnen, weshalb auf diese nachfolgend näher eingegangen wird.

    4.3 Berufliche Qualifizierung

    Wie bereits oben erwähnt, ersetzt die Berufliche Qualifizierung des Oö. ChG die Leistung Hilfe zur beruflichen Eingliederung gemäß § 10 Oö. BhG 1991. Laut § 7 Z 5 Oö. ChG, ist unter dem Begriff der Beruflichen Qualifizierung eine Maßnahme zu verstehen, die zu einer nachhaltigen beruflichen und sozialen Integration für Menschen mit Beeinträchtigungen führen soll. Vordergründig sind hierbei die Eingliederung und die Erreichung eines dauerhaften Dienstverhältnisses auf dem Ersten Arbeitsmarkt. Der Leistungsumfang der Beruflichen Qualifizierung ist in § 5 Oö. ChG-Hauptleistungsverordnung festgelegt. Die Berufliche Qualifizierung gebührt Personen, die wegen ihrer Beeinträchtigungen nachweislich noch keine Möglichkeit hatten, einen Lehrberuf oder eine andere angemessene Ausbildung auf dem Ersten Arbeitsmarkt zu absolvieren, bei denen es jedoch realistisch erscheint, im Zuge dieser Maßnahme das Ziel der Beruflichen Qualifizierung zu erreichen. Nach Ende der Schulpflicht kann die Berufliche Qualifizierung beantragt werden. Empfohlen wird die Gewährung der Beruflichen Qualifizierung bis zum 30. Lebensjahr (vgl. Abteilung Soziales 2008, S.8). Im Rahmen dieser Maßnahme wird im ersten Schritt die berufliche Orientierung von Menschen mit Beeinträchtigungen festgestellt. Dann wird versucht, durch individuelle Förderung die betroffenen Personen bestmöglich in die Arbeitswelt einzugliedern, und zwar durch geeignete Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in Form von Berufsfindung, einer Berufsausbildung durch Lehre, Teilqualifizierungslehre[29], Um- oder Nachschulungen und eine Erprobung auf dem Arbeitsplatz (vgl. § 7 Z 5 Oö. ChG). Die Berufliche Qualifizierung ist auf drei Jahre befristet, kann aber bei begründeten Ausnahmefällen um ein weiteres Jahr verlängert werden (vgl. § 5 Oö. Abs. 5 ChG-Hauptleistungsverordnung). Allerdings ist die Maßnahme auf maximal fünf Jahre beschränkt (vgl. Abteilung Soziales 2008, S.14).

    Um die TeilnehmerInnen bestmöglich auf den Ersten Arbeitsmarkt vorzubereiten, orientieren sich bei der Beruflichen Qualifizierung Arbeitszeit und Urlaubsanspruch an diesem. Grundsätzlich arbeiten die TeilnehmerInnen in dieser Qualifizierungsmaßnahme zwischen 20 und max. 38 Wochenstunden. Während der Maßnahme besteht ein sozialversicherungsrechtliches Dienstverhältnis, das auf einem Ausbildungs- bzw. Lehrlingsvertrag basiert, welches mit einem Entgelt über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt wird. In den Einrichtungen gilt es ein transparentes Entgeltsystem herzustellen, damit es auch für die Menschen mit Beeinträchtigungen nachvollziehbar ist (vgl. ebd., S.22).

    Im § 27 Abs. 1 Oö. ChG wird festgehalten, dass die Leistungen nach diesem Landesgesetz ausschließlich von anerkannten Einrichtungen erbracht werden dürfen. Das Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Soziales ist für die Finanzierung der Geldleistung zuständig, und dahingehend ist gemäß § 30 Oö. ChG eine Leistungsvereinbarung zu errichten. Für die SachleistungsbezieherInnen sind die örtlichen Magistrate bzw. Bezirkshauptmannschaften zuständig (vgl. BMF 2017, online). Die Einrichtungen sind zur Einhaltung von definierten Leistungs- und Qualitätsstandards verpflichtet, die in einer Rahmenrichtlinie bzw. -vereinbarung von der Abteilung Soziales mit einer ExpertInnengruppe ausgearbeitet worden sind. Der Inhalt und die Standards der zu erbringenden Leistungen werden in dieser geregelt, regelmäßig überprüft und adaptiert (vgl. Abteilung Soziales 2008, S.5f.). Orientiert an dieser Rahmenvereinbarung haben die LeistungsanbieterInnen überdies ein pädagogisches Konzept, welches auf ihre Bedingungen und auf ihre Zielgruppe ausgerichtet ist, zu entwickeln und schriftlich auszuformulieren (vgl. ebd., S.14). Überdies haben die Einrichtungen nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip zu handeln, damit die Leistungserfüllung bei der Beruflichen Qualifizierung qualitativ sowie quantitativ bestmöglich erbracht werden kann (vgl. ebd., S.6).

    4.3.1 Leitprinzipien der Beruflichen Qualifizierung

    Bezugnehmend auf die Rahmenrichtlinie zur Beruflichen Qualifizierung wurden zehn Leitprinzipien definiert, die im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigungen im Bereich der Beruflichen Qualifizierung im Vordergrund stehen und stets von den AnbieterInnen beachtet werden sollen:

    • Menschenwürde: Achtung der Menschenwürde und Anerkennung des Stellenwerts der Arbeit der Menschen mit Beeinträchtigungen.

    • Bedürfnisorientierung: Orientierung an den Bedürfnissen der begleiteten Menschen unter Beachtung ihrer Interessen, Begabungen und Fähigkeiten.

    • Mitbestimmung: Schaffung von Strukturen der Mitbestimmung für Personen mit Beeinträchtigungen, die ihre berufliche Zukunft betreffen.

    • Selbstbestimmung: Das Prinzip der Selbstbestimmung soll Menschen mit Beeinträchtigungen vermittelt werden, und deren Eigenverantwortung soll dahingehend gestärkt werden.

    • Entwicklungsorientierung: Entwicklungsorientiertes Arbeiten mit Menschen mit Beeinträchtigungen durch Unterstützung in deren Individualität und Persönlichkeit.

    • Selbsthilfe: „Hilfe zur Selbsthilfe“ soll bestmöglich und sinnvoll unterstützt werden.

    • Normalisierung: Das Normalisierungsprinzip soll gelebt werden, mit Lebens- und Arbeitsbedingungen, die denen der Allgemeinheit entsprechen.

    • Integration: Bestmögliche Unterstützung zur beruflichen und sozialen Integration.

    • Nachvollziehbarkeit des Ausbildungskonzepts: Der Sinn und Zweck des Ausbildungskonzepts soll für die TeilnehmerInnen transparent und nachvollziehbar sein.

    • Orientierung an arbeitsmarktrelevanten Prinzipien: Gewährleistung von kompetenter Begleitung und Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz auf dem Ersten Arbeitsmarkt (vgl. Abteilung Soziales 2008, S.9ff.).

    In Oberösterreich wird die Berufliche Qualifizierung von den Einrichtungen Caritas für Menschen mit Behinderung, Lebenshilfe , Miteinander GmbH, FAB und dem Zivil-Invalidenverband an mehreren Standorten angeboten (vgl. Sozialplattform OÖ 2017, S.100ff.). Die nachstehende Tabelle gibt eine Übersicht über die Anzahl der TeilnehmerInnen, die im Rahmen der Beruflichen Qualifizierung in Oberösterreich von 2012 bis 2015 betreut wurden.

    Betreute TeilnehmerInnen der Beruflichen Qualifizierung in Oberösterreich

    Betreute TeilnehmerInnen in Oberösterreich

    2012

    2013

    2014

    2015

    Personen aus OÖ in OÖ

    322

    335

    346

    415

    Personen aus anderen Bundesländern in OÖ

    8

    12

    11

    9

    Summe der in OÖ betreuten Personen

    330

    347

    357

    424

    Quelle: Eigene Darstellung, vgl. Abteilung Soziales 2016, S.26.

    Im Jahr 2015 nahmen insgesamt 447 Personen aus Oberösterreich die Berufliche Qualifizierung in Anspruch. Davon wurden 415 Personen aus Oberösterreich und neun Personen aus anderen Bundesländern in Oberösterreich betreut. Die restlichen 32 Personen aus Oberösterreich wurden in anderen Bundesländern, 66 % davon in den Einrichtungen in St. Gilgen und Oberrain (Salzburg), betreut. Seit dem Jahr 2012 ist ein kontinuierlicher Anstieg der TeilnehmerInnen erkennbar. In Oberösterreich standen 2015 den 424 betreuten Personen 304 vorhandene Betreuungsplätze gegenüber. Daraus resultiert, dass sich rechnerisch 1,4 TeilnehmerInnen einen Platz in der Beruflichen Qualifizierung teilten. Das Gesamtbudget für Personen aus Oberösterreich betrug im selben Jahr 7.447.750 Euro (vgl. Abteilung Soziales 2016, S.26f.).

    4.3.2 Grundsätze der Leistungserbringung

    Die Leistungserbringung für Menschen mit Beeinträchtigungen muss in einem gesellschafts-politischen Kontext gesehen werden. Dahingehend ist bei der Gestaltung der Dienstleistungen zu beachten, dass die Jugendlichen mit Beeinträchtigungen vor Aussonderung, Diskriminierung und Stigmatisierung geschützt sind. Die individuellen Bedürfnisse und die Förderung der Autonomie der TeilnehmerInnen sind Ausgangspunkt des beruflichen Handelns der MitarbeiterInnen in den Einrichtungen. Außerdem sind in diesem Zusammenhang Respekt und Achtung zwei unabdingbare Voraussetzungen (vgl. Abteilung Soziales 2008, S.13).

    Für eine erfolgreiche Vermittlung auf den Ersten Arbeitsmarkt ist eine bereichsübergreifende Ausbildung und eine gute Zusammenarbeit von MitarbeiterInnen der Einrichtungen mit den Fachkräften der Partnerfirmen von zentraler Bedeutung. Dabei wird auf folgende wesentliche Leistungsschwerpunkte Wert gelegt:

    • Kognitive Lernziele: Sind Lernziele im Bereich Wissen und Verstehen und beschäftigen sich mit verschiedensten Wahrnehmungs- und Denkprozessen wie beispielsweise Zahlenverständnis und Problemlösung.

    • Psychomotorische Lernziele: Betreffen verschiedene Anforderungen für die Aus-führung praktischer Bewegungen (Motorik). Darunter fallen unter anderem handwerkliche Begabungen wie Fingergeschick, Montagefertigkeiten und Werkzeuggebrauch.

    • Soziale Lernziele: Beziehen sich auf das Verhalten im Arbeitsumfeld wie Teamfähigkeit, Kommunikation, Verantwortung, Leistungsmotivation und psychische Belastbarkeit usw.

    • Lernziele zur „allgemeinen Berufsreife“: Zielen auf Basiskompetenzen ab, die wichtige Schlüsselqualifikationen darstellen (Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Selbstständigkeit usw.). Dabei handelt es sich um keine arbeitsplatzbezogenen bzw. branchen-spezifischen Fähigkeiten und Fertigkeiten (vgl. ebd.).

    Für eine langfristige und erfolgreiche Vermittlung der Menschen mit Beeinträchtigungen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt gilt es eine Nachbetreuung am Arbeitsplatz anzubieten. Seitens der Einrichtung sind die zuständigen MitarbeiterInnen und der Zeitrahmen der Nachbetreuung klar festzulegen. Den AbsolventInnen der Maßnahme und deren ArbeitgeberInnen ist dies bekannt zu geben. Bei der Betreuung nach Absolvierung der Maßnahme sind nachstehende Inhalte von zentraler Bedeutung:

    • Begleitung und Unterstützung der Menschen mit Beeinträchtigungen sowie von deren ArbeitgeberInnen in der Anfangsphase.

    • Erkunden und Abklärung der Arbeitszufriedenheit beiderseits.

    • Beratung und Kooperation über entsprechende Stützstrukturen für eine erfolgreiche und dauerhafte Vermittlung auf dem Ersten Arbeitsmarkt (vgl. ebd., S.39).

    Bei vorzeitiger Beendigung der Maßnahme bzw. bei Wechsel in eine andere Institution hat auch dahingehend die Einrichtung alle dafür nötigen Planungen und Vorbereitungen zu treffen und mit den dafür zuständigen Behörden dies abzustimmen. Besteht Bedarf, so hat die Einrichtung den Menschen mit Beeinträchtigungen eine individuelle Begleitung und Beratung anzubieten (vgl. ebd.). Um den Menschen mit Beeinträchtigungen die Leistungen bestmöglich nahezubringen und auf deren Bedürfnisse angemessen einzugehen, bedarf es speziellen fachlichen Wissens und beruflicher Erfahrung seitens der MitarbeiterInnen in der Betreuungsarbeit (vgl. ebd., S.25).

    4.3.3 Qualifikationen der MitarbeiterInnen

    Die MitarbeiterInnen der Einrichtungen, welche für die Begleitung und Betreuung der Menschen mit Beeinträchtigungen verantwortlich sind, haben bestimmte berufliche Qualifikationen vorzuweisen. Diese setzen sich aus fachlichen (Hard Skills) und persönlich-sozialen (Soft Skills) Anforderungen zusammen. Die konkreten Voraussetzungen sind in der Stellenausschreibung festgehalten, welche sich sehr stark an der Zielgruppe, an den notwendigen Qualifikationen der Tätigkeit und an den spezifischen Rahmenbedingungen der Einrichtung (z.B. Lehrlingsausbildung) orientieren (ebd.).

    Bei den fachlichen Anforderungen werden Kompetenzen der sozialpädagogischen Grund-qualifikation, berufsspezifische Kenntnisse im Einsatzbereich (z.B. Tischlerei) und ein gewisses Maß an Führungsstärke vorausgesetzt (vgl.ebd.). Unter sozialpädagogische Grundqualifikation subsumiert man Fähigkeiten in den Bereichen Berufsethik, Grundlagen und Methoden der Qualifizierung, Kommunikation, Beratung und Begleitung, musisch-kreative Arbeit und Organisation. Um diese Qualifikationen sicherzustellen ist es erforderlich, dass die BetreuerInnen eine vom Land anerkannte Fachausbildung absolviert haben (vgl. ebd., S.26). Beispiele für diese Ausbildungen sind u.a.Fach-/Diplomsozialbetreuer/in Behindertenarbeit bzw. Behindertenbegleitung, Jugendbetreuer/in, Behindertenbetreuer/in und diplomierte/r Behindertenpädagoge/-pädagogin bis zum Übergangszeitpunkt 2017 (gemäß Sozialberufegesetz), Sozialpädagoge/-pädagoginIn, diplomierte/r Sozialarbeiter/in, Abgänger/in von Fachschulen für Sozialberufe“ (ebd.).

    Bei den persönlich-sozialen Anforderungen handelt es sich um eine Reihe von überfachlichen Schlüsselqualifikationen (Einfühlungsvermögen, Belastbarkeit, Vorbildwirkung, positive Lebenshaltung usw.), die MitarbeiterInnen im Bereich der Beruflichen Qualifizierung vorzuweisen haben. Abhängig von der konkreten Stelle und der Zusammenstellung des Teams werden die gewünschten Soft Skills, die ein/e MitarbeiterIn erfüllen sollte, festgelegt (vgl. ebd., S.28 f.).



    [24] Oö. ChG, LGBl. Nr. 41/2008.

    [25] §§ 2 und 17 Oö. SHG 1998.

    [26] Soziale Härte liegt dann vor, wenn ohne Leistungsgewährung nach dem Oö. ChG die wirtschaftliche Existenz des Menschen mit Beeinträchtigungen bzw. jener Personen, die ihm/ihr gegenüber unterhaltspflichtig sind, gefährdet wären (vgl. § 4 Abs. 6 Oö. ChG).

    [27] LGBl. Nr. 79/2008.

    [28] Diese sind neben Arbeit und fähigkeitsorientierter Aktivität, Heilbehandlung, Frühförderung und Schulassistenz, Wohnen, Persönliche Assistenz, mobile Betreuung und Hilfe (vgl. § 8 Abs. 1 Oö. ChG).

    [29] Früher wurden Lehrverhältnisse, die zur Verbesserung der Eingliederung von benachteiligten Personen in das Berufsleben als „Integrative Berufsausbildung“ bezeichnet (vgl. Dornmayr 2016, S.43). Mit der Berufsausbildungsgesetz-Novelle (BAG-Novelle) 2015 wurde diese Bezeichnung aus dem Gesetz gestrichen. Nun spricht man von einer „Berufsausbildung gemäß § 8b BAG“ und differenziert dabei zwischen den Varianten „Lehrzeitverlängerung“ gemäß § 8b Abs. 1 BAG und „Teilqualifikation“ gemäß § 8b Abs. 2 BAG (vgl. ebd., S.17). In einigen Einrichtungen werden im Rahmen der Beruflichen Qualifizierung diese Ausbildungsvarianten angeboten (vgl. Abteilung Soziales 2008, S.7).

    5 Die Maßnahme „Ausbildung durch integrierte Beschäftigung“

    In diesem Kapitel wird die Berufliche Qualifizierungsmaßnahme gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 Oö. ChG „Ausbildung durch integrierte Beschäftigung“ (AIB), die von FAB im Auftrag des Landes angeboten wird, näher betrachtet. FAB stellt einen Teilbereich des strategischen Geschäfts-bereichs „Berufliche Integration“, der Beruflichen Bildungs- und Rehabilitationszentrums Gruppe (BBRZ GRUPPE) dar.[30] Die Kernaufgabe von FAB besteht darin, Personen mit schlechten sozialen Ausgangslagen beim Zugang zum Arbeitsmarkt zu unterstützen (vgl. BBRZ GRUPPE 2014, online). Neben AIB bietet FAB auch „Virtual Office[31] als weitere Berufliche Qualifizierungsmaßnahme lt. § 11 Abs. 2 Z 1 Oö. ChG an. Auf diese Maßnahme wird in der vorliegenden Masterarbeit nicht näher eingegangen, da der Fokus auf AIB liegt.

    Im Jahr 2006 wurde AIB erstmals am Standort Steyr nach der alten Rechtsgrundlage „Hilfe zur beruflichen Eingliederung“ gemäß § 10 Oö. BhG 1991 konzipiert[32] (vgl. Egger 2017a, E-Mail). Seit 2013 wird AIB an den Standorten Haslach an der Mühl und Micheldorf (vgl. FAB 2013a, S.25) angeboten, die seit 2015 als Ausbildungseinrichtungen gemäß §8c Berufsausbildungsgesetz (BAG) „Überbetriebliche integrative Berufsausbildung“ und gemäß §30 BAG „Überbetriebliche Lehrausbildung“ geführt werden (vgl. FAB 2014, S. 33). Somit können TeilnehmerInnen an diesen beiden Standorten im Rahmen der Beruflichen Qualifizierung eine Teillehre oder eine verlängerte Lehre gemäß § 8b Abs. 1 und 2 BAG antreten (vgl. FAB 2013b, S.3). Das Konzept dieser Standorte orientiert sich inhaltlich an der Rahmenrichtlinie der Beruflichen Qualifizierung der Abteilung Soziales (des Landes ) und gilt laut Egger[33] auch als Grundlage für den Standort Steyr. Im Folgenden wird AIB vorwiegend anhand dieses Konzeptes genauer beschrieben.

    5.1 Zielgruppe und Voraussetzungen

    Als Zielgruppe von AIB sind Jugendliche mit Beeinträchtigungen, die ihre Schulpflicht bereits absolviert, aber geringe bis keine Chancen auf eine Ausbildungsstelle auf dem Ersten Arbeitsmarkt haben, definiert (vgl. FAB 2013b, S.4+25). FAB bietet diese Maßnahme im Auftrag des Landes speziell für Jugendliche aus Oberösterreich an:

    • mit einer körperlichen und/oder geistigen Beeinträchtigung (auch Mehrfachbeeinträchtigungen sind möglich), oft kombiniert mit Lernbeeinträchtigungen, die einen anderen Ausbildungsweg erschweren bzw. nicht ermöglichen;

    • mit sozial bedingten und psychischen Beeinträchtigungen;

    • mit einem erhöhten Förderbedarf;

    • ohne Möglichkeit, eine Lehre oder andere berufliche Ausbildung (z. B. assistierte Ausbildung) auf dem Ersten Arbeitsmarkt zu absolvieren;

    • die bis zu ihrem 25. Lebensjahr die Ausbildung antreten (vgl. ebd., S.4; FAB o.J., S.4).

    Als Aufnahmekriterien müssen die gesetzliche Schulpflicht von neun Jahren erfüllt sein (vgl. FAB 2013b, S.4), eine Zielgruppenzugehörigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Oö. ChG anhand einer dementsprechenden Diagnose vorliegen und die Voraussetzungen zur Aufnahme lt. § 4 Abs. 1 Oö. ChG gegeben sein (vgl. Abteilung Soziales 2013, S.3). Überdies wird die Zustimmung des/der Betroffenen und dessen/deren Erziehungsberechtigten zu einer Vermittlung auf den allgemeinen oder – wenn nicht anders möglich – auf den geschützten Arbeitsmarkt benötigt. Da für die Maßnahme eine „gewisse“ körperliche Mobilität nötig ist, werden für Jugendliche, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, bei Bedarf Fahrdienste organisiert (vgl. FAB 2013b, S.4). Das Land fordert, dass auch Jugendliche mit einem erhöhten Pflegebedarf von mehr als 0,5 Stunden pro Tag an der Maßnahme teilnehmen können. Um den betroffenen Jugendlichen eine geeignete Ausbildungsmöglichkeit anbieten zu können, muss die individuelle Leistungserbringung im Einzelfall geklärt werden (vgl. Abteilung Soziales 2013, S.3). Akute Suchtprobleme, psychiatrische Erkrankungen, Suizidgefährdung und schwere körperliche und/oder geistige Beeinträchtigungen sind Ausschlussgründe (vgl. FAB 2013b, S.3). Eine Zuweisung in die Maßnahme erfolgt durch die Bedarfskoordination der zuständigen Bezirkshauptmannschaften bzw. Magistrate (vgl. ebd., S.5). Die endgültige Teilnahme wird nach der Absolvierung der dreimonatigen Assessmentphase bzw. Probezeit genehmigt (vgl. Abteilung Soziales 2013, S.5).

    5.2 Zielsetzung von AIB

    Die Zielsetzung von AIB entspricht der im Abschnitt 4.3 erläuterten Beruflichen Qualifizierung gemäß §11 Abs. 2 Z 1 Oö. ChG AIB hat zum Ziel, benachteiligten Jugendlichen eine praxisnahe Ausbildung in Einrichtungen des FAB und in Partnerbetrieben der Wirtschaft zu ermöglichen, um sie entsprechend ihren Fähigkeiten auf die Arbeitswelt vorzubereiten und bestmöglich ins Berufsleben zu integrieren. Damit eine gelungene Integration in den Ersten Arbeitsmarkt erfolgen kann, liegt das besondere Augenmerk auf der Erlangung entsprechender beruflicher und sozialer Schlüsselqualifikationen. Daher wird die Entwicklung sozialer, beruflicher und lebenspraktischer Fertigkeiten gefördert, um die TeilnehmerInnen auf einen für sie geeigneten Arbeitsplatz vermitteln zu können (vgl. FAB 2013a, S.25). AIB verfolgt die nachstehenden Ziele, bei denen besonders auf die Aspekte Freiwilligkeit und Selbstverantwortung Wert gelegt wird:

    • Emotionale sowie soziale Stabilisierung bei psychosozialen Beeinträchtigungen;

    • Qualifizierung für den allgemeinen Arbeitsmarkt;

    • Fokus auf arbeitsrelevante Schlüsselqualifikationen;

    • Ganzheitliche Betreuung für eine bestmögliche Inklusion ins Berufsleben;

    • Berücksichtigung der individuellen Potenziale der Jugendlichen mit Beeinträchtigungen;

    • Erhöhung der Lebensqualität durch verbesserte Chancen und Integration im Arbeitsleben;

    • Erlernen einer selbstständigen Lebensführung durch betreute bzw. begleitende Wohnformen (vgl. FAB 2013b, S.3).

    Dabei stützt sich AIB auf vier wesentliche Grundpfeiler, wobei jeweils die individuellen Interessen und Fähigkeiten der TeilnehmerInnen im Zentrum stehen:

    • Diagnostik: Feststellung und Bestimmung der Fähigkeiten (Gutachten von MedizinerInnen) Interessen, Kompetenzen usw. der Jugendlichen mit Beeinträchtigungen;

    • Ressourcenorientierte Ausbildung: Berücksichtigung von Stärken und Schwächen der benachteiligten Jugendlichen;

    • Wohnen: Vermittlung lebenspraktischer Bildung;

    • Begleitende Dienste: Ausbau der Fähigkeiten und Korrektur von Defiziten (Schuldner-Innenberatung usw.) (vgl. FAB 2013b, S.3; Egger 2017a, E-Mail).

    5.3 Ausbildungssparten und -inhalte

    Die Selbst- und Mitbestimmung der Jugendlichen mit Beeinträchtigungen sind wichtige Qualitätsaspekte der Maßnahme (vgl. Abteilung Soziales 2008, S.23). AIB zielt darauf ab, die Begabungen und Ressourcen der TeilnehmerInnen zu fördern und auf deren individuelle Bedürfnisse, Fähigkeiten und Wünsche einzugehen (vgl. FAB 2013b, S.5). Um dies zu schaffen, müssen sie optimal unterstützt, gefördert und gefordert werden. Hierbei ist allerdings darauf zu achten, dass es zu keiner Überforderung der Jugendlichen kommt (vgl. FAB 2013b, S.5). Der Aufbau der Ausbildungsinhalte und die Bereitstellung einer möglichst großen Bandbreite an Ausbildungsplätzen stellen in diesem Zusammenhang zwei wichtige Schlüsselfaktoren dar (vgl. Egger 2017b, Notiz).

    5.3.1 Ausbildungssparten

    Die Jugendlichen mit Beeinträchtigungen werden in verschiedenen Berufssparten ausgebildet. Dies erfolgt in eigenen Werkstätten der Standorte, in Kooperationsbetrieben oder in anderen Einrichtungen (Ämter, Pflege- und Altenheime) (vgl. Egger 2017b, Notiz). In Haslach und Micheldorf werden je 28 Qualifizierungsplätze in den Sparten Tischlerei (zehn Plätze in Haslach), Metallbearbeitung (zehn Plätze in Micheldorf) und Reinigungsservice (acht Plätze pro Standort) angeboten. Weitere zehn Plätze stehen in Kooperation mit regionalen Betrieben etwa in den Ausbildungsbereichen Einzelhandel, Gärtnerei, Lager, Gastronomie zur freien Wahl (vgl. FAB 2013b, S.5). Die Ausbildungssparten Tischlerei, Metallbearbeitung und Einzelhandel (vgl. FAB 2014, S.33) können von den TeilnehmerInnen, bei entsprechenden Fähigkeiten, im Rahmen eines Lehrvertrages mit verlängerter Lehrzeit oder im Rahmen einer Teilqualifizierung absolviert werden. Dies ist mit oder ohne Berufsschulbesuch möglich (vgl. FAB 2013b, S.5). Aktuell werden in Haslach sowie in Micheldorf drei Lehrlinge in der Sparte Einzelhandel und ein Lehrling in Haslach in der Sparte Tischlerei ausgebildet (vgl. Egger 2017b, Notiz). In Steyr stehen 16 berufliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung (vgl. FAB 2014, S. 33). Im Gegensatz zu den anderen zwei Standorten wird in Steyr keine Berufsausbildung gemäß § 8b Abs. 1 und 2 BAG angeboten.

