Ethische Grundlagen der Behindertenpädagogik

Themenbereiche: Theoretische Grundlagen
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: Erschienen in: Behinderte Menschen, Zeitschrift für gemeinsames Leben, Lernen und Arbeiten, Nr. 4/5/2011, Thema: Anerkennung und Fürsorge, S. 35-46.Der vorliegende Beitrag ist eine stark gekürzte und leicht überarbeitete Fassung des Textes „Ethische Grundlagen der Behindertenpädagogik“: Konstitution und Systematik. In: Dederich, Markus / Jantzen, Wolfgang (Hg.): Behinderung und Anerkennung. Enzyklopädisches Handbuch der Behindertenpädagogik Bd. 2, Stuttgart 2009 (S. 59–83) Behinderte Menschen (4/5/2011)
Copyright: © Dederich, Schnell 2011

Information

BEHINDERTE MENSCHEN, die Zeitschrift für gemeinsames Leben, Lernen und Arbeiten ist das Fachmagazin im deutschsprachigen Raum. Alle zwei Monate bringt es Fachwissen zu einem Schwerpunktthema. Dazu gibt es Reportagen, Meldungen, Buchbesprechungen, Fortbildungstipps und Kommentare. Produziert wird die Zeitschrift von der Reha-Druck, einer Druckerei in Graz, in der behinderte Menschen Ausbildung und Arbeit finden. Probeexemplare, Geschenkabos und Schnupperabos können auch online angefordert werden: www.behindertemenschen.at

Einleitung

Spätestens seit Beginn der Debatte über die Thesen von Peter Singer in den späten 1980er Jahren ist die Ethik zu einem wichtigen Grundlagenthema in der Behindertenpädagogik geworden. Auch wenn bestimmte Fragestellungen in den vergangenen Jahren im Fachdiskurs nicht mehr die Dringlichkeit zu haben scheinen wie zu Beginn der Debatte, ist die Ethik aus der Behindertenpädagogik nicht mehr wegzudenken. Sie ist sowohl in Bezug auf die Klärung grundlegender normativer Fragen der Pädagogik unerlässlich wie für die Reflexion und Beurteilung praktischer Probleme. Diese normativen Fragen betreffen beispielsweise implizite oder ausdrückliche Wertsetzungen, die bei der Begründung von Bildung, Erziehung, Therapie und Förderung unausweichlich im Spiel sind. Sie betreffen ebenso deren Ziele wie die Methoden, die zur Verwirklichung dieser Ziele eingesetzt werden. Auch die Entwicklung einer professionellen Haltung und eines Berufsethos pädagogisch Tätiger und Angehöriger von helfenden und heilenden Berufen bedarf einer Reflexion und Klärung von grundlegenden Werten. Auch die Klärung methodologischer bzw. wissenschaftstheoretischer Fragen kann nicht auf eine Reflexion von Wertfragen verzichten. Dies ist allein deshalb notwendig, weil jegliche wissenschaftliche, d .h. theoretisch fundierte und methodisch abgesicherte Annäherung an den Zentralgegenstand der Behindertenpädagogik (das Thema Behinderung und seine Relevanz für den Entwicklungs-, Sozialisations- und Bildungsprozess von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Behinderung) Auswirkungen darauf hat, wie dieser Zentralgegenstand wahrgenommen, gedeutet und mit Sinn versehen wird. Anders gesagt: Da die methodologische Konstitution einer wissenschaftlichen Disziplin und die Konstruktion ihres Gegenstandes einerseits Hand in Hand gehen und dieses rekursive Verhältnis von Disziplin und Gegenstand andererseits erhebliche praktisch-existenzielle Folgen für die betroffenen Menschen hat, ist auch diesbezüglich ein hohes Maß an normativer und ethischer Sensibilität gefragt. Schließlich hat die Ethik eine wichtige Reflexions- und Begründungsaufgabe in Bezug auf gesellschaftliche Aspekte von Bildung, Erziehung, Förderung und Therapie, etwa gesellschaftlich und kulturell virulente Bilder und Bewertungen von Behinderung oder soziale, institutionelle und politische Mechanismen der Herstellung von Exklusion und Inklusion.

Die eher praktisch-ethischen Fragen im Kontext von Behinderung werden nicht nur durch pädagogische, institutionelle und politische Probleme aufgeworfen, sondern sehr spezifisch auch durch Entwicklungen in der modernen Medizin und in den Lebenswissenschaften. Hierbei ist an Praktiken wie die vorgeburtliche Diagnostik, die Behandlung extrem frühgeborener Kinder, medizinische Versuche an nicht einwilligungsfähigen Menschen oder den Abbruch von medizinischen Behandlungen am Lebensende zu denken.

Diese (unvollständige) Liste von ethisch relevanten Aspekten der Behindertenpädagogik wird von mehreren roten Fäden durchzogen: das Problem der Bestimmung des Verhältnisses von Gleichheit und Differenz, von Macht und Ohnmacht und von Einschluss und Ausschluss.

Ziel dieses Beitrags ist es, einen sehr gerafften Überblick über das gesamte thematische Feld zu geben.

Grundlagen

Moral ist der auf das lateinische Wort ‚mos/mores’ (Brauch, Sitte, Gewohnheit) zurückgehende Nachfolgebegriff des griechischen Wortes ‚Ethos’ (Ethik). Beide Begriffe werden seit der Antike manchmal als Synonyme, meist aber als Bezeichnungen für Unterschiedliches verwendet. Ein Traditionsstrang versteht Ethik als Theorie der Moral. Als Moral gelten alle alltäglichen Wertüberzeugungen im Denken und Handeln. Ethik ist die Thematisierung, Reflexion und Wertanalyse dieser Wertvorstellungen, die sich als problematisch erweisen können und daher der ethischen Reflexion bedürfen. Ein anderer Traditionsstrang definiert die von Kant herkommenden Konzeptionen als Moral und die von Aristoteles ausgehende Denkbewegung als Ethik. Ein dritter und neuerer Strang versucht in Absetzung von den beiden älteren Traditionssträngen eine Andersbestimmung des Ethischen. Hier wird zwischen Inhalten und Regeln des Handelns und Verhaltens (= Moral) und der Ethik als der Verbindlichkeitsquelle und der Frage nach dem Mich-Meinen des moralisch Relevanten unterschieden (vgl. Schnell 2004). Unsere nachfolgenden Überlegungen sind diesem neueren Traditionsstrang verpflichtet.

