Persönliche Assistenz in Oberösterreich

Endbericht

Themenbereiche: Selbstbestimmt Leben
Textsorte: Studie
Releaseinfo: Studie im Auftrag von Persönliche Assistenz GmbH, Selbstbestimmt-Leben-Initiative Linz. Durchgeführt von Institut für Soziologie/ P und P Sozialforschung OG, Abteilung für Empirische Sozialforschung.
Copyright: © Johann Bacher, Monika Pfaffenberger, Heidemarie Pöschko 2011

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Die Persönliche Assistenz ist ein wichtiges Instrument, das Menschen mit Beeinträchtigung dabei unterstützt, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. In der vorliegenden Studie wird die Persönliche Assistenz in Oberösterreich untersucht und ein Ländervergleich mit Schweden durchgeführt. Die Untersuchung wird entsprechend dem Theorieansatz der Disability Studies durchgeführt.

Bei der Erstellung dieser Studie haben uns direkt und indirekt sehr viele Personen hilfreich unterstützt. Besonderer Dank gebührt dem Geschäftsführer der Persönlichen Assistenz GmbH, Herrn DSA Günter Breitfuß MAS, welcher die Studie in Auftrag gegeben hat, sowie dem Sozialressort des Landes Oberösterreich für die Finanzierung der Studie. Bedanken möchten wir uns ferner bei Frau Mag.a Silvia Földes für ihre Mitwirkung beim Arbeitskreis. Sie war uns auch bei vielen organisatorischen Angelegenheiten sehr behilflich.

Ihr Expert/innenwissen für die Entwicklung der Studie haben im Arbeitskreis zur Verfügung gestellt: Frau Mag.a Renate Hackl (Sozialabteilung des Landes Oberösterreich), Herr Gerald Gründling (Betriebsrat, Assistent), Frau Mag.a Karin Kaufmann (SLI-Vorstand, Auftraggeberin), Herr Thomas Kratzer (Auftraggeber), Frau Monika Manzenreiter (Auftraggeberin), Frau Olga Mayrhofer (SLI-Vorstand), Frau Brigitte Moosbrugger (Interessensvertretung der Auftraggeber/innen, Auftraggeberin), Frau Britta Pauly (Assistenzbegleitung), Frau Monika Pilz (Assistentin), Frau Margit Riezinger (Assistentin). Herzlichen Dank!

Den Kontaktpersonen und Verantwortlichen jener Organisationen, die wir während unserer Exkursion nach Schweden besuchen durften, gilt ein besonderer Dank für ihr überaus freundliches Entgegenkommen. Zum Gelingen der Studienreise hat Frau Mag.a Annika Nausner als Dolmetscherin ganz wesentlich beigetragen.

Ein weiterer Dank gebührt Herrn Mag. Albert Greinöcker, der uns bei der Online-Befragung tatkräftig unterstützt hat.

Bedanken möchten wir uns schließlich aber besonders bei allen Assistent/innen und Auftraggeber/innen für ihre Teilnahme an der Befragung und ihre Unterstützung, durch ihren Beitrag konnte diese Studie entstehen.

Hagenberg/ Linz, Jänner 2008

Univ. Prof. Dr. Johann Bacher

Mag.a Monika Pfaffenberger

Mag.a Heidemarie Pöschko

1 Theoretische Grundlagen und Entwicklung der Persönlichen Assistenz

Fremd bestimmt Leben

Fremd BestimmT

Leben

Bestimmt LebeN

Selbst Bestimmt Leben

Sigot, Marion (2005)

In diesem Abschnitt wird ein Überblick über zwei theoretische Ansätze gegeben und der Begriff Persönliche Assistenz definiert. An den dargestellten theoretischen Ansätzen orientiert sich diese Studie.

1.1 Disability Studies

Disability Studies könnte mit "Behinderungswissenschaft" übersetzt werden, der englische Begriff wird aber heute in vielen - auch nicht-englisch sprachigen - Ländern verwendet. Disability Studies sind gewissermaßen der wissenschaftliche Arm der politischen Behindertenbewegung, die vor etwa 40 Jahren in den USA und Großbritannien entstanden ist. Ende der 1980er Jahre entwickelten die beiden behinderten Sozialwissenschafter Irving Kenneth Zola (USA) und Michael Oliver (Großbritannien) unabhängig voneinander die Theorie des sozialen Modells von Behinderung. In diesem Modell, das Grundlage der Disabiltiy Studies ist, wird davon ausgegangen, dass Behinderung sozial konstruiert ist, vereinfacht gesagt, von außen durch die Gesellschaft gemacht wird. (Degener 2003, 23f)

Entsprechend dem sozialen Modell sind Menschen mit Beeinträchtigung nicht behindert, sondern werden behindert. So etwa stoßen Rollstuhlfahrer/innen bei ihrer Fortbewegung auf Treppen oder gehörlose Menschen können sich aufgrund fehlender Gebärdensprache nicht verständigen. Wesentliche Barrieren bestehen auch im erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt und in der gesellschaftlichen Teilhabe generell.

"Es gibt danach keine Behinderungen "an sich", ahistorisch, unpolitisch, sondern sie werden über Zuschreibungen durchgesetzt, und dies in hohem Maße abhängig von Machtkonstellationen." (Cloerkes 2001, 13) Diese interaktionistische/ konstruktivistische Sichtweise steht dem oftmals verbreiteten medizinischen Modell gegenüber, das Behinderung als individuelle Kategorie betrachtet. Hierbei ist Behindertsein ein persönliches, beinahe unabänderliches Schicksal - die Ursachen werden in der Person selbst gesucht. Im Blickfeld stehen Heilung, Verhinderung oder Veränderung der Beeinträchtigung. (Cloerkes 2001, 9ff)

Kennzeichen der Disability Studies ist ein Perspektivenwechsel vom Objekt zum Subjekt. Als Expert/innen in eigener Sache forschen Menschen mit Beeinträchtigung selbst, ihre Sichtweisen werden in den Mittelpunkt gestellt und sichtbar gemacht. In Wissenschaft und Forschung sollen Menschen mit Beeinträchtigung gefördert werden bzw. am Forschungsprozess aktiv teilnehmen (Degener 2003, 24) (siehe Abschnitt 2).

Disabiltiy Studies ist ein interdisziplinärer Wissenschaftsansatz, d.h. verschiedene Fachrichtungen beschäftigen sich aus ihrem jeweiligen Blickwinkel mit der Konstruktion von Behinderung. Historiker/innen forschen, wie etwa in unterschiedlichen Zeitepochen Menschen mit Beeinträchtigung behandelt wurden oder Jurist/innen gehen der Frage nach, wann jemand vor Gericht als behindert gilt. (Degener 2003, 23)

Ziel der Disability Studies ist es, jene sozialen Systeme und Prozesse aufzuzeigen und zu verändern, die Menschen mit Beeinträchtigung ausgrenzen und diskriminieren. Sowohl die Verbände von Menschen mit Beeinträchtigung als auch die einzelnen Betroffenen sollen dadurch gestärkt werden. Fokussiert wird die Gleichstellung von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung in der Gesellschaft (Bifos 2006).

1.2 Empowermentansatz

Der englische Begriff Empowerment wird mit Ermächtigung, Selbstbemächtigung oder Bevollmächtigung übersetzt. Zurückgeführt wird er auf den amerikanischen Sozialwissenschafter Julian Rappaport, der den Begriff 1985 in Verbindung mit der Gemeindepsychologie geprägt hat. "Mit Empowerment bezeichnet man Strategien und Maßnahmen, die geeignet sind, das Maß an Selbstbestimmung und Autonomie im Leben der Menschen zu erhöhen und sie in die Lage zu versetzen, ihre Belange (wieder) eigenmächtig, selbstverantwortlich und selbstbestimmt zu vertreten und zu gestalten." (Wikipedia 2007)

Grundlage dafür ist ein ressourcenorientierter Ansatz, der nicht die Defizite von Menschen in den Mittelpunkt stellt, sondern deren vorhandene Fähigkeiten und Kompetenzen. Diese werden durch Empowermentmaßnahmen (neu) erschlossen, verstärkt und ausgebaut um Selbstbewusstsein und selbstbestimmtes Handeln zu fördern und wegzukommen von Abhängigkeit und Fremdbestimmung. Im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigung bedeutet dies, sich zu verabschieden von einem Bild behinderter Menschen als hilfsbedürftigen Personen, denen geholfen werden muss, die aber sonst nicht allzu viel in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten. (Finke 2007, 3f)

"Selbstbestimmung ist stets im Spannungsverhältnis zu Fremdbestimmung zu verstehen. Mindestens zwei Aspekte sind involviert, zum einen meint Selbstbestimmung als Person etwas zu bestimmen, Entscheidungen für sich zu treffen (bspw. wann sie ins Bett geht, was sie anzieht), zum anderen sich als Person zu bestimmen, d.h. als Person zu erkennen und zu entscheiden, was und wer die Person sein will und sein kann." (Ziemen 2003)

Empowermentprozesse zielen auf Veränderungen im kognitiven, sozialen und politischen Bereich ab. Auf kognitiver Ebene finden Veränderungen von Denk- und Handlungsmusterns statt - von der Hilflosigkeit zum Wahrnehmen eigener Stärken. Auf sozialer Ebene kommt es zu Zusammenschlüssen, Vernetzungen und Erfahrungsaustausch mit anderen Gleichbetroffenen und im politischen Bereich findet eine verstärkte Interessensartikulation statt. (Schaurhofer 2005, 4f)

Kieffer (1984) beschreibt vier Phasen des Empowermentprozesses: In einer ersten Phase kommt es zum emotionalen Bruch mit der Alltagsroutine, es wird ein irritierender Bruch des täglichen Lebensvollzugs erlebt. Es kommt zu Unordnung, bisherige Lösungsstrategien werden als unbefriedigend erlebt, es wird nach eigenen Lösungen und Auswegen gesucht. Zentral für die zweite Phase der Mobilisierung ist, dass der Austausch mit Gleichgesinnten gesucht wird und die Erkenntnis einsetzt, dass das Problem nicht nur die/ den Einzelne/n betrifft, sondern auch Ausdruck politischer oder struktureller Faktoren ist. Konkrete Handlungen werden in der dritten Phase gesetzt, in der das Wissen um Zusammenhänge zunimmt und Weiterentwicklungen stattfinden. Eigene Stärken werden entdeckt und kompetent eingesetzt. In der vierten Phase - "Entwickelte Politikfähigkeit" - werden Fähigkeiten und Wissen weiter angewandt verbunden mit der Überzeugung, dass man Veränderungen bewirken kann. Die neu erworbenen Kompetenzen werden in die eigene Lebensführung integriert. (Kieffer zit. in Schaurhofer 2005, 1f)

Kritisch weist Rappaport selbst darauf hin, dass Empowerment nicht dahingehend instrumentalisiert werden darf, um Sozialabbau zu betreiben. Politik darf sich aus der Verantwortung für Menschen mit Beeinträchtigung nicht zurückziehen, sondern muss jene Rahmenbedingungen schaffen und erhalten, die es Menschen mit Beeinträchtigung ermöglicht, als gleichberechtigte Bürger/innen leben zu können. (Finke 2007, 4) Das Konzept der Persönlichen Assistenz greift auf den Empowermentansatz zurück.

1.3 Zum Begriff "Persönliche Assistenz"

Abgeleitet vom lateinischen Herkunftswort "assistentia" wird unter dem Begriff Assistenz "Beistand, Mithilfe oder Unterstützung" verstanden (Duden 2003, 48). Das Verb "assistieren" (lat. "assistere") wird mit "jemanden nach dessen Anweisungen zur Hand gehen" erklärt (Duden online). Jeder Mensch nimmt in irgendeiner Weise Assistenz in Anspruch, sei es, dass z.B. ein defektes Elektrogerät nicht selbst repariert oder Autoreifen nicht eigenhändig gewechselt werden. Die vorliegende Untersuchung fokussiert auf jene Assistenz, die Menschen mit Beeinträchtigung zukommt. Was macht in diesem Kontext die Assistenz persönlich? Ausschlaggebend dafür ist, dass Menschen mit Beeinträchtigung selbst darüber entscheiden, wer, wie, wann und wo für sie Assistenz leistet. "Persönliche Assistenz bedeutet: ich bin der Chef." (Ratzka 2006) Damit liegen folgende Kompetenzen klar beim Menschen mit Beeinträchtigung:

  • Personalkompetenz (Menschen mit Beeinträchtigung entscheiden, wer die Assistenzleistungen erbringt)

  • Anleitungskompetenz (Menschen mit Beeinträchtigung leiten ihre Assistent/innen selbst für die benötigten Hilfestellungen an)

  • Organisationskompetenz (Menschen mit Beeinträchtigung teilen die Assistenzzeiten selbst ein)

  • Ortskompetenz (Menschen mit Beeinträchtigung bestimmen, an welchem Ort Assistenz erbracht wird)

  • Finanzkompetenz[1] (Menschen mit Beeinträchtigung bstimen über die Bezahlung der Assistent/innen (Persönliche Assistenz GmbH 2006,7)

Mit diesem Zuständigkeitsbereich grenzt sich die Persönliche Assistenz von der herkömmlichen Betreuung der Menschen mit Beeinträchtigung in Einrichtungen bzw. durch andere Organisationen ab. Ihre Assistent/innen suchen Menschen mit Beeinträchtigung selbst aus und leiten sie - als Expert/innen in eigener Sache - bei den gewünschten Dienstleistungen an. Es ist daher keine spezielle Ausbildung für Assistent/innen nötig (Laienhilfe).

Persönliche Assistenz ermöglicht es Menschen mit Beeinträchtigung, ein unabhängiges, aktives und selbstbestimmtes Leben in der Gesellschaft zu führen. Entscheidend dabei ist "Die Freiheit der Wahl zwischen vielen akzeptablen Alternativen, die Assistenznehmer/innen ermöglicht, ihre eigenen höchst individuellen Assistenzlösungen aufzubauen, die ihren individuellen Bedürfnissen und Vorstellungen entsprechen" und "Die "Möglichkeit, jederzeit diese eigene Lösung abzuändern oder gegen eine andere auszutauschen, je nach Änderungen der persönlichen Situation oder der Wünsche." (Ratzka 2007, 5)

Individuelle Bedürfnisse werden als Grundbedürfnisse und darüber hinausgehende Bedürfnisse verstanden.

Persönliche Assistenz stellt eine Form der Dienstleistung dar, die Menschen mit Beeinträchtigung bei ihrer Lebensführung unterstützt und ihnen somit ein aktives, selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Sie umfasst Unterstützung in allen Bereichen des täglichen Lebens, wie Körperpflege, Haushalt, Mobilität, Kommunikation. Persönliche Assistenz ist nicht Betreuung, denn Menschen mit Beeinträchtigung bestimmen selbst über Art, Umfang und Zeit der Unterstützungsleistung.

1.3.1 Verein Selbstbestimmt-Leben-Initiative Oberösterreich

Im Dezember 1994 fanden die ersten Gründer/innentreffen betroffener Interessent/innen statt. Der Verein Selbstbestimmt-Leben-Initiative Linz (SLI) wurde im Jahr 1998 von einer engagierten Gruppe von Menschen mit Beeinträchtigungen gegründet. Das Hauptaugenmerk des Vereins lag von Beginn an vor allem in der Sensibilisierung der Betroffenen und in der Schaffung einer größeren Öffentlichkeit für behindertenspezifische Belange.

In weiterer Folge wurde 2001 das Projekt "Persönliche Assistenz" bei der Sozialabteilung des Landes Oberösterreich eingereicht und bewilligt. Den Mitgliedern des Vereins SLI sowie des damaligen Partnervereins Condor war es wichtig, dass Persönliche Assistenz in Oberösterreich angeboten wird.

Das Hauptaugenmerk des Vereins lag zu Beginn vor allem in der Sensibilisierung der Betroffenen und in der Schaffung einer größeren Öffentlichkeit für behindertenspezifische Belange. Seit 2004 ist der Verein SLI Linz alleiniger Gesellschafter der Persönlichen Assistenz GmbH und trägt seit 2007 den Namen Selbstbestimmt-Leben-Initiative Oberösterreich. Der Verein arbeitet überparteilich, ist nicht nur auf regionaler Ebene vertreten, sondern ist auch landes- bzw. bundesweit aktiv. In den Vereinsstatuten ist deutlich "der Selbstvertretungsgedanke" verankert, d.h. der Vorstand besteht ausschließlich aus Menschen mit Beeinträchtigung.

Die Aufgaben der Vereinsmitglieder sind:

  • Gesellschafter bei der Persönlichen Assistenz GmbH

  • Mitplanung des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs in Linz

  • Vertretung im Benutzerbeirat (Planung barrierefreier Projekte)

  • Mitgestaltung der Behindertenpolitik in Oberösterreich

  • Bewusstseinsbildung bei verschiedenen Veranstaltungen und Workshops

  • Mitarbeit in der "Selbstbestimmt-Leben-Initiative Österreich" in österreichweiten Belangen

Die Selbstbestimmt-Leben-Initiative bietet eine besondere Art der Beratung an. Peer-Counseling bedeutet, dass betroffene Personen andere Betroffene beraten. Im Vordergrund stehen hierbei der Erfahrungsaustausch sowie gegenseitige Anerkennung und Stärkung. (Selbstbestimmt-Leben-Initiative 2007)

1.3.2 Persönliche Assistenz GmbH

Ab Herbst 2001 hat das Land Oberösterreich für die Einführung Persönlicher Assistenz erstmals Mittel zur Verfügung gestellt. Zuerst galt das Angebot nur für den Großraum Linz, aber schon ein halbes Jahr später wurde es für ganz Oberösterreich ausgeweitet. Das dadurch entstehende Sozialunternehmen ist durch die hohe Nachfrage sehr rasch gewachsen und konstituierte sich im März 2004 zur "Persönlichen Assistenz GmbH". Das Unternehmen ist politisch und konfessionell unabhängig und im alleinigen Eigentum des Vereins Selbstbestimmt-Leben-Initiative Oberösterreich.

Als Leitidee gilt:

"Wir entwickeln und bieten Dienstleistungen mit und für Menschen mit Beeinträchtigung, welche die Selbstbestimmung des Einzelnen unterstützen." (Persönliche Assistenz GmbH 2006, 22)

Die Gesellschaft besteht im Organisationsbereich aus einem neunköpfigen Team (inklusive Geschäftsführung). Im November 2007 verzeichnete das Unternehmen 152 Auftraggeber/innen und 256 Assistent/innen.

Die Persönliche Assistenz GmbH und ihre Mitarbeiter/innen orientieren sich am Bedarf der Auftraggeber/innen, um deren größtmögliche Individualität und Flexibilität zu unterstützen. Unter Einbeziehung der betroffenen Personen überprüft die Assistenzgesellschaft ihr Handeln, um eine stetige Weiterentwicklung zu gewährleisten. Die Assistenzleistungen der Persönlichen Assistenz GmbH sind sehr vielfältig und umfassen Tätigkeiten in sämtlichen Lebensbereichen:

  • Grundversorgung

  • Hauswirtschaftliche Tätigkeiten

  • Begleitung/ Mobilität

  • Freizeitgestaltung

  • Unterstützung bei der Kommunikation

Das Konzept der Persönlichen Assistenz beinhaltet verschiedene Aspekte. Die Unterstützung der Auftraggeber/innen in der Selbstständigkeit bzw. Selbstbestimmung, Einteilung und Organisation der Dienstleistungen durch Auftraggeber/innen, Individuelle Auswahl an Assistent/innen und Anleitung der Assistent/innen durch die Auftraggeber/innen, Grundkurse für Assistent/innen[2] und künftig auch für Auftraggeber/innen, Interessensvertretung für Auftraggeber/innen bzw. Assistent/innen zählen beispielsweise zum Konzept der Persönlichen Assistenz. (siehe Abschnitt 3.2.5)

Die Aufgaben der Interessensvertretung für Auftraggeber/innen umfassen folgende Gebiete:

Interne Aufgabengebiete:

  • Beratung und Mitentscheidung in allen Belangen, die Auftraggeber/innen betreffen

  • Teilnahme an Besprechungen (Weiterentwicklung der Persönlichen Assistenz GmbH)

  • Mitentwicklung von neuen Konzepten

  • Inhaltliche Beurteilung der Öffentlichkeitsarbeit

  • Verantwortung und Leitung der viertätigen Grundkurse für die Assistent/innen

  • Projektarbeiten (z.B. Erstellung von Broschüren für Auftraggeber/innen)

  • Mitglied im Fachbeirat des Eigentümers (Verein SLI Oberösterreich)

Externe Aufgabengebiete:

  • Besprechungen mit anderen Organisationen

  • Verhandlungen mit der Sozialabteilung des Landes Oberösterreich

  • Vorstellung der Persönlichen Assistenz GmbH bei Veranstaltungen bzw. Organisationen

Den Assistent/innen ist ebenfalls eine Interessensvertretung in Form eines Betriebsrates (bestehend aus fünf Assistent/innen) zur Verfügung gestellt, welche die Interessen der Assistent/innen vertritt.

Der Weg zur Persönlichen Assistenz in Oberösterreich erfolgt in folgenden Schritten:

  • Interessierte Personen wenden sich an die Persönliche Assistenz GmbH und stellen einen Antrag auf Persönliche Assistenz.

  • Wenn die interessierten Personen zur Zielgruppe gehören, werden sie in eine Voranmeldeliste eingetragen oder sonst an andere Dienste weitervermittelt.

  • Es ist mit einer bestimmten Wartezeit zu rechnen, die von den budgetären Vorgaben des Landes Oberösterreich abhängt.

  • In einem Clearinggespräch wird versucht abzuklären, inwieweit Persönliche Assistenz dem Bedarf und den Vorstellungen der Auftraggeber/innen, ob zusätzliche Dienste sinnvoll wären, ob Ängste oder Befürchtungen bestehen, ob weitergehende Unterstützungen durch Assistenzbegleitung oder Peer Counseling angeboten werden sollen, usw.

  • Sobald Kapazitäten frei sind, werden Personen von der Voranmeldeliste von der Persönlichen Assistenz GmbH ins Büro eingeladen oder Mitarbeiter/innen der Persönlichen Assistenz GmbH kommen zu den Auftraggeber/innen nach Hause, um in einem Erstgespräch den Bedarf an Persönlicher Assistenz in Stunden zu erheben. Es wird ein Rahmenvertrag zwischen Auftraggeber/in und Persönlicher Assistenz GmbH geschlossen.

  • Im Rahmen einer Assistenzkonferenz mit dem Land Oberösterreich wird eine Stundenanzahl genehmigt. Die Teilnehmer/innen an dieser Assistenzkonferenz sind: Auftraggeber/in, ein/e Vertreter/in der Persönlichen Assistenz GmbH sowie Vertreter/innen der Sozialabteilung des Landes Oberösterreich.

  • Die Persönliche Assistenz GmbH leitet das Verfahren beim Wohnsitzgemeindeamt ein. Der dazu notwenige Antrag ist von dieser zu unterzeichnen.

  • Im Büro der Persönlichen Assistenz GmbH beginnt die Vermittlung von Assistent/innen an die Auftraggeber/innen, sofern diese nicht schon selber mögliche Assistent/innen mitbringen. Der erste Tag, an dem Assistenz geleistet wird, wird als Leistungsbeginn der Bezirksverwaltungsbehörde gemeldet.

  • Nach der erfolgten Bescheiderstellung durch die Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft/ Magistrat) gilt die Genehmigung der vereinbarten Assistenzstunden zunächst für ein Jahr ab Leistungsbeginn. Der Bescheid wird dann jeweils für drei Jahre verlängert.

Auftraggeber/innen müssen pro Assistenzstunde einen Selbstbehalt von € 3,00 bis € 5,00 bezahlen. Die Höhe hängt davon ab, ob die betreffenden Personen Pflegegeld beziehen oder nicht.

Ab Herbst 2007 gibt es verpflichtende Einführungstage für neue Auftraggeber/innen. Diese sollen den neuen Auftraggeber/innen helfen, ihre Rolle und ihre Möglichkeiten im Leben mit Persönlicher Assistenz besser zu verstehen. Es ist allerdings noch offen, wie die Verpflichtung genau geregelt wird, bzw. wie die Einführungstage gestaltet werden. Zurzeit gibt es eine Übergangslösung, bis sie vom Empowerment Center durchgeführt werden.

1.3.3 Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz

Der Bereich des Arbeitsplatzes wird in Österreich im Rahmen des Behindertenwesens von den anderen Lebensbereichen getrennt betrachtet. Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz ist ein bundesweites Angebot für Menschen mit Beeinträchtigung, das über das Sozialministerium finanziert und über die Bundessozialämter abgewickelt wird.

"PAA kann von Menschen mit Behinderung im erwerbsfähigen Alter in Anspruch genommen, die in der Pflegestufe 5, 6 oder 7 eingestuft sind, die fachliche und persönliche Eignung für den ausgeübten bzw. angestrebten Beruf aufweisen und

  • in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und mit Hilfe der PAA die Qualität ihrer Arbeitsleistung steigern bzw. einen drohenden Arbeitsplatzverlust vermeiden können oder

  • mit Hilfe der PAA ein in konkrete Aussicht gestelltes sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis erlangen können oder

  • mit Hilfe der PAA ein Studium oder eine Berufsausbildung in der gesetzlich vorgeschriebenen Dauer zuzüglich der für den Bezug von Studienbeihilfe zulässigen weiteren Semester absolvieren können. §19 Abs. 3 Z 3 StudFG sowie die Verordnung BGBl. II Nr. 262/1999 betreffend die Gewährung von Studienbeihilfe für behinderte Studierende sind zu beachten." (Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz 2007c)

Persönliche Assistenz im Alltagsbereich ist im Gegensatz dazu Angelegenheit der einzelnen Bundesländer, die sehr unterschiedlich damit umgehen. In manchen Bundesländern ist der Begriff im Behindertenwesen noch gar nicht erfasst. Allgemein ist aber durch die zunehmende Nachfrage von Selbstbestimmt-Leben-Initiativen, Einzelpersonen und erhöhtem Tagungs- und Kongressgeschehen eine steigende Aufmerksamkeit der Länder zu diesem Thema zu beobachten.

1.3.4 Arbeitsassistenz

Der Begriff "Arbeitsassistenz" wird oft mit Persönlicher Assistenz am Arbeitsplatz verwechselt, ist jedoch mit keiner Form von Persönlicher Assistenz vergleichbar. Arbeitsassistenz meint die Unterstützung zur Integration von Menschen mit Beeinträchtigung am ersten Arbeitsmarkt, unter anderem durch Vermittlung, Unterstützung der Kommunikation zwischen Menschen mit Beeinträchtigung und Unternehmen, Beratung von beeinträchtigten Arbeitssuchenden und Firmen (Arbeitsassistenz Tirol 2008). Arbeitsassistenz wird in Österreich von Persönlicher Assistenz am Arbeitsplatz unterschieden. Sie ist ein Dienstleistungsangebot zur beruflichen Integration von Menschen mit Beeinträchtigung im Arbeitsleben. Dazu gehört zum Beispiel die Vermittlung zwischen Dienstgeber/in und Dienstnehmer/in, Optimierung der Arbeitsplatzsituation, etc.

"In Deutschland bezeichnet der Begriff Arbeitsassistenz die persönliche Assistenz am Arbeitsplatz (Arbeitsplatzassistenz). Sie ist vergleichbar mit der Persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz in Österreich. Der Begriff Arbeitsassistenz wurde außerdem in Bayern seit 1986 für die psychosoziale Begleitung im Arbeitsleben verwandt und die Hamburger Arbeitsassistenz HAA verwendet ihn für die personale Unterstützung von Menschen mit Lernschwierigkeiten im Betrieb bei der Einarbeitung durch Job Coaching." (Wikipedia 2007)



[1] In Oberösterreich noch nicht verwirklicht.

[2] Die Grundschulung erfolgt in einem viertätigen Seminar und ist für alle Assistent/innen verpflichtend (Persönliche Assistenz GmbH 2006, 17)

2 Methodik der Untersuchung

Die vorliegende Studie wurde von der Persönlichen Assistenz GmbH in Auftrag gegeben und von der Abteilung für Empirische Sozialforschung der Johannes Kepler Universität Linz (Projektleitung: Univ. Prof. Dr. Johann Bacher) in Kooperation mit Pfaffenberger und Pöschko Sozialforschung (Mag.a Monika Pfaffenberger/ Mag.a Heidemarie Pöschko) durchgeführt. Weiters wurde das Forschungsteam durch einen Arbeitskreis von Auftraggeber/innen und Assistent/innen unterstützt. Im Arbeitskreis waren vertreten: Herr DSA Günther Breitfuß (Geschäftsführung), Frau Mag.a Silvia Földes (Mitarbeiterin der Persönlichen Assistenz GmbH GmbH), Herr Gerald Gründling (Betriebsrat, Assistent), Frau Mag.a Renate Hackl (Sozialabteilung des Landes Oberösterreich), Frau Mag.a Karin Kaufmann (SLI-Vorstand, Auftraggeberin), Herr Thomas Kratzer (Auftraggeber), Frau Monika Manzenreiter (Auftraggeberin), Frau Olga Mayrhofer (SLI-Vorstand), Frau Brigitte Moosbrugger (Interessensvertretung der Auftraggeber/innen, Auftraggeberin), Frau Britta Pauly (Assistenzbegleitung), Frau Monika Pilz (Assistentin) und Frau Margit Riezinger (Assistentin).

Insgesamt gab es 10 Arbeitskreistreffen, in denen die Studie erarbeitet, der Forschungsverlauf diskutiert und die Exkursion des Arbeitskreises vorbereitet wurde. Im Sinne der Disability Studies wurden Betroffene und Beteiligte somit aktiv einbezogen.

2.1 Forschungsfragen und Variablenmodell

Ausgehend von den Forschungsanliegen der Persönlichen Assistenz GmbH und dem Aufgabenfeld der Persönlichen Assistenz wurde in der Studie ein Modell entwickelt (Abbildung 63 im Anhang) und folgende Fragestellungen untersucht:

  • Welche Tätigkeiten/Aufgaben werden derzeit von Assistent/innen ausgeübt?

  • Welche Erwartungen haben Assistent/innen, Auftraggeber/innen und Persönliche Assistenz GmbH jeweils aneinander?

  • Wie ist die Assistenzsituation organisiert (arbeitsrechtliche Grundlagen, etc.)?

  • Wie gestaltet sich die Beziehung zwischen den drei Akteur/innen (Assistent/innen, Auftraggeber/innen, Persönliche Assistenz GmbH)?

  • Wie zufrieden sind Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen mit ihrer Assistenzsituation?

  • Welche Weiterbildungsanforderungen bzw. -möglichkeiten bestehen für Assistent/innen und Auftraggeber/innen?

  • In welchen Bereichen der Persönlichen Assistenz besteht Entwicklungsbedarf?

  • Welche Erfahrungen hinsichtlich Persönlicher Assistenz gibt es in Schweden?

2.2. Forschungsdesign

Die Erhebung wurde als quantitative Studie konzipiert und durch qualitative Expert/inneninterviews ergänzt. In der ersten Projektphase wurden mit Assistent/innen und Auftraggeber/innen qualitative Interviews geführt. Die Ergebnisse dieser Befragung flossen in die Entwicklung des quantitativen Forschungsinstruments (Fragebogen) ein.

Mit den standardisierten Fragebögen wurden in Oberösterreich Assistent/innen und Auftraggeber/innen der Persönlichen Assistenz GmbH befragt. Alle Personen (N=230), die zum Stichtag 31.03. 2007 als Assistent/in tätig waren, sowie sämtliche Auftraggeber/innen (N=133), die zum selbigen Zeitpunkt Assistenzleistungen in Anspruch nahmen und älter als 16 Jahre waren, wurden in die Befragung miteinbezogen. Mit jüngeren Auftraggeber/innen wurden - mit Erlaubnis der Erziehungsberechtigten - qualitative Interviews geführt.

Bereits im Vorfeld der Befragung wurden die Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen von der Persönlichen Assistenz GmbH mittels Schreiben über die Studie informiert.

Nach der Pretest-Phase im Mai 2007 wurde der Fragebogen nochmals überarbeitet und in weiterer Folge die Erstellung einer Online-Version des Fragebogens vorgenommen. Für jede Befragungsgruppe (Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen) wurde ein eigener Fragebogen entwickelt, in dem die gleichen Themenbereiche (Dimensionen) abgefragt wurden. Die jeweiligen Fragen wurden jedoch an die entsprechende Befragungsgruppe (Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen) angepasst (siehe Anhang). Die Fragebögen konnten entweder postalisch oder via Internet retourniert werden. Für die Online-Befragung erhielt jede/r Assistent/in bzw. jede/r Auftraggeber/in ein eigenes Passwort, mit diesem konnten sich die Personen über das Internet anmelden und nach der Antworteingabe den Fragebogen elektronisch retournieren.

Im Befragungszeitraum Mai bis Juni 2007 wurden an alle Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen (N= 341) Fragebögen ausgesandt. Im September 2007 erfolgte an die Auftraggeber/innen eine zweite Aussendung der Fragebögen, da in dieser Gruppe der Rücklauf geringer war.

Die Rücklaufquote (siehe Tabelle 1) beträgt nach dem Erinnerungsschreiben bei den Assistent/innen 66% (n=146 von 220) und bei den Auftraggeber/innen 69% (n=83 von 121).

Tabelle 1: Kennzahlen der Grundgesamtheit und der Stichprobe (b) Grundgesamtheit zum Befragungszeitpunkt/ Stichtag 31.03.2007

 

Grund-

Gesamt-heit (a)

Bruttostich-

Probe

(verteilte Fragebögen)

Realisierte

Stichprobe

Rück-

lauf

Ausschöpfung

der

Grundgesamt-heit

Auswahl-

satz

Maximaler

Stichproben-

fehler

Assistent/

innen

230

220

146

66,36

63,48

0,63

0,03

Auftrag-geber/

innen

133

121

83

68,60

62,41

0,62

0,03

Assistent/

innen+

Auftrag-geber/

innen

363

341

229

67,16

63,09

0,63

0,02

Die Beteiligung der Auftraggeber/innen bzw. Assistent/innen an der Online-Befragung war relativ gering. Von 146 Assistent/innen haben zwei - und von 83 Auftraggeber/innen fünf Personen - via Internet den Fragebogen retourniert.

Im Vergleich zu anderen postalischen Umfragen ist die Rücklaufquote[3] bei dieser postalischen Befragung sehr gut. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, dass Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen vorab von der Persönlichen Assistenz GmbH über die Studie informiert und um Mitwirkung ersucht wurden. Aber auch die Tatsache, dass Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen bisher noch kaum befragt wurden, hat vermutlich zu diesen hohen Rücklaufquoten beigetragen.

Der Fragebogen gliederte sich in sechs Themenbereiche. Der erste Teil bezog sich auf die Arbeitsorganisation und die Tätigkeiten der Assistent/innen. Erfasst wurde, in welchem Ausmaß die unterschiedlichen Tätigkeiten ausgeführt werden. Anschließend folgten Fragen zur Assistenzsituation und des Weiteren wurde die Zufriedenheit der Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen mit ihrer Assistenzsituation erhoben. Ferner wurden im Fragebogen die Weiterbildungsmöglichkeiten und -wünsche, sowie Aussagen über Konzept und Bekanntheitsgrad der Persönlichen Assistenz GmbH erfasst. Im letzten Teil wurden die demografischen Daten erhoben. Die Fragebögen sind am Ende des Berichtes wiedergegeben.

Einen weiteren Beitrag für die Studie lieferte die Exkursion nach Schweden. 15 Personen samt Dolmetscherin waren bei der Exkursion vertreten. Der Aufenthalt in Schweden dauert von 27. bis 31 August 2007. Im Vorfeld wurden im Arbeitskreis Interviewleitfäden für qualitative Interviews für die unterschiedlichen Organisationen vorbereitet. Die Geschäftsführung der Persönlichen Assistenz GmbH organisierte Termine bei sechs schwedischen Institutionen bzw. Firmen sowie den Flug, Transport und Unterkunft der Teilnehmer/innen. Die Exkursionsgruppe führte in Stockholm Interviews mit Vertretern von STIL, JAG, Stadt Stockholm, Kommunal, Särnmark und Frösunda.(siehe Abschnitt 5).

Mit Vertreter/innen des Vereins Selbstbestimmt-Leben-Initiative Linz, der Persönlichen Assistenz GmbH sowie der Sozialabteilung des Landes Oberösterreich wurden Expert/innengespräche geführt, welche ebenfalls in die Studie einflossen (siehe Abschnitt 4).

2.3 Datenbeschreibung

Im Folgenden wird die Repräsentativität der beiden Stichproben hinsichtlich der drei Merkmale Geschlecht, Assistenzbeginn und Alter überprüft. Dabei werden die Stichproben der Assistent/innen bzw. der Auftraggeber/innen mit den jeweiligen Grundgesamtheiten verglichen.

2.3.1 Repräsentativität der Stichprobe und Gewichtung

Unter den befragten Assistent/innen befinden sich 92% Frauen und 8% Männer (siehe Abbildung 1). Da sich die Verteilung des Merkmals Geschlecht in der Stichprobe von jener in der Grundgesamtheit unterscheidet (86% Frauen und 14% Männer in der Grundgesamtheit), wurde bei der Analyse der Assistent/innenfragebögen eine Gewichtung vorgenommen[4].

Abbildung 1: Vergleich von Stichprobe und Grundgesamtheit der Assistent/innen nach Geschlecht

Bei den Auftraggeber/innen hingegen zeigt sich, dass die Verteilung des Merkmals Geschlecht in der Stichprobe jener in der Grundgesamtheit entspricht (siehe Abbildung 2): In der Stichprobe befinden sich 67% Frauen - in der Grundgesamtheit 65% - und 33% Männer (Grundgesamtheit 35%)[5]. Hier wurde daher keine Gewichtung vorgenommen.

Abbildung 2: Vergleich von Stichprobe und Grundgesamtheit der Auftraggeber/innen nach Geschlecht

2.3.2 Assistenzbeginn

Der Anteil der dienstälteren Assistent/innen, die unmittelbar nach Gründung in den Jahren 2001 oder 2002 bei der Persönliche Assistenz GmbH erstmals als Assistent/in tätig waren, beträgt in der Stichprobe 11% und in der Grundgesamtheit 13% (Abbildung 3). Weiters befinden sich in der Stichprobe 42%, die im Zeitraum 2002 bis 2005 als Assistent/in begonnen haben (=mittleres Dienstalter), in der Grundgesamtheit sind es 39%. Beinahe die Hälfte der Assistent/innen - sowohl in der Stichprobe als auch in der Grundgesamtheit - sind Dienstjüngere, d.h. sie haben 2006 oder 2007 erstmals Assistenztätigkeiten durchgeführt.

Abbildung 3: Vergleich von Stichprobe und Grundgesamtheit der Assistent/innen nach Assistenzbeginn Mw= Mittelwert; s= Standardabweichung( Mw = 2004,9 s = 1,5)

Etwa jeder dritte/ jede dritte Auftraggeber/in aus der Stichprobe und aus der Grundgesamtheit hat 2001 oder 2002 erstmals Assistenzdienstleistungen bei der Persönliche Assistenz GmbH in Anspruch genommen (Abbildung 4). In den Jahren darauf (2003 bis 2005) haben 39% der Auftraggeber/innen aus der Stichprobe und 38% aus der Grundgesamtheit erstmals Persönliche Assistenz bekommen. 27% der Auftraggeber/innen hatten ihren Assistenzbeginn in den Jahren 2006 oder 2007 (Stichprobe) - vergleichsweise 32% in der Grundgesamtheit.

Abbildung 4: Vergleich von Stichprobe und Grundgesamtheit der Auftraggeber/innen nach Assistenzbeginn (Mw = 2003,9 s = 1,8)

Sowohl die Stichprobe der Assistent/innen als auch die der Auftraggeber/innen kann hinsichtlich des Merkmals Assistenzbeginn als repräsentativ für die jeweiligen Grundgesamtheiten bezeichnet werden.[6]

Abbildung 4 zeigt eine kontinuierliche Zunahme der Auftraggeber/innen. Beendigungen des Auftraggeber/innenverhältnisses treten kaum auf: Seit Gründung waren dies laut Auskunft der Geschäftsführung 20. Dass die Zunahme in den letzten beiden Jahren geringer ausfiel, ist nicht auf eine Abnahme der Nachfrage zurückzuführen, sondern darauf, dass nicht mehr Stundenbudget durch das Sozialreferat des Landes OÖ zur Verfügung steht. Sowohl auf Seiten der Auftraggeber/innen als auch der Assistent/innen bestehen Wartelisten. Allerdings treten bei Assistent/innen regionale Versorgungsdefizite auf. So z.B. waren im Dezember 2007 62 Auftraggeber/innen auf der Warteliste vorgemerkt. Der Anstieg bei den Assistent/innen nach Dienstalter (siehe Abbildung 3) erklärt sich durch höhere Fluktuationen. Die Assistenztätigkeit stellt für viele Assistent/innen ein Zusatzeinkommen - häufig während einer Ausbildung - dar (siehe 3.1.8), die nach Ausbildungsende, nach dem Wegfall des Grundes für ein Zusatzeinkommen oder aufgrund anderer Ereignisse (z.B. Betreuungspflichten) aufgegeben wird.

2.3.3 Alter

Abbildung 5 zeigt die Gegenüberstellung von Stichprobe und Grundgesamtheit der Assistent/innen hinsichtlich der Altersgruppen. Es zeigen sich keine nennenswerten Unterschiede: 27% der Assistent/innen in der Stichprobe sind unter 31 Jahre alt (Grundgesamtheit 29%), jeweils 58% aus Stichprobe und Grundgesamtheit sind zwischen 31 und 50 Jahre alt und 15% der befragten Assistent/innen gehören der Gruppe der über 50 Jährigen an (Grundgesamtheit 13%).

Abbildung 5: Vergleich von Stichprobe und Grundgesamtheit der Assistent/innen nach Altersgruppen (Mw = 38,3, s = 10,6)

Jeder/Jede zweite Auftraggeber/in aus Stichprobe und Grundgesamtheit ist zwischen 31 und 50 Jahre alt (Abbildung 6). Etwa jeder/ jede Dritte ist jünger als 31 Jahre und jeder/ jede Fünfte gehört der Altersgruppe der über 50 Jährigen an.

Abbildung 6: Vergleich von Stichprobe und Grundgesamtheit der Auftraggeber/innen nach Altersgruppen Abweichungen von 100% in dieser und in den nachfolgenden Auswertungen ergeben sich durch Rundung.(Mw = 39,1, s = 13,5)

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass beide Stichproben - unterstützt durch die Gewichtung beim Merkmal Geschlecht - die Grundgesamtheit repräsentieren.[7]

Das methodische Vorgehen bei der Datenanalyse sowie die Fragebögen sind im Anhang wiedergegeben.



[3] Der Rücklauf in postalischen Befragungen variiert beträchtlich. Mitunter gelten 20-40% Response als gut; bei Spezialumfragen kann man 50% und mit der Total Design Method von Don Dillman 70% bis 80% Response erreichen. (Wikipedia 2007; Frasch 1987, 3ff).

[4] Die 95%-Vertrauensintervalle unter Berücksichtigung des Korrekturfaktors (siehe dazu Anhang) betragen: Frauen = 92%+-3%; Männer = 8%+-3%

Gewichtung: Frauen 0,931; Männer 1,847.

[5] 95%-Vertrauensintervalle: Frauen = 67%+-6%; Männer = 33%+-6%

[6] 95%-Vertrauensintervalle bei Assistent/innen: 2001-2002 = 11%+-3%; 2003-2005 = 42%+-5%; 2006-2007 = 47%+-5%

95%-Vertrauensintervall bei Auftraggeber/innen: 2001-2002 = 34%+-7%; 2003-2005 = 39%+-7%; 2006-2007 = 27%+-6%

[7] 95%-Vertrauensintervall bei Assistent/innen jünger als 31 Jahre = 27%+-4%; 31 bis 50 Jahre = 58%+-5%; älter als 50 Jahre = 15%+-4%

95%-Vertrauensintervall bei Auftraggeber/innen jünger als 31 Jahre = 32%+-6%; 31 bis 50 Jahre = 49%+-7%; älter als 50 Jahre = 20%+-5%

3 Ergebnisse der Befragung

Inhaltsverzeichnis

"People with disabilities are ready for revolution.

They are going to make it clear that what they think is up to them."

Alsen, Ake zit. in Gough, Ritva/ Modig, Maria (2003)

In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse der standardisierten Befragung dargelegt. Es werden dabei - sofern erfasst - die Aussagen der befragten Assistent/innen mit jenen der Auftraggeber/innen verglichen. Auf diese Art und Weise wird im ersten Abschnitt näher auf die soziodemografischen Daten eingegangen, dann werden die Bedingungen für eine erfolgreiche Assistenzsituation und weitere Rahmenbedingungen der Assistenzsituation analysiert. Die nächsten Abschnitte widmen sich den Assistenztätigkeiten, den Belastungen und der Zufriedenheit mit der Assistenzsituation, der Anerkennung sowie dem Wechsel von Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen und der Beziehung zur Organisation. Zum Abschluss werden Weiterbildungs- und Änderungswünsche von Assistent/innen und Auftraggeber/innen aufgezeigt.

3.1 Soziodemografie der Assistent/innen und Auftraggeber/innen

Eingangs werden Schulbildung und Erwerbstätigkeit sowie Lebensform und Wohnort von Assistent/innen und Auftraggeber/innen dargelegt. Anschließend werden Art und Verlauf der Beeinträchtigungen von Auftraggeber/innen sowie Pflegegeldeinstufungen untersucht. Das Vorwissen der beiden Befragungsgruppen über die Persönliche Assistenz, die Motive für die Ausübung der Assistenztätigkeit und die Gründe für die Inanspruchnahme der Assistenzdienste sind abschließend angeführt.

3.1.1 Bildung und Erwerbstätigkeit

Auf die Frage nach ihrer formalen Ausbildung geben 17% der befragten Assistent/innen einen Pflichtschulabschluss als höchsten Bildungsabschluss an (Abbildung 7). Etwa jeder/jede dritte Assistent/in hat eine Lehre absolviert, 17% eine berufsbildende mittlere Schule. Knapp ein Viertel der Befragten hat Matura und ein Zehntel Fachhochschul- bzw. Universitätsabschluss.

Laut Mikrozensus[8] hat knapp ein Drittel (32%) der Oberösterreicher/innen, die älter als 15 Jahre sind[9], einen Pflichtschulabschluss und 38% haben eine Lehre absolviert. Jeweils 11% der Gesamtbevölkerung haben eine berufsbildende mittlere Schule bzw. Matura abgeschlossen und 8% besitzen Fachhochschul- bzw. Universitätsabschluss. Die Assistent/innen sind im Schnitt also besser gebildet als die erwachsene Bevölkerung in Oberösterreich. Dabei ist aber zu beachten, dass die Zahlen für Oberösterreich nicht altersbereinigt sind, also auch ältere Personen über 60 bzw. 64 Jahre enthalten, die häufig geringere Bildung haben.

Abbildung 7: Höchster Schulabschluss der Assistent/innen bzw. der Gesamtbevölkerung in OÖ

Rund jede vierte Assistentin/ jeder vierte Assistent (n=142) gibt an, derzeit eine Ausbildung zu absolvieren. Am häufigsten werden hierbei ein Studium an einer Pädagogischen Hochschule, einer Fachhochschule oder Universität sowie eine Ausbildung zum/zur Behindertenpädagogen/Behindertenpädagogin bzw. Alten(fach)betreuer/in angegeben.

Auf die Frage nach bereits absolvierten, beruflichen Ausbildungen[10] antwortet beinahe die Hälfte (46%) der Assistent/innen, eine (Lehr)ausbildung im wirtschaftlichen Bereich abgeschlossen zu haben (Abbildung 8). Des Weiteren besitzt mehr als ein Viertel der Befragten eine facheinschlägige Berufsausbildung. Hierbei wurden u.a. folgende Antworten zusammengefasst: Alten(fach)betreuer/in, Behinderten(fach)betreuer/in, Pädagog/innen, Kindergartenpädagog/innen, Sozialpädagog/in, Sozialarbeiter/innen und Berufe, die dem Sozialbereich "verwandt" sind (z.B. Tagesmutter). 13% der befragten Assistent/innen haben sowohl eine wirtschaftliche als auch eine facheinschlägige Ausbildung vorzuweisen. 6% der Assistent/innen geben als berufliche Ausbildung einen Schulabschluss der HAK, HAS oder HBLA an. Knapp jede/r zehnte der Befragten berichtet, keine Berufsausbildung absolviert zu haben.

Abbildung 8: Berufliche Ausbildungen der Assistent/innen (n=124; keine Angabe = 22 Personen)

42% der Assistent/innen üben neben ihrer Assistenztätigkeit noch eine weitere Erwerbsarbeit aus (n=143). Hierbei wurden am häufigsten wirtschaftliche Berufe sowie Behinderten(fach)betreuer/in und Alten(fach)betreuer/in genannt. Etwa jede/r vierte Assistent/in übt diese zusätzliche Erwerbstätigkeit als Selbstständige/r oder über Werkvertrag bzw. in einem geringfügigen Arbeitsverhältnis aus. Hinsichtlich ihrer höchsten schulischen Ausbildung antworten 42% der Auftraggeber/innen einen Pflichtschulabschluss zu haben (Gesamtbevölkerung in OÖ 32%) (Abbildung 9). Mehr als ein Viertel der Befragten hat eine Lehre (OÖ 38%) und ein Fünftel eine berufsbildende mittlere Schule (OÖ 11%) absolviert. 2% der Auftraggeber/innen geben Matura (OÖ 11%) als höchsten Schulabschluss an und 5% Fachhochschul- bzw. Universitätsabschluss (OÖ 8%). 2% der Auftraggeber/innen besitzen keinen Schulabschluss.

Im Vergleich zur oberösterreichischen Gesamtbevölkerung haben die Auftraggeber/innen eine etwas geringere Bildung, was sich vermutlich dadurch erklären lässt, dass Krankheits- und Unfallrisiken sozial ungleich verteilt sind und in höheren sozialen Schichten auch andere Betreuungsformen leichter zugänglich sind.

Abbildung 9: Höchster Schulabschluss der Auftraggeber/innen bzw. der Gesamtbevölkerung in OÖ

22% der befragten Auftraggeber/innen (n=82) sind erwerbstätig. Von diesen wird am häufigsten als berufliche Stellung "Büroangestelle/r" bzw. "Geschützte Werkstätte/ FAB" angeführt.

Askheim (1999, 112) berichtet von einer Erwerbsquote von 37% bei Menschen mit Beeinträchtigung im Jahr 1995 in Norwegen. In seiner Studie über Persönliche Assistenz in Norwegen weist er darauf hin, dass 20% der Auftraggeber/innen erwerbstätig sind.

Dieser Wert stimmt relativ gut mit unseren Daten überein. Der Mikrozensus 2002 (Klapfer 2003, 284) berichtet zum Teil etwas höhere Erwerbsquoten, allerdings für andere Formen der Beeinträchtigungen. Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Erwerbsbeteiligung sind in unseren Daten nur schwach ausgeprägt: Die Erwerbsquote der Auftraggeber liegt bei 26%, jene der Auftraggeberinnen bei 20%.

Nach Erfahrungen der Arbeitskreismitglieder sind Arbeitsmarktangebote für Menschen mit Beeinträchtigung in Oberösterreich nicht ausreichend vorhanden. Die geringe Erwerbstätigkeit ist durch gesetzliche Regelungen mit bedingt. So wird etwa bei Bezug einer Ausgleichszulage[11] diese um den monatlichen Verdienst verringert. Erwerbsfördernd wäre hier ein Modell ähnlich den Zuverdienstmöglichkeiten beim Kinderbetreuungsgeld.

Auf Seiten der Wirtschaft sieht das Behinderteneinstellungsgesetz vor, dass Dienstgeber/innen mit 25 oder mehr Dienstnehmer/innen mindestens einen Menschen mit Beeinträchtigung einstellen müssen. Kommen Dienstgeber/innen dieser Verpflichtung nicht nach, wird vom Bundessozialamt die Entrichtung einer Ausgleichstaxe vorgeschrieben (Kocnik 2005). In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass Betriebe mit Hilfe dieser Ausgleichszahlung die Einstellung von Menschen mit Beeinträchtigung umgehen.

3.1.2 Lebensform und Anzahl der Kinder

Die überwiegende Mehrheit der Assistent/innen (78%) lebt in eigener Familie oder Partnerschaft, 13% der befragten Assistent/innen leben alleine, 6% in der Herkunftsfamilie und 4% geben eine andere Lebensform an (Wohngemeinschaft, etc.). Im Unterschied zu den Assistent/innen leben Auftraggeber/innen zu rund jeweils einem Drittel alleine oder in der Herkunftsfamilie oder in der eigenen Familie. 2% leben in einer anderen Lebensform (Abbildung 10).

Zum Vergleich: In Norwegen (Askheim 1999, 113) leben zwei Drittel der Auftraggeber/innen alleine, ein Drittel lebt mit Partner/in. Der Anteil der in Partnerschaft lebenden Personen ist in etwa vergleichbar, der Anteil der Alleinlebenden dagegen in unseren Daten deutlich geringer.

Abbildung 10: Lebensform der Assistent/innen und Auftraggeber/innen

67% der Assistent/innen und 39% der Auftraggeber/innen haben Kinder (Assistent/innen im Durchschnitt 2,3 Kinder/ n=98, Auftraggeber/innen 1,8 Kinder / n=31)

87% der Assistent/innen geben an, dass ihr/e Kind/er (noch) im gemeinsamen Haushalt lebt/leben, bei den Auftraggeber/innen hingegen berichten dies 53%.