    5.3.2 Ausbildungsinhalte und Dauer der Maßnahme

    Die Ausbildungsinhalte bei AIB sind praxisnah und basieren auf klar definierten, zukunftsorientierten und individuellen Ausbildungs- und Integrationsplänen, die sich in drei Phasen unterteilen lassen (vgl. Abteilung Soziales 2013, S.4):

    Abbildung 2. 3-Phasen-Ausbildungsplan von AIB

    Grafische Darstellung des 3-Phasen-Ausbildungsplan.

    Quelle: Eigene Darstellung, vgl. Abteilung Soziales 2013, S.4 f.

    Phase 1: Diagnostik, Assessment und Berufsorientierung

    Am Beginn der ersten Phase, welche auch als eine Art „Probezeit“ gesehen werden kann, wird mittels medizinischer und psychologischer Gutachten der aktuelle Entwicklungsstand der TeilnehmerInnen erhoben. Eine detaillierte Abklärung der individuellen Interessen, Kompetenzen und Fähigkeiten erfolgt mit Hilfe adäquater Testmethoden und unter Einbeziehung des bisherigen sozialen Umfeldes (Eltern, TherapeutInnen, LehrerInnen usw.). Darauf basierend wird ein individuelles Fähigkeitsprofil als Basis für einen Entwicklungsplan erstellt. Danach werden gemeinsam mit den TeilnehmerInnen berufliche Visionen unter Berücksichtigung bereits absolvierter Schnupperpraktika bzw. mit der Möglichkeit für weitere Praktika entwickelt. Diese Phase umfasst neben der beruflichen Orientierung die Vermittlung sozialer Kompetenzen und bestimmter Arbeitstugenden wie z.B. Verlässlichkeit und Pünktlichkeit. Unter Umständen kann bei manchen TeilnehmerInnen die schulähnliche Situation negativ besetzt sein, weshalb darauf geachtet wird, dass die verwendeten Lehr- und Lernmethoden personenzentriert und erlebnisorientiert gestaltet werden (vgl. FAB 2013b, S.11).

    Am Ende dieser Phase erfolgt die Erstellung eines individuellen Ausbildungs- und Beschäftigungsplanes, der stark auf die Kompetenzen der einzelnen TeilnehmerInnen und auf die konkreten Anforderungen des Ersten Arbeitsmarktes ausgerichtet ist. Grundsätzlich dauert die Phase des Assessments und der beruflichen Orientierung drei Monate (ebd.). Je nach Bedarf kann diese auf Antrag der TeilnehmerInnen und FAB durch die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde auf bis zu sechs Monate ausgedehnt werden (vgl. Abteilung Soziales 2013, S.5). Besonders bei Jugendlichen mit schwereren Beeinträchtigungen bzw. mit einer stärkeren Entwicklungsverzögerung ist eine Ausdehnung der Orientierungsphase notwendig. Nach der Assessment- und Berufsorientierungsphase erfolgt eine endgültige Zuweisung des Maßnahmenprogrammes durch die zuständige Bedarfskoordinationsstelle als Vertretung des Landes (vgl. FAB 2013b, S.11; Egger 2017c, E-Mail).

    Phase 2: Stabilisierung und praktische Arbeit

    Nach einer positiven Zuweisung in das Maßnahmenprogramm beginnt die zweite Phase von AIB. Damit die Berufliche Qualifizierung erfolgreich und bestmöglich umgesetzt werden kann, bedarf es einer persönlichen Stabilisierung der Jugendlichen. Daher setzt sich diese Phase von AIB, welche sich individuell und zeitlich sehr unterschiedlich gestalten kann, aus der Stabilisierungsphase und der praktischen Arbeit zusammen (vgl. FAB 2013b, S.12).

    In der Stabilisierungsphase werden den Jugendlichen relevante Schlüsselqualifikationen nähergebracht. Dazu gehören unter anderem Ausdauer, Frustrationstoleranz, Belastbarkeit, Teamfähigkeit, Kommunikations- und Konfliktfähigkeit. Psychomotorische Bewegungstrainings und erlebnispädagogische Seminare werden zur Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung ebenfalls angeboten (vgl. ebd.).

    Nach der Phase der Stabilisierung erhalten die TeilnehmerInnen an vier Tagen pro Woche eine praxisnahe Ausbildung in eigens vorgesehenen Werkstätten an den Standorten Haslach und Micheldorf oder absolvieren ein Praktikum direkt in Partnerbetrieben des Ersten Arbeitsmarktes (vgl. FAB 2013b, S.6+13). Die Dauer der Praktika gestaltet sich sehr unterschiedlich, sie können von einer Woche bis zu einem Jahr – bei Aussicht auf einen dauerhaften Arbeitsplatz – dauern (vgl. Egger 2017c, E-Mail). Hierbei werden vorrangig Betriebe ausgewählt, die sich in Wohnortnähe befinden (vgl. FAB 2013b, S.6+13). Da der Standort Steyr über keine eigene Werkstätte verfügt, werden dort die praxisnahen Fähigkeiten in Praktikumsfirmen (vgl. Zauner 2017, Notiz) erworben. Standortabhängig erfolgt das intensive Arbeitstraining in den Bereichen Metall oder Holz, Montage, Verpackung, Gastronomie, Housekeeping, Garten- und Baubetrieb.

    Die Arbeitsbereiche und Tätigkeiten hängen einerseits stark von den persönlichen Interessen und Fähigkeiten der Jugendlichen ab und anderseits auch von den verfügbaren Arbeitsplätzen auf dem Ersten Arbeitsmarkt. Daraus ergibt sich eine gewisse Abhängigkeit von der Kooperationsbereitschaft der Firmen (vgl. FAB 2013b, S.12f.). Die internen Ausbildungswerkstätten in Haslach und Micheldorf orientieren sich an der betrieblichen Realität auf dem Ersten Arbeitsmarkt. Es wird dahingehend hoher Wert darauf gelegt, dass reale, sinnstiftende und lukrative Auftragstätigkeiten (z.B. kleine Serienarbeiten) aus der Wirtschaft ausgeführt werden. Dies hat zum Ziel, dass den Jugendlichen die Ernsthaftigkeit der Arbeit vermittelt wird, und um unmittelbare Erfolgserlebnisse zu schaffen. Dadurch soll der Selbstwert der Jugendlichen gestärkt werden (vgl. ebd., S.+12).

    Neben der praktischen Arbeit findet einmal wöchentlich ein Theorieunterricht statt. In diesem werden die schulischen Kulturtechniken (Schreiben, Lesen und Rechnen) gestärkt und fachliches Wissen, wie beispielsweise Material- und Werkzeugkunde, vermittelt (vgl. FAB 2013b, S.13). Außerdem werden Zusatzqualifizierungen (z.B. Staplerschein) angeboten sowie eine sozialpädagogische Betreuung zur Verfügung gestellt. Die sozialpädagogische Bezugs-betreuung ist nicht nur in der zweiten Phase von großem Nutzen, sondern stellt einen zentralen Schwerpunkt bei der Begleitung der Jugendlichen während der gesamten Ausbildung dar (vgl. Abteilung Soziales 2013, S.5). Dabei werden den Jugendlichen diverse Trainings angeboten:

    • Training der eigenständigen Alltagsbewältigung

      • Mobilitätstraining (z. B. Fahrpläne lesen und verstehen)

      • Umgang mit Behörden bzw. Ämtern, Geld, Formularen usw.

      • Wohnsituation klären (bei Bedarf Hilfestellung bei der Suche nach betreuten Wohnformen)

    • Soziales Kompetenztraining [34]

      • Kommunikationstraining

      • Selbst- bzw. Persönlichkeitstraining

      • Konflikttraining

      • Unterstützung beim Zusammenstellen der Bewerbungsunterlagen (vgl. FAB 2013b, S. 10).

    • Bewerbungstraining

      • Unterstützung beim Zusammenstellen der Bewerbungsunterlagen (vgl. FAB 2013b, S. 10).

    Für eine hohe Qualität der Maßnahme spielen die Beziehungsarbeit zwischen dem/der BezugsbetreuerIn und den TeilnehmerInnen und der Betreuungsschlüssel eine wesentliche Rolle, um im erforderlichen Maß auf die TeilnehmerInnen eingehen zu können (vgl. Egger 2017b, Notiz). So gilt ein Betreuungsschlüssel von 1:4. Dies bedeutet, dass ein/e Betreuer/in für vier Jugendliche zuständig ist, ein Tag für den theoretischen Unterricht sowie für die sozialpädagogische Betreuung und vier Tage für die Praxis vorgesehen sind (vgl. FAB 2013b, S.6f.).

    Phase 3: Outplacement

    Die Vermittlungsunterstützung ist ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung. Bereits ab dem ersten Jahr der Maßnahme werden verstärkt Firmenpraktika akquiriert und die Jugendlichen bei der Suche nach einem angemessenen und dauerhaften Dienstverhältnis intensiv begleitet. Hier wird sehr stark auf die Unterbringung auf dem Ersten Arbeitsmarkt im Rahmen einer Lehrausbildung fokussiert. Wenn dies nicht möglich ist, wird eine Vermittlung in Einrichtungen der Geschützten Arbeit oder in Integrative Betriebe angestrebt. Ist auch keine positive Unterbringung auf dem Zweiten Arbeitsmarkt möglich, dann kann ein Wechsel in eine Einrichtung der Fähigkeitsorientierten Aktivität erfolgen (vgl. Abteilung Soziales 2013, S.5). Nach Abschluss der Beruflichen Qualifizierungsmaßnahme erhalten die Jugendlichen eine Teilnahmebestätigung, und ein Abschlussbericht wird an die zuständige Bedarfskoordination gesendet (vgl. Egger 2017b, Notiz).

    Eine Phase der „Nachbetreuung am Arbeitsplatz“ ist zwar in der Rahmenrichtlinie der Beruflichen Qualifizierung vorgesehen, wird aber laut Egger von der Abteilung Soziales des Landes nicht finanziert. Bei Bedarf haben die BetreuerInnen von AIB die weitere Begleitung der Jugendlichen durch andere Dienste (z. B. Berufsausbildungsassistenz) bereits vor Abschluss der Maßnahme zu organisieren. Allerdings wird in Einzelfällen eine Nachbetreuung im Wohnen von der Abteilung Soziales des Landes genehmigt und finanziert, wenn dies für die Stabilisierung der Jugendlichen notwendig ist (vgl. Egger 2017d, Notiz).

    AIB ist grundsätzlich für drei Jahre vorgesehen, kann sich aber bei einer positiven Entwicklung, beispielsweise bei einer Übernahme in ein Lehr- oder Dienstverhältnis auf dem Ersten Arbeitsmarkt, verkürzen (vgl. FAB 2013b, S.9). Bei Bedarf und in Ausnahmefällen kann die Ausbildungsdauer mit Zustimmung der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde auf maximal fünf Jahre verlängert werden. Wird im Rahmen von AIB eine Berufsausbildung absolviert, beträgt die gesamte Ausbildungszeit dreieinhalb Jahre (vgl. Abteilung Soziales 2013, S.2). Während der gesamten Maßnahmen liegt ein sozialversicherungsrechtlich abgesichertes Ausbildungsverhältnis vor, welches bei FAB wie ein Dienstverhältnis gehandhabt wird. Die Entlohnung entspricht einem mit dem Land abgestimmten Lohnschema, welches sich an der Lehrlingsentschädigung laut Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ-KV)[35] orientiert (vgl. Egger 2017d, Notiz). Neben der Beruflichen Qualifizierung haben die TeilnehmerInnen auch die Möglichkeit, diese Maßnahme kombiniert mit einer Unterbringung in einer voll- bzw. teilbetreuten Wohnform anzutreten. Hierbei wird besonders auf eine selbstständige Lebensführung geachtet (vgl. FAB 2013b, S. 3).

    5.4 Qualifikationen der BetreuerInnen

    Die Begleitung, Betreuung und Beratung der Jugendlichen bei AIB setzt eine sozial- bzw. behindertenpädagogische, vom Land [36] anerkannte Fachausbildung, voraus. Die sozialpädagogische Arbeit wird somit von SozialpädagogInnen und SozialfachbetreuerInnen mit mehrjähriger Berufserfahrung und hoher sozialer Kompetenz durchgeführt. Für den begleitenden Unterricht stehen den Jugendlichen auch SonderschulpädagogInnen zur Verfügung. Die AusbildnerInnen in den Werkstätten der Standorte Haslach und Micheldorf sind MeisterInnen mit demensprechender Berufsausbildung in den jeweils angebotenen Sparten und verfügen über eine Qualifikation zu LehrlingsausbildnerInnen und eine sozial- bzw. behinderten-pädagogische Zusatzqualifikation (vgl. FAB 2013b, S.8). Die BetreuerInnen bei AIB haben vielfältige Herausforderungen zu meistern. Abgesehen von den pädagogischen und fachlichen Tätigkeiten müssen sie Netzwerkarbeit zwischen ihrem Herkunftssystem, den Jugendlichen und den ArbeitgeberInnen des Ersten Arbeitsmarktes leisten und diesbezüglich optimale Hilfestellung bieten (vgl. Egger 2017d, Notiz).

    Die BetreuerInnen haben jedoch nicht die Ausbildung für individuell benötigte Therapien. Besteht diesbezüglich ein Bedarf, wird eine Überweisung zu externen ExpertInnen, z. B. MedizinerInnen, PsychologInnen, Pyhsio- und ErgotherapeutInnen, veranlasst (vgl. FAB 2013b, S. 8+10).

    5.5 Wohnen bei AIB

    Neben der Integration in den Arbeitsprozess stellt das Wohnen bei AIB eine zweite wichtige Komponente des Gesamtangebotes für die Jugendlichen dar. Hier liegt das Hauptaugenmerk auf selbstständigem Wohnen und auf der Vermittlung lebenspraktischer Fertigkeiten (vgl. FAB 2013b, S.15).

    5.5.1 Zielsetzung von Wohnen bei AIB

    Wohnen bei AIB ist so konzipiert, dass es nicht alle TeilnehmerInnen in Anspruch nehmen müssen. Jugendliche, die noch zu Hause wohnen und dort wohnen bleiben wollen, können die Berufliche Qualifizierung auch ohne voll- bzw. teilbetreutes Wohnen absolvieren. Im Speziellen richtet sich das Angebot an Jugendliche, die aus schwierigen familiären und sozialen Verhältnissen kommen und dadurch in ihrer persönlichen Entwicklung stark eingeschränkt sind. Die Wohnmöglichkeit steht aber auch jenen zur Verfügung, die eine lange Anreise zum FAB-Standort haben (vgl. ebd.).

    Die betreuten bzw. begleiteten Wohnformen sollen den Jugendlichen das nötige Umfeld bieten, eine selbstständige und selbstbestimmte Lebensführung mit eigenverantwortlichem Handeln zu erlernen. Ziel ist, dass sie nach der Maßnahme eigenständig oder wenn nötig nur mit möglichst geringem Unterstützungsbedarf wohnen können. Um die Jugendlichen bestmöglich darauf vorzubereiten, steht die Vermittlung von lebenspraktischer Bildung im Fokus der Betreuungsarbeit. Darunter fällt die Unterstützung und Betreuung in folgenden Bereichen:

    • „Haushaltsführung,

    • Umgang mit Geld,

    • Instandhaltung des Wohnbereiches,

    • Angebote und Anregungen für sinnvolle Freizeitgestaltung,

    • gesunde Lebensführung,

    • Umgang mit Krankheit,

    • Konstruktiver Umgang mit Konflikten,

    • Reflexion der eigenen Rollenbilder und der familiären Strukturen usw.“ (vgl. FAB 2013b, S.16f.).

    In der Betreuungstätigkeit wird von einem ressourcenorientierten Ansatz ausgegangen. Diese Art der Unterstützung orientiert sich sehr stark an den entsprechenden individuellen Bedürfnissen und Wünschen der Jugendlichen. Überdies ist auch die Elternarbeit ein wesentlicher Bestandteil bei der Arbeit mit den Jugendlichen. Die gute Zusammenarbeit mit den Eltern bzw. Erziehungsberechtigten der Jugendlichen ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor (vgl. ebd., S.16).

    5.5.2 Räumliche und personelle Ausstattung

    Bei FAB werden im Zuge der Maßnahme verschiedene Wohnformen angeboten. Den Jugendlichen stehen an den drei Standorten Steyr, Haslach und Micheldorf insgesamt 38 voll- und teilbetreute Wohnplätze zur Verfügung. In Steyr werden sechs teilbetreute Wohnplätze für fünf Tage ohne Wochenende angeboten (vgl. Egger 2017d, Notiz). Diese befinden sich in einem Mehrparteienhaus im Stadtteil Resthof in Steyr, welches von der Ausbildungsstätte aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln in zirka zehn Minuten erreichbar ist. Die Wohnplätze in Micheldorf sind ebenso ausgelagert. Dafür wurde ein ehemaliges Kasernengebäude in Kirchdorf entsprechend umgebaut und adaptiert. Es entstanden zwei vollbetreute Wohneinheiten mit je acht Wohnplätzen, die den Jugendlichen fünf Tage in der Woche zur Verfügung stehen. In Haslach erfolgte im Jahr 2015 ein Um- und Ausbau des bestehenden FAB-Gebäudes, in dem sich auch die Ausbildungsstätte befindet, und es konnten zwei Wohnungen mit je acht vollbetreuten Plätzen für sieben Tage pro Woche geschaffen werden. Gerade in den Standorten Haslach und Micheldorf besteht eine hohe Wohnungsnachfrage, da hier die TeilnehmerInnen aus ganz Oberösterreich kommen (vgl. FAB 2014, S. 33; vgl. Egger 2017d, Notiz; vgl. ebd. 2017b, Notiz).

    Die Wohngruppen bestehen aus Einzelzimmern mit eigenen Sanitäreinrichtungen für jeweils acht Jugendliche. Die Zimmer werden, sofern diese noch nicht möbliert sind, gemeinsam mit den Jugendlichen individuell eingerichtet und gestaltet. Jede Wohneinrichtung verfügt über eine Küche, ein Wohnzimmer, einen Garten bzw. eine Terrasse und diverse Nebenräume (Waschküche, Lager usw.), die für die Jugendlichen frei zugänglich und benutzbar sind. Die Wohngruppen werden von FAB so gestaltet und organisiert, dass sich die Jugendlichen wohl und wie zu Hause fühlen können (vgl. FAB 2013b, S. 18). Zudem wird darauf geachtet, dass neben der Erfüllung der Wohnbedürfnisse auch eine entsprechende Infrastruktur vorzufinden ist, die den Jugendlichen eine sinnvolle Freizeitgestaltung ermöglicht (vgl. ebd., S. 20).

    Bei der Betreuung in den Wohngruppen geht man grundsätzlich wie auch bei der beruflichen Ausbildung von einem bedarfsorientierten Betreuungsschlüssel aus. Dieser ist stark von der Wohnvariante und von der Gruppengröße abhängig. Benötigen nur wenige Jugendliche mit Beeinträchtigung eine Vollbetreuung, ist diese trotzdem aufrechtzuerhalten, und ein gewisser Mindesteinsatz an Fachpersonal muss gewährleistet sein (vgl. FAB 2013b, S. 19). Die Berufliche Qualifizierung und das Wohnangebot stellen bei AIB grundsätzlich zwei getrennte Bereiche dar. Diese Trennung ist für eine individuelle Entwicklung und eine neutrale Begleitung wichtig (vgl. Abteilung Soziales 2013, S. 4). Um aber eventuelle Problemlagen koordiniert bearbeiten zu können, ist ein Austausch zwischen den BetreuerInnen beider Bereiche im erforderlichen Ausmaß nötig und wird daher bedarfsgerecht organisiert (vgl. FAB 2013b, S. 17)

    Nachstehende Abbildung 3 stellt den aktuellen Leistungsumfang von AIB an den jeweiligen Standorten überblicksmäßig dar.

    Abbildung 3. Leistungsübersicht AIB

    Grafische Darstellung der Leistungsübersicht AIB.

    Quelle: Eigene Darstellung, vgl. FAB 2014, S. 33; ebd. 2016. S.4; Egger 2017d, Notiz.

    5.6 AIB in Zahlen

    Ergänzend zur Maßnahmenbeschreibung analysiert das folgende Unterkapitel AIB anhand statistischer Daten. Diese stammen von internen Aufzeichnungen der StandortleiterInnen von Steyr, Haslach und Micheldorf und wurden von der Autorin systematisch zusammengefasst und ausgewertet. Die Ergebnisse geben Auskunft über die Vermittlungsresultate bzw. die Maßnahmenabbrüche der ehemaligen TeilnehmerInnen und zeigt auch die Geschlechterverteilung auf. Hierzu wurden die Daten seit der Einführung der Maßnahme (Steyr: September 2006; Haslach und Micheldorf: Oktober 2013) bis Oktober 2016 herangezogen. Da erst ab Oktober 2013 AIB durch die Standorte Haslach und Micheldorf erweitert wurde, überwiegen die Daten des Standortes Steyr.

    5.6.1 Vermittlungsergebnisse AIB

    Abbildung 4 stellt die Vermittlungsergebnisse der drei AIB-Standorte dar. In Summe beendeten im oben angeführten Zeitraum 106 TeilnehmerInnen (Grundgesamtheit) die Maßnahme an den drei Standorten. Seit Beginn der Beruflichen Qualifizierung konnten 44 Jugendliche, dies entspricht einem Anteil von 42 %, auf den Ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden. Von diesen begannen 26 TeilnehmerInnen (25 %) einen Lehrberuf vorwiegend in den Branchen Handel, Gastronomie, Baugewerbe und Handwerk. Sechs haben ihre Lehrstelle als Teillehre gemäß §8b Abs. 2 BAG begonnen, und 16 Jugendliche haben während ihrer Lehrzeit das Angebot der Berufsausbildungsassistenz „Jugend am Werk“[37] in Anspruch genommen. 18 TeilnehmerInnen (17%) fanden großteils in den Branchen Handel, Gastronomie, Reinigung, Baugewerbe, Handwerk und Industrie eine Arbeitsstelle als HilfsarbeiterInnen. Bei den ArbeitgeberInnen handelte es sich um Betriebe verschiedenster Größenordnungen[38], die sich meist in Wohnortnähe der TeilnehmerInnen befanden. Da die Vermittlung zumeist am Standort Steyr standfand, befinden sich viele dieser Firmen in Steyr und Steyr-Umgebung. 13 TeilnehmerInnen (12%) traten nach der Maßnahme eine geschützte Arbeitsstelle auf dem Zweiten Arbeitsmarkt an, und für 21 TeilnehmerInnen (20%) wurden Plätze im Bereich der Fähigkeitsorientierten Aktivität gefunden. 28 Jugendliche (26%) haben die Maßnahme zum Teil wegen sozialer, psychischer und/oder gesundheitlicher Probleme abgebrochen. Davon haben elf Jugendliche AIB während oder am Ende der drei monatigen Assessmentphase verlassen.

    Abbildung 4. Vermittlungsergebnisse TeilnehmerInnen AIB in absoluten Zahlen von Sept. 2006 bis Okt. 2016

    Diagramm: Vermittlungsergebnisse TeilnehmerInnen AIB

    Quelle: Eigene Auswertung und Darstellung, Daten von FAB.

    Tabelle 3 gibt eine detaillierte Auskunft über die Vermittlungsergebnisse der einzelnen Standorte und wohin die TeilnehmerInnen vermittelt wurden (Anteil in %).

    Vermittlungsergebnisse nach Standorten von Sept. 2006 bis Okt. 2010

    Vermittlung

    Steyr

    Haslach

    Micheldorf

    Gesamt

    Prozent

    Lehre auf dem 1. Arbeitsmarkt

    21

    4

    1

    26

    25 %

    Hilfsarbeit auf dem 1. Arbeitsmarkt

    17

    1

    1

    18

    17 %

    Geschützte Arbeit

    9

    2

    2

    13

    12 %

    Fähigkeitsorientierte Aktivität

    7

    1

    12

    21

    20 %

    Abbruch (div. Gründe)

    17

    6

    5

    28

    26 %

    Gesamt

    71

    14

    21

    106

    100 %

    Quelle: Eigene Auswertung und Darstellung, Daten von FAB.

    Neben der Vermittlungsquote ist auch die Vermittlungsdauer auf dem Ersten Arbeitsmarkt eine wichtige Kennzahl bei der Analyse von AIB. Im Durchschnitt wurde ein/eine Teilnehmer/in nach eineinhalb Jahren auf eine Lehrstelle vermittelt. Vier von 26 Jugendlichen wurden innerhalb von sechs Monaten vermittelt und weitere fünf innerhalb der nächsten sechs Monate. Elf Jugendliche traten im zweiten Jahr und sechs im dritten Jahr eine Lehrstelle an. Im Vergleich dazu betrug die durchschnittliche Vermittlungsdauer auf eine Arbeitsstelle als HilfsarbeiterIn rund zwei Jahre. Sieben TeilnehmerInnen wurden im zweiten Jahr und elf Jugendliche im dritten Jahr vermittelt.

    5.6.2 Vermittlungsergebnisse AIB – Geschlechtervergleich

    Von den 106 TeilnehmerInnen sind 66 männlich und 40 weiblich. Somit rund zwei Drittel männlich und ein Drittel weiblich. Abbildung 5 zeigt die geschlechterspezifischen Vermittlungsergebnisse AIB AIB in relativen Zahlen auf.

    Abbildung 5. Vermittlungsergebnisse in relativen Zahlen – Geschlechtervergleich von Sept. 2009 bis Okt. 2010

    Balkendiagramm: Vermittlungsergebnisse -
                        Geschlechtervergleich.

    Quelle: Eigene Auswertung und Darstellung, Daten von FAB.

    Wie aus dem Balkendiagramm ersichtlich, konnten 29 % der männlichen Teilnehmer auf eine Lehrstelle vermittelt werden, während dies bei 17,5 % der weiblichen Teilnehmerinnen gelang. Ein möglicher Grund dafür könnte sein, dass „[...] die duale Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre in Österreich generell traditionell männlich ist“ (Paierl 2009, S.39). Der Anteil der weiblichen Lehrlinge in Österreich beträgt seit den 1970er-Jahren etwa ein Drittel. Dieser Wert kann auch für Menschen mit Beeinträchtigungen angenommen werden, wie aus der Studie von Paierl aus dem Jahr 2009 – die sich mit den Benachteiligungskonstellationen von Frauen mit Beeinträchtigungen auf dem Arbeitsmarkt beschäftigt – ableitet (vgl. ebd.).

    Bei den anderen Vermittlungen zeigt sich, dass der weibliche Anteil mit 4 bis 5 % höher als der männliche ist. Die Prozentquote von 20 % bei der Hilfsarbeit auf dem Ersten Arbeitsmarkt könnte ebenfalls mit der Studie von Paierl im Hintergrund argumentiert werden. Diese kam zu dem Ergebnis, dass weibliche Beeinträchtigte wesentlich seltener über einen Berufsabschluss verfügen als männliche Beeinträchtigte (vgl. ebd.). Es kann daher vermutet werden, dass Frauen aufgrund ihrer fehlenden Ausbildung und des nach wie vor bestehenden traditionellen Rollenbildes in der Gesellschaft mehr ungelernte und frauentypische Tätigkeiten als Männer annehmen. Die Abbruchquote betrug bei beiden Geschlechtern rund ein Viertel.