Der erste genuine und für uns bedeutsamste Autor, der für diese Andersbestimmung des Ethischen steht, ist Emmanuel Levinas (1906–1995), der wegweisend für so unterschiedliche Denker wie etwa Jacques Derrida, Paul Ricoeur oder Zygmunt Bauman geworden ist. Anders als die beiden anderen Traditionen in der Ethik macht Levinas die Ethik zur Ersten Philosophie, die das Verhältnis zwischen Ich und Anderem nicht als eines von Symmetrie und Gleichheit, sondern von Asymmetrie und radikaler Verantwortung beschreibt. Die nicht indifferente und asymmetrische Beziehung zum Anderen ist die ethische Grundsituation, in der sich jeder Mensch vorfindet, und sie ist Ausgangspunkt jeglicher Sinnbildung. Ich finde mich in der Welt vor als eingesetzt in eine nicht delegierbare Verantwortung für den Anderen. Das Ich als moralisches Subjekt entsteht durch die unausweichlich an es gerichteten Ansprüche des anderen Menschen, auf die es zu antworten hat. Es ist genau diese Unausweichlichkeit des Antwortens, die Levinas Verantwortung nennt. Das Wie und Was der Antwort ist dadurch noch nicht bestimmt, sehr wohl aber, dass ich verantwortlich bin. Da mich, wie Levinas betont, im Angesicht des Anderen auch andere Andere, ja die Menschheit, ansprechen, bin ich immer schon einer Pluralität singulärer und unvergleichlicher Ansprüche ausgesetzt, die zu einem Vergleichen des eigentlich Unvergleichlichen zwingen. Genau dieser Vergleich des Unvergleichlichen heißt bei Levinas Gerechtigkeit. Von der ethischen Grundsituation aus gesehen, die durch die Andersheit des Anderen bestimmt ist, enthält die auf Symmetrie, Gleichheit und Reziprozität hin angelegte Gerechtigkeit unausweichlich Momente der Gewaltsamkeit. Die bloße Tatsache der Pluralität singulärer Ansprüche gibt nämlich keinerlei Auskunft darüber, wie differente Ansprüche zu bewerten und in eine Rangfolge von Prioritäten und Dringlichkeiten zu bringen sind. Erst die Einführung von Institutionen, die die Funktion haben, legitime Ansprüche zu befriedigen, gesellschaftliche Güter und Ressourcen zu verteilen usw. trägt dazu bei, dass Bevorzugungen und Benachteiligungen auftreten. Die Gewaltsamkeit der Gerechtigkeit beruht darauf, dass die ihr zugrunde liegenden Kriterien letztlich unzureichend sind. Anders gesagt: Es gibt keine letzte, unumstößliche und daher nicht mehr hinterfragbare Begründung dafür, wem was aufgrund welcher Kriterien zugesprochen oder vorenthalten wird.

Es müsste bisher deutlich geworden sein, dass wir mit unserem Zugang zu ethischen Fragen nicht nur normative Aspekte pädagogischen Handelns im Blick haben, sondern stark von Gefährdungen ausgehen: von gesellschaftlichen Exklusionstendenzen gegenüber Menschen mit Behinderungen, vom Problem integritätsgefährdender Ein- und Übergriffe durch die Pädagogik und andere angewandte Humanwissenschaften sowie von teilweise höchst problematischen Aspekten der Biomedizin und Bioethik.

Nach unserer Auffassung, so bleibt abschließend festzuhalten, muss eine zeitgemäße Ethik folgende Fragen beantworten können: Worin liegt die unausweichliche Beanspruchung (= das Mich-Meinen) des Ethischen? Welcher Entwurf eines guten Lebens und welcher Schutzbereich können als Antwort auf diese Beanspruchung eingerichtet werden? Sind Einrichtung und Stiftung des Lebensentwurfes und Schutzbereiches gewaltsam? Diese drei Fragen sind Prüfkriterien dafür, ob und in welcher Weise ethische Entwürfe und deren Beschreibungen exklusiv sind, also behinderte, kranke und/oder pflegebedürftige Menschen von Schutz, Achtung und Würde ausschließen oder nicht. Dem liegt unsere Überzeugung zugrunde, dass die Ethik angesichts verschiedener ambivalenter Entwicklungen in der Gesellschaft die Aufgabe hat, als Anwalt von Schutz, Achtung und Würde behinderter, kranker und/oder pflegebedürftiger Menschen aufzutreten (vgl. Dederich 2001).

Zum Stand der Forschung

In diesem Schritt unserer Überlegungen wollen wir der Frage nachgehen, ob sich in der Behindertenpädagogik Spuren einer Neubestimmung des Ethischen finden und welche Antworten auf unsere drei leitenden Fragen versucht werden. Wie die nachfolgend exemplarisch angeführten Arbeiten zeigen, wird in den behindertenpädagogischen Arbeiten zu Problemen der Ethik auf ein breites philosophisches Spektrum zurückgegriffen: Auf tugendethische Konzeptionen in Arbeiten zur Berufsethik, die neben moralischen Urteilen moralische Haltungen und Handlungen akzentuieren (etwa bei Gröschke 1993), auf die Verantwortungsethik von Levinas (so bei Stinkes 1993, Dederich 2000 oder, in Verkoppelung mit Arbeiten Foucaults, bei Rösner 2002), auf Elemente der Diskursethik (teilweise aber auch kritisch: Antor & Bleidick 1995), auf die frühe Kritische Theorie von Horkheimer und Adorno (bei Jakobs 1997, der seine Überlegungen in eine tugendethische ‚Mikrologie’ münden lässt), auf Kant und das Prinzip der Achtung der Würde des Menschen (etwa bei Speck 1998), oder auf die Ethik Spinozas (bei Jantzen 1998 und 2004, der die monistische Ethik Spinozas mit zentralen Theoriestücken der Kulturhistorischen Schule sowie des historischen Materialismus ebenso verbindet wie Momente einer modernen und einer postmodernen Ethik).