3.1.3 Verwandtschaft zwischen Assistent/innen und Auftraggeber/innen

Nach Regelung der Persönlichen Assistenz GmbH dürfen Assistent/innen mit ihren Auftraggeber/innen nicht in direktem Verwandtschaftsverhältnis stehen, d.h. Eltern bzw. Geschwister oder Kinder dürfen keine bezahlten Assistenzdienste für die eigene Familie tätigen. Ein Hauptgrund für diese Bestimmung ist die Abhängigkeit der Auftraggeber/innen gegenüber Familienmitgliedern. Auf Grund dieser Regelung ist es verständlich, dass 97% der befragten Assistent/innen (n=143) und 93% der befragten Auftraggeber/innen (n=83) angeben, dass kein Verwandtschaftsverhältnis besteht. Dennoch sind 3% der befragten Assistent/innen (n=143) mit ihren Auftraggeber/innen verwandt. Im Vergleich dazu berichten 7% der Auftraggeber/innen (n=81) von einer Verwandtschaft mit ihren Assistent/innen. Der Grad des Verwandtschaftsverhältnisses ist nicht bekannt und es ist zu vermuten, dass mehrere Verwandtschafts-verhältnisse vorliegen.

Die Betreuung durch nahe Verwandte ist nicht unumstritten. Sie ist z.B. in Schweden möglich, wird aber auch dort kontroversiell diskutiert (siehe Abschnitt 5.4).

Im Arbeitskreis gibt es zu diesem Themenbereich unterschiedliche Auffassungen. Als wichtig wird erachtet, dass zwar Angehörigenhilfe honoriert werden sollte, diese aber dem Selbstbestimmungsgedanken der Persönlichen Assistenz widerspricht, da Abhängigkeiten entstehen. Ein Modell, das diesen Anforderungen genügen könnte, wäre eine von der Persönlichen Assistenz unabhängige Angehörigenassistenz, die zumindest Versicherungszeiten und Versicherungsschutz gewährleistet.

Auch die befragten Auftraggeber/innen, die Unterstützung durch die Familie erhalten, betrachten diese zum Teil skeptisch und führen an, dass dadurch ihre Unabhängigkeit eingeschränkt wird (siehe Abschnitt 3.1.10).

3.1.4 Wohnort

Die Persönliche Assistenz GmbH hat einen Regionalisierungsauftrag. Sie sollte in allen Regionen und Bezirken vertreten sein.

Der nachfolgenden Abbildung 11 ist zu entnehmen, dass die Mehrheit der befragten Assistent/innen (48%) bzw. Auftraggeber/innen (43%) in einer kleinen Gemeinde/ Stadt (unter 5000 Einwohner/innen) wohnt. In etwa gleich häufig wohnen Assistent/innen (18%) und Auftraggeber/innen (21%) in einer mittleren Gemeinde bzw. Stadt (zwischen 5000 und 15000 Einwohnern). 7% der befragten Assistent/innen und 4% der Auftraggeber/innen leben in einer Stadt mit 15000 bis 60000 Einwohnern. Knapp ein Drittel der Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen lebt in Linz.

Abbildung 11 zeigt auch die Verteilung der Gesamtbevölkerung in OÖ[12]nach Wohnortgröße: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt in Gemeinden unter 5000 Einwohner/innen, jede/r Fünfte in einer mittleren Gemeinde oder Stadt und jeweils 13% aller Oberösterreicher/innen wohnen in einer größeren Stadt (Wels, Steyr, Traun, Leonding, Braunau, Ansfelden) oder in Linz. Aus der Abbildung 11 ist ersichtlich, dass die Persönliche Assistenz in Linz überdurchschnittlich vertreten ist, in den anderen großen Städten dagegen unterdurchschnittlich. Auch in den Gemeinden sind zwischen Auftraggeber/innen und Gesamtbevölkerung Differenzen erkennbar. Hinsichtlich des Regionalisierungsauftrages lässt sich somit das positive Zwischenfazit ziehen, dass die Persönliche Assistenz in allen Gemeindetypen vertreten ist. Vermutlich bestehen aber Versorgungsunterschiede durch die Persönliche Assistenz nach Gemeindegröße. Auch nach politischen Bezirken ergeben sich Abweichungen zwischen der oberösterreichischen Bevölkerung und den Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen.

Abbildung 11: Assistent/innen, Auftraggeber/innen und Gesamtbevölkerung in OÖ nach Größe des Wohnortes

Abbildung 12 zeigt die Verteilung der Grundgesamtheit der Assistent/innen, Auftraggeber/innen und der Gesamtbevölkerung[13] auf die jeweiligen Bezirke in Oberösterreich. Beinahe jeweils ein Drittel der Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen wohnt in Linz bzw. Linz-Land, aber "nur" 23% der Gesamtbevölkerung. Es wird also deutlich, dass die Persönliche Assistenz sehr stark im Zentralraum verankert ist. In den Bezirken Braunau, Freistadt und Wels(-Land) besteht eine deutliche "Unterversorgung", die Bezirke Rohrbach und Perg sind relativ gut erschlossen.

Ausdrücklich gewarnt sei an dieser Stelle vor einer Überinterpretation der Ergebnisse. Aus der Gegenüberstellung der Gesamtbevölkerung und der Auftraggeber/innen bzw. Assistent/innen lassen sich keine Versorgungsdefizite durch die Persönliche Assistenz GmbH ableiten. Dazu müsste bekannt sein, wie sich die Grundgesamtheit der Menschen mit Beeinträchtigungen auf die Gemeindetypen und politischen Bezirke verteilt. Wenn z.B. nicht 54% der Menschen mit Beeinträchtigungen, sondern nur 44% in kleinen Gemeinden leben würden, dann gibt es keine Versorgungsdefizite durch die Persönliche Assistenz GmbH. Oder: Wenn in mittleren Gemeinden 30% der Menschen mit Beeinträchtigungen leben würden, würde es in diesen Gemeindetypen eine Unterversorgung durch die Persönliche Assistenz GmbH geben.

Abbildung 12: Bezirksverteilung der Grundgesamtheit der Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen und der Gesamtbevölkerung in OÖ

3.1.5 Art und Verlauf der Beeinträchtigungen

Die Mehrheit der Auftraggeber/innen (n=80 von 83) gibt eine körperliche Beeinträchtigung an, bei 46% besteht diese von Geburt an, für 45% ist die körperliche Beeinträchtigung im Erwachsenenalter eingetreten und weitere 9% nennen die Kindheit als Beginn. Eine geringe Anzahl an Auftraggeber/innen (n=20) ist - zusätzlich zur körperlichen Beeinträchtigung - von einer Sehbeeinträchtigung betroffen[14] (Abbildung 13). Davon sind 35% von Geburt an damit konfrontiert, 10% seit ihrer Kindheit und 55% seit dem Erwachsenenalter.

Für 25% jener Auftraggeber/innen (n=16), die neben ihrer körperlichen Beeinträchtigung auch eine Sprachbeeinträchtigung aufweisen, besteht diese seit der Geburt, für 13% seit der Kindheit und für 63% ist diese Sprachbeeinträchtigung im Erwachsenenalter entstanden.

Körperlich Beeinträchtigte mit zusätzlicher Hörbeeinträchtigung weisen den geringsten Anteil auf (n=6)[15]. Hierbei ist eine Person von Geburt an betroffen, zwei Personen seit ihrer Kindheit und bei drei Auftraggeber/innen ist diese Hörbeeinträchtigung im Erwachsenenalter entstanden.

Zwei der befragten Auftraggeber/innen nennen eine sonstige Beeinträchtigung.

Abbildung 13: Art der Beeinträchtigung nach Auftraggeber/innen (Absolute Zahlen)

Abbildung 14 zeigt den Verlauf der Beeinträchtigungen, dabei wird ersichtlich, dass jeweils etwa gleich viele Auftraggeber/innen ihre Beeinträchtigung als gleichbleibend (47%) oder als fortschreitend (51%) bezeichnen. Eine geringe Anzahl von Auftraggeber/innen (3%) berichtet von vorübergehender Beeinträchtigung. Eine vorübergehende Nutzung der Persönlichen Assistenz z.B. nach einem Krankenhausaufenthalt findet somit derzeit nicht statt.

Die Frage, ob die Persönliche Assistenz auch bei vorübergehenden Beeinträchtigungen zur Verfügung stehen kann und sollte, wurde unterschiedlich beantwortet. Übereinstimmend wurde festgestellt, dass es diesbezüglich einen allgemeinen Bedarf gibt. Gegen eine Abdeckung dieses Bedarfs bestanden zum Teil grundsätzliche Einwände, angeführt wurde ferner, dass eine Umsetzung aufgrund knapp bemessener Ressourcen (bspw. Finanzierung, Wartezeit etc.) nicht möglich sei.

Abbildung 14: Verlauf der Beeinträchtigungen nach Auftraggeber/innen (n=79)

3.1.6 Pflegegeld

"Das Pflegegeld ist eine pauschalierte teilweise Abgeltung der pflegebedingten Mehraufwendungen." (Amt der oberösterreichischen Landesregierung/ Sozialabteilung 2003a, 171)

Entsprechend dem jeweiligen Pflegebedarf sind sieben Pflegegeldstufen[16] definiert. Die Anspruchsvoraussetzungen dafür sind:

  • ständiger Pflegebedarf aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung oder einer Sinnesbeeinträchtigung

  • Pflegebedarf mehr als durchschnittlich 50 Stunden monatlich und voraussichtlich mehr als sechs Monate andauernd

  • gewöhnlicher Aufenthalt in Österreich

Pflegegeld wird nach dem Bundes- oder Landespflegegeldgesetz[17] monatlich ausbezahlt, ist steuerfrei und gilt nicht als Einkommen. (Sozialplattform Oberösterreich 2007, 29)

In Oberösterreich wird Pflegegeld zugesprochen, wenn in folgenden Bereichen Betreuungsmaßnahmen nötig sind:[18]

Bei der täglichen Körperpflege, bei der Zubereitung von Mahlzeiten, bei der Einnahme von Mahlzeiten

bei der Verrichtung der Notdurft, beim An- und Auskleiden, bei der Reinigung im Falle von Inkontinenz, bei der Anus praeter-Pflege, bei der Kanülenpflege, bei der Katheterpflege, bei der Entleerung und Reinigung des Leibstuhles, bei der Verrichtung von Einläufen, bei der Mobilitätshilfe im engeren Sinn, bei der Einnahme von Medikamenten, Motivationsgespräch (bei Menschen mit psychischer Beeinträchtigung), Bad, Herbeischaffung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und Bedarfsgütern des täglichen Lebens, Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände, Pflege der Leib- und Bettwäsche, Beheizung des Wohnraues, Mobilitätshilfe im weiteren Sinn (Fachärztliches Sachverständigengutachten, 3f).

Persönliche Assistenz kann von Pflegegeldbezieher/innen aber auch von Menschen, die kein Pflegegeld erhalten, in Anspruch genommen werden. Die Untersuchung zeigt aber, dass der Großteil der Auftraggeber/innen Pflegegeld bekommt (96%, n=81).

Ein Vergleich zwischen den Auftraggeber/innen und der Gesamtheit aller Pflegegeldbezieher/innen in Oberösterreich[19] macht Unterschiede hinsichtlich der Pflegegeldstufen deutlich (Abbildung 16). Der größte Anteil der Auftraggeber/innen (33%) benötigt Unterstützung der fünften Pflegegeldstufe, oberösterreichweit sind 8% der Menschen mit Beeinträchtigung in dieser Pflegegeldstufe. 18% der Befragten erhalten Pflegegeld der Stufe 4, diese Einstufung haben 15% der Menschen mit Beeinträchtigung in Oberösterreich. Jeweils 12% bis 14% der Auftraggeber/innen berichten von der Einstufung 2, 3 und 6. 4% der Befragten bekommen Unterstützung der niedrigsten Pflegegeldstufe und 6% steht die höchste Pflegegeldstufe zu.

Der überwiegende Teil der Menschen mit Beeinträchtigung in Oberösterreich (siehe Abbildung 15) erhält Pflegegeld der zweiten Stufe (37%). Etwa jeder/jede fünfte Pflegegeldbezieher/in erhält Unterstützung der Stufe 1 bzw. 3, und jeweils 2% die beiden höchsten Pflegegeldstufen.

Das Pflegegeld wurde 1993 eingeführt und seither nur drei Mal angehoben: 1994 um 1,025%, 1995 um 1,028% und zuletzt 2005 um 2%. Das bedeutet, dass das Pflegegeld seit seiner Einführung nur um insgesamt 4,1% erhöht wurde. Im gleichen Zeitraum stieg der Verbraucherpreisindex um 27,31% und das Bruttoinlandsprodukt um 30,45%.

Abbildung 15: Vergleich von Auftraggeber/innen und Pflegegeldbezieher/innen in OÖ (Mw = 4,3 s = 1,5)

In einem weiteren Schritt wurde untersucht, wie viele Personen, die Pflegegeld beziehen, in Oberösterreich Persönliche Assistenz in Anspruch nehmen könnten. Dabei wird von der Gesamtheit aller Pflegegeldbezieher/innen[20] in unserem Bundesland ausgegangen und der Anteil der Unter-60-Jährigen pro Pflegegeldstufe[21] berechnet (Tabelle 2). Insgesamt können etwa 9700 Personen im Alter zwischen 0 und 59 Jahren in Oberösterreich als potentielle Auftraggeber/innen bezeichnet werden, wenn man Kinder und Jugendliche hinzunimmt. Hierbei entfallen auf die Pflegegeldstufe 2 die meisten Personen (etwa 3400) und auf die beiden höchsten Pflegegeldstufen jeweils rund 300 bis 400 Menschen mit Beeinträchtigung. Von den Pflegegeldbezieherinnen im erwerbsfähigen Alter nehmen derzeit 1,3% die Persönliche Assistenz in Anspruch. Der Anteil variiert nach Pflegestufe. In den Pflegestufen 1 bis 3 liegt er unter 1%, für die Pflegestufe 4 steigt er auf 2% an und erhöht sich dann auf 5% bzw. 4% für die Pflegestufen 5 und 6. In der Pflegestufe 7 reduziert er sich auf ca. 2%. Dieser Rückgang ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass es bei der Stundenverteilung der Persönlichen Assistenz eine "Deckelung" von maximal 250 Stunden pro Monat gibt. Die Ergebnisse zeigen, dass in den Pflegestufen 5 und 6 bereits beachtliche Anteilswerte erzielt werden, wobei auch hier zu vermuten ist, dass noch nicht alle Potenziale ausgenutzt werden. Potenziale bestehen vor allem in der Pflegestufe 3 und 7. In der höchsten Stufe 7 könnte die Nutzung durch eine Aufhebung der Deckelung und durch eine Streichung des Selbstkostenbeitrags ab einem bestimmten Stundenvolumen[22] erreicht werden. Der Selbstbehalt und die zusätzlich eingeschränkte Stundengewährung durch das Land Oberösterreich erweisen sich häufig als große Hürde bei der Inanspruchnahme der Persönlichen Assistenz. Theoretisch könnte auch die Nutzung in den unteren Pflegestufen erhöht werden. Ob dies aber im Sinne einer Arbeitsteilung unterschiedlicher Anbieter/innen und als Geschäftsziel erwünscht ist, ist eine Frage, die nicht wissenschaftlich, sondern nur außerwissenschaftlich zu klären ist. Wie bei anderen Themen gab es auch diesbezüglich im Arbeitskreis unterschiedliche Meinungen.

Tabelle 1: Potentielle Auftraggeber/innen in Oberösterreich Quellen: Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz (2007b), Amt der oberösterreichischen Landesregierung/ Sozialabteilung 2003b, 69; eigene Berechnungen.

Pflege-geldstufe

Pflegegeld-bezieher/-innen

OÖ (2001)

Anteil der Unter 60 Jährigen an allen Pflegegeld-bezieher/-innen in Ö (2005) in %

Pflege-geld-

bezieher/-innen in OÖ (Unter 60 Jährige)

Pflegegeld-bezieher/-innen (N=133 Auftraggeber/-innen)

Anteil der Auftraggeber/-innen an allen Pflegegeld-bezieher/-innen in OÖ in %

1

9992

18,5

1849

5

0,3

2

19872

17,1

3399

15

0,4

3

9505

18,7

1776

16

0,9

4

7823

14,9

1165

23

2,0

5

4562

17,6

803

43

5,3

6

1203

34,4

414

18

4,3

7

973

35,1

342

8

2,4

Gesamt

53930

 

9749

128

1,3

3.1.7 Vorwissen über die Persönliche Assistenz

Woher erhalten Assistent/innen und Auftraggeber/innen die ersten Informationen über die Persönliche Assistenz? Für Assistent/innen stellen Auftraggeber/innen bzw. Freund/innen und Bekannte die wichtigsten Informationsquellen dar (Abbildung 16). Von ihnen erhalten jeweils rund 30% der Assistent/innen die ersten Informationen über die Persönliche Assistenz. Durch Zeitungen und Zeitschriften (z.B. Inserate) werden 22% der Assistent/innen auf die Persönliche Assistenz aufmerksam, durch Familie und Verwandte 13% und durch andere Assistent/innen erfahren 11% der Befragten erstmals über die Persönliche Assistenz. 8% der Assistent/innen berichten, dass die Persönliche Assistenz GmbH die erste Informationsquelle ist, beinahe ebenso viele Personen haben ihre ersten Auskünfte aus dem Internet bezogen. Andere Medien wie Fernsehen, Plakate, Radio bzw. soziale Einrichtungen sind für Assistent/innen weniger relevante Informationsquellen. Unter den sonstigen Quellen (3%) führen Assistent/innen ihre Ausbildungen an.

Für Auftraggeber/innen sind Freunde und Bekannte bzw. soziale Einrichtungen die wichtigsten Informationsquellen. Beinahe die Hälfte aller Auftraggeber/innen (48%) erhält die ersten Hinweise über die Persönliche Assistenz aus dem Freundes- und Bekanntenkreis, knapp ein Drittel (30%) durch soziale Einrichtungen (u.a. Krankenhaus, REHA, SLI, Arcus, Virtual Office FAB). 12% der Befragten werden durch andere Auftraggeber/innen erstmals auf die Persönliche Assistenz aufmerksam, 8% durch die Persönliche Assistenz GmbH und gleich viele Personen durch verschiedene Beratungsstellen (u.a. Bezirkshauptmannschaft). Von Assistent/innen erhalten 7% der Auftraggeber/innen die ersten Hinweise zur Persönlichen Assistenz, durch Plakate und Falter 6%. Zeitungen und Zeitschriften bzw. Familie und Verwandte (jeweils 5%) stellen für Auftraggeber/innen - auch im Vergleich mit Assistent/innen - weniger wichtige Informationsquellen dar.

Abbildung 16: Quellen für Erstinformationen über die Persönliche Assistenz (Mehrfachnennungen)

Welche Informationen haben Assistent/innen und Auftraggeber/innen beim Erstkontakt erhalten? Assistent/innen informieren sich am häufigsten über ihre Aufgaben und Tätigkeiten und über die Persönliche Assistenz GmbH (Abbildung 17). Zur Auswahl der Assistent/innen, Voraussetzung bzw. Anforderungen für die Tätigkeiten, zu Einkommen und Dienstverhältnis informieren sich jeweils rund ein Drittel der Assistent/innen zu Beginn ihrer Tätigkeit.

Abbildung 17: Erstinformation für Assistent/innen (Mehrfachnennungen; n=145)

In den qualitativen Interviews mit Assistent/innen (siehe Abschnitt 2.2) wurden - ebenso wie im Fragebogen -. Quellen und Arten der Erstinformationen erhoben. Nachfolgend sind einige Interviewausschnitte exemplarisch wiedergegeben:

"Von meiner Freundin hab ich es [Info] erhalten, weil die hat das selber angefangen mit dem Ganzen und zufällig in einem Gespräch hat sich das dann so ergeben. Na ja, ich hab einmal gefragt [...] was sie jetzt für eine Arbeit macht. Und dann hat sie mir halt erklärt [...]. Dann hab ich gesagt, ja das könnte ich mir eigentlich auch gut vorstellen, weil ich hätte auch immer irgend gern so etwas in diese Richtung gemacht [...]. Und dann hat sie halt eigentlich mich vermittelt [...]." (Assistent/in, P1, 8:14)

"Ich hab es eigentlich aus der Zeitung raus gelesen, habe überhaupt nicht gewusst was das ist. Hab dann angerufen in Linz oben. Da muss ich sagen, habe ich auch noch gar nichts gewusst. Hauptsächlich hab ich es dann erfahren bei der Grundausbildung. [...] Ja also, was man alles tun darf und was man nicht tun darf. Ich mein das ist, ich hab da angefangen und überhaupt nicht gewusst was darf ich jetzt tun und was darf ich nicht tun." (Assistent/in, O1, 8:17)

"Eine Bekannte hat das kurzzeitig einmal gemacht und war anscheinend nicht für sie geeignet und hat mir davon erzählt, nachdem ich schon mehrere Sachen im Sozialbereich mir angeschaut hab, hat mich das interessiert. [...] es war von der Tätigkeit her, so im Großen und Ganzen wie das abläuft, also Details hab ich nicht genau gewusst, aber ungefähr, worum es geht, hab ich schon gewusst." (Assistent/in, F1, 7:12)

"Ja, eigentlich über so indirekt über den Auftraggeber damals, der hat mir gesagt, dass er zur Persönlichen Assistenz geht eben und ich bin dann praktisch als Assistent mitgenommen worden dorthin und damit ist das für mich bekannt geworden, die Persönliche Assistenz [...]. Ja, das [Information] war praktisch nur über den Auftraggeber damals, und der hat gesagt, dass das für ihn sehr vorteilhaft ist, weil das System, weil er da sozusagen die Assistenten selbst aussuchen kann und ja, finanziell war das ein Vorteil für ihn, weil sonst hat er privat zahlen müssen, ab diesem Zeitpunkt war es natürlich wesentlich günstiger für ihn. Das waren die Informationen, die ich über den Verein gekriegt hab. Also, dass das für den Auftraggeber auf jeden Fall ein Vorteil ist, und auch für mich war das dann auch ein geregeltes Einkommen, weil das hat man nicht ausmachen müssen dann, den Tarif, den Stundentarif, sondern das war halt fixiert über den Verein dann." (Assistent/in, G1, 12:24)

Auftraggeber/innen informieren sich anfänglich in erster Linie allgemein über die Persönliche Assistenz GmbH (Abbildung 18). In weiterer Folge liegt das Interesse der Auftraggeber/innen an Informationen zu Tätigkeiten der Assistent/innen und Selbstbehalt. Erstinformationen zu Voraussetzungen für die Inanspruchnahme holen sich 29% der Auftraggeber/innen ein und 24% zu selbstständigem Einteilen und Organisieren der Assistenzleistungen. 20% der befragten Auftraggeber/innen informierten sich über die Auswahl an Assistent/innen. Der genaue Verlauf des Aufnahmeverfahrens wird in Abschnitt 1.3.2 dargestellt.

Abbildung 18: Erstinformation für Auftraggeber/innen (Mehrfachnennungen; n=80)

In den qualitativen Interviews mit den Auftraggeber/innen wurden ebenfalls Erstinformationen und Informationsquellen erhoben:

"Wie ich auf Kur war, da war eine Frau drinnen, und die hat bereits Persönliche Assistenz in Anspruch genommen und die hat mir davon erzählt. Ja, das erste war, dass eben Hilfe gibt, Unterstützung eben .. wenn man eben als Behinderter Probleme hat zum .. ja, alltäglichen Leben meistern, und ja dann hab ich mich eben informiert [...]." (Auftraggeber/in, B2, 8:12)

"Das waren eigentlich eher wage Informationen, aber mir ist gesagt worden, ich soll da einmal im Internet nachschauen unter [Name], und so bin ich eigentlich auf das Ganze gekommen und ja. [...]

Die Informationen waren dann rein die, die ich aus dem Internet gehabt habe." (Auftraggeber/in, N2, 8:16)

3.1.8 Arbeitsmotive

Jeweils 80% bzw. 78% der Assistent/innen nennen als Grund für die Ausübung der Tätigkeit, dass sie gerne im Sozialbereich arbeiten, die Flexibilität der Dienstzeiten und die Zuverdienstmöglichkeit. 75% der Befragten geben an, dass sie gerne anderen Menschen helfen und für 68% ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Motiv. 38% werden persönlich von Auftraggeber/innen angesprochen und für 29% lässt sich die Tätigkeit mit ihrer Ausbildung bzw. Studium gut verbinden. 17% arbeiten als Persönliche Assistent/innen, da andere Assistent/innen positive Erfahrungen machten und für 12% ist es eine Überbrückung von Arbeitslosigkeit.

Abbildung 19: Ausschlaggebende Gründe der Assistent/innen für den Beginn der Assistenztätigkeit (Mehrfachnennungen; n=146)

Motive der Assistent/innen aus der qualitativen Befragung stellen die nachfolgenden Aussagen dar:

"Ich war immer irgendetwas für Soziales. Ich wollt immer irgendwie dem anderen helfen oder für jemanden da sein, der eine Hilfe braucht oder. Ja für mich ist es keine Arbeit, ich tut das einfach gern und wenn jemanden geholfen ist dabei. Es geht mir halt um den Menschen und ich sehe dass da vielleicht doch da einige so gehandicapt sind und da kann man irgendwo einwenig assistieren dann. Ja das war für mich eigentlich ganz genau der Beruf." (Assistent/in, P1,26:31)

"Für mich war einfach ausschlaggebend, weil ich mir die Zeit selber einteilen kann und weil das [Arbeitsstelle] und mit den Kindern eigentlich super zu verbinden ist. Weil wenn ich einmal jetzt sage, du ich habe jetzt nicht Zeit, ist es auch kein Problem. Einfach weil man sich das wirklich selber einteilen kann." (Assistent/in, O1, 29:32)

"Ja, ich wollt nur [...] im ... Behindertenbereich, im Pflegebereich [...] arbeiten und das hab ich dem AMS dann auch gesagt." (Assistent/in, C1, 18:19)

"Ich hab vorher in einem Büro gearbeitet [...] und wollte nach den Kindern einfach einmal nicht mehr zurück ins Büro, das war schon mal klar für mich. Und ich wollt was machen, was mir irgendwie was gibt, also was mich ausfüllt und irgendwie glücklich macht. Ich wollte nicht irgendeinen Bürojob machen, und eben dadurch dass ich das durch [Name] ein bisschen mitgekriegt hab, wie das funktioniert. Mein Motiv war einfach, ich wollt das einfach machen, weil ich .. ich hab mir das einfach voll gewünscht, ich wollte das [Assistenzdienst] kennenlernen, und hab dann nach kürzerer Zeit gemerkt, dass das genau das ist, was ich suche, was ich gerne machen möchte." (Assistent/in, D1, 17:23)

"Um ehrlich zu sein, waren es finanzielle Gründe natürlich [...] wobei mir das sehr gefallen hat, das System, dass die Auftraggeber/innen einmal selbst bestimmen können [...] ihren Tagesablauf selbst bestimmen können, das hat mir schon sehr zugesagt [...]. Aber primär finanzielle Gründe, wie aber auch ideologische Gründe, also dass mir das System einfach taugt, Selbstbestimmung ja." (Assistent/in, G1, 27:33)

Der Assistenztätigkeit liegen somit mehrere Motive zugrunde. Sie ermöglicht soziales Engagement, Flexibilität und Zuverdienstmöglichkeiten sowie Vereinbarkeit mit Familienarbeit oder Ausbildung.

Bei den Auftraggeber/innen gibt es ebenfalls unterschiedliche Gründe für die Inanspruchnahme der Assistenzleistungen. Jeweils 80% bzw. 76% geben an, dass ihre Motive Selbstbestimmung und Entlastung der Familie bzw. Freunde sind, gefolgt vom hohen Maß an Selbstständigkeit (70%) und der Vielfalt der Assistenzleistungen (67%). Zwei Drittel der Auftraggeber/innen nennen als Grund die selbstständige Organisation der Assistenzleistungen und etwa die Hälfte die Anzahl an möglichen Assistenzstunden. Für 43% der Auftraggeber/innen liegt die Motivation für die Inanspruchnahme Persönlicher Assistenz auch in der Vermeidung einer Heimunterbringung und 14% sind mit anderen Organisationen unzufrieden. Zentral - sowohl für ein selbstbestimmtes Leben als auch sozialpolitisch - ist die heimersetzende Funktion der Persönlichen Assistenz (siehe Abschnitt 3.1.11)

Abbildung 20: Ausschlaggebende Gründe der Auftraggeber/innen für die Inanspruchnahme der Persönlichen Assistenz (Mehrfachnennungen; n=83)

Laut Askheim[23] (1999, 116) sind die häufigsten Motive der Auftraggeber/innen:

 

sehr wichtig + wichtig

Die Möglichkeit, ein aktives Leben zu führen

89%

Mehr Selbstbestimmung über die Dienstleistungen

88%

Ein flexibleres Angebot

87%

Die Möglichkeit, Assistent/innen selbst auszuwählen

87%

Abhängigkeit von weniger Personen

79%

Unzufriedenheit mit den Angeboten der Gemeinde

47%

Die Anteilswerte für die ersten vier Bereiche stimmen sehr gut mit jenen unserer Befragung überein. Sie zeigen, dass die Wahl der Persönlichen Assistenz "ideologisch" - im positiven Sinn - stattfindet. Die Abhängigkeit von weniger Personen wurde in unserer Erhebung nicht gefragt. Dieser Grund hängt aber eng mit der Selbstbestimmung zusammen, sodass von ähnlichen Prozentwerten auszugehen ist. Die Unzufriedenheit mit Gemeindeangeboten scheint in Norwegen ein starkes Motiv zu sein.[24] Dass dieser Grund in Oberösterreich nicht auftritt, ist darauf zurückzuführen, dass die Angebote durch die Gemeinde gering sind.

Aussagen aus den qualitativen Interviews der Auftraggeber/innen zur Motivation sind nachfolgend angeführt:

"Ja, weil ich mir gedacht hab, da kann ich gezielt sagen, wo ich Hilfe brauch und wo nicht, und ja .. das wars." (Auftraggeber/in, B2, 22:24)

"Ganz einfach die Erkenntnis, dass ich trotz meiner relativ entwickelten Selbstständigkeit [...] doch viele Dinge nicht alleine und wenn dann auf keinen Fall selbstbestimmt, machen kann die mir wichtig sind. Ganz besonders im Freizeitbereich [...]."(Auftraggeber/in, Q2, 29:32)

"[...] meine Frau war ja zwei Jahre im Heim vorher und das war eben die Möglichkeit, dass sie dann wieder aus dem Heim zurückgekommen ist eigentlich." (Auftraggeber/in, A2, 15:16)

"Erstens muss ich sagen, weil ich nicht so viel zahlen muss. Weil ich hab vorher eine andere gehabt, privat eben. Da hab ich nicht so viele Stunden nehmen können. Und weil die halt so geschickt ist." (Auftraggeber/in, T2, 10:11)

3.1.9 Erfahrungen mit Menschen mit Beeinträchtigung

Die Mehrheit (60%) der Assistent/innen hat bereits vor der Ausübung der Tätigkeit als Persönliche Assistent/innen Erfahrungen mit Menschen mit Beeinträchtigung.

Abbildung 21: Erfahrung mit Menschen mit Beeinträchtigung (n=146)

Am häufigsten sammeln Assistent/innen Erfahrungen im Familie- bzw. im Freundeskreis. Aussagen wie beispielsweise "Pflege meiner Großmutter", "Rollstuhlfahrer/in im engsten Freundeskreis bzw. in der Familie" oder "körperlich beeinträchtigte Menschen leben im gemeinsamen Haushalt" wurden hierbei genannt.

An zweiter Stelle werden Tätigkeiten im Bereich der Behindertenhilfe angegeben. Hierbei erwerben Assistent/innen einerseits Erfahrungen durch ihre berufliche Ausbildung als diplomierter/diplomierte Behindertenpädagoge/in oder Behindertenfachbetreuer/in und andererseits aufgrund ihrer Tätigkeit in Form eines Praktikums bzw. eines freiwilligen sozialen Jahres in verschiedenen Einrichtungen (Lebenshilfe, Diakonie, Institut Hartheim, Caritas, Miteinander GmbH).

In weiterer Folge entstammen die Erfahrungen der Assistent/innen aus dem Alten- bzw. Krankenbereich. Nennungen wie beispielsweise "früher arbeitete ich als Krankenschwester", "bin Altenfachbetreuer/in" oder "ehrenamtliche/r Rot Kreuz Mitarbeiter/in" werden von den Assistent/innen hierbei des Öfteren angeben.

Erfahrungen im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigung sammeln Assistent/innen auch häufig im Schul- und Kindergartenbereich. Angaben wie beispielsweise "bin Pädagoge/in", "mache eine Ausbildung zur Sonderpädagoge/in", "bin Sozialpädagoge/in" werden hier genannt, aber auch durch die Tätigkeit als Stützlehrer/in, Schulbegleiter/in oder "Horterzieher/in bringen Assistent/innen Erfahrungen für den Assistenzdienst mit.

Die Aussagen aus der qualitativen Befragung zu "Erfahrungen der Assistent/innen mit Menschen mit Beeinträchtigung" sind exemplarisch angeführt:

"Ich bin diplomierte Behindertenpädagogin und arbeite seit längerem mit behinderten Menschen." (Assistent/in, Y1, 28)

"Ich hab eben durch meine Schwiegermutter, durch die Pflege, hab ich das alles so mitbekommen, Krankenhaus und wie man ein bisschen umgeht und so."( Assistent/in, P1 ,34:36)

"Ja, schon, punktuell eher, punktuell, also privat, aus dem privaten Bereich, also wo ich gearbeitet hab, mein Bruder ist im Altenpflegebereich tätig und der hat mir gelegentlich so, so Arbeiten vermittelt, also eines Teils in der Altenbetreuung, aber auch Behindertenbetreuung ein bisschen, habe also punktuell so reingeschnuppert in die Behindertenarbeit."( Assistent/in, G1, 44:47)

3.1.10 Erfahrungen mit anderen Formen der Unterstützung

Auftraggeber/innen wurden ebenfalls befragt, inwieweit sie vor Inanspruchnahme der Persönlichen Assistenz, Erfahrungen mit anderen Formen der Unterstützung hatten.

Es zeigt sich (siehe Abbildung 22), dass 38% der Auftraggeber/innen Unterstützung durch Familienangehörige haben. Diese wird - den offenen Antworten nach - zum Teil mit Skepsis betrachtet. Die häufigsten Aussagen der Auftraggeber/innen sind hierbei "niemand mischt sich mehr in persönliche Angelegenheiten", "Abhängigkeit", "eingeschränkte Lebensmöglichkeit", "kaum Selbstbestimmung", "Fremdbestimmung", "Bittstellerrolle" oder "unsichere Betreuung". Zum anderen machen Auftraggeber/innen aber auch positive Erfahrungen durch Familienangehörige. Nennungen wie "sehr gute Erfahrungen", "durchwegs angenehme Erfahrungen" oder "kann jederzeit auch jetzt noch darauf [Unterstützung] zurückgreifen" zeigen sich hier.

Weitere Erfahrungen haben Auftraggeber/innen in Zusammenhang mit Unterstützung, welche die Geld- und Zeitressourcen betreffen. Einerseits haben Familienangehörige manchmal zu wenig Zeit für Auftraggeber/innen und andererseits gibt es Schwierigkeiten mit der Bezahlung, weil Familienmitglieder die Entlohnung nicht annehmen oder die Dienstleistungen der Familienangehörigen für Auftraggeber/innen zu kostspielig werden.

Abbildung 22: Erfahrungen mit anderen Formen der Unterstützung nach Auftraggeber/innen (n=78)

27% der Auftraggeber/innen bekommen Hilfestellung durch Familienangehörige und zugleich auch durch andere Organisationen. Für die Hälfte dieser Auftraggeber/innen gestalten sich die Erfahrungen durch Organisationen zum Teil positiv, aber auch negative Erfahrungen machen hierbei Auftraggeber/innen in Hinblick auf die Rahmenbedingungen der Organisationen. Aussagen wie beispielsweise "Stundenabrechnung wurde mit steigendem Bedarf immer schwieriger", "Zeitdruck", "ständiger Wechsel der Personen" oder "eingeschränkte Dienstleistungen" zeigen sich hier. Knapp ein Fünftel (18%) der Auftraggeber/innen kann nicht auf Angehörige zurückgreifen, sondern sammelt Erfahrungen ausschließlich aufgrund der Unterstützung durch Organisationen.

17% der Auftraggeber/innen haben vor der Persönlichen Assistenz weder Erfahrungen mit Angehörigen noch mit anderen Formen der Unterstützung.

Auch in den qualitativen Interviews wurden die Erfahrungen mit anderen Formen der Unterstützung erhoben und zeigen vergleichbare Aussagen:

"Ja, Unterstützungen durch Eltern, in meiner Jugendzeit war hervorragend. Also da muss ich echt sagen, da bin ich gefördert worden, dass ist wirklich, hätte nicht besser sein können. Meine Eltern haben für mich so ziemlich alles getan was man tun kann, um einen Menschen zu unterstützen, der ein Handicap hat." (Auftraggeber/in, Q2, 120:123)

"Na, keine Erfahrungen. [Angehörige, die Sie unterstützen?] Hab ich nicht, nein."

( Auftraggeber/in, B2,50:52)

[...]"Verein Miteinander fällt mir auch noch ein, Volkshilfe, ich kenn es, ich hab aber eigentlich nur mit der Persönlichen Assistenz wirklich was zu tun gehabt bis jetzt. Mit der elterlichen, ja, durchaus [...], das was jetzt eben die Persönliche Assistenz anbietet, hab ich alles bis jetzt mit den Eltern geteilt oder mit Verwandte, kommt auch jetzt noch vor im Urlaub, aber seltener, also hauptsächlich die Eltern waren da."

( Auftraggeber/in, E2, 58:67)

"Nein, hab ich eigentlich nicht, da waren auch die Wartezeiten und so weiter. Also es ist dann immer sehr kompliziert gewesen. Bis der Antrag durch ist und so. Dann hab ich mich für diese Form entschieden [...] sicher hab ich mich bei den anderen auch bemüht. Da waren die Wartezeiten auch, oder es war mit so hohen Kosten verbunden, die du dir im Haushalt nicht leisten kannst. Muss ich ganz ehrlich sagen, dass auch mein Mann gesagt hat, das kann man finanziell nicht durchstehen. [...] [Angehörige die Sie unterstützen?] Ja, zwei Kinder und der Mann. Die helfen schon. Die einen gehen einkaufen, die anderen machen das, die helfen schon. Auch jetzt neben der Assistenz."( Auftraggeber/in, S2, 18:26)

3.1.11 Zusammenfassung und weiterführende Analysen

Tabelle 3 fasst die bisherigen Ergebnisse zusammen. Zusätzlich wird eine Trendanalyse durchgeführt.

Tabelle 2: Zahl, Sozio-Demografie und Motive der Assistent/innen und Auftraggeber/innen

Assistent/innen

Auftraggeber/innen

Grundgesamtheit N = 230

Stichprobe n = 146

  • durchschnittlich 38 Jahre alt, breite Streuung

  • zu 92% weiblich

  • durchschnittlich seit 2005 als Assistent/in tätig

  • bzgl. der Bildung gibt es zwei Gruppen, Lehrabschluss (32%) und Matura und höher (34%)

  • 42% üben weitere Erwerbstätigkeit aus

  • 26% absolvieren derzeit eine Ausbildung

  • 78% leben in einer Partnerschaft

  • 67% haben Kinder

  • leben überwiegend in kleinen Gemeinden (48%) oder in Linz (27%)

  • Hauptmotive der Tätigkeit: Sozialbereich (80%), Flexibilität (78%) und Zuverdienst (78%), Vereinbarkeit mit Familie (68%)

  • 60% haben Erfahrungen mit Menschen mit Beeinträchtigung

Zeitliche Veränderungen: In jüngster Zeit

  • jüngere Assistent/innen

  • Flexibilität, positive Erfahrungen anderer Assistent/innen und Hilfe für andere Menschen gewinnen als Motive an Bedeutung

Grundgesamtheit N = 133

  • ca. 1,3% aller Pflegegeldbezieher/innen OÖ bis 59 Jahre, beachtenswerte Anteile bei Pflegestufe 5 und 6 von 5,3% bzw. 4,3%

  • alle Bezirke vertreten, aber einige Bezirke unterrepräsentiert

Stichprobe n = 83

  • durchschnittlich 39 Jahre alt, hohe Streuung

  • zu 67% weiblich

  • durchschnittlich drei Jahre als Auftraggeb. tätig

  • Bildung dominiert Pflichtschulabschluss (42%) und Lehre (28%)

  • 22% sind erwerbstätig

  • jeweils 1/3 allein lebend, in der Herkunftsfamilie oder in Partnerschaft/Familie

  • 39% haben Kinder

  • Wohnort analog zu Assistent/innen

  • Hauptmotive: Selbstbestimmung (80%), Entlastung der Familie (67%)

  • Für 43% heimersetzende Funktion

  • 96% körperliche Beeinträchtigung,

  • Beeinträchtigungen gleich bleibend oder fortschreitend

  • 96% erhalten Pflegegeld, Pflegestufe 5 = häufigster Wert mit 33%

  • 83% erhalten weitere Mitunterstützung, durch Angehörige und weitere Organisation

Zeitliche Veränderungen: In jüngster Zeit

  • mehr Männer

  • geringere Pflegestufen

  • Unzufriedenheit mit anderen Organisationen und selbständige Organisation der Assistenzleistungen weniger wichtigere Motive

  • neben körperlichen Beeinträchtigungen kommen weitere Beeinträchtigungen hinzu

Die Versorgungslage lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass die Persönliche Assistenz bereits beachtenswerte Anteile von rund 4 bzw. 5% in der Pflegestufe 5 und 6 besitzt. Aber auch hier bestehen noch Potentiale. Weniger erreicht werden derzeit auf der einen Seite Personen mit geringerem Pflegebedarf und auf der anderen Seite Personen mit höherem Pflegebedarf. In der letzten Gruppe stellt der Selbstbehalt häufig eine finanzielle Barriere dar.

Regional ist positiv anzumerken, dass die persönliche Assistenz in jedem politischen Bezirk und in den unterschiedlichen Gemeindetypen tätig ist. Allerdings sind Braunau, Schärding sowie Wels und Wels-Umgebung und Freistadt unterrepräsentiert.

Ebenfalls weniger erreicht werden derzeit Personen mit vorübergehendem Pflegebedarf. Ob diese Zielgruppe angesprochen werden soll, wurde im Arbeitskreis unterschiedlich beurteilt.

Bezüglich der soziodemographischen Struktur ist der geringe Anteil der männlichen Assistenten auffallend. Ein geringer Männeranteil ist zwar für Sozial- und Pflegeberuf typisch. Dennoch ist die Situation unbefriedigend, zumal es sich um körperlich anstrengende Tätigkeiten handelt. Auftraggeber/innen muss beim Aufstehen, beim Überwinden von Barrieren usw. geholfen werden. Ein höherer Männeranteil ist daher wünschenswert.

Betrachtet man die Motive, so lassen sich bei den Auftraggeber/innen zwei zentrale Motivgruppen erkennen: Zum einen Motive, die mit der Selbstbestimmung und Selbstständigkeit im engen Zusammenhang stehen, zum anderen die Entlastung der Familie. Das letzte Motiv ist vor dem Hintergrund der Tatsache zu sehen, dass vielfach Familienangehörige Unterstützung leisten. Dies führt zum einen zu Überlastungen der betreuenden Familienangehörigen, zum anderen entstehen Abhängigkeiten, die durch die persönliche Assistenz vermieden werden können.

Die Frage, ob Verwandte wie in Schweden persönliche Assistenz ausüben sollen, wurde im Arbeitskreis kontrovers diskutiert. Zum einen wurde die Notwendigkeit einer finanziellen und versicherungsrechtlichen Absicherung der pflegenden Angehörigen gesehen, zum anderen die Gefahr der Entstehung von Abhängigkeitsverhältnissen. Beiden Ansprüchen - der Absicherung und der Unabhängigkeit - könnte z.B. eine Angehörigenassistenz Rechnung tragen.

Die Persönliche Assistenz vermeidet in 40% der Fälle auch eine Heimunterbringung. Dies ist insbesondere dort der Fall, wo Mehrfachbeeinträchtigungen und ein höherer Pflegebedarf vorliegen, die betreuende Familienangehörige überfordern. Entlastung der Familienangehörigen stellt daher für diese Gruppe ein wichtiges Motiv dar, ergänzt durch die Vielfalt der Tätigkeiten der Assistenzbeziehungen und den Umfang der möglichen Assistenzstunden.

Auf Seiten der Assistent/innen erfüllt die persönliche Assistenz unterschiedliche Funktionen. Sie ermöglicht eine Tätigkeit im Sozialbereich, bietet Flexibilität, einen guten Zuverdienst und lässt sich mit Familienaufgaben oder einer Ausbildung gut vereinbaren.

Analysiert man die zeitlichen Veränderungen so lässt sich auf Seiten der Auftraggeber/innen eine schrittweise Ausweitung des Kreises der Auftraggeber/innen beobachten. In jüngster Zeit nutzen verstärkt Männer, Personen mit geringerem Pflegebedarf und zusätzlichen Beeinträchtigungen die persönliche Assistenz als Auftraggeber/innen.

Bei den Assistent/innen lässt sich eine Verjüngung feststellen, die damit einhergeht, dass Flexibilität, aber auch die Hilfe für andere als Motive an Bedeutung gewinnen. Die Persönliche Assistenz lässt sich leicht mit einer Ausbildung vereinbaren, was ein weiteres wichtiges Motiv darstellt. Zugleich spielen häufiger persönliche Empfehlungen anderer Assistent/innen eine wichtigere Rolle beim Zugang zur Persönlichen Assistenz. Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn sich jüngere, sozial engagierte und flexible Menschen für die Persönliche Assistenz interessieren. Allerdings ergeben sich dadurch auch spezifische Konfliktpotentiale - wie sich später zeigen wird. Zum einen fällt es jüngeren Assistent/innen schwerer (siehe Abschnitt 3.2), sich von ihren Auftraggeber/innen persönlich abzugrenzen bzw. erwarten Auftraggeber/innen bei jüngeren Assistent/innen eine größere Flexibilität und Verfügbarkeit. Vermutlich deshalb, da diese aus der Sicht der Auftraggeber/innen ja noch keine Betreuungspflichten gegenüber anderen haben. Zum anderen ist die Fluktuation bei jüngeren Assistent/innen höher, was zu häufigerem Wechsel in der Assistenzbeziehung führt, die sofern sich nicht adäquat vorbereitet werden mit Belastungen verbunden sind.

3.2 Bedingungen für eine erfolgreiche Assistenzsituation und Einschätzung des Konzepts

Im folgenden Abschnitt werden die Bedingungen für eine erfolgreiche Assistenzsituation analysiert und die Einschätzung des Konzepts der Persönlichen Assistenz dargelegt.

3.2.1 Wichtigkeit der Bedingungen

Welche Bedingungen erachten Assistent/innen und Auftraggeber/innen als wichtig für eine erfolgreiche Assistenzsituation? Mittels 21 Items wurden Bedingungen hinsichtlich der Organisation der Assistenzsituation, der Beziehung zwischen Assistent/innen und Auftraggeber/innen sowie hinsichtlich der Beziehung zur Persönlichen Assistenz GmbH untersucht.

Die Befragten konnten die Frage nach der Wichtigkeit der einzelnen Bedingungen mit "sehr wichtig", "wichtig", "weniger wichtig" bzw. "unwichtig" beantworten.

Als sehr wichtig für eine erfolgreiche Assistenzsituation erachten die befragten Assistent/innen:

 

sehr wichtig (in %)

Respektvoller Umgang in der Assistenz-Beziehung (a)[a]

89%

Gute Beziehung zwischen Assistent/innen und Auftraggeber/innen (a)

80%

Akzeptanz persönlicher Grenzen (a)

80%

Korrekte Abrechnung durch Persönliche Assistenz GmbH (a)

72%

Gesicherte Arbeitsverhältnisse der Assistent/innen (a)

61%

Wahrung des eigenen Privatbereichs (a)

57%

Positive Konfliktbewältigung in der Assistenzbeziehung (a)

55%

[a] (a) bedeutet: Item kam sowohl im Fragebogen der Assistent/innen als auch in dem der Auftraggeber/innen vor.

Es folgen in der Wichtigkeit:

 

Klare Beschreibung der Assistenzleistungen d. Persönliche Assistenz GmbH (a)

54%

Unterstützung durch Persönliche Assistenz GmbH (a)

53%

Anerkennung der Arbeit der Assistent/innen durch die Auftraggeber/innen (b)[a]

49%

Genaue Anleitung der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen (a)

47%

Problemlose Vermittlung von Assistent/innen d. Persönliche Assistenz GmbH (a)

45%

Klare Führungs- und Verantwortungsstruktur in der Assistenzbeziehung (a)

40%

Auswahl der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen (a)

40%

Interessensvertretung für Assistent/innen in der Persönlichen Assistenz GmbH (b)

37%

Erreichbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen (a)

36%

Urlaubs-/Krankenstandsvertretung für Assistent/innen (a)

34%

Supervision für Assistent/innen (b)

31%

Zeitliche Verfügbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen (a)

28%

Einfühlungsvermögen der Auftraggeber/innen (b)

27%

Vernetzungsmöglichkeiten für Assistent/innen (b)

21%

[a] (b) bedeutet: Item kam nur im Fragebogen der Assistent/innen vor.

Als weniger wichtig oder sogar unwichtig werden keine der oben genannten Bedingungen bewertet. Die Anteile von sehr wichtig und wichtig liegen für alle genannten Bedingungen über 80%. Ausnahmen bilden folgende zwei Items: Supervision für Assistent/innen (sehr wichtig + wichtig = 70%) und Vernetzungsmöglichkeiten für Assistent/innen (63%).

Im Vergleich dazu sehen Auftraggeber/innen folgende Bedingungen als sehr wichtig für den Erfolg der Assistenz an:

 

sehr wichtig (in %)

Gute Beziehung zwischen Assistent/innen und Auftraggeber/innen (a)

86%

Auswahl der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen (a)

77%

Respektvoller Umgang in der Assistenzbeziehung (a)

76%

Korrekte Abrechnung durch Persönliche Assistenz GmbH (a)

75%

Kurze Wartezeit auf Bewilligung von Assistenzleistungen (c)[a]

68%

Akzeptanz persönlicher Grenzen (a)

63%

Erreichbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen (a)

61%

Problemlose Vermittlung von Assistent/innen d. Persönliche Assistenz GmbH (a)

61%

Wahrung des eigenen Privatbereichs (a)

61%

Einfühlungsvermögen der Assistent/innen (c)

58%

[a] (c) Item kam nur im Fragebogen der Auftraggeber/innen vor.

Es folgen in der Wichtigkeit:

Zeitliche Verfügbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen (a)

55%

Positive Konfliktbewältigung in der Assistenzbeziehung (a)

53%

Genaue Anleitung der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen (a)

47%

Unterstützung durch Persönliche Assistenz GmbH (a)

46%

Gesicherte Arbeitsverhältnisse der Assistent/innen (a)

48%

Klare Führungs- und Verantwortungsstruktur in der Assistenzbeziehung (a)

45%

Klare Beschreibung der Assistenzleistungen d. Persönliche Assistenz GmbH (a)

41%

Interessensvertretung für Auftraggeber/innen in der Persönl. Assistenz GmbH (c)

33%

Urlaubs-/Krankenstandsvertretung für Assistent/innen (a)

30%

Supervision für Auftraggeber/innen (c)

18%

Vernetzungsmöglichkeiten für Auftraggeber/innen (c)

18%

Auch bei den Auftraggeber/innen liegen die Anteile von sehr wichtig und wichtig für beinahe alle Bedingungen über 80%. Ausnahmen bilden folgende vier Items: Klare Beschreibung der Assistenzleistungen durch Persönliche Assistenz GmbH (sehr wichtig + wichtig = 77%), Urlaubs-/Krankenstandsvertretung für Assistent/innen (76%), Supervision für Auftraggeber/innen (62%) und Vernetzungsmöglichkeiten für Auftraggeber/innen (57%).

In einem weiteren Analyseschritt wird untersucht, inwieweit sich Assistent/innen und Auftraggeber/innen hinsichtlich der Wichtigkeit der Bedingungen unterscheiden. Oder anders gefragt, schätzen Assistent/innen die einzelnen Bedingungen für eine erfolgreiche Assistenzsituation als ebenso wichtig ein wie Auftraggeber/innen dies tun? Verglichen konnten dabei jene Bedingungen werden, die sowohl im Assistent/innen- als auch im Auftraggeber/innenfragebogen vorkamen[25]. Es sind dies 16 der insgesamt 21 "Bedingungs-Items".