    Der männliche Überhang der TeilnehmerInnenanzahl bei AIB (66 zu 40 Personen) wurde seitens FAB nicht erklärt. Unter der Annahme, dass nicht nur die befragten TeilnehmerInnen der Maßnahme entweder eine Sonderschule besucht oder wegen des SPF nach dem ASO-Lehrplan in einer Integrationsklasse unterrichtet wurden, könnte ein möglicher Grund für die geschlechterspezifische Abweichung in der Maßnahmenteilnahme die Schulausbildung sein. Laut Statistik Austria ist der Anteil der männlichen Schüler in Sonderschulen höher als jener der weiblichen. So betrug im Schuljahr 2015/16 der Bubenanteil an den 13.813 SchülerInnen knapp zwei Drittel (64,5 %) (vgl. Statistik Austria 2017, S.25).



    [30] Neben der „Beruflichen Integration“ stellen die „Berufliche Bildung“ sowie die „Berufliche Rehabilitation“ weitere strategische Geschäftsbereiche der BBRZ GRUPPE dar (vgl. BBRZ GRUPPE 2014, online).

    [31] Virtual Office ist eine dreijährige Maßnahme der Beruflichen Qualifizierung im EDV-Bereich für Jugendliche mit motorischen Beeinträchtigungen (vgl. FAB 2013a, S.25).

    [32] Wie bereits in Abschnitt 4.2 erläutert ist die Berufliche Qualifizierung seit der Einführung des Oö. ChG 2008 und Außerkrafttreten des Oö. BhG 1998 nun im § 11 Abs. 2 Z 1 Oö. ChG verankert.

    [33] Mag. Maria Egger ist die Geschäftsfeldleiterin der Berufliche Qualifizierung und Wohnen von FAB.

    [34] Im Rahmen des sozialen Kompetenztrainings sind drei Tage im Jahr für ein erlebnispädagogisches Seminar vorgesehen (vgl. FAB 2013b, S. 5).

    [35] Vormals Kollektivvertrag der Berufsvereinigung von Arbeitgebern für Gesundheits- und Sozialberufe (BAGS-KV) (vgl. SWÖ 2017, online).

    [36] Siehe Abschnitt 4.3.3.

    [37] Jugend am Werk wird ebenfalls von der BBRZ GRUPPE angeboten. Hierbei werden die Jugendlichen beim Erhalten des bestehenden Arbeitsverhältnisses unterstützt und bis zur Lehrabschlussprüfung oder bis zum Abschluss der Teillehre beraten und begleitet (vgl. BBRZ GRUPPE o. J., online).

    [38] Für die Größeneinteilung der Unternehmen wird für diese Arbeit nur das Kriterium der MitarbeiterInnenanzahl herangezogen. Kleinstunternehmen: bis 9 MitarbeiterInnen; Kleinunternehmen: 10 bis 49 MitarbeiterInnen; Mittlere Unternehmen: 50 bis 249 MitarbeiterInnen; Großunternehmen: ab 250 MitarbeiterInnen (vgl. KMU Forschung Austria o.J.: online).

    6 Empirische Untersuchung

    Das Forschungsinteresse dieser Arbeit gilt der beruflichen Lebenssituation von ehemaligen TeilnehmerInnen der Beruflichen Qualifizierungsmaßnahme AIB und versteht sich als ein Beitrag zur Erforschung der nachhaltigen beruflichen Integration in das Arbeitsleben von Menschen mit Beeinträchtigungen auf dem Ersten Arbeitsmarkt. Konkret sollen anhand dieser explorativen Studie Erkenntnisse darüber gewonnen werden, welche Faktoren bei AIB besonders förderlich bzw. hilfreich für eine erfolgreiche Integration in das Berufsleben waren. Zunächst werden das Forschungsdesign und der Forschungsprozess mit der Datenerhebung sowie die verwendete Auswertungsmethode beschrieben. Anschließend werden die Forschungsergebnisse im Kapitel sieben dargestellt und im Kapitel acht hinsichtlich der Forschungsfragen diskutiert.

    6.1 Forschungsdesign und Forschungsprozess

    Zur Beantwortung der Fragestellung stehen keine quantitativen Daten zur Verfügung. Dem vorhandenen Datenmaterial von FAB kann man lediglich entnehmen, wohin und in welches Beschäftigungsverhältnis die TeilnehmerInnen nach Beendigung der Maßnahme vermittelt wurden. Doch ob dieses Arbeitsverhältnis noch aufrecht ist und ob dahingehend eine nachhaltige berufliche Integration auf dem Ersten Arbeitsmarkt erzielt werden konnte, kann daraus nicht erhoben werden. Daher wurde für die explorative empirische Erhebung dieser Masterarbeit ein qualitatives Forschungsdesign ausgewählt. Durch qualitative Methode der Datengewinnung wird Material erzeugt, „dessen Gehalt sich mit formalen, quantifizierenden Auswertungen nicht angemessen erschließen lässt [...].“ (Strübing 2013, S. 4) Die qualitative Forschung verfolgt den Anspruch, Lebenswelten aus der Perspektive der betroffenen Menschen „von innen heraus“ zu beschreiben. Dies soll dazu führen, soziale Wirklichkeit(en) besser zu verstehen und gegebene Abläufe und Strukturmerkmale, die den davon nicht Betroffenen, aber auch einbezogenen AkteurInnen (z.B. BetreuerInnen) meist nicht bewusst sind, aufzuzeigen (vgl. Flick/Steinke 2007, S. 14). Im Gegensatz zur quantitativen Forschungsstrategie, die stark standardisiert und mit großen Zahlenmengen arbeitet, ist bei der qualitativen Forschung häufig eine offene und direkte Zugangsweise zum untersuchten Gegenstand gegeben. Dies ermöglicht Sichtweisen und subjektive Erfahrungen der Betroffenen unter Berücksichtigung sozialer Konstruktionen ihres Umfeldes zu gewinnen (vgl. ebd., S. 17). Für diese Arbeit wurde das problemzentrierte Interview als Erhebungsverfahren zur qualitativen Datengewinnung ausgewählt. Dabei handelt es sich um ein theoriegeneriertes Verfahren, bei dem die Erfahrungen und Wahrnehmungen der befragten Personen zu einem speziellen Thema im Vordergrund stehen und so die theoretischen Vorstellungen mit der sozialen Realität konfrontiert und überprüft werden. Diese Form des qualitativen Interviews entspricht im Prinzip dem fokussierten Interview, unterscheidet sich aber dadurch, dass beim problemzentrieren Verfahren die Befragung geringer standardisiert abläuft. Somit kann diese Interviewform als Kompromiss zwischen leitfadenorientierten und narrativen Gesprächsformen angesehen werden (vgl. Lamnek 2010, S.349 f.). Das Interview wird durch einen Leitfaden gestützt, der für den/die Interviewer/in einen Orientierungsrahmen darstellt und ihm/ihr dabei hilft, am Erzählten anzuknüpfen und zielgerichtet nachzufragen.

    „Ein Leitfaden für das Interview ist zulässig, um alle dem Forscher wichtig erscheinenden Themenbereiche abzudecken und fehlende nachzufragen.“ (ebd., S. 337)

    Neben dem Leitfaden stellt nach Witzel auch ein standardisierter Kurzfragebogen ein weiteres Teilelement des problemzentrierten Interviews dar. Dieser dient dazu, relevante soziodemo-graphische Daten (Geschlecht, Alter, Beruf usw.) der interviewten Personen zu erheben (vgl. Witzel 2000, S. 4). Die Interviewerin entschied sich den Kurzfragebogen am Beginn des Interviews vorzulegen, um mit den gewonnenen Informationen einen Gesprächseinstieg zu erleichtern.

    Das erhobene Datenmaterial wurde in Anlehnung an Lamnek nach einer eher allgemeinen Handlungsanweisung ausgewertet, die es trotz ihrer generell vorgegebenen Struktur erlaubt, gegenstandsadäquate Modifikationen vorzunehmen. Im Folgenden werden die vier pragmatisch gehaltenen Arbeitsschritte für die Datenauswertung nach Lamnek kurz vorgestellt:

    1. Transkription,

    2. Einzelanalyse,

    3. Generalisierende Analyse und

    4. Kontrollphase. (Lamnek 2010, S. 367)

    Bei der Transkription werden die Audio-Aufnahmen der Interviews in eine lesbare Form abgetippt. Dieser erste Schritt ist relativ zeitaufwändig und darf bei der Ausführung nicht unterschätzt werden; jedoch ist er notwendig um weitere Analyseschritte durchführen zu können (vgl. ebd.). Anschließend wird eine Einzelanalyse vorgenommen, in der die einzelnen Interviews analysiert werden. Es erfolgt eine Konzentration und Reduktion des Datenmaterials, und die verbliebenen Textteile werden einem bereits – nach deduktiver Vorgehensweise – erstelltes Kategorien- bzw. Codierschema zugeordnet. Bei Bedarf wird die Kategorienbildung induktiv angepasst. In der nächsten Phase erfolgt eine generalisierte Analyse. Hierbei wird versucht, durch Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Interviews zu allgemeinen Erkenntnissen zu gelangen Danach erfolgt die Kontrollphase, in der die vollständigen Transkripte der Interviews wieder herangezogen und verglichen werden, um das reduktive Vorgehen der vorhergehenden Arbeitsschritte zu kontrollieren und mögliche Fehlinterpretationen zu vermeiden (vgl. ebd. S.368f.).

    6.1.1 Auswahl der InterviewpartnerInnen und Durchführung der Befragungen

    Ehemalige TeilnehmerInnen, die für das Interview in Frage kamen, mussten zwei Voraus-setzungen erfüllen. Zum einen sollten sie durch AIB auf einen Arbeitsplatz auf dem Ersten Arbeitsmarkt vermittelt worden sein, und zum anderen sollte der Abschluss der Maßnahme bereits einige Jahre zurückliegen. Da AIB bereits seit 2008 in Steyr angeboten wird, lag es nahe, sich bei der Auswahl der InterviewpartnerInnen ausschließlich auf ehemalige AIB-TeilnehmerInnen des Standortes Steyr zu konzentrieren. Die Autorin verfasste gemeinsam mit der Standortleiterin von AIB-Steyr einen Brief, in dem für das Interview geeignete Personen ersucht wurden, sich für ein Gespräch zur Verfügung zu stellen. Dieses Anschreiben wurde in Leichter Sprache verfasst und von FAB an insgesamt 14 ehemalige TeilnehmerInnen versandt. Daraufhin meldeten sich drei Jugendliche per Telefon, die sich zum Interview bereit erklärten, und eine Mutter, die an Stelle ihres Sohnes für ein Gespräch zusagte. Die weiteren GesprächspartnerInnen konnten durch telefonische Nachfrage seitens der Standortleiterin motiviert werden. Die Telefonnummer zur Kontaktaufnahme wurde an die Interviewerin weitergegeben. In einem Fall wurde die Terminvereinbarung ebenfalls über eine Mutter abgewickelt. Insgesamt konnten fünf männliche und drei weibliche ehemalige TeilnehmerInnen für das Interview gewonnen werden. Bei der Auswahl der MaßnahmenabsolventInnen wurde nicht Bedacht auf ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis genommen, da laut der statistischen Daten, die im Abschnitt 5.6.2 dargelegt werden, die Inanspruchnahme von AIB männlich dominiert ist. Im Zuge der Anonymisierung werden die Namen der ehemaligen TeilnehmerInnen in dieser Arbeit nicht genannt, sondern sie werden als Jugendliche 1 bis 8 (J1 bis J8) bezeichnet, und auf den Zusatz „mit Beeinträchtigungen“ wird im gesamten empirischen Teil verzichtet. Hierbei ist anzumerken, dass es sich bei den befragten AbsolventInnen mittlerweile um junge Erwachsene handelt, doch wurde die Bezeichnung Jugendliche in Bezug auf die Maßnahmenzielgruppe immer noch als angemessen erachtet. Wie beschrieben, bestand bereits Kontakt zu den Müttern der Jugendlichen J6 und J7. Um Erkenntnisse über AIB aus einem zusätzlichen Blickwinkel und aus einer anderen Perspektive zu gewinnen, wurde im Laufe der empirischen Erhebung entschieden, auch mit ihnen ein Interview zu führen. Ebenfalls wurden die Daten anonymisiert behandelt, und die interviewten Mütter werden als Mutter 1 (M1) und Mutter 2 (M2) benannt. Die Benennung und Nummerierung der InterviewpartnerInnen ergab sich aus der chronologischen Reihenfolge der Interviews. Somit setzt sich die Stichprobe für diese qualitative Untersuchung aus insgesamt zehn InterviewpartnerInnen zusammen, acht Jugendlichen und zwei Müttern. Folgende Grafik stellt die Zusammensetzung der interviewten Personengruppe noch einmal anschaulich dar:

    Abbildung 6. Grafische Darstellung der InterviewpartnerInnen

    Grafische Darstellung der InterviewpartnerInnen.

    Quelle: Eigene Darstellung

    Die geführten Interviews im Zuge dieser Forschungsarbeit erfüllen nicht die statistische Repräsentation. Allerdings spielt die Repräsentativität einer qualitativen Untersuchung keine entscheidende Rolle. Daher ist keine große repräsentative Zahl von Fällen im statistischen Sinne erforderlich, sondern eine angemessene Zusammensetzung der Stichprobe, welche die Forderung nach inhaltlicher Repräsentation erfüllen und Typisierungen bzw. Typologien ermöglichen kann (vgl. Lamnek 2010, S. 172+350f.).

    Die Interviews wurden im Zeitraum von Mai bis Juli 2017 durchgeführt. Dabei handelte es sich ausschließlich um leitfadengestütze Face-to-Face-Befragungen, von denen vier am AIB-Standort in Steyr durchgeführt wurden und sechs bei den interviewten Personen zu Hause. Alle Befragten sprachen gerne über das Forschungsthema und nahmen sich auch ausreichend Zeit dafür. Neun der Gespräche wurden mit Zustimmung der interviewten Personen mittels Diktiergerät aufgenommen und konnten ohne Störungen durchgeführt werden. Die Gesprächsdauer lag zwischen 15 und 45 Minuten, wobei die Interviews mit den Müttern die längsten waren. Ein Gespräch wurde auf Wunsch einer Jugendlichen (J2) nicht mittels Diktiergerät aufgenommen. Daher schrieb die Interviewerin das Gespräch, dem Wortlaut entsprechend, auf dem Laptop mit. Dies führte teilweise zu kleineren Pausen und erklärt auch die lange Interviewdauer von rund drei Stunden. Der Interviewleitfaden wurde theoriegeleitet entwickelt; um Fehlerquellen beim Interviewleitfaden aufzudecken und Unsicherheiten seitens der Interviewerin beim Gespräch zu unterbinden, wurde die erste Befragung mit J1 als ein Pretest bzw. Probeinterview gesehen. Der Vorteil dieses Pretests war, dass Fragen, die teilweise zu denselben Antworten führten, erkannt und entsprechend modifiziert oder eliminiert werden konnten. Da es sich aber nur um kleine Korrekturen handelte, wurde dieses Probeinterview wie die anderen Befragungen behandelt, und die daraus gewonnenen Ergebnisse flossen auch in die Auswertung ein.

    6.1.2 Computergestützte Auswertung mit MAXQDA

    In den Sozialwissenschaften lag der Fokus lange Zeit auf der Erhebung der Daten und auf den Problemen, die im Zuge der Feldarbeit auftreten können. Der Forschungsprozess wurde als interessant und aufregend gesehen. Im Gegensatz zur aktiven Forschungsarbeit wurde die Analyse der erhobenen qualitativen Daten als langwierige und „trockene“ Schreibtischarbeit empfunden. Seit Ende der 1980er-Jahre beschäftigte man sich immer mehr mit der Auswertung der Daten und der Entwicklung von computergestützten Techniken für das Datenmanagement und für die Datenanalyse. Diese einschlägigen EDV-Programme werden im englischen Sprachgebrauch als „Qualitative Data Analysis Software“ (QDA-Software) bezeichnet (vgl. Kuckartz 1999, S.10; ebd. 2010, S. 9). Durch diese speziellen Softwares ist eine einfache Codierung und Verknüpfung der Textsegmente möglich, ohne diese aus ihrem Kontext lösen zu müssen. Dadurch ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten für die Datenaufbereitung und eine Erleichterung bei nachträglichen Bearbeitungsprozessen, die manuell meist nicht oder nur mit großem Aufwand realisierbar wären. Kelle und Kluge sehen das Verwenden von computergestützten Verfahren als eine „weitreichende methodologische Innovation in der qualitativen Sozialforschung“ (Kelle/Kluge 2010, S.60).

    Für die inhaltliche Datenanalyse der vorhandenen Datensätze (Interviews) wurde im Rahmen dieser Forschungsarbeit das weit verbreitete Computerprogramm MAXQDA in der aktuellen Version MAXQDA 12 eingesetzt. Dieses ist in einer deutschen Version für Windows sowie für Mac OS mit dazugehörigem Referenzhandbuch verfügbar, und die Lizenz ist für Studierende und Promovierende günstig erwerbbar. Die übersichtliche MAXQDA-Oberfläche mit den vier Hauptfenstern (Liste der Dokumente, Dokument-Browser, Liste der Codes, Liste der Codings), die wie gewünscht ein- und ausgeblendet werden können, und die gut aufgebauten Online-Tutorials ermöglichen eine rasche und einfache Einarbeitung in das Programm (vgl. Kuckartz 2010, S. 10; MAXQDA12 2017, S. 9+12). Die Transkriptionsfunktion, die es ermöglicht Audio- und Videodateien direkt in MAXQDA zu transkribieren, wurde von der Autorin als nützlich gesehen und daher verwendet. Die neun aufgezeichneten MP3-Audodateien wurden im erstellten Projekt in das Fenster „Liste der Dokumente“ importiert und konnten mit dem „Media Player“ abgespielt werden. Anschließend konnte im Dokumenten-Browser mit der Transkription der Interviews begonnen werden (vgl. MAXQDA12 2017, S. 367 f.). Das Interview, das auf Wunsch der befragten Person (J2) nicht aufgezeichnet worden war, konnte als Textdatei ebenfalls zur Liste der Dokumente hinzugefügt werden.

    Zur Analyse des Datenmaterials wurden anhand des theoretischen Hintergrundes und der Interviews Kategorien und Unterkategorien entwickelt. Diese werden bei MAXQDA als Codes und Subcodes bezeichnet und sind im Fenster „Liste der Codes“ einzugeben. Dieser Aufbau der Codes stellt das „Codesystem“ dar und ist als eine Art Baumstruktur (Codebaum) immer sichtbar. Nach dem Erstellen des Codebaumes erfolgte die Zuordnung von markierten Textsegmenten zu einem oder mehreren Codes. Dies ist die Kernfunktion von MAXQDA und wird als Codieren bezeichnet. Durch das Codieren der Dokumente wird eine systematische Inhaltsanalyse ermöglicht. Codes können beliebig neu eingefügt, verschoben oder umbenannt und jedem Code kann eine spezielle Farbe zugeordnet werden (vgl. MAXQDA12 2017, S.106ff.). Um die Forschungsfrage dieser Arbeit bestmöglich beantworten zu können, wurden die drei Oberkategorien „Vor der Zeit bei AIB“, „Während der Maßnahme“ und „Nach der Maßnahme“, die sich vom Aufbau des Interviewleitfadens ableiteten, eingeführt. Durch die Feincodierung der relevanten Textstellen ergaben sich schließlich die dazugehörigen Unterkategorien. Auf diese Weise entstand in MAXQDA das Kategorienschema in Form eines Codebaums (siehe unten).

    Abbildung 7. Codebaum aus MAXQDA

    Screenshot mit Auflistung der Codes.

    Quelle: Eigene Darstellung

    Die Zahl hinter dem Code gibt die Summe der Segmente an, der jeweiligen Kategorie zugeordnet wurden (vgl. ebd., S. 124). Um ein adäquates System zu erreichen, erfolgte während des Codierprozesses laufend eine Adaptierung des Systems. Nach der Codierung wurden die Textsegemente für die Auswertung in eine Excel-Tabelle exportiert.

    6.2 Vorstellung der InterviewpartnerInnen

    Um einen Eindruck von den jeweiligen befragten Personen und deren Lebensumständen zu gewinnen, werden in diesem Kapitel die einzelnen InterviewpartnerInnen vorgestellt, und auch die Interviewsituation wird kurz beschrieben. Die soziodemographischen Daten wurden vor den Interviews mittels eines Kurzfragebogens abgefragt bzw. wurden Details auch während des Gespräches bekannt. Die genaue Art der Beeinträchtigung der Jugendlichen kann nicht im Detail beschrieben werden, da die Befragten diese nicht benennen konnten. Doch lag bei allen eine Beeinträchtigung im Sinne des Oö. ChG vor. Lediglich bei J6 und J7 ist über deren Art der Beeinträchtigung mehr bekannt, da dies in der Befragung der Mütter eruiert werden konnte. Da die empirische Erhebung auf den Standort Steyr fokussiert, sind alle befragten Jugendlichen in Steyr oder Steyr-Umgebung aufgewachsen und wohnen auch jetzt noch dort. Um die Anonymität der interviewten Personen zu schützen (wahren), wird der genaue Wohnort und auch der Name und der Ort der Betriebsstätte der Jugendlichen nicht genannt. Auch die Namen der BetreuerInnen von FAB werden nicht erwähnt.

    Jugendliche 1 (J1): 26 Jahre, Regalbetreuerin

    J1 ist 26 Jahre alt und lebt bei ihren Eltern in einer Wohnung in Steyr. Das Interview wurde beim AIB-Standort in Steyr im EDV-Raum durchgeführt. Eine Terminvereinbarung mit J1 gestaltet sich schwierig, da ihre Arbeitszeiten sehr unterschiedlich sind und sie diese immer kurzfristig erfährt. So wurde der Termin spontan vereinbart an einem Tag, als J1 Urlaub hatte. Da J1 keinen Führerschein hat, wurde sie von ihrer Mutter zum Ort des Interviews gebracht und von der Interviewerin heimgebracht. Schon zu Beginn des Gespräches zeigte sich, dass J1 eine ruhige und zurückhaltende junge Frau ist. Gerade die ersten Antworten waren sehr knapp, und oftmals bedauerte sie, dass sie sich nicht mehr erinnern könne. Bewusst wurde ihr für die Beantwortung der Fragen mehr Zeit gegeben; so konnte sie in Ruhe die Erlebnisse bzw. Eindrücke von AIB reflektieren. Im Laufe des Interviews besserte sich ihr Antwortverhalten, und sie lieferte teilweise sogar Antworten von vorhergehenden Fragen nach. Das Gespräch war für die Interviewerin daher eine große Herausforderung, nicht nur, weil es das erste Interview (Pre-Test) im Zuge dieser Forschungsarbeit war, sondern auch, weil die Interviewerin behutsam agieren und das Interview auch sehr aktiv führen musste.

    J1 ging in die Vorschule, hatte während ihrer Volks- und Hauptschulzeit einen SPF und wurde in einer Integrationsklasse nach dem ASO-Lehrplan unterrichtet. Nach Absolvierung ihrer Schulpflicht begann sie mit 15 Jahren die Berufliche Qualifizierungsmaßnahme. Das Wohnangebot bei AIB nutzte sie nicht, da sie in Steyr wohnte und daher keinen weiten Anreiseweg hatte. J1 wurde an keine Lehrstelle vermittelt, sondern fand eine Teilzeitanstellung in einem Supermarkt als Hilfskraft. Seit acht Jahren arbeitet sie dort 20 Stunden in der Woche und ist für die Regalbetreuung zuständig. Gerne würde sie mehr Stunden arbeiten, doch laut ihrer Chefin wäre dies aktuell nicht möglich. Sie arbeite gerne, und ihre KollegInnen und auch ihre Chefin finde sie sehr nett. Mit den Kunden habe sie nicht viel Kontakt, dieser beschränke sich lediglich auf das Grüßen. Als äußerst positiv hob sie ihren Betreuer von AIB hervor, und dass sie hier gute Freunde kennengelernt habe, mit denen sie sogar heute noch befreundet sei. Nach dem Interview fragte sie, ob sie sich noch im Gebäude von FAB umsehen dürfe, da sie neugierig sei, ob sich nach all den Jahren etwas verändert habe. Herr Z., der Leiter von AIB, führte J1 und die Interviewerin durch die Räumlichkeiten von AIB. J1 sah sich sehr interessiert um und stellte fest, dass sich gar nicht so viel verändert habe.

    Jugendliche 2 (J2): 23 Jahre, gelernte Zahnärztliche Fachassistentin, vorübergehendberufsunfähig

    Die zweite interviewte Jugendliche (J2) ist 23 Jahre alt und wohnte zum Zeitpunkt der Maßnahme noch bei ihren Eltern in Steyr. Auch hatte sie damals noch die türkische Staatsbürgerschaft, verfügt aber heute über die österreichische. Mittlerweile ist sie verheiratet und wohnt gemeinsam mit ihrem Mann in einer Marktgemeinde neben Steyr in einem Zweifamilienhaus. Im anderen Teil des Hauses wohnt ihre Schwester mit ihrer Familie. Sie haben es gemeinsam gekauft und umgebaut. J2 lud die Interviewerin zu sich nach Hause ein und war sichtlich erfreut darüber, Besuch zu bekommen. Sie entschuldigte sich für die Baustelle im Eingangsbereich und im Stiegenhaus, da die Renovierungsarbeiten noch nicht ganz abgeschlossen seien. Ihre Wohnung ist nett und gemütlich eingerichtet. Das Interview wurde in ihrer Küche geführt. Sie war sehr gastfreundlich und bewirtete die Interviewerin mit türkischem Tee. Das Gespräch wurde nicht mittels Tonträger aufgenommen, sondern die Interviewerin schrieb das Gesagte auf ihrem Laptop mit. Dahingehend gestaltete sich dieses Interview etwas länger, und wegen der Mitschrift entstanden immer wieder kurze Unterbrechungen. Seit ihrer Geburt leidet J2 an einem schweren Immundefekt. Dies machte sich auch beim Interview bemerkbar; nach kurzer Zeit fiel ihr beim Reden das Atmen schwer, und sie musste immer wieder husten. Einmal wurde das Gespräch für längere Zeit unterbrochen, damit J2 aus einem Nebenraum ihr Inhaliergerät holen und auch benutzen konnte. Dank ihrer quirligen und fröhlichen Art gestaltete sich das Gespräch äußerst angenehm. Sie gab klare und verständliche Antworten, neigte jedoch oftmals dazu, vom Thema abzuschweifen.

    Wegen ihrer Immunerkrankung war J2 während ihrer Schulzeit sehr oft krank. Aufgrund der vielen krankheitsbedingten Fehlstunden wies sie schulische Defizite auf und musste die vierte Klasse Volksschule wiederholen. In der Hauptschule erhielt sie den SPF und wurde in einer Integrationsklasse nach den ASO-Lehrplan unterrichtet. Aufgrund ihrer Erkrankung war sie sehr oft im Krankenhaus, deswegen hatte sie schon von klein auf viel Kontakt mit ÄrztInnen und Krankenschwestern/pflegern. So war ihr Traumberuf eigentlich Krankenschwester, doch sie bedauerte, dass sie wegen ihrer Noten und ihrer Krankheit diese Ausbildung leider nicht machen konnte. Mit 15 Jahren kam sie zu AIB, dort wurde laut ihren Erzählungen gerade seitens ihrer Bezugsbetreuerin sehr viel Rücksicht auf ihre Krankheit und auf ihren Berufswunsch genommen. So fokussierte man bei der Lehrstellensuche auf ähnliche Berufe im Gesundheitswesen und fand für sie einen passenden Lehrstellenplatz in einer Zahnarztpraxis als Zahnärztliche Fachassistentin; die Lehrabschlussprüfung absolvierte sie positiv. Mit der Lehrzeit war sie insgesamt fünf Jahre in dieser Praxis vollzeitbeschäftigt, bis sie aufgrund ihrer vielen Krankenstände gekündigt wurde. Bei J2 handelt es sich daher um einen sehr speziellen Fall in dieser Forschungsarbeit, da sie aktuell keiner Berufstätigkeit nachgeht. Doch wurde entschieden, sie trotzdem zu interviewen, da gerade in ihrem Fall gut ersichtlich wird, wie manche Sozialleistungen an die Erwerbsarbeit gekoppelt sind.