Trotz aller Unterschiede verbindet die kritische Reflexion auf ethische wie gesellschaftliche Exklusionsprozesse diese Ansätze. Was sie – positiv formuliert – eint, ist ihr Anspruch, zu einer nicht-exklusiven Ethik beizutragen. Zu den leitmotivisch wiederkehrenden Begründungsfiguren gehört der Rekurs auf die Menschenwürde und, seit der Verabschiedung der Behindertenrechtskonvention durch die UN im Jahr 2006, auf die Menschenrechte. Die Ausarbeitung des Ethischen im Sinne eines unausweichlichen Anspruchs durch den Anderen findet sich hingegen nur vereinzelt, nämlich dort, wo die Ethik vom Anderen her gedacht wird (erstmals bei Stinkes 1993). Dominiert wird der Diskurs jedoch durch die Option, bei der Gleichheit anzusetzen (vgl. Liesen 2006). Während das Thema Gewalt immer wieder aufgegriffen wurde (etwa durch Lanwer 2008), ist die Gewaltsamkeit im oben angedeuteten Sinn, nämlich als Folge des Versuchs, Gerechtigkeit herzustellen, bisher erst ansatzweise thematisiert und problematisiert worden – und zwar in Zusammenhängen, die Ambivalenzen, Aporien und Dilemmata sowohl der gesellschaftlichen Praxis als auch der ethischen Reflexion herausarbeiten (vgl. Antor & Bleidick 1995, Dederich 2000).

Im nachfolgenden Abschnitt, dem Kern des vorliegenden Beitrags, wollen wir nicht auf die Unterschiede im Detail eingehen, sondern den Versuch unternehmen, in der Literatur immer wieder auftauchende ethische Schlüsselbegriffe und Legitimationsansätze daraufhin zu untersuchen, ob und wie sie zu einer Andersbestimmung des Ethischen beitragen.

a) Menschenwürde

Vor allem in der Debatte über kontroverse Themen der ‚Bioethik’ und insbesondere dort, wo es um den sogenannten ‚moralischen Status‘ geht, spielt die Menschenwürde eine zentrale Rolle. Die Bestimmung des moralischen Status ist zentral bei der Klärung, ob und in welchem Umfang ein Individuum moralisch zu berücksichtigen ist und welche Rechte und Pflichten wir ihm gegenüber haben. Die Diskussionen drehen sich dabei um folgende Fragen: Ab wann kommt dem Menschen Würde zu – ab der Befruchtung der Eizelle, ab der Nidation, ab bestimmten, in moralischer Hinsicht als signifikant angesehenen Entwicklungsstufen? Gilt sie unbedingt oder ist ein gestuftes Modell angemessener? Ist sie ein oberstes Gut oder ein Gut unter Gütern, das der Abwägung unterzogen werden kann (vgl. Antor 2003)?

Ausgehend von der Moralphilosophie Kants gilt die Menschenwürde als oberstes Moralprinzip. Nach Höffe ist sie „angeboren und unveräußerlich, […] unteilbar, unverrechenbar und unverlierbar, kurz: unantastbar“ (Höffe 2002, 115). Die Achtung der Würde des anderen Menschen besteht in der Verpflichtung, andere Menschen niemals bloß als Mittel, sondern immer auch „als Zweck an sich selbst“ zu behandeln. Diese Selbstzweckhaftigkeit entzieht den Menschen relativer Wertungen und damit der kategorial strukturierten Wirklichkeit (vgl. Spaemann 1996). So heißt es in einer berühmten Stelle in Kants „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“: „Im Reiche der Zwecke hat alles entweder einen Preis oder eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes Ethische Grundlagen der Behindertenpädagogik als Äquivalent gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde“ (Kant 1965, 58). Kant hat die Menschenwürde an Kriterien gebunden, und zwar an die Autonomie und die mit ihr verbundene Moralfähigkeit. Diese Moralfähigkeit ist im Sinne Kants jedoch nicht als Individualeigenschaft zu verstehen, sondern ist mit der Zugehörigkeit zur ‚Menschheit’ gegeben.

Nach Ansicht von Kritikern der vorgeburtlichen Diagnostik wird demgegenüber das Recht ins Leben zu treten der Tendenz nach an den Nachweis des Nichtvorhandenseins bestimmter unerwünschter Eigenschaften gebunden. In der Folge haben das Lebensrecht und die Würde des einzelnen Menschen „konsequenterweise nicht mehr den Rang von im Wortsinne angeborenen Rechten. Sie sind nicht mehr mit dem Ins-Leben-Treten per se garantiert. Beide mutieren in einer solchen Gesellschaft zur bloßen Lizenz: Sie werden gewährt, versagt oder widerrufen – je nachdem, ob man die examinierte Person im Kreis der Entscheidungsträger begrüßt oder aber missbilligt, ob man sie als erwünscht oder störend betrachtet“ (Picker 2002, 144).

Vergegenwärtigen wir uns auch hier wieder, dass die Diskussion über die Menschenwürde von großer gesellschaftlicher Bedeutung ist, und dass es gesellschaftliche Entwicklungen sind, die die absolute Geltung der Menschenwürde in Frage stellen, so kommt ein wichtiger Gesichtspunkt in den Blick, auf den Graumann aufmerksam macht: „Die gesellschaftliche Anerkennung der in der Menschenwürde begründeten Rechte erfordert jedoch gesellschaftliche Verhältnisse, in denen der Schutz der Menschenrechte institutionell gesichert ist, sowie ein ‚gesellschaftliches Klima’, das die moralische Haltung der Anerkennung grundlegender Rechte – auch derjenigen, die nicht selbst für ihre Rechte einstehen können – fördert“ (Graumann 2002, o.S.).

Eine mögliche Andersbestimmung der Menschenwürde müsste diese von dem Nachweis des Vorhandenseins bestimmter, sogenannter moralkonstitutiver Eigenschaften lösen. Es ist gewiss ein Unterschied, ob ein Mensch erwachsen und gesund ist oder seit Jahren im Koma liegt. Dieser Unterschied darf jedoch nicht einen Unterschied im Hinblick auf Würde und Lebensrecht bedeuten. Andersbestimmung hieße: die Würde des Anderen bestätige ich, indem ich dem Anderen als meinesgleichen begegne. Diese Begegnung ist passiver Natur, unvermeidlich und damit nicht exklusiv (vgl. Schnell 2005).

b) Die Gefährdetheit des Menschen und Verantwortung

Waldenfels bezeichnet die von Levinas entwickelte Ethik als responsive „Ethik von unten“ (Waldenfels 1998a, 13). Vor diesem Hintergrund wollen wir nachfolgend den für die Ethik wichtigen Zusammenhang von Leiblichkeit, Verantwortung und Andersheit des Anderen aufzeigen.