Der Mittelwertsvergleich zeigt, dass Assistent/innen die Wichtigkeit folgender Bedingungen signifikant höher einschätzen als Auftraggeber/innen dies tun (siehe Abbildung 23):

  • Respektvoller Umgang in der Assistenzbeziehung

  • Akzeptanz persönlicher Grenzen

  • Positive Konfliktbewältigung in der Assistenzbeziehung

  • Gesicherte Arbeitsverhältnisse der Assistent/innen

  • Klare Beschreibung der Assistenzleistungen durch Persönliche Assistenz GmbH

Umgekehrt schätzen Auftraggeber/innen die Wichtigkeit folgender Bedingungen deutlich höher ein als Assistent/innen:

  • Auswahl der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen

  • Zeitliche Verfügbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen

  • Erreichbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen

  • Problemlose Vermittlung von Assistent/innen durch Persönliche Assistenz GmbH

Bei den restlichen Bedingungen sind sich Assistent/innen und Auftraggeber/innen einig, d.h. sie schätzen die Wichtigkeit in etwa gleich ein. So wird beispielsweise die gute Beziehung zwischen Assistent/innen und Auftraggeber/innen von beiden Befragungsgruppen als gleich wichtig erachten.

Die Unterschiede deuten auf mögliche Konfliktlinien hin. Auf Seiten der Assistent/innen ist dies der Wunsch nach Abgrenzung zu Auftraggeber/innen, auf Seiten der Auftraggeber/innen der Wunsch von (jederzeit) verfügbaren Assistenzleistungen. Hinsichtlich der Persönlichen Assistenz GmbH werden klare Arbeitsleistungen, sichere Arbeitsverhältnisse und eine problemlose Vermittlung erwartet. Insgesamt ist das Konfliktpotential zwischen Auftraggeber/innen und Assistent/innen größer als jenes der beiden Gruppen zur Persönlichen Assistenz GmbH. Dies ist verständlich, da die Kontakte mit der Persönlichen Assistenz GmbH deutlich geringer sind.

Abbildung 23: Wichtige Bedingungen nach Assistent/innen und Auftraggeber/innen

3.2.2 Erfüllungsgrad der Bedingungen

Weiters wurde der Erfüllungsgrad der Bedingungen für eine erfolgreiche Assistenzsituation erhoben. Die Befragten konnten die Items, deren Wichtigkeit sie zuvor bewertet hatten, im nächsten Abschnitt des Fragebogens mit "sehr erfüllt", "erfüllt", "weniger erfüllt" bzw. " nicht erfüllt" beantworten.

Der folgende Mittelwertsvergleich macht deutlich, inwieweit Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen den Erfüllungsgrad der jeweiligen Bedingungen als gleich oder unterschiedlich einschätzen. Oder anders gefragt: Schätzen Assistent/innen die einzelnen Bedingungen für eine erfolgreiche Assistenzsituation als ebenso erfüllt ein wie Auftraggeber/innen dies tun? Dazu konnten wiederum jene 16 Items, die im Assistent/innen- bzw. Auftraggeber/innenfragebogen identisch waren, verglichen werden. Abbildung 25 ist zu entnehmen, dass Assistent/innen den Erfüllungsgrad folgender Bedingungen signifikant niedriger einschätzen als Auftraggeber/innen dies tun:

  • Gute Beziehung zwischen Assistent/innen und Auftraggeber/innen

  • Akzeptanz persönlicher Grenzen

  • Wahrung des eigenen Privatbereichs

  • Positive Konfliktbewältigung in der Assistenzbeziehung

  • Auswahl der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen

  • Klare Führungs- und Verantwortungsstruktur in der Assistenzbeziehung

  • Gesicherte Arbeitsverhältnisse der Assistent/innen

Bei allen anderen Bedingungen wird der Erfüllungsgrad von Assistent/innen und Auftraggeber/innen in etwa gleich eingeschätzt, d.h. keine oder nur geringe Unterschiede. Eine Ausnahme stellt die korrekte Abrechnung durch die Persönliche Assistenz GmbH dar: Nach Angaben der befragten Assistent/innen ist diese Bedingung für sie signifikant höher erfüllt als für Auftraggeber/innen (siehe Tabelle 13 im Anhang).

Abbildung 24: Erfüllte Bedingungen nach Assistent/innen und Auftraggeber/innen

3.2.3 Vergleich zwischen Wichtigkeit und Erfüllungsgrad der Bedingungen

Die beiden letzten Abschnitte haben gezeigt, wie Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen Wichtigkeit und Erfüllungsgrad der einzelnen Bedingungen einschätzen. Im Hinblick auf den konkreten Handlungsbedarf wird im folgenden Abschnitt der Unterschied zwischen Wichtigkeit und Erfüllungsgrad der einzelnen Bedingungen erhoben. Im Idealfall entspricht der jeweiligen Erfüllungsgrad der Wichtigkeit, d.h. sehr wichtige Bedingungen sind in hohem Ausmaß erfüllt bzw. "eher unwichtige" Bedingungen "müssen" auch nicht überaus hoch erfüllt sein.

Um die grafische Darstellung der 21 "Bedingungs-Items" übersichtlich zu gestalten, wurden diese in zwei Gruppen geteilt:

  • Bedingungen hinsichtlich der Beziehung zwischen Assistent/innen und Auftraggeber/innen (12 Items)[26]

  • Bedingungen hinsichtlich der Beziehung zur Persönliche Assistenz GmbH (9 Items)

Für jedes Item wurde die Differenz:

D=Erfüllt - Wichtig

berechnet. D ist gleich 0, wenn der Erfüllungsgrad mit der Wichtigkeit perfekt übereinstimmt. Dies ist die Idealsituation. Ein Wert größer 0 bedeutet, dass Übererfüllung vorliegt und ist unproblematisch. Der Bereich ist weniger wichtig, aber erfüllt. Problematisch sind negative Werte. Sie bedeuten, dass der erfasste Aspekt wichtig, aber nicht erfüllt ist.

Abbildung 25 macht deutlich, dass Assistent/innen ihre Erreichbarkeit, Auswahl, zeitliche Verfügbarkeit sowie Einfühlungsvermögen und Anleitung der Auftraggeber/innen als erfüllt oder sogar als geringfügig "übererfüllt" im Vergleich zur Wichtigkeit betrachten. Oder anders gesagt: Erfüllungsgrad und Wichtigkeit stimmen bei diesen fünf Bedingungen überein. Auch für die Bedingung "Anerkennung durch Auftraggeber/innen" gilt diese Aussage. Signifikante Unterschiede zwischen Wichtigkeit und Erfüllungsgrad - und damit konkreten Handlungsbedarf - gibt es hingegen bei den folgenden Bedingungen:

  • Klare Führungs- und Verantwortungsstruktur

  • Wahrung des eigenen Privatbereichs

  • Positive Konfliktbewältigung

  • Gute Beziehung zwischen Assistent/innen und Auftraggeber/innen

  • Respektvoller Umgang in der Assistenzbeziehung

  • Akzeptanz persönlicher Grenzen

Bei diesen sechs Items hinkt der Erfüllungsgrad der Wichtigkeit hinterher. Sie enthalten alle Aspekte, die bereits in 3.2.1 als latentes Konfliktpotential identifiziert wurden. Allerdings sind weitere hinzugekommen.

Abbildung 25: Unterschied zwischen Wichtigkeit und Erfüllungsgrad der Bedingungen hinsichtlich der Assistenzbeziehung nach Assistent/innen

Wie beurteilen Auftraggeber/innen diese "Beziehungsitems" bzw. welche Unterschiede zwischen Wichtigkeit und Erfüllungsgrad können festgestellt werden? Abbildung 26 zeigt bereits im Überblick, dass insgesamt bei Auftraggeber/innen die Differenzen zwischen Wichtigkeit und Erfüllungsgrad geringer ausfallen als bei Assistent/innen. Signifikante Unterschiede bestehen hinsichtlich des respektvollen Umgangs, der Auswahl und Erreichbarkeit der Assistent/innen sowie hinsichtlich der guten Beziehung. Dies bedeutet, dass der Erfüllungsgrad dieser vier Bedingungen hinter der jeweiligen Wichtigkeit nachhinkt. Geringfügige Unterschiede zeigen sich hinsichtlich der zeitlichen Verfügbarkeit der Assistent/innen und der Akzeptanz persönlicher Grenzen. Im "positiven" Bereich - d.h. in Übereinstimmung zwischen Wichtigkeit und Erfüllungsgrad - befinden sich nach Angaben der befragten Auftraggeber/innen folgende Bedingungen: Positive Konfliktbewältigung, Einfühlungsvermögen des Assistent/innen, Wahrung des eigenen Privatbereichs, genaue Anleitung und klare Führungs- und Verantwortungsstruktur. Insgesamt besteht für Assistent/innen hinsichtlich der Beziehung zu ihren Auftraggeber/innen höherer Handlungsbedarf als für Auftraggeber/innen.

Abbildung 26: Unterschied zwischen Wichtigkeit und Erfüllungsgrad der Bedingungen hinsichtlich der Assistenzbeziehung nach Auftraggeber/innen

Wiederum enthält die Liste der nicht erfüllten Aspekte jene, die in Abschnitt 3.2.1 als latente Konfliktlinien bezeichnet wurden. Diese bezogen sich primär auf die Arbeitsorganisation. Hinzukommen allerdings Beziehungsaspekte.

Bei den Assistent/innen wurde für jeden/ jede Auftraggeber/in ein Gesamtindex berechnet. Werte größer 0 bedeuten ein Übererfüllung, Werte kleiner 0 eine Untererfüllung. (siehe Abschnitt 3.2.4)

Wie gestalten sich die Unterschiede zwischen Wichtigkeit und Erfüllungsgrad bei jenen Bedingungen, die für die Beziehung zur Persönlichen Assistenz GmbH relevant sind? Abbildung 27 verdeutlicht, dass für Assistent/innen Wichtigkeit und Erfüllungsgrad bei Supervision, korrekter Abrechnung, Vernetzung und Interessensvertretung übereinstimmen. Dies gilt auch noch für die Unterstützung durch die Persönliche Assistenz GmbH. Signifikante Unterschiede gibt es hingegen bei folgenden vier Items: Problemlose Vermittlung von Assistent/innen, klare Beschreibung der Assistenzleistungen durch die Persönliche Assistenz GmbH, Urlaubs- und Krankenstandsvertretung sowie gesicherte Arbeitsverhältnisse der Assistent/innen. Besonders weit klaffen Wichtigkeit und Erfüllungsgrad bei den beiden letzten Bedingungen auseinander.

Abbildung 27: Unterschied zwischen Wichtigkeit und Erfüllungsgrad der Bedingungen hinsichtlich der Persönlichen Assistenz GmbH nach Assistent/innen

Die Untersuchungsergebnisse liefern somit einen klaren Handlungsauftrag an die Persönliche Assistenz GmbH. Hinsichtlich der Urlaubs- und Krankstandsvertretung wurden von Seiten der Persönlichen Assistenz GmbH bereits Versuche gestartet, diese zur regeln. Bis dato gibt es aber noch kein umfassendes zufrieden stellendes Modell. Nach Angaben der Arbeitskreismitglieder werden für Vertretungszwecke informelle Austauschnetze gebildet.

Noch größere Unterschiede zeigen sich bei Auftraggeber/innen (Abbildung 28) hinsichtlich der kurzen Wartezeit auf die Bewilligung von Assistenzleistungen. Bei dieser Bedingung hinkt - insgesamt betrachtet - der Erfüllungsgrad der Wichtigkeit am weitesten hinterher. Signifikante Unterschiede - wenn auch nicht im selben Ausmaß - zeigen sich bei Vermittlung, Urlaubs- und Krankenstandsvertretung und gesicherten Arbeitsverhältnissen der Assistent/innen. Bei allen anderen Bedingungen stimmen Erfüllungsgrad und Wichtigkeit in etwa überein, wobei aber auffällt, dass bei Auftraggeber/innen nur eine Bedingung (=Klare Beschreibung der Assistenzleistungen durch die Persönliche Assistenz GmbH) im "positiven" Bereich liegt. Bei Assistent/innen sind es hingegen vier Bedingungen (siehe nochmals Abbildung 27).

Abbildung 28: Unterschied zwischen Wichtigkeit und Erfüllungsgrad der Bedingungen hinsichtlich der Persönlichen Assistenz GmbH nach Auftraggeber/innen

Auch bezüglich der Auftraggeber/innen ergibt sich somit ein klarer Handlungsbedarf.

Die Aussagen von Auftraggeber/innen bzw. Assistent/innen aus den qualitativen Interviews zeigen analoge Ergebnisse zur quantitativen Befragung. Nachfolgend sind einzelne Antworten zu den Erwartungen (=Bedingungen für eine erfolgreiche Assistenzsituation) beider Personengruppen exemplarisch dargestellt.

Auftraggeber/innen:

"Ja, dass man .. na, einfach dass man genau über alles reden kann, wo man, dass einfach die Chemie passt, dass man über alles reden kann, wo man Probleme hat oder, oder wo man sie eben dringender braucht und wo nicht, ja und ja, dass sie einfach immer die Zeiten und das einhält, pünktlich, und dass man einfach auch Vertrauen hat an die Person, ja, das ist dann. [...] Für mich sind sie [Erwartungen] erfüllt, ja." (Auftraggeber/in, B2, 75:80)

"Ja was sie [Auftraggeber/innen] sich absolut erwarten können, das ist, dass die Assistent/innen wirklich auf die Wünsche [...] Bedürfnisse der Auftraggeber eingehen. Dass sie wirklich das einfach alles, ja doch als Auftraggeber/innen-Assistentenbeziehung verstehen, aber jetzt nicht in einem unbedingt im Sinne das ist der Sklave von mir, sondern halt im Sinne [...] so brauch ich es um selbstbestimmt leben zu können. Und natürlich was sie sich auch erwarten können ist eine gewisse, eine gewisse Erreichbarkeit, ja." [...] Sie [Bedingungen] sind schon sehr gut erfüllt. Also bis auf das dass ich ab und zu meine/n Assistent/in schwer erreich am Telefon. [...]" (Auftraggeber/in, Q2, 248:263)

"Gutes Zusammenspiel, dass man sich gut versteht, und das wär's." (Auftraggeber/in, A2, 97)

Assistent/innen:

"Ja, dass man respektiert wird. (lacht) Also wenn man jetzt einmal sagt, nein das möchte ich nicht machen, dass das akzeptiert wird. Nicht dass jetzt sofort verlangt wird okay du bist jetzt da, und das machst du jetzt, das hast du [Assistent/in] zu machen. Aber ich meine ich hab da kein Problem damit. Ja, einfach das sie [Auftraggeber/innen] einen Respekt haben. Ja genau. Also ich muss sagen für mich passt das, vollkommen." (Assistent/in, O1, 70:79)

"Ja, ich erwart mir eigentlich genau das gleiche, ich sag immer, so wie ich mit dem Gegenüber umgehe so möchte ich auch, dass er mit mir umgeht, sonst erwarte ich mir eigentlich gar nichts, einfach .. einen gewissen Respekt, denk ich mir, eine respektvolles Miteinander umgehen, Freundlichkeit, dass das einfach hinhaut, Ehrlichkeit ist mir auch ganz wichtig." (Assistent/in, C1, 68:77)

"Erstens mal, dass sie [Auftraggeber/innen] wissen, was sie wollen, dass ich für sie nicht Entscheidungen treffen muss, was ja auch oft vorkommt, was soll ich jetzt tun, soll ich das jetzt tun oder das, dann sag ich, ja ich kann nur meine Meinung sagen, aber ich kann es nicht entscheiden, das musst du [Auftraggeber/in] schon selber tun. [...] Ich erwarte mir einfach, dass ich, ich meine das horcht sich jetzt komisch an, dass ich gerecht behandelt werde, weil man kann ja auch nichts dafür für manche Sachen, natürlich hat jeder mal einen schlechten Tag, aber man möchte trotzdem nicht, dass das an einem ausgelassen wird, was es schon auch gibt. Ich hab den Wunsch, dass mir der/die Auftraggeber/in alles ehrlich und gleich sagt, was sie stört, dass man einfach immer gleich direkt das anspricht, wenn es ein Problem gibt und umgekehrt eben auch, dass ich einfach auch alles sagen kann, was ich, was mir eben am Herzen liegt. [...] Dass sie [Auftraggeber/innen] ehrlich ist, das sie freundlich und gerecht ist halt, und gewisse Sachen wie Pünktlichkeit erwartet man sich schon vom Auftraggeber auch [...] die [Bedingungen] sind erfüllt, manchmal passt mir was nicht, dann sag ich es gleich [...] Und Verständnis erwartet man sich auch von Auftraggeber/in und er/sie sich natürlich auch von mir, das beruht so auf Gegenseitigkeit, dass man einfach Verständnis hat, dass man gewisse Dinge vielleicht nicht so gut kann [...]." (Assistent/in, D1, 154:178)

"Naja, idealistisch gesehen erwartet man natürlich, dass die [Auftraggeber/innen] die Grenzen auch sehen, dass sie nicht die Grenze dauernd überschreiten, dass im Privatbereich reingeht von Assistenten, aber das sind Idealvorstellungen, die in der Praxis nicht funktionieren, und das erfordert natürlich persönliche Reife auch von den Auftraggeber/innen, die man nicht fordern kann. Auch von den Assistent/innen her .. es wäre auch der Anspruch, große persönliche Reife da, dass man den Konflikt an Ort und Stelle dauernd löst, der da auftritt durch die enge Zusammenarbeit und das ist natürlich, das ist sehr schwierig, muss man sagen."[...] ( Assistent/in, G1,157:163)

3.2.4 Vertiefende Analyse nicht erfüllter Erwartungen und Ansprüche

Für die weitere Analyse wurde für jede Person ein Index berechnet, der angibt, wie gut die für wichtig gehaltenen Bedingungen auch erfüllt sind. Der Index variiert zwischen -3 und +3. Ein Wert von "-3" bedeutet, dass alle Bedingungen sehr wichtig, aber nicht erfüllt sind. Dies stellt eine extrem ungünstige Situation dar. Ein Wert von "+3" bedeutet, dass alle Bedingungen unwichtig, aber sehr erfüllt sind. Es liegt Übererfüllung vor und es könnte überlegt werden, diesen Bereich etwas reduzieren - allerdings mit der Gefahr, dass er dann an Bedeutung gewinnen würde und nicht mehr erfüllt wäre.

Für Assistent/innen und Auftraggeber/innen wurden jeweils zwei Indizes berechnet. Ein Index für die Assistenzbeziehung (Beziehung zum/zur Auftraggeber/in bzw. zum/zur Assistent/in) und ein Index für die Beziehung zu Persönlichen Assistenz GmbH.

Die Werte streuen bei beiden Indizes sehr breit. Die Extremwerte sind aber nicht anzutreffen. In beiden Verteilungen lassen sich drei Gruppen feststellen. Eine Gruppe, bei der die Bedingungen nicht erfüllt sind, eine Gruppe nahe bei Null, bei der die Bedingungen erfüllt sind, und eine weitere Gruppe, bei der die Bedingungen übererfüllt sind. Diese große Spannbreite zeigt sich auch in einer zusammenfassenden Betrachtung (siehe Anhang Tabelle 11). Für die Differenz "Erfüllt - Wichtigkeit" ergibt sich im Durchschnitt ein Wert nahe bei Null. Dieser entspricht dem Ideal und bedeutet, dass im Durchschnitt die Bedingungen entsprechend ihrer Wichtigkeit erfüllt sind. Bei ca. 20 bzw. 27% treten mittlere Defizite in der Erfüllung der Erwartungen in der Beziehung zu den Auftraggeber/innen bzw. zur Persönlichen Assistenz GmbH auf, bei 11 bzw. 13% in einem größeren Ausmaß.

Die Assistent/innen, bei denen die Erwartungen in der Assistenzbeziehung zumindest in einem mittleren Ausmaß nicht erfüllt sind (Schwellenwert -0,33), sind durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

  • Sie sind jünger (r=0,12),

  • haben keine Kinder (r=-0,13)

  • leben in der Herkunftsfamilie (r=0,13)

  • haben weitere Jobs (r=0,20)

  • üben die Tätigkeit häufiger als Zuverdienst aus (r=0,14)

  • wurden weniger häufig von Auftraggeber/innen (r=-0,11) angesprochen

  • berichten weniger häufig von positiven Erfahrungen anderer Assistent/innen als Motiv (r=-0,12) und

  • betreuen mehrere Auftraggeber/innen (r=0,18)

Offensichtlich gelingt es jüngeren Personen, die keine Kinder haben und in der Herkunftsfamilie leben, schwerer, sich zeitlich und persönlich abzugrenzen. Und/oder Auftraggeber/innen akzeptieren unter diesen Bedingungen schwerer Grenzziehungen, da ihrer Meinung nach der/die Assistent/in noch ungebunden und ohne andere Betreuungspflichten sind. Bei Kindern werden Grenzziehungen von den Auftraggebern eher akzeptiert bzw. auch von Assistent/innen vorgenommen.

Dass Differenzen häufiger auftreten, wenn die Persönliche Assistenz als Zuverdienst neben anderen Tätigkeiten ausgeübt wird, lässt sich dadurch erklären, dass unter diesen Rahmenbedingungen zeitliche und persönliche Abgrenzung wichtiger werden, aber schwerer zu erfüllen sind. Dies gilt vermutlich auch, wenn mehrere Auftraggeber/innen betreut werden.

Assistent/innen, bei denen die Erwartungen an die Persönliche Assistenz GmbH mindestens in einem mittleren Ausmaß nicht erfüllt sind (Schwellenwert -0,33), lassen sich nur durch wenige Merkmale charakterisieren:

  • Sie betreuen häufiger mehrere Auftraggeber/innen (r=0,18)

  • Arbeiten im Sozialbereich ist für sie weniger häufig ein Motiv (r=-0,13)

Sozialstrukturelle Unterschiede nach Alter, Geschlecht, Kinderzahl usw. lassen sich nicht finden, so dass die Ursachen in anderen Bereichen zu suchen ist. Zwischen Problemen in der Assistenzbeziehung und in der Beziehung zur Persönlichen Assistenz GmbH besteht ein positiver Zusammenhang. Werden die Erwartungen in der Assistenzbeziehung nicht erfüllt, wird erwartet, dass die GmbH regulierend eingreift, was aber aus der Sicht der Betroffenen nicht ausreichend gelingt.

Aus den hier vorliegenden Ergebnissen und den Befunden aus 3.2.3 lassen sich folgende Handlungsempfehlungen ableiten:

  • In Informationsgesprächen und in der Ausbildung der Assistent/innen sollten verstärkt die zeitliche und persönliche Abgrenzung, arbeitsorganisatorische Aspekte (Sicherheit der Beschäftigung, Urlaubs-/Krankstandsregelung), die Inhalte der Tätigkeit und die Belastungen dabei auftretenden angesprochen werden.

  • Besonders wichtig ist dies bei jungen Assistent/innen, für die die Assistenztätigkeit eine Zusatzverdienstmöglichkeit darstellt und neben anderen Tätigkeiten ausgeübt wird.

  • Die Thematisierung dieser Aspekte erscheint umso wichtiger, da in jüngster Zeit häufiger jüngere Assistent/innen die Tätigkeit aufnehmen (siehe Abschnitt 3.1.11).

  • Die genannten Themen sollten auch bei Informationsgesprächen und Ausbildungen der Auftraggeber/innen zum Gegenstand gemacht werden, da die Ursachen für die Nichterfüllung sowohl bei den Assistent/innen als auch bei den Auftraggeber/innen liegen kann.

  • In Zukunft könnte auch verstärkt darauf geachtet werden, dass altersmäßig ältere Assistent/innen mit Erfahrungen in der Kindererziehung aufgenommen werden.

  • Belastungen und Koordinationsprobleme durch eine zu große Zahl an Auftraggeber/innen sind zu vermeiden.

Wie bei den Assistent/innen wurden auch bei den Auftraggeber/innen zwei Indizes berechnet, ein Index für die Beziehung zu den Assistent/innen und ein Index für die Beziehung zur Persönlichen Assistenz GmbH.

Wiederum lässt sich eine breite Streuung beobachten. Auch mehre Gruppen sind erkennbar, allerdings dominiert im Unterschied zu den Assistent/innen die Gruppe mit einer Differenz von 0, bei der also Erwartungen und Realisierungsgrad gut übereinstimmen. Bei ca. 15% bzw. 23% sind die Erwartungen in einem mittleren Ausmaß nicht erfüllt, bei 10 bzw. 12% in einem bereits größeren Ausmaß (siehe Anhang Tabelle 11).

Auftraggeber/innen, bei denen die Erwartungen in der Assistenzbeziehung nicht erfüllt sind (Schwellenwert -0,33), sind durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

  • die Assistenzbeziehung dauert bereits länger (r=0,25)

  • der/die Auftraggeber/in lebt häufiger alleine (r=0,12)

  • die Auftraggeberin ist weiblich (r=0,23)

  • hat Kinder (r=0,18)

  • eine höhere Bildung (r=0,11)

  • eine höhere Pflegegeldeinstufung (r=0,10)

  • die Beeinträchtigung ist fortschreitend (r=0,16)

  • Selbständigkeit (r=0,19) und Unzufriedenheit mit anderen Organisationen (r=0,27) sind wichtigere Motive für die Wahl der Persönlichen Assistenz

  • die Assistenzstunden sind nicht ausreichend (r=0,11)

Bei den Auftraggeber/innen hängt das Auftreten von Defiziten in der Erfüllung ihrer Erwartungen von einer fortschreitenden Behinderung, die zu einem höherem Pflegebedarf führt, der durch die Zahl der Assistenzstunden nicht abgedeckt wird, ab. Hinzukommt Unzufriedenheit mit anderen Organisationen, gleichzeitig ist Selbständigkeit ein wichtiges Motiv.

Fortschreitende Beeinträchtigungen stellen somit eine besondere Herausforderung dar. Der sich daraus ergebende Unterstützungsbedarf wird derzeit nicht ausreichend abgedeckt. Insbesondere dann, wenn die Person alleine lebt und auf keine unmittelbare Entlastung durch die Familie zurückgreifen kann. Da ein beträchtlicher Teil der Auftraggeber/innen alleine lebt (31%) und bei ca. der Hälfte die Beeinträchtigungen fortschreitend sind, ist in Zukunft nach tragfähigen Lösungen zu suchen. Diese könnten sein:

  • Deckelung des Selbstbehalts. Dadurch könnte die Zahl der Stunden erhöht werden.

  • Bessere Koordination mit anderen Organisationen.

  • Thematisierung der fortschreitenden Beeinträchtigung.

  • Einsatz erfahrener (älterer) Assistent/innen. Hier gelingt die Abgrenzung leichter.

Auftraggeber/innen, bei denen die Erwartungen an die Persönliche Assistenz GmbH in einem mittleren oder hohen Ausmaß nicht erfüllt sind, sind durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

  • Sie sind jünger (r=0,23)

  • haben eine geringere Bildung (r=-0,16)

  • sind häufiger erwerbstätig (r=0,27)

  • leben in der Herkunftsfamilie (r=0,22)

  • betrachten häufiger die Assistenzstunden als nicht ausreichend (r=0,47)

  • Unzufriedenheit mit anderen Organisationen ist ein häufigeres Motiv (r=0,20)

  • Entlastung der Familie (r=-0,11), Vielfalt der Tätigkeit (r=-0,11) und die Zahl der Assistenzstunden (r=-0,20) sind dagegen weniger wichtige Motive

Offensichtlich liegen hier teilweise andere Bedingungskonstellationen vor als bei der Diskrepanz in der Assistenzbeziehung. Gemeinsame Klammer sind nicht ausreichende Assistenzstunden. Zur Erinnerung: Die Hauptursache hierfür ist finanzieller Natur. Das maximale Stundenvolumen wird nur von wenigen Auftraggeber/innen ausgeschöpft. Da in dieser Gruppe der Auftraggeber/innen mit nicht ausreichenden Assistenzstunden die Erwerbstätigkeit höher ist, lässt sich vermuten, dass dadurch ein zusätzlicher Betreuungsbedarf entsteht, der weder durch die persönliche Assistenz noch durch die Arbeitsassistenz abgedeckt wird. Als Maßnahmen wären zu überlegen:

  • Wiederum eine Deckelung des Selbstbehalts. Dadurch könnte die Zahl der Stunden erhöht werden.

  • Besondere Berücksichtigung der Erwerbstätigkeit.

  • Bessere Koordination mit der Arbeitsassistenz.

3.2.5 Einschätzung des Konzepts der Persönlichen Assistenz

Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht, dass sowohl Auftraggeber/innen als auch Assistent/innen die unterschiedlichen Bereiche am Konzept der Persönlichen Assistenz insgesamt sehr gut gefallen. Es können jedoch signifikante Unterschiede zwischen den jeweiligen Personengruppen eruiert werden. Auftraggeber/innen gefällt die individuelle Auswahl der Assistent/innen sowie die Einteilung und Organisation der Assistenzleistungen signifikant besser als Assistent/innen. Die beiden "Interessensvertretungen" (siehe Abschnitt 1.4.2) schätzen wiederum Assistent/innen positiver ein als Auftraggeber/innen. Dies ist damit in Zusammenhang zu sehen, dass der Erfüllungsgrad bei Assistent/innen geringer ist und häufiger Diskrepanzen zwischen den eigenen Zielen und der Realität auftreten. Dies verstärkt den Wunsch nach einer Interessensvertretung.

Abbildung 29: Konzept der Persönlichen Assistenz nach Personengruppen

Generell lässt sich festhalten, dass beiden Personengruppen alle Teilaspekte des Konzeptes der Persönlichen Assistenz sehr gut bzw. gut gefallen (siehe Abbildung 30: 1=gefällt sehr gut, 2=gefällt eher gut, 3=gefällt eher nicht, 4= gefällt gar nicht).

Aussagen zum Konzept der Persönlichen Assistenz beider Personengruppen aus den qualitativen Interviews sind nachfolgend exemplarisch angeführt:

"Ja, also was mir besonders gefällt ist die Tatsache, dass ich sage einmal erstens recht unproblematisch möglich ist. Man braucht nicht ständig betteln, man braucht nicht ständig sich am Telefon sich eine Nummer nach der anderen einfallen lassen, und dann frustriert sich wenn dann ein Mensch nach dem anderen absagt. Das ist nämlich dann ungut. Da zweifelt man dann auch oft wie gesagt gerade bei Freundschaft, Bekanntschaft an deren Wert. Das fällt alles weg. Gefällt besonders dass es eine, ich sage eine sichere. Es ist eine Leistung auf die ich einfach rechnen kann. Nicht eine Leistung die ich mir stehts durch irgendwelche Winkel und Klimmzüge erorganisieren muss." (Auftraggeber/in, Q2, 170:176)

"Ja, doch, ich merk, das Konzept taugt mir insofern, weil die Möglichkeit der Entwicklung, also ich seh's insgesamt von der Sozialentwicklung her, dass die Chance besteht, dass man Menschen, die in Heimen und Institutionen sozusagen im System verankert sind, nicht wahrscheinlich für jeden geeignet, aber doch für sehr viele, da rausholen kann mit diesem System, damit sie wirklich ein selbstständigeres Leben führen können, ein unabhängigeres Leben, das ist ja eigentlich die Idee, die ich dahinter seh und was mir eigentlich am besten gefällt." ( Assistent/in, F1, 65:70)

"[...] mir gefällt besonders, dass da ein gewisses Vertrauen da ist, dass da eine Basis da ist, wo man sich einfach gut verstehen kann und dass ich mit den Leuten einfach ihren Tagesablauf gestalten kann, dass ich ihnen helfe, dass sie wirklich das tun können, was sie vorhaben[...] ( Assistent/in, D1, 99:102)

"Ja die Freiheit für beide eigentlich, also die Freiheit vom Auftraggeber zu entscheiden, was möchte er wirklich umsetzen, was möchte er machen und aber auch meine Freiheit, dass ich sagen kann, na das mach ich nicht, also auch das gibt es, wann er z.B., also ich hab momentan keinen Klienten, aber ich hab Fälle gehabt, die wollten in der Nacht sehr viel machen, das hab ich gleich gesagt, das mach ich nicht, eben wenn wir mal ins Kino gehen, keine Frage, aber die wollten, einer wollte speziell nur in Discos gehen, da muss er sich eben jemand anderen suchen, das macht nicht ich z.B., da ist für mich die Grenze."( Assistent/in, F1, 57:63)

In einer weiteren Fragestellung wurde erhoben, inwieweit aus Sicht der Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen das Konzept der Persönlichen Assistenz auch für Menschen mit Lernschwierigkeit (geistige Beeinträchtigung) anwendbar wäre.

Es zeigt sich, dass 65% der Auftraggeber/innen bzw. 78% der Assistent/innen das Konzept auch für Menschen mit Lernschwierigkeiten als sehr gut oder anwendbar sehen (Abbildung 30). 24% der Auftrageber/innen sind der Meinung, dass das Konzept für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung "eher nicht anwendbar" ist und 19% der Assistent/innen meinen dies. Ferner bezeichnen 11% der Auftraggeber/innen und 3% der Assistent/innen das Konzept der Persönlichen Assistenz für Menschen mit Lernschwierigkeiten als "nicht anwendbar".

Abbildung 30: Konzept der Persönlichen Assistenz für Menschen mit Lernschwierigkeiten (geistiger Beeinträchtigung)

Generell lässt sich festhalten, dass die Einschätzung hinsichtlich der Anwendbarkeit des Konzepts für Menschen mit Lernschwierigkeiten signifikant unterschiedlich ist: Assistent/innen schätzen die Anwendbarkeit des Konzepts besser ein als Auftraggeber/innen (t-Wert=3,02***, df=204). Dies ist dadurch erklärbar, dass ein nicht unbeträchtlicher Anteil von Assistent/innen eine Sonder- und Heilpädagogische Ausbildung hat und daher auch Erfahrungen mit dieser Gruppe mitbringt. Aus den Antworten ist daher ableitbar, dass es sich zumindest lohnen könnte, dieses Konzept auch auf Personen mit Lernschwierigkeiten zu übertragen.

3.2.6 Zusammenfassung

Tabelle 4 fasst die wesentlichen Ergebnisse dieses Abschnitts zusammen.

Tabelle 3: Erwartungen an die Persönliche Assistenz und ihre Erfüllung

Assistent/innen

Auftraggeber/innen

   

Erwartungen:

Erwartungen:

  • bzgl. Assistenzbeziehung persönliche Abgrenzung, respektvoller Umgang und gute Beziehungen

  • analog plus zeitliche Verfügbarkeit und gute Erreichbarkeit

  • bzgl. GmbH sichere Arbeitsverhältnisse, korrekte Abrechnung

  • kurze Wartezeit, korrekte Abrechnung

   

Erfüllung:

Erfüllung:

Erwartungen sind allgemein gut erfüllt, Probleme gibt es bzgl. Assistenzbeziehung in

der persönlichen Abgrenzung und in der Konfliktbewältigung

bzgl. GmbH:

gesicherte Arbeitsverhältnisse

Urlaubs- und Krankenstandsregelung

Beschreibung der Inhalte

Erwartungen sind allgemein gut erfüllt, Probleme gibt es bzgl. Assistenzbeziehung in

der zeitlichen Verfügbarkeit der Assistent/innen

bzgl. GmbH:

Wartezeit auf die Bewilligung der Assistenzleistungen

Vermittlung der Assistent/innen

Urlaubs- und Krankenstandsvertretung

   

Probleme treten in Abhängigkeit von einigen sozialstrukturellen Merkmalen und von den Motiven zur Ausübung der Tätigkeit auf.

Probleme treten in Abhängigkeit von sozialstrukturellen Merkmalen und vom Assistenzbedarf auf

   

3.3 Rahmenbedingungen der Assistenzsituation

Dieses Abschnitt beschäftigt sich mit den Rahmenbedingungen der Assistenzsituation. Die Arbeitsorganisation von Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen umfasst die Anzahl an Auftraggeber/innen und Assistent/innen, den Umfang der Assistenzstunden, Alter und Geschlecht der Auftraggeber/innen, Einkommenssituation und arbeitsrechtliche Stellung der Assistent/innen, Erfahrungen der Assistent/innen mit Menschen mit Beeinträchtigung, Erfahrungen der Auftraggeber/innen mit anderen Formen der Unterstützung und Inanspruchnahme von Dienstleistungen anderer Organisationen.

3.3.1 Anzahl der Assistent/innen und Auftraggeber/innen

Die Anzahl an Assistent/innen kann sehr unterschiedlich sein, da der Grad der Beeinträchtigung der Auftraggeber/innen sowie die Anzahl der genehmigten Stunden dafür ausschlaggebend sind.

Die Abbildung 31 zeigt, dass für 37% der befragten Auftraggeber/innen ein/e Assistent/in für die unterschiedlichsten Tätigkeiten zur Verfügung steht. Rund ein Drittel (30%) der Auftraggeber/innen haben zwei Assistent/innen angestellt, 25% drei bis vier Assistent/innen und 7% der Auftraggeber/innen haben fünf bis acht Assistent/innen für ein Selbstbestimmtes Leben zur Verfügung.

Abbildung 31: Anzahl der Assistent/innen pro Auftraggeber/in (n=83) (Mw = 2,2 s = 1,43)

Das Verhältnis Auftraggeber/in zu Assistent/in beträgt insgesamt 1 zu 2,2; d.h. auf einen/ eine Auftraggeber/in kommen 2,2 Assistent/innen.

Die Assistent/innen wurden ebenfalls befragt, für wie viele Auftraggeber/innen sie tätig sind. Die Mehrheit (77%) der befragten Assistent/innen arbeitet für einen Auftraggeber bzw. eine Auftraggeberin, 16% für zwei Auftraggeber/innen. Ein geringer Anteil an Assistent/innen (8%) unterstützt auch drei bis vier Auftraggeber/innen. Im Durchschnitt arbeitet ein/e Assistent/in für 1,3 Auftraggeber/innen.

Abbildung 32: Anzahl der Auftraggeber/innen pro Assistent/in (n=145) (Mw = 1,3 s = 0,7)

3.3.2 Anzahl der Assistenzstunden

Abbildung 33 zeigt die Verteilung der Arbeitsstunden der Assistent/innen. 14% der Assistent/innen arbeiten bis zu 10 Stunden monatlich. 34% zwischen 11 und 20 Stunden, 26% zwischen 21 und 40 Stunden und 19% zwischen 41 und 80 Stunden im Monat. 5% der Assistent/innen sind 81 bis 120 Stunden und 3% 121 bis 160 Stunden für ihre Auftraggeber/innen tätig.

Abbildung 33: Anzahl der monatlichen Assistenzstunden nach Assistent/innen (n=144) (Mw = 34,5 s = 29,6)

Im Durchschnitt arbeiten Assistent/innen pro Monat 34,5 Stunden, dies entspricht einer durchschnittlichen Wochenarbeitzeit von 8 Stunden.[27]

Ein Viertel der Auftraggeber/innen nimmt bis zu 20 Stunden Assistenzleistungen im Monat entgegen (Abbildung 34). Wiederum etwa ein Viertel (26%) der Auftraggeber/innen bekommt zwischen 21 und 40 Stunden bzw. zwischen 41 und 80 Stunden Assistenz im Monat. Jeder/Jede zehnte Auftraggeber/in nimmt 81 bis 120 bzw. 121 bis 160 Stunden in Anspruch. 161 bis 200 Assistenzstunden erhalten 7% der Befragten und 201 bis 250 Stunden 1% der Auftraggeber/innen.

Durchschnittlich werden im Monat von Auftraggeber/innen 65,8 Assistenzstunden bei der Persönliche Assistenz GmbH in Anspruch genommen (15,3 Stunden pro Woche). Der Median liegt bei 45 Stunden, d.h. jeweils die Hälfte der Auftraggeber/innen bekommt weniger bzw. mehr als 45 Assistenzstunden im Monat.

Abbildung 34: Anzahl der monatlichen Assistenzstunden nach Auftraggeber/innen (n=81) (Mw =65,8 s = 55,0)

Für beide Personengruppen lässt sich festhalten, dass die Anzahl der Assistenzstunden (mit s= 29,6 bei Assistent/innen und mit s= 55,0 bei Auftraggeber/innen) eine breite Streuung aufweist.

Laut Angaben der Befragten ist die jeweilige Stundenanzahl für 80% der Auftraggeber/innen ausreichend. Jeder/Jede fünfte Auftraggeber/in berichtet, dass für ihn/sie zusätzliche Stunden erforderlich sind. Diese Auftraggeber/innen (n=15) geben an, im Monat durchschnittlich 30 Stunden[28] mehr für ein selbstbestimmtes Leben zu benötigen. Der Selbstbehalt der Auftraggeber/innen ist hierbei nach Auskunft des Arbeitskreises eine wichtige Hürde. (siehe Abschnitt 3.1.6)

Abbildung 35: Ausreichende Assistenzstunden nach Auftraggeber/innen (n=82)

3.3.3 Einkommen und arbeitsrechtliche Stellung der Assistent/innen

Auf die Frage nach ihrem Einkommen aus der Assistenztätigkeit gibt der überwiegende Teil der Assistent/innen an, zwischen € 101,- und € 500,- im Monat[29] netto zu verdienen (Abbildung 36). 7% der Befragten bekommen durch die Assistenztätigkeit ein durchschnittliches Monatsgehalt von € 501,- bis € 700,- und 12% erhalten zwischen € 701,- und € 900,-. Insgesamt 14% der Befragten verdienen darüber hinaus. Eine geringe Anzahl an Assistent/innen (2%) erhält durch die Assistenztätigkeit bis zu € 100,- monatlich.

Abbildung 36: Monatliches Netto-Einkommen der Assistent/innen (n=137) (Mw = 527 € s = 354)

Im Durchschnitt beziehen Assistent/innen aus der Assistenztätigkeit ein monatliches Netto-Einkommen von € 527. Umgerechnet auf Stundenbasis ergibt sich eine Entlohnung von ca. € 18,4 pro Assistenzstunde, wobei Assistent/innen mit freiem Dienstvertrag einen Stundenlohn von € 18,4 (Median € 17,5) haben und Personen mit fixer Anstellung € 12,6 pro Stunde (Median € 8,6) verdienen (n=136).

Der überwiegende Teil der befragten Assistent/innen (96%) arbeitet über einen freien Dienstvertrag, nur 4% der Assistent/innen haben eine fixe Anstellung bei der Persönlichen Assistenz GmbH (n=145).

Nach Angaben der Persönlichen Assistenz GmbH betrug im Jahr 2007 der Stundenlohn für Assistent/innen mit freiem Dienstvertrag € 14,36 (Arbeitszeit während des Tages) bzw. € 21,54 (Arbeitszeit während der Nacht, Wochenende, Feiertage). Wenn der Monatsverdienst über € 341.- hinausgeht, müssen 13,85% Sozialversicherungsabgaben geleistet werden. Assistent/innen mit fixer Anstellung verdienen - je nach anrechenbaren Vordienstzeiten - zwischen € 8,53 und € 9,47 brutto. Das Mittlere Einkommen (=Median) bildet somit die Entlohnung relativ gut ab. Der Durchschnitt führt bei fest Angestellten zu einer Überschätzung. Die Abgeltung für Assistent/innen mit einem freien Dienstvertrag ist relativ gut.

3.3.4 Anfahrtsweg der Assistent/innen zum Arbeitsplatz

Die Analyse zeigt, dass die Mehrheit (64%) der Assistent/innen für die Anfahrt zum 1. Arbeitsplatz (Wohnort des/der ersten Auftraggeber/in) bis zu 10 km zurücklegt. Fast ein Drittel fährt bis zu 20 km, 5% bis zu 30 km und 4% sogar bis zu 40km.

Sind Assistent/innen für zwei Auftraggeber/innen tätig, dann befindet sich für 70% der zweite Arbeitsplatz bis zu 10km von ihrem Wohnort entfernt. Für ein Fünftel beträgt der Anfahrtsweg bis zu 20km, und weitere 6% müssen eine Fahrtstrecke von bis zu 30km zurücklegen. Ein geringer Anteil der Assistent/innen (3%) sogar darüber hinaus.

Abbildung 37: Anfahrtsweg zum Arbeitsplatz nach Assistent/innen

Assistent/innen müssen im Verhältnis zur Assistenzzeit relativ weite Wegstrecken zurücklegen.

3.3.5 Inanspruchnahme von Dienstleistungen anderer Organisationen

78% (n=80) der befragten Auftraggeber/innen nehmen neben der Persönlichen Assistenz auch noch Dienstleistungen von Familie, Freundeskreis oder anderen Organisationen entgegen. Für 22% der betroffenen Personen ist dies nicht der Fall.

89% der Auftraggeber/innen (n=62) erhalten zusätzliche Unterstützung durch Familienmitglieder bzw. Freunde (Abbildung 38). 16% nehmen Hilfestellung durch andere Organisation in Anspruch. Jeweils 11% bekommen Unterstützung durch die Arbeitsassistenz und die Hauskrankenpflege und für weitere 5% leistet die Heimhilfe die nötigen Arbeiten.

Abbildung 38: Unterstützung durch andere Organisationen (einschließlich Familie/Freunde)

3.3.6 Zusammenfassung

Tabelle 5 fasst die wesentlichen Ergebnisse dieses Abschnitts zusammen.

Tabelle 4: Rahmenbedingungen der Assistenzsituation

Assistent/innen

Auftraggeber/innen

durchschnittlich:

1,3 Auftraggeber/innen

34,5 Assistenzstunden pro Monat (=8 Stunden/Woche)

Verdienst € 527 netto (mittlerer Stundenlohn € 17,5 bei freiem Dienstvertrag, € 8,6 bei fester Anstellung)

96% haben freien Dienstvertrag, 4% feste Anstellung

Anfahrtsweg zum/zur ersten Auftraggeber/in: 10 km

durchschnittlich:

2,2 Assistent/innen

65,8 Assistenzstunden pro Monat (=15,3 Std./Woche)

bei 20% der Auftraggeber/innen sind die Assistenzstunden nicht ausreichend

78% erhält zusätzlich Unterstützung durch andere Organisationen

Eine höhere Anzahl an Assistenzstunden haben Personen die:

 
  • seit längerer Zeit als Assistent/innen tätig sind (r=-0,22)

  • in den Tätigkeitsbereichen Haushalt (r=-0,44), Grundversorgung (r=-0,29) und Bürotätigkeit (r=-0,23) arbeiten

  • eine höhere Anzahl an Auftraggeber/innen haben (r=0,35)

  • keine facheinschlägige Ausbildung haben (r=0,27)

  • vor Beginn der Assistenztätigkeit keine Erfahrungen mit Menschen mit Beeinträchtigung hatten (r=0,20)

  • älter sind (r=0,23)

  • Kinder haben (r=-0,26)

  • seit längerer Zeit Persönliche Assistenz in Anspruch nehmen (r=-0,39)

  • Assistenzleistungen in den Bereichen Grundversorgung (r=-0,60) und Haushalt (r=-0,26) in Anspruch nehmen

  • eine höhere Anzahl an Assistent/innen haben (r=0,60)

  • niedrigere Bildung haben (r=-0,18)

  • nicht erwerbstätig sind (r=0,14)

  • eine höhere Pflegegeldeinstufung haben (r=0,44)

  • häufiger als Motive für die Inanspruchnahme der Persönlichen Assistenz "Unzufriedenheit mit anderen Organisationen" (r=0,34) und "Vermeidung einer Heimunterbringung" (r=0,31) nennen

  • die Stundenanzahl als nicht ausreichend bezeichnen (r=0,16)

Nicht ausreichend ist die Stundenanzahl für Auftraggeber/innen die:

  • Assistenzleistungen im Tätigkeitsbereich Grundversorgung in Anspruch nehmen (r=-0,27)

  • keine Unterstützung durch Familie/ Freunde haben (r=0,37)

  • Unterstützung durch Hauskrankenpflege (r=-0,23) oder Arbeitsassistenz (r=-0,23 haben

  • tendenziell eine höhere Pflegegeldeinstufung haben (r=0,08)

Im Durchschnitt haben Assistent/innen 1,3 Auftraggeber/innen und leisten 8 Assistenzstunden pro Woche. Der mittlere Stundenlohn beträgt für Assistent/innen mit fester Anstellung € 8,6, im freien Dienstvertrag € 17,5.

Im Durchschnitt haben Auftraggeber/innen 2,2 Assistent/innen und 66 Assistenzstunden pro Monat (Median 45 Stunden). Ein Fünftel der Auftraggeber/innen bezeichnet die Anzahl der Assistenzstunden als nicht ausreichend. Die Dienstleistungen anderer Organisationen (einschließlich Familie/Freunde) nehmen - zusätzlich zur Persönlichen Assistenz - drei von vier Auftraggeber/innen in Anspruch.

In Übereinstimmung zwischen beiden Personengruppen wird ersichtlich, dass Assistenzstunden verstärkt in den Bereichen Haushalt und Grundversorgung geleistet werden. Dies sind also - nach Stundenumfang betrachtet - die beiden "Haupteinsatzfelder" der Persönlichen Assistenz. Von Auftraggeber/innen werden die Assistenzleistungen bei der Grundversorgung noch stärker gesehen als von Assistent/innen, dies weist auf den Stellenwert dieses Bereichs für Auftraggeber/innen hin. Ebenso zeigt sich der verstärkte Assistenzbedarf für Personen mit höherer Pflegegeldeinstufung, welche gleichzeitig den Umfang der Assistenzstunden als nicht ausreichend bezeichnen. Da diese Gruppe in geringerem Ausmaß erwerbstätig ist und eine niedrigere Bildung hat - und dies ein Hinweis auf eine schwächere ökonomische Situation sein kann - wird wiederum deutlich, dass eine höhere Anzahl an Assistenzstunden möglicherweise für Menschen mit Beeinträchtigung nur begrenzt leistbar ist (siehe Abschnitt 3.2.4). Deutlich zeigt sich auch die Unterstützungsleistung, die von Familie und Freunde geleistet wird. Ist dies nicht der Fall, so sind die Assistenzstunden für Auftraggeber/innen nicht ausreichend.

Die Tatsache, dass Assistent/innen mit facheinschlägiger Ausbildung oder Erfahrung eher weniger Assistenzstunden leisten, ist durch die unterschiedlichen Motive für die Ausübung der Assistenztätigkeit erklärbar. Die Möglichkeit eines Nebeneinkommens oder die Vereinbarkeit mit einer Ausbildung könnte bei diesem Personenkreis dahingehend eine Rolle spielen, dass der Stundenumfang eher niedrig ist.

3.4 Tätigkeiten

Der nächste Abschnitt bietet einen Überblick über die Art der Tätigkeiten, die Assistent/innen durchführen. In weiterer Folge werden die ausgeübten Tätigkeiten nach Assistent/innen und Auftraggeber/innen analysiert.

3.4.1 Ausgeübte Tätigkeiten aus Sicht der Assistent/innen

Es wurden 35 verschiedene Tätigkeiten in den Fragebogen aufgenommen. Dabei konnten die befragten Assistent/innen zwischen den Antwortmöglichkeiten regelmäßig, gelegentlich und nie auswählen.

Nach Angaben der Assistent/innen (siehe Tabelle 17 im Anhang) führen sie folgende Tätigkeiten regelmäßig durch:

Unterstützung bei:

regelmäßig

  • Rollstuhl ein- und aussteigen

64%

  • Gemeinsame Gespräche

57%

  • Aufräumen/ Putzen

51%

  • An- und Ausziehen

49%

  • Toilettengang/ Inkontinenzversorgung

46%

  • Bett- ein und aussteigen

44%

  • Essen/ Trinken

42%

  • Körperpflege

41%

  • Kochen

33%

  • Auto ein- und aussteigen

32%

  • Wäsche waschen/ bügeln

31%

  • Motivation zur Selbständigkeit

30%

  • Stärkung der Persönlichkeit

30%

  • Emotionale Befindlichkeit

29%

  • Spazieren gehen

25%

  • Einkaufen

21%

Gelegentlich werden nach Angaben der Assistent/innen folgende Tätigkeiten durchgeführt:

  • Unterstützung bei:

gelegentlich

  • Sozialen Kontakten

49%

  • Teilnahme an Veranstaltungen

48%

  • Familiären Problemen

45%

  • Transportdiensten

40%

  • Lokalbesuchen

39%

  • Bewegungsübung

21%

  • Medikamentenverabreichung auf Aufforderung der Auftraggeber/in

16%

  • Sprechen

9%

Tätigkeiten die laut Angaben der Assistent/innen selten ausgeübt werden sind:

Unterstützung bei:

selten

  • Sportarten

89%

  • Arbeiten am Computer

75%

  • Spielen

71%

  • Kinobesuchen

69%

  • Behördengängen

68%

  • Bankangelegenheiten

67%

  • Telefonieren

67%

  • Schreiben

66%

  • Ausflügen/ Urlaubsreisen

59%

  • Gartenarbeit

57%

  • Arztbesuchen

56%

Die Tätigkeiten bieten ein breites Spektrum und gehen über die Grundversorgung hinaus, die Grundversorgung steht aber im Vordergrund.

3.4.2 Ausgeübte Tätigkeiten aus Sicht der Auftraggeber/innen

Die Auftraggeber/innen konnten ebenfalls jene Tätigkeiten nennen, die ihre Assistent/innen regelmäßig, gelegentlich bzw. nie durchführen.