    J2 erzählte, die Kündigung habe auch etwas Positives für sie, da sie jetzt mehr Zeit für sich habe. Sie müsse zwei bis drei Mal am Tag inhalieren und Tabletten nehmen. Dies sei ihr während der Arbeit stressbedingt oft nicht möglich gewesen, daher habe sie unter starken Schmerzen im Brustbereich gelitten. Die erste Zeit nach der Kündigung bezog sie das Arbeitslosengeld und fügte hinzu, dass es ihr zugutegekommen sei, einen Beruf gelernt zu haben, denn so griff bei ihr in den ersten Monaten der Arbeitslosigkeit der Berufsschutz[39], und sie musste sich nicht für jede freie Stelle bewerben, sondern nur für die, die ihrer Ausbildung entsprachen. Zudem wurde sie von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) als vorübergehend berufsunfähig[40] eingestuft, weshalb ihr aktuell aus der Pensionsversicherung Rehabilitationsgeld gebührt[41] (vgl. Resch 2017, S.71). Nach abgeschlossener Ausbildung war sie rund zwei Jahre als Angestellte tätig und erfüllte somit die Voraussetzung bezüglich der mindestens zwölf Pflichtversicherungsmonate gemäß § 273 Abs. 1 iVm § 255 Abs. 2 Satz 3 ASVG. Nach dem Gespräch bedankte sie sich bei der Interviewerin für den Besuch und betonte, dass sie immer froh über einen Besuch sei, da ihr zu Hause sehr langweilig sei. Sie freut sich darauf, wenn es ihr wieder bessergehen würde und sie wieder arbeiten könne.

    Jugendliche 3 (J3): 29 Jahre, Reinigungskraft

    Bei der dritten befragten Jugendlichen handelt es sich ebenfalls um eine junge Frau. Sie ist 29 Jahre und wuchs bei ihren Eltern in einem kleinen Ort rund 20 Minuten von Steyr entfernt auf. Wegen der weiten Anreise nahm sie das Wohnangebot von AIB in Anspruch. Gemeinsam mit ihrem Freund (J4), den sie bei AIB kennengelernt hat, wohnt sie aktuell bei dessen verwitwetem Vater im Haus, in einer eigenen Wohnung im ersten Stock. Das Interview wurde bei ihr zu Hause geführt. Sie empfing die Interviewerin freundlich und führte sie ins Wohnzimmer; sie erwähnte, dass sie sich sehr über den Besuch freue, aber auch nervös sei im Hinblick darauf, was nun auf sie zukomme. Anhand des vorab per Post übermittelten Leitfadens hatte sie einen Zettel mit Notizen vorbereitet. Die ersten Minuten antwortete sie eher knapp und klammerte sich sehr an ihre Notizen. Im Laufe des Gespräches ließ ihre Nervosität deutlich nach, sie legte ihren Notizzettel weg, das Beantworten der Fragen fiel ihr viel leichter, und die Antworten wurden länger.

    J3 absolvierte ihre Pflichtschulzeit in einer Sonderschule. Auf dem Kurzfragebogen gab sie an, auch die zehnte Schulstufe absolviert zu haben, konnte aber nicht mehr sagen, in welcher Schule. Es wird vermutet, dass sie dieselbe Sonderschule zehn Jahre lang besuchte. Nach der Schulzeit war sie ein Jahr lang in einem Sozialökonomischen Betrieb[42] als Küchenhilfe tätig. Sie gab an, in dieser Zeit kein Entgelt, auch nicht in Form eines Taschengeldes bekommen zu haben. Nach diesem Arbeitstrainingsprogramm wurde sie vom Arbeitsmarktservice an AIB weitervermittelt. Da ihr die Arbeit in der Küche großen Spaß machte, absolvierte sie über AIB auch ein Praktikum in einer Firma auf dem Ersten Arbeitsmarkt in der Küche. Dort wurde sie dann leider nicht angestellt, fand aber eine Teilzeitstelle als Reinigungskraft in einem Alten- und Pflegeheim in Steyr. Bereits seit acht Jahren sei sie dort tätig, sie arbeite dort gerne, da sie gut mit älteren Menschen umgehen könne. So bereite es ihr auch große Freude, sich neben ihrer Tätigkeit mit den BewohnerInnen zu unterhalten. J3 machte beim Interview einen sehr zufriedenen Eindruck. Glücklich erwähnte sie, dass sie jetzt eine Arbeit, einen Freund und eine Wohnung habe, dies alles habe sie vor AIB nicht gehabt.

    Jugendlicher 4 (J4): 27 Jahre, Tischlerhelfer

    J4 ist 27 Jahre alt. Er wohnt mit seiner Freundin (J3) zusammen in einer Wohnung im Elternhaus. Das Interview wurde am selben Tag wie das mit seiner Freundin vereinbart. Er kam von der Arbeit nach Hause, und man merkte, dass er wegen des Interviews leicht angespannt war. Aufgrund seines Sprachfehlers war er sehr unsicher gegenüber der Interviewerin und teilte ihr mit, dass er deswegen auch Bedenken bezüglich des Interviews habe. Nachdem ihm aber in Ruhe der Ablauf des Gesprächs erklärt worden war, legte sich rasch seine Nervosität. Auch er hatte sich wie J3 auf die Fragen vorab vorbereitet und nahm während des Gesprächs einen Notizzettel als Hilfestellung zur Beantwortung der Fragen. Er sprach langsam und bedacht, und somit waren seine Antworten gut verständlich.

    In der Volks- und Hauptschule und in der Polytechnischen Schule wurde J4 in einer Integrationsklasse nach dem ASO-Lehrplan unterrichtet, da er einen SPF hatte. Bevor er zu AIB kam, absolvierte er bereits ein Jahr lang eine andere arbeitsmarktpolitische Maßnahme in einer anderen Einrichtung, die ebenfalls die Integration von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen in den Ersten Arbeitsmarkt zum Ziel hatte. Nach diesem Jahr fand er keine Arbeitsstelle, und somit begann er die Berufliche Qualifizierungsmaßnahme des FAB. In der Zeit bei AIB wohnte er noch bei seinen Eltern, doch als er dann mit J3 ein Paar wurde, nutzte auch er die Wohnmöglichkeit bei AIB und bekam mit seiner Freundin gemeinsam ein Zimmer. Handwerklich ist J4 sehr interessiert und begabt. Daher absolvierte er seine Praktika in Tischlerfirmen. Der zweite Betrieb, ein bekannter Küchenhersteller, bei dem er sein Praktikum machte, übernahm ihn als Hilfsarbeiter. Nun arbeitet er schon acht Jahre in dieser Firma. Über AIB machte er auch den Stapler- und den Autoführerschein. Er fährt mit seinem eigenen Auto in die Arbeit und genießt es, mobil zu sein. Auch er wirkt wie seine Freundin glücklich und ist sehr zufrieden damit, wie sich alles entwickelt hat.

    Jugendlicher 5 (J5): 22 Jahre, gelernter Landschaftsgärtner

    Bei J5 handelt es sich um einen aufgeschlossenen und sehr positiv eingestellten jungen Mann. Er ist 22 Jahre alt und wohnt seit einiger Zeit in einer eigenen Wohnung, in der auch das Interview durchgeführt wurde. Über den Besuch der Interviewerin freute er sich sehr. Laut seinen Angaben ist er sehr gesellig und hat auch gerne Besuch, aber leider habe er keinen so großen Freundeskreis und sei daher viel allein. Er wirkte sehr selbstsicher. Erst als er das Diktiergerät sah, wurde er plötzlich unsicher, war aber trotzdem einverstanden, dass das Gespräch aufgezeichnet wurde. Ihm wurde kein Leitfaden übermittelt, da er dies nicht wollte. Auf Anhieb wusste er viel zu erzählen. Er gab lange Antworten, wich dabei aber nicht vom Thema ab. Auffällig war, dass er zum Schluss hin unruhig und unkonzentriert wurde und die Fragen eher knapp beantwortete.

    J5 verfügte in seiner Schulzeit über eine SPF und wurde daher in seiner Volks- und Hauptschulzeit in einer Integrationsklasse nach dem ASO-Lehrplan unterrichtet. Da er erst im Alter von acht Jahren eingeschult wurde, musste er kein neuntes Schuljahr mehr absolvieren. So kam er nach der Hauptschule gleich zu AIB. Trotz des weiten Anreiseweges wohnte er während der Maßnahme nicht bei AIB, da dies seine Mutter nicht wollte. Nach zwei Jahren konnte er eine Teillehre als Garten- und Grünflächengestalter im Bereich Landschaftsgärtnerei in der Stadtgemeinde, in der er auch wohnt, beginnen und absolvierte dort die Lehrabschlussprüfung. Er besitzt sowohl Auto- wie auch Traktorführerschein, die er nach AIB erwarb. Seit fünf Jahren ist J5 bei der Stadtgemeinde als Landschaftsgärtner eingestellt. Dies macht ihm große Freude, da er gerne in der Natur arbeitet. Doch am meisten schätzt er das gute und freundschaftliche Verhältnis zu seinem Vorgesetzten und zu den Kollegen.

    Jugendlicher 6 (J6): 26 Jahre, gelernter Lagerlogistiker

    J6 ist 26 Jahre alt, und da er keinen Führerschein besitzt, wohnt er unter der Woche bei seiner Großmutter in der Nähe seiner Arbeitsstätte. Jedes Wochenende fährt er nach Hause zu seinen Eltern, daher wurde das Interview für einem Freitagabend vereinbart und fand im elterlichen Wohnzimmer statt. J6 ist ein sehr an der Welt interessierter junger Mann, dies spiegelte sich auch in seinen Antworten wider. Er wusste viel über AIB zu berichten, seine Antworten waren daher sehr ausführlich und informativ. Durch seine ruhige Art war es ein sehr angenehmes Gespräch.

    J6 hatte einen SPF-Bedarf und ging in die Vorschule. Er wurde in einer Integrationsklasse nach dem ASO-Lehrplan unterrichtet. Nach der Hauptschule besuchte er für zirka ein halbes Jahr die Polytechnische Schule, brach diese Ausbildung aber ab und wechselte zu AIB. Hier erkannte man jedoch sehr schnell, dass J6 eigentlich keine Berufliche Qualifizierung mehr benötigte, sondern schon großes Potenzial für eine Berufsausbildung hatte. So organisierte AIB für ihn einen Platz in einer anderen arbeitsmarktpolitischen Maßnahme, die speziell darauf ausgerichtet war, Lehrstellen für Jugendliche mit Beeinträchtigung zu finden. Die Maßnahme ist so konzipiert, dass die Jugendlichen bereits die Berufsschule besuchen. Nach einigen Monaten teilte ihm seine Bezugsbetreuerin von AIB aber mit, dass sie eventuell eine Lehrstelle als Lagerlogistiker für ihn wüsste. Dort konnte er dann die Lehrstelle antreten. Mittlerweile ist er bereits zehn Jahre als Lagerlogistiker tätig. Die Arbeit ist anspruchsvoll und fordert ihn. Besonders gut tut ihm, dass er im Betrieb anerkannt und seine fachliche Kompetenz geschätzt wird.

    Jugendlicher 7 (J7): 28 Jahre, Zentralverpacker

    Der siebte befragte Jugendliche ist 28 Jahre alt und lebt bei seinen Eltern. Wegen der Terminvereinbarung war die Interviewerin mit seiner Mutter im Kontakt. Auf ihren Wunsch hin wurde das Gespräch am FAB-Standort durchgeführt. Da J7 keinen Führerschein besitzt und seine Mutter arbeiten musste, holte ihn die Interviewerin von der Arbeit ab, und brachte ihn nach dem Interview nach Hause. Dies war deshalb positiv, da J7 wegen des Treffens sehr angespannt und nervös war; doch während der Autofahrt wurde er entspannter und erzählte schon einiges über seine Arbeit. Beim Interview wurde er gelegentlich wieder nervös, wenn ihm Details nicht mehr einfielen. Er entschuldigte sich, dass er oft einfach so lange brauche, bis ihm wieder alles einfalle.

    J7 wurde mit normalem Lehrplan in einer Integrationsklasse eingestuft. Relativ bald nach der Einschulung wurde bei ihm das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) in Kombination mit Hyperaktivität, somit eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) diagnostiziert. Er bekam einen SPF und wurde in der Volks- und Hauptschulzeit mit dem ASO-Lehrplan unterrichtet. Da er keine andere Möglichkeit hatte, besuchte er, bevor er zu AIB kam, vier Jahre lang eine Sonderschule für schwer beeinträchtigte Kinder bzw. Jugendliche. Mit 18 Jahren begann er dann die Berufliche Qualifizierung und konnte im Zuge dieser an eine Hilfsarbeiterstelle als Zentralverpacker in einem großen Maschinenindustriekonzern vermittelt werden. Bereits seit acht Jahren arbeitet er dort. Der strukturierte Tagesablauf und die routinemäßige Tätigkeit verleihen ihm die nötige Sicherheit, die er beim Arbeiten benötigt.

    Jugendlicher 8 (J8): 20 Jahre, gelernter Einzelhandelskaufmann

    J8 ist 20 Jahre alt und somit der jüngste befragte Jugendliche. Er wohnt bei seinen Eltern außerhalb von Steyr. Da er einen Autoführerschein besitzt, den er nach AIB erwarb, und in der Woche der telefonischen Kontaktaufnahme zufällig Urlaub hatte, konnte spontan ein Interviewtermin beim Standort in Steyr vereinbart werden. Am Beginn des Gesprächs wirkte er desinteressiert, was aber die Interviewerin eventuell wegen seiner „lungernden“ Haltung beim Sitzen falsch interpretierte. Denn er antwortete durchaus informativ und schilderte seine Eindrücke ausführlich, gerade in Bezug auf seine Berufsschulzeit ging er ins Detail. Nach dem Interview unterhielt er sich noch mit seiner ehemaligen Betreuerin und erzählte ihr von seiner Arbeit.

    Im Alter von sieben Jahren wurde J8 in die Sonderschule eingeschult. Ihm wurde ein Jahr vom Kindergarten angerechnet, somit ging er nur acht Jahre in die Schule, und anschließend begann er AIB. Zu diesem Zeitpunkt lebten seine Eltern noch in Steyr, daher wohnte er während der Maßnahme nicht bei FAB. Sein Wunsch war es Tischler zu lernen. Da sich kein entsprechender Lehrstellenplatz fand, begann er eine Teilqualifizierungslehre gemäß § 8b Abs. 2 BAG als Einzelhandelskaufmann in einem großen Baumarkt. J8 stieg aber während der Ausbilungsgs-phase auf den normalen Lehrplan um und beendete somit seine Einzelhandelslehre ohne eingeschränkten Lehrplan mit der Lehrabschlussprüfung. Dies habe er durch viel Fleiß und aus eigener Kraft geschafft, darauf sei er sehr stolz. Inklusive der drei Jahre Lehrzeit ist er aktuell vier Jahre als Einzelhandelskaufmann im Baumarkt tätig.

    Mutter (M1): 57 Jahre, kaufmännische Angestellte

    Die erste befragte Mutter ist 57 Jahre alt, verheiratet, hat einen Sohn (J7) und eine Tochter. Sie arbeitet in einer Trafik als kaufmännische Angestellte. Da ihr als betroffene Mutter dieses Thema sehr am Herzen liegt, war sie sofort für das Interview bereit. Das Gespräch wurde bei FAB in Steyr durchgeführt. M1 beschrieb den schulischen wie auch den beruflichen Werdegang ihres Sohnes. Das Gespräch entwickelte sich teilweise sehr emotional, da M1 auch über die Beeinträchtigung und die dadurch resultierenden Schwierigkeiten und Sorgen ihres Sohnes im Detail berichtete.

    Mutter (M2): 50 Jahre, Werklehrerin

    M2 ist 50 Jahre, verheiratet und Mutter von drei Söhnen; J6 ist der Zweitgeborene. Sie unterrichtet in einer Volksschule Werkerziehung. M2 war sofort für ein Gespräch bereit und noch am selben Tag, an dem die telefonische Kontaktaufnahme stattfand, wurde das Interview durchgeführt. Dieses wurde wie mit ihrem Sohn zu Hause abgehalten, aber an einem anderen Tag, da sich die Autorin erst nach der Befragung der Jugendlichen für Interviews mit zwei Müttern entschied. Das Gespräch fand in der Küche statt. M2 vermittelte den Eindruck eines sehr warmherzigen Charakters, und wie auch M1 versucht sie, ihren Sohn bestmöglich zu unterstützen; über die Beeinträchtigung ihres Sohnes spricht sie ganz offen.

    6.3 Soziodemographische Daten der interviewten Jugendlichen

    Nachfolgend werden die für den Untersuchungsgegenstand relevanten soziodemographischen Daten der interviewten Jugendlichen tabellarisch dargestellt:

    Daten der befragten Jugendlichen J1 bis J4

    Daten zur Person

    J1

    J2

    J3

    J4

    Geschlecht

    weiblich

    weiblich

    weiblich

    männlich

    Alter / Beginn AIB

    26 / 15

    23 / 15

    29 / 18

    27 / 16

    Zeitraum, indem AIB besucht wurde

    09/2006 – 06/2009

    09/2010 – 11/2011

    09/2006 – 06/2009

    09/2006 – 06/2009

    Wohnangebot genutzt

    nein

    nein

    ja

    ja

    Staatsbürgerschaft

    Österreich

    Österreich

    Österreich

    Österreich

    Migrationshintergrund

    nein

    Türkei

    nein

    nein

    Familienstand

    ledig

    verheiratet

    ledig

    ledig

    Aktuelles Arbeitsverhältnis

    ja

    keines / vorübergehend berufsunfähig

    ja

    ja

    Beruf

    Regalbetreuerin

    ZahnärztlicheFachassistentin

    Reinigungskraft

    Tischlerhelfer

    Branche

    Lebensmittel-einzelhandel

    Gesundheitswesen

    Alten- und Pflegeheim

    Tischlergewerbe

    Arbeitszeit

    Teilzeit

    Teilzeit

    Vollzeit

    Höchster Bildungsabschluss

    Pflichtschule

    Lehre

    Pflichtschule

    Pflichtschule

    Berufsjahre nach AIB

    8

    5

    8

    8

    Quelle: Eigene Darstellung, Daten von FAB und aus den Interviews mit den Jugendlichen. Alter: Das Alter bezieht sich auf den Zeitpunkt der Befragung. Familienstand: Zum Zeitpunkt des jeweiligen Gespräches hatte keine der interviewten jugendlichen Personen Kinder. Berufsjahre nach AIB: Aufgerundet und inkl. Lehrzeit.

    Daten der befragten Jugendlichen J5 bis J8

    Daten zur Person

    J5

    J6

    J7

    J8

    Geschlecht

    männlich

    männlich

    männlich

    männlich

    Alter / Beginn AIB

    22 / 15

    26 / 15

    28 / 18

    20 / 15

    Zeitraum, indem AIB besucht wurde

    09/2010 – 09/2012

    03/2007 – 09/2007

    09/2006 – 08/2009

    10/2011 – 08/2013

    Wohnangebot genutzt

    nein

    ja

    nein

    nein

    Staatsbürgerschaft

    Österreich

    Österreich

    Österreich

    Österreich

    Migrationshintergrund

    nein

    nein

    nein

    nein

    Familienstand

    ledig

    ledig

    ledig

    ledig

    Aktuelles Arbeitsverhältnis

    ja

    ja

    ja

    ja

    Beruf

    Garten- und Grünflächengestalter

    Lagerlogistiker

    Zentralverpacker

    Einzelhandels-kaufmann

    Branche

    Öffentlicher Dienst

    Lebensmittel-industrie

    Anlagen- und Maschinenbau

    Einzelhandel

    Arbeitszeit

    Vollzeit

    Vollzeit

    Vollzeit

    Vollzeit

    Höchster Bildungsabschluss

    Teillehre

    Lehre

    Pflichtschule

    Lehre

    Berufsjahre nach AIB

    5

    10

    8

    4

    Quelle: Eigene Darstellung, Daten von FAB und aus den Interviews mit den Jugendlichen.

    Die acht Interviewten Jugendlichen sind zwischen 20 und 29 Jahre alt und begannen die Maßnahme im Alter zwischen 15 und 18 Jahren. Der Maßnahmenbeginn lag im Zeitraum 2006 bis 2011. Zwei weibliche (J1, J3) und zwei männliche (J4, J7) Jugendliche nahmen drei Jahre an AIB teil, wohingegen die anderen innerhalb des ersten (J6) bzw. des zweiten (J2, J5, J8) Jahres auf den Ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden konnten. Drei männliche (J5, J6, J8) und eine weibliche Jugendliche (J2) schlossen eine Lehre bzw. eine Teillehre ab, und die vier anderen Jugendlichen (J1, J3, J4, J7) nahmen eine Stelle als HilfarbeiterInnen an. Seit dem Austritt aus der Beruflichen Qualifizierungsmaßnahme haben sie bisher vier bis acht Berufsjahre absolviert.



    [39] Das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) hat Kriterien aufgestellt, welche Tätigkeiten für Arbeitslose (Verweisungsfeld) zumutbar sind. So sieht § 9 Abs. 3 AlVG für die ersten 100 Tage des Arbeitslosengeldbezugs einen befristeten Berufsschutz vor. Somit ist innerhalb dieser Zeit eine Vermittlung in eine nicht dem bisherigen Beruf entsprechende Tätigkeit unzumutbar. Beispielsweise bedeutet dies, dass ein Facharbeiter in dieser Zeit keine Hilfsarbeitertätigkeit annehmen muss (vgl. Pfeil 2016, S. 136f.).

    [40] Eine Person in einem Angestelltenverhältnis gilt zufolge § 273 Abs. 1 iVm § 255 Abs. 1 und 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) als berufsunfähig, wenn die „Arbeitsfähigkeit infolge körperlichen oder geistigen Zustandes auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich und geistig gesunden versicherten Person von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist, [...].“ Außerdem muss eine Person innerhalb der letzten 15 Jahre mindestens 90 Pflichtversicherungsmonate einer Erwerbstätigkeit als Angestellte/r oder überwiegend im erlernten (angelernten) Beruf nachgegangen sein. Wenn diese 15 Jahre nach dem Ausbildungsende noch nicht erreicht sind, so muss die Erwerbstätigkeit zumindest zwölf Pflichtversicherungsmonate einschließen.

    [41] Dieses wird dem/der KrankversicherungsträgerIn ausbezahlt und der/die Pensionsversicherungsträger/in hat dementsprechend einen Kostenersatz gemäß §143c Abs. 4 zu entrichten.

    [42] Ein Sozialökonomischer Betrieb ist ein arbeitsmarktpolitisches Instrument und dient der Vermittlungsunterstützung. Durch die Bereitstellung von marktnahen jedoch geschützten und befristeten Arbeitsplätze sollen schwer vermittelbare Personen nachhaltig in den Arbeitsmarkt integriert werden (vgl. AMS 2013, S. 5).

    7 Darstellung der Untersuchungsergebnisse

    Für die inhaltliche Interpretation und für die Darstellung der Ergebnisse der Interviews wurde das Kategorienschema von MAXQDA zur besseren Übersichtlichkeit beibehalten. Somit werden die Ergebnisse anhand der drei Themenbereich Vor der Zeit bei AIB“, „Während der Maßnahme“ und „Nach der Maßnahme“ mit deren Unterkategorien deskriptiv dargestellt. Anhand ausgewählter direkter Zitate aus den transkribierten Interviews werden bestimmte Punkte besonders untermauert, dadurch soll ein Gefühl der Authentizität geschaffen werden.

    7.1 Vor der Zeit bei AIB

    Die Schulausbildung beeinflusst maßgeblich den beruflichen Eingliederungsprozess und die weitere berufliche Laufbahn einer Person. Daher wird einführend mit dieser Kategorie die Zeit vor AIB, mit besonderer Aufmerksamkeit für die schulische Situation bzw. schulische Laufbahn der Jugendlichen, durchleuchtet. Demzufolge werden auch die Beweggründe der Jugendlichen für die Inanspruchnahme der Beruflichen Qualifizierung deutlich.

    7.1.1 Schulausbildung und absolvierte arbeitsmarktpolitische Maßnahmen

    In Österreich gilt gemäß §§ 1 bis 3 Schulpflichtgesetz 1985 für alle Kinder die allgemeine Schulpflicht. Diese beginnt für Kinder, die in einem Kalenderjahr vor dem 1. September sechs Jahre alt werden, und dauert neun Schuljahre. Von den befragten Jugendlichen haben zwei (J3, J8) ihre gesamte Pflichtschulzeit in einer Sonderschule verbracht. Die anderen Jugendlichen besaßen entweder bereits von Anfang an einen SPF oder erhielten diesen im Laufe ihrer Schulzeit und wurden folgend in einer Integrationsklasse in einigen Gegenständen, meist in den Hauptgegenständen, nach dem ASO-Lehrplan unterrichtet.

    Zwei der acht befragten Jugendlichen (J1, J6) besuchten die Vorschule, und zwei weitere (J5, J8) begannen die Schule statt mit sechs Jahren erst im Alter von acht bzw. sieben Jahren. J5 hatte einen Anspruch auf einen SPF, da er aber nicht früher die Möglichkeit bekam, eine Integrationsklasse mit einem/einer Stützlehrer/in zu besuchen, musste er bis zum achten Lebensjahr in den Kindergarten gehen. Seiner Ansicht nach hätte er die Pflichtschulzeit ohne eine Stützlehrerin nicht geschafft (vgl. J5, S. 1).

    „[...] hätte ich keine Integration gekriegt, keine zweite Hilfslehrerin, dann wäre ich normal drinnen gesessen und dann hätte ich es nicht gepackt.“ (J5, S. 1)

    J7 wurde zwar mit einem normalen Lehrplan in einer Integrationsklasse eingeschult, konnte diesen aber nicht bewältigen und bekam so einen SPF. Ab der vierten Volksschulklasse und in der gesamten Hauptschulzeit wurde er dann nach einem Lehrplan für schwerstbehinderte Kinder unterrichtet (vgl. M1, S. 1). M1 lobt die LehrerInnen in der Hauptschule und berichtet, dass ihr Sohn (J7) sich dort gut entwickelte.

    „Hauptschulzeit ist von 10 bis 14 gewesen, da waren ganz tolle Integrationslehrer dabei. Irrsinnig bemüht, vom Klassenvorstand und so, aber der Integrationslehrer, der zusätzlich für die kranken Kinder da war, war top. [...] das war dann die Hauptschulzeit, da hat er eine gute Entwicklung gemacht und dann war er 14.“ (M1, S. 2)

    Da ihr Sohn als schwerstbehindert eingestuft war, kam er nach der Hauptschule in eine Sonderschule, wo er vier Jahre lang eine Schwerstbehindertenklasse besuchte. Hier wurden Kinder mit schweren psychischen und physischen Beeinträchtigungen unterrichtet. Laut M1 war es für ihren Sohn schwierig, sich in dieser Klasse zurechtzufinden, da er aufgrund seiner Beeinträchtigung (ADHS) ihrer Meinung nach eine andere Unterrichtsform benötigt hätte und daher auch nicht die notwendige (schulische) Förderung erhielt. In dieser Zeit machte ihr Sohn in seiner Entwicklung deutliche Rückschritte (vgl. M1, S. 2).