Der andere Mensch begegnet uns Mensch immer konkret in seiner Leiblichkeit, mit der auch seine „Bedürftigkeit, Angewiesenheit und Gefährdetheit“ (Mertens 1998, 246) gegeben sind. Hiervon geht ein Anspruch aus, und dieser Anspruch bildet den innersten Kern, das Fundament, den Anfang der Ethik. Sie ist die Quelle unseres Wissens, was überhaupt ein moralisches Phänomen ist. Entsprechend heißt es bei Brumlik: „Um zu wissen, worum es bei einer Moral überhaupt geht, muss uns die menschliche Welt als eine Welt verletzlicher, aufeinander bezogener, mit- und aneinander leidender Wesen erschlossen sein“ (Brumlik 1992, 157).

Von der Bedürftigkeit, Angewiesenheit und Gefährdetheit des anderen Menschen gehen Ansprüche aus, die denjenigen, an den diese Ansprüche ergehen, in die Verantwortung rufen. Folgt man der Ethik von Emmanuel Levinas, zeigen sich die Verletzbarkeit des Leibes und die Unauslöschbarkeit des Anspruchs des anderen Menschen in seinem Antlitz. Die Fragilität des Leibes hat einen appellativen Charakter. „Grundsätzlich gefährdet sind Ansprüche der eigenen oder anderen Leiblichkeit nicht nur dort, wo ein Handeln oder Handelnkönnen die Existenz des gesamten Leibes gefährdet, sondern auch in den Fällen, in denen ein Handeln wesentliche Aspekte der leiblichen Endlichkeit zu verletzen droht. Die ethische Relevanz eines auf die Verletzlichkeit des Leibes bezogenen Handelns ist gerade in der Nicht-Reziprozität von Handeln und leiblichen Ansprüchen begründet“ (Mertens 1998, 246).

Dieser Zugang zu Fragen der Ethik ist für die Behindertenpädagogik, ebenso wie die Pflege-und Rehabilitationswissenschaften und die Medizin, von besonderer Relevanz, weil sie es explizit mit bedürftigen Menschen zu tun haben. Vor dem Hintergrund der gegenwärtig hochgehaltenen Autonomie sind dies Menschen, „die das Kriterium, eine autonome und selbstbestimmte Person zu sein, gar nicht, über einen erheblichen Zeitraum nicht oder immer nur teilweise erfüllen. Eben diese Menschen werden von der sogenannten allgemeinen Ethik nicht angemessen, sondern nur als Mängelwesen berücksichtigt. Die allgemeine Ethik richtet sich an die aristotelischen Freunde, die kantische Vernunftperson, die utilitaristischen Nutzenmaximierer. Weil Menschen mit Demenz, im Wachkoma, mit schwersten Behinderungen, Krankheiten oder überschießendem Geist sich nicht umstandslos mit Freunden, Vernunftpersonen und Nutzenmaximierern gleichsetzen lassen, müssen die Pflegewissenschaften, die Sonderpädagogik und eine dialogisch verstandene Medizin bei der Konstitution der Ethik ein eigenes Gewicht zur Geltung bringen“ (Schnell 2002, 12).

Damit ist auf eine asymmetrische Sorgestruktur und auf eine Relation der Verantwortung verwiesen. Verantwortung ist eine Antwort, die auf einen Anspruch folgt. Nach Levinas ist es nicht möglich, sich diesem Anspruch zu entziehen, und insofern meint er mich und gilt unbedingt. In diesem Sinn formuliert Waldenfels: „Im Anspruch, den ich vernehme, erhebt sich ein Anspruch, der mir etwas abverlangt. Dieser situativ verkörperte Anspruch kommt jedem moralischen oder rechtlichen Anspruch zuvor. Die Frage, ob der Anspruch berechtigt sei oder nicht, setzt voraus, dass bereits ein Anspruch vernommen wurde“ (Waldenfels 1998b, 43).

Wenn Verantwortung responsiv ist, heißt dies, dass der Andere, von dem der Anruf oder Anspruch ausgeht, dem Antwortenden in gewisser Weise immer voraus ist. Dies aber impliziert auch, dass hier nicht eine symmetrische, sondern eine asymmetrische Relation vorliegt. Das In-die-Verantwortung-Genommen-Werden durch den Anderen geht der Feststellung oder normativen Konstruktion von Pflichten unter Gleichen voraus.

„Sorge tragen um die Situation des Anderen, um seine Lebenslagen, seine Bedürfnisse, Missgeschicke usw. ist eine Gabe, die nicht durch eine Gegengabe zu beantworten ist; dies ist der Sinn der nicht-reziproken und asymmetrischen Verantwortung oder Fürsorge für den Anderen. Fürsorge bezieht sich dabei auf jeden Menschen als radikal Anderen, d.h. sie ist nicht bezogen auf spezifische Schädigungsformen, Lebenslagen etc. Aber sie verpflichtet zur Antwort, die durch keine Ethik einklagbar wäre“ (Stinkes 2002, 219).

Leiblichkeit und Relationalität bilden einer phänomenologischen Sichtweise gemäß das Fundament für Interpersonalität und Verantwortung. Für die Ethik folgt hieraus, dass sie nicht von einer abstrakten Gleichheit und Reziprozität autonomer Subjekte ausgehen kann, wie dies beispielsweise moderne Diskursethiken tun. Vielmehr erlangen Andersheit und Asymmetrie der ethischen Relation einen ethischen Stellenwert, der auch in der Philosophie erst seit einigen Jahrzehnten wahrgenommen und gewürdigt wird (vgl. Waldenfels & Därmann 1998).