Laut Aussagen der Auftraggeber/innen werden folgende Tätigkeiten regelmäßig durchgeführt (siehe Tabelle 18 im Anhang):

  • Unterstützung bei:

regelmäßig

  • Aufräumen/ Putzen

68%

  • Wäsche waschen/ bügeln

46%

  • Rollstuhl ein- und aussteigen

40%

  • An- und Ausziehen

38%

  • Körperpflege

38%

  • Gemeinsamen Gesprächen

36%

  • Einkaufen

36%

  • Toilettengang/ Inkontinenzversorgung

35%

  • Kochen

31%

  • Auto ein- und aussteigen

28%

  • Lokalbesuche

26%

  • Transportdiensten

23%

  • Teilnahme an Veranstaltungen

19%

Tätigkeiten die Assistent/innen nach Angaben der Auftraggeber/innen gelegentlich durchführen sind:

  • Unterstützung bei:

gelegentlich

  • Arztbesuchen

42%

  • Ausflügen/ Urlaubsreisen

41%

  • Behördengängen

40%

  • Sozialen Kontakten

39%

  • Motivation zur Selbständigkeit

34%

  • Stärkung der Persönlichkeit

34%

  • Spazieren gehen

34%

  • Emotionale Befindlichkeit

31%

  • Kinobesuchen

31%

  • Gartenarbeit

25%

  • Bett ein- und aussteigen

24%

  • Essen/Trinken

22%

Tätigkeiten die nach Angaben der Auftraggeber/innen selten von ihren Assistent/innen ausgeführt werden sind:

  • Unterstützung bei:

selten

  • Arbeiten am Computer

89%

  • Sportarten

81%

  • Sprechen

79%

  • Telefonieren

78%

  • Schreiben

74%

  • Spielen

73%

  • Medikamentenverabreichung auf Aufforderung durch Auftraggeber/in

68%

  • Familiären Problemen

68%

  • Bankangelegenheiten

65%

  • Bewegungsübungen

64%

3.4.3 Tätigkeitsbereiche

In einem weiteren Schritt wurden die einzelnen Tätigkeiten entsprechend einer Faktorenanalyse (siehe Tabelle 20 im Anhang) zu folgenden Tätigkeitsbereichen zusammengefasst:

  • Emotionale Unterstützung (Emotionale Befindlichkeit, Stärkung in der Persönlichkeit, Motivation zur Selbstständigkeit, Familiären Problemen, Gemeinsame Gespräche)

  • Grundversorgung/ Pflegerische Hilfen (An- und Ausziehen, Körperpflege, Bett ein- und aussteigen, Rollstuhl ein- und aussteigen, Toilettengang/ Inkontinenzversorgung, Essen/Trinken, Medikamentenverabreichung auf Aufforderung der Auftraggeber/innen)

  • Haushalt (Kochen, Aufträumen/ Putzen, Wäsche waschen/bügeln, Gartenarbeit, Einkaufen)

  • Freizeit und Mobilität (Auto ein- und aussteigen, Transportdienste, Teilnahme an Veranstaltungen, Kinobesuche, Lokalbesuche, Sportarten, soziale Kontakte, Ausflüge/ Urlaubsreisen, Spazieren gehen)

  • Bürotätigkeit (Bankangelegenheiten, Behördengänge, Schreiben, Arbeiten am Computer, Telefonieren, Sprechen)

Wie die Abbildung 39 zeigt, sind die Mittelwerte der Assistent/innen und Auftraggeber/innen in den neuen Variablen (=Tätigkeitsbereiche) unterschiedlich. In allen Tätigkeitsbereichen ergeben sich zwar signifikante Unterschiede, besonders groß sind sie bei der emotionalen Unterstützung und der Grundversorgung. Nach Auskunft der Assistent/innen werden diese Aufgaben häufiger durchgeführt als dies Auftraggeber/innen meinen.

Insgesamt lässt sich zusammenfassend festhalten, dass aus der Sicht der Assistent/innen die Grundversorgung und die emotionale Unterstützung die häufigsten Tätigkeitsbereiche sind, aus der Sicht der Auftraggeber/innen die Unterstützung im Haushalt gefolgt von Grundversorgung und Mobilität. Diese Unterschiede sind im Zusammenhang mit den Ergebnissen zur Wichtigkeit und zur Erfüllung von beruflichen Anforderungen zu sehen. Hier hat sich gezeigt, dass für Assistent/innen im emotionalen Bereich Grenzen wichtig sind, die ihrer Meinung nach nicht erfüllt sind. Sie sind daher gegenüber diesem Tätigkeitsfeld sensibel und nehmen es daher auch häufiger wahr.

Abbildung 39: Tätigkeitsbereiche nach Personengruppen; Mittelwertsvergleich

Exemplarische Auszüge aus der qualitativen Befragung beider Personengruppen:

"Einkäufe, Besorgungen, Ärztewege [...] Haushaltsführung, Einkaufen, Besorgungen und bei der täglichen Pflege helfen. Das heißt beim Waschen beim Anziehen und ins Bett hinein, aus dem Bett heraus, dafür haben wir auch den Lift da, all die Tätigkeiten die ich selber nicht machen kann. [...] Eben Wäsche waschen, Essen vorbereiten damit ich es dann kochen kann, Boden raus wischen, Bett überziehen, all diese Sachen."(Auftraggeber/in, N2, 56:63)

"Ja, sie hilft mir eben wie z.B. Fenster putzen, wo ich eben ganz weit rauf muss oder eben bei den Vorhängen, oder eben Bettwäsche, Betten überziehen, mit den Matratzen auf, also sie hilft mir in dem Bereich, im Haushalt die starken Arbeiten, das Einfache was so anfällt, das mach ich mir eh ganze Wochen eben selbst."( Auftraggeber/in, B2, 55:58)

"Da ist eigentlich alles dabei, bei einer Dame, da komm ich immer in der Früh zum Aus dem Bett helfen, Haar waschen, Duschen, Anziehen, Bekleidung, abwaschen und noch das Wichtigste ein bisschen was bügeln und zusammenräumen, und dann komm ich auch oft am Sonntag und am Samstag, einfach nur zum Helfen aus dem Bett [...] (Assistent/in, D1, 46:49)

"Zu 90% Freizeitgestaltung, d.h. mit Auftraggebern Ausflüge machen hauptsächlich, also mit Privatauto vom Auftraggeber oder Auftraggeber/innen in meinem Fall [...] Verwandtenbesuch, solche Sachen, oder Einkaufsfahrten, das kommt auch vor, einkaufen oder Spitalsfahrten, also ins Spital begleiten bei Untersuchungen hinbringen, oder was fällt noch an, Behördenwege erledigen mit Auftraggeber/innen, das ist eigentlich die ja .. oder überhaupt, einfach baden fahren im Sommer, an einen See fahren, schwimmen fahren und solche Sachen, dabei Assistenz zu leisten halt, manche wollen ja nur, dass jemand anwesend ist, also Unterstützung im Krankenhaus, dass man mitrein geht zur Untersuchung, kommt auch vor."

(Assistent/in, G1, 64:71)

"Also die ganze Körperpflege, eigentlich alles drum herum, kochen, putzen, Haushalt, ja."

(Assistent/in, O1, 55)

"Ja man muss sich das einmal vorstellen. Vom Bett raus, in den Rollstuhl, was zum Essen geben, allesher schneiden. Und baden, Zähne putzen, anziehen und ausziehen, Klo gehen. [...] Im Haushalt helfe ich dann auch, ob es kochen ist, ob es staubsaugen ist, ob irgendetwas zu putzen ist, oder was sonst noch schnell mitgeht, aber großteils bin ich für sie da. So ja, wie gesagt Körperpflege und eher heraus, vom Bett heraus, dass sind eher meine Stunden." (Assistent/in, P1, 5:11)

3.4.4 Zusammenfassung

Die folgende Tabelle fasst die Ergebnisse dieses Abschnitts im Überblick zusammen.

Tabelle 5: Tätigkeitsbereiche

Assistent/innen

Auftraggeber/innen

Häufigste Einzeltätigkeiten

 

Rollstuhl ein- und aussteigen 64%

Gemeinsame Gespräche 57%

Aufräumen/ Putzen 51%

Aufräumen/ Putzen 68%

Wäsche waschen/ bügeln 46%

Rollstuhl ein- und aussteigen 40%

Emotionale Unterstützung leisten/ erhalten häufiger Personen die:

 
  • seit kürzerer Zeit als Assistent/innen tätig sind (r=-0,17)

  • häufiger als Motive für die Assistenztätigkeit die Vereinbarkeit von Ausbildung oder Studium (r=-0,27) und positive Erfahrungen anderer Assistent/innen (r=-0,23) nennen

  • eine höhere Schulbildung besitzen (r=-0,20) und derzeit in Ausbildung sind (r=0,15

  • seit kürzerer Zeit Assistenzleistungen in Anspruch nehmen (r=-0,26)

  • häufiger als Motiv Vermeidung einer Heimunterbringung nennen (r=-0,24)

  • niedrigere Bildung haben (r=0,24)

  • nicht erwerbstätig sind (r=-0,26)

  • eine niedrigere Anzahl an Assistent/innen haben (r=0,23)

Unterstützung bei der Grundversorgung leisten/ erhalten häufiger Personen die:

 
  • eine höhere Stundenanzahl haben (r=-0,29)

  • eine höhere Anzahl an Assistenzstunden haben (r=-0,60)

  • seit längerer Zeit Persönliche Assistenz in Anspruch nehmen (r=0,25)

  • häufiger als Motiv Vermeidung einer Heimunterbringung nennen (r=-0,27)

  • eine höhere Anzahl an Assistent/innen haben (r=-0,43)

  • die Stundenanzahl als nicht ausreichend bezeichnen (r=-0,26)

  • niedrigere Bildung haben (r=0,23)

  • nicht erwerbstätig sind (r=-0,18)

  • keine Kinder haben (r=-0,21)

  • eine höhere Pflegegeldeinstufung haben (r=-0,62)

Unterstützung bei Haushaltstätigkeiten leisten/ erhalten häufiger Personen die:

 
  • eine höhere Anzahl an Auftraggeber/innen haben (r=-0,16)

  • eine höhere Stundenanzahl haben (r=-0,44)

  • älter sind (r=-0,20) und Kinder haben (r=0,33)

  • weiblich sind (r=0,28)

  • derzeit keine Ausbildung besuchen (r=-0,17)

  • keine facheinschlägige Ausbildung haben (r=-0,28)

  • eine höhere Anzahl an Assistent/innen haben (r=-0,21)

  • eine höhere Anzahl an Assistenzstunden haben (r=-0,26)

  • älter sind (r=-0,48) und Kinder haben (r=0,32)

  • höhere Bildung haben (r=-0,19)

  • keine anderen Unterstützungsformen in Anspruch nehmen (r=-0,22)

  • niedrige Pflegegeldeinstufung haben (r=0,36)

  • häufiger als Motiv Unzufriedenheit mit anderen Organisationen nennen (r=-0,30)

Unterstützung bei Mobilität und Freizeit leisten/ erhalten häufiger Personen die:

 
  • häufiger als Motive für die Assistenztätigkeit die Vereinbarkeit von Ausbildung oder Studium (r=-0,31) und positive Erfahrungen anderer Assistent/innen (r=-0,31) nennen

  • jünger sind (r=0,26) und keine Kinder haben (r=-0,35)

  • eine höhere Anzahl an Auftraggeber/innen haben (r=-0,20)

  • höhere Bildung haben (r=-0,32) oder derzeit Ausbildung sind (r=0,30)

  • häufiger als Motiv die Selbstbestimmung nennen (r=-0,23)

  • jünger sind (r=0,37) und keine Kinder haben (r=-0,23)

  • seit kürzerer Zeit Assistenzleistungen in Anspruch nehmen (r=-0,20)

  • männlich sind (r=-0,16)

  • erwerbstätig sind (r=0,30)

  • die Dienstleistungen anderer Organisationen in Anspruch nehmen (r=0,19)

Unterstützung bei Bürotätigkeiten leisten/ erhalten häufiger Personen die:

 
  • eine höhere Anzahl an Auftraggeber/innen haben (r=-0,33)

  • eine höhere Anzahl an Assistenzstunden haben (r=-0,23)

  • seit kürzerer Zeit als Assistent/innen tätig sind (r=0,21)

  • männlich sind (r=-0,17) keine Kinder haben (r=-0,17)

  • die Stundenanzahl als nicht ausreichend bezeichnen (r=-0,19)

  • nicht erwerbstätig sind (r=-0,24)

  • häufiger als Motiv die Entlastung der Familie/ Freunde nennen (r=-0,21)

Die Assistenztätigkeiten sind sehr vielfältig und reichen von der emotionalen Unterstützung der Auftraggeber/innen, der Grundversorgung und Hausarbeit bis zu Freizeitaktivitäten und Bürotätigkeiten.

Die Übersicht zeigt, dass emotionale Unterstützung von jenen Personen - Assistent/innen und Auftraggeber/innen - genannt wird, deren Assistenzbeziehung erst kürzere Zeit andauert. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass zu Beginn einer Assistenzbeziehung dieser Tätigkeitsbereich verstärkt wahrgenommen wird - während er nach längerer Assistenzdauer zum normalen Arbeitsalltag gehört (Gespräche, Emotionale Befindlichkeiten). Tatsache ist auch, dass in diesem Bereich verstärkt Assistent/innen tätig sind, die gerade eine Ausbildung absolvieren. Wie in Abschnitt 3.2 gezeigt wurde, ergeben sich bei jüngeren Personen Abgrenzungsschwierigkeiten. Diese können im Bereich der emotionalen Unterstützung vermutlich häufiger auftreten als in anderen Tätigkeitsbereichen. Auftraggeber/innen, die eine geringere Anzahl an Assistent/innen haben, geben diesen Tätigkeitsbereich häufiger an - in diesem Fall würde eine höhere Anzahl von Assistent/innen die schwierige emotionale Unterstützungsleistung besser verteilen. Möglicherweise könnte eine verstärkte Anfangsbegleitung von Seiten der Persönlichen Assistenz GmbH hier entsprechenden "Ersatz" im Hinblick auf einen guten Beginn einer Assistenzbeziehung darstellen.

Die Grundversorgung zeigt sich - nach Stundenanzahl betrachtet - sowohl bei Assistent/innen als auch bei Auftraggeber/innen als einer der Schwerpunkte der Persönlichen Assistenz. Besonders deutlich wird der hohe Assistenzbedarf durch die Vielzahl an Merkmalen, die die schwierige Situation dieser Gruppe von Auftraggeber/innen kennzeichnen: niedrigere Bildung, nicht erwerbstätig, höhere Pflegegeldeinstufung. Die Anzahl der Assistenzstunden ist nicht ausreichend, als zentrales Motiv die Vermeidung einer Heimunterbringung Die bereits mehrfach angeführte Deckelung des Selbstbehalts und die Erhöhung der Assistenzstunden sind hier mögliche Schritte.

Einen weiteren Tätigkeitsschwerpunkt stellt die Unterstützung bei der Haushaltsführung dar. Dass hierbei verstärkt Frauen arbeiten, entspricht der geschlechterspezifischen Ungleichverteilung von Hausarbeit. Es sollten daher verstärkt Männer angesprochen werden, in diesem Bereich der Persönlichen Assistenz zu arbeiten bzw. Auftraggeber/innen dazu "ermutigt" werden, dass männliche Personen Haushaltstätigkeiten ausführen.

Auftraggeber/innen, die verstärkt Persönliche Assistenz im Haushalt in Anspruch nehmen, unterscheiden sich von jenen, die in der Grundversorgung unterstützt werden: Erstere haben eine höhere Bildung und niedrigere Pflegegeldeinstufungen. Des Weiteren sind sie mit anderen Organisationen unzufrieden.

Dass Assistent/innen, die jünger und flexibler sind, Unterstützung bei Mobilität und Freizeit leisten, ist wenig überraschend. Auch auf Auftraggeber/innenseite zeigt sich die "mobilere" Gruppe, hier ist auch das Motiv der Selbstbestimmung dominant. Gleichzeitig wird aber die Frage aufgeworfen, warum nicht auch weiblich, erwerbstätige Auftraggeber/innen verstärkt Assistenzleistungen im Bereich der Mobilität und Freizeit in Anspruch nehmen. Von Seiten der Persönlichen Assistenz GmbH könnten hier der Fokus auf diese Gruppe von potentiellen Auftraggeber/innen gerichtet werden.

Mögliche Maßnahmen:

  • Verstärkte Assistenzbegleitung zu Beginn einer Assistenzbeziehung

  • Thematisierung der emotionalen Unterstützungsleistung

  • Ausgleich der geschlechtsspezifischen Unterschiede

3.5 Belastungen und Zufriedenheit mit der Assistenzsituation

Im folgenden Abschnitt wird die Frage bearbeitet, wie belastet bzw. wie zufrieden Assistent/innen und Auftraggeber/innen mit ihrer Assistenzsituation sind. Es wird die Zufriedenheit mit den Arbeitsbeziehungen, mit der Arbeitsorganisation und den Arbeitsinhalten untersucht.

3.5.1 Belastungen in der Assistenzsituation

Belastungen, mit denen Assistent/innen konfrontiert sind, stellt Abbildung 40 dar. Es zeigt sich, dass die persönliche Situation der Auftraggeber/innen (12%) und der Zeitdruck in der Assistenzsituation wegen geringem Stundenausmaß (12%) Assistent/innen am häufigsten belastet.

In weiterer Folge bezeichnen jeweils 10% der Assistent/innen die kurzfristige Absage der Auftraggeber/innen von vereinbarten Terminen sowie die körperlich schwere Arbeit als belastend. Ferner wird die fehlende Urlaubs- und Krankenstandsvertretung (9%) als belastend erlebt, für 7% die Konflikte in der Assistenz-Beziehung und für 6% der Assistent/innen die eigene Verfügbarkeit für Auftraggeber/innen.

Für jeweils rund 5% sind längeres Arbeiten durch Ausfall von Kolleg/innen, Wochenend- bzw. Nachtdienste und Konkurrenz unter Assistent/innen Erschwernisse bei der Ausübung der Tätigkeit.

Die Einteilung und Organisation der Assistenzleistungen durch Auftraggeber/innen bezeichnen 4% der Assistent/innen als belastend, ebenso die eigene Erreichbarkeit für Auftraggeber/innen. Die Verantwortung für Auftraggeber/innen und die Beziehung zu Auftraggeber/innen im Allgemeinen wird von jeweils 3% der Assistent/innen als belastend empfunden.

Eher geringe Belastungen sind laut Angaben der Assistent/innen der Auftraggeber/innenwechsel, spontaner Wechsel der Arbeitsaufgaben und sexuelle Andeutungen von Auftraggeber/innen.

Abbildung 40: Belastungen nach Assistent/innenDie Abbildung 41 verdeutlicht, dass rund ein Fünftel der Auftraggeber/innen einen Wechsel ihrer Assistent/innen als belastend angeben. Annähernd so viele (18%) erleben die fehlende Urlaubs- und Krankenstandsvertretung als belastend. 14% bezeichnen die kurzfristige Absage von vereinbarten Terminen durch ihre Assistent/innen als Belastung. Jeweils 12% bzw. 11% bezeichnen den Zeitdruck in der Assistenzbeziehung aufgrund geringer Stundenanzahl und die mangelnde Erreichbarkeit der Assistent/innen als erschwerend. Ein Zehntel der befragten Auftraggeber/innen belastet die Konflikte

Abbildung 41: Belastungen nach Auftraggeber/innen

in ihrer Assistenzbeziehung, 5% die Beziehung zu den Assistent/innen im Allgemeinen und 4% die Überfürsorglichkeit ihrer Assistent/innen.

Ferner erleben 3% die Einteilung und Organisation der Assistenzleistungen als Belastung und 1% die sexuellen Andeutungen ihrer Assistent/innen.

In einer weiteren Analyse werden sieben Belastungs-Items von Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen miteinander verglichen. Wie die nachfolgende Abbildung 42 der Mittelwerte zeigt, erleben Auftraggeber/innen fehlende Urlaubs- bzw. Krankenstandsvertretung und kurzfristige Absage von vereinbarten Terminen belastender als Assistent/innen. Auf Grund der bisherige Ergebnisse ist dieser Befund wenig überraschend. Auch bei der Analyse der nicht erfüllten Erwartungen (3.2.3.) und der latenten Konfliktpotenziale (3.2.1) zeigte sich, dass in diesem Bereich latente Konflikte vorliegen.

Keine signifikanten Unterschiede zwischen Auftraggeber/innen und Assistent/innen weisen die Items "Zeitdruck in der Assistenz", "Arbeitsbeziehung" und "Konflikte in der Assistenzbeziehung" auf, diese sind von beiden Personengruppen annähernd gleich bewertet. Ferner sind sich Auftraggeber/innen und Assistent/innen einig (keine signifikanten Unterschiede), dass die Einteilung bzw. Organisation von Assistenzleistungen und sexuelle Andeutungen, eher keine Belastungen in der Assistenzsituation darstellen.

Abbildung 42: Belastungen in der Assistenzsituation nach Personengruppen

In der qualitativen Befragung wurden ebenfalls die Belastungen in der Assistenzsituation erhoben, dabei zeigen sich folgende Aussagen:

"Na, Belastungen gibt's gar keine. Es gefällt mir eh alles."( Auftraggeber/in, A2, 77)

"Belastungen ah (..) Belastungen vielleicht dahingehend, dass man halt nicht jeden Tag sehr erfreut darüber ist, wenn man zack Schlüssel in das Schloss und jemand rein kommt, wenn man niemanden sehen möchte.[...] (Auftraggeber/in, N2, 72:74)

"Na, ich bin so froh, dass ich sie hab und .. mir fallen jetzt keine, es ist eher eine Ent-Lastung (Lachen)."

(Auftraggeber/in, E2, 90)

"Belastungen so grundsätzlich, ja ich will ehrlich sein der Selbstbehalt ist natürlich schon etwas wenngleich wie ich vorhin gesagt habe er ist nicht so hoch. Kann er sich auch einmal summieren. Es ist sicherlich so dass man immer wieder kalkulieren muss, kann ich mir das noch leisten. Und diese finanzielle Limitiertheit ist gewiss eine Belastung [...] Ja was sicher auch eine Belastung ist, das Problem wenn der Assistent einmal, bei einer wichtigen Sache nicht erreichbar ist, denn so gewaltig flexibel ist die Persönliche Assistenz GmbH nicht, dass man blitzschnell einen Ersatzassistenz bekommt für eine Sache. Ersatzassistentenbedarf gehört schon bald angemeldet, dass man auch eine Chance auf Erfüllung hat. Also es kann mitunter schon belasten, wenn der Assistent ausfällt, aber Gott lob passiert es selten. Also im Allgemeinen ist die einzige wirkliche Belastung mitunter die finanzielle Barriere die manchmal ins Gewicht fällt." (Auftraggeber/in, Q2, 223:241)

"Belastend ist vielleicht, dass es eben am Abend/ in der Nacht ist und dass es im Lokal stark verraucht ist, und dass ich am nächsten Tag meistens müde bin, wenn das länger dauert."( Assistent/in, Y1, 42:43)

"Eine Belastung habe ich eigentlich gar nicht. Keine Belastung, weiß ich nichts."( Assistent/in, O1, 64)

"Ja, belastend wird es eben dann, wenn .. also, für mich wird's belastend, wenn es, wenn ich von den Auftraggeber/innen eben Situationen miterlebe, die halt dann schon sehr persönlich werden, grad in Situationen, wo es ihnen psychisch nicht so gut geht oder so, das ist für mich sehr belastend, ja. Aber sonst eigentlich gar nichts." (Assistent/in, C1, 60:63)

"Belastungen gibt's natürlich auch, weil natürlich du kriegst sehr viel mit, es sind sehr viele intime Sachen, und oft ist die Grenze zwischen Freundschaft und Assistenz ganz .. die verschwimmt ein bisschen, und man nimmt natürlich auch viel mit nach Hause von den Problemen der Leute, die man natürlich mitkriegt, weil darüber geredet wird. Es beschäftigt mich dann z.T. auch daheim oder im Traum träum ich oft von meine Auftraggeber/innen und da ist es halt wichtig, dass ich dann meine Supervision mache, wo ich mit wem drüber reden kann, und es ist oft .. sicher es gibt auch Belastungen, wenn man nicht einer Meinung ist."

(Assistent/in, D1, 106:113)

3.5.2 Zufriedenheit der Assistent/innen

Bei der Erhebung zeigte sich, dass Assistent/innen mit der Bezahlung und mit der Beziehung zu ihren Auftraggeber/innen sehr zufrieden sind. Sehr hohe Zufriedenheit besteht auch bei der Arbeitszeitregelung. Mit den Weiterbildungsangeboten sowie mit der Zusammenarbeit mit der Persönlichen Assistenz GmbH ist der Großteil der Assistent/innen ebenso sehr zufrieden. Die Arbeitsinhalte bzw. Vielfalt der Tätigkeiten bezeichnet jeweils knapp die Hälfte der befragten Assistent/innen als sehr zufrieden stellend. Assistenzbegleitung wird von einem geringen Anteil der Assistent/innen in Anspruch genommen (n=20), davon sind mehr als 40% mit der Begleitung sehr zufrieden. Ferner sind 32% der Assistent/innen mit der Zusammenarbeit mit anderen Assistent/innen sehr zufrieden und 26% mit den arbeitsrechtlichen Bedingungen.

Die Abbildung 43 zeigt ebenfalls, dass 6% mit den Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten als Assistent/in sehr unzufrieden sind, 17% mit dem Bekanntheitsgrad der Persönlichen Assistenz in der Gesellschaft. Beides ist verständlich. Erstens gibt es keine Aufstiegsmöglichkeiten und zweitens ist das Wissen über die Persönliche Assistenz in der Gesellschaft gering.

Abbildung 43: Zufriedenheit der Assistent/innen mit ihrer Assistenzsituation

Trotz der hohen Zufriedenheitswerte ist zu beachten, dass bei 21% bzw. 24% mittlere Erfüllungsdefizite und bei 11% bzw. 13% hohe Erfüllungsdefizite auftreten (siehe Abschnitt 3.2.4)

3.5.3 Zufriedenheit der Auftraggeber/innen

79% der Auftraggeber/innen sind mit der Abrechnung der Assistenzleistungen sehr zufrieden. Annähernd so viele (77%) sind mit den Leistungen ihrer Assistent/innen sehr zufrieden, 76% mit der Beziehung zu ihren Assistent/innen (Abbildung 44). Mit den Selbstbestimmungsmöglichkeiten in der Persönlichen Assistenz sind 74% sehr zufrieden und 67% mit ihren Aufgaben als Auftraggeber/in. Von jenen Auftraggeber/innen, die Assistenzbegleitung in Anspruch nehmen, sind 66% mit der Begleitung sehr zufrieden. Ebenfalls mehr als die Hälfte der Auftraggeber/innen (61%) ist mit der zeitlichen Verfügbarkeit ihrer Assistent/innen sehr zufrieden. Die Zusammenarbeit mit der Persönlichen Assistenz GmbH bezeichnen wiederum 58% als sehr zufrieden stellend, 34% als eher zufrieden stellend und weitere 8% sind mit der Zusammenarbeit eher bzw. sehr unzufrieden.

Mit den Weiterbildungsmöglichkeiten für Auftraggeber/innen sind 38% sehr zufrieden, jedoch auch hierbei 8% sehr unzufrieden. Weitere 11% der befragten Auftraggeber/innen - ähnlich wie bei den Assistent/innen - sind mit dem Bekanntheitsgrad der Persönlichen Assistenz GmbH in der Gesellschaft sehr unzufrieden und 35% eher unzufrieden.

Abbildung 44: Zufriedenheit der Auftraggeber/innen mit ihrer Assistenzsituation

Zu beachten ist wiederum, dass trotz der Zufriedenheit Erfüllungsdefizite bestehen (siehe Abschnitt 3.2.4).

3.5.4 Vergleich der Zufriedenheit beider Personengruppen

Die nachfolgende Abbildung 45 zeigt die Zufriedenheit von Auftraggeber/innen bzw. Assistent/innen hinsichtlich Beziehung, Zusammenarbeit mit Persönlicher Assistenz GmbH, Assistenzbegleitung und Bekanntheitsgrad der Persönlichen Assistenz GmbH in der Gesellschaft. Es kann festgehalten werden, dass beide Personengruppen die Zusammenarbeit mit der Persönlichen Assistenz GmbH und die Assistenzbegleitung als gleich zufrieden stellend betrachten, da keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden konnten. Sehr zufrieden sind beide Personengruppen auch mit ihrer Arbeitsbeziehung, hierbei sind Auftraggeber/innen etwas zufriedener als Assistent/innen.

Eher unzufriedener zeigen sich beide Personengruppen mit dem Bekanntheitsgrad der Persönlichen Assistenz GmbH in der Gesellschaft, wobei Assistent/innen mit dem Ansehen noch signifikant unzufriedener sind als Auftraggeber/innen.

Abbildung 45: Zufriedenheit mit Assistenzsituation nach Auftraggeber/innen bzw. Assistent/innen

3.5.5 Zusammenfassung

Aus den einzelnen Belastungsitems wird für jede Person ein Index berechnet, der die Gesamtbelastung in der Assistenzsituation wiedergibt. Die Ergebnisse dieser vertiefenden Analyse sowie die bisherigen Befunde sind in der folgenden Tabelle 7 zusammengefasst.

Tabelle 6: Belastungen in der Assistenzsituation

Assistent/innen

Auftraggeber/innen

Starke Einzelbelastungen:

 

Persönliche Situation der Auftraggeber/innen 12%

Zeitdruck wegen geringem Stundenausmaß 12%

Kurzfristige Absage von vereinbarten Terminen durch die Auftraggeber/innen 10%

Wechsel der Assistent/innen 21%

Fehlende Urlaubs- und Krankenstandsvertretung 18%

Kurzfristige Absage von vereinbarten Terminen durch die Assistent/innen 14%

Stärkere Gesamtbelastung für Personen die:

 
  • eine höhere Anzahl an Auftraggeber/innen haben (r=-0,16)

  • einen Auftraggeber/innenwechsel hatten (r=0,17)

  • wenig Anerkennung von Auftraggeber/innen erhalten (r=-0,32)

  • im Tätigkeitsbereich Emotionale Unterstützung arbeiten (r=0,21)

  • häufiger als Motiv für die Assistenztätigkeit "Überbrückung von Arbeitslosigkeit" nennen (r=-0,22)

  • eine höhere Anzahl an Assistent/innen haben (r=-0,30)

  • ein Assistent/innenwechsel hatten (r=0,34)

  • eine höhere Anzahl an Assistenzstunden haben (r=-0,16)

  • die Anzahl der Assistenzstunden als nicht ausreichend bezeichnen (r=-0,33)

  • seit längerer Zeit Persönliche Assistenz in Anspruch nehmen (r=0,36)

  • jünger sind (r=0,17)

  • weiblich sind (r=0,25)

  • alleine leben (r=-0,30)

  • nicht in der eigenen Familie leben (r=0,36)

  • keine Kinder haben (r=0,19)

  • erwerbstätig sind (r=0,20)

  • Dienstleistungen anderer Organisationen/Familie nicht in Anspruch nehmen (r=-0,15)

  • höhere Pflegegeldstufe haben (r=-0,13)

Ein Wechsel in der Assistenzsituation und eine höhere Anzahl an Auftraggeber/innen bzw. Assistent/innen führen bei beiden Personengruppen zu einer stärkeren Gesamtbelastung.

Bei Assistent/innen wird die hohe Anforderung deutlich, die der Tätigkeitsbereich Emotionale Unterstützung an sie stellt. Unterstrichen wird dies dadurch, dass die persönliche Situation der Auftraggeber/innen als am stärksten belastend erlebt wird. Offensichtlich ist hier Abgrenzung eine wichtige Anforderung.

Assistent/innen, die mit der Assistenztätigkeit eine Phase der Arbeitslosigkeit überbrücken, erleben die Assistenzsituation insgesamt als eher belastend. Erklärbar wäre dies dadurch, dass diese Personengruppe für die Arbeit im Sozialbereich weniger Motivation oder Interesse zeigt.

Bei Auftraggeber/innen steht die persönliche Lebenssituation in einem starken Zusammenhang mit der Gesamtbelastung. Personen, die alleine leben, keine andere Unterstützung bekommen und tendenziell eine höhere Pflegegeldeinstufung haben, sind stark belastet. Der höhere Assistenzbedarf lässt sich zudem in einer höheren Anzahl an Assistenzstunden - die wiederum als nicht ausreichend bezeichnet werden - ablesen. Gleichzeitig ist die Erwerbstätigkeit in diesem Personenkreis höher. In der Zusammenschau ist es daher verständlich, dass eine fehlende Urlaubs- und Krankenstandsvertretung oder die kurzfristige Absage von vereinbarten Terminen als starke Belastungen erlebt werden.

Als Maßnahmen wären zu überlegen:

  • Ausreichende Unterstützung beim Assistenzwechsel

  • Deckelung des Selbstbehalts, dadurch können die Assistenzstunden erhöht werden

  • Urlaubs- und Krankenstandsvertretung (durch einen Bereitschaftsdienst, "Springer", "Assistenz-Hotline",etc.)

  • Weiterbildung für Assistent/innen, die die Tätigkeiten im emotionalen Bereich zum Inhalt haben

  • Anzahl der Auftraggeber/innen pro Assistent/in bzw. Anzahl der Assistent/innen pro Auftraggeber/in eher gering halten, dadurch minimieren sich Koordinationsaufgaben

Tabelle 7: Zufriedenheit mit der Assistenzsituation

Assistent/innen

Auftraggeber/innen

Hohe Zufriedenheit mit:

 

Bezahlung 66%

Beziehung zu Auftraggeber/innen 66%

Arbeitszeitregelung 62%

Abrechnung der Assistenzleistungen 79%

Leistungen der Assistent/innen 77%

Beziehung zu Assistent/innen 76%

Unzufriedenheit mit:

 

Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten 6%

Bekanntheit der Persönlichen Assistenz 17%

Weiterbildungsangeboten 8%

Bekanntheit der Persönlichen Assistenz 11%

Mit ihren Aufgaben im Allgemeinen sind Personen zufriedener die:

 
  • geringere Anzahl an Auftraggeber/innen haben (r=0,19)

  • Anerkennung sowohl von ihren Auftraggeber/innen (r=0,27) als auch von Mitarbeiter/innen der Persönliche Assistenz GmbH (r=0,21) erhalten

  • mit der Vielfalt der Assistenztätigkeit zufrieden sind (r=0,67)

  • seltener als Motiv für die Assistenztätigkeit "Überbrückung von Arbeitslosigkeit" nennen (r=-0,23)

  • eine geringere Anzahl an Assistent/innen haben (r=0,22)

  • ihren Assistent/innen häufig Anerkennung zeigen (r=0,16)

  • häufiger als Motiv für die Inanspruchnahme der Persönlichen Assistenz "Vielfalt der Assistenzleistungen" (r=-0,25) und "Selbstständige Organisation von Assistenzleistungen" (r=-0,20) nennen

  • eine geringere Anzahl an Assistenzstunden haben (r=0,14)

  • die Stundenanzahl als ausreichend beurteilen (r=0,32)

  • das Ansehen der Persönliche Assistenz in der Gesellschaft höher einschätzen (r=-0,19)

  • tendenziell niedrige Pflegegeldstufe haben (r=0,09)

Insgesamt betrachtet trägt eine niedrigere Anzahl an Auftraggeber/innen pro Assistent/in zur allgemeinen Arbeitszufriedenheit der Assistent/innen bei. Ebenso positiv erweisen sich Anerkennung, Ansehen und Vielfalt der Tätigkeit. Unzufrieden hingegen sind eher jene Personen, die mit der Assistenztätigkeit in erster Linie Arbeitslosigkeit überbrücken.

Hinsichtlich der Arbeitszufriedenheit scheint es also wichtig zu sein, dass sich Assistent/innen auf wenige Auftraggeber/innen konzentrieren können, sich das Aufgabenfeld aber dennoch vielfältig gestaltet und Anerkennung für die Tätigkeit sowohl von Seiten der Auftraggeber/innen als auch von der Persönliche Assistenz GmbH geleistet wird.

Mit ihren Aufgaben im Allgemeinen sind Auftraggeber/innen zufriedener, die einen geringeren Assistenzbedarf haben. Dieser zeigt sich in der Anzahl der Assistent/innen bzw. Assistenzstunden, welche den Assistenzbedarf weitgehend abdecken, und in der tendenziell niedrigen Pflegegeldstufe. Umgekehrt betrachtet, sollte die Aufmerksamkeit und Unterstützungsleistung der Persönliche Assistenz GmbH verstärkt jenen Auftraggeber/innen gelten, die einen höheren Assistenzbedarf haben.

Mögliche Maßnahmen:

  • Anerkennung der Assistenztätigkeit durch Auftraggeber/innen und Persönliche Assistenz GmbH auf unterschiedliche Weise

  • Steigerung der Bekanntheit und des Ansehens der Persönlichen Assistenz in der Gesellschaft

  • Besondere Unterstützung der Auftraggeber/innen mit höherem Assistenzbedarf

3.6 Soziale Anerkennung

Die Anerkennung für die Assistenztätigkeit durch die Auftraggeber/innen bzw. durch die Persönliche Assistenz GmbH wird in diesem Abschnitt beschrieben sowie der Stellenwert der Persönlichen Assistenz in der Gesellschaft.

3.6.1 Anerkennung der Assistent/innen

Laut Angaben der Assistent/innen erhalten 27% von ihren Auftraggeber/innen sehr oft Anerkennung für die Assistenz-Tätigkeiten. Im Unterschied dazu sind 43% der Auftraggeber/innen der Meinung, dass sie ihren Assistent/innen "sehr oft" Wertschätzung zukommen lassen. Knapp ein Drittel der Assistent/innen erhält "oft" eine positive Rückmeldung von ihren Auftraggeber/innen, dieses sehen auch die Auftraggeber/innen annähernd so. 29% der Assistent/innen erhalten "manchmal" Anerkennung, vergleichsweise gaben 24% der Auftraggeber/innen an, dass sie Anerkennung zeigen. Auffallend ist, dass knapp 10% der Assistent/innen der Ansicht sind, dass sie nur selten von ihren Auftraggeber/innen gelobt werden. Ferner geben 3% der Assistent/innen an, dass sie nie Anerkennung von ihren Auftraggeber/innen für ihre Tätigkeit erhalten. Dieses wird von den Auftraggeber/innen nicht so gesehen. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass ein signifikanter Unterschied, hinsichtlich der Einschätzung wie oft Assistent/innen Anerkennung erhalten bzw. Auftraggeber/innen Lob zeigen (t-Wert=3,43***; df=223)[30], besteht.

Abbildung 46: Anerkennung für Assistenztätigkeiten

Es lässt sich festhalten, dass Anerkennungsdefizite bei Assistent/innen bestehen und dies durch unterschiedliche Wahrnehmung hervorgerufen wird. Mögliche Ursachen könnten sein, dass Auftraggeber/innen nicht so häufig loben, wie sie berichten, oder dass Assistent/innen das Lob nicht in entsprechendem Ausmaß wahrnehmen. Klärung auf beiden Seiten könnte Abhilfe schaffen.

3.6.2 Anerkennung durch Persönlicher Assistenz GmbH

Die nachfolgende Abbildung 47 zeigt deutlich, dass jeweils 30% bzw. 32% der Assistent/innen von der Persönlichen Assistenz GmbH für ihre Tätigkeiten manchmal bzw. selten Anerkennung erhalten. Ferner geben 25% der befragten Assistent/innen an, nie eine positive Rückmeldung zu erhalten. Nur ein geringer Anteil an Assistent/innen (1%) erhält für ihre Tätigkeit sehr oft Anerkennung und 12% oft.

Diese - eher geringe - Anerkennung durch die Persönliche Assistenz GmbH kann vermutlich darauf zurückgeführt werden, dass die Mehrheit der Assistent/innen freie Dienstverträge besitzt (siehe Abschnitt 3.3.3) und sich dadurch wenig bis kaum Kontaktmöglichkeiten ergeben. Eine weitere Ursache könnte sein, dass sich die Persönliche Assistenz GmbH nicht in die selbstbestimmte Assistenzbeziehung "einmischen" möchte.

Abbildung 47: Anerkennung für Assistenztätigkeiten durch Persönliche Assistenz GmbH (n=136)

3.6.3 Ansehen der Persönlichen Assistenz in der Gesellschaft

16% der Auftraggeber/innen vertreten die Meinung, dass das Ansehen der Persönlichen Assistenz in der Gesellschaft sehr hoch ist, jedoch nur 7% der Assistent/innen konnten dieser Aussage zustimmen. 32% der Auftraggeber/innen bezeichnen das Ansehen als eher bzw. hoch und ebenso 29% der Assistent/innen. Für etwa ein Drittel der Auftraggeber/innen (29%) und 37% der Assistent/innen liegt das Ansehen der Persönlichen Assistenz im mittleren Bereich.

Jeweils 13% der Auftraggeber/innen bzw. Assistent/innen bezeichnen das Ansehen als sehr gering bzw. gering, 11% der Auftraggeber/innen und 14% der Assistent/innen als eher gering.

Das Ansehen der Persönlichen Assistenz in der Gesellschaft wird von Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen signifikant unterschiedlich (t-Wert=1,43*;df=213)[31] gesehen. Auftraggeber/innen schätzen aufgrund ihrer Erfahrungen bzw. Selbstverwirklichung durch die Persönliche Assistenz das Ansehen der Persönlichen Assistenz in der Gesellschaft positiver ein als Assistent/innen.

Abbildung 48: Ansehen der Persönlichen Assistenz in der Gesellschaft

3.6.4 Zusammenfassung

Die Ergebnisse machen deutlich, dass Auftraggeber/innen weitaus häufiger der Meinung sind, ihren Assistent/innen Anerkennung zu zeigen (43%) als Assistent/innen davon berichten, positive Rückmeldungen von ihren Auftraggeber/innen zu erhalten (27%). Diese signifikanten Wahrnehmungsunterschiede könnten durch ein offenes Gesprächsklima in der Assistenzbeziehung bzw. durch regelmäßig stattfindende Mitarbeiter/innengespräche, bei denen u.a. Anerkennung thematisiert wird, verbessert werden. Assistent/innen, die Anerkennung erhalten, sind weitaus zufriedener mit ihren Aufgaben (r=0,27) und nennen häufiger als Motiv für die Tätigkeit "Wurde von Auftraggeber/in angesprochen" (r=-0,17). Ebenso berichten sie davon, häufiger von Mitarbeiter/innen der Persönliche Assistenz GmbH positive Rückmeldung für ihre Tätigkeit zu erhalten (r=0,36). Vermutlich verursacht Anerkennung eine allgemeine Arbeitszufriedenheit und Zufriedenheit wiederum verstärkt die Wahrnehmung von Lob.

Insgesamt erfolgt die Anerkennung durch die Persönliche Assistenz GmbH in geringerem Ausmaß als durch die Auftraggeber/innen. Mehr als die Hälfte der Assistent/innen berichtet, selten oder nie positive Rückmeldung von der Persönlichen Assistenz GmbH zu erhalten.

Auftraggeber/innen, die ihren Assistent/innen häufiger Anerkennung zeigt, können durch folgende Merkmale charakterisiert werden:

  • nehmen häufiger Assistenzleistungen in den Tätigkeitsbereichen Grundversorgung (r=0,20) und Freizeit/ Mobilität (r=0,23) in Anspruch

  • haben eine höhere Anzahl an Assistent/innen (r=-0,21) und Assistenzstunden (r=-0,17)

  • nennen häufiger als Motiv "Vermeidung einer Heimunterbringung" (r=-0,29)

Die Unzufriedenheit beider Personengruppen mit der Bekanntheit der Persönliche Assistenz in der Gesellschaft (siehe Abschnitt 3.5.4) spiegelt sich auch in diesem Abschnitt wieder: Etwa jeweils ein Viertel der Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen bezeichnet das Ansehen der Persönlichen Assistenz als niedrig.

Mögliche Maßnahmen:

  • Weiterbildung zu den Bereichen Kommunikation und Führung von Mitarbeiter/innengesprächen

  • Anerkennung durch die Persönliche Assistenz GmbH in unterschiedlicher Form

  • Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit

3.7 Wechsel von Assistent/innen und Auftraggeber/innen

Ob und wie häufig ein Wechsel bei den Assistent/innen bzw. bei den Auftraggeber/innen stattgefunden hat, wurde in der Untersuchung ebenfalls erhoben. Es ist ersichtlich (Abbildung 49), dass es für 63% der Auftraggeber/innen bereits einen Assistent/innenwechsel gab, vergleichsweise 22% der Assistent/innen nannten einen Wechsel bei ihren Auftraggeber/innen. Die Unterschiede sind dadurch bedingt, dass erstens die Auftraggeber/innen im Durchschnitt bereits länger die Persönliche Assistenz in Anspruch nehmen und zweitens jeder/ jede Auftraggeber/in mehrere Assistent/innen (im Durchschnitt 2,2) hat.

Abbildung 49: Wechsel von Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen nach Personengruppen

3.7.1 Häufigkeit eines Wechsels

78% der Assistent/innen und 67% der Auftraggeber/innen mit Wechselerfahrungen geben an, dass sie ein bis zwei Mal einen Auftraggeber/innen- bzw. Assistent/innenwechsel hatten. Annähernd so viele Assistent/innen (22%) wie Auftraggeber/innen (25%) konnten drei bis vier Wechsel verzeichnen. 8% der Auftraggeber/innen wechselten zwischen fünf und sechs Mal ihre Assistent/innen, diese Wechselhäufigkeit kam umgekehrt bei den befragten Assistent/innen nicht vor.

Abbildung 50: Häufigkeit der Wechsel nach Personengruppen (nur Personen die einen Wechsel erlebt haben)

Die Gründe für den Wechsel wurden bei der Befragung ebenfalls erhoben und konnte ohne Antwortvorgaben genannt werden. In einem weiteren Schritt wurden die offenen Fragestellungen in sechs Kategorien zusammengefasst (Abbildung 51).

Dabei zeigte sich, dass die Gründe, die zum Wechsel von Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen führen, nach Angaben beider Personengruppen am häufigsten auf Konfliktsituationen in der Assistenzsituation zurückzuführen sind. Assistent/innen nennen hierbei "zu starke emotionale Bindung - Abgrenzung schwer", "Vereinnahmung meiner Person", "Teamfähigkeit war nicht gegeben", "Profile passten nicht zueinander" "Schwierigkeiten bei Eigenheiten der Auftraggeber/in", "unzumutbare Tätigkeiten" etc.

Die Aussagen der Auftraggeber/innen sind "Meinungsverschiedenheiten - negative Folgen", "zwischen-menschliche Probleme", "Streit", "Unzuverlässigkeit", "Unregelmäßigkeiten bei Abrechnung" etc.

Die zweithäufigsten Gründe beider Personengruppen sind Aussagen bezüglich Jobwechsel bzw. Zeitmangel. Assistent/innen antworten "andere Auftraggeber/in hatte mehr Stunden", "wegen Stundeneinsparung", "keine Zeit mehr" etc. Auftraggeber/innen geben vermehrt an "Assistent/in hat anderen Job", "berufliche Veränderung", "Zeitmangel" etc.

An dritter Stelle werden Gründe von Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen hinsichtlich Wohnortwechsel und Familie genannt. Aussagen wie beispielsweise "mein Auftraggeber/in wechselte den Wohnort", "Schwangerschaft", "Heirat und dadurch bedingter Umzug" oder "Wohnortwechsel von Assistent/innen" zeigen sich hier bei beiden Personengruppen.

Auftraggeber/innen führen noch weitere Gründe für den Assistent/innenwechsel an. In etwa gleich häufig geben Auftraggeber/innen an, dass gesundheitliche Probleme ihrer Assistent/innen, die Aus- und Weiterbildung oder die Unerfahrenheit bzw. die Überforderung der Assistent/innen, für den Wechsel eine Rolle spielen, diese Angaben werden von Assistent/innen nicht genannt.

Abbildung 51: Gründe für den Wechsel von Assistent/innen nach Personengruppen (Mehrfachnennungen)

3.7.2 Unterstützung beim Wechsel durch Persönliche Assistenz GmbH

Der Abbildung 52 ist zu entnehmen, dass 63% der Auftraggeber/innen und 47% der Assistent/innen bei einem Wechsel von Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen durch die Persönliche Assistenz GmbH ausreichend unterstützt werden. Als eher ausreichend bezeichnen 14% der Auftraggeber/innen und mehr als doppelt so viele Assistent/innen (32%) die Unterstützung.

Für 24% der Auftraggeber/innen war die Hilfestellung durch die Persönliche Assistenz GmbH bei einem Wechsel eher bzw. nicht ausreichend, vergleichsweise für 22% der Assistent/innen.

Abbildung 52: Unterstützung durch Persönliche Assistenz GmbH nach Personengruppen

Ein geringer Anteil (11%) der Assistent/innen berichtet, dass sie sich selbst organisieren und keine Unterstützung durch die Persönliche Assistenz GmbH benötigen. Es wurden aber auch Wünsche bzw. Kritikpunkte an die Persönliche Assistenz GmbH sichtbar. Assistent/innen wünschen sich genauere Informationen über die Tätigkeiten bzw. gemeinsame Abschlussgespräche.

Ebenfalls ein geringer Anteil (16%) der Auftraggeber/innen sehen keinen Unterstützungsbedarf beim Assistent/innenwechsel durch die Persönliche Assistenz GmbH, da sie den Wechsel selbst organisieren. Es zeigen sich aber auch einige Kritikpunkte bei den Auftraggeber/innen an die Persönliche Assistenz GmbH. Bessere Kommunikationsform, mehr Verständnis und Hilfestellung bei Problemlösungen geben Auftraggeber/innen beispielsweise an.

3.7.3 Zusammenfassung

Tabelle 9 fasst die wichtigsten Ergebnisse dieses Abschnitts zusammen.

Assistent/innen

Auftraggeber/innen

22% hatten Auftraggeber/innenwechsel

bei 47% war die Unterstützung beim Auftraggeber/innenwechsel durch die Persönliche Assistenz GmbH ausreichend

63% hatten Assistent/innenwechsel

bei 32% war die Unterstützung beim Assistent/innenwechsel durch die Persönliche Assistenz GmbH ausreichend

Einen Assistenzwechsel hatten Personen die:

 
  • die Assistenztätigkeit bereits seit längerer Zeit ausüben (r=0,33)

  • eine höhere Anzahl an Auftraggeber/innen haben (r=-0,17)

  • eine höhere Anzahl an Arbeitsstunden haben (r=-0,32)

  • seit längerer Zeit Persönliche Assistenz in Anspruch nehmen (r=0,48)

  • eine höhere Pflegegeldeinstufung haben (r=-0,20)

  • keine Kinder haben (r=-0,20)

  • erwerbstätig sind (r=0,17)

Subgruppe: Unzureichende Unterstützung beim Assistenzwechsel hatten Personen die:

 
  • keine Kinder haben (r=0,52)

  • nicht in eigener Familie/Partnerschaft leben (r=-0,29)

  • eine niedrigere Anzahl an Assistenzstunden haben (r=-0,21)

  • zusätzlich erwerbstätig sind (r=-0,35)

  • keine Kinder haben (r=0,30)

  • jünger sind (r=-0,30)

  • weiblich sind (r=-0,23)

  • höhere Pflegegeldstufen haben (r=0,33)

Auftraggeber/innen sind weitaus häufiger mit einem Wechsel konfrontiert als Assistent/innen. In erster Linie findet er statt aufgrund von Konflikten in der Assistenzbeziehung bzw. aufgrund von Veränderungen im Lebensumfeld der Assistent/innen (Abschluss der Ausbildung, etc.). Beide Personengruppen bezeichnen die Unterstützung von Seiten der Persönliche Assistenz GmbH beim Wechsel zwar als ausreichend, dennoch wird eine zusätzliche Unterstützung von knapp einem Viertel der Befragten erwartet. Insbesondere bei Auftraggeber/innen mit einer höheren Pflegegeldeinstufung ist dies der Fall. Diese Gruppe von Personen, die zudem eher erwerbstätig ist, wird mit den Belastungen eines Assistent/innenwechsels häufiger konfrontiert.

3.8 Beziehung zur Persönlichen Assistenz GmbH

In diesem Abschnitt wird die Beziehung zwischen Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen und der Persönlichen Assistenz GmbH näher analysiert. Die Analyse knüpft an jene des Abschnitts 3.2 an.

Abbildung 53 zeigt, dass knapp drei Viertel der Assistent/innen die korrekte Abrechnung durch die Persönliche Assistenz GmbH für sehr wichtig erachten. Für 60% der Befragten sind gesicherte Arbeitsverhältnisse sehr wichtig und für jeweils rund die Hälfte der Assistent/innen die klare Beschreibung der Assistenzleistungen und die Unterstützung von Seiten der Persönlichen Assistenz GmbH. 45% der Befragten beurteilen die problemlose Vermittlung von Assistent/innen als sehr wichtig und jeweils etwa ein Drittel die Interessens-, Urlaubs- und Krankenstandsvertretung sowie die Supervision für Assistent/innen. Jeder/ Jede fünfte Assistent/in erachtet Vernetzungsmöglichkeiten als sehr wichtig.

Abbildung 53: Beziehung der Assistent/innen zur Persönliche Assistenz GmbH

Auch für Auftraggeber/innen ist die korrekte Abrechnung durch die Persönliche Assistenz GmbH am wichtigsten (75%), gefolgt von der kurzen Wartezeit auf die Bewilligung von Assistenzleistungen (68%) und der problemlosen Vermittlung von Assistent/innen durch die Persönliche Assistenz GmbH (61%) (Abbildung 57). Jeweils knapp die Hälfte der Auftraggeber/innen erachten die gesicherten Arbeitsverhältnisse ihrer Assistent/innen bzw. die Unterstützung durch die Persönliche Assistenz GmbH für sehr wichtig. 41% der Befragten berichten, dass die klare Beschreibung der Assistenzleistungen sehr wichtig ist. Jeder/ Jede dritte Auftraggeber/in hält seine/ ihre Interessensvertretung bzw. die Urlaubs- und Krankenstandsvertretung für Assistent/innen für sehr wichtig, und rund jeder/ jede fünfte Auftraggeber/in Vernetzungsmöglichkeiten und Supervision. Gleichzeitig erachten jeweils 8% der Befragten die klare Beschreibung der Assistenzleistungen, Urlaubs- und Krankenstandvertretung bzw. die Vernetzungsmöglichkeiten für unwichtig. Die Möglichkeit einer Supervision für Auftraggeber/innen halten 12% der Befragten für unwichtig.