    „[...] dann bist du in einer Klasse, in die du nicht so wirklich reingehörst. Da hat er dann Rückschritte gemacht. [...] Da war er dann nochmal vier Jahre und in der Zeit habe ich nicht gewusst, was ich tun soll.“ (M1, S. 1)

    Eine Jugendliche (J2) wurde in der Volksschule nach dem normalen Lehrplan unterrichtet, musste aber die vierte Klasse wiederholen und erhielt in der Hauptschule einen SPF. J4 besuchte nach der Hauptschule die Polytechnische Schule, in der er ebenfalls nach dem ASO-Lehrplan unterrichtet wurde. J6 besuchte die Vorschule und hatte somit nach der Hauptschule seine Pflichtschuljahre absolviert. Da er keine Arbeitsstelle fand, ging er weiter in die Polytechnische Schule, in der er nach dem normalen Lehrplan unterrichtet wurde. Nebenbei suchte er nach einer Lehrstelle (vgl. J6, S. 1). Seine Mutter (M2) berichtete, dass die Zeit in der Polytechnischen Schule nicht einfach war, da ihr Sohn u.a. von einem Lehrer unterrichtet wurde, der anscheinend nicht mit seiner Beeinträchtigung umgehen konnte und ihr beim Elternsprechtag erklärte, wie dumm ihr Sohn sei. Sie war sehr erleichtert, als dieser einen Platz bei AIB bekam und somit die Polytechnische Schule nach einigen Monaten verlassen konnte (vgl. M2, S. 3).

    „Ich war mit dem Poly nicht recht glücklich, muss ich ehrlich sagen. [...] für mich war das der glücklichste Moment, als ich hingegangen bin zum Direktor und gesagt habe, mein Sohn hat was und ich nehme ihn heraus.“ (M2, S. 3)

    Wie J6 besuchten J1 und J2 nach der Hauptschule keine Schule mehr, da sie wegen der Vorschule bzw. Wiederholung einer Klasse bereits ihre neun Pflichtschuljahre absolviert hatten. Da J5 erst mit acht Jahren in die Schule kam, wurde ihm ein Kindergartenjahr als Schuljahr angerechnet, und so hatte er nach der Hauptschule auch seine Schulpflicht erfüllt (vgl. J5, S. 1).

    Besuch arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen

    Vor AIB besuchten zwei der befragten Jugendlichen (J3, J4) bereits eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme. J3 arbeitete ein Jahr lang im Zuge eines Arbeitstrainingsprogramm in der Küche eines Sozialökonomischen Betriebes in Steyr (vgl. J3, S. 1). J4 war nach seiner Schulzeit ein Jahr lang in einer berufsvorbereitenden Maßnahme, in der versucht wurde für ihn eine Arbeitsstelle zu finden. Auf die Frage, ob dort auch mit ihm gelernt wurde, antwortete er: „[...] gespielt haben wir. Ein paar Lernspiele“ (J4, S. 2). Auch J5 „schnupperte“ im Rahmen eines Projektes in einer Einrichtung, in der man für junge Menschen eine Arbeits- bzw. Lehrstelle suchte. Dort gefiel es ihm aus verschiedenen Gründen nicht, und somit begann er dann die Berufliche Qualifizierungsmaßnahme AIB (vgl. J5, S. 6). Die fünf anderen Jugendlichen kamen nach der Schule zu AIB, und somit war dies die erste arbeitsmarktpolitische Maßnahme, die sie besuchten.

    7.1.2 Vermittlung zu AIB

    Die Alternative, eine weiterführende Schule zu besuchen, stand für die befragten Jugendlichen schon wegen ihrer schulischen Laufbahn nicht zur Debatte. Überdies hat es den Anschein, dass die Jugendlichen den einen Übertritt in eine weiterführende Schule nicht als Option für sich sahen. Aus diesen Gründen wollten sie nach der Pflichtschule eine Lehr- oder Arbeitsstelle antreten. Einige von ihnen (J2, J3, J5, J6) standen diesbezüglich mit dem Arbeitsmarktservice (AMS) in Kontakt. Die Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz gestaltete sich allerdings schwierig. So ist J2 der Meinung, dass es mit einem SPF äußerst schwer sei, eine Stelle ohne Unterstützung zu finden (vgl. J2, S. 2). Auch M2 berichtet, dass sich die Arbeitssuche ihres Sohnes (J6) ohne zusätzliche Hilfe beinahe als unmöglich erwies. Sie nimmt an, dass ihr Sohn oftmals aufgrund seiner motorischen Beeinträchtigung abgelehnt worden sei (vgl. M2, S. 2).

    „[...] sobald man dann immer hingekommen ist und eben erklärt hat, der Sohn hat eine motorische Behinderung, ist natürlich gleich einmal von Haus aus Nein gesagt worden und so weiter.“ (M2, S. 2)

    Deshalb wandten sie sich an eine Beratungsstelle für benachteiligte Jugendliche, wo ihnen AIB empfohlen wurde (vgl. M2, S. 3). J7 besuchte nach seiner Pflichtschulzeit die Schwerst-behinderten-Klasse in einer Sonderschule. Mit 18, nach dem vierten Jahr in diesem Schultyp, konnte er sie nicht mehr weiter besuchen. Auf Empfehlung der Schulleitung kontaktierte seine Mutter (M1) eine andere Einrichtung, doch hatte diese keine passende Maßnahme für den Sohn. Durch einen Artikel in einer Regionalzeitung wurde M1 auf AIB aufmerksam (vgl. M1, S. 2).

    „Logisch, das [Anm.: der Besuch der Sonderschule] geht nur, bis er 18 ist [...]. Aber was tun? Dann habe ich mir schon gedacht, dass er daheimbleibt oder sonst was. Und dann habe ich über das Projekt AIB gelesen, das zum ersten Mal als Versuch gemacht werden soll.“ (M1, S. 2)

    Bei der ersten Kontaktaufnahme mit FAB wurden vier Jugendliche (J1, J2, J3, J4) von ihren Eltern begleitet. Ein Jugendlicher (J8) bekam in dieser Phase Unterstützung durch seinen zuständigen Betreuer von der Kinder- und Jugendhilfe (vgl. J8, S. 1 f.), und bei J2 übernahm dies ihre Schwester, da ihre Eltern kein Deutsch sprachen. Laut Angabe von J2 war das Aufnahmeverfahren bei ihr kompliziert, da sie damals noch nicht die österreichische Staatsbürgerschaft hatte und auch keine Unionsbürgerin war.[43] Allerdings verfügte sie über einen Daueraufenthaltstitel und erfüllte somit die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 Z 1 lit. b Oö. ChG, wodurch der Leistungsanspruch gemäß Oö. ChG begründet ist. Die damalige Standortleiterin[44] von AIB setzte sich sehr für sie ein, wodurch sie rasch die Berufliche Qualifizierung beginnen konnte (vgl. J2, S. 2). Im Allgemeinen berichteten die Jugendlichen von einem problemlosen Aufnahmeverfahren. Nach einem Vorstellungsgespräch und einige „Schnuppertagen“ bei AIB bekamen sie relativ rasch den Aufnahmebescheid von der zuständigen Bedarfskoordination für die Maßnahme (vgl. J6, S. 2; M1, S. 4).

    7.2 Während der Maßnahme

    7.2.1 Emotionen am Beginn von AIB

    Eine neue Situation kann beängstigende oder belastendende Gefühle auslösen. Umso wichtiger ist es daher, dass den betroffenen Personen ausreichend Zeit gegeben wird, sich auf die Veränderung(en) einzustellen. Drei Jugendliche (J1, J3, J4) geben an, dass sie die erste Zeit bei AIB sehr nervös und schüchtern waren. In dieser Anfangsphase nahmen die BetreuerInnen besondere Rücksicht auf sie und gaben ihnen viel Zuspruch. J3 sprach in den ersten Wochen kaum und war sehr zurückhaltend. Da die BetreuerInnen vorsichtig auf sie zugingen, nahm ihre Zurückhaltung von Tag zu Tag ab.

    „[...] ich war schüchtern, zurückhaltend, habe nicht geredet. [...] am Anfang habe ich überhaupt nichts reden können [...]. Mit Vorsicht, ja mit Vorsicht, dann haben sie immer mit mir geredet jeden Tag, ob es besser wird [...].“ (J3, S. 2)

    J6 erzählt nicht, wie es ihm die erste Zeit bei AIB ging, sondern berichtet von anderen Jugendlichen, die er als sehr ängstlich und schüchtern erlebt hat. Für ihn war es faszinierend zu sehen, wie die BetreuerInnen auf die einzelnen Jugendlichen eingingen und diese förderten, wodurch deren Angst und Schüchternheit mit der Zeit nachließen (vgl. J6, S. 8). J7 fällt es laut seiner Mutter (M1) schwer, mit Veränderungen und Umstellungen umzugehen, weshalb beide vor Maßnahmenbeginn sehr angespannt waren. Ihre Befürchtungen erwiesen sich als unbegründet, da der Bezugsbetreuer von AIB gut auf ihren Sohn eingehen konnte (vgl. M1, S. 5). J7 berichtet, dass er die Anfangszeit bei AIB gefühlsmäßig zwiespältig in Erinnerung habe. Dies lag daran, dass sein langjähriger Schulfreund zu Maßnahmenbeginn starb. Für ihn war es daher eine sehr schwere Zeit. Sein Bezugsbetreuer unterstützte ihn sehr bei der Aufarbeitung der Trauer, indem viele Gespräche geführt wurden und er die Möglichkeit hatte, sich „ausweinen“ zu können (vgl. J7, S. 2 f.).

    7.2.2 Vermittlung von relevanten Kenntnissen und Fertigkeiten

    Obwohl alle Jugendlichen mindestens die neunjährige Pflichtschulzeit erfüllt hatten, besaßen sie zu Beginn der Maßnahme in den elementaren schulischen Bereichen Lesen, Schreiben und Rechnen unterschiedlich hohe Defizite. Die Vermittlung von schulischen Kulturtechniken in eigens dafür vorgesehenen Unterrichtseinheiten von AIB soll diese Defizite reduzieren und gleichzeitig eine Stärkung des Selbstwertgefühls der TeilnehmerInnen bewirken.

    Schulische Kulturtechniken

    Die Befragung der Jugendlichen ergibt, dass alle den Unterricht bei AIB als äußerst hilfreich empfunden haben. Ebenfalls positiv hervorgehoben werden der fähigkeitsorientierte Ansatz und die Vermittlung der Kompetenzen auf spielerische Art und Weise. Neben der guten Beziehung zum/zur Betreuer/in spielte auch die Gruppengröße und die großzügig zur Verfügung gestellte Lernzeit eine wichtige Rolle für das nachhaltige Lernen der schulischen Grundkompetenzen.

    J2 und J6 erzählen von einem Eignungstest am Beginn der Maßnahme. Bei J6 erkannte man durch die Testergebnisse das Potenzial für einen Lehrberuf. Beide Jugendlichen haben diesen Test positiv in Erinnerung, da sie durch die Ergebnisse viel über ihre Stärken und Schwächen erfuhren. Es tat ihnen außerdem gut, dass sie eher zu den Besten gehörten, und daher wurde ihr Selbstwertgefühl bestärkt (vgl. J6, S. 8; J2, S. 3 f.).

    „[...] das hat mir Spaß gemacht. Da ich überall die Beste war. [...] Es war so eine Selbstmotivation, da habe ich gesehen, es gibt viele Kinder, also viele Jugendliche mit solchen Schwächen. Ich hab gesehen, ich bin nicht die einzige, es gibt noch was viel Schlimmeres.“ (J2, S. 3 f.)

    Auch M2 bemerkte die Freude ihres Kindes (J6) am Unterricht und das dadurch gesteigerte Selbstwertgefühl.

    „Ja, es war einfach ein Selbstbewusstsein, das ist bei ihm irrsinnig gestärkt worden; erstens einmal, weil er einfach in dieser Gruppe war, irgendwie einer von den Besseren, oder einer mit einer leichteren Behinderung, und er hat einfach dann gesehen: okay, es gibt noch Leute, denen geht es schlechter als mir.“ (M2, S. 4)

    J3 erwähnte die Vermittlung der Schreib- und Lesekompetzenzen als äußerst positiv, und sie merkt an, dass sie durch die Maßnahme Schreiben und Lesen nun viel besser könne. Am Unterricht habe ihr besonders die lustige Atmosphäre seitens der Vortragenden gefallen (vgl. J3, S. 3). J6 hatte vor allem beim Lesen eine enorme Verbesserung bemerkt. Laut seinen eigenen Angaben habe er als kleines Kind nie ein Buch gelesen. Durch die Stärkung seiner Lesekompetenz bei AIB habe sich sein Leseverständnis erhöht, und die Freude am Lesen sei gestiegen (vgl. J6, S. 3 f.). Seit AIB lese er Sachbücher über die verschiedensten Themen. Als er das schildert, muss er sogar lachen und meint, er hätte nie gedacht, dass ihm Lesen mal so viel Spaß machen würde (vgl. J6, S. 3 f.). J8 bemerkte durch den Unterricht eine enorme Verbesserung beim Schreiben. Seine in der Schulzeit diagnostizierte Rechtschreibschwäche konnte durch gezielte Übungen und Rechtschreibstrategien bei AIB reduziert werden. Im Gegensatz zur Schulzeit, wo er zwar auf Fehler aufmerksam gemacht wurde, wurde mit ihm bei AIB auch die Rechtschreibung konsequent geübt (vgl. J8, S. 3 f.). Im Unterschied zu den anderen Jugendlichen benötigte J2 wenig Unterstützung beim Lesen oder Schreiben, sondern mehr im mathematischen Bereich (vgl. J2, S. 3). Auch J7 gibt an, dass das Rechnen nicht zu seinen Stärken gehörte, allerdings hätten sich seine Rechenkenntnisse seit AIB leicht verbessert. Die Einteilung in Kleingruppen und das Engagement seines Betreuers empfand er als sehr förderlich für seinen Lernerfolg (vgl. J7, S. 3 f.). Seine Mutter (M1) ist der Ansicht, dass er bei AIB den Rückschritt durch die Schwerstbehindertenklasse, die er nach der Hauptschule vier Jahre lang besucht hatte, wieder aufholen konnte, und betont das harmonische Verhältnis zwischen ihrem Sohn und seinem Betreuer (vgl. M1, S. 7). J4 hat eine diagnostizierte Deutschschwäche, doch hatte er Spaß am Lernen, wobei ihm Mathematik am besten gefallen habe. Hier erwähnt er besonders das angemessene Unterrichtstempo und die gut strukturierten Übungsblätter, die seinem Lernniveau entsprachen (vgl. J4, S. 3+8).

    Neben den Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen wurden den Jugendlichen andere lebenspraktische Fähigkeiten, wie etwa das Lesen der Uhr, vermittelt. J1 ist ihrem Betreuer für das Erlernen dieser wichtigen Kompetenz sehr dankbar, da sie das Ablesen der Uhr für äußerst notwendig erachtet (vgl. J1, S. 5). Mit den Jugendlichen wurde auch Englisch geübt, doch J2 bewertet den Englischunterricht als nicht notwendig (vgl. J2, S. 4).

    Im Zuge der sozialpädagogischen Betreuung wurden diverse Kompetenztrainings zur Verbesserung zwischenmenschlicher Fähigkeiten mit den Jugendlichen durchgeführt. Bezüglich dieser Trainings äußerten sich die Jugendlichen durchwegs positiv (vgl. J6, S. 4). Sie erlernten dadurch wichtige Schlüsselqualifikationen, wie z. B. gute Umgangsformen (vgl. J2, S. 7) oder Pünktlichkeit (vgl. J8, S. 52), die ihnen im Berufsleben zugutekommen. J5 empfand die Tipps in Bezug auf angemessenes Auftreten beim Bewerbungsgespräch als interessant und hilfreich (vgl. J5, S. 3).

    „[...] was man beim Arbeitgeber beachten soll, beim Chef, beim Vorstellungsgespräch, wenn du dich wo vorstellen gehst, dass du immer ordentlich angezogen sein sollst. [...], dass du den Chef immer mit Sie ansprechen sollst. Das war recht interessant.“ (J5, S. 3)

    Bewerbungsschreiben

    Neben den Grundfertigkeiten wie Rechnen, Schreiben und Lesen wurde mit den Jugendlichen auch das Schreiben von Bewerbungen geübt. Fünf der Jugendlichen (J2, J3, J4, J6, J8) geben an, dass sie beim Verfassen des Bewerbungsschreibens und beim Zusammenstellen der nötigen Bewerbungsunterlagen von ihren BetreuerInnen unterstützt wurden. Eine befragte Jugendliche (J1) erzählt, sie habe bereits in der Schulzeit vor AIB eine Bewerbung und einen Lebenslauf verfasst. Ob ihr bei AIB diesbezüglich geholfen wurde, wusste sie nicht mehr: „Ich kann mich gar nicht mehr erinnern.“ (J2, S. 5) J5 und J7 mussten kein Bewerbungsschreiben vorlegen, da sie durch das Praktikum bereits im Betrieb bekannt waren (vgl. J5, S. 8; J7, S. 5).

    Zusatzqualifikationen und Therapiemöglichkeiten

    Bei AIB wird es den Jugendlichen auch ermöglicht, diverse Zusatzqualifikationen zu erwerben. Unter den befragten Jugendlichen haben ein Jugendlicher (J4) den Führerschein der Klasse B (PKW), einer (J8) den Mopedführerschein und zwei Jugendliche den Staplerschein (J4, J7) im Zuge der Maßnahme absolviert. Zwei (J3, J6) geben an, dass sie bei AIB einen Erste-Hilfe-Kurs besucht haben (vgl. J3, S. 4; M2, S. 7). Allerdings schlossen nicht alle, die eine Zusatzqualifikation anfingen, diese auch ab. J1 begann mit dem Führerschein der Klasse B, brach den Fahrkurs aber trotz Hilfe ihres Betreuers nach einiger Zeit ab.

    „Das mit dem Führerschein, das war so eine Sache, das ist mir zu viel geworden. [...] Sie haben es versucht, aber es hat nicht funktioniert, es war für mich einfach zu schwer.“ (J2, S. 4 f.)

    J5 besitzt Führerscheine der Klassen B und F (PKW und Traktor). Diese erwarb er erst nach der Maßnahme. Für die Vorbereitung auf die Führerscheinprüfung nutzte er das Angebot eines Stützlehrers, welcher noch von FAB organisiert worden war (vgl. J5, S. 7 f.). Auch J8 ist im Besitz einer Lenkberechtigung der Klasse B, die er ebenfalls in der Zeit nach AIB erwarb. Seinen Mopedführerschein machte er allerdings während AIB. Aufgrund seiner Leseschwäche halfen ihm die BetreuerInnen beim Lernen und waren bei Verständnisfragen eine große Hilfe für ihn (vgl. J8, S. 4 f.).

    J4 und J7 machten gemeinsam über AIB den Staplerschein. Beim ersten Antritt schaffte J7 die Prüfung nicht. Nach einer intensiven Lernwoche mit seinem Betreuer war er beim zweiten Mal erfolgreich. Ihm ist bewusst, dass er die Prüfung „knapp“ bestanden hat, dennoch ist er stolz auf seine Leistung (vgl. J7, S. 5). Auch seine Mutter (M1) erinnert sich noch an den Staplerschein. Anfänglich wusste sie nicht, was sie davon halten sollte, als der Bezugsbetreuer ihrem Sohn (J7) vorschlug, den Staplerschein zu machen. Sie war der Ansicht, ein Junge mit extremen Schwächen in Mathematik könnte diesen Schein nicht schaffen. Doch sein Betreuer unterstützte ihn beim Erwerb des Scheines, und auch sie lernte mit ihm für die Prüfung (vgl. M1, S. 5+8). An diese Zeit kann sie sich noch gut erinnern: „Ja, sie haben geübt, geübt, geübt und wir haben dasselbe gemacht, [...].“ (M1, S. 8)

    Werden während der Zeit bei AIB von den Jugendlichen diverse zusätzliche Therapien oder Heilbehelfe benötigt, um den Tagesablauf gewährleisten zu können, werden diese von AIB organisiert bzw. bereitgestellt. Diese Angebote können von den Jugendlichen freiwillig in Anspruch genommen werden. Von den Befragten war dies lediglich bei einer Jugendliche (J1) während der Maßnahme der Fall: Sie besuchte eine von AIB organisierte Psychotherapie (vgl. J1, S. 4). J2 benötigte zwar keine Behandlung oder Heilbehelfe, berichtet aber, dass manche aus ihrem Kurs orthopädische Heilbehelfe im Form von Spezialstühlen für den Rücken bekommen hätten. Die von den BetreuerInnen angebotenen Freizeitaktivitäten (z.B. Klettern, Schifffahrten) stärkten ihr Immunsystem, was ihr aufgrund ihrer bestehenden Immunschwäche sehr gut tat. Somit bewerte sie diese für sich als eine Art Therapie (vgl. J2, S. 5).

    Arbeitserfahrungen bei Pro.Work

    Am FAB-Standort Steyr, an dem AIB angeboten wird, befindet sich die Produktionsstätte der Geschützten Werkstätte Pro.Work von FAB. Gelegentlich wurden die Jugendlichen aufgrund verschiedener Bedarfsfälle dort eingesetzt. Drei (J2, J4, J5) der acht Jugendlichen kamen in der Produktionsstätte zum Einsatz und beurteilen diese Arbeitserfahrung mit gemischten Gefühlen. Die Tätigkeit wurde einerseits als willkommene handwerkliche Abwechslung (vgl. J4, S. 2 f.), andererseits aufgrund der Einfachheit der Arbeitshandgriffe aber auch als Unterforderung erlebt (vgl. J5, S. 3 f.). Die Arbeit ist eintönig und „ein bisschen fad“ gewesen (J5, S. 3) und nach Ansicht von J5 nicht für die Jugendlichen von AIB geeignet, da diese „nicht so schlimme“ Defizite aufweisen würden (vgl. J5, S. 10).

    7.2.3 Beziehung zu BetreuerInnen und anderen TeilnehmerInnen

    Betreuung bei AIB

    Alle Befragten sprechen von einer sehr guten Betreuung bei AIB, die sie als sehr förderlich für ihre weitere berufliche und persönliche Entwicklung erlebt haben. Die BezugsbetreuerInnen trugen nicht nur zu ihrer Berufsfindung viel bei, sondern hatten auch immer ein offenes Ohr für private bzw. familiäre Belange der Jugendlichen.

    „Dass du sagen hast können, jetzt gefällt es mir da nicht mehr, oder dass du so hast reden können, das und das. [...] Wenn es in der Gruppe nicht gepasst hat, oder wenn du gesagt hast, das passt privat jetzt zum Beispiel nicht. Hast du jederzeit kommen können. Wenn du zum Beispiel [...] mit Freunden oder mit Eltern irgendwelche Probleme [...] gehabt hast, hast du auch immer zu den Betreuern gehen können.“ (J5, S. 8)

    Im Zuge der zweiten Phase bei AIB waren die Jugendlichen vier Tage in der Woche bei Praktikumsfirmen auf dem Ersten Arbeitsmarkt tätig. Ein Tag pro Woche war für theoretischen Unterricht und sozialpädagogische Betreuung vorgesehen. J2 hatte immer mittwochs Unterricht und erlebte diesen Tag wie Freizeit, da sie auch mit ihrer Betreuerin über aktuelle Sorgen bzw. Probleme sprechen konnte (vgl. J2, S. 7).

    AIB hab ich am Mittwoch besucht. Es war so wie Freizeit für mich. [...] dann habe ich Zeit gehabt, mit [Anm.: nennt den Namen ihrer Bezugsbetreuerin] zu sprechen, über Arbeitsprobleme über Probleme, mit Arbeitskollegen, sie hat mich dann voll motiviert.“ (J2, S. 7)

    In den persönlichen Gesprächen mit den BetreuerInnen wird die aktuelle Arbeitssituation gemeinsam reflektiert, und es werden Ratschläge gegeben, wie sich die Jugendlichen in bestimmten Problemsituationen verhalten sollen. Sie konnten jederzeit anrufen, und die BetreuerInnen sind „immer 100 % hinter einem gestanden [...]“ (J6, S. 7). Die „liebevolle“ und wertschätzende Beziehung zu den BetreuerInnen (vgl. J2, S. 3+6) erleichterte den Jugendlichen zudem, geäußerte konstruktive Kritik annehmen (vgl. J2, S. 7) oder sich Fehler eingestehen zu können (vgl. J2, S. 3).

    „Dass ich meine Grenzen nicht überschreiten darf. [...] Dass ich nicht überall so frech sein darf, weil in der Arbeit mit dem Chef und Arbeitskollegen darf ich nicht so frech sein.“ (J2, S. 7)

    Auch die beiden befragten Mütter berichten über die gute Betreuung bei AIB. M1 fand den Bezugsbetreuer ihres Sohnes (J7) „spitze“, da er sehr gut auf diesen eingehen konnte. Ihr war schon bei der ersten Begegnung klar, dass die Harmonie zwischen dem Betreuer, J7 und auch ihr passen würde (vgl. M1, S. 5). Sie erlebte die Zeit bei FAB und den Kontakt zum Bezugsbetreuer ihres Sohns als persönliche Bereicherung (vgl. M1, S. 15). Auch M2 beschreibt die Beziehung zwischen ihrem Sohn (J6) und seiner Betreuerin als freundschaftlich (vgl. M2 S. 10). Diese Zeit hätte ihren Sohn sehr geprägt, denn „[...] er redet heute oft noch von ihr.“ (M2, S. 10) Beide Mütter sind der Meinung, dass ihre Kinder bei AIB optimal unterstützt wurden (vgl. M2, S. 10; M1, S. 15).

    Auch Spaß und Humor kamen bei AIB nicht zu kurz. Auf die Frage, was J4 besonders gut bei AIB gefallen habe, erwähnte er die lustige Betreuung. Sein Betreuer hatte immer einen Witz parat und verstand es, den Unterrichtsstoff mit Humor zu vermitteln (vgl. J4, S. 8).

    Verhältnis zu anderen Jugendlichen – Freundschaften

    Das Verhältnis zu den anderen Jugendlichen, die auch an der Maßnahme teilnahmen, beschrieben alle Jugendlichen als gut. Teilweise entstanden Freundschaften, die heute noch bestehen. J3 und J4 verliebten sich sogar während der Zeit bei AIB ineinander, wurden ein Paar und wohnen mittlerweile in einer gemeinsamen Wohnung.

    „Ja, ich hab einen festen Freund gekriegt, und Freunde. Ja, viele Freunde und einen festen Freund.“ (J3, S. 5)

    J1 erzählt, dass sie durch AIB drei gute Freunde gefunden habe, zu denen der Kontakt auch heute noch aufrecht ist (vgl. J1, S. 6). J7 lernte J3 und J4 bei AIB kennen und ist seitdem mit ihnen sehr gut befreundet (vgl. J7, S. 8). Seine Mutter (M1) beschreibt die Freundschaft ihres Sohnes (J7) zu J3 und J4 als sehr eng. Da der beste Freund ihres Sohnes leider gestorben ist, sei sie sehr froh darüber, dass er neue Freunde bei AIB gefunden habe, denn aus ihrer Sicht sei es für Menschen mit Beeinträchtigungen nicht einfach, Freundschaften zu knüpfen (vgl. M1, S. 9). „Ich bin froh. Meine Güte, sonst hätte er ja gar keine.“ (M1, S. 9)

    J5 erzählt, dass er zufällig bei AIB seinen besten Freund aus der Hauptschulzeit traf, mit dem er heute noch sehr gut befreundet sei. Da J5 ein sehr geselliger und unternehmungslustiger Typ ist, war er schon etwas enttäuscht, dass er durch AIB keine neuen Freunde kennenlernte. Er hält es generell für schwierig, Freunde fürs Leben zu finden (vgl. J2, S. 2+9).