Nun handelt es sich bei Ethik von Levinas keineswegs um eine Ethik für gesellschaftslose, asymmetrische Dyaden. Auch Levinas hat gesehen, dass wir in der Regel nicht nur einem Anderen gegenüberstehen, sondern immer zugleich auch anderen Anderen. Hinzu kommt, dass Vis-a-vis-Beziehungen im Horizont institutioneller, gesellschaftlicher, ökonomischer und politischer Kontexte stehen. In dieser Situation tritt die Gerechtigkeit auf den Plan.

c) Fürsorge und Gerechtigkeit

Die zuletzt angeschnittene Problematik stellt uns vor die Frage, ob und wie eine radikal gedachte Ethik der Verantwortung für den Anderen, die vor der Konstruktion juridischer und universalistischer Gleichheitsforderungen einen Unbedingtheitsanspruch erhebt, mit der Frage der Gerechtigkeit verknüpft werden kann. Auch hier setzen wir bei der Andersbestimmung des Ethischen durch Levinas an. Wie Levinas zeigt, steht der Mensch diesseits seiner Freiheit als Subjekt in der grenzenlosen und nicht aufhebbaren Verantwortung gegenüber dem Anderen:

„Diesseits der Gerechtigkeit des Mitseins, Verteilens, Beratens und kritischen Prüfens lässt sich ein Unausweichliches ausmachen, durch das Akteuren ein Zugang zur Gerechtigkeit unhintergehbar aufgegeben ist. […] ‚Diesseits’ meint, dass ich, noch bevor ich als ‚Ich’ auftrete, welches etwas tun oder lassen kann, vom Anderen zur Verantwortung gerufen bin“ (Schnell 2001, 15).

Anders gesagt: Das Prinzip der Gleichheit, das für die Idee der Gerechtigkeit konstitutiv ist, wird durch die Relation der Verantwortung gestiftet und differenziert sich aus dieser heraus. Die Frage der Gerechtigkeit taucht bei Levinas mit dem sogenannten ‚Dritten’ auf (vgl. Levinas 1992). Mit ihm entsteht die Notwendigkeit, ein Moment von Reziprozität und Symmetrie in die ethische Relation hineinzubringen.

„Das Eingehen auf einen fremden Anspruch und das Geschenk einer Antwort geraten erst dann auf die Bahnen eines wechselseitigen Gebens und Nehmen, wenn Eigenes und Fremdes im Lichte eines Dritten betrachtet werden, der Vergleiche anstellt und im Konfliktfall für einen Ausgleich sorgt. Der Gesichtspunkt des Dritten, der Recht und Gerechtigkeit ermöglicht, ist auf gewisse Weise unentbehrlich“ (Waldenfels 1998b, 48).

Waldenfels weist auch darauf hin, dass der Gesichtspunkt des Dritten immer dann im Spiel ist, wenn Reden und Handeln allgemeinen Regeln, Normen, Gesetzen usw. folgen. Levinas schreibt hierzu: „Es ist der Augenblick der Gerechtigkeit (der Justiz). […] Hier fordert das Recht des Einzigen, das Urrecht, des Menschen Urteil, und somit Objektivität, Objektivierung, Thematisierung, Synthese. Es werden Institutionen benötigt, die richten, und eine politische Autorität zu ihrer Unterstützung“ (Levinas 1995, 237).

Hierdurch erlangt der einzelne Mensch den ethischen ‚Status’ des Staatsbürgers, eines – trotz seiner Andersheit – Gleichen unter Gleichen. Jedoch beharrt Levinas vor dem Hintergrund von Macht, Gewalt und politischen Totalitarismen, denen der einzelne Mensch anheimfallen kann, auf den Ursprung der Gerechtigkeit und des Rechtes in der Einzigkeit des anderen Menschen – weshalb auch im Lichte der Gerechtigkeit immer wieder „auf das unter den Identitäten der Staatsbürger verborgene menschliche Antlitz aufmerksam“ gemacht werden müsse (ebd.).

Zugleich besteht kein Zweifel daran, dass die ethische Situation von Angesicht zu Angesicht von Anfang an in einem institutionellen bzw. gesellschaftlichen Kontext situiert ist, d.h. in einem Kontext, der durch Regeln, Normen, Kommunikations- und Beziehungsstile, gesellschaftliche Aufträge an diese Institution, organisatorische Abläufe, normativ wirksame Konzeptionen, personelle, sächliche, räumliche, zeitliche oder andere Mangelerscheinungen bestimmt ist, oftmals auch durch die Notwendigkeit, knappe Ressourcen zu verteilen, unterschiedliche Standpunkte und Interessen in Einklang zu bringen oder für schwierige Entscheidungen einen Konsens zu finden. Der Gesichtspunkt der Gerechtigkeit zeigt sich auch vor diesem Hintergrund als unverzichtbar. Zugleich resultiert hieraus aber auch ein gravierendes Problem: Indem „der fremde Anspruch einem allgemeinen Gesetz unterworfen und derart gleichgesetzt wird, was nicht gleich ist, enthält Gerechtigkeit stets ein Moment von Ungerechtigkeit“ (Waldenfels 1998b, 48) und Gewaltsamkeit.

Die dennoch unverzichtbare Bedeutung der Gerechtigkeit zeigt sich auch dann, wenn es darauf ankommt, eine ethische Position, Entscheidung diskursiv zu begründen und (im Sinne einer Rechenschaft) zu verantworten. Auch kontextsensitive, von Gefühlen nicht abstrahierende Beurteilungen von spezifischen Handlungen erfordern auf der Ebene der Reflexion und Begründung stichhaltige Kriterien und allgemeine Maßstäbe. Sobald eine sprachlichdiskursive Rechtfertigung konkreter Handlungen oder Geltungsansprüche erfolgt, geschieht dies unter Rückgriff auf allgemeine (oder für allgemein gehaltene) Prinzipien, Argumente oder Gesichtspunkte. Wenn beispielsweise die Prozedur der Entscheidungsfindung bezüglich der Fortsetzung oder des Abbruchs der Behandlung eines schwerstkranken Patienten begründet werden soll, fließt bei aller Konzentration auf die spezifische Situation und ihre medizinischen und psychosozialen Hintergründe und Probleme ein Allgemeines in die Suche nach einer Lösung ein.