Abbildung 54: Beziehung der Auftraggeber/innen zur Persönliche Assistenz GmbH

3.9 Weiterbildung und Änderungswünsche

Im Fragebogen wurden ebenfalls die Weiterbildungs- bzw. Änderungswünsche der Auftraggeber/innen sowie Assistent/innen erhoben. Eingangs werden die Interessen der Assistent/innen dargestellt, anschließend wird das Interesse der Auftraggeber/innen beschrieben und in weiterer Folge werden beide Personengruppen verglichen. Zum Schluss dieses Abschnitts sind die Änderungswünsche der Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen angeführt.

3.9.1 Interesse und Weiterbildungsbedarf der Assistent/innen

Der Abbildung 55 ist zu entnehmen, dass für 43% der Assistent/innen die eigene Persönlichkeitsentwicklung von sehr hohem Interesse ist. Weitere 40% nannten den Umgang mit Konfliktsituationen von sehr hohem Interesse, sie würden sich hierzu Informationen bzw. Weiterbildung wünschen. Annähernd so viele (36%) bezeichnen Heilpädagogik als sehr interessant und jeweils rund 30% zeigen ebenfalls sehr hohes Interesse an einer fixen Anstellung bei der Persönlichen Assistenz GmbH, sowie bei der Erweiterung des Assistent/innenlehrgangs bzw. den Assistenzdienstleistungen. Sehr bzw. hohes Interesse (57%) gibt es bei Supervision, in etwa die Hälfte für eine Stundenerhöhung (48%) sowie regionale Assistent/innen Treffen (50%). Rund ein Fünftel sprechen von sehr hohem Interesse bei Grundversorgung und Hygiene bzw. gesetzlichen Grundlagen.

Ferner ist hierbei bemerkenswert, dass 98% der Assistent/innen an einer Stundenverringerung kein Interesse zeigen. Umgekehrt können sich 48% eine Ausweitung ihrer Tätigkeit vorstellen.

Abbildung 55: Interesse der Assistent/innen

3.9.2 Interesse und Weiterbildungsbedarf der Auftraggeber/innen

Die nachfolgende Abbildung stellt das Interesse an Weiterbildungswünschen von Auftraggeber/innen dar. Es zeigte sich, dass rund ein Drittel sehr hohes Interesse an gesetzlichen Grundlagen wie beispielsweise Behindertengesetz hat. Jeweils sehr hohes Interesse besteht für die eigene Persönlichkeitsentwicklung (33%) bzw. im Umgang mit Konfliktsituationen (30%). Des Weiteren ist auch in der Grundversorgung und Hygiene bzw. Erweiterung der Dienstleistungen hohes bzw. sehr hohes Interesse erkennbar, hierbei interessieren sich mehr als die Hälfte der Auftraggeber/innen für Informationen bzw. Weiterbildung. Regionale Auftraggeber/innen Treffen sind für 17% von sehr hohem Interesse und für 15% die eintägige Einführungsveranstaltung. Ferner konnte eruiert werden, dass für 15% der Auftraggeber/innen sehr hohes Interesse an Supervision besteht.

Abbildung 56: Interesse der Auftraggeber/innen

Die häufige Nennung von Umgang mit Konfliktsituationen steht im Einklang mit den bisherigen Ergebnissen. Auf Seite der Assistent/innen entstehen Konflikte durch Abgrenzung, auf Seiten der Auftraggeber/innen durch die zeitliche Verfügbarkeit, aber auch im emotionalen Bereich. In einem weiteren Schritt wurden die gemeinsamen Interessensbereiche von Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen näher analysiert. Betrachtet man die Mittelwertsvergleiche der Personengruppen (Abbildung 57), so wird ersichtlich, dass für Assistent/innen die eigene Persönlichkeitsentwicklung sowie der Umgang mit Konfliktsituationen von etwas höherem Interesse sind als für Auftraggeber/innen. Die gesetzlichen Grundlagen bilden eine Ausnahme, diese sind wiederum für Auftraggeber/innen interessanter als für Assistent/innen. Der Umgang mit Konfliktsituationen sowie die Erweiterung der Dienstleistungen weisen keine signifikanten Unterschiede auf. Erwähnenswert ist, dass alle Themenbereiche sowohl für Assistent/innen als auch für Auftraggeber/innen im Mittelfeld des Interesses liegen.

Abbildung 57: Interesse nach Personengruppen; Mittelwertsvergleich

3.9.3 Bedarf an zusätzlichen Dienstleistungen

Die Abbildung 58 zeigt den Bedarf an Dienstleistungen für Auftraggeber/innen, die nicht dem Aufgabenbereich der Persönlichen Assistenz zugeordnet sind.

Für 11% der Assistent/innen besteht bei ihren Auftraggeber/innen ein Bedarf an Medikamenten-verabreichung, 4% der Auftraggeber/innen meinen das ebenfalls. Ferner sehen 13% der Auftraggeber/innen einen zusätzlichen Bedarf bei therapeutischen Maßnahmen und 8% der Assistent/innen. Jeweils 5% der Assistent/innen sprechen von einem Bedarf an Katheter setzen bzw. Verband wechseln, bei den Auftraggeber/innen geben jeweils 1% und 3% diesen Bedarf an. Der größte Bedarf aus Sicht der Auftraggeber/innen besteht bei therapeutischen Maßnahmen. Dass dieser von Assistent/innen weniger gesehen wird hat vermutlich damit zu tun, dass sie hier keine Kompetenzen besitzen.

Abbildung 58: Bedarf an Dienstleistungen nach Personengruppen;

Ein Bedarf besteht somit im therapeutischen Bereich. In den anderen Feldern ist er gering.

3.9.4 Wünsche und Anregungen

Assistent/innen und Auftraggeber/innen hatten bei der Befragung die Möglichkeit (ohne Antwortvorgaben), ihre Wünsche und Anregungen darzulegen. Für nähere Analysen wurden die Mehrfachantworten der Assistent/innen (n=42) bzw. der Auftraggeber/innen (n=25) wiederum in Kategorien zusammengefasst.

Die Wünsche bzw. Anregungen der Assistent/innen gliedern sich in fünf Kategorien:

  • Bekanntheit der Persönlichen Assistenz und Erweiterung der Dienstleistungen

  • Rahmenbedingungen der Assistenzsituation

  • Allgemeine Zufriedenheit

  • Aus- und Weiterbildung

  • Arbeitsrechtliche Grundlagen

Wünsche zur Bekanntheit der Persönlichen Assistenz und zur Erweiterung der Dienstleistungen werden hierbei von den Assistent/innen am häufigsten genannt. Aussagen wie beispielsweise "die Persönliche Assistenz im ländlichen Raum bekannter machen", "Assistenz am Arbeitsplatz" oder "Erweiterung auf Altersgruppe der Auftraggeber/innen über 60 Jahre" wurden dieser Kategorie zugeordnet.

In etwa gleich häufig werden Anregungen zu den Rahmenbedingungen der Assistenzsituation, zur allgemeinen Zufriedenheit und zur Aus- bzw. Weiterbildung genannt. Die Kategorie Rahmenbedingungen der Assistenzsituation beinhaltet Wünsche wie "einfachere Abwicklung der Monatsabrechnungen", "Firmenhandy bzw. Firmenauto", "einmal jährlich persönliche Aufklärung über Arbeit und Ziele der Persönlichen Assistenz", "mehr Professionalität im Büro bzw. beim Betriebsrat", "ein kurzes e-mail zur Erinnerung - Veranstaltungen" etc. Die Kategorie allgemeine Zufriedenheit umfasst Aussagen wie "super Arbeit", "weiter so" oder "super und freundliches Team, wo man sich sehr wohl fühlt". Dem Bereich der Aus- und Weiterbildung wurden Antworten zugeordnet wie beispielsweise "Grundschulung für Assistent/in soll nicht absolviert werden müssen, wenn Assistent/in schon Ausbildung hat", "der Grundkurs für Assistent/innen sollte vor oder zu Beginn der Tätigkeit stattfinden", "wünschenswert wären Fortbildungen im psychologischen Bereich", "alle Auftraggeber/innen sollten ebenfalls Kurse machen müssen" oder "wünsche mir fachliche Ausbildung".

Ferner werden Wünsche zur arbeitsrechtlichen Stellung sichtbar, diese sind wiederum in einer Kategorie zusammengefasst. Hierzu zählen Aussagen der Assistent/innen wie beispielsweise "Form der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall", "bessere Aufklärung zum freien Dienstvertrag bei Antritt der Arbeit", "Verbesserung des freien Dienstvertrages", "arbeitrechtliche Stellung", "fixe Anstellung" etc.

Die Wünsche bzw. Anregungen der Auftraggeber/innen gliedern sich in vier Kategorien:

  • Rahmenbedingungen in der Assistenzsituation

  • Wartezeit und Finanzierung der Dienstleistungen

  • Selbstbestimmtes Leben

  • Allgemeine Zufriedenheit

Die häufigsten Wünsche zeigen sich bei den Rahmenbedingungen in der Assistenzsituation. Aussagen wie beispielsweise "bei Konflikten gerechteres Achten auf die Interessen der Auftraggeber/innen", "mehr Informationen über allgemeine und rechtliche Rahmenbedingungen der Assistent/innen und gleichzeitig mit Assistent/innen" oder "regionale Treffen für Auftraggeber/innen, nicht nur in Linz".

Anregungen zur Wartezeit bzw. Finanzierung der Dienstleistungen werden ebenfalls des Öfteren von Auftraggeber/innen genannt. Antworten wie "Anhebung des Pflegegeldes, sonst auf Dauer zu teuer" oder "lange Wartezeit auf Bewilligung, ist Problem" oder "schlank, kostengünstig (auch für das Land OÖ) bleiben und vor allem flexible (Allrounddienste)" wurden dieser Kategorie zugeordnet.

Weitere Wünsche der Auftraggeber/innen betreffen die Selbstständigkeit bzw. ein Selbstbestimmtes Leben. In dieser Kategorie finden sich Angaben wie "durch die Assistenz genieße ich die Möglichkeit, "normalen Alltag" trotz meiner Beeinträchtigung leben zu können" oder "es ist super, dass es die Persönliche Assistenz gibt, ich fühle mich seither viel freier!", oder "Entwicklung und Mut zu mehr Selbstbewusstsein bei uns Auftraggeber/innen".

Auch Aussagen zur allgemeinen Zufriedenheit mit der Persönlichen Assistenz GmbH nennen Auftraggeber/innen häufig. Angaben wie "Ihr seid spitze!", "danke für die gute Unterstützung und Zusammenarbeit" oder "ich wünsche mir gute Zusammenarbeit auch weiterhin!" sind der Kategorie allgemeine Zufriedenheit zugeordnet.

3.9.5 Zusammenfassung

Tabelle 9: Interesse und Weiterbildungsbedarf

Assistent/innen

Auftraggeber/innen

Hohes Weiterbildungsinteresse an:

 

Eigene Persönlichkeitsentwicklung 43%

Umgang mit Konfliktsituationen 40%

Heilpädagogik 36%

Gesetzliche Grundlagen 35%

Eigene Persönlichkeitsentwicklung 33%

Umgang mit Konfliktsituationen 30%

An einer Erweiterung der Dienstleistungen der Persönlichen Assistenz sind Personen interessierter die:

 
  • im Tätigkeitsbereich Grundversorgung arbeiten (r=0,32)

  • bei ihren Auftraggeber/innen einen Bedarf an Dienstleistungen sehen, die Assistent/innen nicht durchführen können oder dürfen (Medikamente verabreichen r=0,28, Verband wechseln r=0,25, Katheter wechseln r=0,30, Therapeutische Maßnahmen r=0,27)

  • häufiger als Motiv für die Assistenztätigkeit "Hilfe für andere Menschen" (r=-0,20) und "Arbeite gerne im Sozialbereich" (r=-0,16) nennen

  • Assistenzleistungen in den Bereichen Emotionale Unterstützung (r=0,28) und Grundversorgung in Anspruch (r=0,34) in Anspruch nehmen

  • einen Bedarf an Dienstleistungen haben, die Assistent/innen nicht durchführen können oder dürfen (Spritzen geben r=0,19, Medikamente verabreichen r=0,21, Verband wechseln r=0,19, Therapeutische Maßnahmen r=0,31)

  • häufiger als Motive für die Inanspruchnahme der Persönlichen Assistenz "Entlastung meiner Familie/Freunde" (r=-0,15) und "Vermeidung einer Heimunterbringung" (r=-0,29) nennen

  • eine höhere Anzahl an Assistent/innen haben (r=-0,21)

  • eine höhere Anzahl an Assistenzstunden haben (r=-0,30)

  • nicht erwerbstätig sind (r=-0,18)

  • Dienstleistungen anderer Organisation in Anspruch nehmen (r=0,17)

  • von einer fortschreitenden Beeinträchtigung betroffen sind (r=-0,23)

An einem erweiterten Lehrgang sind Assistent/innen interessierter die:

An einer eintägigen Einführungsveranstaltung sind Auftraggeber/innen interessierter die:

  • häufiger als ausschlaggebendes Motiv für die Tätigkeit "Arbeite gerne im Sozialbereich" nennen (r=-0,19)

  • die Stundenanzahl als nicht ausreichend bezeichnen (r=-0,23)

  • als ausschlaggebende Motive für die Inanspruchnahme der Persönlichen Assistenz "Selbstständige Organisation der Assistenzleistungen" (r=-0,19), "Selbstbestimmung" (r=-0,23) und "Hohes Maß an Selbstständigkeit" (r=-0,17) nennen

  • Assistenzleistungen im Bereich "Freizeit/ Mobilität" in Anspruch nehmen (r=0,42)

An einer Stundenerhöhung sind Assistent/innen interessierter die:

 
  • eine höhere Anzahl an Auftraggeber/innen haben (r=-0,15)

  • seit kürzerer Zeit als Assistent/in tätig sind (r=-0,20)

  • eine facheinschlägige Berufsausbildung haben (r=0,14)

  • als ausschlaggebendes Motiv für die Assistenztätigkeit "Überbrückung von Arbeitslosigkeit" nennen (r=-0,31)

 

Beide Personengruppen zeigen ein hohes Interesse an Weiterbildungsmaßnahmen, die den Umgang mit Konfliktsituationen bzw. die eigene Persönlichkeitsentwicklung zum Inhalt haben. Veranstaltungen zu diesen Themenbereichen sollten verstärkt angeboten werden.

Eine Erweiterung der Assistenzleistungen wird besonders dann relevant, wenn die Grundversorgung das Haupttätigkeitsfeld darstellt und die Beeinträchtigung fortschreitend ist. Der Bedarf der Auftraggeber/innen wird weiters klar dargestellt durch die höhere Anzahl an Assistent/innen und Assistenzstunden und durch die angeführten Motive "Vermeidung einer Heimunterbringung" und "Entlastung der Familie/Freunde". Der Situation dieser Auftraggeber/innen sollte somit verstärkt die Unterstützung der Persönliche Assistenz GmbH zukommen.

Auftraggeber/innen, die regelmäßig Assistenzleistungen im Bereich Freizeit und Mobilität in Anspruch nehmen, sind interessiert an Veranstaltungen. Dies hebt die Bedeutung der Mobilität hervor: Auftraggeber/innen, die mobil sind (z.B. durch Fahrtdienste), ziehen Weiterbildung eher in Erwägung als jene mit eingeschränkter Mobilität. Ein höheres Interesse zeigen auch jene Auftraggeber/innen, für die Selbstständigkeit und Selbstbestimmung wichtige Motive sind.

Assistent/innen, die gerne im Sozialbereich arbeiten, zeigen auch verstärktes Interesse an Weiterbildung, und jene mit einer facheinschlägigen Ausbildung wollen ihre erworbenen Kompetenzen umsetzen und sind an einer Stundenerhöhung interessiert.

Personen, die mit der Assistenztätigkeit Phasen der Arbeitslosigkeit überbrücken, zeigen vermutlich aufgrund ihrer ökonomischen Situation Interesse an einer Stundenerhöhung.

Maßnahmen:

  • Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich Konfliktmanagement und Persönlichkeitsentwicklung

  • Ausbau der Assistenzbegleitung, um Konflikte möglichst früh abfangen zu können (ev. regionale Assistenzbegleiter/innen für eine bestimmte Anzahl von Assistent/innen und Auftraggeber/innen - Neutralität muss gewährleistet sein)

  • Verstärkter Fahrdienst für den Besuch von Weiterbildungsveranstaltungen



[8] Arbeitskräfteerhebung 2006 - Ergebnisse des Mikrozensus (Statistik Austria), email von Kirschner/ Statistik OÖ vom 12.11.2007

[9] Es sind dies 1.144,7 Personen

[10] Fragestellung mit offener Antwortmöglichkeit

[11] "Ein/e Pensionsbezieher/in hat dann Anspruch auf Ausgleichszulage, wenn sein/ihr Gesamteinkommen einen gesetzlich festgelegten Betrag - den so genannten Richtsatz - nicht erreicht." (Pensionsversicherungsanstalt 2008, 2)

[12] Bevölkerung in den oö. Gemeinden per 1.1.2007 (laut ZMR-Populationsregister) - Statistik Austria Stand 1.1.2007 gemäß dem Zentralen Melderegister (email von Kirschner/ Statistik OÖ vom 27.12.2007)

[13] Wohnbevölkerung der oö. Bezirke per 1.1.2007 gemäß ZMR-Bevölkerungsregister - Statistik Austria (email von Kirschner/ Statistik OÖ vom 27.12.2007)

[14] Davon nennt 1 Person neben der Sehbeeinträchtigung keine körperliche Beeinträchtigung.

[15] Davon nennt 1 Person neben der Hörbeeinträchtigung keine körperliche Beeinträchtigung.

[16] Stufe 1:mehr als 50 Stunden: 148,30 €

Stufe 2:mehr als 75 Stunden: 273,40 €

Stufe 3: mehr als 120 Stunden: 421,80 €

Stufe 4: mehr als 160 Stunden: 632,70 €

Stufe 5: mehr als 180 Stunden sowie außergewöhnlicher Pflegeaufwand: 859,30 €

Stufe 6: mehr als 180 Stunden, wenn regelmäßig während des Tages und der Nacht zeitlich unkoordinierbare Betreuungsmaßnahmen zu erbringen sind, oder die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson erforderlich ist, weil eine Eigen- oder Fremdgefährdung wahrscheinlich ist: 1171,70 €

Stufe 7: mehr als 180 Stunden, wenn keine zielgerichteten Bewegungen der vier Extremitäten mit funktioneller Umsetzung möglich ist, oder ein vergleichbarer Zustand vorliegt: 1562,10 €

[17] Das Bundespflegegesetz gilt vor allem für Bezieher/inneneiner Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung, einer Beamt/innenpension, von Vollrenten aus der Unfallversicherung, von Renten und Beihilfen aus der Kriegsopferversorgungen sowie nach dem Opferfürsorgegesetz, nach dem Impfschadengesetz und nach dem Verbrechensopfergesetz.

Das Landespflegegesetz gilt für alle pflegebedürftigen Menschen, die nicht unter das Bundespflegegesetz - beispielsweise ASVG Versicherte - fallen, wie mitversicherte Angehörige, Sozialhilfeempfänger/innen und Bezieher/innen einer Beamt/innenpension des Landes oder der Gemeinde. (Sozialplattform Oberösterreich 2007, 29)

[18] Für Deutschland gelten folgende Bestimmungen: Pflegebedarf wird nur bei bestimmten Verrichtungen des/der Hilfebedürftigen berücksichtigt. Hierzu gehören ausschließlich Verrichtungen in folgenden vier Bereichen:

im Bereich der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- oder Blasenentleerung)

im Bereich der Ernährung (mundgerechtes Zubereiten oder Aufnahme der Nahrung)

im Bereich der Mobilität (selbstständiges Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung)

im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung (Einkaufen, Kochen, Reinigen und Beheizen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche).

Verrichtungen der medizinischen Betreuung werden beim festzustellenden Hilfebedarf nicht berücksichtigt. (Jansen 2007)

[19] Pflegegeldbezieher/innen nach Bundes- und Landespflegegesetz 2001 in OÖ (Amt der oberösterreichischen Landesregierung/ Sozialabteilung 2003, 69)

[20] Pflegegeldbezieher/innen nach Bundes- und Landespflegegesetz 2001 in OÖ (Amt der oberösterreichischen Landesregierung/ Sozialabteilung 2003, 69

[21] %Anteil wurde auf Datenbasis 2005 berechnet (Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz 2007b)

[22] Von Frau Moosbrugger/ SLI OÖ wurde bereits eine Forderung diesbezüglich bei der Sozialabteilung des Landes OÖ eingebracht.

[23] Ole Petter Askheim (1999) von der Universität Lillehammer hat im Herbst 1996 eine erste Studie unter den damaligen 122 Assistenznehmer/innen in Norwegen durchgeführt und folgende Ergebnisse veröffentlicht: Die befragten Auftraggeber/innen sind relativ jung (75% sind unter 50 Jahre, Durchschnitt 39 Jahre) und haben höhere Schulabschlüsse als der Durchschnitt der Menschen mit Beeinträchtigung in Norwegen und sind aktiv in Organisation für Menschen mit Beeinträchtigung tätig "Young, acitve, educated" (Askheim 1999, 112).

Trotz höherer Bildung haben Auftraggeber/innen seltener ein Arbeitsverhältnis als andere Norweger/innen mit Beeinträchtigung (20% versus 37% Voll- oder Teilzeit). Stundenausmaß der Persönlichen Assistenz: Askheim hat in drei Gruppen eingeteilt (44% der Befragten haben 16-37,5 Assistenzstunden pro Woche, 30% nehmen 1-15 Stunden und 26% über 37,5 Wochenstunden).

Personen, die mehr Assistenzstunden haben, sind insgesamt zufriedener mit dem System Persönliche Assistenz und sind auch der Meinung, dass die Persönliche Assistenz positive Veränderung in ihrem Leben gebracht hat (z.B. erhöhte Flexibilität, größere Selbstbestimmung, bessere Lebensqualität). Unter den Befragten sind überwiegend Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen.

[24] In Norwegen wurde die Persönliche Assistenz später als in Schweden und Finnland gesetzlich verankert. Zu Beginn der 1990er Jahre wurden Versuchsprojekte gestartet - initiiert durch die Independent Living Bewegung.

[25] Es wird darauf hingewiesen, dass nach "Kurze Wartezeit auf Bewilligung der Assistenzleistungen" nur im Auftraggeber/innenfragebogen gefragt werden konnte und dieses Item daher in der folgenden Reihung fehlt. Es stellt allerdings -wie Abschnitt 3.2.3 zeigen wird, ein äußerst wichtiges Items für Auftraggeber/innen dar.

[26] 11 Items im Fragebogen der Auftraggeber/innen

[27] Durchschnittliche Stundenanzahl pro Monat/4,3

[28] Median 30 Stunden, Mittelwert 64 Stunden

[29] Gefragt wurde nach dem durchschnittlichen monatlichen Netto-Einkommen als Assistent/in.

[30] 99,9% signifikant; df=Freiheitsgrade

[31] 95% signifikant; df= Freiheitsgrade

4. Ergebnisse der Expert/innenbefragung

"Die Persönliche Assistenz GmbH ist der Weg, der die Menschen mit Beeinträchtigungen in der individuellsten Weise den ständigen Gebrauch der Freiheit ermöglicht - und damit zum steten Wachstum der Freiheit im Sinne von Selbstbestimmtheit und Chancengleichheit beiträgt."

[Sozial-Landesrat Josef Ackerl

in: Persönliche Assistenz GmbH 2006, 2]

Im folgenden Abschnitt wird eingangs die Entwicklung der Persönlichen Assistenz in Oberösterreich aus Sicht der Expert/innen (Vertreter/innen des Vereins Selbstbestimmt-Leben-Initiative Linz, der Persönlichen Assistenz GmbH sowie der Sozialabteilung des Landes Oberösterreich)[32] näher betrachtet. In weiterer Folge werden die Erwartungen der Expert/innen an Assistent/innen und Auftraggeber/innen hinsichtlich der Persönlichen Assistenz erläutert. Ferner werden Erfahrungen bei Wechsel- bzw. Konfliktsituationen beleuchtet und anschließend wird Weiterbildung thematisiert. Der Bedarf an zusätzlichen Dienstleistungen, andere Assistenzanbieter/innen, Öffentlichkeitsarbeit und Ansehen der Persönlichen Assistenz in der Gesellschaft sind - aus Sicht der Expertinnen - in weiterer Folge beschrieben. Die Ziele des Vereins bzw. der Persönlicher Assistenz GmbH bilden den Abschluss dieses Abschnitts.

4.1 Entwicklung der Persönlichen Assistenz in Oberösterreich

Der Verein Selbstbestimmt-Leben-Initiative Linz wurde 1998 gegründet. Drei Jahre später stellte die Sozialabteilung des Landes OÖ erstmals finanzielle Mittel für Persönliche Assistenz zur Verfügung. Daraus hat sich die Persönliche Assistenz GmbH entwickelt, welche im Jahr 2004 konstituiert wurde. (siehe Abschnitt 1.3).

Auszüge aus den Expert/innen/interviews zur Vereinsgründung bzw. zur Entwicklung der Persönlichen Assistenz GmbH sind nachfolgend wiedergegeben:

"Es ist aus einer Selbstvertretungsgruppe ein Verein geworden, natürlich mit einem Vorstand und allem was dazu gehört. [...] die Vereinsmitglieder sind schon gestiegen, mir ist jedoch nicht so geläufig sind es jetzt 50 oder 60 Mitglieder. Dies ist so kontinuierlich gewachsen, so ganz bescheiden aber würde ich sagen [...] Also die Gründung der Persönlichen Assistenz GmbH war am 1. März 2004. Damals war Träger der Verein Condor und SLI Linz [Selbstbestimmt-Leben-Initiative Linz]. Der Verein Condor war ein Partnerverein, der Unterschied zu unserem Verein SLI wie er jetzt ist: Im Verein Condor waren damals auch Menschen mit psychischer Beeinträchtigung und auch im Vorstand und was auch schlussendlich zum Verfall beigetragen hat. Weil Menschen mit psychischer Beeinträchtigung teilweise oft auch sehr lange ausfallen, weg sind, wieder in Behandlung, im Krankenhaus, das war sehr sehr schwierig, das war fast nicht zu machen das ganze Programm" [...] (SLI-Vorstand, U3, 20:53)

"Die Entwicklung von SLI kann ich nicht so gut verfolgen, ich habe mitbekommen, dass die Persönliche Assistenz ein sehr wesentliches Thema geworden ist, was früher eine Teilforderung war. SLI beschäftigt sich mit vielen politischen Fragen und Persönliche Assistenz keineswegs und dadurch dass es jetzt ein eigenes Unternehmen gibt, die was dieses Thema abdeckt, ist es nicht ein großes Thema geworden. Wie sich der Verein dadurch selber entwickelt hat, kann ich schlecht beobachten, es hat relativ viel Wechsel gegeben aber auch stabile Gruppen, aber recht viel größer ist SLI nicht geworden. Der Unterschied es hat früher SLI Linz geheißen und jetzt heißt es, dadurch dass wir landesweit tätig sind, SLI Oberösterreich, also Selbstbestimmt-Leben-Initiative Oberösterreich.[...]"(Geschäftsführung, I3,14:21)

"Also die Persönliche Assistenz ist ja ein Kind aus der Gruppe SLI. SLI war damals eine Initiative von körperbehinderten Menschen, die sich zusammengeschlossen haben um für sich selber einzutreten um andere Möglichkeiten zu finden, außer Heimunterbringung."(Assistenzbegleitung, H3,25:27)

"SLI wurde 1998 von einer Initiative von Betroffenen zum Verein - nach jahrelangen Forderungen bewilligte das Land dem Verein Condor Persönliche Assistenz als Beschäftigungsprojekt für psychisch beeinträchtigte Menschen. Bald stellte es sich heraus, dass das nicht möglich ist. Die Persönliche Assistenz GmbH entwickelte sich unter der Geschäftsführung von Herrn Breitfuß schnell zu einer vom Land OÖ ernst genommenen Organisation, die Persönliche Assistenz anbietet und nach der Auflösung des Vereines Condor wurde SLI OÖ alleinige Eigentümerin der Persönlichen Assistenz -GmbH."(Interessensvertretung, M3,16:21)

"Das war so, ich war ja von Anfang an involviert, wo es einen Antrag gegeben hat vom SLI, sie wollen Persönliche Assistenz anbieten, und das war dazumals mit den handelnden Personen .. für uns, die wir schon aus dem anderen Kontext gekannt haben, schwierig, ja. [...] Wie es dann die Entscheidung gegeben hat, wir machen das, sind wir hergegangen und haben mit diesen Personen Kontakt aufgenommen und haben halt Rahmenbedingungen festgelegt, ja und wir haben gesagt, wir müssen am Anfang diesen Träger ganz, ganz eng begleiten. [...] Im Hintergrund hat sich dann aber auch der Vorstand verändert vom SLI, [...] der Verein Condor als solcher ist ja dann weggekommen, da hat´s dann auch Konflikte gegeben. Mittlerweile sag ich auch, dass sozusagen der Verein, der im Hintergrund steht, ja, auf guten Füßen steht, [...] Am Anfang haben wir da ja sehr mit Argus-Augen hingeschaut, ob das funktionieren kann, wobei sozusagen, das hat sich dann in Wohlgefallen aufgelöst, ich glaub, für alle Beteiligten, [...] Wichtig war aber auch in dem Zusammenhang, dass wir relativ offen Gesprächsführung darüber gehabt haben, was funktioniert und was funktioniert nicht. Wir auch sukzessive von der Zielgruppe noch mal geschaut haben, und genauer definiert haben, weil dann auf einmal ältere Menschen aufgetaucht sind, Beeinträchtigungsbilder die eigentlich, von denen eher ältere Menschen betroffen sind. Auf einmal zur Diskussion gestanden sind, ob die auch über die Persönliche Assistenz abgewickelt werden können, das war das eine und das zweite war auch immer wieder die Frage der maximalen Stunden im Monat. Das hat man jetzt sukzessive von 180 haben wir einmal angefangen, auf 250 gesteigert. Und auch sukzessive die Verbesserung gemacht, was die Einschulung betrifft, dass es da so ein Modul gibt, etc.(Referatsleiterin, K3, 36:66)

Aus den Expert/inneninterviews werden die einzelnen Entwicklungsschritte ersichtlich, mit denen die Entstehung der Persönlichen Assistenz in Oberösterreich verbunden war. Gleichzeitig wird auch auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die sich durch die Kooperation mit dem Verein Condor ergaben. Weiters untersteichen die Befragten die unterschiedlichen Aufgaben des Vereins SLI OÖ und der Persönlichen Assistenz GmbH.

4.2 Erwartungen an Assistent/innen und Auftraggeber/innen

Durch die Ausübung der Assistenztätigkeit werden an Auftraggeber/innen und Assistent/innen unterschiedlichste Erwartungen gestellt.

Persönliche Vorraussetzungen, die nach Angaben der Persönlichen Assistenz GmbH Assistent/innen für die Ausübung der Assistenztätigkeit mitbringen sollen, sind:

  • Interesse mit und für Menschen mit Beeinträchtigung zu arbeiten

  • Fähigkeit, auf individuelle Wünsche und Bedürfnisse der Auftraggeber/innen einzugehen

  • Bereitschaft möglichst viele der im Rahmen der Persönlichen Assistenz anfallenden Tätigkeiten auszuüben

  • Zuverlässigkeit

  • Flexibilität bei den Dienstzeiten (Persönliche Assistenz GmbH 2007)

Auftraggeber/innen, die Persönliche Assistenz in Anspruch nehmen, sollen ebenso vielfältige Kompetenzen haben, damit die Erwartungen hinsichtlich der Assistenzsituation für beide Personengruppen zufrieden stellend erfüllt werden können(siehe Abschnitt 1.3).

Erwartungen an Auftraggeber/innen und Assistent/innen sind auch in den Ausführungen der Expert/innen sichtbar:

"Mein Wunsch wäre es, dass sich die Assistent/innen wirklich fähig sind, sich zurückzunehmen, also nicht im Sinne von übermütterlich, oder behütender Persönlicher Assistenz, sondern dass sie darauf warten, dass die Auftraggeber/innen sagen, jetzt brauch ich das und jenes und so hätte ich es gerne, und das auch immer wieder rückfragen und klären, ob das passt. Das wäre mein Wunsch, die Zurückhaltung und einfach darauf zu warten. Umgekehrt würde ich mir von den Auftraggeber/innen wünschen, Aufträge besser zu erteilen, klarer und auch wirklich sachlicher."(Assistenzbegleitung, H3,338:344)

"Dass die [Assistent/innen] ihre Auftraggeber/innen nicht wertschätzen und teilweise mit einer falschen Erwartung vielleicht, in die Arbeit einsteigen. [...] Mir fällt immer wieder auf, dass dies fehlt oder zuwenig ist. [...] Das ist für mich die Voraussetzung, dann das Einfühlungsvermögen natürlich ohne stundenlang darüber zu reden und zu diskutieren, dass sich die Assistent/innen dann wirklich einfühlen können. Das ist für mich eine unbedingte Voraussetzung und an dem mangelt es auch. Es ist mir das auch sehr bewusst.(SLI-Vorstand, U3,159:173)

"Bei den Auftraggeber/innen erwarte ich mir, dass sie annähernd in das System der Persönlichen Assistenz passen, im Prinzip gehe ich davon aus, dass dies eine Dienstleistung ist, die jeder kriegen sollte, der sie brauchen kann, also weniger differenziert, allerdings habe ich gesehen, dass bei manchen Personen mit manchen Bedarf nicht funktioniert. Wir haben erhebliche Schwierigkeiten bei Menschen die psychisch beeinträchtigt sind, die eine Persönlichkeitsstörung haben und die sich auf der Beziehungsebene schwer tun, so das Grundsätzliche herzustellen. Hier haben wir beträchtliche Schwierigkeiten mit unserer Form der Laienhilfe was die Persönliche Assistenz ist. [...] Von vornherein erwarte ich mir hier relativ wenig. Gewisse Kompetenzen erwarte ich mir von den Assistent/innen aber schon. Leute, die ein extremes Helfersyndrom haben und wir bemerken das vorher, werden wir das eher lassen, denn das hat wenig Sinn, aber es gibt auch Personen, die in dem Bereich dabei sind. Wo wir auch Schwierigkeiten haben, das sind Assistent/innen die selber psychisch gestört sind, das war nämlich ursprünglich."(Geschäftsführung, I3,157:182)

"Ich denke ich kann den Anderen nicht meine Erwartungen aufsetzen! Was ich mir aber von beiden Seiten wünschen würde, wäre eine bewusstere Auseinandersetzung mit dem Grundkonzept der Persönlichen Assistenz, eine ehrliche und wertschätzende Kommunikation miteinander, sowie das beidseitige Bestreben in die jeweilige Rolle hinein zu wachsen!"(Interessensvertretung, M3,53:56)

"Wenn jetzt jemand neu hinzukommt, habe ich keine Erwartungen, dass der so oder so sein muss. Ich denke mir, jeder Mensch ist anders und ich versuche dann, meine Aufgabe so weit zu regeln, dass er die Persönliche Assistenz bekommt."(Mitarbeiterin der Persönlichen Assistenz GmbH, J3,111:113)

"Neben der faktischen Leistung, die passiert, die individuell abrufbar ist, dass man sich die Zeiten vereinbaren kann, etc. wo auch mehr Flexibilität (Bandwechsel) Flexibilität ist ein ganz wesentliches und wichtiges Kriterium. Ich hab aber auch so das Gefühl, dass die Erwartungshaltung ist, dass da ein hoher Respekt und eine hohe Akzeptanz vom Know-how der Betroffenen selber ist, die diese Leistungen brauchen, in ihrem Dasein und in ihrem Anderssein, oder Sosein, einfach auch respektiert und akzeptiert werden. Und auch sozusagen das, was sie dann sagen, was sie brauchen, dass es dann tatsächlich auch so erfüllt wird. Und manchmal hab ich auch das Gefühl, dass es ein bisschen eine Mischung ist nicht nur, dass jetzt diese Assistenzleistung passiert, sondern dass da auch so ein wenig eine persönliche Bindung passiert, ja, kann ich jetzt nicht in jedem Fall sagen, aber das krieg ich einfach mit, dass da auch eine menschliche Nähe da ist."(Referatsleiterin, K3,150:159)

"Bezogen auf die Assistent/innen ist es so, dass ich mir von den Assistent/innen eines erwarte, wenn wir jetzt ein Team sind zum Beispiel, dann erwarte ich mir natürlich eines, dass da nicht gegeneinander gearbeitet wird, sondern miteinander."(Betriebsrat, L3,93:96)

Bei den Expert/innengesprächen zeigt sich, dass die Erwartungen an Assistent/innen im Vordergrund stehen. Thematisiert werden als wichtige Bedingungen für eine erfolgreiche Assistenzsituation eine respektvolle Grundhaltung der Assistent/innen ihren Auftraggeber/innen gegenüber, Einfühlungsvermögen, eine gewisses Maß an Zurückhaltung und Abgrenzung. Ebenso wird erwartet, dass sich Assistent/innen mit dem ideologischen Hintergrund der Persönlichen Assistenz auseinandersetzen. Letzteres wird auch von Auftraggeber/innen gefordert.

Hingewiesen wird auf die Grenzen der Persönlichen Assistenz im Hinblick auf Auftraggeber/innen mit psychischer Beeinträchtigung. Hier wird die Laienhilfe - die ja eines der wesentlichen Merkmale der Persönlichen Assistenz darstellt - nicht als adäquate Unterstützungsleistung gesehen.

4.3 Erfahrungen mit Wechsel- bzw. Konfliktsituationen

Unterschiedliche Gründe können zu Assistent/innen- bzw. Auftraggeber/innenwechsel beitragen. Beispielsweise finden Assistent/in und Auftraggeber/in keine gemeinsame "Basis", Jobwechsel bzw. Wohnortwechsel der Assistent/innen, Meinungsverschiedenheiten etc. (siehe Abschnitt 3.7).

Konfliktsituationen können einerseits sehr unterschiedlich gesehen und gehandhabt werden und andererseits auch Belastungen in der Arbeitssituation darstellen (siehe Abschnitt 3.5).

Die Erfahrungen der Expert/innen im Umgang mit Wechsel- bzw. Konfliktsituationen sind anschließend exemplarisch angeführt.

"Es gibt sicher viele Gründe, warum es zum Wechsel kommt. Manchmal bekommen Assistent/innen einen besseren Job, denn Persönliche Assistenz ist meistens nur ein etwas unsicherer Nebenjob. Doch öfters kommt es sicher auch aus Frust zum Wechsel, weil Probleme bzw. Alltagsschwierigkeiten nicht offen angesprochen werden, oder (oft unausgesprochene) Erwartungen von beiden Seiten nicht konstruktiv besprochen wurden, sowie unterschiedliche Erfahrungen."(Interessensvertretung, M3,62:66)

"Der Hauptauslöser, dass sind sachliche Gründe, Persönliche Assistenz ist ein typischer Nebenjob. Es gibt ganz Wenige, die davon leben können, im Überwiegenden sind es geringfügige Jobs und das hat eine natürliche Fluktuation. Man hat eine Arbeit gefunden, verlegt den Wohnsitz, das Studium ist vorbei, dass sind die Hauptgründe der Assistent/innen."(Geschäftsführung, I3,252:255)

"Ich kenne es nur von Erzählungen von Kolleginnen und Kollegen, das dies manchmal ein sehr schwieriger Prozess ist. Ich muss mich wieder an jemand anderen gewöhnen oder ist es überhaupt möglich, wieder den Geeigneten zu finden, sehr viel Bedenken, sehr viel Angst und Unsicherheit. .. Ja und dies ist an und für sich schon sehr schlimm. [...] Oder dass die Anforderungen möglicherweise zu hoch sind, dass Assistent/innen sagen, so gewisse Dinge möchten sie nicht machen[...] z.B.: sehr viel oder nur Putzen, will nicht mehr, die will das nicht mehr machen. Ja dann auf der persönlichen Ebene, Streitigkeiten, die nicht ausgeräumt werden oder über die nicht geredet werden kann."(SLI-Vorstand, U3,177:191)

"Ein Wechsel passiert eher dann, wenn es total schwierig wird zwischen Auftraggeber/innen und Assistent/innen, also wenn sich die Situation schon so verfahren hat, dass sie schon untragbar sind. [...] Beide haben dazu beigetragen, dass die Persönliche Assistenz - Beziehungen auseinander gebrochen ist und beide sollten etwas Neues starten und auch zu reflektieren, was kann ich denn nächstes Mal verändern oder besser machen [...]."(Assistenzbegleitung, H3,381:389)

"Eine wichtige Rolle hat sicher die Assistenzbegleitung, ansonsten beschränkt sich Konfliktmanagement auf Telefonkontakte, "wenn's brennt"! Der Geschäftsführer bemüht sich um ein offenes Ohr für Auftraggeber/innen und Assistent/innen und im Team bemühen wir uns um Lösungen, die für alle Beteiligten gut sind. Assistent/innen können noch Supervision beanspruchen und sich in Regionalgruppen austauschen. In Einzelfällen kann es jedoch auch zur Beendigung der Persönlichen Assistenz bei Auftraggeber/innen oder zur Kündigung von Assistent/innen kommen."(Interessensvertretung, M3,14:19)

"Die Persönliche Assistenz überträgt sehr viel von Kompetenzen an Auftraggeber/innen und Assistent/innen, dass sie selber damit umgehen können. Wir bieten Unterstützungen an, die Assistenzbegleitung die angeboten wird, die kommt um vor Ort zu unterstützen, wenn es notwendig ist, die redet dann mit den Auftraggeber/innen oder Assistent/innen alleine oder gemeinsam, je nach dem, wie es notwendig ist. [...] Es gibt eine Supervision die auch regional angeboten wird, wo Assistent/innen Kompetenz gewinnen können, wie sie mit Konfliktsituationen umgehen können, was auch wahrgenommen wird.[...] [Auftraggeber/innen auch?] Nein, für Auftraggeber/innen gibt es keine Supervision derzeit, aber die Idee ist kürzlich geboren, [...] Ob nicht so ein Team Supervision machen könnte, also die Auftraggeber/innen gemeinsam mit ihren Assistent/innen. Das wäre eine interessante Idee auch für die Supervision, das wäre was Neues, das gibt es aber noch nicht." (Geschäftsführung, I3,262:276)

"Ja, das war am Beginn und der Zeit nach Beginn eine sehr schwierige Geschichte. Inzwischen gibt es die Assistenzbegleitung, das ist bei uns eine eigene Person die auch geschult ist, die Gespräche führt und bei Bedarf gerufen wird und dort hinfährt und wo an dem Thema gearbeitet wird bzw. ohne besondere Bestellung. Die auch reihum Besuche macht, aber schon angekündigte, wo dann vielleicht das Gespräch dahin gehen kann, dass man darauf kommt, dass schon (...) Also ich tät sagen, dass dies erkannt wurde und Maßnahmen gibt. Wieweit das jetzt genug ist, ist mir nicht klar, möglicherweise ist es zu wenig."(SLI-Vorstand, U3,197:203)

"Jemand ruft an, entweder der Auftraggeber/innen oder der Assistent/innen, dann [...] es geht immer an den Assistenzbegleiter einmal zu schauen, wie kann man das entschleunigen und wie man die ganze Geschichte in Lauf bringt. Fast immer wird die Assistenzbegleitung eingeschaltet.[...], was ist hier passiert, woher kommt das Problem, was tun wir in Zukunft damit. Was heißt das jetzt? Heißt das, dass ihr euch überhaupt nicht mehr versteht, wollt ihr euch noch eine Chance geben, wie soll das laufen, was ist euer Wunsch". (Assistenzbegleitung, H3,505:519)

"Wenn heute ein Wechsel passiert, oder er steht schon an, das ist kaum mehr möglich, wenn sich heute zwei Leute, jetzt Assistent und Auftraggeber, wenn sich die nicht mehr verstehen, ist es kaum mehr möglich, dass in irgendeiner Form zu kitten, und zwar aus dem einen Grund, man ist einfach viel zu nahe. Man ist im körperlichen Kontakt fast immer, weil es ist fast immer die Pflege dabei, und wenn da irgendwann einmal was nicht funktioniert, dann ist das - und das ist meine persönliche Meinung - kaum mehr kitten." (Betriebsrat, L3,142:147)

Als Gründe für einen Assistent/innenwechsel werden Konflikte in der Assistenzbeziehung und Änderungen im Lebensumfeld der Assistent/innen genannt (z.B. Beendigung einer Ausbildung). Auch die Tatsache, dass die Assistenztätigkeit als "typischer Nebenjob" gilt, erhöht die Fluktuationsbereitschaft. Dies deckt sich mit den Ergebnissen aus der quantitativen Befragung.

Die Assistenzbegleitung, deren Bedeutung von einigen Expert/innen unterstrichen wird, nimmt in Konfliktsituationen die Funktion eines Mediators/einer Mediatorin ein. Zusätzlich wird Supervision für Assistent/innen - und in Zukunft auch für Auftraggeber/innen - angeboten.

Ein Experte äußert Bedenken, ob in Konfliktsituationen ein Assistenzwechsel vermieden werden kann.

4.4 Arbeitsrechtliche Stellung der Assistent/innen

Die arbeitsrechtliche Stellung der Assistent/innen wird in der Persönlichen Assistenz GmbH sehr ambivalent gesehen. Der Großteil der Assistent/innen verfügt über freie Dienstverträge (siehe Abschnitt 3.3.3) Es besteht aber auch die Möglichkeit einer festen Anstellung bei der Persönlichen Assistenz GmbH.

Aussagen der Expert/innen zur arbeitsrechtlichen Stellung der Assistent/innen sind nachfolgend wiedergegeben:

"Eine fixe Anstellung der Assistent/innen gibt Auftraggeber/innen sicher auf der einen Seite mehr Sicherheit, andererseits üben Assistent/innen Druck auf Auftraggeber/innen aus, weil sie Stunden brauchen." (Interessensvertretung, M3,100:102)

"Schon eine beträchtliche Auswirkung. Der freie Dienstvertrag ist wirklich frei und es kann das Arbeitsverhältnis von einem Moment auf den anderen beendet werden. Das können sowohl die Auftraggeber/innen und Assistent/innen machen und dadurch ist es viel präkerer für die Anstellung. Die feste Anstellung ist eine komplizierte Aufgabe für die PA, weil es ein personenbezogene Dienstleistung ist und wenn jetzt ein Assistent/innen bei einer Auftraggeber/innen arbeitet und die fällt aus, wegen Reha, Urlaub, Krankenhaus ö.ä., dann können wir die Assistent/innen nicht einfach zu einem anderen Auftraggeber/innen schicken. Das heißt, sie hat keine Arbeit, aber muss bezahlt werden, das ist eine schwierige Situation. [...] Diese Verbindlichkeit hat auch noch eine Reihe anderer Auswirkungen. Fest angestellte Assistent/innen gehen 5 Wochen im Jahr auf Urlaub, es muss mit den Auftraggeber/innen geklärt sein, ob es passt und nach zu besetzen ist, hier sind wir behilflich, soweit wir es können mit anderen Assistent/innen oder Angehörigensystem das zu decken. Tatsächlich ist es so, dass Assistent/innen im Freien Dienstvertrag viel weniger Urlaub nehmen oder gar keinen, weil das heißt, einen Verdienstentgang. Es gibt bezahlten Krankenstand für angestellte Assistent/innen. Das merkt man statistisch nicht wirklich, aber hier ändert sich die Situation schon etwas. Freie Dienstnehmer sind viel flexibler, das gibt es vom Arbeitsrecht und vom Arbeitszeitgesetz her. Gewisse Schwierigkeiten gibt es von fest Angestellten, die Pausenzeiten einzuhalten. Sie sind Eigenverantwortlich, hier gibt es in der Praxis keinen Unterschied zu diesem Thema. Die Festangestellten arbeiten jetzt arbeitsrechtlich unter völlig freier Zeiteinteilung, das heißt, sie machen wirklich mit ihren Auftraggeber/innen das ganz individuell aus, also keine betrieblichen Zeitvorgaben." (Geschäftsführung, I3,344:69)

"10 bis 15 Personen von 250 sind fix angestellt, das sind nicht viele. [Also der Unterschied zwischen fixer Anstellung und dem freien Dienstvertrag, hat dies eine Auswirkung auf die Assistenzsituation?] In jedem Fall. Die Persönliche Assistenz soll ja flexibel sein, sodass die Auftraggeber/innen die Zeiten vereinbaren, wann eben die Persönliche Assistenz erfolgt. Das heißt, wenn ich jetzt zwei Wochen lang niemanden haben möchte, dann erfolgt keine PA. Mit Festangestellten wäre dies jedoch nie möglich, dies so abzuwickeln. Die fix Angestellten muss man dann irgendwo einsetzen, denn sie haben ein fixes Gehalt. Es gibt schon Auftraggeber/innen, die haben jeden Monat eine ziemlich ähnliche Stundenanzahl, aber bei manchen ist diese sehr unterschiedlich. Ich denke, das würde dann die Flexibilität einschränken, wenn man sagt: "Ich muss in dieser Woche noch 10 Stunden machen." (Mitarbeiterin der Persönlichen Assistenz GmbH, J3,231:240)

"Naja, das Problem ist das, dass je unverbindlicher die Arbeitsverträge in dem Sinn sind (..), umso flexibler können sie auch eingesetzt werden. Was natürlich der Flexibilität, die ja gefordert wird, der wird dadurch mehr Rechnung getragen. Hingegen hab ich ein Arbeitsverhältnis, also ein fixes Arbeitsverhältnis, ein Dienstverhältnis, dann muss ich schauen, dass ich tatsächlich auch die Leistungen dann so abgerufen werden bei mir, dass ich auch diese Arbeitszeit erbringe. Und das ist natürlich für einen Träger sehr, sehr schwierig zu organisieren und zu handeln. Darum ist dieser Mix, damit das gelingen kann von freien Dienstverhältnissen und fixen Dienstverhältnissen wahrscheinlich auch gut um das überhaupt machen zu können. Und nicht, dass sozusagen eine Person (Telefon klingelt, Interviewpartnerin telefoniert kurz) ... ich meine, das eine ermöglicht irgendwie, dass es diese fixen Dienstverhältnisse gibt. Die freien Dienstverhältnisse ermöglichen, ein bestimmter Prozentsatz freier Dienstverhältnisse ermöglicht, dass es die fixen Dienstverhältnisse gibt. Und auf der anderen Seite muss man natürlich auch schauen, wenn jetzt irgendeiner der Auftraggeber auf einmal nicht mehr da ist oder irgendwo in eine Einrichtung geht oder den Dienst nicht mehr braucht, was ist dann mit dem, ja? Weil der Bedarf immer sozusagen das Arbeitsverhältnis indirekt ja auch oder direkt zum Teil gekoppelt ist mit dem "braucht´s die Leistungen noch oder nicht mehr". Und das ist natürlich eine Ungewissheit, die ich in einer Einrichtung nicht so hab, das ist ein Fakt. Das ist da nicht, darum glaube ich, ich find, dass sie das gut gelöst haben, einfach einen bestimmten Prozentsatz, wo man sagt, das sind fixe Dienstverhältnisse und das andere, das sind freie Dienstverhältnisse. Damit das zumindest einen bestimmten Anteil sicherstellen kann." (Soziareferentin, K3,181:199)

"Als fix Angestellter verdiene ich vielleicht ein bisschen weniger als wie wenn ich einen freien Dienstvertrag habe. Das kann man auch wirklich zusammenrechnen, mit den ganzen Abgaben die du hast, wo auch Urlaub beinhaltet ist und 13., 14. Gehalt. Da bist du mit dem freien Dienstvertrag um eine Spur besser dran. Aber es gibt ja eine andere Geschichte: Die Leute sind dann nicht versichert, es gibt keine wirklichen Pensionseinzahlungen, etc. Es wird zwar jetzt besser mit dem freien Dienstvertrag, weil sich gesetzlich da was geändert hat, aber es gibt keinen Rückhalt. [...] Wie gesagt, sie verdienen halt besser, aber es ist die Absicherung ist eigentlich sehr gering." (Betriebsrat, L3,270:277)

Von beinahe allen Expert/innen werden die größere Flexibilität und der höhere Verdienst als Vorteile des freien Dientsvertrages genannt. Diese Flexibilität gewährleistet, dass Persönliche Assistenz individuell, bedarfsorientiert und kurzfristig eingesetzt werden kann. Auf die Nachteile der fehlenden Pensionsbeiträge und der unzureichenden sozialrechtlichen Absicherung wird von Betriebsratsseite hingewiesen.