    „[...] nur von den Leuten war es halt ein wenig zäh muss ich sagen. [...] wenn nicht die passenden Leute im Kurs sind, ist es halt auch oft ein wenig fad.“ (J2, S. 2)

    „[...] ich muss auch sagen, ich bin nicht skeptisch, aber es ist generell schwierig, dass du Freunde für das Leben findest.“ (J5, S. 9)

    Die anderen Jugendlichen sprechen eher von freundschaftlichen Beziehungen, die sich hauptsächlich auf die Zeit während der Maßnahme beschränkten. J6 telefoniert gelegentlich mit einem Jugendlichen, der im Gegensatz zu ihm keiner geregelten Tätigkeit nachgeht. Da dieser aus seiner Sicht nicht arbeiten will und seine Freunde auch davon abhalten möchte, passt diese Freundschaft für J6 nicht mehr, und er möchte den Kontakt abbrechen (vgl. J6, S. 4+8; M2, S. 11).

    7.2.4 Wohnen

    Während der Maßnahme können die Jugendlichen das Wohnangebot in unmittelbarer Nähe zu den AIB-Standorten nützen. Von den Interviewten nahmen drei (J3, J4, J6) das Wohnangebot in Anspruch, und fünf Jugendliche (J1, J2, J5, J7, J8) wohnten während der Beruflichen Qualifizierung bei ihren Eltern.

    Wohnangebot wurde nicht genutzt

    Da die Eltern von J1, J2, J7 und J8 nicht weit vom FAB-Standort entfernt wohnen, war es für die Jugendlichen klar, dass sie während AIB zu Hause wohnten. J5 wohnte 20 Kilometer vom Standort entfernt und gibt an, dass er gerne bei FAB gewohnt hätte, aber seine Mutter wollte dies nicht. Über den genauen Grund gab er keine Auskunft (vgl. J5, S. 10). Für J8 kam das Wohnen bei FAB auf keinen Fall in Frage. Als Grund gab er seine Haustiere (Hund, Katze und Schildkröten) an. Ohne die wäre er einfach nicht glücklich. Da aber zu diesem Zeitpunkt seine Eltern noch in Steyr wohnten, war die Entfernung zum FAB-Standort nicht allzu groß (vgl. J8, S. 6). Auf Anraten des Betreuers ihres Sohnes (J7) haben sich M2 und J7 eine Wohngruppe angesehen, doch für M2 gab es diesbezüglich keinen Bedarf, da ihr Sohn bei ihnen zu Hause gut integriert war. Hätte ihr Sohn den Wunsch geäußert, in der Wohngruppe zu wohnen, so hätte sie nichts dagegen gehabt (vgl. M1, S. 10).

    „Er wollte das auch nicht. Wenn er gesagt hätte, dass er das probieren möchte, dann wäre das kein Thema gewesen, aber das war nie so [...].“ (M1, S. 10)

    Wohnangebot wurde genutzt

    J3 und J6 wohnten wegen der langen Anreise seit Beginn der Maßnahme in der Wohneinrichtung von FAB in Steyr-Resthof (vgl. J3, S. 5; J 6, S. 9). Da sich J3 und J4 bei AIB kennenlernten und ein Paar wurden, zog J4 nach einiger Zeit in die Wohneinrichtung. Lachend erzählte er, dass er aus Liebe zu J3 das Wohnangebot nutzte (J4, S. 5). J3 beschreibt ihr ehemaliges Zimmer in der Wohneinrichtung als schön, groß und sauber. „Schön und groß und sauber [...] war es dort.“ (J3, S. 6) Zuerst wohnte sie allein, als dann ihr Freund einzog, bekamen sie gemeinsam ein Zimmer (vgl. J3, S. 6). Die drei Jugendlichen berichten, dass in der Früh gemeinsam gefrühstückt wurde und sie dann mit dem öffentlichen Verkehrsmittel zu den Praktikumsstellen bzw. zum FAB-Standort fuhren. Gemeinsam mit den BetreuerInnen wurde ein Essensplan und eine Arbeitseinteilung betreffend Einkaufen, Kochen, Putzen usw. erstellt (vgl. J3, S. 3; J4, S. 7; J6, S. 9).

    „[...] da sind wir immer eingeteilt worden, einmal hat der gekocht, dann haben die anderen, weißt eh putzen, putzen, das war immer so aufgeteilt.“ (J6, S. 9)

    Stolz erwähnt J4, er habe durch das Wohnen bei AIB kochen gelernt (vgl. J4, S. 7). Für J6 war es ungewohnt, mit so vielen anderen gemeinsam zu wohnen. Die Diskussionen über das Kochen empfand er teilweise kompliziert (vgl. J6, S. 9). „[...] wer will was essen und das war schon ein bisschen kompliziert [...].“ (J6, S. 9) Trotz seines Kritikpunktes tat es ihm gut, bei FAB zu wohnen, und es war eine gute Erfahrung für ihn (vgl. J6, S. 9 f.). Auch die anderen beiden Jugendlichen empfanden es als positiv, mal nicht bei den Eltern zu wohnen und selbstständiger zu werden (vgl. J3, S. 6; J4, S. 7). M2 bestätigt, dass ihr Sohn (J6) selbstständiger geworden sei, und sie gibt auch zu, dass sie immer dazu neige, ihm vieles abzunehmen.

    „[...] er ist einfach selbstständiger geworden. [...] man neigt als Mutter dazu, wenn man ein Kind hat, das sich halt ein wenig schwerer tut, dass man relativ viel für sie macht und ihnen abnimmt, und ich glaube, das war einfach von mir irgendwie vielleicht ein Fehler oder zu gut gemeint oder was auch immer, [...] ich habe mir gedacht, was der eigentlich alles selber kann.“ (M2, S. 11)

    Amüsant fand sie, wie sich die Jugendlichen in der Wohngruppe bei der Arbeitseinteilung organisierten. Sie gibt an, dass ihr Sohn beispielsweise überhaupt keine Freude mit dem Putzen des Bades habe, aber dafür gerne Betten überziehe. So erzählte ihr Sohn, dass alle MitbewohnerInnen zusammenhielten und teilweise Arbeiten des/der anderen übernahmen (vgl. M2, S. 68).

    Freizeitgestaltung – diverse Ausflüge

    Alle befragten Jugendlichen, auch jene, die nicht bei AIB wohnten, berichten, dass sie einige Unternehmungen gemacht hätten. Sie waren viel in der Natur und gingen wandern. Die frische Luft tat den Jugendlichen gut (vgl. J2, S. 5; J6, S. 8; J8, S. 6). Bei der Befragung wurde deutlich, dass gerade im Zuge des Wohnangebotes eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung geboten wurde. Dieses Angebot wurde gerne angenommen und als sehr schön empfunden.

    „Die lustige Gestaltung und was sie immer alles gemacht haben mit uns, die Reisen und das war so schön dort [lacht].“ (vgl. J3, S. 7)

    J3 erzählt, dass sie einiges in dieser Zeit erlebt habe. Sie gingen schwimmen und klettern, haben Ausflüge gemacht und blieben einmal sogar auswärts über Nacht. Zudem besuchten sie auch einen Reiterhof (vgl. J3, S. 4+3). J4 berichtet von Minigolf, Kino, Spazierengehen, und auch der Reiterhof ist ihm noch als positives Erlebnis in Erinnerung (vgl. J4, S. 7). Mit dem Besuch der Niederösterreichischen Landesausstellung „Feuer & Erde“ wurde auch die kulturelle Bildung der Jugendlichen gefördert.

    „[...] da waren wir sogar bei so einer Landesausstellung. [...] über das Feuer in Niederösterreich. Weißt auch mal ein bisschen so kulturelle Bereiche.“ (J6, S. 9)

    7.2.5 Firmenpraktika und Outplacement unter Berücksichtigung der Interessen und Fähigkeiten

    Während der Maßnahme werden die Stärken und Schwächen der Jugendlichen analysiert. Zusätzlich werden die Interessen und Wünsche bezüglich der beruflichen Tätigkeiten durch Gespräche und Beobachtungen erhoben. Alle Befragten geben an, dass bei AIB im Zuge der Berufsfindung auf die eigenen Interessen und Fähigkeiten eingegangen worden sei.

    Erste Arbeitserfahrungen in Praktikumsfirmen und Arbeitsplatzfindung

    In Phase 2 absolvierten die Jugendlichen vier Tage pro Woche mehrere Monate lang die praktische Arbeit im Zuge einer Praktikumsstelle in einem Betrieb auf dem Ersten Arbeitsmarkt. Hier sammelten sie ihre ersten Arbeitserfahrungen, bekamen erste Eindrücke von der Arbeitswelt und konnten davon beim Interview einiges berichten. J1 machte insgesamt bei drei Supermärkten ein Praktikum. Sie gibt an, dass es bei den ersten beiden einfach nicht gepasst habe, und erwähnt den Vorgesetzten der zweiten Praktikumsstelle negativ. Schüchtern, wenn nicht sogar ängstlich, sagte sie mehrmals, dass dieser streng gewesen sei (vgl. J2, S. 3 f.): „[...] da war der Chef streng.“ (J2, S. 4) Beim dritten Supermarkt, indem sie „schnupperte“ und ein Praktikum absolvierte, wurde sie als Hilfskraft für die Regalbetreuerin eingestellt und arbeitet nun schon seit acht Jahren dort. Hier betont sie, dass ihre Chefin und die KollegInnen sehr nett seien (vgl. J2, S. 4). Wegen ihrer Immunschwäche war J2 als Kind sehr oft beim Arzt und in Krankenhäusern. Aus diesem Grund war ihr Traumberuf Krankenschwester. Diesen Beruf konnte sie jedoch aufgrund ihrer schwachen Schulleistungen und ihrer Immunkrankheit nicht erlernen. Ihrer Betreuerin von AIB war ihr Berufswunsch bekannt, und daher versuchte sie, für J2 einen der Krankenschwester ähnlichen Beruf im medizinischen Bereich zu finden. Angestrebt wurde hierbei eine Ausbildung als Ordinationsassistentin oder ein Lehrberuf als Zahnärztliche Fachassistentin (vgl. J2, S. 2 f.). In der ersten Praxis, in der J2 als Praktikantin angestellt war, habe ihr die Tätigkeit gut gefallen, und sie hätte dort auch als Hilfskraft anfangen können. Doch dies wollte sie auf keinen Fall, denn es war ihr wichtig, einen Beruf zu erlernen und damit ihre Zukunft zu sichern (vgl. J2, S. 5).

    „Ich wollte unbedingt eine Lehre haben, wo ich wirklich die Zukunft sichere. Weil mit Hilfsarbeiter komme ich nirgendwo weiter. Erstens bekomme ich da nicht so viel, und wenn ich gekündigt werde, dann steh ich da und bekomme keinen Job.“ (J2, S. 5)

    Einen weiteren Vorteil einer abgeschlossenen Lehre bemerkte sie erst, als sie arbeitslos wurde. So fällt sie unter den Berufsschutz und muss nur Stellen annehmen, die auch ihrem erlernten Beruf gerecht werden. Weiters bemängelt sie das dortige Arbeitsklima und beschreibt ihren Chef als „überhaupt nicht lieb“ und dass für ihn nur das Geld wichtig sei. Außerdem waren die Arbeitskolleginnen nicht besonders nett (vgl. J2, S. 5). Allgemein habe ihr das Arbeiten als Praktikantin aber gut gefallen.

    „Also, mir hat das eigentlich ganz gut gefallen. Ich hab gesehen, wie das Arbeiten ist, wie anstrengend das ist. Teamarbeit, mit anderen Leuten kommunizieren.“ (J2, S. 4)

    Nachdem sie das Praktikum angefangen hatte, wurde sie auch sehr sparsam. Früher, als sie das Geld noch vor ihrem Vater bekam, habe sie alles ausgegeben. Als sie dann selber arbeiten musste, sah sie, wie schwer und mühsam es ist, Geld zu verdienen (vgl. J2, S. 4). Bei der zweiten Praktikumsstelle handelte es sich um eine Zahnarztpraxis. Dort waren der Chef und die ArbeitskollegInnen sehr nett zu J2; nach dem Praktikum konnte sie dort eine Lehrstelle als Zahnärztliche Fachassistentin antreten, die sie mit der entsprechenden Lehrabschlussprüfung beendete.

    „Die zweite Firma hat gesehen, dass ich schon Berufserfahrung habe, dass ich wirklich kontaktfreudig bin, dass ich immer gut gelaunt bin. Und ich hab mich wirklich mit jedem verstanden.“ (J2, S. 6)

    J3 schnupperte mehrere Monate in einem großen Konzern in Steyr. Dort arbeitete sie in den Bereichen Reinigung und Küche. Gerade die Tätigkeit als Küchenhilfe hat ihr Spaß gemacht. Als sehr hilfsbereit beschreibt sie ihre Vorgesetzten und KollegInnen. Sie hätten ihr immer genau erklärt und gezeigt, wie etwas geht. Im Zuge ihrer Praktika war sie auch noch in zwei Alten- und Pflegeheimen in Steyr im Bereich der Raumpflege tätig. Im zweiten Alten- und Pflegeheim wurde sie dann als Reinigungskraft angestellt (vgl. J3, S. 5).

    „Ich hab den Arbeitsplatz gefunden, ich habe im Altersheim [Anm.: nennt den Namen] als Praktikantin angefangen, und da haben sie dann gesehen, dass ich so brav und hilfsbereit bin und immer helfe, da haben alle mitgeholfen, [...] dass ich dann die Arbeit bekomme.“ (J3, S. 5)

    Auf die Nachfrage, wen sie mit „alle“ meine, verwies sie auf die BetreuerInnen von AIB und im Besonderen auf ihren Bezugsbetreuer (vgl. J3, S. 5). J7 hat den ersten Praktikumsplatz negativ in Erinnerung, jedoch nicht, weil ihm die Arbeit im Altstoffsammelzentrum nicht gefiel, sondern weil genau in dieser Zeit sein bester Freund starb (vgl. J7, S. 6). In einer großen Maschinen- und Anlagenbaufirma machte J7 dann im Zuge der Maßnahme sein zweites Praktikum und wurde dort als Hilfsarbeiter der Zentralverpackung über Leasing angestellt und nach einiger Zeit relativ rasch übernommen. Nun arbeitet er schon das achte Jahr in dieser Firma (vgl. J7, S. 5).

    J4, der eine handwerkliche Begabung besitzt und großes Interesse am Material Holz zeigt, wurde von AIB auf Praktika in zwei Tischlereien seiner Umgebung vermittelt (vgl. J4, S. 3 f.). Der erste Betrieb war nicht sehr groß, und es gab dort nicht viel Arbeit für ihn, weshalb er viel „herumgestanden“ sei (vgl. J4, S. 4 f.). Der Chef wollte ihn dann nicht einstellen, und so organisierte sein Bezugsbetreuer eine andere Praktikumsstelle bei einem großen und bekannten Küchenhersteller. Dort habe alles gepasst, und nun sei er dort schon seit acht Jahren als Tischlerhelfer angestellt (vgl. J4, S. 6). Da J8 auch gerne mit Holz arbeitet, wurde er auf eine Praktikumsstelle bei einem Gartenmöbelhersteller vermittelt. Dort habe es ihm gut gefallen, aber leider konnte für das besagte Jahr kein Lehrling aufgenommen werden. So absolvierte er anschließend ein Praktikum in einer Filiale eines großen Baumarktes und erwähnte die KollegInnen und Vorgesetzten dort positiv (vgl. J8, S. 4).

    „[...] die haben mich gleich so genommen, wie ich bin. Die haben nicht irgendwie rumgebohrt, wieso kannst du das nicht oder Sonstiges. Die haben wirklich immer gleich geschaut, dass es mir gut gegangen ist.“ (J8, S. 4)

    Da sich J5 noch nicht sicher war, welchen Beruf er lernen wollte, „schnupperte“ er in einer Bäckerei und bei einer Autowerkstatt als Lackierer, bevor er die Lehrstelle als Garten- und Grünflächengestalter in der Stadtgemeinde antrat. Die Arbeit in der Bäckerei habe ihm nicht gefallen, einerseits wegen des frühen Aufstehens – was er noch wegstecken hätte können – andererseits aufgrund der andauernden Stänkereien seiner Arbeitskollegen (vgl. J5, S. 5). Immer wieder musste er sich anhören, wie unfähig er doch sei, und so sagten sie mehrmals zu ihm „[...] das kannst nicht, für das bist du zu blöd.“ (J5, S. 5) Den Vorgesetzten erwähnte er positiv, da er sehr nett zu ihm gewesen sei. Aber bei den Kollegen in der Backstube hatte er das Gefühl, dass er es ihnen einfach nicht recht machen konnte, auch wenn er noch so perfekt gearbeitet habe (vgl. J5, S. 5).

    „[...], die dort gearbeitet haben, die Arbeiter, die waren extrem. Sie haben überhaupt nicht toleriert, die haben gewusst ich habe Defizite, [...] und auch wenn du jetzt gewöhnlich gearbeitet hättest wie ein Gewöhnlicher, die haben das gewusst und dann haben sie dich abgestempelt [...].“ (J5, S. 5)

    Zum Glück war er dort nur einen Monat, da er sich an seine Betreuerin von AIB wendete und diese für ihn sofort die neue Praktikumsstelle in der Autowerkstatt organisierte, wo er eventuell eine Lehrstelle antreten hätte können. Doch schon während seines Praktikums war der Kollege, der sein Lehrlingsausbildner gewesen wäre, nicht nett zu ihm (vgl. J5, S. 6). Einen konkreten Vorfall will er nicht schildern. Der Chef der Autowerkstätte sei zwar sehr nett gewesen und habe auch mit seinem Mitarbeiter gesprochen, dass er mit J5 nicht so umgehen dürfe. J5 wollte trotzdem dort nicht mehr arbeiten, da er der Meinung war, wenn es schon so anfange, dann würde er es dort keine drei Jahre aushalten (vgl. J5, S. 6). Er sei sehr glücklich, dass er dann die Lehrstelle als Garten- und Grünflächengestalter durch AIB gefunden habe. Hier seien die Kollegen gleich von Anfang an auf ihn positiv zugegangen und seien nett zu ihm (vgl. J5, S. 7+11). „Kollegen waren gleich recht nett zu mir.“ (J5, S. 7) Auch heute arbeite er noch sehr gerne dort.

    J6 berichtet von Sticheleien bei einer Praktikumsfirma seitens der Kollegen. Dort arbeitete er im Lager, und wenn etwas nicht funktionierte, dann wurde ihm die Schuld gegeben. Es war ein kleiner Familienbetrieb, der Chef war fair zu ihm, doch hatte J6 das Gefühl, dass man schnell einen billigen Praktikanten gebraucht habe, dem man nicht viel zahlen müsse (vgl. J6, S. 5). Auch J2 äußert sich dahingehend. So war es für sie klar, dass Praktikumsstellen von den Firmen angeboten wurden, da sie als PraktikantInnen gewissermaßen „Gratis-Arbeitskräfte“ waren (vgl. J2, S. 6). „[...] die haben ja gesehen, dass sie nichts zahlen müssen“ (J2, S. 6).

    Subjektives Empfinden der Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche

    An das Schreiben einer Bewerbung kann sich J1 nicht mehr erinnern. Sie empfand die Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz generell als schwer und war froh, dass sie von ihrem Betreuer dabei unterstützt wurde (vgl. J1, S. 5). Auch für J3 war die Arbeitsplatzsuche schwer, doch durch AIB ging es diesbezüglich dann aufwärts (vgl. J3, S. 5).

    „[...] aber dann, wie ich in AIB gekommen bin, ist es aufwärtsgegangen und es ist super gegangen mit der Arbeitssuche.“ (J3, S. 5)

    Sie fühlte sich von ihrem Betreuer sehr gut unterstützt, da er ihr eine Stelle im Alten- und Pflegeheim als Reinigungskraft vermittelte (vgl. J3, S. 5). J4 empfand die Arbeitssuche als „halb“ schwer, da er erst bei der zweiten Praktikumsfirma genommen wurde. Sein Betreuer hatte mehrmals bei diesem Betrieb nachgefragt, ob sie ihn nicht als Hilfsarbeiter nehmen würden, was dann auch der Fall war (vgl. J4, S. 6). Als sehr schwierig beschrieb J6 die Arbeitsplatzsuche; und er ist froh, eine Stelle gefunden zu haben, da er der Meinung ist, dass es gerade für Menschen mit Einschränkungen immer schwieriger werde, auf dem Ersten Arbeitsmarkt unterzukommen (vgl. J6, S. 7). Daher zeigt er große Dankbarkeit gegenüber seiner ehemaligen Betreuerin bei AIB und findet die Geschichte, wie er zu seinem Job gekommen ist, sogar lustig. Aufgrund seiner guten Leistungen konnte er AIB nach kurzem verlassen und wurde in ein BFI-Projekt vermittelt, das sich rein auf die Lehrstellensuche spezialisiert. Der ehemalige Geschäftsführer der Firma, in der J6 aktuell arbeitet, wandte sich bei der Besetzung einer Lehrstelle als Lagerlogistiker an die damalige AIB-Betreuerin von J6. Diese informierte J6, woraufhin er sich sofort für diese Stelle bewarb und genommen wurde (vgl. J6, S. 5 f.).

    J7 empfand die Arbeitsplatzsuche aufgrund der Unterstützung seines Betreuers nicht als schwer. So antwortete er auf die Frage, ob es für ihn schwer war, eine Arbeit zu finden, nur kurz: „Dank ihm [Anm.: nennt den Namen seines Betreuers] nicht.“ (J6, S. 6) Auch für J5 war es durch AIB nicht schwer, einen Lehrplatz zu finden, und er ist der Meinung, dass er sogar relativ rasch vermittelt werden konnte. „Zwei Jahre war ich bei FAB, drei Jahre hast du Zeit.“ (J5, S. 8) Für J8 war die Arbeitsplatzsuche im Zuge der Beruflichen Qualifizierung nicht weiters schlimm. Auf die Frage, ob er auch ohne AIB eine Arbeit gefunden hätte, antwortete er energisch: „Nein, NEIN, nein.“ (J8, S. 5) Er hätte sonst nicht gewusst, was er nach der Schule machen hätte sollen, und konnte durch AIB wertvolle Erfahrungen sammeln.

    „[...] ich hab meine neun Jahre beieinander gehabt, und da haben sie dann gleich gesagt, so wir können nichts mehr tun, und jetzt haben sie mich dann einfach von der Schule mehr oder weniger hinausgeschmissen. Ja, und deswegen hat mir FAB doch geholfen.“ (J8, S. 5)

    7.2.6 Nachbetreuung seitens AIB

    Bei AIB wird nach Beendigung der Maßnahme keine Weiter- bzw. Nachbetreuung mehr angeboten. Somit hatten die befragten Jugendlichen, nachdem sie vermittelt worden waren, keine Betreuung mehr seitens AIB. Sofern es notwendig ist, organisieren die BetreuerInnen noch während der Maßnahme diverse Begleitdienste. So wurde für drei der Jugendlichen (J2, J5, J8), die eine Lehrstelle auf dem Ersten Arbeitsmarkt antraten, die Berufsaus-bildungsassistenz „Jugend am Werk“ vermittelt. Am Ende des Interviews wurden die Jugendlichen gefragt, ob eine Weiter- bzw. Nachbetreuung durch die BetreuerInnen von AIB für sie sinnvoll gewesen wäre. Vier der Jugendlichen (J3, J4, J6, J7) erzählen, dass sie mit ihrer/ihrem BezugsbetreuerIn auch heute gelegentlich noch Kontakt hätten. J6 stand nach der Maßnahme weiterhin mit seiner Bezugsbetreuerin in Kontakt und empfand dies daher als eine Art Weiterbetreuung. Nachdem er seine Lehrabschlussprüfung bestanden hatte, meldete er sich auch bei den anderen BetreuerInnen von AIB und informierte sie über seine Leistung (vgl. J6, S. 12).

    „[...] hab mich dann auch bei Ihnen gemeldet, dass ich alles geschafft habe, [...] sie haben sich auch voll gefreut.“ (J6, S. 12)

    J7 steht mit seinem ehemaligen Betreuer nach wie vor in Kontakt. Ob eine generelle Nachbetreuung sinnvoll sei könne er nicht sagen und meinte, hier müsste jeder/jede für sich selbst entscheiden, ob er/sie dies benötige (vgl. J7, S. 9).

    7.3 Nach der Maßnahme

    Sieben von acht befragten Jugendlichen stehen aktuell zwischen vier und zehn Jahren im Berufsleben (inkl. Lehrzeit). Fünf (J1, J3, J4, J5 und J7) sind noch beim selben Betrieb, an den sie vermittelt wurden, angestellt, und zwei Jugendliche (J6 und J8) arbeiten aufgrund eines Betriebsüberganges noch bei derselben Firma mit neuem Eigentümer. Diese haben bei der Firmenübernahme auch deren Arbeitsverhältnisse übernommen (vgl. J6, S. 1; J8, S. 1). Eine Jugendliche (J2) war nach der Beruflichen Qualifizierung sechs Jahre beim selben Arbeitgeber beschäftigt, ist jedoch aufgrund gesundheitlicher Gründe seit April 2017 als berufsunfähig eingestuft und bezieht Rehabilitationsgeld (vgl. J2, S. 1). Die Jugendlichen sind in verschiedenen beruflichen Bereichen (z.B. Tischlerei, Gärtnerei, Putzservice, Einzelhandel, Zahnarzt, Logistik usw.) tätig.

    7.3.1 Im Berufsleben

    Eine regelmäßige Arbeitszeit und eine Tätigkeit, die den Bedürfnissen und Interessen der Jugendlichen mit Beeinträchtigung entsprechen, sind wichtige Erfolgsfaktoren für ein erfülltes Berufsleben. Im Rahmen des Interviews geben die Jugendlichen einige Einblicke in ihren Berufsalltag und die Zufriedenheit mit ihrer Tätigkeit. J1 findet ihre Arbeit zwar anstrengend, gehe aber trotzdem gerne arbeiten. Sie bezeichnet ihre Tätigkeit als Regalbetreuerin als passend für sie, diese mache ihr Spaß. Mit den Kunden im Geschäft habe sie wenig Kontakt, und dieser beschränke sich nur auf das Grüßen, was ihr aufgrund ihrer Schüchternheit gar nicht so unrecht sei. J2 arbeitet zwar seit Beginn des Jahres nicht mehr, doch auch sie erzählt, dass sie immer gerne in die Arbeit gegangen sei. Es bereitete ihr viel Freude, in der Zahnarztpraxis zu arbeiten. Sie „tratschte“ gerne mit den PatientInnen und auch mit den ZahnärztInnen (vgl. J1, S. 7). J3 ist ebenfalls mit ihrer Tätigkeit zufrieden. „[...] In der Arbeit bin ich jetzt gut aufgehoben. Die Arbeit ist super, [...]“. Als Reinigungskraft in einem Alten- und Pflegeheim führe sie mit den BewohnerInnen regelmäßig unterhaltsame Gespräche.