Allerdings geht der argumentativen Rechtfertigung die existentielle Situation moralischer Entscheidungen voraus – und dieser wiederum jener des Angesprochen- oder Angerufenwerdens durch den Anderen. Das aktive Abwägen, Entscheiden und Handeln auf der Grundlage von Kriterien und ethischen Prinzipien ist deshalb sekundär. Primär ist das passive Angerufen- oder Ergriffenwerden durch die Ansprüche des anderen Menschen. Wenn Ethik von ihrer Wurzel her responsiv ist, geht die antwortende Fürsorge der Gerechtigkeit voraus.

Anders als z.B. in Axel Honneths Anerkennungsethik werden Andersheit und Verantwortung nicht einfach der Gerechtigkeit angeheftet; vielmehr zeigt sich, dass sie in einem Stiftungsverhältnis zueinander stehen. Die verantwortliche Fürsorge geht der Gerechtigkeit voraus. Aber noch mehr als das: Die Fürsorge geht auch über die Gerechtigkeit hinaus. Sie ist auch nach der Bemessung des gerechten Gebens und Nehmens nicht annulliert, sondern stellt einen Anspruch an mich, der zeigt, dass meine Verantwortung für den Anderen und die Anderen nicht durch die Gerechtigkeit abschließend einlösbar ist. Die Verantwortung ist eine Gabe, ein Überschuss über die Ordnung der Gerechtigkeit hinaus (vgl. Schnell 2001).

d) Anerkennung

Ein viertes zentrales Grundmotiv der Ethik ist die Anerkennung (vgl. Dederich & Schnell 2011). Auch dieser Punkt kann wie die vorangehenden nur in seinen Grundzügen erläutert, nicht aber eingehend entwickelt werden. Auch das Problem, wie sich die konzeptionelle Zusammenführung von Verantwortung und Anerkennung begründen lässt und wie sie aufeinander zu beziehen sind, kann hier nur in Andeutungen behandelt werden. Diese Frage ist deshalb wichtig, weil beide Konzepte von ganz anderen Voraussetzungen ausgehen. Deshalb verbietet sich eine schlichte additive Kombination oder Zusammenführung beider Perspektiven.

Ganz allgemein formuliert ist Anerkennung ein Akt, dem anderen Menschen neben sich einen Daseinsraum zu eröffnen und ihm mit Achtung zu begegnen. Anerkennung bedeutet, andere Menschen nicht zu dämonisieren, zu vergöttern oder (in Anlehnung an Kant), sie nur als Objekte zu behandeln. Vielmehr zeigt sich Achtung darin, einen Menschen als Menschen zu sehen (vgl. Margalit 1999). Bei Spaemann heißt es: „Anerkennung der Person – das heißt zunächst einfach Rücknahme der eigenen, prinzipiell unbegrenzten Expansionstendenz, Verzicht darauf, den anderen nur unter dem Aspekt der Bedeutsamkeit zu sehen, die er in meinem Lebenszusammenhang hat, Achtung vor ihm als einer für mich nie gegenständlich werdenden Mitte eines eigenen Bedeutungszusammenhangs“ (Spaemann 1996, 197).

Wie Spaemann betont, beruht Anerkennung nicht auf einer willkürlichen Setzung, sondern ist eine „angemessene Antwort“ (ebd., 252) auf einen Anspruch, den Anspruch „auf einen Platz in der bereits existierenden Personengemeinschaft, nicht Kooptation nach Kriterien, die von den bereits Anerkannten definiert werden“ (ebd., 253).

Nach Honneth (1994, 2000) sind Anerkennungsverhältnisse der Ermöglichungsrahmen für das Gelingen individuellen Lebens. Zugleich hat diese Ethik einen ausdrücklichen sozialethischen Schutzcharakter, indem sie an der menschlichen Integrität, deren Schutz sie für zentral hält, ansetzt. Honneth unterscheidet drei Interaktionssphären, die zugleich Dimensionen von Integrität sind, und deren Verletzbarkeit ihre Anerkennung fordert. Honneth spricht von emotionaler Zuwendung in Vis-a-vis-Beziehungen, rechtlicher Anerkennung und solidarischer Zuwendung. „Nur derjenige, der sich im Spiegel der expressiven Verhaltensweisen seines Gegenübers positiv zur Kenntnis genommen sieht, weiß sich in elementarer Form sozial anerkannt“ (Honneth 2003, 20).

Gerade der letzte Punkt macht aber auch die Gefahr deutlich, Anerkennung an Voraussetzungen zu binden, daran nämlich, ob bestimmte Kriterien für die Anerkennung erfüllt werden oder nicht. Das wäre dann der Fall, wenn ein Gemeinwesen nur Individuen mit spezifischen Eigenschaften oder Merkmalen anerkennt, etwa solchen, die als ‚positiv’ oder ‚nützlich’ erachtet werden. Kulturelle oder ethnische Minderheiten, aber auch schwerstbehinderte Menschen dürften es unter diesen Bedingungen schwer haben, Anerkennung zu erfahren. Bedingte Anerkennung würde, so zeigt sich hier, Andersheit und Differenz auslöschen. Ebenfalls muss im Rahmen einer Anerkennungsethik sichergestellt werden, dass sie nicht auf symmetrische oder reziproke Beziehungen zwischen als gleich gedachten Subjekten reduziert wird. Anerkennung müsste so gefasst werden, dass sie auf die klassifikatorische, begriffliche, verstehende, also die ihn als „so und nicht anders“ identifizierende Festlegung des Anderen verzichtet. Anerkennung müsste die Anerkennung des „Nichtidentischen“ sein (Adorno 1975), also eine Anerkennung, die auf herrschaftlichen Zugriff, auf Aneignung, Anpassungsdruck und Unterwerfung verzichtet. Dieser Zugang zur Anerkennung enthält ein Moment der Utopie, verweist er doch auf die Möglichkeit des Miteinanders des Verschiedenen.

Vor diesem Hintergrund macht Gamm auf einen wichtigen Sachverhalt aufmerksam, wenn er schreibt: „Die Schwierigkeit, Prozesse wechselseitigen Anerkennens zu denken liegt darin […], in den Begriff der Wechselseitigkeit ein Moment aufzunehmen, das den anderen radikal freigibt, das heißt, seine Einzigartigkeit oder sein von mir unendlich unterschiedenes Wesen anerkennt und aus der Wechselseitigkeit der Erwartung entlässt. […] Man muss ‚Anerkennen’ als ein gleichsam flottierendes, frei bewegliches, extrem fragiles Medium betrachten, das schon beim Versuch, es in die eigene Reichweite oder Gewalt zu bringen, augenblicklich zerstört wird“ (Gamm 2000, 214).