4.5 Weiterbildung

Assistent/innen und Auftraggeber/innen zeigen in verschiedenen Bereichen Interesse an Weiterbildung (siehe Abschnitt 3.9). Für Assistent/innen ist eine viertägiger Grundkurs verpflichtend. Auftraggeber/innen müssen ab dem Jahr 2008 einen Einführungstag absolvieren (siehe Abschnitt 1.3.2). Inwieweit das Weiterbildungsangebot der Persönlichen Assistenz GmbH von Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen aus Sicht der Expert/innen genützt wird, ist in den anschließende Aussagen dargestellt.

"Bei den Auftraggeber/innen werden sie [Weiterbildungsangebote] meiner Meinung nach zu wenig genützt. Wir wollten auch immer Schulungen oder Angebote machen für die Auftraggeber/innen, aber es waren immer wieder dieselben Personen, die sich hier anmelden, ein Großteil kommt nicht und nimmt daran teil. [...] Wir wollten einen Informationstag machen, wo es darum geht, die Auftraggeber/innen in ihrer Rolle als Auftraggeber/innen zu informieren, was ist PA, was ist die Ideologie dahinter. Diese Information sollte durchgeführt werden, wenn sich mindestens 40 Personen anmelden, von ca. 140 Auftraggeber/innen, haben sich 25 Personen angemeldet, als Beispiel. Spezielle Seminare für Auftraggeber/innen gibt es sicher zu wenig, aber es wird auch zu wenig angenommen. Das Interesse ist hier [bei Assistent/innen?] größer, es gibt jedoch auch mehr Angebote und letztes Jahr hat es ein vielfältiges Angebot gegeben, aber manche Assistent/innen kommen wenn sie gerade Lust dazu haben. Solange das freiwillig ist, besteht immer die Gefahr, dass die Seminare dann nicht in Anspruch genommen werden. Dann gibt es wieder Kurse, wo die Leute am liebsten zweimal teilnehmen würden, weil es ihnen so gut gefällt. Man könnte hier schon auch mehr machen für die Assistent/innen, aber hier sind wir eben auch wieder zu klein. Mit dem neuen Gesetz wird es dann verpflichtende Kurse geben für die Assistent/innen. Hier weiß ich nicht ganz genau Bescheid, ob sie einmal oder zweimal im Jahr gewisse Stunden leisten müssen. Es gibt dann auch noch die Grundausbildung für die Assistent/innen, die ist viertägig. Auch für die Auftraggeber/innen ist geplant, dass es ebenfalls einen ein- oder zweitägigen Kurs gibt, den sie verpflichtend machen müssen, die neuen Auftraggeber/innen. Hier ist jedoch auch noch zu wenig geklärt, wenn jemand nicht 8 Stunden sitzen kann, wer entscheidet dann, ob wer kommen kann oder nicht. Ich denke mir, dass ist schon ein Problem, warum die Auftraggeber/innen nicht teilnehmen, weil wir doch zentral in Linz sind und die Auftraggeber/innen in ganz Oberösterreich verteilt sind. Für viele ist es sehr schwierig, dass sie nach Linz kommen und hier einen ganzen Tag am Kurs teilnehmen. Ebenfalls die Kosten für die Fahrt, sie brauchen dazu Assistent/innen. Ich meine, dass ist auch ein Grund dafür, dass sowenig Auftraggeber/innen daran teilnehmen und auch das Angebot von unserer Seite sicher kaum da ist." (Mitarbeiterin der Persönlichen Assistenz GmbH, J3,184:212)

"Von Auftraggeber/innen wurde das Aus- und Weiterbildungsangebot so gut wie gar nicht genützt. Auch von Assistent/innen wird das Weiterbildungsangebot wenig genützt." (Interessensvertretung, M3,84:85)

"Also ich weiß nur, dass bei Assistent/innen laufend Kurse gibt und angeboten werden. Die Themensind mir jetzt auch nicht so geläufig. Das ist was sich halt so ergibt aus der Arbeit und was aus den Befragungen hervorgeht und was gefragt ist, hier werden Themen herausgegriffen und angeboten. Hier [Auftraggeber/innen] ist es dasselbe in grün, es wird nicht sehr in Anspruch genommen. Auch hier wieder eine Scheu von sehr vielen. Das waren jetzt die Auftraggeber/innen." (SLI-Vorstand, U3,211:215)

"Weiterbildung für Auftraggeber/innen ist ganz kurz, es gibt nichts, bisherige Versuche sind nicht angenommen worden, deshalb gibt es jetzt die verpflichtenden Grundschulungen. Für Assistent/innen gibt es zum 4-tägigen verpflichtenden Grundkurs freiwillige Fortbildungen, geteilt in zwei Bereiche. Das eine sind Fortbildungen technischer Natur, wie Hilfsmittel zur Pflege, Geräte wie Rollstuhl, Lift, Einlagen u.ä. Dinge, es geht auch um Hebetechnik, wie kann ich Menschen bewegen und auf den eigenen Rücken achten oder Erste Hilfekurse und zum Anderen sind es persönlichkeitsbildende Bereiche, hier geht es um Kommunikation, wie gehe ich um mit Konflikten, wie kann ich mich abgrenzen und sich einnehmen. Die persönlichkeitsbildenden Seminare sind mehr gefragt als die technischen Seminare. Hier besteht eine höhere Nachfrage. Die Fortbildungen werden nach Nachfrage angeboten, also was wir an Rückmeldungen bekommen, erheben wir gleich in diese Richtung. [Werden die Weiterbildungsangebote gut genützt?] Ja, sie werden gut genützt, das ist so, wir könnten wahrscheinlich noch viel mehr Fortbildung anbieten, wenn wir die finanziellen Mittel dazu hätten. Es richtet sich daher auch danach, was können wir uns leisten an Fortbildungen und je nach dem wie wir sie bewerben. Wenn sie gut beworben werden, sind sie ausgebucht, wenn wir sie nur einmal bekannt geben, dass ist zu wenig. Im Prinzip werden sie aber gut genützt." (Geschäftsführung, I3,293:309)

"Also, ich finde, bei uns die Weiterbildungen die find ich eigentlich sehr gut, wir haben ein ganz ein gutes Angebot, ob Kinestätikkurs oder Hebetechniken, Sachen die jetzt wirklich ganz wichtig sind, damit die Leute sich selbst nicht ruinieren. Man muss ja davon ausgehen, dass wir alle unerfahren sind, d.h. wir heben alles verkehrt und wir nehmen die Leute verkehrt, wir hauen uns das Kreuz selber zusammen. Aus diesem Grund brauchen wir solche Sachen, und das wird bei uns sehr wohl angeboten, wir haben im Jahr sicher drei, vier, wenn nicht sogar fünf Kurse, die man besuchen kann, man muss sich dafür anmelden. Die werden als Weiterbildungskurse sogar bei uns auch bezahlt, es ist auch keine Pflicht vorhanden, weil das ginge im Angestelltenverhältnis, da kann ich sagen, dass ist sowieso Arbeitszeit, das muss gemacht werden. Dadurch dass wir im freien Dienstvertrag viel stärker vertreten sind, passiert das nicht, also die können sehr wohl selbst bestimmen, ob sie das wollen oder nicht." (Betriebsrat, L3,210:220)

Die befragten Expert/innen beurteilen die vorhandenen Weiterbildungsmöglichkeiten durchwegs positiv, die Inanspruchnahme wird unterschiedlich gesehen. So wird z.B. davon gesprochen, dass Auftraggeber/innen die Angebote zu wenig oder gar nicht nützen. Als ein möglicher Grund wird die eingeschränkte Mobilität der betreffenden Personen genannt.

Für Assistent/innen gibt es Fortbildungsangebote im Bereich Hebetechnik/ Erste Hilfe, etc. und im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung. Letztere haben einen höheren Zuspruch.

4.6 Bedarf an Dienstleistungen und anderen Assistenzanbieter/innen

Dienstleistungen, die dem medizinischen Bereich angehören (z.B. Spritzen geben), obliegen nicht dem Tätigkeitsbereich der Persönlichen Assistenz und dürfen von Assistent/innen nicht durchgeführt werden. Wie die Ergebnisse der quantitativen Befragungen zeigen, besteht im therapeutischen Bereich ein Bedarf an zusätzlichen Dienstleistungen, in medizinischen Belangen ist der Bedarf mit Ausnahme der Verabreichung von Medikamenten gering (siehe Abschnitt 3.9.3).

In Schweden wird Persönliche Assistenz von Gemeinden, Assistenzgenossenschaften und privaten Assistenzfirmen angeboten. Die Zahl der Assistenzbieter/innen ist mittlerweile auf über 400 gestiegen. Somit gehört Wettbewerb und. Konkurrenz zum "Alltag" der Persönlichen Assistenz in Skandinavien (siehe Abschnitt 5).

Zusätzliche Dienstleistungen, die aus Sicht der Expert/innen wünschenswert sind, werden in den nachfolgenden Aussagen dargestellt:

"Grundsätzlich bin ich der Meinung, wenn jemand bedarfsgerechte Persönliche Assistenz bekommt, sind keine anderen Dienstleistungen notwendig. Tatsache ist jedoch, dass derzeit evtl. notwendige Hilfen ausgeschlossen sind und dass evtl. notwendige Bereitschaft und Nachtdienste für den Alltag schlichtweg unfinanzierbar ist (zu viel Selbstbehalt!)."(Interessensvertretung, M3,43:46)

"Die Assistent/innen dürfen im Alltag assistieren, was jedoch ausgenommen ist, sind die medizinischen Tätigkeiten und hier sehe ich einen Bedarf. Eltern dürfen z.B. gewisse Dinge tun, jedoch die Assistent/innen nicht. Es wird auch die Elternassistenz diskutiert, was jedoch bereits zum Teil gemacht wird in der PA, also wenn z.B. Personen Kinder haben, die dann zur Schule gebracht werden und wieder abgeholt werden." (Mitarbeiterin der Persönlichen Assistenz GmbH, J3,88:92)

"Ich glaube, dass die Persönliche Assistenz sehr viel anbietet an Dienstleistungen. Ich wüsste jetzt nicht, was zusätzlich gemeint ist. Also, Persönliche Assistenz ist ja für mich deshalb so fein, weil das nicht abgegrenzt ist. Was wichtig wäre, das die Assistent/innen Anerkennung kriegen im Sinne von, sie dürfen andere Dinge auch tun. Dass sie mit dem Krankenpflegegesetz in Konflikt sind, das ist klar, aber es gibt so Dinge wie Pflasterwechseln, das dürfen sie ganz genau genommen, nicht machen."[...] Wenn Jemand einen Dikubitus hat, das gehört schon von einem Arzt oder Krankenschwester angesehen, das glaube ich schon. Es gehört aber für mich nicht irgendeine Schiene angesetzt, Pflasterwechsel darf ich nicht! Ich darf kein Zäpfchen geben als Assistent/innen, aber die Familienmitglieder dürfen. Beim Assistenten ist nicht einmal ein Hindenken, dass er das darf. Für viele Auftraggeber/innen ist das echt ein Problem. Warum ist das so, jetzt muss wieder extra wer kommen, ich habe gedacht, das geht so. Es ist auch oft so, dass die Hauskrankenpflege auch nicht so glücklich ist, wenn sie wegen so etwas noch anpacken muss." (Assistenzbegleitung, H3,270:291)

"Nun, ja, es sind so begleitende Maßnahmen, dass es Fortbildungen gibt und es sind nicht unmittelbare Dienstleistungen, aber so Angebote die ganz wichtig sind. Möglichkeiten für Assistent/innen, dass sie sich austauschen können, Möglichkeiten für die Auftraggeber/innen, dass sie sich austauschen können. Die Grundschulungen, dass es Einführungen gibt für die Assistent/innen, jetzt auch für die Auftraggeber/innen. Es sind nicht unbedingt Dienstleistungen aber begleitende Maßnahmen die dies entscheiden." (Geschäftsführung, I3,145:150)

"Naja, an und für sich bietet die Persönliche Assistenz aus meiner Sicht recht umfassend die Leistungen an, ich sag mal in der Alltagssituation, im Bereich der Arbeit hat das Bundessozialamt ja die Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz, das wird jetzt nicht über die Persönliche Assistenz GmbH abgewickelt, sag ich ok ist so. Da gibt es einen anderen Anbieter [...]" (Referatsleiterin, K3,115:118)

"Das schwierige ist einfach das, dass [Assistent/innen] viele Sachen eigentlich gar nicht durchführen dürften, weil [Assistent/innen] Laien sind, und keine entsprechende Ausbildung haben, dürften [Assistent/innen] ja viele Sachen gar nicht machen. Das ist der Grauzonenbereich, sag ich jetzt mal dazu, natürlich soll man es machen und es wird nie irgendwelche Probleme geben[...]"(Betriebsrat, L3;83:87)

Aus der Expert/innenbefragung ergibt sich ein unterschiedliches Bild. Zum einen wird ein Bedarf an zusätzlichen Tätigkeiten vor allem im medizinischen und therapeutischen Bereich genannt, zum anderen wird der derzeitige Tätigkeitsbereich der Assistent/innen aus ausreichend beurteilt. Unverständlich erscheint, warum Angehörige manche medizinischen Tätigkeiten ausführen dürfen, Assistent/innen aber nicht.

Aussagen der Expert/innen bezüglich einer möglichen Wettbewerbssituation durch andere Assistenzanbieter/innen sind nachfolgend angeführt:

"Ich persönlich glaube, dass Konkurrenz gut ist, aber der Verein SLI fürchtet sicher, dass dann die Ideologie der Selbstbestimmung durch Persönliche Assistenz verloren geht." (Interessensvertretung, M3,128:129)

"Ich würde das sehr begrüßen, wenn es das gäbe. Zum Einen, weil es für die Betroffenen besser wäre, wenn sie Wahlmöglichkeiten hätten und verschiedene Schwerpunkte für sich beanspruchen könnten. Es hätte für die Konkurrenzsituation auch etwas Belebendes. Es gibt einen kritischen Aspekt dazu zum Mitbewerbern/innen. Wir haben das in Ansätzen, wir sehen das in vielen Fällen wo plötzlich dieser Assistenzbegriff auftaucht. Von Betreuung kommt man weg, es wird jetzt ersetzt durch Assistenzbegriff, manchmal sogar wird von Persönliche Assistenz geredet und hier kommt es oft zu einer Verwaschung des Begriffes, zum Etikettenschwindel, weil nicht das angeboten wird, was darauf steht, wo diese Kompetenzübertragungen der Betroffenen nicht wirklich stattfindet." (Geschäftsführung, I3, 404:413)

"An und für sich momentan Null-Thema, weil es niemanden gibt. Das liegt aber nicht an uns, weil wir hier irgendwas bekämpfen, sondern im Gegenteil, uns ist sehr bewusst, dass eine Konkurrenz sehr gesund wäre. Es wären hier Auswahlmöglichkeiten vorhanden und ich denke unser Bemühen ist sehr groß um es wirklich attraktiv zu gestalten oder zu händeln. Es ist uns auch bewusst, dass unsere Arbeit eine große Qualität hat und die Angst daher sehr klein ist, dass wir möglicherweise zu wenig Auftraggeber/innen haben, es ist sehr Großes vorhanden, darum täten wir dies auch begrüßen und es wäre eine gute Möglichkeit die Entwicklung in irgend eine Richtung, die wir jetzt noch gar nicht kennen, zu führen, dass fällt mir dazu ein. Ich würde das sehr positiv sehen." (SLI-Vorstand, U3,262:269)

"Das würde vielleicht bedeuten, dass wir noch genauer hinschauen könnten. Bisher war es so, das wir aus dem Gefühl heraus, oder dem schlechten Gewissen, weil wir nicht wissen, was gäbe es sonst für die Personen, manchmal nicht nur ein Auge sondern zwei Augen zudrücken und sagen, nehmen wir ihn in die PA, er ist nicht unbedingt unsere Zielgruppe, aber bevor er im Heim sitzt. Vielleicht könnte man dann mit einem besseren Gewissen sagen, ok wir sind nicht die richtige Einrichtung, es gibt noch andere, versuchen sie es dort. Aber vielleicht putzen sich dann alle ab, das ist die andere Frage. Grundsätzlich halte ich es aber für gut, je mehr Angebot für die Personen, dann können sie auswählen, man kann aber auch sagen, bei uns ist das Pflicht z.B. die Auftraggeberschulung und wenn sie das nicht wollen, dann gibt es andere Einrichtungen bei denen das nicht notwendig ist. Ich meine man könnte ein eigenes "Mascherl" entwickeln." (Assistenzbegleitung, H3,807:816)

"Also, mich wundert das jetzt, dass es in Schweden 400 Firmen gibt [...] Ja, was heißt das für OÖ, hab ich kein Problem, weil das in anderen Bereichen auch passiert, also bei den mobilen Diensten, bei den Wohneinrichtungen. Das was man sich aber schon, was ich in OÖ einmalig find, ist dass der Träger oder der Eigentümer im Hintergrund selbst eine Betroffenenvertretung praktisch ist, die das initiiert hat, und ich sag einfach, wenn z.B. ein anderer Träger, der in dem Bereich schon was anbietet, das machen tät, im Wohnbereich etc. dass diese Persönliche Assistenz in der Art und Weise und auch wie die Struktur ist und wie das Personal dann ausgesucht wird oder die Assistent/innen, was anderes wär, weil einfach eine ganz andere Haltung und Intention da ist. (Sozialreferent/in, K3,206:217)

Der Großteil der Expert/innen hält eine mögliche Wettbewerbssituation unter Assistenzanbieter/innen für grundsätzlich positiv. Auftraggeber/innen hätten größere Wahlmöglichkeiten, Persönliche Assistenz könnte sich auf unterschiedliche Zielgruppen spezialisieren und es gäbe eine allgemeine Weiterentwicklung der Persönlichen Assistenz. Zu beachten ist allerdings, dass auch tatsächlich Persönliche Assistenz angeboten wird im Sinne der Kompetenzen der Auftraggeber/innen und der Selbstbestimmt-Leben-Initiative.

4.7 Öffentlichkeitsarbeit und Ansehen der Persönlichen Assistenz

Öffentlichkeitsarbeit wird einerseits vom Verein Selbstbestimmt-Leben-Initiative Oberösterreich und andererseits von der Persönlichen Assistenz GmbH getätigt. Die Öffentlichkeitsarbeit bzw. das Ansehen der Persönlichen Assistenz in der Gesellschaft wird von Expert/innen eher bescheiden gesehen. Dazu einige Auszüge aus der qualitativen Befragung:

"Verein und GmbH. machen es [Öffentlichkeitsarbeit] weitgehend unabhängig von einander, nur manchmal kooperieren wir. Wir waren letztes Jahr auf der Integra, Österreichs größten Messe für das Behindertenwesen, in Wels haben wir gemeinsam einen Stand gehabt. Ansonsten sind wir mit Öffentlichkeitsarbeit, also der Verein, nicht die GmbH, speziell für die Dienstleistung Persönliche Assistenz sehr zurückhaltend, weil wir die Nachfrage nicht noch mehr fördern möchten. Wir haben jetzt schon so viel Nachfrage, dass wir die fast nicht abarbeiten können. Wir würden viel Frust erzeugen, weil die Wartezeiten noch länger dauern würden. Es ist für mich eine sehr ambivalente Situation, weil ich denke mir. Jeder hat das Recht zu wissen, dass es diese Dienstleistung gibt und andererseits, wenn das alle wissen und jeder, der was Interesse hat, nachfragt, würde das ein Machbarkeitsproblem. Wir gehen damit etwas zögerlich um, das heißt, alle Gemeinden werden einmal im Jahr informiert, die Sozialberatungsstellen werden informiert, also die Stellen, an die sich beeinträchtigte Menschen wenden. Wir haben auch schon Aussendungen an praktische Ärzte gehabt zur Information, dass es das gibt, aber dass wir das ins öffentliche Bewusstsein bringt, sprich Medienarbeit und Presse, also mit effizienter Öffentlichkeitsarbeit sind wir sehr zurückhaltend, denn sonst bekommen wir schnell viel Nachfrage, mehr als wir leisten können. Das hat aber die Konsequenz, dass es viele Regionen gibt in Oberösterreich, nach wie vor, wo Persönliche Assistenz nicht bekannt ist."(Geschäftsführung, I3,388:403)

"Nun ja, sehr bescheiden [Öffentlichkeitsarbeit]. Die Persönliche Assistenz GmbH möglicherweise schon etwas mehr, da gibt es z.B. Veranstaltungen, [...] die Übersiedlung in diese großen Räumlichkeiten verbunden mit einem Eröffnungsfest, da war dann Landesrat Ackerl eingeladen worden und verschiedene andere Leute. Da war auch die Presse, da ist auch ein Artikel geschrieben worden über dieses Unternehmen, was es macht, und ist in verschiedenen Zeitungen veröffentlicht worden. [...] Das ist mir noch sehr bekannt und bewusst. [...]. Bezüglich des Vereines SLI, übrigens heißt der jetzt SLI Oberösterreich nicht mehr Linz, kümmert sich der Vorstand um dies und ist sehr sehr bescheiden. Mir ist bewusst, dass schon oft darüber geredet wurde, wir sollten etwas machen und irgendwo etwas darüber schreiben, aber es ist eigentlich nie etwas Berühmtes gemacht worden. Aber es wird oft darüber gesprochen und es ist uns sehr bewusst, dass dies ein Weg wäre, mehr Mitglieder zu bekommen. Aber es ist das Bewusstsein dazu da, nur an der Umsetzung scheitert es. Es ist sehr bescheiden, im Verein noch bescheidener als im Unternehmen."(SLI-Vorstand, U3,247:259)

"Zur Zeit wird Öffentlichkeitsarbeit nicht sehr forciert. Die derzeitige Bekanntheit kommt fast nur von Mundpropaganda. [...] Ich denke, dort wo Persönliche Assistenz verstanden wird, ist das Ansehen gut. Menschen mit Beeinträchtigung sind in der Gesellschaft meist bedauernswerte Geschöpfe (siehe "Licht ins Dunkel") und Menschen zweiter Klasse." (Interessensvertretung, M3,107:121)

In Bezug auf die Öffentlichkeitsarbeit wird von geringen Aktivitäten berichtet. Die Situation wird ambivalent gesehen. Zum einen sind Veranstaltungen, Pressearbeit, etc. wichtige Schritte um Persönliche Assistenz bekannt zu machen. Zum anderen wird aber durch einen höheren Bekanntheitsgrad befürchtet, dass die Nachfrage nicht abgedeckt und dadurch Frustration unter Auftraggeber/innen entstehen könnte. Dies korrespondiert mit den Ergebnissen aus der quantitativen Befragung. Auftraggeber/innen empfinden die lange Wartezeit auf die Bewilligung der Assistenzleistungen, die sich derzeit bereits ergibt, als großes Defizit (siehe Abschnitt 3.2.3). Ebenso sind Assistent/innen und Auftraggeber/innen unzufrieden mit dem Bekanntheitsgrad der Persönlichen Assistenz in der Gesellschaft (siehe Abschnitt 3.5).

4.8 Ziele

Die Zielsetzungen des Vereins SLI Oberösterreich sind zum einen eine aktive Beteiligung auf politischer Ebene, das Sichtbarmachen von Bedürfnissen Betroffener und zum anderen ein gemeinsames Auftreten gegen Benachteiligung und Diskriminierung von Menschen mit Beeinträchtigungen.

Konkrete Ziele des Vereins sind:

  • der Abbau von baulichen und sozialen Barrieren

  • gesetzliche Regelungen erwirken - Gleichstellungsgesetz

  • Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft

  • Entwicklung eines gesunden Bewusstseins für Menschen mit Beeinträchtigung

  • Wahlfreiheit

  • Selbstvertretung

  • Mitarbeit bei Projekten, Arbeitsgruppen und Workshops (Persönliche Assistenz 2006 4f)

Wünsche und Ziele der Expert/innen hinsichtlich Weiterentwicklung der Persönlichen Assistenz sind abschließend dargestellt:

"Für Menschen mit Beeinträchtigungen, die älter werden oder schon alt sind, hier etwas zu schaffen, verbunden mit einer besonderen Wohnform, das kann sein z.B.: ein großes Haus oder ein Stadtteil, wo in unmittelbarer Umgebung mehrere Menschen mit Beeinträchtigungen wohnen. Dort gibt es dann so eine Art Center, ein Büro von uns, das Tag und Nacht, so rund um die Uhr besetzt ist, dass von dort jederzeit jemand gerufen werden kann für die Persönliche Assistenz, auch in der Nacht." (SLI-Vorstand, U3, 274:279)

"Ich wünsche mir für Menschen mit Beeinträchtigung die Wahlmöglichkeit Persönliche Assistenz auch mit dem Persönlichen Budget zu organisieren, denn es lässt sich nicht vermeiden, dass Organisationen immer in das Leben von Betroffenen einwirken." (Interessensvertretung, M3,19:21)

"Ich meine es geht schon in die Richtung, dass die Persönliche Assistenz die Unterstützung in der Zukunft sein wird. Ich erlebe schon, dass die Tendenz dahingehend, dass die Persönliche Assistenz forciert wird. [...] Ich erlebe es vom Land schon so, zumindest von [Name] habe ich das im Ohr. Hier sind wir nicht die Einzigen, sondern die Persönliche Assistenz wird für mehr und allen möglichen Menschen angeboten und es wird gesetzlich verankert. Es kommt die Geschichte mit dem Gleichstellungsgesetz und hier ist es mit ein Teil, dass es die Persönliche Assistenz gibt und die Leute auch einen Anspruch bzw. die Möglichkeit haben, es zu nutzen. Und daher auch die Tendenz Persönliche Assistenz auch für Menschen mit Lernschwierigkeiten anzubieten, das war ja ein Wunsch von [Name]." (Assistenzbegleitung, H3,839:849)

"Ein Ziel, was in letzter Zeit Thema ist und was ich für gut und wichtig halte ist die Regionalisierung.[...] Die Regionalisierung würde das [Kostenfrage] leichter machen, sowohl die Vernetzung der Auftraggeber/innen untereinander sofern sie es wollen. In Linz gibt es eine kleine Gruppe von Auftraggeber/innen, die sich immer wieder treffen. Personen, die weiter draußen leben, nehmen daran nicht teil, weil das zu weit ist." (Assistenzbegleitung, H3,905:923)

"Es wird sich dann in der Zukunft erweisen, dass es so wie in Schweden wird, das wird jedoch noch lange dauern. [...] Die Assistenzbegleitung ist auch so ein Wunsch, dass sich die weiterentwickelt, und dass es die Auftraggeber/innen und Assistent/innen annehmen können. Nicht das man jetzt anruft wie in einer Firma in Linz und sagt: "Ich habe ein Problem", sondern dass man dieses von Person zu Person klären kann." (Mitarbeiterin der Persönlichen Assistenz GmbH, J3,257:265)

"Wünsche gehen nach außen zur politischen Ebene, ein Wunsch wäre, dass diese Stundengrenzen fallen und die Leistbarkeit erhöht wird, das heißt, dass am Selbstbehalt geschraubt wird. So wie er jetzt ist, zieht das eine Grenze ein, wo bestimmte Menschen von der Dienstleistung ausgeschlossen werden, da hätten wir Wünsche oder Forderungen, man kann es auch kräftiger formulieren. Für uns selber sieht die Zukunft so aus, dass die Organisation näher an die Betroffenen heranrücken muss, also näher an Auftraggeber/innen und näher an die Assistent/innen. [...] Die Persönliche Assistenz wird gesetzlich verankert im Chancengleichheitsgesetz, das wird mit Herbst in Kraft treten. Da gibt es den Paragraphen dafür, allerdings nur in der Form wie wir es jetzt haben, andere Formen, wo persönliches Budget zugesprochen werden und Betroffene Dienstleistungen einkaufen sollten, das ist gesetzlich nicht vorgesehen, sehe ich auch wenig Chancen, dass das einmal sein wird." (Geschäftsführung, I3,420:443)

"Zielgruppenausdehnung, wir haben uns, das ist vor allem vom [Name] gekommen, wie können sie regional vor Ort stärker verankert sein, da haben sie uns ein Konzept reingeschickt, das find ich auch gut. Und dass wir uns langfristig auch überlegen, das machen wir eh laufend, wie entwickeln sich die Stunden, kann man es noch weiter ausdehnen und die andere Geschichte ist praktisch, wie .. welches Modell kann es zukünftig geben, wo Auftraggeber/innen selber die Dienstgeberfunktion übernehmen. [...] Im Chancengleichheitsgesetz ist es gesetzlich verankert, [...] auf die Selbstbestimmungsfähigkeit abzielt und damit sozusagen auch alle Beeinträchtigungsgruppen die Möglichkeit haben. Die Frage ist, wie es österreich weit ausschaut, das kann ich nicht beurteilen, weil es ja Länderkompetenz ist. Und in der Länderkompetenz ist es verankert. [... ]" (Referatsleiterin, K3,245:262)

Von Seiten der Expert/innen werden hinsichtlich der Weiterentwicklung der Persönlichen Assistenz die Zielgruppenausdehnung und die Regionalisierung genannt. Als mögliche Nutzer/innen der Assistenzleistungen kommen Menschen mit Lernschwierigkeiten und Ältere in Frage - Personen über 64 Jahre sind ja derzeit nicht zur Persönlichen Assistenz berechtigt. Mit Regionalisierungsmaßnahmen könnte Persönliche Assistenz in allen Teilen Oberösterreichs bedarfsgerecht Fuß fassen. Angedacht wird von Expert/innen auch die Möglichkeit, Persönliche Assistenz über das Modell des Persönlichen Budgets abzuwickeln. Hierbei fungieren Menschen mit Beeinträchtigung als selbstständige Auftraggeber/innen für ihre Assistent/innen, In Schweden ist dies bei 4% der betroffenen Personen der Fall (siehe Abschnitt 5.3).

Als weitere Ziele werden der Ausbau der Assistenzbegleitung und der Vernetzungsmöglichkeiten für Auftraggeber/innen angeführt.

Ebenso wie in der quantitativen Befragung wird auch von Expert/innen auf die Streichung des Selbstbehalts ab einem bestimmten Stundenvolumen und auf die Aufhebung der Stundendeckelung (derzeit bei 250 Stunden pro Monat) hingewiesen (siehe Abschnitt 3.2.4). Weiters messen die Befragten der Unterstützung von politischer Seite und der gesetzlichen Verankerung der Persönlichen Assistenz große Wichtigkeit hinsichtlich ihrer Weiterentwicklung bei.



[32] siehe Liste der Expert/innen im Anhang

5. Ergebnisse der Exkursion nach Schweden

"Alla har rätt att göra sin röst hörd"

[Alle haben das Recht, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen]

JAG (2006)

Der folgende Abschnitt legt die Entstehungsgeschichte der Persönlichen Assistenz in Schweden bzw. den Exkursionsbericht dar.

5.1 Entstehungsgeschichte der Persönlichen Assistenz in Schweden

Bis in die 80er Jahre hinein gab es in Schweden traditionelle Betreuungsformen für Menschen mit Beeinträchtigung. Der ambulante Heimdienst der Gemeinden - auch "Heimsamariter" genannt - half Menschen mit Beeinträchtigung bei der Körperpflege und im Haushalt. Weiters wurden in so genannten Fokuswohnungen - einem Zusammenschluss aus jeweils 10-15 Mietwohnungen in Verbindung mit einem zentralen Personalzimmer - Menschen mit Beeinträchtigung betreut. Bei beiden Unterstützungsformen konnte das Personal nicht selbst ausgewählt werden, sondern wurde je nach Dienstplan zugeteilt. "Man muss also jederzeit damit rechnen, einem wildfremden Menschen die ganze Morgenroutine von A-Z erklären zu müssen." (Ratzka 2006)

Unzufrieden mit diesen herkömmlichen Betreuungsformen und inspiriert durch die Independent Living Bewegung aus den USA, starteten engagierte Menschen mit Beeinträchtigung[33] im Jahr 1987 in Stockholm eine erste Assistenzgenossenschaft als Pilotprojekt. Ziel war es, wegzukommen von der Abhängigkeit vom Heimdienst der Gemeinden hin zur selbst bestimmten Organisation der Assistenzdienste. Mit der Forderung "Gelder statt Sachleistungen" (Ratzka 2006) sollten die Kosten der Assistenz durch die Heimsamariter oder die Kosten der Fokuswohnungen an die Menschen mit Beeinträchtigung ausbezahlt werden, um Assistenzdienste nach eigenen Vorstellungen aufbauen zu können. Damit sollte bewiesen werden, dass mit den gleichen Geldern ein bedeutend höheres Maß an Qualität bei den Assistenzdiensten erzielt werden kann.

Unter dem Sozialminister Bengt Westerberg wurde 1994 in Schweden eine Assistenzreform durchgeführt und das Recht auf Persönliche Assistenz gesetzlich verankert. Im LSS[34] aus dem Jahr 1994 wird Menschen mit starker und dauerhafter Beeinträchtigung Assistenzbeihilfe - und damit Persönliche Assistenz - garantiert. Anspruchsberechtigte Personen erhalten pro Stunde Assistenzbedarf eine staatliche Beihilfe[35], mit der sie Assistenzdienste selbst organisieren, bezahlen und abrechnen. Die Höhe der Assistenzbeihilfe entspricht also dem individuell festgestellten Stundenbedarf. (siehe dazu Abschnitt 6.2)

Die gesetzliche Assistenzreform brachte weit reichende Veränderungen und Verbesserung für Menschen mit Beeinträchtigung. Nach Inkrafttreten des LSS kam es zum Abbau von Heimen und Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung, denn mit Hilfe von Persönlicher Assistenz war es möglich, außerhalb von Organisationen zu leben. Seit dem Jahr 2000 gibt es in Schweden keine derartigen Institutionen mehr. Menschen mit Beeinträchtigung werden im Alltag von Persönlichen Assistent/innen unterstützt oder leben in betreuten Wohngemeinschaften mit jeweils vier bis sechs Personen (Ratzka 2007).

5.2 Ablauf der Exkursion

Wesentlicher Baustein der vorliegenden Untersuchung ist ein Ländervergleich zwischen Schweden und Österreich hinsichtlich der "praktischen" Ausgestaltung der Persönlichen Assistenz. Zu diesem Zwecke wurde im August 2007 eine Studienreise nach Stockholm durchgeführt, an welcher sich beinahe der gesamte Arbeitskreis (siehe Abschnitt 2) beteiligte. Die Organisation dieser Exkursion lag in den Händen der Persönlichen Assistenz GmbH. Unterstützung dabei leistete die schwedischsprachige Österreicherin Annika Nausner, die die Studienreise auch begleitete.

In Stockholm konnten zwei Assistenzgenossenschaften (STIL und JAG), zwei private Assistenzfirmen (Särnmark und Frösunda), die Gewerkschaft der Assistent/innen (Kommunal), die Behindertenbeauftragte der Stadt Stockholm (Riitta-Leena Karlsson) und Socialstyrelsen (Schwedisches Zentralamt für Gesundheit und Sozialwesen) besucht werden. Die Leitfäden für die einzelnen Interviews wurden vom Arbeitskreis vorbereitet, die Interviews zum Großteil in Schwedisch durchgeführt und von Nausner übersetzt. Transkription[36] und Auswertung der Interviews erfolgten durch P und P Sozialforschung.

5.3 Das schwedische Assistenzmodell

Nach dem schwedischen Gesetz LSS aus dem Jahr 1994 wird Menschen mit starker und dauerhafter Beeinträchtigung Assistenzbeihilfe - und damit Persönliche Assistenz - gewährt (siehe Abschnitt 2.2.2). Das schwedische Gesetz unterscheidet dabei zwischen drei anspruchsberechtigten Gruppen:

  1. Personen mit Entwicklungsstörungen, Autismus und dem Autismus ähnliche Störungen

  2. Personen mit schweren und irreparablen geistigen Beeinträchtigungen infolge von Hirnschäden, die durch äußere Einwirkungen oder körperliche Erkrankungen verursacht worden sind

  3. Personen mit anderen dauerhaften, schweren körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen, die offensichtlich nicht altersbedingt sind und die große Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags bereiten.

Abbildung 59 zeigt, dass die wenigsten Assistenzbeihilfenbezieher/innen aus dem Personenkreis 2 stammen: Im Jahr 1999 waren es 550 Personen, 2006 829 Personen. Aus dem Personenkreis 1 bezogen im Jahr 1999 3149 Personen Assistenzbeihilfe, 2006 4960 Personen. 5300 Menschen mit Beeinträchtigung, die dem Personenkreis 3 zugeordnet werden, erhielten 1999 Assistenzbeihilfe, 8217 Personen waren es im Jahr 2006. Insgesamt kann gesagt werden, dass sich die Anzahl der Beihilfenbezieher/innen aus jedem Personenkreis innerhalb der letzten sieben Jahre (1999-2006) etwa verdoppelt hat.

Abbildung 59: Anzahl der Assistenzbeihilfenbezieher/innen nach Personengruppen in Schweden (1999-2006) Quelle: Forsäkringskassan (2007).

Anspruchsberechtigt für die Assistenzbeihilfe sind jene Menschen mit Beeinträchtigung, die zur Erfüllung ihrer Grundbedürfnisse (Körperpflege, Essen, Kommunikation, etc.) einen Assistenzbedarf von mehr als 20 Stunden wöchentlich haben. Wird dieser Grundbedarf festgestellt, kann Persönliche Assistenz auch für andere Lebensbereiche (Arbeitsplatz, Kindererziehung, Haushalt, Freizeit, etc.) beansprucht werden. Menschen mit Beeinträchtigung, die älter als 65 Jahre sind[37] oder in einer betreuten Wohngemeinschaft leben, sind von der Anspruchsberechtigung ausgenommen und erhalten somit keine Assistenzbeihilfe (Ratzka 2003; Forsäkringskassan 2007).

Im Jahr 2007 erhalten in Schweden[38] 14 500 Menschen mit Beeinträchtigung Assistenzbeihilfe (Särnmark PPP). Die Zahl der Anspruchsberechtigten ist seit Gesetzeserlass 1994 beständig gestiegen (Abbildung 60). Waren es im Jahr 1994 insgesamt 6138 Personen (2837 Frauen, 3301 Männer), so sind es im Jahr 2006 bereits 14 319 Personen (6759 Frauen, 7560 Männer), die zum Bezug der Assistenzbeihilfe - und somit zu Persönlicher Assistenz - berechtigt sind. In jedem Jahr seit Inkrafttreten der Assistenzreform beziehen mehr Männer als Frauen Assistenzbeihilfe.

Abbildung 60: Anzahl der Assistenzbeihilfenbezieher/innen in Schweden nach Geschlecht (1994 - 2006) Quelle: Forsäkringskassan (2007)

Die Höhe der Assistenzbeihilfe entspricht dem Stundenumfang des individuellen Assistenzbedarfs. Dieser Stundenumfang wird entweder von der Gemeinde (bei einem Assistenzbedarf bis zu 20 Stunden wöchentlich) oder vom Sozialversicherungsamt[39] (bei einem Assistenzbedarf von mehr als 20 Stunden wöchentlich) im "Dialog" (Forsäkringskassan 2007) mit dem/der Antragsteller/in ermittelt. Die beurteilende Person verfügt über Hochschulausbildung (Hackl 2005, 12) und legt fest, wie viele Stunden Assistenz der/die Antragsteller/in benötigt, d.h. wie viel Assistenzbeihilfe jeweils gewährt wird. Eine Deckelung ist nicht vorgesehen.

Menschen mit Beeinträchtigung erhalten im Jahr 2007 in Schweden eine Assistenzbeihilfe für durchschnittlich 103 Assistenzstunden pro Woche (Särnmark PPP). Im Jahr 1994 waren es 65,9 Wochenstunden. Abbildung 61 zeigt die geschlechtsspezifische Verteilung der Assistenzstunden: Im Jahr 1994 erhielten Frauen 65,7 Assistenzstunden pro Woche, Männer 66,1 Stunden. Im Vergleich dazu bekamen im Jahr 2006 Frauen für 101,4 Stunden - Männer hingegen für 105,6 Stunden Assistenzbeihilfe. Insgesamt betrachtet erhalten Männer mehr Assistenzstunden als Frauen.

Abbildung 61: Assistenzstunden pro Woche nach Geschlecht in Schweden (1994 - 2006)

Quelle: Forsäkringskassan (2007)

Bei STIL wird auf den Anstieg der Assistenzstunden eindrücklich hingewiesen:

"Ursprünglich ging man davon aus, dass nur 40 Stunden in der Woche nachgefragt wurden, und dann hat man es auf 50 erhöht. (..) aber das war total unterschätzt, denn die Gemeinden, hatten den Leuten nur zum Überleben verholfen. Muss man halt sagen: In der Früh aus dem Bett, Mittags was zum Essen und Nachts wieder ins Bett. Aber jetzt mit dieser Persönlichen Assistenzreform, jetzt hat man ja, jetzt kann man richtig leben, das heißt man kriegt, man hat das Recht auf Stunden, die einem nicht nur zum Überleben, sondern auch zu einem guten Leben helfen sollen. Also, man kann damit studieren oder arbeiten, man kann Familie haben, kleine Kinder aufziehen, seinen Hobbys nachgehen, man kann reisen, alles das ist da. Alle diese Aspekte müssen bei der Bedarfsermittlung mitgenommen werden." (STIL 1, 207:215)

Im Jahr 2007 wird vom schwedischen Staat eine Assistenzbeihilfe in der Höhe von 228 SEK[40] ca. 25€ pro Assistenzstunde an anspruchsberechtigte Menschen mit Beeinträchtigung bezahlt[41], wobei die ersten 20 Wochenstunden von der Gemeinde finanziert werden müssen. Die Unterstützung wird einkommensunabhängig und steuerfrei gewährt. Die Höhe dieses Stundensatzes wird jährlich von der schwedischen Regierung festgelegt (Forsäkringskassan).

Die Auszahlung der Assistenzbeihilfe erfolgt prinzipiell direkt an die Anspruchsberechtigten[42]. Diese müssen die Anzahl der geleisteten Assistenzstunden monatlich abrechnen. Den Abrechnungszeitraum legt die Sozialversicherung fest, er kann bis zu sechs Monate betragen (Forsäkringskassan).

Nach der Reform im Jahr 1994 wurden als jährliche Kosten 2.4 Milliarden SEK erwartet. Diese Erwartungen wurden weit übertroffen. Für das Jahr 2004 werden sich die Ausgaben für Persönliche Assistenz voraussichtlich auf 10 Milliarden SEK belaufen (Kommunal 2004, 2)[43].

Nach Angaben der schwedischen Sozialversicherung wurden im Jahr 2006 rund 16 Milliarden SEK an Assistenzbeihilfe ausbezahlt. Für 2007 wurden 18 Milliarden SEK und für 2008 knapp 20 Milliarden SEK prognostiziert (Försäkringskassan 2007b, 10)

Anspruchsberechtigten Personen entscheiden selbst, von welchen Assistenzanbieter/innen sie Persönliche Assistenz in Anspruch nehmen wollen, zu welcher Zeit und wofür. "Das Gesetz räumt Ihnen ein umfassendes Selbstbestimmungsrecht darüber ein, wie die Beihilfe eingesetzt wird." (Försäkringskassan)

In Schweden können Menschen mit Beeinträchtigung Persönliche Assistenz entweder von den Gemeinden, von Assistenzgenossenschaften oder von privaten Assistenzfirmen in Anspruch nehmen. Eine weitere Möglichkeit stellt das Arbeitgeber/innenmodell dar, hierbei fungieren Auftraggeber/innen als Selbstständige und stellen ihre Assistent/innen selbst an.

Im Jahr 2006 nehmen 60% der schwedischen Auftraggeber/innen Persönliche Assistenz bei den Gemeinden in Anspruch, 21% bei privaten Assistenzfirmen, 15% bei Assistenzgenossenschaften und 4% sind selbstständige Auftraggeber/innen (Abbildung 62).

Abbildung 62: Auftraggeber/innen nach Assistenzanbieter/innen in Schweden (2006)

Quelle: Särnmark PPP

Assistent/innen:

Rund 60 000 Personen arbeiten im Jahr 2007 in Schweden als Persönliche Assistent/innen (Kommunal, email vom 3.9.2007). Die Zahl ist stetig gestiegen: 2003 waren es 50 000 Personen. Eine Untersuchung (Kommunal 2004) innerhalb der gewerkschaftlich organisierten Assistent/innen zeigt, dass der größte Anteil der Befragten zwischen 25 und 44 Jahre alt ist, ein Drittel der Assistent/innen Migrationshintergrund hat, insgesamt ein Viertel der Assistent/innen Vollzeit arbeitet und vier von fünf Assistent/innen Frauen sind.

Nach Angaben von STIL gibt es im Jahr 2007 in Schweden rund 70 000 Assistent/innen. Damit zählt die Gruppe der Assistenznehmer/innen insgesamt zu den größten Arbeitgeber/innen des Landes: "Diese 14.000 Leute [Auftraggeber/innen] beschäftigen zusammen als Gruppe 70.000 Arbeitnehmer, 70.000. Und diese 70.000 sind fast alle Teilzeit. Wenn man dieses auf ganztägig umrechnet dann sind es ca. 50.000. 50.000 Menschen kriegen also ihre ganztägig Arbeit von diesen 14.000 Assistenzgeldnehmern. Und diese Perspektive zu kriegen, der größte Arbeitgeber des Landes in Schweden, das ist die Stadt Stockholm. Und die Zahl der Arbeitnehmer sind 50.000. Der Konzern Ericson hat 45.000 Leute angestellt, weltweit. Das heißt wir als Gruppe sind also einer der größten Arbeitgeber des Landes." (STIL 1, 268:275)

5.4 Bericht über die besuchten Organisationen

Die nun folgenden Unterkapitel stellen die Auswertungen jener Interviews dar, die mit den Kontaktpersonen der besuchten Organisationen geführt wurden.

5.4.1 STIL (Assistenzgenossenschaft)

Die schwedische Assistenzgenossenschaft STIL ist die älteste ihrer Art in Europa. Die Abkürzung STIL steht für Stiftarna av Independent Living [Stiftung für Selbstbestimmtes Leben]. Gründung (1987) und Entwicklung von STIL sind eng mit der Person Dr. Adolf Ratzka[44] verbunden, der auch für die gesetzliche Verankerung der Persönlichen Assistenz in Schweden wesentliche Pionierarbeit geleistet hat (siehe Abschnitt 5.1). 1973 kam Ratzka für Forschungsarbeiten nach Schweden. In Verbindung mit der US-Independent Living Bewegung organisierte er 1983 in Stockholm eine Tagung zu diesem Thema, und gründete ein Jahr später - gemeinsam mit einer Gruppe von Menschen mit Beeinträchtigung - den Verein STIL (Stockholmer Genossenschaft für Independent Living). Diese Gruppe forderte von den Gemeinden, die bisher die Betreuungsdienste für Menschen mit Beeinträchtigung organisierten: "...gebt uns das Geld, das ihr jetzt für unsere Dienste ausgebt, wir machen diese Arbeit, weil wir sind die Experten. Typische Selbstbestimmt Leben Slogan, wir sind die Experten in eigener Sache, geht weg, danke schön und "pfiat eich". (STIL 1, 50:52)

1987 - nach drei Jahren harter Überzeugungsarbeit - konnte STIL in Stockholm ein Versuchsprojekt mit 22 Auftraggeber/innen starten (Ratzka 2006).

Dieses Pilotprojekt hatte großen Erfolg und leitete eine wichtige Entwicklung für Menschen mit Beeinträchtigung in Schweden ein.

Heute gehört STIL mit 230 Auftraggeber/innen[45] zu den größten Assistenzgenossenschaften Schwedens, wobei es noch erheblich größere Assistenzfirmen gibt. Ihr Vorstand setzt sich laut Satzung ausschließlich aus Menschen mit Beeinträchtigung zusammen. Die Mitglieder der Genossenschaft erhalten in ihrer Funktion als Auftraggeber/innen[46] Persönliche Assistenz von jenen Assistent/innen, die bei STIL angestellt sind.

Hinsichtlich der Arten von Beeinträchtigung der Auftraggeber/innen betont man bei STIL:

"Wir unterscheiden überhaupt nicht, es gibt keine Diagnosen, das ist etwas, wo wir uns sehr in Acht nehmen, es gibt keine Unterscheidung zwischen kognitiven und psychiatrischen Einschränkungen, sondern es geht darum, wenn der Arbeitgeber eine Funktion nicht ausüben kann, was passiert dann?" (STIL 2, 20:23)

Großer Wert wird bei STIL auf die Einstellung ihrer Mitglieder gelegt:

"Es geht immer um die Einstellung, das ist der Punkt, z.B. wenn es Menschen gibt, die versorgt werden möchten. .. z.B. wenn man kommt "Ich bin so arm, ich brauche einen Assistent/innen, helft mir bitte", dann bist schon der Falsche. Also, Menschen, die zu STIL passen, sind Menschen, die mit ihrer Verantwortung wachsen wollen, die sich selber als Teil des Netzwerks empfinden." (STIL 2, 138:144)

Bevor eine Person mit Beeinträchtigung bei STIL als Mitglied aufgenommen wird, ist eine dreitägige Einschulung für Auftraggeber/innen zu absolvieren. Diese beinhaltet: Einschätzung des eigenen Assistenzbedarfs, Verhandlungen mit Behörden, Führung von Bewerbungsgesprächen, Anleitung der Assistent/innen, etc.

"Das sind also Leiterausbildungen, Führungsausbildung, die für jede Führungskraft eigentlich angeboten werden könnten. Also eigentlich, das was vermittelt wird, ist etwas, was für jede Führungskraft vermittelt wird, in anderen Firmen auch." (STIL 2, 50:53)

Der Basisausbildung folgt ein viertägiger Aufbaublock, ein Vertiefungskurs befindet sich derzeit in Planung. Die Kurse werden von erfahrenen Auftraggeber/innen geleitet.

Die Genossenschaft selbst fungiert als Arbeitgeberin für jene Assistent/innen, die für die STIL-Mitglieder Assistenzleistungen erbringen. Die Rekrutierung, Einschulung, Anleitung und Supervision der Assistent/innen wird von den jeweiligen Mitgliedern selbst vorgenommen (Stil 2006).

Für Assistent/innen gibt es bei STIL keine Einschulung, da die Ansicht vertreten wird, dass Auftraggeber/innen diese Aufgabe übernehmen müssen - sie sind ja die Expert/innen in eigener Sache. Herkömmliche Ausbildungen für Assistent/innen sind immer noch sehr stark im Bereich Pflege verankert und davon möchte STIL wegkommen:

"Also, der Ausdruck Persönlicher Assistent hat noch immer den Geruch davon .. im Krank.. äh Gesundheitssystem ein Beruf zu sein. Und sie [Interviewpartnerin bei STIL] sagt aber, Persönlicher Assistent ist ein Service-Beruf als würde man im Restaurant arbeiten oder würde man mit Kindern arbeiten, also das hat was mit Service zu tun. Also sie ist nicht gegen Ausbildungen, aber nicht auf diese Weise wie es jetzt vom allgemeinen Markt angeboten wird." (STIL 2, 40:44)

Jedes Mitglied verfügt innerhalb der Genossenschaft über ein eigenes Konto, auf das die Assistenzbeihilfe - entsprechend den genehmigten Assistenzstunden - von der Sozialversicherung ausbezahlt wird. Davon werden die Löhne und die Sozialversicherungsabgaben der Assistent/innen sowie die Verwaltungskosten der Genossenschaft gedeckt. (Stil 2006).

Insgesamt arbeiten bei STIL im Jahr 2002 über 1000 Assistent/innen[47], die zum Großteil eine fixe Anstellung haben. Es gibt aber auch die Möglichkeit eines freien Dienstvertrages. Der Durchschnittsverdienst der STIL- Assistent/innen liegt zwischen 95 und 125 SEK.

Im Jahr 2005 wurden bei STIL insgesamt über 1 Mio. Assistenzstunden geleistet (Stil 2006).

Bei STIL ist man der Meinung, dass der Assistent/innenberuf in Schweden kein hohes Ansehen hat. Dies wird darauf zurückgeführt, dass Menschen mit Beeinträchtigung in Schweden keinen positiven Status haben und dies auf jene Personen abfärbt, die für Menschen mit Beeinträchtigung arbeiten. Die Imageverschlechterung hat sich auch ergeben, seit Gemeinden den Begriff Persönliche Assistenz verwenden und gleichzeitig immer noch mit dem Heimdienst (siehe Abschnitt 5.1) in Verbindung gebracht werden. Verweise auf die Arbeitsbedingungen der Assistent/innen wurden nicht in Erwägung gezogen.

Treten Probleme in der Assistenzsituation auf, so bietet STIL Unterstützung in Form von Gesprächen für Auftraggeber/innen und Assistent/innen an. Zum Themenbereich "Sexuelle Belästigung in der Assistenzsituation" wird bei STIL die Ansicht vertreten, dass Probleme in diesem Bereich selbstverantwortlich gelöst werden sollen:

"Das sind eben so schwierige Fragen, und es handelt darum, dass beide selbstverantwortlich sagen, will ich das machen oder nicht." (STIL 2, 142:144) Bei Übergriffen müssen sich also "Täter" und "Opfer" vorerst selbst ausmachen, wie sie weiter damit umgehen. Kommt es aber wiederholt zu sexuellen Übergriffen, so werden Mitgliedschaften bei STIL gekündigt.

Hinsichtlich des Stadt-Land-Gefälles bei der Anzahl der Assistenzstunden in Schweden meint man bei STIL, dass am Land noch mehr Assistenzleistungen unentgeltlich von Familienangehörigen erbracht werden.

Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Auftraggeber/innen und Assistent/innen werden bei STIL als unproblematisch für die Assistenzbeziehung gesehen.