    „Ich gehe gerne in die Arbeit. Zu den alten Leuten geh ich ganz gern, da kann man sich unterhalten mit ihnen, [...].“ (J3, S. 8)

    J4 geht ebenfalls gerne seiner Tätigkeit als Tischlergehilfe nach. Besonders gut gefällt ihm, dass er seine Arbeit ohne Druck nach seinem Tempo ausführen kann. Mit seiner Arbeitszeit, die von Montag bis Freitag von sechs bis drei Uhr dauere, sei er sehr zufrieden (vgl. J4, S. 9). Als J5 gefragt wurde, ob er gerne arbeiten gehe, antwortet er: „Ja, liebend gern.“ (J5, S. 11) Die Tätigkeit als Landschaftsgärtner sei genau das Richtige für ihn, da er gerne im Freien arbeite und ihm gerade das Einpflanzen der Blumen große Freude bereite (vgl. J5, S. 4+11).

    J6 arbeitet bereits seit zehn Jahren als Lagerlogistiker im selben Betrieb. Diese zehn Jahre beschreibt er als „super“ und schwärmt von dem Großlager mit der modernen Technik. Da er eine anspruchsvolle Arbeit zu verrichten hat, ist sein Selbstvertrauen in diesen Arbeitsjahren massiv gestärkt worden. Stolz berichtet er, dass er öfters sogar anderen Tätigkeiten anschaffen dürfe (vgl. J6, S. 10 f.). Ebenso hat J7 durch seinen Aufgabenbereich mehr Vertrauen zu sich und seinen Fähigkeiten gewonnen. Durch seine Tätigkeit als Zentralverpacker ist er nicht mehr ganz so schüchtern wie früher (vgl. J7, S. 10).

    Neben der erfüllenden Aufgabe helfen J7 seine geregelten Arbeitszeiten (vgl. J7, S. 10 f.), die auf seinen Tagesrhythmus abgestimmt sind (vgl. M1, S. 6), seine Tätigkeit im Konzern erfolgreich zu erledigen. Wie wichtig diese Routine und eine gewisse Tagesstruktur für die Jugendlichen sind, um eine berufliche Tätigkeit dauerhaft ausüben zu können, haben auch die befragten Mütter bestätigt.

    „[...] Er hat seinen Rhythmus, den er einhält. Was für ihn total gut ist: dass es immer das Gleiche und immer das Gleiche ist.“ (M1, S. 7)

    Die Arbeit gebe J7 eine gewisse Selbstständigkeit, aber wegen des Anreisewegs zu seiner Betriebsstätte sei er auch wieder auf seine Eltern angewiesen, da er wegen seiner Beeinträchtigung keinen Führerschein machen dürfe. Vor einiger Zeit wurde der Werksbus, mit dem J7 immer in die Arbeit gefahren war, wegen Unterauslastung eingestellt. Jetzt müsse er jeden Tag in die Arbeit gebracht und abgeholt werden[45] (vgl. M1, S. 7). J6 besitzt auch keinen Führerschein. Laut Aussage seiner Mutter dürfte er ihn zwar machen und mit einem Automatikgetriebe fahren, aber wegen seiner motorischen Einschränkung habe er diesbezüglich Bedenken. Da ihn M2 aber nicht jeden Tag in die Arbeit bringen könne, wohne er unter der Woche bei seiner Großmutter (Mutter von M2), von wo aus er direkt mit dem Zug in die Arbeitsstätte fahren könne. Für seine Eltern sei dies eine enorme Erleichterung (vgl. M2, S. 8).

    7.3.2 Die Berufsschulzeit

    Vier der befragten Jugendlichen (J2, J5, J6, J8) traten nach der Maßnahme eine Lehrstelle an, und alle beendeten diese mit positiver Lehrabschlussprüfung. Drei von ihnen (J2, J5, J8) wurde durch AIB die Berufsschulassistenz „Jugend am Werk“ vermittelt. Zwei Jugendliche (J2, J6) wurden nach normalem Lehrplan ohne Einschränkungen unterrichtet. J5 und J8 begannen eine Teillehre gemäß § 8b Abs. 2 BAG. Dies bedeutete für J5, dass er im Rahmen seines Lehrberufes eine Teilqualifizierung mit Einschränkung bestimmter Fächer des Berufsbildes erhielt. Für das Angebot der Teillehre war J5 sehr dankbar, da er Probleme mit schwierigeren Begriffen hat. Als Garten- und Grünflächengestalter im Bereich Landschaftsgärtnerei musste er infolge der Teillehre nicht alle Fächer aus dem Fachunterricht „Botanik“ mit lateinischen Fachbegriffen belegen (vgl. J5, S. 1). J8 begann zwar eine Teillehre, stieg aber während der Lehrzeit auf den normalen Lehrplan um. Über die Lehr- und Berufsschulzeit berichteten die Jugendlichen nicht sehr viel. Lediglich J8 gab an, dass es ihm in der Berufsschule nicht gut gegangen sei.

    „Die Berufsschule ist mir zu viel geworden zum Teil, dann ist mir das Lernen zu viel geworden, und ja, da ist es mir einfach nur dreckig gegangen.“ (J8, S. 7)

    Er habe zwar in der ersten Zeit die Berufsausbildungsassistenz von „Jugend am Werk“ gehabt, sie aber nicht viel in Anspruch genommen, da diese in Steyr angeboten worden sei, er aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Steyr gewohnt habe.

    „Es ist einfach zu viel Herumfahrerei gewesen, nach der Schule dann auch noch lernen, und dann habe ich doch noch 30 Minuten bis daheim gehabt, mit dem Bus war es sogar eine Dreiviertelstunde, die ich gebraucht habe, und da hab ich [...] nach der Schule gesagt [...], nein ich fahr nicht mehr, ich fahr heim und lern daheim.“ (J8, S. 8)

    Außerdem wollte er es allein schaffen. Während seiner Lehrzeit habe er einen enormen Ehrgeiz entwickelt und so die Berufsschule und die Lehrabschlussprüfung dann auch aus eigener Kraft geschafft.

    „[...] weil ich eben selber aus meiner eigenen Kraft das schaffen wollte, und ja, hab es auch geschafft.“ (J8, S. 7)

    „Ich habe mir immer wieder eingeredet, ich schaffe das noch und da habe ich das einfach, ja, durchgezogen“ (J8, S. 7)

    Alle Jugendlichen, die eine Lehre abschlossen, wurden nach Beendigung ihres Lehr-verhältnisses von ihrem Lehrbetrieb nahtlos in ein unbefristetes Dauerarbeitsverhältnis übernommen.

    7.3.3 Fortbildungen

    Drei Jugendliche (J2, J6, J8) erzählen von diversen betriebsinternen Fortbildungen, die zur Weiterqualifizierung für ihren Job von Vorteil waren bzw. sind und von ihrem Betrieb angeboten und finanziert wurden. So besuchte J2 einen Kurs betreffend Mundhygiene und Implantate. Den zweiten Teil des Implantatkurses habe sie aber dann nicht mehr begonnen, da sie zuvor bereits gekündigt worden sei (vgl. J2, S. 8). J6 hat ebenfalls verschiedene Kurse und Schulungen belegt, welche von diversen Computerprogrammen bis zu Sicherheitsschulungen reichten (vgl. J6, S. 12 f). J8 besucht regelmäßig von der Firma bzw. von Lieferanten organisierte Verkaufs- und Produktschulungen (vgl. J8, S. 9).

    „[...] die normalen Schulungen, was man so eigentlich im Verkauf halt braucht. [...] über deine Produkte [...].“ (J8, S. 9)

    7.3.4 Verhältnis zu Vorgesetzten und KollegInnen

    Den befragten Jugendlichen ist ein gutes Verhältnis zu den Vorgesetzten und den KollegInnen äußerst wichtig, und alle berichten von einem guten Betriebsklima. J1 gefällt die Arbeit wegen ihrer KollegInnen und ihrer Chefin besonders gut, da sie alle sehr nett zu ihr seien und ein gutes Klima untereinander herrsche. Da J1 auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist, erzählt sie erfreut, dass ihre Chefin sie nach der Arbeit sogar ab und zu mal heimbringe (vgl. J1, S. 7). Auch bei J3 herrscht eine besonders gute Arbeitsatmosphäre. Ihre Vorgesetzten empfindet sie als nett und hilfsbereit (vgl. J3, S. 8). J4 betont, dass seine Kollegen sehr lustig seien und sie sich alle gut verstünden. Lachend erzählte er, dass sein Chef eigentlich sehr nett sei, auch wenn er gelegentlich einen schlechten Tag habe (vgl. J4, S. 9). J5 ist sehr glücklich in seiner Arbeit und hebt vor allem seine Arbeitskollegen und seinen Vorgesetzten positiv hervor.

    „Der Job, der taugt mir und am meisten taugen mir meine Arbeitskollegen. [...] Chef und Arbeitskollegen passen einfach so.“ (J5, S. 11)

    Bei J6 herrscht ebenfalls eine gute Arbeitsatmosphäre unter den KollegInnen. „Da hat es nie etwas gegeben“ (vgl. J6, S. 11), meint er. Sein Chef sei immer extrem fair zu ihm und nehme wegen seiner Beeinträchtigung Rücksicht auf ihn. Laut J6 habe sein Chef auch einen Sohn mit einer Einschränkung und daher so ein gutes Gespür für ihn. So achte er beispielsweise darauf, dass er mit seiner eingeschränkten Hand nicht zu schwer heben müsse und teile für solche Arbeiten jemand anderen ein (vgl. J6, S. 11). Auch in der Firma von J7 werde auf ihn und seine Bedürfnisse Rücksicht genommen. Es wurde veranlasst, dass er keinen Schichtdienst verrichten müsse, und in der ersten Zeit wurde ihm ein Kollege zur Seite gestellt, der für ihn verantwortlich war und ihn unterstützte (vgl. M1, S. 6). Ihm tue es auch sehr gut, dass ihn seine Kollegen in vielen Dingen ermutigten, und auch zu den Firmenfeiern gehe er gerne (vgl. J7, S. 12). J2 schätzt ihren ehemaligen Chef, da sie das Gefühl habe, dass er sie trotz ihrer Krankheit akzeptierte (vgl. J2, S. 8).

    „[...] zufrieden war ich nicht, aber ich hatte einen Chef, der mich so akzeptierte mit meiner Krankheit. Der hat wirklich alles für mich gemacht, der hat akzeptiert, wenn ich gefehlt habe, wenn ich in der Arbeit Probleme gehabt habe. Der hat mich heimgeschickt, ohne dass ich in den Krankenstand gehen musste. Kein anderer Chef würde mich so akzeptieren.“ (J2, S. 8)

    Nur bei J7 kommt es in der Arbeit öfters zu kleinen Streitereien zwischen ihm und seinen Vorgesetzten, da er es ihnen gelegentlich nicht recht machen könne und auch mal anderer Meinung sei. Diese Reibereien seien dann aber wieder schnell vergessen. Seine KollegInnen finde er sehr nett und verstehe sich gut mit Ihnen (vgl. J8, S. 8 f.).

    7.3.5 Entlohnung bzw. Entgelt

    Alle Jugendlichen gaben an, dass es ihnen guttue, ihr eigenes Geld zu verdienen, und sie mit ihrem Einkommen auskommen würden. J7 ist relativ zufrieden mit seinem Gehalt, möchte aber eventuell ein bisschen mehr verdienen. Da er nun schon acht Jahre im Betrieb tätig ist, wurde er auch schon einmal in eine bessere Gehaltsklasse eingestuft (vgl. J7, S. 11). M1 denkt, dass ihr Sohn (J7) für einen Hilfsarbeiter angemessen bezahlt wird, und fügt hinzu, dass er in einem großen und guten Unternehmen arbeitet. Regelmäßig bekommt er seine automatische Lohnerhöhung, und auch Überstunden werden problemlos ausbezahlt (vgl. M1, S. 14).

    „Die haben automatische Sprünge. Überstunden werden noch gerechnet. Das funktioniert alles.“ (M1, S. 14)

    Ihrem Sohn tue es gut, sein eigenes Geld zu verdienen, obwohl er, laut seiner Mutter, überhaupt keinen Bezug zum Geld habe. Daher werde auch das Geld ihres Sohnes von ihr und ihrem Mann verwaltet. Er könne aber darauf zugreifen, wenn er etwas benötige (vgl. M1, S. 13). Als J2 noch als Zahnärztliche Fachassistentin arbeitete, war sie mit ihrem Gehalt nicht zufrieden. Deshalb fragte sie ihren Chef nach einer Gehaltserhöhung, woraufhin dieser ihr das Angebot machte, dass sie mehr bezahlt bekommen würde, wenn sie zusätzlich am Samstag arbeiten würde. So machte sie auch Samstagsdienst, welcher von ihr nicht als schlimm empfunden wurde, da sie nur fünf Minuten von ihrer Arbeit entfernt wohnte (vgl. J2, S. 8 f.). J4 findet seine Entlohnung angemessen und ist froh über die jährliche kollektivvertragliche Lohnerhöhung. J5 möchte gerne mehr verdienen, erwähnt aber auch die jährliche kollektivvertragliche Erhöhung positiv (vgl. J4, S. 10; J5, S. 12). J2 ist Teilzeit angestellt und froh darüber, dass sie ihr eigenes Geld verdient und sich somit selber etwas kaufen kann. Um mehr zu verdienen, würde sie gerne mehr Stunden arbeiten und habe diesen Wunsch auch schon an ihrer Arbeitsstelle geäußert, bekomme aber leider nicht mehr Stunden (vgl. J1, S. 8). J6 ist mit seinem Gehalt eigentlich zufrieden und auf die Frage, ob er mehr verdienen möchte, antwortet er belustigt: „Ja [lacht] wer will das nicht.“ (J6, S. 12) Zwei Jahre nachdem er ausgelernt hatte, habe er eine Gehaltserhöhung ohne Nachfrage erhalten. Er glaubt, der Chef habe ihm die Erhöhung gegeben, da er stets bemüht und so gut wie nie im Krankenstand gewesen sei (vgl. J8, S. 12).

    „[...] ich war eigentlich die ganzen zehn Jahre vielleicht ein- oder zweimal im Krankenstand, [...].“ (J6, S. 12)

    Seine Mutter (M2) ist dankbar, dass sich ihr Sohn nun finanziell selbst erhalten könne. Natürlich sei sie immer für ihn da, aber es sei schön zu sehen, dass er ein einigermaßen selbstständiges Leben führe (vgl. M2, S. 14). Sehr unzufrieden ist J8 mit seinem Gehalt und hat auch schon seinen Chef wegen einer Erhöhung gefragt, doch wurde er ohne eine Begründung abgewiesen (vgl. J8, S. 10).

    7.3.6 Berufliche Zukunft

    Abschließend wurden die Jugendlichen noch bezüglich ihrer zukünftigen beruflichen Pläne befragt bzw. ob sie eventuell einen Wechsel des Arbeitsplatzes bzw. der Tätigkeit anstreben würden. Alle außer J2 und J8 antworteten ähnlich, nämlich dass ihre aktuelle Arbeit für sie passen würde und sie daher in keinem anderen Betrieb arbeiten möchten (J1, S. 8; J3, S. 8; J4, S. 10; J5, S. 12; J6, S. 11; J7, S. 11). Nur J8 beabsichtigt in naher Zukunft eine neue Arbeitsstelle zu suchen. Er gab an, dass er bereits eine neue Stelle – wieder im Verkauf – in Aussicht habe. Diesbezüglich wolle er aber nicht mehr sagen, da alles noch sehr ungewiss sei (vgl. J8, S. 10).

    7.3.7 Aktuelle Wohnsituation

    Die Hälfte der Jugendlichen lebt noch bei ihren Eltern (J2, J6, J7, J8), ist mit dieser Situation zufrieden und hat aktuell in dieser Hinsicht keine Veränderungen geplant. Die andere Jugendlichen sind von zu Hause ausgezogen oder führen einen eigenen Haushalt im Elternhaus. Ergänzend ist noch zu erwähnen, dass wenig über die Lebensumstände und die familiäre Situation in der Kindheit der Jugendlichen in Erfahrung gebracht wurde. Diesbezüglich wurde nichts Negatives erwähnt. Im Gegenteil beschrieb der Großteil der Jugendlichen ihre Eltern bzw. ihr privates Umfeld positiv. Bei einem Jugendlichen war das Jugendamt in die Vermittlung zu AIB involviert, woraus auf Missstände in der Familie geschlossen werden könnte. Allerdings deuten seinen Antworten und Schilderungen darauf hin, dass er gerne zu Hause wohnte bzw. wohnt (vgl. J8, S. 6).



    [43] Voraussetzung für den Leistungsanspruch gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 lit. a Oö. ChG.

    [44] Seit April 2017 in Pension.

    [45] Von Montag bis Freitag gegen sechs Uhr morgens und zwei Uhr nachmittags.

    8 Diskussion der Ergebnisse

    Im Folgenden werden die Erkenntnisse der empirischen Untersuchung – ausgehend von der bestehenden Schulsituation, mit Blick auf den Forschungsfokus – analysiert und diskutiert. Anschließend an die Beschreibung wird im ersten Schritt die zentrale Forschungsfrage beantwortet, deren Ziel die Eruierung jener Faktoren ist, die für ehemalige AIB-TeilnehmerInnen förderlich waren, um eine nachhaltige berufliche Integration auf dem Ersten Arbeitsmarkt zu erreichen. Im zweiten Schritt wird AIB anhand des theoretischen Rahmens der Disability Studies und der UN-BRK betrachtet und erörtert.

    Durch die erste Kategorie „Schulausbildung und absolvierte arbeitsmarktpolitische Maßnahmen“ werden die Beweggründe der Jugendlichen für eine Teilnahme an der Beruflichen Qualifizierungsmaßnahme deutlich. Die Befragungen zeigen, dass alle Jugendlichen eine Lernschwäche aufweisen und demzufolge in ihrer Pflichtschulzeit die Sonderschule besuchten bzw. in einer Regelschule nach dem ASO-Lehrplan unterrichtet wurden. Alle Jugendlichen beschrieben ihren schulischen Bildungsweg detailliert und stehen der Schulzeit neutral gegenüber. Über ihre Empfindungen bezüglich der sonderpädagogischen Schulförderung oder auch über das Verhältnis zu ihren LehrerInnen und MitschülerInnen berichteten die Jugendlichen kaum etwas. Lediglich im Zusammenhang mit den Erzählungen über den theoretischen Unterricht bei AIB erwähnten sie fallweise etwas über die Lernsituation in der Schule. Die Mütter wussten diesbezüglich mehr mitzuteilen und gewährten einen Einblick in ihre Erfahrungen mit den Lehrkräften ihrer Söhne. Sie erzählten über sehr engagierte und gute IntegrationslehrerInnen, machten aber auch Erfahrungen mit PädagogInnen, die ihrer Meinung nach nicht für eine Integrationsklasse geeignet waren. Das neunte Schuljahr und die darauffolgenden Schuljahre stellten aufgrund des Mangels an entsprechenden Bildungsein-richtungen große Herausforderungen für die Jugendlichen und deren privates Umfeld dar. Den Jugendlichen fehlte es nach der Pflichtschule daher an Perspektiven, und eine selbstständige Lehrstellensuche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwies sich als äußerst schwierig. So mussten sie teils nicht zufriedenstellende und nicht adäquate Notlösungen annehmen (z.B. jahrelanger Besuch einer Schwerstbehindertenklasse). Hierbei mangelte es den Befragten an passender Unterstützung und Förderung. Kritisch ist bei einigen der Jugendlichen auch die Zusammensetzung der Pflichtschuljahre zu sehen, die sie aufgrund der Vorschule, Klassen-wiederholung oder eines zusätzlichen Kindergartenjahrs erfüllten. Somit hatten sie zwar die gesetzliche Schulpflicht absolviert, doch fehlte es ihnen an den notwendigen Fähigkeiten, die ihnen einen Einstieg ins Berufsleben ermöglicht oder wenigstens erleichtert hätten. Auch jene Jugendlichen, die nach ihrer Schulzeit bereits Erfahrung mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen anderer Einrichtungen gemacht hatten, empfanden diese für eine gelungene Eingliederung auf dem Ersten Arbeitsmarkt als nicht förderlich.

    Die genannten Gründe für die Teilnahme an der Maßnahme zeigen auf, dass AIB eine relevante Nahtstelle zwischen Regelschule und Berufswelt darstellt. Daher wird in der Folge auf die anfangs dargelegte Hauptforschungsfrage eingegangen: „Was war bzw. was ist förderlich für die Jugendlichen bei der Beruflichen Qualifizierungsmaßnahme AIB von FAB, um eine nachhaltige berufliche und soziale Integration zu ermöglichen?

    8.1 Fördernde Faktoren für eine nachhaltige berufliche Integration

    Die Berufliche Qualifizierungsmaßnahme AIB wurde konzipiert, um Jugendliche durch eine praxisnahe Ausbildung für den Ersten Arbeitsmarkt vorzubereiten sowie durch geeignete Unter-stützung und Vermittlung eine nachhaltige berufliche Integration zu ermöglichen. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung haben gezeigt, dass alle befragten Jugendlichen seit einigen Jahren auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt berufstätig sind. Dabei nehmen sie individuell am beruflichen und gesellschaftlichen Leben teil und gehen selbstständig einer angemessenen, für sie zufriedenstellenden Erwerbsarbeit nach. Einerseits erwerben die Jugendlichen dadurch Pensionsversicherungszeiten. Andererseits wirkt ihr stabiles Beschäftigungsverhältnis einer unfreiwilligen Arbeitslosigkeit entgegen. Aus diesem Grund kann von einer „nachhaltigen“ beruflichen Integration in den Arbeitsmarkt – in Anlehnung an die eingangs erwähnte Definition nach dem Land Oberösterreich und Zinn – gesprochen werden. Dementsprechend wurde die angestrebte Zielsetzung der Beruflichen Qualifizierung gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 Oö. ChG erfüllt. Die Wirkung von AIB auf die Lebens- und Arbeitssituation der Jugendlichen kann somit positiv bewertet werden. Die Untersuchung zeigt einige besonders förderliche Faktoren auf, die nachstehend im Einzelnen hervorgehoben werden.

    Die befragten Jugendlichen und Mütter sahen die Begleitung und Betreuung durch die AIB-FachbetreuerInnen mit einer sozial- und behindertenpädagogischen Ausbildung als sehr förderlich an. Aus den Interviews geht hervor, dass die BetreuerInnen für die Jugendlichen in allen drei Phasen (Assessment, Stabilisierung und praktische Arbeit, Outplacement) des Ausbildungsplans von AIB eine wichtige Rolle für die Entwicklung der Jugendlichen und für den positiven beruflichen Werdegang spielten. Die Jugendlichen hatten zu allen BetreuerInnen gute und persönliche Beziehungen; als besonders unterstützend wurde das System der Bezugsbetreuung[46] empfunden. Daher lässt sich erkennen, dass die Bezugsbetreuung, wie sie bei AIB gehandhabt wird, einen wesentlichen positiven Indikator für den Maßnahmenerfolg darstellt. Das gute Verhältnis zwischen dem/der Bezugsbetreuer/in und dem/der Jugendliche/n, das auf Respekt und Vertrauen basierte, war Voraussetzung für eine zielorientierte und fähigkeitsorientierte pädagogische Arbeit und ermöglichte eine passende individuelle Förderung der TeilnehmerInnen. Alle Jugendlichen erwähnten ihre Bezugspersonen mehrmals und betonten, wie diese auf sie und ihre Bedürfnisse eingegangen und immer hinter ihnen gestanden seien. Dies gab ihnen Sicherheit und Rückhalt, und ihnen wurde dadurch vermittelt, dass sie ihre Sorgen und Probleme stets ihren persönlichen BetreuerInen neu mitteilen konnten, um gemeinsam Lösungen zu finden. Der gute und sehr intensive Kontakt machte es möglich, dass die BezugsbetreuerInnen ihre „Schützlinge“ sehr gut kennenlernten und somit deren berufliche Fähigkeiten und Interessen rasch herausfanden. Demzufolge gab es von Seiten der BezugsbetreuerInnen viele relevante Inputs und Bemühungen, um geeignete Arbeitstätigkeiten entsprechend der Persönlichkeit der Jugendlichen zu finden.

    Wegen fehlender Finanzierung seitens der Abteilung Soziales des Landes wird bei AIB nach Maßnahmenabsolvierung offiziell keine Weiter- bzw. Nachbetreuung angeboten. Hier soll festgehalten werden, dass laut einigen Jugendlichen der Kontakt zu ihrer/ihrem damaligen Bezugsbetreuer/in nie ganz abgebrochen ist und sie auch heute noch mit ihnen privat in Verbindung stehen würden. Demzufolge kann von einer gewissen (außerbetrieblichen) Weiter- bzw. Nachbetreuung durch die AIB-BetreuerInnen gesprochen werden, die von den Jugendlichen durchaus begrüßt wurde. Aus diesem Grund erachtet die Autorin eine Finanzierung einer Weiter- und Nachbetreuung seitens AIB für sinnvoll.

    Die Vermittlung von lebenspraktischen Fähigkeiten und schulischen Grundkompetenzen wurde bei den befragten Jugendlichen und Müttern als äußerst positiv bewertet, und sie berichteten von merklichen Verbesserungen ihrer persönlichen Fertigkeiten, wodurch ihr Selbstwertgefühl erheblich gestärkt worden sei. Der wertschätzende Umgang zwischen den BetreuerInnen und den Jugendlichen konnte die Motivation und das Interesse beim theoretische Unterricht steigern und wirkte sich somit positiv auf den Lernerfolg der TeilnehmerInnen aus. Außerdem wurde die kleine Gruppengröße und das angepasste Lerntempo beim Unterricht als angenehm empfunden. Die Jugendlichen sind sehr dankbar, dass ihnen bei AIB wichtige Sozialkompetenzen und traditionelle Arbeitstugenden, wie beispielsweise Pünktlichkeit und Pflichtbewusstsein, beigebracht wurden. Dadurch gewannen sie eine gewisse Selbstsicherheit, die ihnen bei den Praktikumsfirmen und im weiteren Berufsleben sehr geholfen hat.

    Für Menschen mit Beeinträchtigungen, auch wenn sie nicht an einen Rollstuhl gebunden sind, kann eine eingeschränkte Mobilität – wegen fehlender Fahreignung – einer dauerhaften Eingliederung ins Erwerbsleben im Weg stehen. Gerade in ländlichen Regionen, die verkehrstechnisch benachteiligt sind, kann es oft zum Problem werden, die Arbeitsstätte ohne eigenes Auto zu erreichen. Bei vielen befragten ehemaligen TeilnehmerInnen wurde alleine schon bei der Vereinbarung des Interviewortes und -termins bemerkbar, dass sie stark an die öffentlichen Verkehrsmittel bzw. an ihre Eltern gebunden sind. Daher ist es hilfreich, dass im Zuge der Maßnahme auch verschiedene Führerscheine erworben werden können. Bei den befragten Jugendlichen, die aufgrund ihrer Beeinträchtigungen keine Lenkberechtigung erwerben konnten, war es bei der Arbeitsvermittlung vorteilhaft Firmen auszuwählen, die mittels öffentlicher Verkehrsmittel erreichbar sind; damit es ihnen möglich ist, eigenständig, ohne z. B. auf ihre Eltern angewiesen zu sein, den Arbeitsweg zurückzulegen.