Anerkennung müsste, ähnlich der Würde in der Begegnung, aus der Passivität der Erfahrung gedacht werden, als geschuldet und zugleich unvermeidlich.

e) Das Problem der Stellvertretung: Advokatorische Ethik

Zum Schluss muss mit dem Hinweis auf das Problem stellvertretender Entscheidungen noch auf eine anders gelagerte Problematik hingewiesen werden. Auch in Zeiten der Hochschätzung individueller Autonomie bleibt sie virulent, etwa in Konflikt- und Entscheidungssituationen in pädagogischen oder medizinischen Kontexten, in denen sich das stellvertretende Eintreten für Belange und Interessen anderer als juristisch oder ethisch notwendig erweist. Advokatorische Entscheidungen sind unter Umständen dann verlangt, wenn selbstbestimmte Entscheidungen der betroffenen Personen nicht mehr, vorübergehend nicht oder noch nicht möglich sind, beispielsweise weil sie im Koma liegen oder eine zweifelsfreie Ermittlung ihres mutmaßlichen Willens nicht möglich ist. Nach Brumlik ist advokatorische Ethik „ein System von Behauptungen und Aufforderungen in Bezug auf die Interessen von Menschen, die nicht dazu in der Lage sind, diesen selbst nachzugehen, sowie jenen Handlungen, zu denen uns diese Unfähigkeit anderer verpflichtet“ (Brumlik 1992, 161).

Wie Waldenfels (2002a) schreibt, ist der Vormund das institutionelle Paradigma für diese Art der Stellvertretung: Dieser „spricht in eigener Stimme für einen Anderen“ (ebd., 447) und nimmt dessen Belange, Wünsche und Interessen wahr. Dabei ist die hiermit verbundene Übernahme einer fremden Position ein „Provisorium; sie besteht darin, dass jemand den Platz eines anderen freihält, ohne ihn in einen eigenen zu verwandeln“ (ebd.).

Die Probleme der advokatorischen Ethik gehören zu den schwierigsten der Ethik überhaupt. Sie werfen eine Reihe grundlegender Fragen auf. Derjenige, der vertreten wird, kommt nämlich nicht selbst und direkt zur Sprache, sondern über einen Umweg und indirekt, durch einen anderen. Welche Entscheidungen dürfen überhaupt von einem ‚Advokaten’ getroffen werden und wer ist zu solchen Entscheidungen berechtigt? Ist stellvertretendes Entscheiden, das nicht der Gefahr ausgesetzt ist, den anderen Menschen bzw. seine aktuellen Interessen zu verfehlen, überhaupt möglich? Die moralische Brisanz advokatorischer Entscheidungen und stellvertretenden Handelns zeigt sich insbesondere, „wenn ein deutliches Mündigkeitsgefälle hinzu kommt, wie das etwa in pädagogischen Beziehungen der Fall ist“ (Brumlik 1992, 103). Die entscheidende Problematik advokatorischer Entscheidungen, die sie mit einer

nicht auflösbaren Fragwürdigkeit infiziert, lässt sich in folgendem Punkt mit besonderer Deutlichkeit aufzeigen: Unser Wissen vom anderen Menschen ist angesichts seiner Andersheit und Fremdheit prinzipiell begrenzt, weil es auf keine gemeinsame, umfassende Vernunft rückführbar ist. Damit ist die Legitimation, in Namen des Anderen sprechen zu dürfen oder auch nur zu können, grundsätzlich begrenzt. Advokatorik fußt unausweichlich auf unzureichenden Gründen. Hier gelangt eine interpersonale, auf Verständigung hin angelegte Hermeneutik an ihre Grenzen. Fremdverstehen gelingt prinzipiell nur ausschnitthaft und in Annäherungen. Dort, wo Menschen ihren Willen nicht klar und eindeutig artikulieren können, betreten wir den ethisch höchst anfälligen Bereich der Mutmaßungen, in dem Repräsentation leicht in Repression umschlägt. Als Leitlinie für advokatorische Entscheidungen wird oftmals angeführt, die Entscheidung solle so erfolgen, dass der von ihr betroffene Mensch ihr zwanglos zustimmen würde, wenn er es könnte. Ein Beispiel hierfür wäre die nachträgliche Bejahung der eigenen Erziehung. Da diese Frage konjunktivisch gestellt ist, aber nur spekulativ beantwortet werden kann, gewährt die Antwort nur eine Scheinsicherheit. Advokatorische Entscheidungen sind prinzipiell mit dem Zweifel behaftet, ob das, was getan wird, tatsächlich im Sinne des anderen Menschen ist oder einen Übergriff darstellt. Damit bewegen sie sich an einer (höchstens im Nachhinein überprüfbaren) fließenden Grenze zwischen gelebter Verantwortung, Fürsorge und Solidarität einerseits und Fremdbestimmung, Missachtung und Gewalt andererseits. Auch das Prinzip der Gerechtigkeit hilft hier letztlich nicht weiter, weil allgemeine Kriterien eben nur das Allgemeine und, ausgehend vom Allgemeinen, das Besondere des Allgemeinen erfassen können, nicht aber das Einzigartige, im Allgemeinen nicht Aufgehende.

Für die Behindertenpädagogik umreißen Antor und Bleidick (2001) die Problematik der Legitimität praktizierter Stellvertretung wie folgt: „Die Behindertenpädagogik sieht sich immer wieder mit der Frage konfrontiert, inwieweit sie überhaupt ein Mandat habe, angesichts der Selbstvertretungsansprüche Behinderter für sie zu sprechen, also Macht auszuüben“ (Antor & Bleidick 2001, 159). Hierzu führen sie aus: „Pädagogisch betrachtet trifft das Prinzip der Stellvertretung Behinderter auf eine widersprüchliche Ausgangslage. Die unterschiedlichen Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen machen beides erforderlich: Hilfen zu einem selbstbestimmten Leben, auch wenn dafür zunächst alle Voraussetzungen zu fehlen scheinen; zugleich in manchen Fällen schwerster Behinderung eine Bereitschaft, sich ungeachtet jeder erdenklichen basalen Förderung autonomer Entwicklungsschritte auf eine dauerhafte Anwaltschaft einzustellen“ (ebd., 159 f.).