Bei STIL wird darauf hingewiesen, dass es derzeit in Schweden bereits über 450 Firmen gibt, die Assistenzdienste anbieten. Diese Konkurrenzsituation unter den Assistenzfirmen wird als förderlich für die Qualität der Dienstleistungen bewertet:

"Für die Firmen bin ich der Kunde, ich bin der König. Cash is King. Die wollen mich haben, die umwerben mich. ... Die meisten [Firmen] versuchen eigentlich, so viel wie möglich Kunden zu kriegen, und haben dadurch, glaube ich, einen ganz natürlichen Anreiz, ihre Qualität zu verbessern. Das haben die Gemeinden nie, keinen natürlichen Anreiz ihre Qualität zu verbessern." (STIL1, 335:349)

Gleichzeitig wird die Konkurrenzsituation durch private Assistenzfirmen aber auch sehr ambivalent gesehen: "Die privaten Firmen, das ist Luxusproblem und zwar, da ist Geld zu machen. Durch geschickte Markt, Vermarktung und vor allem durch geschickte Organisation kann man da viel erreichen. Man kann zum Beispiel die Leute dazu ermuntern, ihre Angehörigen zu ihren Assistenten zu wählen, die werden dann von der Firma angestellt, die dürfen dann, brauchen dann nicht so viel Geld verdienen, weil früher haben sie es umsonst gemacht, der Assistenzdienst wir nun bezahlt, wunderbar, da regt sich keiner auf." (STIL 1, 302:308)

Das Büro von STIL befindet sich in Stockholm.

5.4.2 JAG (Assistenzgenossenschaft)

JAG ist eine der größten Assistenzgenossenschaften in Schweden und bietet Persönliche Assistenz für Menschen mit mehrfacher (körperlicher und kognitiver) Beeinträchtigung an. Die Abkürzung JAG steht für Gleichberechtigung, Assistenz und Teilhabe[48], und ist gleichzeitig das schwedische Wort für "Ich". JAG bekennt sich zur Independent Living Bewegung:

"Das heißt, man sagt nein zur Diskriminierung, und auch nein zu dem Bild, dass man krank ist, und nein zu Institutionen, und nein zu Experten. Wir sagen ja zu der Macht der eigenen Organisation, und ja zur Macht im eigenen Leben durch Persönliche Assistenz. Und die neue Perspektive bedeutet auch, dass man sich zu den Menschenrechten bekennt, und dass es wichtig ist, Subjekt zu sein und nicht Objekt." (JAG, 21:25)

Organisatorisch setzt sich JAG aus drei Teilen zusammen:

  • der JAG Association, die 1992 von einer kleinen Gruppe von Menschen mit Beeinträchtigung ins Leben gerufen wurde,

  • der eigentlichen JAG Assistenzgenossenschaft, die 1994 gegründet wurde, und

  • der JAG Stiftung aus dem Jahr 1996.

Der Vorstand der JAG Association besteht aus fünf Mitgliedern, die jährlich gewählt werden. Laut Satzung dürfen im Vorstand nur Menschen mit Beeinträchtigung sein: "The fully members of the JAG association have several extensive impairments of which one is intellectual." (Jag 2006)

Die JAG Genossenschaft hat derzeit 370 Mitglieder - Personen mit mehrfacher Beeinträchtigung - die auch als Auftraggeber/innen oder Nutzer/innen[49] bezeichnet werden.

"Es gibt ganz wenige Mitglieder, die keine intellektuellen Beeinträchtigungen haben." (JAG1, 7:15)

Die Auftraggeber/innen wählen ihre Assistent/innen selber aus und bestimmen, wann, wo und in welcher Weise Assistenz geleistet werden soll.

"Also, was ganz besonders speziell ist für JAG, ist dass also die Mitglieder selber bestimmen, niemand anderer über sie bestimmt, sondern die Mitglieder bestimmen über ihr Leben. Und das ist auch ganz zentral, dass der Wille von jedem Mitglied im Mittelpunkt steht, und die Mitglieder bestimmen, das ist auch das, was in den Kursen für die Assistent/innen erklärt wird, dass der Wille von den Mitgliedern respektiert wird, das ist die Hauptsache." (JAG1, 46:50)

Jedes Mitglied bei JAG hat einen gesetzlichen Vertreter/ eine gesetzliche Vertreterin, der/ die dabei hilft, die Wünsche der Mitglieder zu interpretieren und zu übermitteln. Die Eltern oder der Vormund stellen diese gesetzliche Vertretung dar.

Eine Besonderheit bei JAG ist das Vorhandensein eines sogenannten Servicegaranter. Dies ist eine Person, die der/die Auftraggeber/in in Übereinkunft mit seinem/ihrem gesetzlichen Vertreter bestimmt und dafür verantwortlich ist, dass die Assistenz gut funktioniert. Bei Kindern und Jugendlichen nimmt zumeist ein Elternteil diese Funktion ein, bei erwachsenen Auftraggeber/innen sind es nichtverwandte Personen. JAG schließt mit dem Servicegaranter einen Vertrag: "The JAG user co-operative has a contract with the service guarantor, a requirement for the JAG user co-operative to take on employer responsibilities for the assistants." (Jag 2006)

Jeder/Jede Auftraggeber/in hat zumindest einen Servicegaranter, der ihn/sie bei der Auswahl der Assistent/innen, bei der Organisation der Assistenzleistungen und bei den administrativen Tätigkeiten (Stundenabrechnung, etc.) unterstützt. Diese besondere Vertrauensperson erhält von JAG eine spezielle Einschulung für die Tätigkeit. Fallen Assistent/innen z.B. durch Krankheit aus, so ist der Servicegaranter verpflichtet, für Ersatz zu sorgen bzw. selbst die Assistenzdienstleistung zu erbringen. Die Arbeit des Servicegaranter wird nur gering entlohnt - von JAG erhält er/sie 10 SEK pro Assistenzstunde, für die er/sie verantwortlich war. Tatsächlich geleistete Assistenzstunden (Krankenstandsvertretung, etc.) werden aber ebenso mit dem Stundenlohn der Assistent/innen honoriert.

Bei JAG sind derzeit 2900 Assistent/innen beschäftigt, die Mehrzahl in Teilzeitarbeitsverhältnissen. Mehr Frauen als Männer üben diese Tätigkeit aus. Ein kurzer Werbespot über den Assistent/innenberuf hat in letzter Zeit zu einer Erhöhung des Männeranteils bei JAG geführt. Assistenz wird durchgeführt in den Bereichen Hygiene, An- und Ausziehen, Essen, Kommunikation und bei speziellen Anforderungen (Atemgerät, etc.). Assistent/innen unterliegen der Schweigepflicht, d.h. sie dürfen keine persönlichen Details über die Auftraggeber/innen weitergeben. Assistent/innen arbeiten immer nur jeweils für einen/eine Auftraggeber/in. So kann durchaus der Fall eintreten, dass ein/eine Auftraggeber/in bis zu zehn Assistent/innen hat. Assistenz ist bei JAG bis zu 24 Stunden durchgehend möglich.

Die Einschulung für Assistent/innen dauert drei Tage und wird von JAG finanziert. Die Themen dabei sind die Aufgaben der Assistent/innen, die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Ziele der Persönlichen Assistenz. Die jeweiligen Auftraggeber/innen und Servicegaranter sind bei diesem Kurs auch anwesend.

Bezahlt werden Assistent/innen durch die Assistenzbeihilfe, die - entsprechend den bewilligten Assistenzstunden der Mitglieder - direkt von der Schwedischen Sozialversicherung an JAG ausbezahlt wird (siehe Abschnitt 5.3). Aber nicht nur die Löhne der Assistent/innen werden damit finanziert, auch die sozialen Abgaben für die Assistent/innen, die Verwaltung von JAG, die Kosten um Assistent/innen zu rekrutieren, Werbung, Beratung, Versicherung und Fortbildung. Auftraggeber/innen entrichten - ähnlich einem Selbstbehalt - pro Assistenzstunde einen Beitrag von 10 SEK an JAG. Alle Auftraggeber/innen haben bei JAG ein eigenes Konto. Im Durchschnitt erhalten Auftraggeber/innen bei JAG 110 Assistenzstunden pro Woche.

Nach eigenen Angaben wird das Arbeitsklima bei JAG als sehr gut bezeichnet. Bei Problemen (z.B. Bevormundung in der Assistenzbeziehung) schaltet sich JAG ein und versucht - auch mit Hilfe von Schulungen - das Problem zu klären. Wenn dies nicht möglich ist, kommt es zum Wechsel der betreffenden Personen. Nach Angaben von JAG kommt ein Wechsel des Servicegaranter äußerst selten vor, ein Assistent/innenwechsel findet selten statt.

Die mehr als zehnjährige Erfahrung mit Persönlicher Assistenz bei JAG zeigt, "dass die Möglichkeit, das eigene Leben zu leben rapide gestiegen ist, also zu leben wie andere, und dass Kinder und Junge bei ihren Familien bleiben dürfen. Viele sind ja, die große Einschränkungen gehabt haben wie z.B. mit dem Atemgerät, die sind früher natürlich in Institutionen gekommen. Heute können sie bei ihren Eltern bleiben. Das was früher unbezahlt war in den Familien, ist sichtbar geworden, diese Arbeit die Familienmitglieder tun, und wird bezahlt." (JAG, 134:139)

JAG hat seinen Sitz in Stockholm, im Büro sind 14 Mitarbeiter/innen mit Beeinträchtigung beschäftigt. Die Auftraggeber/innen sind aber über ganz Schweden "verstreut". (Jag 2006)

5.4.3 Särnmark (Assistenzfirma)

Michael Särnmark und Cecilia Ekholm gründeten im Jahr 1992 die Firma Särnmark, die Persönliche Assistenz für Menschen mit Beeinträchtigung anbietet. Michael Särnmark erkrankte im Alter von 25 Jahren und war danach auf den Heimdienst der schwedischen Kommunen angewiesen. Da er mit dieser Art der Unterstützung sehr unzufrieden war, stellte er selbst Assistent/innen an. Aus dieser Eigeninitiative entstand das schwedische Privatunternehmen Särnmark, das sich heute aus zwei Teilorganisationen zusammensetzt:

  • Särnmark Ekonomiassistans AB: In diesem Bereich werden Auftraggeber/innen unterstützt, die ihre Assistent/innen selber anstellen. Särnmark ist "nur" für die Verwaltung der Löhne dieser 1500 Assistent/innen zuständig)[50]

  • Särnmark Assistans AB: Dieser Unternehmensbereich bietet Assistenzleistungen für Auftraggeber/innen, die ihre Assistent/innen nicht selber anstellen können oder wollen, d.h. in diesem Bereich von Särnmark sind Assistent/innen angestellt

Die Selbstbestimmung der Auftraggeber/innen wird bei Särnmark stark betont: "Die Mission von Särnmark ist, so wie der Michael Särnmark selbstbestimmt war, und das versuchen sie auch ihren Kunden zu vermitteln, über ihr Leben selber zu bestimmen." (Särnmark, 11:33-12:03)

Bei Särnmark erhalten derzeit 165 Menschen mit Beeinträchtigung Persönliche Assistenz. Diese Auftraggeber/innen - auch Kund/innen genannt - sind zum Großteil Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung, der Anteil der Menschen mit geringer kognitiver Beeinträchtigung beträgt ca. 30% und "die, die wirklich nicht alleine entscheiden können, sind vielleicht an einer Hand abzuzählen." (Särnmark, 21:20-21:50). Die Hälfte der Auftraggeber/innen sind Frauen.

Für jeden/jede Auftraggeber/in steht bei Särnmark eine Kontaktperson zur Verfügung, die für Fragen hinsichtlich der Gestaltung der Assistenzsituation, für (juristische) Beratung, Behördenkontakte, Verwaltung der Gelder und für die Ausbildungskurse der Auftraggeber/innen und Assistent/innen zuständig ist. Fünf Personen üben bei Särnmark diese Funktion aus, d.h. jede Kontaktperson betreut rund 50 Auftraggeber/innen.

Aus- und Weiterbildungskurse gibt es zu Themen wie Aufgaben der Auftraggeber/innen (Führungsrolle, Mitarbeiter/innengespräche), Arbeitsklima, Erste Hilfe, etc. Einige davon sind kostenpflichtig. Geleitet werden die Kurse zumeist nicht von Menschen mit Beeinträchtigung.

Särnmark beschäftigt zurzeit 900 Assistent/innen, wobei die Hälfte davon Vollzeit arbeitet. 60% der Assistent/innen sind Frauen. Im Jahr 2006 wurden etwas weniger als 1 Million Assistenzstunden geleistet. Im Durchschnitt verdienen Assistent/innen 100 SEK brutto pro Stunde, dies ist für schwedische Verhältnisse ein niedriger Lohn. 20% Erhöhung des Lohnes wäre nötig, betont man bei Särnmark. Da aber der Stundenlohn der Assistent/innen mit der Höhe der Assistenzbeihilfe in Zusammenhang steht, müsste diese zuerst "kräftiger" erhöht werden. Bei Särnmark bestimmen die Auftraggeber/innen die Höhe der Löhne ihrer Assistent/innen.

Grundsätzlich kann die Assistenzbeihilfe direkt an die Auftraggeber/innen ausbezahlt werden, die dann bei Särnmark Persönliche Assistenz in Anspruch nehmen, oder die Auszahlung erfolgt - unter dem Einverständnis der Auftraggeber/innen - an die Firma Särnmark, die dann die Löhne der Assistent/innen abrechnet. Für Verwaltung und Service müssen Auftraggeber/innen 23,90 SEK pro Assistenzstunde an Särnmark bezahlen - ähnlich einem Selbstbehalt. Alle Auftraggeber/innen haben ein eigenes Konto.

Obwohl wiederholt berichtet wird, dass Auftraggeber/innen mit den kommunalen Assistenzleistungen unzufrieden sind, nimmt dennoch ein Großteil der anspruchsberechtigten Personen die Assistenzdienste der Gemeinden in Anspruch. Bei Särnmark wird dies folgendermaßen begründet: "Er [Interviewte Person bei Särnmark] glaubt, dass es vor allem am Informationsmangel liegt, weil die Voraussetzung ist, dass du selber aktiv wirst, dass du dir was suchst, und viele wissen es nicht, was es noch gibt für Möglichkeiten, und andere denken "Dem Staat, dem kann man vertrauen, (..)" Also, wenn die Gemeinde das sehr gut machen würde, würde es die anderen nicht geben. Leider ist es so, dass die Leute sehr unzufrieden sind mit der Gemeinde, ja. Also, es ist immer so, der erste Schritt zu wechseln, das ist der große. Wenn man schon gewechselt hat, dann weiß man, wie es ist. Den großen Schritt, von der Gemeinde wegzugehen, ist eine große Überwindung oft. Er meint, dass der Trend so geht, dass immer mehr von der Gemeinde weggehen." (Särnmark, 3:00-5:20)

Nach Angaben von Särnmark ist das Ansehen der Persönliche Assistenz bzw. des Assistent/innenberufs eher niedrig. Als Gründe werden die niedrigen Löhne und der Umstand, dass keine Ausbildung nötig ist, vermutet. Assistent/innen haben auch nicht denselben Berufsschutz wie andere Berufe.

Kommt es zu Problemen in der Assistenzbeziehung, so versucht man bei Särnmark diese unter Einbeziehung der Beteiligten zu lösen. Gelingt dies nicht, so muss der/die Auftraggeber/in gekündigt werden. Bis Mitte des Jahres 2007 kam es zu drei derartigen Kündigungen.

Im Büro von Särnmark in Stockholm arbeiten 20 Personen (Särnmark 2007).

5.4.4 Frösunda (Assistenzfirma)

Frösunda gehört zu den größten Privatfirmen in Schweden, die Persönliche Assistenz anbieten. Derzeit zählt Frösunda 3500 Mitglieder, 3000 Mitarbeiter/innen (Assistent/innen) davon sind 1800 Assistent/innen Vollzeit beschäftigt und 1200 Teilzeit. 660 Auftraggeber/innen (geistige und körperliche Beeinträchtigungen) erhalten derzeit durch Frösunda Assistenzdienste. Weitere 200 Auftraggeber/innen bekommen Unterstützung im Arbeits- bzw. Wohnbereich. Frösunda verfügt neben Assistent/innen auch zusätzlich über eigene Arbeitsstätten, Wohnungen bzw. Wohngemeinschaften. Fünf bis sechs Auftraggeber/innen konnten bereits eine eigene Wohnung durch Frösunda erhalten. Im Norden von Schweden sind derzeit neue Wohnungen in Planung.

In den Tagesstrukturen (Werkstätten) können die betroffenen Personen einer Erwerbsarbeit nachgehen. Auftraggeber/innen können einfache Tätigkeiten, aber auch anspruchsvolle Arbeiten durchführen.

Ferner verfügt Frösunda auch über eine eigene Schule sowie über ein Reha-Gebäude für Betroffene.

Frösunda ist in Schweden in vier Regionen eingeteilt und Selbstbetimmung der Auftraggeber/innen steht wie bei vielen anderen Organisationen stark im Vordergrund.

Die Kontaktaufnahme zu Frösunda wird meist durch Eltern oder Sachwalter hergestellt. Jede/r Auftraggeber/in bekommt eine eigene Kontaktperson zur Verfügung gestellt. Nach der Bedarfsfeststellung und Zielsetzung kann der Auftraggeber bzw. die Auftraggeber/in (auch Kunde bzw. Kundin genannt) selber entscheiden welche Assistent/innen angestellt werden. Frösunda unterstützt die Auftraggeber/innen auch bei der Vorauswahl der Assistent/innen, aber nur dann, wenn Auftraggeber/innen dieses auch möchten. Bei Konfliktsituationen übernimmt Försunda die volle Verantwortung für ihre Assistent/innen und vermittelt zwischen Kontaktperson, Auftraggeber/in und Assistent/innen.

Für Kontaktpersonen, Auftraggeber/innen und Assistent/innen bietet Försunda regelmäßige Treffen an. Einmal im Monat gibt es Gespräche zwischen Kontaktperson und Auftraggeber/in, zwischen Auftraggeber/in und Assistent/in, sowie zwischen der Kontaktperson und den Assistent/innen.

Diese Gesprächsmöglichkeiten werden bei Frösunda sehr betont, denn dadurch bekommt Frösunda einen guten Überblick, in welchen Bereichen Handlungsbedarf besteht. Laut Frösunda haben sich diese Gesprächstreffen sehr bewährt und Assistent/innen sowie Auftraggeber/innen fühlen sich dadurch sicher. Die Gespräche können zu Hause, an öffentlichen Stellen oder bei Frösunda abgehalten werden. Meistens kommen die Assistent/innen zu Frösunda, da sie auch bei Frösunda angestellt sind.

Auftraggeber/innen können ihre Assistent/innen auch entlassen. Laut Frösunda ist es besser, wenn Familienmitglieder keine Assistenzdienste verrichten, aber die Möglichkeit besteht.

Eine Kontaktperson hat zwischen sieben und acht Auftraggeber/innen bzw. zwischen 20 und 30 Assistent/innen zu betreuen.

Bei Frösunda wird den Assistent/innen eine Ausbildung angeboten, um ihnen "Kraft" für dieses Arbeitsverhältnis geben zu können. Diese Ausbildungen sind verpflichtend und finden ca. 3 Mal im Jahr für mehrere Tage statt. Die Finanzierung wird ebenfalls von Frösunda übernommen.

Ausbildungsinhalte:

  • Hebetechniken

  • Ethik

  • Schweigepflicht

  • Krankenspezifische Fortbildungen

  • Empathie

  • Verschiedene Übungen für ein besseres Verständnis der Auftraggeber/innen z. B. werden Assistent/innen mit Essen gefüttert, und sollen am eigenen Körper die Hilfestellung erspüren

  • Gesetzliche Grundlagen

  • Erste Hilfe

  • Brandschutzinfo

Laut Frösunda bleiben natürlich Auftraggeber/innen Expert/innen im täglichen Leben, aber Assistent/innen sollen "festen Hintergrund" haben. Die Ausbildung für Assistent/innen wird als sehr wichtig angesehen.

Durch die Ausbildung soll mehr Professionalität für den Assistenzberuf gelegt werden. Derzeit gibt es noch keine Ausbildungskurse für Auftraggeber/innen, sind aber bereits im Gespräch. Lt. Frösunda wären Kurse auch für Auftraggeber/innen gut.

Als Kursleiter sind eigene Mitarbeiter/innen angestellt. Es werden aber auch Lehrbeauftragte zugekauft, wenn Mitarbeiter/innen bestimmte Qualifikationen nicht besitzen z.B. Erste Hilfe.

Wenn eine Assistent/innen ausfällt wird für Ersatz garantiert d.h. die Kontaktperson kann auch die Dienstleistungen erbringen.

Ferner gibt es bei Frösunda eine eigene Freizeitvereinigung. Jeder (Assistent/innen, Auftraggeber/innen oder andere Personen) kann Mitglied werden und an den Veranstaltungen teilnehmen. Diese Freizeitvereinigung ist laut Frösunda wichtig und wird auch als Gesprächsmöglichkeit betrachtet. 100 Schwedische Kronen jährlich werden von den einzelnen Mitgliedern bezahlt und Frösunda zahlt für jedes Mitglied ebenfalls 100 Kronen.

Das gesamt Geld, welches den Auftraggeber/innen für ihren Assistenzdienst genehmigt wurde, wird direkt vom Staat bzw. Sozialversicherung an Frösunda ausbezahlt. Frösunda befürwortet das, da Frösunda die volle Verantwortung für die Assistent/innen - auch für Ausbildung - übernimmt. Zwei Kronen pro Stunde verbleiben beim Auftraggeber/in.

Frösunda betont weiters, dass es für sie keinen Stadt- Land Unterschied hinsichtlich der Assistenzleistungen gibt. Jedoch bekommt Frösunda in den Städten schwieriger Personal. Probelmatik in ländlichen Gebieten sind eher die Bewältigung langer Fahrstrecken. Dabei kann es schon vorkommen, dass ein Auftraggeber/in nicht die Hilfe bekommt, die er wirklich möchte, betont Frösunda.

Frösunda hat eine Studie bei Auftraggeber/innen durchgeführt, und dabei ist hervor gegangen, dass die Nähe der Büros und die Kontaktperson für Auftraggeber/innen sehr wichtig sind.

Marketing erfolgt bei Frösunda auf unterschiedlichen Ebenen. Die Firma ist einerseits auf Messen vertreten und andererseits wird sie auch von Sponsoren verschiedener Zeitschriften unterstützen. Mundpropaganda, regelmäßiger Besuch bei den Gemeinden und seriöser Umgang mit dem Geld tragen nach Angaben von Frösunda zu ihrer positiven Entwicklung bei.

Assistent/innen verdienen bei Frösunda zwischen 90 und 105 Kronen brutto pro Stunde. Nacht- und Wochenenddienste werden gesondert verrechnet. Frösunda bezeichnet ihr Lohnniveau als niedrig im Vergleich zu anderen Anbietern, kompensieren das aber mit Gratis-Ausbildung und "viel Sicherheit" für Assistent/in und Auftraggeber/in.

Derzeit bewerben sich am Tag bis zu 50 Assistent/innen um eine Stelle. Auftraggeber/innen warten durchschnittlich drei Wochen auf eine Assistent/in. Jede/r Auftraggeber/in hat das Recht, sich alle Assistent/innen persönlich anzusehen und kann selber die Auswahl treffen.

Frösunda verfügt auch über einen Stab von Assistent/innen, die nur "Springer" sind. D.h. Eine eigene Personengruppe von Assistent/innen übt Assistenzdienst nur als Krankenstands- oder Urlaubsvertretung aus. Laut Frösunda ist für manche Assistent/innen eine Vollzeitbeschäftigung zu anstrengen, deshalb bietet Frösunda auch diese Form der Arbeitsmöglichkeit an.

Assistenzdienst darf bei Frösunda ab dem 18 Lebensjahr ausgeübt werden. Die Inanspruchnahme von Assistenzdienstleistung ist ab Geburt möglich.

Die Dienstzeiten der Assistent/innen werden von Auftraggeber/innen bestimmt, von der Sozialversicherung wird jedoch die Arbeitszeitregelung festgelegt. Spontane Abrufbarkeit der Assistent/innen ist nicht möglich. d.h. wenn ein/e Assistent/in acht Stunden Dienst hat, können Auftraggeber/innen ihre/n Assistent/in nach drei Stunden wegschicken, diese/r muss aber bis Dienstende erreichbar sein.

Die geschlechterspezifische Verteilung der Auftraggeber/innen liegt nach Angaben von Frösunda bei jeweils ca. 50%. Bei den Assistent/innen überwiegt der weibliche Anteil.

5.4.5 Kommunal (Gewerkschaft der Assistent/innen)

Kommunal ist mit über 585 000 Mitgliedern die größte Gewerkschaft Schwedens.[51] Sie vertritt die unterschiedlichsten Pflegeberufe ("People who care") und damit auch die Berufsgruppe der Persönlichen Assistent/innen.

Im August 2007 sind 30 500 Persönliche Assistent/innen Mitglied bei Kommunal - dies ist etwas mehr als die Hälfte aller Assistent/innen in Schweden. Von diesen Gewerkschaftsmitgliedern sind 22 800 bei den Gemeinden angestellt und 7700 bei Assistenzgenossenschaften bzw. privaten Assistenzfirmen (Kommunal, email vom 3.9.2007).

Bei Kommunal wird betont, dass Persönliche Assistenz Laienhilfe ist, die Beschreibung der Tätigkeit aber ungenau ist und es daher immer wieder zu Problemen kommt.

"Das ist also sehr ungenau und abhängig davon, wie man das einschätzt, und sehr schwammig eigentlich und es ist ganz schön schwierig für unsere Mitglieder, weil es sehr wenige sind, die sagen: "ich trau mich das jetzt nicht zu geben". Da muss man eigentlich sich im Gesetz auskennen." (Kommunal, 16:13-17:02)

Nach Angaben von Kommunal kann es auch vorkommen, dass Auftraggeber/innen nicht genau sagen, was sie wollen und daher von Assistenzgenossenschaften sogenannte "Leitungskurse" angeboten werden. Es gibt zwar ein Gesetz zu den Rahmenbedingungen für Assistent/innen, dieses gerät aber manchmal in Konflikt mit dem Gesetz der Auftraggeber/innen.

Kommunal hat sich damit beschäftigt, eine Arbeitsbeschreibung für Assistent/innen zu verfassen und dabei das Arbeitsverhältnis sehr genau zu beschreiben. So etwa muss unterschieden werden zwischen Privatsphäre und Arbeit (z.B. sollen Assistent/innen daheim nicht angerufen werden) bzw. Abhängigkeiten zwischen Auftraggeber/innen und Assistent/innen muss entgegengewirkt werden.

Grundsätzlich bestimmen die Kollektivverträge das Arbeitsleben, diese stehen aber über dem Gesetz. Für Assistent/innen, die bei Gemeinden, Genossenschaften bzw. privaten Auftraggeber/innen angestellt sind, gibt es drei etwas unterschiedliche Kollektivverträge - den "schwächsten Kollektivvertrag" haben jene Assistent/innen, die für private Auftraggeber/innen arbeiten.

Kommunal weist auf die Situation hin, dass es in Schweden derzeit sehr viele private Firmen gibt, die Assistenz anbieten und es zu finanziellen Ungereimtheiten gekommen ist. Im Jahr 2008 soll daher ein neues Gesetz erlassen werden um dies zu vermeiden und die Qualität der Assistenz zu heben.

Eine Untersuchung zur Arbeitszufriedenheit (Kommunal 2004) hat ergeben, dass die meisten Assistent/innen zufrieden sind mit ihrer Situation. Auftraggeber/innen sind am zufriedensten, wenn sie Assistenz bei Genossenschaft in Anspruch nehmen. Von jenen Assistent/innen, die direkt bei ihren Auftraggeber/innen angestellt werden, sind nur sehr wenige als Gewerkschaftsmitglieder bei Kommunal vertreten. Daher ergibt sich mit dieser Gruppe von Assistent/innen kaum Kontakt und dies macht kollektivvertragliche Verhandlungen sehr schwierig.

Kommunal schlägt vor, dass es in jeder Assistenzfirma eine Ansprechperson für ev. auftretende Probleme in der Assistenzsituation geben soll.

Kommunal fordert eine Grundausbildung für Assistent/innen, dies würde zu einer Verbesserung der Arbeitssituation, zu höheren Löhnen und zu einer Statuserhöhung des Assistenzberufes führen. Vorstellbar wäre eine einjährige Ausbildung mit Modulen zu rechtlichen Fragen bei der medizinischen Versorgung, zu Kommunikation, Ethik und Beziehungsgestaltung.

Kommunal unterstreicht, dass der Beruf des Persönlichen Assistenten/ der Persönlichen Assistentin in Schweden ein Niedriglohnberuf ist. Bei Vollzeittätigkeit verdienen gewerkschaftlich organisierte Assistent/innen bei den Gemeinden 17 500 SEK brutto (=1908 €), bei den Assistenzgenossenschaften 18 200 SEK (=1984 €) und bei privaten Assistenzfirmen 17 400 SEK (=1897 €) pro Monat. Der durchschnittliche Stundenlohn wird mit 106 SEK (=11,55 €)[52] angegeben. Personen, die in der Altenpflege arbeiten, haben einen Stundenlohn von 111 SEK. Assistent/innen, die Mitglied bei Kommunal sind, haben einen etwas höheren Durchschnittsgehalt als jene, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind. (Kommunal, email vom 7.1.2008)

85% der Geldmittel für die Assistenzbeihilfe fließen in die Ausbildung, Löhne und Personalkosten der Assistent/innen und 15% in die Administration, Büromiete, etc.

Zum Vergleich: Bei der Persönliche Assistenz GmbH in Oberösterreich fließen 90% in Löhne der Assistent/innen und 10% in Administration, Fortbildung, Sachaufwände, Versicherung usw. In diese Richtung möchte Kommunal auch eine Gesetzesänderung im Jahr 2008 anstreben.

Zum Thema "Verwandtschaft zwischen Auftraggeber/innen und Assistent/innen" äußert man sich bei Kommunal kritisch: Auftraggeber/innen könnten dadurch "zuhause festgenagelt werden". Es wird auch darauf hingewiesen, dass die ganze Familie von der Assistenzbeihilfe leben könnte.

Erwähnt wird bei Kommunal, dass es immer wieder auch zu sexuellen Übergriffen auf Assistent/innen gekommen ist und einige Prozesse diesbezüglich laufen.

5.4.6 Karlsson (Behindertenbeauftragte der Stadt Stockholm)

Riitta-Leena Karlsson war - bevor sie 2001 zur Behindertenbeauftragten[53] der Stadt Stockholm ernannt wurde - Leiterin der Abteilung für Alten- und Behindertenbetreuung. In ihrer jetzigen Funktion ist sie zuständig für alle Organisationen in Stockholm, in denen Menschen mit Beeinträchtigung betreut werden, ist direkte Ansprechpartnerin für Menschen mit Beeinträchtigung, für Politik, Gemeinde, Behindertenorganisation, Assistenzgenossenschaften und Firmen. So fungiert sie auch als "Beschwerdestelle" für etwaig auftretende Probleme. In ihrem jährlichen Bericht an die Stadtverwaltung von Stockholm zeigt sie Defizite im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigung auf.

Das schwedische Gesetz LSS aus dem Jahr 1994, in dem das Recht auf Persönliche Assistenz verankert ist, bezeichnet Karlsson als "Revolution", weil darin Menschen mit Beeinträchtigung als gleichberechtigte Mitbürger/innen "betrachtet" wurden. Es wurde vereinbart, dass bis zum Jahr 2000 alle Einrichtungen und Heime für Menschen mit Beeinträchtigung in Schweden aufgelöst werden. Dies wurde auch durchgeführt und heute leben in Schweden Menschen mit Beeinträchtigung mit Hilfe von Persönlicher Assistenz in ihrer eigenen Wohnumgebung bzw. Menschen mit starken (kognitiven) Beeinträchtigungen wohnen in Gemeinschaften, die aus maximal sechs Personen bestehen. Diese Wohngruppen werden von Betreuer/innen unterstützt.

Neben vielen positiven Erfahrungen gibt Karlsson zu Bedenken, dass Persönliche Assistenz für Menschen mit Lernbeeinträchtigung eher nicht geeignet erscheint: Diese Menschen können zu "Opfern" werden, indem Eltern oder Assistent/innen die Macht übernehmen und so Personen mit Lernbeeinträchtigung nicht entsprechend fördern. Karlsson weist darauf hin, dass der Staat keine Kontrollfunktion über die mittlerweile zahlreichen Assistenzfirmen in Schweden hat und dies sehr problematisch ist, da z.B. sozial schwache Personen, die nur geringe Gesetzeskenntnisse haben, von Assistenzanbietern ausgenützt werden können. Geplant ist, eine Kontrollfunktion für Assistenzfirmen einzurichten. Grundsätzlich steht Karlsson aber den renommierten Assistenzanbietern - sie nennt hier STIL und JAG - sehr positiv gegenüber. Nach Aussage der Behindertenbeauftragten haben Auftraggeber/innen bei Assistenzgenossenschaften das höchste Ausmaß an Selbstbestimmung. Gemeinden haben aber immer die letzte Verantwortung, wenn es bei den Genossenschaften Probleme gibt (z.B. Mangel an Assistent/innen). Gemeinden müssen dann für Ersatz sorgen.

Der Bekanntheitsgrad der Persönlichen Assistenz ist in den letzten Jahren gestiegen und damit auch die Anzahl der Assistenzstunden. In den Städten Schwedens wird deutlich mehr Persönliche Assistenz in Anspruch genommen als in ländlichen Gebieten. Am Land werden Menschen mit Beeinträchtigung "oft mit dem Heimdienst der Gemeinden vertröstet".

Persönliche Assistenz ist in Schweden - so wie in Österreich auch - Laienhilfe. Karlsson weist darauf hin, dass Assistent/innen in Schweden medizinische Dienste durchführen können, wenn die entsprechende Stelle eine schriftliche Zustimmung erteilt. Die Verantwortung und Haftung übernimmt die Gemeinde, dadurch werden Assistent/innen entlastet.

Nach Meinung von Karlsson ist Persönliche Assistenz für Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Suchtproblemen schwierig, Assistent/innen erhalten hierbei oft sehr wenig Unterstützung von Seiten ihrer Firmen.

Hinsichtlich des Themenbereichs Sexualität in der Assistenzsituation weist Karlsson darauf hin, dass Assistent/innen jene Dienstleistungen, die sie nicht machen wollen, auch nicht ausführen sollen. In Schweden werden - im Gegensatz zu Dänemark - keine sexuellen Dienstleistungen für Menschen mit Beeinträchtigung organisiert. Karlsson zitiert weiters Ergebnisse einer aktuellen schwedischen Studie über (sexuelle) Gewalt und Beeinträchtigung[54], wonach Frauen mit Beeinträchtigung deutlich häufiger Gewalt ausgesetzt sind als Männer mit Beeinträchtigung.

Karlsson spricht sich klar gegen eine Verwandtschaft zwischen Auftraggeber/innen und Assistent/innen aus. Sie sieht darin eine Gefahr der Abhängigkeit, wenn Familienmitglieder als Assistent/innen fungieren. Eine Ausnahme bildet die Assistenz für Kinder mit Beeinträchtigung.

Insgesamt schätzt sie den Status der Persönlichen Assistenz in Schweden nicht sehr hoch ein und macht u.a. die fehlende Ausbildung dafür verantwortlich. Die Tätigkeit der Assistent/innen ist meist eine berufliche Übergangslösung - es sollten aber Dauerjobs werden mit einem entsprechenden Berufsbild. Karlsson plädiert daher für eine fundierte Grundausbildung für Assistent/innen. So sollen in einer dreijährigen Ausbildung z.B. Wissen über Arten von Beeinträchtigungen vermittelt und des Weiteren Karrieremöglichkeiten für Assistent/innen geschaffen werden.



[33] allen voran ist hier Dr. Adolf Ratzka zu nennen (siehe Abschnitt 5.4.1)

[34] Lag om stöd och service till vissa funktionshindrade [Act concerning Support und Services for Persons with Certain Functional Impairments]

[35] 228 SEK pro Stunde

[36] Vom Interview bei "Socialstyrelsen" existiert ein Gedächtnisprotokoll, vom Interview mit Riita-Leena Karlsson ein Interviewprotokoll (Mitschrift)

[37] Besteht der Anspruch auf Assistenzbeihilfe schon vor dem 65. Lebensjahr, so wird Assistenzbeihilfe auch nach dessen Vollendung gewährt.

[38] Gesamtbevölkerung 9,1 Mio.

[39] Försäkringskassan [Schwedische Sozialversicherung]. In Schweden gibt es nur eine Sozialversicherungskasse, somit haben Menschen mit Beeinträchtigung im ganzen Land nur einen Ansprechpartner für die Sicherstellung und Finanzierung ihrer Persönlichen Assistenz.

[40] Schwedenkronen (10 SEK = 1,09 €); In Ausnahmefällen wird bis maximal 245 SEK gewährt.

[41] Die Auszahlung selbst wird von der schwedischen Sozialversicherung durchgeführt

[42] bzw. an jene Organisation, bei der Assistenzbezieher/innen Persönliche Assistenz in Anspruch nehmen

[43] "When the reform was introduced the government estimated the annual cost to be SEK 2.4 billion. The estimate proved to be wrong. Ten years later the annual cost has increased by 438 percent, to SEK 10 billion (forecast for 2004)." (Kommunal 2004, 2) Im schwedischen Orignialbericht heißt es: "Vid reformens införande uppskattade regeringen den arliga kostnaden till 2,4 miljarder kronor. Beräkningen visade sig vara felaktig. Tio ar efter starten har den arliga kostnaden ökat med 438 procent, till 10 miljarder kronor (prognos för 2004):" (Kommunal 2004: Personliga assistenters arbetssituation. Stockholm. Seite 5)

[44] Ratzka zählt selbst zu den Betroffenen, er ist Rollstuhlfahrer und benutzt ein Atemgerät.

[45] Stil (2006)

[46] im Schwedischen "Arbeitsledere" also Arbeitgeber genannt

[47] http://www.forsea.de/archiv/archiv_2002_12_adolf_ratzka_wue.shtml am 18.12.2006

[48] Jämlikhet, Assistans, Gemenskap

[49] User

[50] "Salary administration for approximately 1500 personal assistants" (Frängsmyr/ Martenson 2007)

[51] Swedish Municipal Workers´Union

[52] That is before the deduction of personal income tax and not including employment tax. When calculating the average hourly wage 167 hours (municipalities) and 173 hours (private sector) per month are used.

[53] genaue Bezeichnung: Funktionshinderombudsman [Ombudsman für Menschen mit Beeinträchtigung] (Stadt Stockholm 2007)

[54] Utredningsinstitutet HANDU (2007): Mäns vald mot kvinnor med funktionsnedsättning. Stockholm.

6 Vergleich Oberösterreich - Schweden[55]

In Oberösterreich können nur vom Land anerkannte Organisationen Mittel aus der "Behindertenhilfe" bekommen, keine Privatpersonen. Es gibt keine rechtlichen Bedingungen für ein "Persönliches Budget". Derzeit gibt es in Oberösterreich nur die Persönliche Assistenz GmbH, die Persönliche Assistenz im Alltag anbietet. Dadurch haben Menschen mit Beeinträchtigung keine Wahl, bei wem sie die Assistenzleistungen einkaufen und auch nicht die Möglichkeit, nach dem Dienstgeber/innenmodell selbst Assistent/innen zu beschäftigen. Letztere Variante hat als Wahlmöglichkeit für die Selbstbestimmt-Leben-Bewegung große Bedeutung, weil hier "Selbstbestimmung" am weitreichendsten gelebt werden kann. Der damit verbundene Aufwand und die von Dienstgeber/innen verlangten arbeitsrechtlichen Kompetenzen dürften aber in Österreich noch unterschätzt werden. In Schweden, wo diese Variante zur freien Wahl steht, beanspruchen das Dienstgeber/innenmodell (im Sinne einer selbstständigen Tätigkeit) lediglich 3 % der Assistenzbeihilfenbezieher/ innen (siehe Abschnitt 5.3).

Die Selbstbestimmt-Leben-Initiative Oberösterreich (SLI OÖ) als Selbstvertretungsverein beeinträchtigter Personen ist alleinige Eigentümerin der Persönlichen Assistenz GmbH. Die Auftraggeber/innen können Mitglied von SLI OÖ werden und damit Miteigentümer/innen des eigenen Dienstleisters.

Anspruchsberechtigt sind Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung ab dem 6. Lebensjahr, die in Oberösterreich wohnen, nicht lernbeeinträchtigt und nicht überwiegend altersbedingt beeinträchtigt sind. Ein Mindestmaß an Assistenzbedarf ist nicht vorgegeben. In Schweden ist der Mindestbedarf mit mehr als 20 Stunden wöchentlich alleine für die Grundversorgung (Körperpflege, Essen, etc.) festgelegt. Personen mit geringerem Bedarf können zwar auch in Schweden "Persönliche Assistenzleistungen" von den Kommunen (=Gemeinden) bekommen; es wird aber kritisiert, dass sie den Kriterien der Selbstbestimmung oft nicht entsprechen (siehe Abschnitt 5.4.1). Vergleichbar ist die Situation bei altersbedingt beeinträchtigten Menschen. Wer mit einer anderen Beeinträchtigung und mit Persönlicher Assistenz alt geworden ist, kann auch im Alter die Persönliche Assistenz weiter beanspruchen. Das gilt in Oberösterreich wie in Schweden.

Im Durchschnitt werden in Oberösterreich lediglich 66 Assistenzstunden pro Monat in Anspruch genommen, in Schweden sind es über 100 Stunden pro Woche(!). Wie kann das erklärt werden? In Schweden gehören insbesondere Personen mit sehr hohem Bedarf zur Zielgruppe und das Stundenausmaß ist nach obenhin nicht begrenzt. Durch die Assistenzbeihilfe, die dem Stundenausmaß des individuellen Bedarfs entspricht, sind die Kosten voll gedeckt. In Oberösterreich ist das Stundenausmaß auf maximal 250 Stunden pro Monat beschränkt. Es fällt jedoch auf, dass nur 1 % der befragten Assistenznehmer/innen mehr als 200 Stunden beansprucht. Das liegt im Wesentlichen daran, dass die Assistenzstunden für Pflegegeldbezieher zu 15 %[56] selbstbehaltspflichtig sind. Diese Kosten sind durch das Pflegegeld zu decken, welches in Österreich in den letzten 10 Jahren nur einmal um 2 % valorisiert wurde und außerdem oft auch zur Deckung der Lebenskosten wichtig ist. Es verwundert also nicht weiter, dass man sich Persönliche Assistenzstunden nur begrenzt (immer weniger) leisten kann, auch wenn der Bedarf ganz ein anderer wäre.

In Oberösterreich dürfen unmittelbar Angehörige (Eltern, Geschwister, Kinder), Partner/innen und im gleichen Haushalt lebende Personen nicht assistieren. Dafür gibt es mehrere Begründungen. Persönliche Assistenz wird als Empowermentmodell gesehen, mit dem Ziel einer möglichst selbstständigen, unabhängigen und selbstbestimmten Lebensführung. Unter nahen Angehörigen sind die Rollen als Auftraggeber/in (Vorgesetzte/r) und Assistent/in (Dienstnehmer/in) kaum einzunehmen bzw. auf Dauer aufrecht zu erhalten. Konflikte in der Familie würden ebenso in die Assistenz spielen wie umgekehrt. Eine Unterscheidung zwischen familiärem Zusammensein und einer dienstlichen (Dienstgeber/in-Dienstnehmer/in-) Situation müsste für jeden Moment reflektiert werden. Was ist dienstlich, was ist privat? Große Schwierigkeiten werden überhaupt im Zusammenhang mit der Entlohnung von Angehörigen gesehen. Wenn von Auftraggeber/innen Angehörige als ihre Persönlichen Assistent/innen beschäftigt werden, "sorgen" sie für deren Einkommen und damit gleichzeitig für das Familieneinkommen. Man kann im Konfliktfall z. B. schwer seine Kinder, Geschwister, Eltern oder Partner/in kündigen. Mit solchen Assistenzverhältnissen werden neue Abhängigkeiten generiert, die der Zielsetzung von Persönlicher Assistenz diametral gegenüberstehen. Deshalb wird von der Persönlichen Assistenz GmbH überwiegend die Ansicht vertreten, dass "Angehörigenhilfe" nicht Persönliche Assistenz im eigentlichen Sinne sein kann. Damit ist nicht gemeint, dass unterstützende bzw. pflegende Angehörige nicht abgesichert werden sollten. In Schweden wird die Assistenz von Angehörigen ambivalent diskutiert. Manche sehen darin keine Schwierigkeiten, andere betrachten sie als problematisch (siehe Abschnitt 5.4).

Völlig freie Zeiteinteilung zu jeder Tages- und Nachtzeit, sieben Tage die Woche erfordert in Oberösterreich freie Dienstverträge. Auftraggeber/innen müssen ihren Alltag planen, überlegen, wie sie die Zeit zwischen den Assistenzdiensten überbrücken können. In Schweden ist das bei durchschnittlich 100 Stunden pro Woche anders. Hier kann man die Assistent/innen fest anstellen, denn damit steht über 14 Stunden täglich jemand zur Verfügung, also praktisch während der gesamten Wachzeiten.

Von Persönlichen Assistent/innen wird erwartet, dass sie das Prinzip der Persönlichen Assistenz verstehen und es ihnen klar ist, dass sie definitiv keine "Behindertenbetreuung" leisten. Sie haben die Kompetenzen der Auftraggeber/innen zu akzeptieren, müssen empathiefähig sein, ohne ein "Helfersyndrom" zu haben. Sie müssen die Bedürfnisse der Auftraggeber/innen verstehen, ihre Selbstbestimmtheit respektieren, ihre Anleitungen beachten und ungenaue bzw. mangelnde Anleitungen ausgleichen, ohne bestimmend zu sein. Assistent/innen müssen sich im Familienverband zurechtfinden und sich in dortigen Bevormundungssituationen positionieren. Sie müssen sich abgrenzen und selbst klar zwischen Job und Privatheit unterscheiden. Sie müssen zuverlässig und flexibel sein, mit sehr intimer Nähe umgehen können und vieles mehr. Ebenso komplex stellt sich die Persönliche Assistenz für Auftraggeber/innen dar. Sie müssen nicht nur ihre Bedürfnisse mitteilen können, sondern eine Leitungsfunktion einnehmen. Ihnen obliegt die Einschulung der Assistent/innen, die Dienstplanerstellung, sie sind für die "Mitarbeiterführung" zuständig, gestalten das "Arbeitsplatzklima" der Assistent/innen, sollten genaue Anleitungen geben, usw. Kurz: Persönliche Assistenz ist eine sehr anspruchsvolle Tätigkeit für Assistent/innen und verlangt viele Kompetenzen von Auftraggeber/innen. In Oberösterreich müssen die Assistent/innen deshalb einen viertägigen Kurs besuchen, bei dem sie die grundlegendsten Informationen zur Selbstbestimmt-Leben-Bewegung, Prinzipien der Persönlichen Assistenz, Kommunikation, Grundversorgung, Kinästhetik und Selbsterfahrung bekommen. Laufend werden freiwillige Fortbildungen angeboten und Supervision steht allen Assistent/innen zur Verfügung. Auch für Auftraggeber/innen wird gerade ein Grundkurs eingeführt, der für sie verpflichtend sein wird, damit sie ihrer Aufgabe besser gewachsen sind. Nach den ersten Jahren Erfahrung mit Persönlicher Assistenz hat die Persönliche Assistenz GmbH erkannt, dass es Situationen gibt, in denen Auftraggeber/in und Assistent/in überfordert sind, in Konflikt geraten. Assistent/innen, die es "zu gut" meinen und dadurch bestimmend sind oder Auftraggeber/innen, die laufend ihre Assistent/innen kündigen, sind Beispiele dafür. Es wurde klar, dass man unter dem Deckmantel der "Selbstbestimmung" Auftraggeber/in und Assistent/innen nicht nur sich selbst überlassen kann, dass manchmal begleitende Unterstützung notwendig ist. Es wurde die sogenannte Assistenzbegleitung eingeführt, die nötigen Falls vor Ort Auftraggeber/innen und Assistent/innen unterstützend zur Seite steht. So manches schwierige "Assistenzverhältnis" konnte dadurch stabilisiert oder auch vor einer Eskalation aufgelöst werden.

In Schweden gibt es dazu sehr unterschiedliche Ansätze der einzelnen Organisationen. Von mehr, weniger oder gar keiner Einschulung durch die Organisation, von umfangreicher begleitender Unterstützung mit monatlichen Gesprächen mit hoher Vorbeugequalität bis fast keiner Unterstützung (z. B. bei Übergriffen in die eine oder andere Richtung sollen sich das Auftraggeber/in und Assistent/in vorerst selber ausmachen, "Täter" und "Opfer" sind selbst verantwortlich) (siehe Abschnitt 5.4.1).

In der Persönlichen Assistenz GmbH sind Auftraggeber/innen und Assistent/innen im Rahmen der Persönlichen Assistenz versichert. Für die Tätigkeit der Assistent/innen besteht eine Haftpflichtversicherung für Sach- und Personenschaden. Schäden, die im Rahmen der Assistenzstätigkeit entstehen, sind somit gedeckt, was eine große Handlungssicherheit bringt. Darüber hinaus wurde eine Mitarbeiter/innenkasko abgeschlossen, welche die Fahrten der Assistent/innen versichert, egal ob sie mit ihren Autos oder mit dem des/der Auftraggebers/in fahren. Das unterstützt die Mobilität erheblich, die bei beeinträchtigten Menschen typischerweise eingeschränkt ist. Fragen nach einer Versicherung der Assistenzdienste haben in Schweden eher Verständnislosigkeit ausgelöst. Wie dort das Haftungsrisiko geregelt ist, konnte im Rahmen der Exkursion nicht geklärt werden.

Mobilität in der Persönlichen Assistenz ist in Oberösterreich ein großes Anliegen. Sie soll in zwei Richtungen wirken. Menschen mit Beeinträchtigung sollten mit Persönlicher Assistenz mobiler sein, indem sie günstig von den Assistent/innen gefahren werden, entweder mit dem eigenen Auto oder dem des Assistenten/der Assistentin. 2007 sind von Auftraggeber/innen rund 172.000 km mit dem Fahrzeug ihrer Persönlichen Assistent/innen gefahren worden. Andererseits gibt es ein Interesse, dass auch Menschen mit Beeinträchtigung in sehr dezentralen Lagen Persönliche Assistenz erhalten. Sie soll kein rein urbanes Angebot sein. Damit ausreichend Personal gefunden wird, gelten für die Assistent/innen die Fahrzeiten zu ihren Auftraggeber/innen und nach Hause als Dienstzeiten. Diese werden ebenso regulär vergütet wie die Aufwendungen für das Auto mit amtlichem Kilometergeld oder die Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel.

Die pflegerischen Unterstützungen im Rahmen der Persönlichen Assistenz werden in Oberösterreich Grundversorgung genannt. Pflege im eigentlichen Sinne darf von Laien nicht geleistet werden, wenn damit ein Einkommen erzielt wird. Angehörige oder ehrenamtlich tätige Personen dürfen auch Pflegeleistungen erbringen. Durch diese Gesetzgebung (Gesundheits- und Krankpflegegesetz, Ärztegesetz) bewegt sich die Persönliche Assistenz oft im rechtlichen Graubereich. Es ist Menschen mit Beeinträchtigung untersagt, über ihren eigenen Körper insofern zu bestimmen, als sie Assistent/innen auf eigenes Risiko erlauben, notwendige pflegerische Hilfestellungen zu geben. Das Risiko bleibt bei den Hilfskräften. Erst durch die kürzlich erfolgte Einführung einer 24-Stunden-Pflege durch "Personenbetreuer/innen"[57] wurde rasch klar, dass man durch diese gesetzlichen Beschränkungen unhaltbare Situationen geschaffen hat. Die betroffenen Gesetze stehen nun unmittelbar vor einer Novellierung,[58] die auch Laienkräften ermöglichen wird, legal bestimmte pflegerische Hilfestellungen zu leisten. Sie sollen nicht generell für Pflegeleistungen qualifiziert werden, sondern dürfen lediglich ganz bestimmte Leistungen an einzelnen Personen unter ärztlicher oder fachlicher Anleitung und Aufsicht durchführen. Auch in Schweden wird Persönliche Assistenz überwiegend von Laien geleistet. Ihnen wird ein größerer Handlungsspielraum eingeräumt und sie werden von der Haftung entlastet. Letztzuständig ist immer die Kommune (=Gemeinde), die auch eine Versorgungsverpflichtung hat, wenn Persönliche Assistenz bei den privaten Anbieter/innen nicht ausreicht oder versagt. Sie erfüllt eine generelle Aufsichtsfunktion und trägt die Haftung. Da in Schweden Persönliche Assistenz über ein Persönliches Budget eingekauft wird, entscheiden auch die Menschen mit Beeinträchtigung selbst, welche fachlichen Kompetenzen sie von ihren Assistent/innen erwarten. Es steht jedem frei, auch Fachpersonal für die Persönliche Assistenz zu beschäftigen. Das geht in Oberösterreich nur über andere mobile Dienste, nicht über Persönliche Assistenz.



[55] Dieses Kapitel wurde von Herrn DSA Günther Breitfuß MAS, Geschäftsführer der Persönlichen Assistenz GmbH, verfasst.