    Basierend auf den Erkenntnissen der Interviews kann die praktische Arbeit in der Form, wie sie am Standort Steyr organisiert wird, als äußerst förderlich bewertet werden. Diese wird in Kooperation mit Betrieben des Ersten Arbeitsmarktes in Form von Praktikumsstellen durch-geführt. Die Untersuchung zeigt auf, dass sich dadurch einige Vorteile für die Jugendlichen ergeben haben. Zum einen bekamen jene, die noch keinen fixen Berufswunsch hatten bzw. sich ihrer beruflichen Fähigkeiten und Interessen noch nicht bewusst waren, die Chance mehrere Berufsfelder kennenzulernen. Zum anderen konnten jene mit einem Berufswunsch in verschiedenen Firmen einer Branche „schnuppern“. Die Praktika in mehreren Betrieben bieten den Jugendlichen die Möglichkeit verschiedene Unternehmenskulturen kennenzulernen. Dadurch erkannten die Befragten, dass nicht nur die Tätigkeit, sondern auch die Unternehmenskultur bedeutende Auswirkung auf ein erfüllendes Berufsleben haben. Deutlich wurde dies, wenn sie Vergleiche zwischen Firmen herstellten und diese für sich individuell bewerteten. Einige Jugendliche waren auch vor negativen Erfahrungen in den Partnerfirmen nicht geschützt und berichteten über verbale Angriffe von KollegInnen, die sich meist auf ihre Beeinträchtigungen bezogen. Bei solchen Vorfällen wandten sie sich umgehend an ihre BezugsbetreuerInnen von AIB, die sofort darauf reagierten und demensprechend handelten. Hier war es hilfreich, dass sich die TeilnehmerInnen ihren BetreuerInnen anvertrauen konnten, um offen über ihre Probleme zu sprechen und gemeinsam Lösungen zu finden. Auch wurde von den Jugendlichen kritisiert, dass sie bei manchen Firmen ein gefördertes Praktikum absolvierten, diese aber keine freie Stelle anboten. Dies empfanden manche Jugendlichen als kränkend, und es erweckte bei ihnen den Eindruck, dass diese PraktikumsgeberInnen nur für kurze Zeit eine Gratis-Arbeitskraft benötigten. Hierbei sollte seitens der AIB-BetreuerInnen darauf geachtet werden, dass die vermittelten Praktikumsplätze auch eine realistische Chance auf eine Festanstellung für die Jugendlichen darstellen.

    Weiters ist die Dauer des Praktikums nicht unwesentlich für eine positive Vermittlung auf den Ersten Arbeitsmarkt. Eine lange Praktikumsdauer kann die Chance auf eine Festanstellung verbessern und wirkt somit integrierend im Unternehmen und in der Berufswelt. Dadurch ergibt sich eine gewisse Firmenzugehörigkeit, und die potenziellen ArbeitgeberInnen können sich ein Bild von den Jugendlichen machen. Somit wird es auch als nützlich bewertet, dass sich die Praktika bei AIB bis zu einem halben Jahr erstrecken können. In den Firmen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt konnten die TeilnehmerInnen erste und wertvolle Berufserfahrungen sammeln und dadurch einen ersten Eindruck vom Unternehmen gewinnen. In vielen Fällen ging die Praktikumsstelle in ein dauerhaftes Lehr- bzw. Dienstverhältnis über. Die Praktika konnten somit teilweise die Einarbeitungsphase abdecken, und einige Jugendliche berichteten, dass sie sich dadurch das Bewerbungsverfahren ersparten. Positiv ist auch anzumerken, dass alle TeilnehmerInnen, die auf eine Lehrstelle vermittelt werden konnten, von den Betrieben nach ihrer Lehrzeit in ein unbefristetes Dienstverhältnis übernommen wurden. Dies hatte den Vorteil, dass den Jugendlichen nach ihren Lehrabschlüssen eine Arbeitsplatzsuche und eventuell sogar eine vorübergehende Arbeitslosigkeit erspart blieben. Daraus kann geschlossen werden, dass die Auswahl der Lehrbetriebe bereits äußerst hilfreich für eine nachhaltige berufliche Integration ist.

    8.2 AIB im Licht der Disability Studies und der UN-BRK

    Ergänzend zur Eruierung der förderlichen Faktoren für eine gelungene und nachhaltige berufliche Integration wird hier der zusätzlichen Forschungsfrage nachgegangen: „Wie kann die Maßnahme unter Beachtung der Disability Studies und der UN-BRK betrachtet werden?“. Hierzu wird AIB in einem wissenschaftlichen und rechtlichen Kontext analysiert, wodurch die Perspektive dieser Untersuchung erweitert wird.

    Die UN-BRK verfolgt das menschenrechtliche Modell von Behinderung, das sich zwar an das soziale Modell von Behinderung der Disability Studies anlehnt, aber versucht, durch internationale rechtliche Verpflichtungen den Menschen mit Beeinträchtigungen eine gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Diese soll vor Aussonderung und Diskriminierung schützen (vgl. Degener 2009, S. 200 f.). Dabei wird das Ziel verfolgt, den gesamten Arbeitsmarkt für Menschen mit Beeinträchtigungen zu öffnen (Trenk-Hinterberger 2012a, S. 191). Die UN-BRK spricht im Art. 27 Abs. 1 Satz 1 von einem offenen und „inklusiven“ Arbeitsmarkt, der für Menschen mit Beeinträchtigungen zugänglich sein muss. Wichtig ist hierbei der inklusive Ansatz, da dieser den Gedanken der Disability Studies verfolgt und dabei einen Arbeitsmarkt fordert, der den beeinträchtigten Menschen entgegenkommen soll und ihre Bedürfnisse berücksichtigt bzw. sich diesen auch anpasst. In Oberösterreich wurde die Zielsetzung der UN-BRK im Oö. ChG gesetzlich konkretisiert. Die im § 11 Abs. 2 Z 1 bis 5 Oö. ChG festgelegten Leistungen erfüllen die geforderten „Maßnahmen zur Sicherung und Verwirklichung des Rechts auf Arbeit“ gemäß Art. 27 Abs. 1 Satz 2 UN-BRK. Die Berufliche Qualifizierung gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 entspricht im Wesentlichen den Vorgaben, die in Art. 27 Abs. 1 Satz 2 lit. a, e und j UN-BRK definiert sind.[47] Diese legen diverse arbeitsmarktpolitische Instrumente fest, um im Speziellen jungen Menschen mit Beeinträchtigungen den Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

    Anzumerken ist, dass die Vorgaben des Art. 27 Abs. 1 Satz 2 UN-BRK sowie die Idee der Beruflichen Qualifizierung laut dem Oö. ChG den „integrativen“ statt des „inklusiven“ Ansatzes des Art. 27 Abs. 1 Satz 1 verfolgen. Hierbei werden die Menschen mit Beeinträchtigungen durch diverse Maßnahmen so weit gefördert, dass sie auf den „normalen“ Arbeitsmarkt vermittelt werden können und eine gelungene Integration in das Erwerbsleben stattfinden kann. Die UN-BRK lehnt sich dabei an den von den Disability Studies geforderten Ansatz der Inklusion in den Arbeitsmarkt an, bei dem ein Arbeitsumfeld angestrebt wird, das an die besonderen Bedürfnisse der Menschen mit Beeinträchtigungen angepasst ist. Demzufolge müsste im Idealfall für einen Menschen mit Beeinträchtigung ein individueller, seinen Fertigkeiten entsprechender Arbeitsplatz geschaffen werden (vgl. Trenk-Hinterberger 2012b, S. 8). Die gesetzlich festgelegten Maßnahmen zielen aber vielmehr darauf ab, die beeinträchtigten Menschen zu unterstützen und zu schulen, um den Anforderungen des Ersten Arbeitsmarktes, wie er gegenwärtig existiert, gerecht zu werden. Wirft man einen Blick auf die aktuelle arbeitsmarktgegebene Situation mit ihren gewinn- und leistungsorientierten Aspekten der Marktwirtschaft, so sind die eingeführten Bestimmungen ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und können dahingehend auch realisiert werden. Die Aussagen der Interviewten verdeutlichen, dass die AIB-BetreuerInnen bei der Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz die persönlichen beruflichen Wünsche der Jugendlichen beachteten. Des Weiteren gingen sie äußerst fähigkeitsorientiert und individuell vor. Diesbezüglich kann daraus geschlossen werden, dass bei AIB ein guter Mittelweg gefunden wurde, der den Gedanken der Disability Studies nahekommt, aber auch die gegebenen wirtschaftlichen Anforderungen der Unternehmen berücksichtigt. Überdies standen die geforderten Prinzipien gemäß der Rahmenrichtlinie der Beruflichen Qualifizierung, wie beispielsweise die Achtung der Menschenwürde und die Orientierung an den Bedürfnissen der begleiteten Jugendlichen sowie das Prinzip der Selbstbestimmung, stets im Vordergrund bei der sonderpädagogischen Betreuung seitens AIB.



    [46] Hierbei fungiert der/die Bezugsbetreuer/in als Hauptbezugs- bzw. Vertrauensperson für die/den Jugendliche/n und stellt auch den/die Ansprechpartner/in für die Erziehungsberechtigten, die Praktikumsfirmen und externe Vertrauenspersonen dar (vgl. Johnson 1999, o. S.).

    [47] Siehe Kapitel 3.3.2.

    9 Fazit und Ausblick

    Das Berufsleben ist eine zentrale Voraussetzung zur gesellschaftlichen Teilhabe, da die Inklusion in den Arbeitsmarkt stark im Kontext mit dem Einkommen, aber auch mit der Einbettung in ein soziales Gefüge steht und einen gewissen sozialen Status repräsentiert. Gerade Jugendlichen bzw. junge Erwachsenen mit Beeinträchtigungen bleibt diese Teilhabe oftmals verwehrt (vgl. Wansing 2005, S. 83). Es bedarf wirksamer sozialpolitischer Maßnahmen, die dieser Personengruppe eine Eingliederung in den Ersten Arbeitsmarkt ermöglichen. Die ersten Kapitel dieser Arbeit zeigen auf, dass durch die Disability Studies und durch die Verabschiedung der UN-BRK ein deutlicher Paradigmenwechsel in der internationalen und nationalen Behindertenpolitik erkennbar ist. Dabei wird immer mehr die Forderung nach einem offenen und integrativen Arbeitsmarkt, der auch für Menschen mit Beeinträchtigen zugänglich ist, laut. Hier bleibt auch die österreichische Arbeitsmarktpolitik nicht unberührt. So findet man eine Reihe von gesetzlichen Maßnahmen, die zum Ziel haben das Recht auf Arbeit zu gewährleisten. Diese Forschungsarbeit hat sich auf die Berufliche Qualifizierungsmaßnahme AIB gemäß § 11 Abs. 2 Z1 Oö. ChG konzentriert und diese entsprechend den eingangs formulierten Forschungsfragen ausführlich analysiert. Anhand der Interviews mit ehemaligen AIB-TeilnehmerInnen und mit zwei betroffenen Müttern wurden jene Faktoren eruiert, welche die Jugendlichen als besonders fördernd für eine gelungene und nachhaltige Integration am Arbeitsmarkt empfanden.

    Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen auf, dass gerade die Zeit nach der Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht aufgrund fehlender (berufsbildender) Schulen für die Jugendlichen mit Beeinträchtigungen und deren Familien eine große Herausforderung darstellte. Somit erwies sich AIB für die ehemaligen TeilnehmerInnen als eine Art „Rettungsanker“ bei der Übergangsphase zwischen Schule und Beruf. Überdies schaffte AIB wichtige Rahmenbedingungen, die für eine gelungene Integration in den Ersten Arbeitsmarkt förderlich waren. Die subjektiven Erfahrungen der InterviewpartnerInnen zeigen auf, dass eine außerfamiliäre individuelle und fähigkeitsorientierte Betreuung sich äußerst positiv auf die persönliche Entwicklung und auf eine gelungene berufliche Vermittlung auswirkt. Die BezugsbetreuerInnen von AIB stellen überdies eine relevante Schnittstelle zwischen den arbeitssuchenden Jugendlichen und den Betrieben auf dem Ersten Arbeitsmarkt dar. In diesem Zusammenhang wäre Potenzial für eine weitere Forschungsarbeit gegeben, welche die Berufliche Qualifizierungsmaßnahme aus Sicht der Unternehmen analysiert und auch deren Bedürfnisse bzw. notwendige Hilfsmaßnahmen in Bezug auf beeinträchtigte MitarbeiterInnen aufzeigen kann.

    Abschließend wird festgehalten, dass AIB eine nennenswerte und wirksame Maßnahme für beeinträchtigte Jugendliche darstellt, die einen Einstieg in die Erwerbstätigkeit ermöglichen. Dies führt dazu, dass die Jugendlichen langfristig in der Berufswelt Fuß fassen können und ein (relativ) selbstbestimmtes sowie eigenständiges Leben führen. Diese Forschung zeigt, wie effektiv und nachhaltig zielgruppenorientierte Unterstützungs- und Fördermaßnahmen für eine gelungene Integration in den Arbeitsmarkt wirken. Die Politik ist weiterhin gefragt auf den Paradigmenwechsel zum Verständnis von Behinderung aufzubauen und dahingehend weitere Maßnahmen, die einen gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen, zu setzen. Hier ist besonders der Nationalratsbeschluss vom 12. Oktober 2017 hervorzuheben, der eine Verdoppelung der Arbeitsmittel für Menschen mit Beeinträchtigungen vorsieht. Somit werden im kommenden Jahr 90 Millionen Euro aus allgemeinen Budgetmitteln für die berufliche Inklusion beeinträchtigter Personen zur Verfügung gestellt (vgl. Parlament 2017, online).

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    Resch, Reinhard (2017): Sozialrecht. 7. Auflage. Wien: Manz Verlag.

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    Suelmann, Susanna (2013): Bildung in der Frauenrechtskonvention, der Kinderrechtskonvention und der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen. Schriftenreihe. Studien zum Völker- und Europarecht. Band 109. Hamburg: Verlag Dr. Kovač. (Dissertation Universität Münster).

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    Trenk-Hinterberger, Peter (2015): Arbeit, Beschäftigung und Ausbildung. Teilhabe am Arbeitsleben nach Artikel 27 UN-BRK. In: Degener, Theresia / Diehl, Elke (Hg.): Handbuch Behindertenrechtskonvention. Teilhabe als Menschenrecht – Inklusion als gesellschaftliche Aufgabe. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, S. 105–117.

    UPIAS, Union of Physically Impaired Against Segregation (1997): Fundamental Principles of Disability. Being a summary of the discussion held on 22nd November, 1975 and containing commentaries from each organization, ed by Mark Priestley. 4. URL: http://disability-studies.leeds.ac.uk/files/library/UPIAS-fundamental-principles.pdf (dl: 26.06.2017).

    Waldschmidt, Anne (2003): „Behinderung“ neu denken: Kulturwissenschaftliche Perspektiven der Disabiity Studies. In: Waldschmidt, Anne (Hg.): Kulturwissenschaftliche Perspektiven der Disability Studies. Tagungsdokumentation. bifos e.V.: Kassel, S. 11–22.

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    Waldschmidt, Anne (2006): Brauchen die Disability Studies ein „kulturelles Modell“ von Behinderung? In: Hermes, Gisela / Rohrmann, Eckhard (Hg.): „Nichts über uns – ohne uns!“ Disability Studies als neuer Ansatz emanzipatorischer und interdisziplinärer Forschung über Behinderung. Neu-Ulm: AG SPAK Bücher. S. 83–96.

    Waldschmidt, Anne (2010): Warum und wozu brauchen die Disability Studies die Disability History? Programmatische Überlegungen. In: Bösl, Elsbeth / Klein, Anne / Waldschmidt, Anne (Hg.): Disability History. Konstruktion von Behinderung in der Geschichte. Eine Einführung. Bielefeld: transcript Verlag, S. 13–27.

    Waldschmidt, Anne (2012): Selbstbestimmung als Konstruktion. Alltagstheorien behinderter Frauen und Männer. 2. korrigierte Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Waldschmidt, Anne / Schneider, Werner (2007): Disability Studies und Soziologie der Behinderung. Kultursoziologische Grenzgänge – eine Einführung. In: Waldschmidt Anne / Schneider, Werner (Hg.): Disability Studies, Kultursoziologie und Soziologie der Behinderung. Erkundungen in einem neuen Forschungsfeld. Bielefeld: transcript Verlag. S. 9–28.

    Wansing, Gudrun (2005): Teilhabe an der Gesellschaft. Menschen mit Behinderung zwischen Inklusion und Exklusion. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Wansing, Gudrun (2012): Inklusion in einer exklusiven Gesellschaft. Oder: Wie der Arbeitsmarkt Teilhabe behindert. In: Behindertenpädagogik, 51 Jg., Heft 4 (2012). S. 381–396.

    Wegscheider, Angela (2010): Politik für Menschen mit Behinderung am Beispiel Österreich: Zur Analyse und Kritik von Innovationsprozessen (Dissertation Johannes Kepler Universität Linz).

    Wegscheider, Angela (2015): Neue Sichtweisen auf Menschen mit Behinderungen. Sozialpolitik zwischen alten Mustern und neuen Wegen. In: Seckauer, Hansjörg / Stelzer-Orthofer, Christine / Kepplinger, Brigitte (Hg.): Das Vorgefundene und das Mögliche. Beiträge zur Gesellschafts- und Sozialpolitik zwischen Ökonomie und Moral. Festschrift für Josef Weidenholzer. Wien: Mandelbaum Verlag. S. 328–339.

    Weinreich, Bettina (2016): Das Recht auf Arbeit: Realisierung und Defizite für Personen, die als nicht erwerbstätig gelten. In: Bieback, Karl-Jürgen / Bögemann, Christoph / Igl, Gerhard / Welti, Felix (Hg.): Der Beitrag des Sozialrechts zur Realisierung des Rechts auf Gesundheit und des Rechts auf Arbeit für behinderte Menschen (Sozialrecht und Sozialpolitik in Europa, Band 34). Berlin: LIT Verlag, S. 145–152.

    Witzel, Andreas (2000): Das problemzentrierte Interview. In: FQS, Forum Qualitative Sozialforschung: Social Research (E-Journal). Jänner (2000), No. 1, Art. 22.

    Zinn, Karl G. (2003): Nachhaltigkeit im Arbeitsleben. Hindernislauf gegen Unvernunft und Ideologie. In: Linne, Gudrun / Schwarz, Michael (Hg.): Handbuch Nachhaltige Entwicklung. Wie ist nachhaltiges Wirtschaften machbar? Opladen: Leske + Budrich. S. 395–405.

    Internetseiten:

    BBRZ GRUPPE, Berufliche Bildungs- und Rehabilitationszentrums Gruppe (2014): Arbeitsfelder. Unsere Arbeitsfelder. URL: https://bbrz-gruppe.at/de/arbeitsfelder/ (dl: 02.07.2017).

    BBRZ GRUPPE, Berufliche Bildungs- und Rehabilitationszentrums Gruppe (o. J.): Jugend Oberösterreich. Berufsausbildungsassistenz. URL: http://www.bbrz.at/fuer-jugendliche-beim-beruflichen-neubeginn/jugendprojekte-von-jugend-am-werk-und-bbrz-oesterreich/berufsausbildu ngsassistenz.html (dl: 28.08.2017).

    BIZEPS, Zentrum für Selbstbestimmtes Leben (o. J.): Start. Wissenswertes. Integrationsklassen. URL: https://www.bizeps.or.at/wissenswertes/integrationsklasse/ (dl: 12.08.2017).

    BMASK, Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (o. J.a): Arbeit/Behinderung. Arbeitsmarkt. Arbeitsmarktpolitik. Jugendliche und junge Erwachsene. Jugendliche und junge Erwachsene am Arbeitsmarkt. URL: https://www.sozialministerium.at/site/Arbeit_Behinderung/Arbeitsmarkt/Arbeitsmarktpolitik/Jugendliche_und_junge_Erwachsene/(dl: 15.11.2017).

    BMASK, Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (o.J.b): Arbeit/Behinderung. Menschen mit Behinderung. EU & International. UN-Behindertenrechtskonvention. Die UN-Behindertenrechtskonvention. URL: https://www.sozialministerium.at/site/Arbeit_Behinderung/Menschen_mit_Behinderung/EU_International/UN_Behindertenrechtskonvention/(dl: 11.06.2016).

    BMF, Bundesministerium für Finanzen (2017): Transparenzportal. Arbeit und fähigkeitsorientierte Aktivität – „Berufliche Qualifizierung“. URL: https://transparenzportal.gv.at/tdb/tp/leistung/1034214.html (dl: 26.04.2017).

    HELP.gv.at, Bundeskanzleramt (o. J.): Home. Thema des Monats/Aktuelles Thema. Ausbildungspflicht für Jugendliche bis 18. URL: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/194/Seite.1940281.html (29.10.2017).

    KMU Forschung Austria (o. J.): KMU-Definition. URL: http://www.kmuforschung.ac.at/index.php/de/kmu-definition (dl: 30.08.2017).

    Parlament, Republik Österreich Parlament (2017): Parlamentskorrespondenz Nr. 1088 vom 25.10.2017. Bundesrat befürwortet mehr Budget für berufliche Integration behinderter Menschen. URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2017/PK1088/ (19.11.2017).

    SWÖ, Sozialwirtschaft Österreich – Verband der österreichischen Sozial- und Gesundheitsunternehmen (2017): Home. SWÖ KV 2017. URL: http://www.bags-kv.at/1001,4102,0,2.html (dl: 22.07.2017).

    Gesetzestexte:

    AlVG, Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977: Bundesrecht konsolidiert. Gesamte Rechtsvorschrift. URL: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10008407 (dl: 09.10.2017).

    APflG, Ausbildungspflichtgesetz: Bundesrecht konsolidiert. Gesamte Rechtsvorschrift. URL: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20009604 (dl: 20.10.2017).

    ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz: Bundesrecht konsolidiert. Gesamte Rechtsvorschrift. URL: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10008147 (dl: 17.10.2017).

    BAG, Berufsausbildungsgesetz: Bundesrecht konsolidiert. Gesamte Rechtsvorschrift. URL: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10006276 (dl: 04.08.2017).

    BBG, Bundesbehindertengesetz: Bundesrecht konsolidiert. Gesamte Rechtsvorschrift. URL: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10008713 (04.08.2017).

    B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz: Bundesrecht konsolidiert. Gesamte Rechtsvorschrift. URL: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000138 (dl: 04.08.2017).

    Oö. BhG 1991, Oö. Behindertengesetz 1991: Landesgesetzblatt für Oberösterreich. URL: https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Lgbl/LGBL_OB_19910920_113/LGBL_OB_19910920_113.pdf (dl: 20.06.2017).

    Oö. ChG, Oö. Chancengleichheitsgesetz: Landesrecht konsolidiert Oberösterreich. Gesamte Rechtsvorschrift URL: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LROO&Gesetzesnummer=20000514 (dl: 04.08.2017).

    Oö. ChG-Hauptleistungsverordnung: Landesgesetz konsolidiert Oberösterreich. URL: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LROO&Gesetzesnummer=20000529 (dl: 04.08.2017).

    Oö. SHG 1998, Oö. Sozialhilfegesetz 1998: Landesrecht konsolidiert Oberösterreich. Gesamte Rechtsvorschrift. URL: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LROO&Gesetzesnummer=10000617&ShowPrintPreview=True (dl: 04.08.2017).

    Schulpflichtgesetz 1985: Bundesrecht konsolidiert. Gesamte Rechtsvorschrift. URL: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10009576 (dl: 15.08.2017).

    UN-BRK, Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen: Bundesrecht konsolidiert. Gesamte Rechtsvorschrift. URL: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20006062 (dl: 04.08.2017).

    E-Mails / Gesprächsnotizen:

    Egger, Maria (2017a): AW: Div. Fragen bzgl. AIB. E-Mail: maria.egger@fab.at (20.04.2017).

    Egger, Maria (2017b): Gesprächsnotiz basierend auf einem Termin, mit der Autorin am 24.08.2017, Linz.

    Egger, Maria (2017c): AW: Zwei Fragen noch. E-Mail: maria.egger@fab.at (19.09.2017).

    Egger, Maria (2017d): Gesprächsnotiz basierend auf einem Termin mit der Autorin am 07.03.2017, Linz.

    Pichler, Elisa (2017): AW: Frage betreffend Nachhaltigkeit betr. BQ lt. § 7 Z 5 Oö. ChG. E-Mail: elisa.pichler@ooe.gv.at (09.10.2017).

    Pilz, Renate (2017): AW: Nachhaltigkeit in Bezug auf Arbeit. E-Mail: renate.pilz@ooe.gv.at (12.10.2017).

    Zauner, Thomas (2017): Gesprächsnotiz basierend auf einem Telefonat, geführt von der Autorin am 24.04.2017, Linz.

    Interviews:

    J1, Jugendliche 1 (2017): Anonymisiertes Interview, geführt am 12.05.2016, Steyr.

    J2, Jugendliche 2 (2017): Anonymisiertes Interview, geführt am 15.05.2017, Neuzeug.

    J3, Jugendliche 3 (2017): Anonymisiertes Interview, geführt am 15.05.2017, Kronsdorf.

    J4, Jugendlicher 4 (2017): Anonymisiertes Interview, geführt am 15.05.2017, Kronsdorf.

    J5, Jugendlicher 5 (2017): Anonymisiertes Interview, geführt am 16.05.2017, Bad Hall.

    J6, Jugendlicher 6 (2017): Anonymisiertes Interview, geführt am 19.05.2017, Kirchdorf.

    J7, Jugendlicher 7 (2017): Anonymisiertes Interview, geführt am 22.05.2017, Steyr.

    J8, Jugendlicher 8 (2017): Anonymisiertes Interview, geführt am 31.05.2017, Steyr.

    M1, Mutter 1 (2017): Anonymisiertes Interview, geführt am 13.07.2017, Steyr.

    M2, Mutter 2 (2017): Anonymisiertes Interview, geführt am 18.07.2017, Kirchdorf.

    Anhang

    Anhang 1: Anschreiben für das Interview

    Vorlage für Ausschreibung: Liebe Marion, Frau Vera Benedics ist Studentin an
                  der Universität Linz. Sie schreibt ihre Abschlussarbeit über AIB. Daher möchte
                  Frau Benedics gerne mit dir sprechen. Sie möchte dich fragen, wie es dir jetzt
                  geht. Sie möchte wissen, welche Erfahrungen du bei AIB gemacht hast. Das Gespräch
                  findet bei AIB Steyr statt und dauert ca. 30 Minuten. Niemand wird erfahren, was
                  du geantwortet hast. Bitte rufe Frau Benedics an damit du einen Termin vereinbaren
                  kannst. Ihre Telefonnummer ist xxx. Du kannst Frau Benedics gerne auch eine E-Mail
                  an xxx schicken. Wenn du Fragen hast, kannst du mich gerne unter der Telefonnummer
                  xxx anrufen. Liebe Grüße.

    Anhang 2: Interviewleitfaden für Jugendliche

    Leitfaden für Jugendliche S1.
    Leitfaden für Jugendliche S2.
    Leitfaden für Jugendliche S3.
    Leitfaden für Jugendliche S4.
    Leitfaden für Jugendliche S5.

    Anhang 3: Interviewleitfaden für Mütter

    Leitfaden für Mütter S1.
    Leitfaden für Mütter S2.
    Leitfaden für Mütter S3.
    Leitfaden für Mütter S4.

    Quelle

    Vera Benedics, Berufliche Qualifizierung für Jugendliche mit Beeinträchtigungen nach dem Oö. Chancengleichheitsgesetz. Eine empirische Analyse am Beispiel von „Ausbildung durch integrierte Beschäftigung“ des Vereins zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung (FAB), Masterarbeit an der Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik, Beurteilerin Mag.a Dr.in Angela Wegscheider, 2017.

    bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

    Stand: 11.06.2019

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