Normalerweise wird das Problem der advokatorischen Ethik von der Autonomie her gedacht. Im vorab in Anlehnung an Levinas skizzierten fundamentalethischen Zugang jedoch erscheint Stellvertretung als responsives Geschehen. Sie ist nicht Ersatz für eine beschädigte, verloren gegangene, nicht oder nur unzureichend ausgebildete Autonomie, sondern Ausdruck einer ethischen Relation der Verantwortung für den Anderen, in die wir hineingestellt sind, ob wir wollen oder nicht. Hier bildet nicht die Subjektautonomie den

Ansatzpunkt, sondern die unaufhebbare Verflechtung von Eigenem und Fremdem, durch die die eigene Stimme, die Stimme des Advokaten „eine Art von Resonanzboden für fremde Stimmen werden“ kann (Waldenfels 2002b, 178). Auch mit Blick auf die Verantwortung und die Anerkennung zeichnet sich in Bezug auf die Advokatorik ein Perspektivenwechsel ab, der – das soll nicht verschwiegen werden – eine ganze Reihe von Fragen aufwirft, die sich einfachen Antworten entziehen –: ein Zugang, die Grundlagen der Ethik auch hier vom Anderen her zu denken.

Ausblick

Die hier umrissene Ethik räumt dem Anderen, unabhängig von objektivierbaren Qualitäten, spezifischen Eigenschaften, gesellschaftlichem Nutzen, verrechenbaren Präferenzen oder Reziprozitätserwartungen eine starke Position ein. Ansatzpunkt dieses Zugangs ist eine asymmetrische und responsive Relation zwischen Ich und Anderem, die Fürsorge ethisch begründet. Aus dieser ursprünglichen Situation der Verantwortung ergibt sich angesichts des ‚Dritten’ und seiner Ansprüche die Gerechtigkeit. Ein weiteres Grundmotiv der hier skizzierten Ethik ist eine unvermeidliche Anerkennung, deren Ziel der Schutz, die Bewahrung und Förderung der Integrität des Anderen ist. Hierbei ist jedoch nicht nur das Individuum zu betrachten. Die vorab umrissene Andersbestimmung der Ethik umfasst auch gesellschaftliche, politische, rechtliche und ökonomische Rahmenbedingungen, die in Bezug auf das Problem der Gerechtigkeit, für ein gelingendes Leben des Einzelnen und für seine soziale und gesellschaftliche Anerkennung und Partizipation unerlässlich sind (vgl. Dederich 2001, 197 ff.).

Obwohl die Ethik für die Behindertenpädagogik und die Heilberufe unverzichtbar ist, hat sie auch ihre Grenzen. Für viele der vorab skizzierten Fragen und Probleme gibt es nicht die eine, einzig wahre und ethisch unanfechtbare Lösung. Vielmehr bedarf es der Bereitschaft, Widersprüche und Ambivalenzen anzuerkennen und sie, sofern sie sich als unabänderlich erweisen, zu akzeptieren. Im Wissen um die gleichzeitige Unverzichtbarkeit wie Begrenztheit der Ethik sowie der Ambivalenz zahlreicher Problemfelder lässt sich aus den vorangehend entwickelten Gedanken eine ethische und politische Programmatik für die Behindertenpädagogik ableiten. Zentrale Eckpfeiler wären die folgenden:

  • Die Sicherung eines unverbrüchlichen Rechts auf Leben und das Eintreten für eine Ethik als Schutzbereich (vgl. Schnell 2008) angesichts von Gefährdungen;

  • Das Eintreten für ein ungeteiltes Recht auf Bildung, Erziehung und Rehabilitation;

  • Die Unterstützung der Selbstvertretung der Betroffenen;

  • Der anwaltschaftliche Einsatz für diejenigen, die nicht für sich selbst sprechen können;

  • Die Sicherung und Weiterentwicklung sozialer und schulischer Integration sowie beruflicher und sozialer Eingliederung und Teilhabe;

  • Die Sicherung humaner Qualität auch unter den Bedingungen knapper ökonomischer Ressourcen;

  • Das Engagement für eine weitere Öffnung der Gesellschaft für Vielfalt und Differenz

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Der Autor

Prof. Dr. Markus Dederich

Universität zu Köln

Humanwissenschaftliche Fakultät

Frangenheimstraße 4

50931 Köln

Portrait Markus Dederich

Geb. 1960. Lehrstuhl für Allgemeine Heilpädagogik an der Universität zu Köln. Arbeitsschwerpunkte: Ethik und Behinderung, Inklusion und Exklusion, philosophische Grundlagen der Heilpädagogik, Disability Studies.

Neueste Publikationen: „Körper, Kultur und Behinderung. Eine Einführung in die Disability Studies“, Bielefeld 2007; „Behinderung und Anerkennung“, Stuttgart 2009 (hg. mit Wolfgang Jantzen), „Sinne, Körper und Bewegung“, Stuttgart 2011 (hg. mit Wolfgang Jantzen und Renate Walthes),„Anerkennung und Gerechtigkeit in Heilpädagogik, Pflegewissenschaft und Medizin – Auf dem Weg zu einer nichtexklusiven Ethik“, Bielefeld 2011 (hg. mit Martin W. Schnell)

Univ.-Prof. Dr. Martin W. Schnell

Private Universität Witten / Herdecke gGmbH

Alfred-Herrhausen-Straße 50

D-58448 Witten

www.iekg.de , www.iekg.org

Portrait Martin Schnell

Univ.-Prof. Dr. Martin W. Schnell ist Philosoph und Direktor des Instituts für Ethik und Kommunikation im Gesundheitswesen an der Universität Witten/Herdecke.

Quelle

Markus Dederich, Martin W. Schnell: Ethische Grundlagen der Behindertenpädagogik

Erschienen in: Behinderte Menschen, Zeitschrift für gemeinsames Leben, Lernen und Arbeiten, Nr. 4/5/2011, Thema: Anerkennung und Fürsorge, S. 35-46.

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 30.03.2016

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