[56] 10 % ohne Pflegegeldbezug

[57] Personenbetreuer/innen müssen keine einschlägige Fachausbildung haben.

[58] Tritt mit 1. April 2008 in Kraft.

7. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Persönliche Assistenz ist eine spezielle Unterstützungsform als Laienhilfe für Menschen mit (körperlichen) Beeinträchtigungen. Sie soll über die reine Grundversorgung hinausgehen und ein selbst bestimmtes Leben ermöglichen. Entscheidend für die persönliche Assistenz ist, dass Personen mit Beeinträchtigungen selbst entscheiden, wer ihnen wie, wann und wo Assistenz leistet. Die Personen mit Beeinträchtigungen, die persönliche Assistenz nutzen, werden daher als Auftraggeber/innen bezeichnet.

Persönliche Assistenz besteht in Oberösterreich seit 2001. Derzeit sind ca. 150 Auftraggeber/innen tätig, die ca. 260 Assistent/innen beschäftigen. Persönliche Assistenz wird von der Persönlichen Assistenz GmbH vermittelt. Alleiniger Eigentümer der GmbH ist der Verein Selbstbestimmt-Leben-Initiative (SLI) Oberösterreich. Ziel der SLI ist es, Personen mit Beeinträchtigungen ein selbst bestimmtes Leben zu ermöglichen.

Die SLI entstand in den USA in den 1960er und 1970er Jahren. 1972 wurde dort das erste Zentrum für Independent Living gegründet (ISL e.V., 2005). In Europa fasste die Bewegung in den 1980er Jahren Fuß. Eine Pionierrolle kam dabei Schweden zu. In Oberösterreich wurde 1998 der Verein SLI Linz von Betroffenen gegründet, der seit 2007 den Namen SLI Oberösterreich trägt. Primäres Anliegen des Vereins ist die politische Interessensvertretung, während die Vermittlung von Assistenz das primäre Aufgabengebiet der Persönlichen Assistenz GmbH ist.

Ziel der vorliegenden Studie ist eine Bestandsaufnahme der Persönlichen Assistenz in Oberösterreich inklusive einer Analyse von Verbesserungsmöglichkeiten und von vorhandenen Entwicklungspotentialen. Zur Erreichung dieser Ziele wurde ein Mehrmethodenansatz angewandt (Abschnitt 2): Bei Auftraggeber/innen und Assistent/innen wurde eine standardisierte Befragung durchgeführt, der qualitative Interviews vorausgingen. Ergänzend dazu fanden Expert/innengespräche und eine Exkursion nach Schweden statt.

Zur Begleitung der Studie wurde entsprechend der Zielsetzung von disabilities studies, die eine aktive Teilhabe von Personen mit Beeinträchtigungen im Forschungsprozess einfordern, ein Arbeitskreis eingerichtet, der sich aus Auftraggeber/innen, Assistent/innen, der Geschäftsführung und einer Mitarbeiterin der Persönlichen Assistenz, Vertreterinnen des SLI-Oberösterreich und der Sozialabteilung des Landes OÖ zusammensetzte. Der Arbeitskreis beteiligte sich aktiv an allen Forschungsschritten. In den unterschiedlichen Projektphasen erwies er sich als äußerst hilfreich.

Die postalische Befragung fand im Zeitraum von Mai bis September 2007 statt. Angeschrieben wurden alle zum Befragungszeitpunkt aktiven Auftraggeber/innen und Assistent/innen. Von diesen konnten n=146 Assistent/innen (63% der Grundgesamtheit) und n=83 Auftraggeber/innen (62% der Grundgesamtheit) erreicht werden. Die Exkursion fand im August 2007 statt. An ihr nahmen die meisten Mitglieder des Arbeitskreises teil. Besucht wurden unterschiedliche Assistenzeinrichtungen, die Gewerkschaftsvertretung der Assistent/innen und die Behindertenvertreterin der Stadt Stockholm. Die Expert/innengespräche wurden mit Vertreter/innen des Vereins Selbstbestimmt-Leben-Initiative Linz, der Persönlichen Assistenz GmbH sowie der Sozialabteilung des Landes Oberösterreich geführt. (siehe Abschnitt 2)

Die Befragungsergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Die Auftraggeber/innen sind im Durchschnitt 39 Jahre alt. Etwas mehr als zwei Drittel sind Frauen. Jeweils ein Drittel lebt alleine, in der Herkunftsfamilie oder in Partnerschaft. 96% erhalten Pflegegeld, dabei zumeist Stufe 4 und 5. Die Beeinträchtigungen sind für etwa die Hälfte gleich bleibend, für die andere Hälfte fortschreitend. Durch fortschreitende Erkrankungen ergeben sich besondere Herausforderungen. 22% sind erwerbstätig (siehe Abschnitt 3.1).

  • Hauptmotiv für die Inanspruchnahme der Persönlichen Assistenz durch die Auftraggeber/innen sind Selbstbestimmung und die Entlastung/Unabhängigkeit von der Familie. Für 43% hat die Persönliche Assistenz zudem eine heimersetzende Funktion (siehe Abschnitt 3.1)

  • In jüngster Zeit gibt es ein größeres Interesse von Männern mit Beeinträchtigungen, Auftraggeber zu werden. Ihr Anteil ist gestiegen. Persönliche Assistenz wird in jüngster Zeit auch verstärkt von Personen mit geringerem Pflegebedarf in Anspruch genommen (siehe Abschnitt 3.1).

  • Die Assistent/innen sind im Durchschnitt 38 Jahre alt. Der überwiegende Anteil (92%) ist weiblich, 42% üben neben der Assistenz eine Erwerbstätigkeit aus, 26% befinden sich in einer Ausbildung. Die Persönliche Assistenz wird aus sozialen Motiven ausgeübt. Flexibilität, Zuverdienst und Vereinbarkeit mit der Familie sind weitere wichtige Motive (siehe Abschnitt 3.1).

  • In jüngster Zeit gibt es einen Trend zu jüngeren Assistent/innen. Flexibilität wird dadurch ein wichtigeres Motiv (siehe Abschnitt 3.1).

  • Sehr wichtige Erwartungen/Anforderungen der Assistent/innen an ihre Tätigkeit sind: Respektvoller Umgang in der Assistenz-Beziehung (89%), Gute Beziehung zwischen Assistent/innen und Auftraggeber/innen (80 %), Akzeptanz persönlicher Grenzen (80 %), Korrekte Abrechnung durch Persönliche Assistenz GmbH (72 %), Gesicherte Arbeitsverhältnisse der Assistent/innen (61%), Wahrung des eigenen Privatbereichs (57 %) und Positive Konfliktbewältigung in der Assistenzbeziehung (55%) (siehe Abschnitt 3.2).

  • Die Erwartungen der Assistent/innen beziehen sich zum einen auf den persönlichen Umgang, sehr stark aber auch auf die Abgrenzung in der Assistenzbeziehung (siehe Abschnitt 3.2).

  • Bei Auftraggeber/innen kommen Bereiche hinzu, die den Organisationsbereich und hier vor allem die zeitliche Verfügbarkeit betreffen. Als sehr wichtig werden betrachtet: Gute Beziehung zwischen Assistent/innen und Auftraggeber/innen (86 %), Auswahl der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen (77 %), Respektvoller Umgang in der Assistenzbeziehung (76 %), Korrekte Abrechnung durch Persönliche Assistenz GmbH (75%), Kurze Wartezeit auf Bewilligung von Assistenzleistungen (68 %), Akzeptanz persönlicher Grenzen (63 %), Erreichbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen (61 %), Problemlose Vermittlung von Assistent/innen durch die Persönliche Assistenz GmbH (61 %), Wahrung des eigenen Privatbereichs (61 %) und Einfühlungsvermögen der Assistent/innen (58 %) (siehe Abschnitt 3.2).

  • Bereits eine Gegenüberstellung der Erwartungen der beiden Gruppen ergibt latente Konfliktpotentiale, die sich in weiteren Analysen bestätigen. Eine Gegenüberstellung von Erwartungen mit der Realität erbrachte bei Assistent/innen Erfüllungsdefizite im Bereich der persönlichen Abgrenzung, bei Auftraggeber/innen im Bereich der zeitlichen Verfügbarkeit, wobei die Urlaubs- und Krankenstandsvertretung einen wichtigen Problembereich darstellt (siehe Abschnitt 3.2).

  • Eine vertiefende Analyse zeigte, dass jüngeren Assistent/innen die persönliche Grenzziehung schwerer fällt bzw. diese von Auftraggeber/innen bei jüngeren Assistent/innen weniger akzeptiert werden (siehe Abschnitt 3.2).

  • Grundsätzlich wird von beiden Gruppen das Konzept der Persönlichen Assistenz aber sehr positiv beurteilt. Die individuelle Auswahl und Einstellung der Assistent/innen durch die Auftraggeber/innen wird erwartungsgemäß von den Auftraggeber/innen dabei positiver gesehen. Neutraler werden die beiden Interessensvertretungen (Betriebsrat, Auftraggeber/innen-Interessensvertretung) beurteilt (siehe Abschnitt 3.2).

  • Die Auftraggeber/innen haben im Durchschnitt 2,2 Assistent/innen. Monatlich nehmen sie durchschnittlich 65,8 Stunden in Anspruch, wobei es eine große Variationsbreite von 10 Stunden bis 250 Stunden gibt (siehe Abschnitt 3.3).

  • Die Assistent/innen haben durchschnittlich 1,3 Auftraggeber/innen und sind monatlich 34,5 Stunden als Assistent/in tätig. Das Stundenvolumen variiert beträchtlich. Aus der Assistenztätigkeit wird im Durchschnitt ein Monatseinkommen von ca. 530,-. bezogen (siehe Abschnitt 3.3).

  • Die von den Assistent/innen ausgeübten Tätigkeiten sind sehr vielfältig und reichen von der Grundversorgung bis zu Behördenwegen und Freizeitaktivitäten. Sie lassen sich in fünf Bereiche zusammenfassen: Emotionale Unterstützung, Grundversorgung / pflegerische Hilfen, Haushalt, Freizeit und Mobilität und Bürotätigkeit. Emotionale Unterstützung, Grundversorgung und Haushaltstätigkeiten bilden den Schwerpunkt. Freizeittätigkeiten finden seltener als erwartet statt. Eine vermutliche Ursache hierfür könnte der Selbstbehalt sein, der dazu führt, dass Auftraggeber/innen sparsam mit ihren Stunden umgehen. (siehe Abschnitt 3.4)

  • Die Häufigkeit der Tätigkeiten wird von den beiden Gruppen unterschiedlich erlebt. Assistent/innen berichten häufiger pflegerische Tätigkeiten und emotionale Unterstützung. (siehe Abschnitt 3.4).

  • Der Großteil der Assistent/innen und Auftraggeber/innen ist mit der Assistenzbeziehung und auch der Beziehung zu der Persönlichen Assistenz GmbH zufrieden. So z.B. berichten 97% der Assistent/innen, dass sie mit ihren Aufgaben im Allgemeinen sehr zufrieden (49%) oder zufrieden (48%) ist. Noch deutlich positiver fallen die Beurteilungen der Bezahlung, der Beziehung zu den Auftraggeber/innen und die Arbeitszeitregelungen aus (Anteile von sehr zufriedenen über 60%). (siehe Abschnitt 3.5.2)

  • Bei den Auftraggeber/innen werden die Abrechnung der Assistenzleistungen, die Leistungen der Assistent/innen, die Beziehung zu den Assistent/innen und die Selbstbestimmungsmöglichkeiten sehr positiv gesehen. So z.B. geben 97% der Auftraggeber/innen an, dass sie mit den Selbstbestimmungsmöglichkeiten sehr zufrieden (74%) und zufrieden (23%) sind (siehe Abschnitt 3.5.3).

  • Umgekehrt sind auch Bereiche erkennbar, in denen die Zufriedenheit geringer ist. Bei den Assistent/innen sind dies die Zusammenarbeit mit den anderen Assistent/innen (sehr zufrieden = 32%), arbeitsrechtliche Belange (26%), die Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten (15%) und die Bekanntheit der Persönlichen Assistenz in der Gesellschaft (7%). (siehe Abschnitt 3.5.2).

  • Bei den Auftraggeber/innen liegen geringere Zufriedenheiten mit der Bekanntheit der Persönlichen Assistenz (13%) und den Weiterbildungsmöglichkeiten (38%) vor.

  • Die Zufriedenheitsbeurteilung vermittelt ein Durchschnittsbild, bei dem - wie auch in anderen Untersuchungen - die Zufriedenheit dominiert. Dies bedeutet nicht, dass keine Probleme und Belastungen auftreten. Defizite zeigten sich durch eine Gegenüberstellung der Wichtigkeit von Aufgabenfeldern mit ihrem Realisierungsgrad. Zusätzlich wurde direkt nach Belastungen gefragt. Bei den Assistent/innen rangieren dabei an vorderer Stelle: Persönliche Situation der Auftraggeber/innen (12% sehr belastend), der Zeitdruck (ebenfalls 12%), kurzfristige Absagen (10%) und schwere körperliche Arbeit (10%). Im Vordergrund stehen somit Fragen der Arbeitsorganisation und der körperlichen Anstrengung sowie die Lebenssituation des/der Auftraggeber/innen. (siehe Abschnitt 3.5.1)

  • Die von den Assistent/innen genannten Belastungen decken sich nicht direkt mit den festgestellten latenten Konflikten und Erfüllungsdefiziten. Letztere werden durchaus als Belastung erlebt, aber in einem geringeren Ausmaß als die zuvor angeführten Belastungen. Vermutlich kommt dies dadurch zustande, dass die Erfüllungsdefizite in der Wahrnehmung der persönlichen Situation des Auftraggebers/der Auftraggeberin als belastend zum Ausdruck kommen und dass diese als nicht lösbar betrachtet und daher auch verdrängt werden.

  • Auf Seiten der Auftraggeber/innen sind die belastenden Situationen der Wechsel der Assistent/innen (21% sehr belastend), fehlende Urlaubs- und Krankenstandsvertretungen (18%), Zeitdruck (12%) sowie mangelnde Erreichbarkeit (11%) und kurzfristige Absagen (14%). (siehe Abschnitt 3.5.2).

  • In der Folge wurden drei Bereiche weiter untersucht. Ein Wechsel in der Assistenzbeziehung, die Weiterbildungswünsche und die soziale Anerkennung in der Assistenztätigkeit.

  • Bei der unmittelbaren sozialen Anerkennung der Assistenztätigkeit zeigte sich, dass Auftraggeber/innen und Assistent/innen diese deutlich unterschiedlich erleben: Auftraggeber/innen berichten beinahe doppelt so häufig, ihre Assistent/innen zu loben, wie Assistent/innen dies wahrnehmen. Das Lob wird entweder nicht ausgesprochen oder/und nicht wahrgenommen. Mit diesem Befund korrespondiert das Ergebnis, dass Assistent/innen viel häufiger emotionale Unterstützung als Tätigkeit berichten. (siehe Abschnitt 3.6.1 und Abschnitt 3.4)

  • Auch die gesellschaftliche Akzeptanz wird von den beiden Gruppen unterschiedlich beurteilt. Auftraggeber/innen sehen diesen Aspekt positiver als Assistent/innen - allerdings sind beide Gruppen mit diesem Aspekt unzufrieden (siehe oben).

  • Einen Wechsel der Assistenzbeziehung haben 22% der Assistent/innen und 63% der Auftraggeber/innen erlebt. Häufigster Grund des Wechsels waren Konflikte in der Beziehung, gefolgt von Änderungen der Lebensumstände der Assistent/innen. In vielen Fällen wird die Unterstützung durch die Persönliche Assistenz GmbH von den Auftraggeber/innen als ausreichend oder zumindest eher ausreichend bezeichnet. Etwa ein Viertel empfand diese aber als nicht ausreichend (siehe Abschnitt 3.7).

  • Bezüglich der Persönlich Assistenz GmbH sind Assistent/innen eine klare Abrechnung, gesicherte Arbeitsverhältnisse und klare Tätigkeitsbeschreibungen besonders wichtig, von untergeordneter Bedeutung sind Vernetzungsmöglichkeiten, Supervision und Urlaubs- und Krankenstandsvertretungen. Offensichtlich vertreten hier Assistent/innen die Auffassung, dass sie Urlaubs- und Krankenstandsvertretung selbst regeln müssen. Das dies nicht immer gelingen dürfte, zeigen die häufige Nennung von fehlender Krankenstands- und Urlaubsvertretung als Belastung und latenten Konfliktbereich (siehe Abschnitt 3.8).

  • Dies gilt ähnlich für die Auftraggeber/innen. Ihnen sind von Seiten der Persönlichen Assistenz GmbH korrekte Abrechnungen, kurze Wartezeiten und problemlose Vermittlung von Assistent/innen wichtig (siehe Abschnitt 3.8).

  • Bezüglich der Weiterbildung belegen bei den Auftraggeber/innen die Themenbereiche gesetzliche Grundlagen, eigen Persönlichkeitsentwicklung, Umgang mit Konfliktsituationen und Grundversorgung / Hygiene die ersten Plätze (siehe Abschnitt 3.9.2). Bei den Assistent/innen wurden die eigene Persönlichkeitsentwicklung, der Umgang mit Konfliktsituationen, Heilpädagogik und eine Erweiterung des Ausbildungslehrganges an vorderster Stelle genannt (siehe Abschnitt 3.9.1).

  • Erfasst wurde schließlich noch, ob ein Bedarf an therapeutischen und medizinischen Tätigkeiten bestätigt, die derzeit von Assistent/innen nicht ausgeübt werden dürfen. Auf Seiten der Auftraggeber/innen gaben 13% einen Bedarf an therapeutischen Maßnahmen an, 11% der Assistent/innen nannten die Verabreichung von Medikamenten als Zusatzbedarf (siehe Abschnitt 3.9.3).

Die Expert/innenbefragung erbrachte folgendes Bild (siehe Abschnitt 4):

  • Betont wurde die Notwendigkeit der Abgrenzung und Unterscheidung der Tätigkeiten des Vereins SLI Oberösterreich und der Persönlichen Assistenz GmbH.

  • Bezüglich der Assistenztätigkeit wurde auf die Flexibilität hingewiesen, die überwiegend, aber nicht ausschließlich positiv beurteilt wurde.

  • Dies gilt auch für die arbeitsrechtliche Stellung der Assistent/innen. Die meisten Assistent/innen sind über einen freien Dienstvertrag beschäftigt. Als Vorteile werden die flexiblere Einsatzmöglichkeit, die größere Unabhängigkeit der Auftraggeber/innen und der Entfall von Fixkosten beim Wegfall einer Assistenzbeziehung genannt. Von Betriebsratsseite werden freie Dienstverträge berechtigterweise aber auch negativ gesehen.

  • Bei der Frage einer Ausdehnung der Dienste auf Personen mit psychischen Beeinträchtigungen werden Probleme gesehen. Hingewiesen wird zum einen auf die schlechten Erfahrungen bei der Gründung der SLI-Bewegung in OÖ. Zum anderen wird betont, dass die Verwirklichung des Prinzips des Selbst Bestimmt Lebens bei Personen mit psychischen Beeinträchtigungen schwierig ist.

  • Positiv werden die vorhandenen Weiterbildungsmöglichkeiten beurteilt. Lediglich auf die fehlende regionale Streuung des Angebots wird hingewiesen. Durch die Konzentration auf Linz ist es für viele Auftraggeber/innen schwierig, an Weiterbildungsangeboten teilzunehmen.

  • Die Betreuung durch Verwandte wird negativ gesehen. Hingewiesen wird auf die dadurch entstehende Abhängigkeit.

  • Ein Bedarf an zusätzlichen Tätigkeiten (medizinische und therapeutische Maßnahmen) wird als gegeben betrachtet - das derzeitige Verbot erscheint vielen nicht nachvollziehbar, da auch Familienangehörige als Laien diese Tätigkeiten ausüben dürfen.

  • Positiv beurteilt wird auch, wenn ein Wettbewerb und eine Konkurrenzsituation bestehen würde. Lediglich der Betriebsrat verweist hier darauf, dass dies dann aus ökonomischen Gründen zur Abweisung von Auftraggeber/innen mit einem besonderen Betreuungsbedarf führen könnte.

Die Exkursion führte zu folgenden Ergebnissen (siehe Abschnitt 5):

  • Die Rahmenbedingungen der Persönlichen Assistenz unterscheiden sich deutlich: Auf die Persönliche Assistenz gibt es in Schweden einen Rechtsanspruch, Obergrenzen bei den bewilligten Stunden und ein Selbstbehalt der Auftraggeber/innen sind nicht vorgesehen.

  • Neben Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen ist die Betreuung von Personen mit psychischen Beeinträchtigungen selbstverständlich. Allerdings werden bei der Betreuung von Personen mit psychischen Beeinträchtigungen und mit Suchtkrankheiten mitunter Schwierigkeiten gesehen.

  • Persönliche Assistenz wird von unterschiedlichen Einrichtungen angeboten. Diese unterscheiden sich sowohl in der Größe als auch in der rechtlichen Struktur und zum Teil im Angebot. Es gibt sowohl genossenschaftliche als auch privatwirtschaftliche Anbieter.

  • Bei einem Bedarf von weniger als 20 Stunden pro Woche wird die Assistenz von Gemeinden angeboten.

  • Der Großteil der Assistent/innen ist wie in Österreich weiblich - die Dominanz ist aber mitunter nicht sostark wie in Österreich.

  • Das Ansehen der Assistenz wird als gering betrachtet. Erklärt wird dies u.a. durch fehlende Qualifikationen.

  • Mit ca. 70.000 Beschäftigten ist der Assistenzsektor ein wichtiger Arbeitsmarkt.

  • In vielen Einrichtungen findet eine Ausbildung der Assistent/innen statt.

  • Zur Abdeckung von durch Urlaub und Krankheit entstehenden Vakanzen bieten manche Einrichtungen einen "Springer" ("Servicegaranter", "Kontaktperson" usw.) an, der im Bedarfsfall die Assistenz übernimmt.

  • Medizinische Maßnahmen können dann angeboten werden, wenn die zuständige Stelle eine Bewilligung erteilt. Die Haftung wird von den Gemeinden übernommen.

Aus den Ergebnissen lassen sich folgende Verbesserungsmöglichkeiten und Entwicklungspotentiale ableiten.

  • Der Vergleich mit Schweden zeigt, dass die Entwicklungspotentiale noch nicht voll ausgeschöpft sind. Bezogen auf 100.000 Einwohner/innen erhalten in Schweden 159 Personen Assistenz, in Oberösterreich sind dies 11 Personen. Auftraggeber/innen erhalten in Schweden durchschnittlich 103 Assistenzstunden wöchentlich, in Oberösterreich sind dies 15,3 Stunden wöchentlich. In Schweden sind ca. 70.000 Personen als Assistent/innen beschäftigt, in OÖ sind dies derzeit ca. 260. Die Differenzen sind auf unterschiedliche Rahmenbedingungen zurückzuführen: In Schweden besteht ein Rechtsanspruch auf Persönliche Assistenz, eine Obergrenze für die Assistenzstunden gibt es nicht, auch ein Selbstbehalt ist nicht vorgesehen. Die Bezahlung der Assistent/innen ist mit jenen in Österreich vergleichbar.

  • Eine weitere Ursache für die Unterschiede zwischen Schweden und Oberösterreich ist das Fehlen von Wohlfahrtsorganisationen, wie Caritas, Hilfswerk, Volkshilfe usw., die in Oberösterreich Unterstützungsleistungen anbieten. Hinzukommt in Österreich die Arbeitsassistenz, die über das Sozialministerium und die Bundessozialämter abgedeckt wird.

  • Auf Grund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen ist die Situation in Schweden und Oberösterreich nur bedingt zu vergleichen. Mit Schweden vergleichbare Versorgungslagen sind nur bei einer umfassenden Änderung der (gesetzlichen) Rahmenbedingungen zu erwarten. Ob dies wünschenswert ist, sei dahingestellt.

  • Aber auch unter den gegebenen Rahmenbedingungen ist aber ein moderater Ausbau wünschenswert. Zum einen gibt es auf Seiten der Auftraggeber/innen eine Warteliste und zum anderen gibt jeder fünfte/jede fünfte Auftraggeber/in an, dass das derzeitige Stundenvolumen nicht ausreichend ist. Maßnahmen zu Erreichung dieses Zieles sind:

  1. Aufhebung des Selbstbehalts, wenn dieser eine bestimmte Höhe oder einen bestimmten Prozentsatz des Einkommens übersteigt.

  2. Möglichkeit der Nachverhandlung des Budgets mit dem Land OÖ, wenn ein zusätzlicher Betreuungsbedarf besteht.

  3. Angebot durch andere Träger, z.B. Gemeinde, Wohlfahrtsorganisationen, damit ausreichend Assistent/innen zur Verfügung stehen. Derzeit fehlen mitunter Assistent/innen in ländlichen Regionen.

  4. Durch das Angebot von anderen Trägern könnte auch der Wettbewerb gefördert werden. Dabei ist aber darauf zu achten, dass dieser nicht auf Kosten der Versorgung der Auftraggeber/innen geht.

  • Eine Ausweitung der Assistenz auf Personen mit psychischen Beeinträchtigungen ist denkbar. Allerdings bedarf es hierzu vermutlich einer spezifischer Ausbildung und einer sorgfältigen Vorbereitung, um die Vorstellungen eines selbstbestimmten Lebens realisieren zu können.

  • Eine besondere Herausforderung stellen fortschreitende Erkrankungen dar - sie sind mit Belastungen und einem erhöhten Betreuungsbedarf verbunden, dem heute nicht immer Rechnung getragen wird.

  • Denkbar ist auch eine Ausweitung auf vorübergehende Betreuung - allerdings bestanden hierzu im Arbeitskreis unterschiedliche Auffassungen.

  • Eine gezielte Anwerbung von männlichen Assistent/innen sollte angestrebt werden. Derzeit sind die Assistent/innen primär weiblich. Gleichzeitig ist die Tätigkeit aber körperlich anstrengend. Männern fällt zudem die Abgrenzung leichter.

  • Zu überlegen ist auch eine Absicherung der betreuenden Angehörigen. Allerdings sollten nahe Verwandte nicht als persönliche Assistent/innen tätig sein, da dadurch Abhängigkeiten entstehen.

  • Innerhalb der Assistenzbeziehungen sollten verstärkt Aspekte der persönlichen Grenzziehung - sowohl hinsichtlich des Privatbereichs als auch der zeitlichen Verfügbarkeit - angesprochen werden. Insbesondere jüngeren Assistent/innen fällt diese schwerer bzw. wird diesen weniger zugestanden.

  • Wichtig erscheinen auch Regelungen bzgl. Krankenstand und Urlaub. Hier sollte ein Vertretungssystem gefunden werden. Denkbar wäre z.B. ein mit Schweden vergleichbares "Springersystem". Erleichtert werden würde dies, wenn jeder Auftraggeber/jede Auftraggeber/in über mehr Stunden verfügen würde. Bei einem geringen Stundenumfang ist dies schwer zu realisieren.

  • Aus- und Fortbildung für beide Gruppen sind hilfreich. Hierfür besteht auch großes Interesse. Thematisiert werden sollten hier auch Fragen der persönlichen Abgrenzung sowie die soziale Anerkennung: Das Lob der Auftraggeber/innen kommt derzeit bei den Assistent/innen nicht im vollen Umfang an.

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Anhang

Methodisches Vorgehen bei der Datenanalyse

Neben ein- und mehrdimensionalen Häufigkeits- und Mittelwerttabellen werden in der Datenanalyse Faktoren- und Regressionsanalysen eingesetzt.

Zur Beurteilung statistischer Signifikanzen werden folgende Schwellenwerte festgelegt:

  • 95% signifikant

  • 99% hoch signifikant

  • 99,9% höchst signifikant

Die erreichten Signifikanzen werden durch Sterne symbolisiert. Drei Sterne *** stehen für 99,9%, zwei Sterne ** für 99% und ein Stern * für 95%.

Bei dieser Untersuchung wurde eine Vollerhebung durchgeführt, die daraus resultierenden Ausfälle sind "zufällig", da keine bzw. kaum nennenswerte Abweichungen von der Grundgesamtheit auftreten. Die Durchführung von statistischen Tests ist daher zulässig. Die Annahme einer großen Grundgesamtheit ist aber nicht erfüllt. Daher sollten die Auswahlsätze bei der Berechnung von Signifikanzen berücksichtigt werden (siehe Tabelle 1). Für die zwei Befragungsgruppen ergeben sich folgende Auswahlsätze:

  • Assistent/innen: Auswahlsatz = 0,63, d.h. 63% der Grundgesamtheit wurden befragt. (n=146 dividiert durch N=230; n = Stichprobengröße; N = Grundgesamtheit)

  • Auftraggeber/innen : Auswahlsatz = 0,62 (n=83; N=133)

Zur Berücksichtigung des Auswahlsatzes gibt es mehrere Möglichkeiten. Die exakte Möglichkeit wäre die Verwendung von Spezialsoftware, wie z.B. STATA[59] oder SPSS, die ein spezielles Auswertungsmodul für unterschiedliche Stichprobenpläne anbieten. Ist eine Spezialsoftware nicht verfügbar, können die berechneten t-Teststatistiken mit dem Faktor 1/Ö1-f korrigiert werden, wobei f der Auswahlsatz ist. Für die Signifikanzprüfungen innerhalb einer der beiden Befragungsgruppen ergeben sich folgende Korrekturfaktoren:

  1. Assistent/innen: Korrekturfaktor = 1,65

  2. Auftraggeber/innen: Korrekturfaktor = 1,63

Für den Vergleich der beiden Befragungsgruppen wurde folgender Korrekturfaktor bzw. Auswahlsatz berechnet[60]:

  1. Vergleich Assistent/innen mit Auftraggeber/innen: Auswahlsatz f = 0,63; Korrekturfaktor = 1,65

Abbildung 63: Variablenmodell der Untersuchung

Als sehr wichtige Bedingungen für eine erfolgreiche Assistenzsituation erachten die befragten Assistent/innen (gereiht nach Mittelwert):

Tabelle 12: Wichtigkeit der Bedingungen nach Assistent/innen

 

sehr wichtig (in %)

Mittelwert

Respektvoller Umgang in der Assistenz-Beziehung (a)[a]

89

1,11

Gute Beziehung zwischen Assistent/innen und Auftraggeber/innen (a)

80

1,20

Akzeptanz persönlicher Grenzen (a)

80

1,21

Korrekte Abrechnung durch Persönliche Assistenz GmbH (a)

72

1,30

Gesicherte Arbeitsverhältnisse der Assistent/innen (a)

61

1,47

Positive Konfliktbewältigung in der Assistenzbeziehung (a)

55

1,50

Wahrung des eigenen Privatbereichs (a)

57

1,50

Es folgen in der Wichtigkeit:

   

Unterstützung durch Persönliche Assistenz GmbH (a)

53

1,55

Klare Beschreibung der Assistenzleistungen d. Persönliche Assistenz GmbH (a)

54

1,56

Anerkennung der Arbeit der Assistent/innen durch die Auftraggeber/innen (b)[b]

49

1,59

Genaue Anleitung der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen (a)

47

1,62

Problemlose Vermittlung von Assistent/innen d. Persönliche Assistenz GmbH (a)

45

1,64

Klare Führungs- und Verantwortungsstruktur in der Assistenzbeziehung (a)

40

1,70

Erreichbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen (a)

36

1,74

Auswahl der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen (a)

40

1,77

Interessensvertretung für Assistent/innen in der Persönlichen Assistenz GmbH (b)

37

1,80

Zeitliche Verfügbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen (a)

28

1,81

Urlaubs-/Krankenstandsvertretung für Assistent/innen (a)

34

1,87

Einfühlungsvermögen der Auftraggeber/innen (b)

27

1,91

Supervision für Assistent/innen (b)

31

2,03

Vernetzungsmöglichkeiten für Assistent/innen (b)

21

2,23

[a] (a) bedeutet: Item kam sowohl im Fragebogen der Assistent/innen als auch in dem der Auftraggeber/innen vor.

[b] (b) bedeutet: Item kam nur im Fragebogen der Assistent/innen vor.

Im Vergleich dazu sehen Auftraggeber/innen folgende Bedingungen als sehr wichtig für den Erfolg der Assistenz an (gereiht nach Mittelwert):

Tabelle 13: Wichtigkeit der Bedingungen nach Auftraggeber/innen

 

sehr wichtig (in %)

Mittelwert

Gute Beziehung zwischen Assistent/innen und Auftraggeber/innen (a)

86

1,14

Korrekte Abrechnung durch Persönliche Assistenz GmbH (a)

75

1,27

Respektvoller Umgang in der Assistenzbeziehung (a)

76

1,28

Auswahl der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen (a)

77

1,30

Kurze Wartezeit auf Bewilligung von Assistenzleistungen (c)[a]

68

1,33

Akzeptanz persönlicher Grenzen (a)

63

1,44

Erreichbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen (a)

61

1,46

Problemlose Vermittlung von Assistent/innen d. Persönliche Assistenz GmbH (a)

61

1,46

Einfühlungsvermögen der Assistent/innen (c)

58

1,49

Wahrung des eigenen Privatbereichs (a)

61

1,51

Es folgen in der Wichtigkeit:

   

Zeitliche Verfügbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen (a)

55

1,58

Positive Konfliktbewältigung in der Assistenzbeziehung (a)

53

1,62

Genaue Anleitung der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen (a)

47

1,65

Unterstützung durch Persönliche Assistenz GmbH (a)

46

1,67

Klare Führungs- und Verantwortungsstruktur in der Assistenzbeziehung (a)

45

1,71

Gesicherte Arbeitsverhältnisse der Assistent/innen (a)

48

1,73

Interessensvertretung für Auftraggeber/innen in der Persönl. Assistenz GmbH (c)

33

1,81

Klare Beschreibung der Assistenzleistungen d. Persönliche Assistenz GmbH (a)

41

1,90

Urlaubs-/Krankenstandsvertretung für Assistent/innen (a)

30

2,01

Supervision für Auftraggeber/innen (c)

18

2,33

Vernetzungsmöglichkeiten für Auftraggeber/innen (c)

18

2,33

[a] (c) Item kam nur im Fragebogen der Auftraggeber/innen vor.

Tabelle 14: Wichtige Bedingungen nach Assistent/innen und Auftraggeber/innen; t-Test (99,9% signifikant***; 99% signifikant**; 95% signifikant*; Ergebnisse aus zweiseitigem Test)

 

Wichtige Bedingungen

Assistent/innen/ Auftraggeber/innen

 
 

t-Wert

df

Gute Beziehung zwischen Assistent/innen und Auftraggeber/innen

1,00

227

Respektvoller Umgang in der Assistenz-Beziehung

2,98***

227

Akzeptanz persönlicher Grenzen

3,25***

223

Wahrung des eigenen Privatbereichs

0,14

219

Positive Konfliktbewältigung in der Assistenz-Beziehung

1,27*

218

Auswahl der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen

4,83***

222

Zeitliche Verfügbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen

2,57*

222

Erreichbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen

3***

221

Genaue Anleitung der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen

0,25

222

Klare Führungs- und Verantwortungsstruktur in der Assistenz-Beziehung

0,08

216

Urlaubs-/Krankenstandsvertretung für Assistent/innen

1,21

219

Gesicherte Arbeitsverhältnisse der Assistent/innen

2,6**

217

Klare Beschreibung der Assistenzleistungen durch Persönliche Assistenz GmbH

3,05***

220

Problemlose Vermittlung von Assistent/innen durch Persönliche Assistenz GmbH

1,95**

222

Korrekte Abrechnung durch Persönliche Assistenz GmbH

0,39

225

Unterstützung durch Persönliche Assistenz GmbH

1,28*

222

Tabelle 15: Erfüllte Bedingungen nach Assistent/innen und Auftraggeber/innen; t-Test (99,9% signifikant***; 99% signifikant**; 95% signifikant*; Ergebnisse aus zweiseitigem Test)

 

Erfüllte Bedingungen

Assistent/innen/Auftraggeber/innen

 
 

t-Wert

df

Gute Beziehung zwischen Assistent/innen und Auftraggeber/innen

1,34*

223

Respektvoller Umgang in der Assistenz-Beziehung

0,88

224

Akzeptanz persönlicher Grenzen

1,77**

221

Wahrung des eigenen Privatbereichs

3,2***

218

Positive Konfliktbewältigung in der Assistenz-Beziehung

1,45*

217

Auswahl der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen

1,77**

216

Zeitliche Verfügbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen

0,62

221

Erreichbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen

1

224

Genaue Anleitung der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen

0,86

223

Klare Führungs- und Verantwortungsstruktur in der Assistenz-Beziehung

2,53***

214

Urlaubs-/Krankenstandsvertretung für Assistent/innen

0,09

210

Gesicherte Arbeitsverhältnisse der Assistent/innen

2,38***

211

Klare Beschreibung der Assistenzleistungen durch Persönliche Assistenz GmbH

0,9

218

Problemlose Vermittlung von Assistent/innen durch Persönliche Assistenz GmbH

0,93

202

Korrekte Abrechnung durch Persönliche Assistenz GmbH

2,46***

222

Unterstützung durch Persönliche Assistenz GmbH

1,07

164

Tabelle 16: Vergleich zwischen wichtigen und erfüllten Bedingungen nach Assistent/innen bzw. Auftraggeber/innen; t-Test (99,9% signifikant***; 99% signifikant**; 95% signifikant*; Ergebnisse aus zweiseitigem Test)

 

Wichtige/ Erfüllte Bedingungen Assistent/innen

Wichtige/

Erfüllte Bedingungen Auftraggeber/innen

   
 

t-Wert

df

t-Wert

df

Gute Beziehung zwischen Assistent/innen und Auftraggeber/innen

4,85***

143

2,91***

78

Respektvoller Umgang in der Assistenz-Beziehung

6,53***

143

1,24*

79

Akzeptanz persönlicher Grenzen

6,17***

141

0,25

77

Wahrung des eigenen Privatbereichs

2,1**

140

0,80

74

Einfühlungsvermögen der Auftraggeber/innen/ Assistent/innen

0,64

140

0,49

75

Positive Konfliktbewältigung in der Assistenz-Beziehung

3,28***

139

0,12

70

Auswahl der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen

2,18***

137

1,79**

75

Zeitliche Verfügbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen

1,16

141

0,84

76

Erreichbarkeit der Assistent/innen für Auftraggeber/innen

2,85***

141

1,6**

78

Genaue Anleitung der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen

0,84

142

1,66**

76

Klare Führungs- und Verantwortungsstruktur in der Assistenz-Beziehung

1,26*

137

1,35*

70

Urlaubs-/Krankenstandsvertretung für Assistent/innen

4,89***

133

2,29***

71

Gesicherte Arbeitsverhältnisse der Assistent/innen

6,55***

136

1,56*

68

Klare Beschreibung der Assistenzleistungen durch Persönliche Assistenz GmbH

2,78***

141

1,72**

71

Anerkennung der Arbeit der Assistent/innen durch die Auftraggeber/innen

0,85

143

   

Problemlose Vermittlung von Assistent/innen durch Persönliche Assistenz GmbH

2,63***

127

4,04***

70

Korrekte Abrechnung durch Persönliche Assistenz GmbH

2,27***

143

0,66

77

Supervision für Assistent/innen

1,54*

128

   

Interessensvertretung für Assistent/innen/ Auftraggeber/innen in der Persönlichen Assistenz GmbH

0,71

134

0,80

72

Vernetzungsmöglichkeiten für Assistent/innen/ Auftraggeber/innen

1,03

128

0,60

64

Unterstützung durch Persönliche Assistenz GmbH

0,93

86

1,07

73

Kurze Wartezeit auf Bewilligung von Assistenzleistungen

   

5,65***

72

Tabelle 17: Erfüllungsgrad der Erwartungen bei Assistent/innen

 

Beziehung zu

Auftraggeber/innen

Beziehung zur

Persönlichen Assistenz GmbH

Wichtigkeit

3,45 (s=0,29)

3,29 (s=0,45)

Erfüllungsgrad

3,36 (s=0,44)

3,17 (s=0,49)

Differenz

-0,09 (s=0,49)

-0,13 (s=0,61)

nicht erfüllt bei einer Schwelle von

-0,33 bis -0,67 in %

mittlerer Nichterfüllungsgrad

21,0%

24,0%

nicht erfüllt bei einer Schwelle

von über -0,67 in %

höher Nichterfüllungsgrad

11,0%

13,0%

Tabelle 18: Erfüllungsgrad der Erwartungen bei Auftraggeber/innen

 

Beziehung

zu Assistent/innen

Beziehung zur

Persönlichen Assistenz GmbH

Wichtigkeit

3,54 (s=0,41)

3,18 (s=0,76)

Erfüllungsgrad

3,51 (s=0,42)

3,11 (s=0,49)

Differenz

-0,04 (s=0,55)

-0,12 (s=0,56)

nicht erfüllt bei einer Schwelle von -0,33 bis -0,67 in % mittlerer Nichterfüllungsgrad

15,3%

23,3%

nicht erfüllt bei einer Schwelle

von über -0,67 in %

hoher Nichterfüllungsgrad

10,3%

12,3%

Tabelle 19: Konzept der Persönlichen Assistenz GmbH nach Personengruppen; t-Test (99,9% signifikant***; 99% signifikant**; 95% signifikant*; Ergebnisse aus zweiseitigem Test)

 

Assistent/innen Auftraggeber/innen

 
 

t-Wert

df

Unterstützung der Auftraggeber/innen in der Selbständigkeit

0,04

220

Individuelle Auswahl der Assistent/innen durch Auftraggeber/innen

2,40***

219

Einteilung und Organisation der Assistenzleistungen durch Auftraggeber/innen

2,67***

219

Assistenz durch Laien (keine fachliche Ausbildung)

0,82

221

Interessensvertretung für Assistent/innen

5,53***

211

Interessensvertretung für Auftraggeber/innen

1,81**

207

Anwendbarkeit des Konzepts

3,02***

204

Tätigkeiten die nach Angaben der Assistent/innen regelmäßig durchgeführt werden sind:

Unterstützung bei:

  • Rollstuhl ein- und aussteigen (regelmäßig= 64%; Mittelwert= 1,50)

  • Gemeinsame Gespräche (57%; MW 1,49)

  • Aufräumen/ Putzen (51%; MW 1,69)

  • An- und Ausziehen (49%; MW 1,65)

  • Toilettengang/ Inkontinenzversorgung (46%; MW 1,84)

  • Bett- ein und aussteigen (44%; MW 1,94)

  • Essen/ Trinken (42%; MW 1,95)

  • Körperpflege (41%; MW 1,91)

  • Kochen (33%; MW 2,03)

  • Auto ein- und aussteigen (32%; MW 2,02 )

  • Wäsche waschen/ bügeln (31%; MW 2,09)

  • Motivation zur Selbständigkeit (30%; MW 2,03)

  • Stärkung der Persönlichkeit (30%; MW 1,95)

  • Emotionale Befindlichkeit (29%; MW 1,91)

  • Spazieren gehen (25%; MW 2,14)

  • Einkaufen (21%; MW 2,02)

Gelegentlich werden nach Angaben der Assistent/innen folgende Tätigkeiten durchgeführt:

Unterstützung bei:

  • Sozialen Kontakten (gelegentlich= 49%; Mittelwert= 2,18)

  • Teilnahme an Veranstaltungen (48%; MW 2,26)

  • Familiären Problemen (45%; MW 2,33)

  • Transportdiensten (40%; MW 2,17)

  • Lokalbesuchen (39%; MW 2,27)

  • Bewegungsübung ( 21%; MW 2,44)

  • Medikamentenverabreichung auf Aufforderung d. Auftraggeber/in (16%; MW 2,34)

  • Sprechen (9%; MW 2,28)

Tätigkeiten die laut Angaben der Assistent/innen selten ausgeübt werden sind:

Unterstützung bei:

  • Sportarten (selten= 89%; Mittelwert= 2,86)

  • Arbeiten am Computer (75%; MW 2,74)

  • Spielen (71%; MW 2,65)

  • Kinobesuchen (69%; MW 2,62)

  • Behördengängen (68%; MW 2,62)

  • Bankangelegenheiten (67%; MW 2,61)

  • Telefonieren (67%; MW 2,58)

  • Schreiben (66%; MW 2,62)

  • Ausflügen/ Urlaubsreisen (59%; MW 2,51)

  • Gartenarbeit (57%; MW 2,45)

  • Arztbesuchen (56%; MW 2,47)

Tabelle 20: Tätigkeiten nach Assistent/innen

Tätigkeiten die nach Angaben der Auftraggeber/innen regelmäßig durchgeführt werden sind:

Unterstützung bei:

  • Aufräumen/ Putzen (regelmäßig= 68%; Mittelwert= 1,54)

  • Wäsche waschen/ bügeln (46%; MW 1,91)

  • Rollstuhl ein- und aussteigen (40%; MW 2,03 )

  • An- und Ausziehen (38%; MW 1,88)

  • Körperpflege (38%; MW 1,92)

  • Gemeinsamen Gesprächen (36%; MW 1,83)

  • Einkaufen (36%; MW 1,87)

  • Toilettengang/ Inkontinenzversorgung (35%; MW 1,96)

  • Kochen (31%; MW 2,03)

  • Auto ein- und aussteigen (28%; MW 2,06)

  • Lokalbesuche (26%; MW 2,08)

  • Transportdiensten (23%; MW 1,95)

  • Teilnahme an Veranstaltungen (19%; MW 2,03)

Tätigkeiten die Assistent/innen nach Angaben der Auftraggeber/innen gelegentlich durchführen sind:

Unterstützung bei :

  • Arztbesuchen (gelegentlich= 42%; Mittelwert= 2,22)

  • Ausflügen/ Urlaubsreisen (41%; MW 2,40)

  • Behördengängen (40%; MW 2,44)

  • Sozialen Kontakten (39%; MW 2,27)

  • Motivation zur Selbständigkeit (34%; MW 2,44)

  • Stärkung der Persönlichkeit (34%; MW 2,35)

  • Spazieren gehen (34%; MW 2,26)

  • Emotionale Befindlichkeit (31%; MW 2,40)

  • Kinobesuchen (31%; MW 2,42)

  • Gartenarbeit (25%; MW 2,31)

  • Bett ein- und aussteigen (24%; MW 2,30)

  • Essen/Trinken (22%; MW 2,31)

Tätigkeiten die nach Angaben der Auftraggeber/innen selten von ihren Assistent/innen ausgeführt werden sind, die Unterstützung bei:

  • Arbeiten am Computer (selten= 89%; Mittelwert= 2,89)

  • Sportarten (81%; MW 2,73)

  • Sprechen (79%; MW 2,66)

  • Telefonieren (78%; MW 2,69)

  • Schreiben (74%; MW 2,72)

  • Spielen (73%; MW 2,66)

  • Medikamentenverabreichung nach Aufforderung durch Auftraggeber/in (68%;MW 2,53)

  • Familiären Problemen (68%; MW 2,64)

  • Bankangelegenheiten (65%; MW 2,57)

  • Bewegungsübungen (64%; MW 2,55)

Tabelle 22: Tätigkeiten nach Auftraggeber/innen

Tabelle 24: Tätigkeitsbereiche nach Personengruppen; t-Test (99,9% signifikant***; 99%signifikant**; 95% signifikant*, Ergebnisse aus zweiseitigem Test)

 

Assistent/innen Auftraggeber/innen

 
 

t-Wert

df

Emotionale Unterstützung

4,41***

215

Grundversorgung

2,52***

216

Haushalt

1,84**

218

Mobilität

1,78**

216

Bürotätigkeit

1,72**

211

Tabelle 26 Belastungen in der Assistenzsituation; t-Test; (99,9% signifikant***; 99%signifikant**; 95% signifikant*, Ergebnisse aus zweiseitigem Test)

 

Auftraggeber/innen/ Assistent/innen

 
 

t-Wert

df

Fehlende Urlaubs- und Krankenstandsvertretung

1,78**

214

Kurzfristige Absage von vereinbarten Terminen von Auftraggeber/innen bzw. von Assistent/innen

1,67**

212

Zeitdruck in der Assistenz wegen geringem Stundenausmaß

0,8

220

Konflikte in der Assistenz-Beziehung

0,44

215

Beziehung zwischen Auftraggeber/innen und Assistent/innen

0,18

217

Einteilung und Organisation der Assistenzleistungen durch Auftraggeber/innen

0,45

221

Sexuelle Andeutungen von Auftraggeber/innen bzw. von Assistent/innen

0,71

210

Tabelle 27: Zufriedenheit mit Assistenzsituation nach Personengruppen; t-Test, (99,9% signifikant***; 99%signifikant**; 95% signifikant*, Ergebnisse aus zweiseitigem Test)

 

Assistent/innen / Auftraggeber/innen

 
 

t-Wert

df

Beziehung zu Auftraggeber/in bzw. Assistent/in

1,31*

221

Zusammenarbeit mit der Persönlichen Assistenz GmbH

0,19

221

Assistenzbegleitung durch Persönliche Assistenz GmbH

0,47

36

Bekanntheit der Persönlichen Assistnz in der Gesellschaft

2,59***

209

Tabelle 28: Interesse nach Personengruppen; t-Test, (99,9% signifikant***; 99%signifikant**; 95% signifikant*, Ergebnisse aus zweiseitigem Test

 

Auftraggeber/innen/ Assistent/innen

 
 

t-Wert

df

eigene Persönlichkeitsentwicklung

2,40***

220

Umgang mit Konfliktsituationen

2,26***

223

Grundversorgung und Hygiene

1,07

217

Gesetzliche Grundlagen

2,42***

218

Erweiterung der Dienstleistungen

0,24

217

Liste der Expert/innen

DSA Günther Breitfuß, MAS (Geschäftsführer der Persönlichen Assistenz GmbH)

Mag.a Silvia Földes (Mitarbeiterin der Persönlichen Assistenz GmbH GmbH)

Gerald Gründling (Betriebsrat, Assistent)

Mag. a Renate Hackl (Referatsleiterin der Behindertenhilfe/ Sozialabteilung des Landes

Oberösterreich)

Olga Mayrhofer (SLI-Vorstand)

Brigitte Moosbrugger (Interessensvertretung der Auftraggeber/innen, Auftraggeberin)

Britta Pauly (Assistenzbegleitung)

Fragebögen

Anmerkung der bidok-Redaktion:

Die Fragebögen finden Sie als pdf-Datei unter folgendem Link: http://bidok.uibk.ac.at/download/bacher-endbericht-fragebogen.pdf

Glossar

ALMO: Software zur statistischen Analyse von Daten (entwickelt an der Johannes Kepler Universität Linz

JAG: Jämlikhet, Assistans, Gemenskap (Equality, Assistance, Community)

LAS: Lag om stöd och service till vissa funktionshindrade (Act concerning Support and Services for Persons with Certain Functional Impairments)

Mw: Mittelwert

N: Grundgesamtheit

n: Stichprobe

OÖ: Oberösterreich

PAA: Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz

S: Standardabweichung

SEK: Schwedenkronen (10 SEK = 1,09 €[61]

SLI: Selbstbestimmt-Leben-Initiative

Studie im Auftrag von:

Persönliche Assistenz GmbH

Obmann DSA Günther Breitfuß, MAS

Blumauerstraße 29/7

A-4021 Linz

+43/732/711621-0

Selbstbestimmt-Leben-Initiative Linz

Geschäftsführer Leopold Boyer

Blumauerstraße 29/7

A-4021 Linz

+43/732/304433

Studie durchgeführt von:

Institut für Soziologie/Abteilung für Empirische Sozialforschung

Univ.Prof. Dr. Johann Bacher

Johannes Kepler Universität

Altenbergerstraße 69

A-4040 Linz

+43/732/2468-8290

www.soz.jku.at/aes

P und P Sozialforschung OG

Mag.a Monika Pfaffenberger

Mag.a Heidemarie Pöschko

Softwarepark 21

A-4232 Hagenberg

+43/664/8584-966

+43/664/8584-965

www.PundPsozialforschung.at

Mitglieder des Arbeitskreises:

DSA Günther Breitfusß, MAS (Geschäftsführung)

Mayrhofer Olga (SLI-Vorstand)

Mag.a Silvia Földes (Mitarbeiterin Persönliche Assistenuz GmbH)

Moosbrugger Brigitte (Interessensvertretung der Auftraggeber/innen, Auftraggeberin)

Gerald Gründling (Betriebsrat, Assistent)

Mag.a Renate Hackl (Sozialabteilung, Land Oberösterreich)

Pauly Britta (Assistenzbegleitung)

Mag.a Karin Kaufmann (SLI; Vorstand, Auftraggeberin)

Pilz Monika (Assistentin)

Thomas Kratzer (Auftraggeber)

Riezinger Margit (Assistentin)

Monika Matzenreiter (Auftraggeberin)

Forschungsbericht im Internet:

http://www.soz.jku.at/aes

http://www.PundPsozialforschung.at

http://www.persoenliche-assistenz.net

Quelle:

Johann Bacher, Monika Pfaffenberger, Heidemarie Pöschko: Persönliche Assistenz in Oberösterreich

Studie im Auftrag von Persönliche Assistenz GmbH, Selbstbestimmt.Leben-Initiative Linz. Durchgeführt von Institut für Soziologie/ P und P Sozialforschung OG, Abteilung für Empirische Sozialforschung.

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 22.12.2011



[59] http://www.stata.com/stata9/

[60] Die Korrektur geht von der Annahme aus, dass die Auswahlsätze in den zu vergleichenden Gruppen gleich sind.

[61] Wechselkurs vom 23. August 2007

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